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Archiv für die Kategorie ‘(3) Fundstellen’

Lafargue: Die Religion des Kapitals

23. August 2010 Kommentare ausgeschaltet

Ofenschlot macht mit einem längeren Zitat Werbung für eine jüngst erschienene Neuübersetzung:
Paul Lafargue, »Die Religion des Kapitals« jetzt erschienen bei Matthes & Seitz.
Im Folgenden sein Auszug (S.45ff.):
Das Wesen des Gott-Kapitals
1. Meditiere über die Worte Deines Gottes, des Kapitals.
2. Ich bin der menschenfressende Gott, ich nehme Platz an den Tafeln der Fabrik und verspeise die Lohnarbeiter. Ich verwandele ihr mickriges Leben in göttliches Kapital. Ich bin das unendliche Rätsel: ewige Substanz, und doch nichts als vergängliches Fleisch, meine Allmacht ist nichts als die Schwäche der Menschen. Die leblose Kraft des Kapitals speist sich aus der Lebenskraft der Lohnarbeiter.
3. Ich bin das Prinzip der Prinzipien: Durch mich beginnt jede Produktion, bei mir endet jeder Austausch.
4. Ich bin der lebendige, allgegenwärtige Gott: Eisenbahn, Hochöfen, Getreidemühlen, Frachtschiffe, Weinberge, Gold und Silbermünzen sind die membra disjecta* des universellen Kapitals. *[Laut Wikipedia »… Ausdruck für die (…) aus ihrer ursprünglichen organischen Ordnung gerissenen Teile eines Ganzen.«]
5. Ich bin die unermessliche Seele der zivilisierten Welt; mein Körper ist unendlich vielfach und mannigfaltig. Ich lebe in allem was verkauft und gekauft wird. Ich wirke in jeder Ware, und keine einzige besteht außerhalb meiner lebendigen Einheit.
6. Ich glänze im Gold und stinke im Mist, ich bin der Genuss im Wein und das Ätzende in der Säure.
7. Meine stets anwachsende Substanz fließt gleich einem unsichtbaren Strom durch alle Materie, unendlich geteilt und wieder geteilt, kerkert sie sich selbst ein in die besondere Gestalt jeder Ware, und ohne mich zu ermüden bewege ich mich von einer Ware zur anderen: heute Brot und Fleisch, morgen Arbeitskraft des Produzenten, übermorgen ein Eisenbarren, aber auch ein Stoffballen, ein dramatisches Werk, ein Fass voller Ruß, ein Sack Dünger: Die ewige Wiedergeburt des Kapitals nimmt kein Ende. Meine Substanz stirbt nicht, aber die Gestalten, in denen sie erscheint, sind zeitlich – sie enden und vergehen.
8. Der Mensch sieht, fühlt, riecht und schmeckt meinen Körper, aber meinen Geist, der feiner ist als Äther, nehmen die Sinne nicht wahr. Mein Geist ist der Kredit. Er braucht keinen Körper, um sich zu offenbaren.
9. Ich belebe und verwandle alle Dinge, ich bin geschickte als der Chemiker [Jöns Jakob] Berzelius oder als [Karl Friedrich] Gerhardt, ich verwandele weite Fluren, gigantische Maschinen, schweres Metall und brüllende Herden in Aktien aus Papier. Und leichter als elektrisierte Knallgasbläschen tanzen und hüpfen Kanäle und Hochöfen, Fabriken und Bergwerke an der Börse, meinem geheiligten Tempel, von Hand zu Hand.
10. Ohne mich würde in den Ländern, die von den Banken regiert werden, weder etwas beginnen, noch zu Ende gebracht werden. Ich befruchte die Arbeit, ich domestiziere im Dienste der Menschen die unüberwindlichen Kräfte der Natur und ich lege das mächtige Ruder der gesamten Wissenschaft in seine Hände.
11. Ich umgarne die menschliche Gesellschaft mit dem goldenen Netz des Handels und der Industrie.
12. Der Mensch, der mich nicht besitzt, dem kein Kapital zur Verfügung steht, wandelt nackt durch das Leben, umgeben von wilden, mit allen denkbaren Folter- und Mordinstrumenten ausgestatteten Feinden.
13. Dem Menschen, der kein Kapital besitzt, aber stark ist wie ein Stier, wird man das Gewicht, das auf seinen Schultern lastet, noch beschweren; wenn er fleißig ist wie eine Ameise, wird man seine Aufgaben noch verdoppeln; wenn er genügsam ist wie ein Esel, wird man seine knappe Nahrung noch reduzieren.
14. Was wären die Wissenschaften, die Tugenden und die Arbeit ohne Kapital? Eitelkeit und vergebliches Bemühen.
15. Ohne die Gnade des Kapitals leitet die Wissenschaft den Menschen abseits auf den Weg des Wahnsinns, stürzen ihn Arbeit und Tugend in den Abgrund des Elends.
16. Weder Wissenschaft noch Tugend, noch Arbeit befriedigen den Geist des Menschen. Ich bin es, das Kapital, das die hungrige Meute seiner Gelüste und Leidenschaften befriedigt.
17. Ich gebe mich hin und entziehe mich ganz nach Gutdünken, und ich lege keine Rechenschaft darüber ab. Ich bin der Allmächtige, der über die lebenden Dinge ebenso herrscht wie über die toten.
„Sie schleudern uns als Beleidigung die Bezeichnung homme de couleur ins Gesicht. Es ist unsere Aufgabe als revolutionäre Mulatten, diese Bezeichnung aufzunehmen und sich ihrer würdig zu erweisen. Radikale in Amerika, macht Mulatte zu eurem Sammelruf! … Er bezeichnet Elend, Unterdrückung, Haß. Wißt ihr etwas Schöneres?“

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Silone: Wahr oder unwahr?

29. Juli 2010 2 Kommentare

Auf dem wirklich schön benannten Blog „Spass und Lebensfreude durch Elektrifizierung –Mit Dampfmaschine, Flugzeug und Glühbirne in eine bessere Zukunft“ hat der Blogger Stromsau wieder mal ein Beispiel gebracht, daß eine, in diesem Fall politische Aussage nicht schon deshalb stimmen muß, weil sie reihenweise zitiert wurde. Hier geht es jedenfalls um das ungeheuer brauchbare Totschlagargument:

„Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.“

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David Harvey zur Finanzkrise mit Comic!!

8. Juli 2010 2 Kommentare

Nestor hat mich auf eine witzige Comic-Version/Untermalung eines Vortrages hingewiesen, den der recht bekannte New Yorker Uni-Marxist David Harvey (er hält seit Jahrzehnten(!) an der CUNY Einführungsvorlesungen in den 1. Band des Kapitals von Karl Marx. Es gibt die 13 Vorlesungen des letzten Semesters als Video oder auch nur als MP3 auf seiner Seite auch als Download) im April 2010 in London gehalten hat.
Hier die der Artikel darüber, hier nur die Animation von Harveys Webseite.

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Staatsbankrott fordern?

6. Mai 2010 42 Kommentare

Die Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft haben ein Flugblatt mit dem Titel „Griechische Krankheit, deutsche Misere“ herausgebracht. Als Startpunkt nehmen sie ein Zitat von Marx und Engels

… wenn die Demokraten die Regulierung der Staatsschulden verlangen, verlangen die Arbeiter den Staatsbankrott.“

Dies ist ein Zitat aus „An die Mitglieder des Kommunistischen Bundes“, MEW 7, 253. Gleich online gefunden (genauer wiedergefunden, denn wegen eines links von seinemForum auf diesen Blog auf mein Zitat des Jour fixe zum Wert des GegenStandpunkt München hatte ich das enpassant schon gelesen) habe ich es bei Wal Buchenberg, der auf seinem Marx-Diskussionsforum das auch zu seinem Programm für den 1. Mai gemacht hat:

Die Staatsverschuldung lässt sich nicht stoppen, indem man schreit: „Nicht auf unsere Kosten!“
Wenn Lohnarbeiter streiken, dann nehmen sie den Lohnausfall in Kauf, schlimmstenfalls den Verlust des Arbeitsplatzes.
Wenn man die Schuldenfalle des Staates beseitigen will, muss man den Staatsbankrott fordern, auch wenn dadurch Einbußen bei den Transferleistungen entstehen. Die gibt es so oder so. Aber der Staatsbankrott nimmt der Regierung das Heft des Handelns aus der Hand.
Wer verschuldeten Regierungen Geld leiht, gewinnt über kurz oder lang auch Macht über diese Regierungen.
Wer den Staatsbankrott fordert, nimmt der Regierung das Geld. Wer der Regierung das Geld nimmt, nimmt ihr auch Macht.
Wie bei einem bankrotten Unternehmen müssen wir uns anschließend fragen: Welche Aufgaben des Staates können wir in die eigene Hand, in eigene Selbstverwaltung übernehmen?
Es gibt (in anderen Ländern und in der deutschen Geschichte) Erfahrungen mit der Verwaltung der Sozial- und Krankenkassen durch die Versicherten bzw. die Gewerkschaften.
Solche Forderungen und Maßnahmen zielen auf Entstaatlichung und auf eine selbstbestimmte Gesellschaft.
Alle Maßnahmen und Forderungen, die auf Entstaatlichung und auf Selbstverwaltung zielen, sind wirklich antikapitalistisch und damit auch erfolgversprechend.
Alle Maßnahmen und Forderungen, die auf Entstaatlichung und Selbstverwaltung zielen, sind erfolgversprechend, weil der einen Seite („Klasse“) die Macht genommen wird, die sich die anderen Seite („Klasse“) nimmt. Das Kräfteverhältnis ändert sich zugunsten der Rechtlosen und Ausgebeuteten. Sie holen sich damit die Verfügungsgewalt über einen Teil ihres Lebens zurück. Die ganze Verfügungsgewalt über ihr Leben holen sie sich, wenn sie Staat und Kapital beseitigen und alle wirtschaftlichen und öffentlichen Vorgänge in eigene Hände nehmen.

aus Zum 1. Mai: Sind wir alle Griechen?

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Island, eine weitere Lebenslüge der EU

6. Mai 2010 2 Kommentare

Die Blogger vonmarxlernen haben zum Thema EU/Euro-Probleme folgenden Beitrag geschrieben:

Aufnahmeantrag Islands in die EU „Bundestag heißt Island willkommen“: Ein Überraschungsei?
Jüngst hat der deutsche Bundestag den Beitritt Islands zur Europäischen Union befürwortet. „Sprecher aller Fraktionen bezeichneten die Insel als Bereicherung für die EU.“ (SZ, 23.4.)
Wie das? Island ist relativ zu seinem Bruttoinlandsprodukt höher verschuldet als „die Griechen“, die manches MdB gerne zum Teufel jagen würde, wie man hört. Dass Island vor seiner Finanzkrise ähnlich wie Norwegen großen Wert auf seine Unabhängigkeit und eine entsprechende Europadistanziertheit an den Tag gelegt hat, scheint vergessen. Jetzt betont man in Berlin, Island „bekenne sich zu den Werten der EU“. Kein Politiker entlarvt dieses „Bekenntnis“ zu Europa als heuchlerischen Versuch, sich bloß wegen der aktuellen Finanznot in das „europäische Haus“ ein- und an unsere `Futtertöpfe´ heranzuschleichen.
Die SZ hat einen Parlamentarier aufgegabelt, der Hintergründe zu wissen scheint: „Andreas Schockenhoff (CDU) betonte das strategische Interesse der EU an einem Beitritt Islands. Es sei das `Tor zur Arktis´, wo erhebliche Rohstoffreserven liegen.“ (ibid.) Ach so. Na dann! Ob´s die arktischen Ressourcen allein sind, wissen wir nicht. Vielleicht geht´s auch noch um Fischbestände oder um irgendwelche militärstrategischen Interessen.
Irgendsowas von der Art aber wird es dann schon sein, warum die europäische Wertegemeinschaft ausgerechnet diese Vulkan-Insel adoptieren will.
Beschweren kann man sich hinterher dann ja immer noch, wenn sich keine Bereicherung, sondern eine Belastung für die Macher der EU einstellen sollte. Dann haben uns diese Fischköpfe eben doch von Anfang an eingeseift und betrogen wie die Griechen…
Gelernt ist eben gelernt: Gegen logische Widersprüche hilft die ideologische Vorwärtsverteidigung und ein ziemlich kurzes Gedächtnis.

Ähnliche Widersprüche könnten die Fans des Projekts einiges starkes Europa bei fast jedem Mitgliedsland auch leicht feststellen. Die entsprechenden Statistiken, wer wie lange schon wie stark die Maastricht-Kriterien nicht erfüllt hat, sind ja jedermann aus Film, Funk und Fernsehen bekannt. Es ist eben geteilter politischer Wille, über solche Nickeligkeiten hinwegzusehen, zum Teil ja dauerhaft, wenn das Dabeisein eines bestimmten Staates aus Gründen wie oben angeführt für das Projekt notwendig erscheint. Wieviel das kosten darf und wer wieviel davon bezahlt, darüber wird wie immer redlich gestritten. Noch aber hält der Konsens, daß das Ziel die mittlerweile schon aufgelaufenen und sicherlich auch noch hinzukommenden Kosten schon noch wert ist. Ob dieser Konsens hält, wird sich zeigen. Daß da unauflösliche Widersprüche am Werk sind, Lebenslügen das Projekt begleiten, daß ist zwar schon merklich aber bisher eben erst potentiell explosiv.

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„Ich kaufe griechische Staatsanleihen“

3. Mai 2010 3 Kommentare

Es klingt wie ein Titanic-Gag, es gibt sogar den passenden Button zur Aktion:

„Das Handelsblatt als größte Wirtschafts- und Finanzzeitung im Euroraum will in dieser aufgewühlten Debatte eine Stimme der Vernunft sein. … Darauf zielt unsere Aktion „Ich kaufe griechische Staatsleihen“. Es geht um ein Zeichen der Mitverantwortung auch unter Inkaufnahme eines nicht bestreibaren finanziellen Risikos. Am Freitag haben wir daher für 8000 Euro griechische Staatsanleihen geordert. Welche namhaften Persönlichkeiten mitmachen, lesen Sie unter Handelsblatt.com/aktion“

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„Buchland DDR“ – Slogan made in DDR

31. März 2010 Kommentare ausgeschaltet

ofenschlot ist offensichtlich auch bienenfleißig. Jedenfalls hat er folgendes auf seinem Blog gepostet:

Texte, die schon länger an abgelegenen Orten des WWW vor sich hin mümmeln, scheinen den bienenfleißigen Internet-Archivaren nicht aufzufallen. Oder aber sie sind bereits kanonisiert, jeder kennt sie, jeder diskutiert sie, nur ich denke mal wieder: Mensch, warum redet eigentlich keiner über …
… über die Schwarzen Protokolle.
Die Schwarzen Protokolle sind – gerade auch in ihrer Verlaufsform – ein faszinierendes Dokument, einer marxistisch-libertären, anarchokommunistischen Strömung aus Westberlin. Sie waren ein schnell wirkendes Gegengift (man achte auf das Logo!) zum gruselig spießigen ML-Kult und zum ebenso unheimlichen RAF-Kult. Zwischen 1972 und 1977 erschienen 17 Ausgaben, von denen immerhin elf vom Papiertiger, einem real existierenden Berliner Archiv »der sozialen Bewegungen« (man kann da also richtig hingehen und recherchieren – irgendwie unfassbar im digitalen Zeitalter…), digitalisiert wurden.
Vorgängerblatt der Schwarzen Protokolle war das allzu kurzlebige Kompendium »Die soziale Revolution ist keine Parteisache« (erschien 1971 in bloß zwei Ausgaben), das sich ganz eng am klassischen Rätekommunismus (Cajo Brendel, Paul Mattick) orientierte. Der Titel der Zeitschrift nimmt Bezug auf eine gleichnamige antibolschewistische Polemik des Rätekommunisten Otto Rühle.
Die Schwarzen Protokolle knüpfen in ihren ersten vier Ausgaben unmittelbar an ihr Vorgängerblatt an, Schwerpunkt ist also die kommunistische Bolschewismuskritik, öffnen sich aber mit der fünften Ausgabe der bunten Welt des Libertären – zunächst in Form der Group Solidarity, einer situationistisch-linksradikalen Gruppe aus England um Maurice Brinton, von der sonst (leider!) kaum was nach Deutschland gedrungen ist.
Im Laufe der Jahre wurden die Protokolle hippiesker, feministischer, literarischer, surrealistischer, ausschweifender. Und man denkt sich so beim lesen: Es gibt vielleicht doch ein bisschen aus den westberliner 70er Jahren, was auch heute noch zu Rate ziehen könnte…

Dadurch bin ich wieder auf einen Artikel gestoßen, der mir lange in der Erinnerung geblieben ist, auch nachdem ich das Heft, in dem er damals erschienen ist, schon lange nicht mehr hatte:
„Buchland DDR“- Slogan made in DDR, erschienen in Heft 11, Mai 1975
Der reale Sozialismus war nämlich nicht mal auf dem Papier so gut, wie er immer von sich behauptet hat, um einen Kalauer zu benutzen.

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Peters zum NVK der VR Chinas in der jungen Welt: Nichts, oder nur geringfügig!

29. März 2010 2 Kommentare

Helmut Peters, der sich vor einiger Zeit mit seinem Weggefährten Berthold mit Renate Dillmann über den Charakter der VR China in die Wolle gekriegt hatte (17.12.09 in der Ladengalerie der jungen Welt, ) hat am 29.03.10 in der „jungen Welt“ einen längeren Kommentar geschrieben zum politischen Stand nach den Tagungen des Nationalen Volkskongresses (NVK) und der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (PKKCV) in der ersten Märzhälfte.
Von blöden und unehrlichen Gemeinplätzen mal abgesehen („überraschend vielfältige und weiterführende Einblicke in das gesellschaftspolitische Leben des Landes“), kann man seinen Ausführungen schon einiges entnehmen, was die „weitere Entwicklung des Landes … wesentlich prägen werden“ wird:
Peters schreibt einfach so hin

„Wenn die Partei überleben wolle, hieß es damals, dann müsse sie die tatsächlichen Interessen des Volks zur Kenntnis nehmen, sie zur Grundlage ihrer Politik machen, und dafür brauche sie das Einverständnis des Volkes mit ihrer Politik“

als wenn das nicht ein vernichtendes Urteil wäre über die politischen Macher, die selbst für Peters in den letzten Jahrzehnten offensichtlich alles andere getan haben. Auch sein Optimismus

„Die Herausbildung einer aktiven Partizipation des Volkes an der politischen Macht scheint in diesem Prozeß möglich“

klingt irgendwie irre in Bezug auf eine Partei, die diesen Sinnspruch doch schon seit 60 Jahren den Leuten vorgehalten hat und schon immer auch als verwirklicht angesehen hat, schließlich hat sie ihren Staat ja extra deshalb Volksdemokratie genannt.
Wo er recht hat, hat er recht:

„In der gesellschaftlichen Strategie der KP Chinas dominiert die nationale gegenüber der sozialen Frage.“

Das sehen andere ja auch so und beschreiben das auch als die zentrale Krux dieser „Kommunisten“. Mehr als einen

„gesetzlich fixierten, relativen und längerfristigen Ausgleich zwischen den sozialen Interessen der verschiedenen Klassen, sozialen Schichten und Gruppen“

kriegt man dann eben nicht hin.
Wie Peters zum wohlfeilen Rat kommt,

„Die Konsumtion der Bevölkerung verzeichnete 2009 mit 43 Prozent den geringsten Anteil am BIP seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik vor 30 Jahren, während die Investitionen in ihrer Höhe einen historischen Rekord vermelden konnten. Damit sich die Wirtschaft selbständig und weitaus weniger von der äußeren Nachfrage abhängig entwickeln kann, bedarf es jetzt einer deutlichen Steigerung des Anteils der Konsumtion der Bevölkerung“

wo er doch gerade erst zugestanden hat, daß die chinesische

„Wachstumsweise, … vor allem auf der billigen (im Preis billig gehaltenen) Arbeitskraft beruht“

ist mir schleierhaft. Macht aber nichts, denn es gilt ja

„Wir sitzen alle im selben Boot, streben gemeinsam nach Wachstum und fördern erfolgreich die Entwicklung“

so jedenfalls zitiert er einen chinesischen Gewerkschaftler, der ausnahmsweise auch mal was zum NVK beitragen durfte.
Dank der chinesischen Gewerkschaften sei es immerhin

„bis Ende 2009 gelungen, mit den Unternehmern bzw. Managern von über 630000 Unternehmen mit über 80 Millionen Beschäftigten eine Grundsatzvereinbarung zu treffen. Sie legt fest, »niemand oder nur wenige« zu entlassen, den Lohn »nicht oder nur geringfügig« zu kürzen und neue Löhne zu vereinbaren.

Ohne sich irgendwas dabei zu denken, hängt Peters einen eigentlich vernichtenden Kommentar an: „(Näheres dazu wird nicht mitgeteilt – H. P.). Er kritisiert eben auch nichts oder nur geringfügig, bin ich geneigt, festzustellen.

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Michael Krätke über Marx beim WDR

28. März 2010 3 Kommentare

Das Audioarchiv kritischer Theorie & Praxis hat folgenden Hinweis:

Das phi­lo­so­phi­sche Radio (WDR 5) hat Micha­el Krät­ke ein­ge­la­den, um über Karl Marx zu spre­chen. Down­load, Back­up (24,5 MB, 53 m)

Ich hab mir das zwar selber noch nicht angehört, habe aber von Krätke schon interessante Sachen gelesen (zu Marx und zur Finanzkrise), jedenfalls für jemand, der eigentlich aus dem DKP-Umkreis kommt.

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Heftarchiv der Prokla online

8. März 2010 2 Kommentare

ofenschlot hat schon darauf hingeweisen:

Seit einiger Zeit online ist das gesamte Heftarchiv der Prokla (früher: Probleme des Klassenkampfs).
Ehe gefeixt wird, wie implizit hirnrissig es ist, von den Problemen des Klassenkampfes zu reden – als ob damit ein notwendiger Mangel der revolutionären Theorie ausgedrückt werden sollte, den es fortlaufend – akademisch betreut – zu bearbeiten gälte [ich erinnere mich noch an eine Kritik in diese Richtung von Genossen, die später in die MG gegangen sind], muss aber auch gesagt werden: Es sind dort bis etwa Mitte der 80er Jahre verdammt viele verdammt gute (vulgo: brauchbare) Texte erschienen. Hier eine kleine Handreichung:
* Wolfgang Müller /Christel Neusüss: »Die Sozialstaatsillusion und der Widerspruch von Lohnarbeit und Kapital« (1970/71. Für alle, die die einschlägige TOP-/Um’s Ganze-Broschüre bereits gelesen haben, noch lesen wollen, nie zu lesen vorhaben.)
* Hans Ulrich: »Die Einschätzung von kapitalistischer Entwicklung und Rolle des Staates durch den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsverbund« (1973. Der Name ist vermutlich ein Pseudonym. Grundlegende, historisch aufgezäumte Gewerkschaftskritik.)
* Anwar Shaikh: »Eine Einführung in die Geschichte der Krisentheorien« (1978. Der maßgebliche Aufsatz. Wann immer heutzutage, zumal in Deutschland, ein Marxist eine Einführung in die Krisenthematik bei Marx gibt und dazu auch auf die Ideologien eingeht, die Marx mal mehr, mal weniger implizit kritisiert, kann man sich sicher sein: insgeheim referiert er oder sie Shaikh.)
* Eberhard Seifert: »Die Räte-Kommunistische Tradition von ›Ökonomie der Zeit‹. Wider die Halbheiten der neuerlichen Erledigungen der Marx’schen Phrase von der ›Parallele zur Warenproduktion‹« (1983. Ein bemerkenswerter Irrläufer der marxistisch-akademischen Schwundevolution: Eine Auseinandersetzung mit negristischen Positionen aus, nomen est omen, rätekommunistischer Perspektive.)
* Paul Mattick: »Wert und Kapital« (Deutsche Erstveröffentlichung 1984, der posthume Text stammt aus der zweiten Hälfte der 70er Jahre und gibt einen Einstieg, sehr komprimiert, in Matticks vor allem krisentheoretisch fundierte Ökonomiekritik.)

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[Das Kapital diskutieren] Am Ende war das Wort oder besser noch: Die Ausreden werden immer dümmer

26. Februar 2010 2 Kommentare

[Die folgende Diskussion habe ich einer Mailingliste entnommen, die um die SDS/Die Linke-Marx-Lesebewegung entstanden war, aber ansonsten relativ ruhig geblieben ist, soweit ich das mitbekommen habe.]
Meine Studien sind fast beendet, es fehlen nur noch ein paar Millionen Seiten in Büchern und ein paar tausend Jahre Erfahrung in dem was der Mensch so Leben nennt.
a.. Warum hat Marx sich so Fundamental in seiner Aussage, dass die humanoiden Arbeitskraftlieferanten sich nur des Industriellen Gesamt bemächtigen müssten um dem Grundwiderspruch des Kapitals entkommen zu können, geirrt ?
b.. Was ist die Lösung, um den sich der Eiertanz der proletarischen Revolution dreht und die ganz bestimmt nicht die Probleme lösen kann?
c.. Warum kann die Mensch-Maschinenproduktion, auch die hochentwickelte, nicht zum Startpunkt in einer neuen Gesellschaftsform nicht nur nicht führen, sondern warum geht von dieser Form der Zwang aus, sich in der Kapitalen Gesellschaft bewegen zu müssen?
d.. Was allein kann diesem Prozess den Garaus machen: Der freie Wille bestimmt nicht. [Es kommt nicht darauf an die Lösung im Kopf zu erfinden, sonder mit Hilfe des Kopfes die Lösung im Wirklichen zu finden, und das Wirkliche ist erheblich mehr als das Leben aller Menschen und deren unmittelbare Voraussetzung (Entschuldigung aber die Genauigkeit bei Zitaten ist bei mir immer etwas schwach)]
Cornelia
__
Was meinst du? Wenn ich deine seltsame Zusammenfassung wohlwollend lese, dann fällt mir da kein Irrtum auf. Wenn ich anfange „die humanoiden Arbeitskraftlieferanten“ wörtlich zu nehmen, dann drängt sich mir die Frage auf: hast du wirklich nicht kapiert, was man an das Kapital „liefert“? Meinst du es sei „bloß“ die Arbeitskraft?
@b: Was willst du denn lösen? Willst du die Probleme des Wachstums lösen? Oder willst du das Problem der globalen Verantwortung der Frau Merkel lösen? — dabei kann dir weder Marx noch eine proletarische Revolution helfen. Kleiner Tipp: einfach wählen gehen, das ist bei der
Merkel schon in guten Händen.
@c: Ganz einfach: weil die „Mensch-Maschinenproduktion“ ein Hirngespinst ist, kann sie gar nichts, also auch nicht dem anderen Hirngespinst, „neue Gesellschaftsform“, zum Startpunkt dienen — zwischen beiden herrscht reine Willkür! –, und von der „Mensch-Maschinenproduktion“
geht auch kein Zwang aus, schon gar nicht der zu irgendeiner „Kapitalen Gesellschaft“ — also sorg‘ dich nicht zu sehr, du wirst ihr schon entkommen.
@d: Den „Garaus“ kann einem „Prozess“ immer das machen, was ihn ausmacht. Und wenn du dabei an die Welt, in der du lebst, gedacht hast:
das ist der freie Wille. Wie kommst du darauf dass der das nicht vermöchte, wenn du ihn schon recht umstandslos zum Subjekt erklärst?
Marx hat sich da übrigens mehr Mühe gemacht: ließ doch nicht wahllos tausende Seiten irgendwo. Sondern nimm mal genau, was der Marx am Anfang von Austauschprozesse schreibt, die Bestimmung von Eigentum, die da steht: Wille, der in den Sachen haußt — was heißt das? hast du das verstanden?
Und dann sind es nur noch ein paar hundert Seiten, bis der Umschlag geschafft ist: Beginnt als Recht an der eigenen Arbeit, und endet als Recht des Kapitals auf alle Arbeit. (Akkumulation, erweiterte Reproduktion, ist das Kapitel, das ich meine.)
Also sei mir nicht bös‘ wegen der ungehobelten Art meiner Antwort; ich weiß einfach nicht besser, wie ich dich davon abhalten soll, in Philosophie- und Soziologiequak abzudriften.
Stefan
____
Hallo Cornelia,
ich finde, dass Du mit Deinen Fragen ziemlich grundlegende Probleme ansprichst.
> a.. Warum hat Marx sich so Fundamental in seiner Aussage, dass
> die humanoiden Arbeitskraftlieferanten sich nur des Industriellen
> Gesamt bemächtigen müssten um dem Grundwiderspruch des Kapitals
> entkommen zu können, geirrt ?
Nach meinem Verständnis hat Marx etwas anderes gesagt (wenngleich der Begriff „Diktatur des Proletariats“ definitiv falsch ist –
siehe http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=diktaturdesproletariats):
Aufhebung der Klassengesellschaft bedeutet die Aufhebung des Widerspruchs von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung, wozu gehört, dass sich eine konkrete Gesellschaft erst ergibt in der Aufhebung der abstrakten Vermittlung der Arbeitsteilung
durch den Wert. Das impliziert die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Form, worin Arbeit nicht mehr von den Produktionsmitteln getrennt existiert, sondern in eine gesellschaftliche Beziehung von Arbeit und Bedürfnis gebracht wird.
Die menschliche Notwendigkeit eines solchen Arbeitsprozesses sah Marx mit Recht in der arbeitenden Bevölkerung.
> b.. Was ist die Lösung, um den sich der Eiertanz der
> proletarischen Revolution dreht und die ganz bestimmt nicht die
> Probleme lösen kann?
> c.. Warum kann die Mensch-Maschinenproduktion, auch die
> hochentwickelte, nicht zum Startpunkt in einer neuen
> Gesellschaftsform nicht nur nicht führen, sondern warum geht von
> dieser Form der Zwang aus, sich in der Kapitalen Gesellschaft
> bewegen zu müssen?
Marx hat von einem Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen gesprochen, der die immanenten Probleme (Krisen) des Kapitalismus ausmacht. In den kapitalistischen Krisen geschieht das Unding, dass Wert vernichtet werden muss, um mit einem
herabgesetzten Niveau der Produktion die ganze Scheiße von neuem zu beginnen. Die Auflösung dieses Widerspruchs kann nur darin bestehen, die Produktivkräfte und die Produktionsverhältnisse aus einem identischen Interesse zu entwickeln. Es genügt, wenn man diese Umwälzung Revolution nennt. Es werden nicht nur Proletarier sein, die sie bewerkstelligen müssen.
> d.. Was allein kann diesem Prozess den Garaus machen: Der freie
> Wille bestimmt nicht. [Es kommt nicht darauf an die Lösung im Kopf
> zu erfinden, sonder mit Hilfe des Kopfes die Lösung im Wirklichen
> zu finden, und das Wirkliche ist erheblich mehr als das Leben
> aller Menschen und deren unmittelbare Voraussetzung (Entschuldigung
> aber die Genauigkeit bei Zitaten ist bei mir immer etwas schwach)]
Der Wille stellt ein Verfügungsinteresse da, welches die politische Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen bestimmt. In einem aus den Bedürfnissen der Menschen entwickelten Produktionsinteresse ergibt sich ein Wille, der sich auf die notwendigen Aufwände der Arbeit bezieht und in der Befriedigung der Bedürfnisse zu sich kommt und bestätigt.
So jedenfalls versteh ich das.
Wolfram Pfreundschuh
____
Auf die Frage, warum sich der Marx in den Arbeitern nur so täuschen konnte, zu antworten, dass cornelia nicht verstanden hat welche Bestimmungen Marx über die Arbeiterklasse gemacht hat, ist wenig aufklärend. Denn man kann nicht nachvollziehen welche Frage sie stellt. Und „nicht kapiert“ verweist auf einen Fehler, der nicht ausgeführt ist und deswegen nicht nachgewiesen
sein kann.
Und selbst wenn sie Marx missversteht, dann muss das nicht falsch sein, da auch er daneben liegen kann. Stimmt es denn was ihr entgegengehalten wird, dass „Aufhebung der Klassengesellschaft … die Aufhebung des Widerspruchs von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung“ bedeutet und dass dies „die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Form, worin Arbeit nicht mehr
von den Produktionsmitteln getrennt existiert, sondern in eine gesellschaftliche Beziehung von Arbeit und Bedürfnis gebracht wird“, impliziert? Kennt jemand einen „Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen“, der ein immanentes Problem des Kapitalismus ist?
Ist es für Staat und Unternehmen ein „Unding, dass Wert vernichtet werden muss, um mit einem herabgesetzten Niveau der Produktion die ganze Scheiße von neuem zu beginnen“? Wenn es ihn gibt, warum soll man für die „Auflösung dieses Widerspruchs“ sein und „die Produktivkräfte und die Produktionsverhältnisse aus einem identischen Interesse entwickeln?
Was mich stört ist, dass ihr gegen die Behauptungen – die in cornelias Fragen stecken – Eure Behauptungen setzt. Was soll sie, Ihr und ich dabei lernen?
Also Cornelia, führ doch mal Deine Behauptungen über den Marx aus:
1. Wo hast Du diese Äußerungen von ihm her? Was meinst Du was er an diesen Stellen sagen will?
2. Und was gefällt Dir an denen nicht?
3. Wenn Ihr Anderen etwas verkehrt an diesen Überlegungen findet, dann benennt doch mal einen Fehler und setzt nicht Eure Meinung dagegen und schließt aus der Differenz auf einen Fehler bei cornelia
jens
___
Ok, das ist besser. ich würde gerne als Frage Nr. 4 anhängen: Worin soll der Irrtum in der Aussage bestehen, dass die Arbeiter sich nur der Produktionsmittel bemächtigen müssten (wobei „nur“ natürlich etwas verharmlosend ist), um mit dem Kapitalismus Schluss zu machen? — ich
habe dein a. jedenfalls so verstanden, dass du meinst, in der Behauptung liege ein Fehler.
Stefan
_____
Also nochmal an Cornelia, ein paar konkretere Fragen:
Problem: „a.. Warum hat Marx sich so Fundamental in seiner Aussage, dass die humanoiden Arbeitskraftlieferanten sich nur des Industriellen Gesamt bemächtigen müssten um dem Grundwiderspruch des Kapitals entkommen zu können, geirrt ?“
Wie kommst du darauf, dass das nicht richtig sei? Wenn ich richtig verstehe, was du sagen willst, dann meinst du: Es stimmt nicht, dass die Arbeiter sich nur der Produktionsmittel bemächtigen müssten, um damit was Gescheites, statt Kapitalismus zu machen. Natürlich: sie müssen
schon auch wissen was sie mit den Produktionsmittel wollen, sie müssen sich darin sogar einig sein, weil sonst klappt’s sicher nicht mit dem Bemächtigen. Und sie müssen eben was anderes im Sinn haben, als Kapitalismus, Bedürfnisbefriedigung z.B. — aber das sollte die kleinste Schwierigkeit sein. Also das ist mehr eine Nachfrage als ein Einwandt, ich kenne dein Argument ja noch gar nicht, warum das nicht stimmen sollte, und lasse diesmal lieber irgendwelche Spekulationen darüber.
Problem: „b.. Was ist die Lösung, um den sich der Eiertanz der proletarischen Revolution dreht und die ganz bestimmt nicht die Probleme lösen kann?“
Wirklich: diese Lösung ist schlicht keine Lösung, sonst könnte sie die Probleme ja lösen. Aber um eine gescheite Antwort zu erhalten, musst du schon sagen, wen oder was du mit Eiertanz meinst, und welche Probleme du lösen willst.
Problem: „c.. Warum kann die Mensch-Maschinenproduktion, auch die hochentwickelte, nicht zum Startpunkt in einer neuen Gesellschaftsform nicht nur nicht führen, sondern warum geht von dieser Form der Zwang aus, sich in der Kapitalen Gesellschaft bewegen zu müssen?“
Wenn du mit „Mensch-Maschinenproduktion“ den Kapitalismus, also die Produktionsweise, in der wir uns durchschlagen müssen, meinst: Die ist kein Subjekt. Die Geschichte ist nicht die der Gesetze von Produktionsweisen. Weil 1. diese Produktionsweisen selber die Produkte
der mit Wille und Bewusstsein begabten Menschen sind. Sie hängen vollkommen davon ab, wozu die Menschen diese Talente gebrauchen. Und weil, soweit die Leute dabei gezwungen sind, sie 2. nicht von der „Form“ der Produktionsverhältnisse, sondern von ihresgleichen gezwungen werden
(die Natur mal ausgenommen, die Zeiten sind vorbei, wo die Naturkräfte die Produktionsweise bestimmten). Und ich meine hier nichts besonders tiefgründiges oder rätselhaftes. Da kann man ganz platt, ohne Philosophie, an Polizisten denken, die das Eigentum schützen. Dass weder
den Polizisten, noch den Politikern, die die Polizisten komandieren, klar ist, was alles an der Geltung des Eigentumsrechts hängt (wenn sie auch ganz offensichtlich die zentrale Rolle davon irgendwie ahnen), ist ein anderes Thema. Und wenn Arbeiter meinen, das Eigentum sei das, was
sie haben, und darauf bestehen, es weiterhin behalten zu dürfen, dann täuschen sie sich, und das ist auch ein anderes Thema. Wie man es dreht: die Produktionsweise, die „Form“ der stofflichen Reproduktion der Gesellschaft, zwingt die Menschen nicht zu sich, also der „Form“ selbst.
Sie ist ein Produkt der Gewaltverhältnisse, die die Menschen selbst unter sich betreiben — nicht andersherum; von Sachen geht kein Zwang aus. Es mag so ausschauen, z.B. beim Geld, aber das ist nur die „Form“ des Zwangs, der von den Menschen ausgeht.
Auf deine warum-Fragen nochmal so bezogen: erstes warum: die Produktionsweise kann nicht dazu führen — aber das ist nicht schade, man kann sie ja dazu gebrauchen (missbrauchen ist das), auch wenn sie selbst nicht dazu führen kann. Zweites warum: das ist einfach nicht so,
die Form zwingt dich nicht, und mich auch nicht.
Problem: „d.. Was allein kann diesem Prozess den Garaus machen: Der freie Wille bestimmt nicht. [Es kommt nicht darauf an die Lösung im Kopf zu erfinden, sonder mit Hilfe des Kopfes die Lösung im Wirklichen zu finden, und das Wirkliche ist erheblich mehr als das Leben aller Menschen und deren unmittelbare Voraussetzung“
Was das Zitat betrifft: da ist nicht mehr gemeint, als dass man wohl wissen kann was los ist und woran man leidet, dass das allein aber keine Abhilfe schafft. Und die praktischen Konsequenzen aus seinem Wissen ziehen, macht halt ungeheuer vie Arbeit. Z.B. muss man die Arbeiter über
das Eigentum aufklären, die meisten täuschen sich fürchterlich darüber, und glauben viel mehr als ihre Ketten zu verlieren zu haben. Man muss sich über das Wissen einig werden, weil man Masse braucht, Viele sein muss, um die Gewalt auszuhalten, die die Gegenseite aufbringt, usw. —
haufen Arbeit.
Und dass „der freie Wille“ das nicht könnte: wer hat dir das eingeredet?
Mit welchem Argument?
Stefan
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Am 26.02.2010 um 18:03 schrieb Stefan:
> Und dass „der freie Wille“ das nicht könnte: wer hat dir das
> eingeredet?
> Mit welchem Argument?
„Das Prinzip der Politik ist der Wille. Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken.“ Karl Marx in Kritische Randglossen zum Artikel eines Preussen (Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 402)
aus „Karl Marx – Dokumente seines Lebens 1818 -1883“, Verlag Philipp Reclam Leipzig, 1970, S. 313ff:
Gegen „Revolutionsmacherei“
Aus den preußischen Akten geht hervor, daß der Kommunistische Arbeiterbildungsverein, dem auch Marx angehörte, stärker beobachtet wurde. Hinzu kam ein unerfreuliches Ergebnis der Polizeiattacken vom Mai/Juni 1850. Durch deklassierte Elemente waren im Auftrag der
Polizei putschistische und terroristische Anschauungen unter die deutschen Emigranten getragen worden, die von den kleinbürgerlichen Kräften im Kommunistischen Arbeiterbildungsverein und auch im „Bund der Kommunisten“ nur allzuschnell aufgegriffen und weiterverbreitet
wurden. Innerhalb weniger Wochen sahen sich Marx und Engels gezwungen, in den eigenen Reihen gegen die Revolutionsmacherei aufzutreten. Im Gefolge der notwendig werdenden Auseinandersetzungen bildete sich im Bund die kleinbürgerliche Fraktion Willich-Schapper
heraus, die sich Mitte September 1850 abspaltete und einen eigenen Sonderbund schuf. Marx hatte nur allzu recht, wenn er später in den „Enthüllungen über den Kommtinistenprozeß zu Köln“ feststellte, daß Willich und Schapper die „unfreiwilligen Helfershelfer des gemeinsamen Feindes wurden. Willich hat im nordamerikanischen Bürgerkriege gezeigt, daß er mehr als ein Phantast ist, und Scbapper, lebenslang Vorkämpfer der Arbeiterbewegung, erkannte und bekannte,
bald nach Ende des Kölner Prozesses, seine augenblickliche Verirrung.
Viele Jahre später, auf seinem Sterbebett, einen Tag vor seinem Tode, sprach er mir noch mit beißender Ironie von jener Zeit der „Flüchtlingstölpelei“. Wie Marx 1848 in Paris gegen die
Revolutionsspielerei Herweghs und v. Bornstedts aufgetreten war, wahrte er auch diesmal die Prinzipien der proletarischen Partei.
Gegen „Revolutionsmacherei“
„An die Stelle der kritischen Anschauung setzt die Minderheit [der Zentralbehörde des „Bundes der Kommunisten“] eine dogmatische, an die Stelle der materialistischen eine idealistische. Statt der wirklichen Verhältnisse wird ihr der bloße Wille zum Triebrad der Revolution.
Während wir den Arbeitern sagen: Ihr habt 15, 20, 50 Jahre Bürgerkriege und Völkerkämpfe durchzuzumachen, nicht nur um die Verhältnisse zu ändern, sondern Euch selbst zu ändern und zur politischen Herrschaft zu befähigen, sagt Ihr im Gegenteil: „Wir müssen gleich zur Herrschaft kommen, oder wir können uns schlafen legen.“
Während wir speziell die deutschen Arbeiter auf die unentwickelte Gestalt des deutschen Proletariats binweisen, schmeichelt Ihr aufs plumpste dem Nationalgefühl und dem Standesvorurteil der deutschen Handwerker, was allerdings populärer ist. Wie von den Demokraten das Wort Volk zu einem heiligen Wesen gemacht wird, so von Euch das Wort
Proletariat. Wie die Demokraten schiebt Ihr der revolutionären Entwicklung die Phrase der Revolution unter.“
(aus „Karl Marx – Dokumente seines Lebens 1818 -1883“, Verlag Philipp Reclam Leipzig, 1970, S. 313ff)
Wolfram Pfreundschuh
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Ok, Wolfram, du hast da mal was gelesen. Aber was willst du damit sagen?
Stefan
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Am 26.02.2010 um 19:04 schrieb Stefan:
> Aber was willst du damit sagen?
Ich hab dich so verstanden, dass du wissen wolltest, wer den „freien Willen“ kritisiert.
> Und dass „der freie Wille“ das nicht könnte: wer hat dir das
> eingeredet?
Wolfram Pfreundschuh
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>Ok, das mit dem wer ist mir aber eigentlich nicht so wichtig, und wer
>den freien Willen kritisiert finde ich auch keine spannende Frage (das
tut so ungefähr Jeder, der an irgendwem anders was auszusetzen hat).
>Wichtiger wäre mir das Argument, wonach der Freie Wille den
>Kapitalismus nicht überwinden könnte — das habe ich dem Zitat nicht entnehmen
>können. Vielleicht bin ich zu blöd. Aber kannst du es mal klarer für
>mich formulieren?
Im kulturkritischen Lexikon hab ich den Willen als Grundlage der verselbständigten Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft beschrieben. Damit kann man in der Trennung von menschlichen Bedürfnissen immer nur auf „sein Recht“, auf sein Privatrecht kommen. Der Artikel beginnt folgendermaßen: „Das Prinzip der Politik ist der Wille. Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken.“ Karl Marx in Kritische Randglossen zum Artikel eines Preussen (Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 402) Wille (althochdeutsch: willio) steht für den Antrieb eines bewussten Verhaltens für oder gegen etwas, durch welches Vorstellungen oder Wünsche zur Erfüllung kommen. Mag sich jemand in seinen Vorstellungen zwar frei vorkommen, solange sie beliebig und damit unbezogen neben seinem Tun und Lassen und jenseits menschlicher Beziehungen und Verhältnisse sind. Ein „freier Wille“ (siehe Freiheit) ist dennoch ein Unding: Er müsste über die Wirklichkeit aller Lebensbedingungen verfügen, um für sich frei zu sein, und wäre gerade dadurch vollständig an die Wirklichkeit gebunden, weil er mit ihr immer identisch bleiben müsste. Gerade das verrät, was der Wille – für sich genommen – ist: Ein Verfügungsinteresse, welches die politische Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen bestimmt, also jenseits des Aufwands zur Erzeugung der Gegenstände besteht, welche menschliche Bedürfnisse befriedigen. Erst durch ein hieraus entwickeltes Produktionsinteresse ergibt sich ein Wille, der sich auf die notwendige Arbeit bezieht und in der Befriedigung der Bedürfnisse zu sich kommt, bestätigt ist und sich darin aufhebt. Als Begründung für Ziele weist der Wille immer darauf hin, dass diese nicht konkret wirklich existent, nicht wirklich gegenständlich, sondern nur vorgestellt sind, dass es Willenskraft erfordert, um etwas zu erreichen, das keinen direkten Bezug im Sein selbst hat. Das unterscheidet zunächst den Willen vom Bedürfnis, einem wirklich notwendigen Verlangen, nicht aber von Willkür, von einem willkürlichen Einfall, dass etwas zu sein habe, was nicht ist. Solche Willkür hat für politische Fantasten und Populisten gereicht, um ihre Proganda für einen „höheren Willen“ zu begründen: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ – aber dies nur deshalb, weil der Weg unbestimmt ist und eine Kraft nötig hat, die der Sache nach nicht gegeben ist. Die „Welt als Wille und Vorstellung“ (Schopenhauer) sollte dieser Kraft metaphysische Natur verleihen, eine quasi ontologische Seinsnotwendigekeit, eine Seinsbestimmung des Subjekts schlechthin, abstrakte Subjektivität, welche das „Schicksal“ der Welt aus dem Geschick der Menschen bestimmt. Dies war auch eine Vorlage für Hitlers Weltverständnis und zum Beispiel für seinen Propagandafilm „Triumph des Willens“, der Heldenmut einforderte und Erlösung versprach.
siehe http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=wille“>http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=wille
(Die Seite funktioniert derzeit nicht mit Internet-Explorer)
Wolfram Pfreundschuh

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Ein teuflischer Spiegel: Bürgerliche Demokratie und Faschismus — verfeindet und verwandt

2. Februar 2010 5 Kommentare

Jemand, der offensichtlich auch Sachen von Die Linke.SDS liest, hat mich auf einen Artikel von Marco Heinig aufmerksam gemacht. Marco ist Mitglied des BundessprecherInnenrats bei Linksjugend ‚[solid], und in letzter Zeit vor allem durch seinen Feldzug gegen die SAV aufgefallen, die er wie Klaus Ernst (Ex-WASG und jetzt Parteispitzenkandidat der Partei Die Linke) und manche andere nicht im Jugendverband der Partei haben möchte (siehe z.B. hier).
Aber er hat offensichtlich auch schon mal Sachen von GegenStandpunkt gelesen oder gehört, denn in einer frisch erschienenen Broschüre „Block Fascism“ von Die Linke.SDS und Linksjugend ‚[solid] gibt es ab Seite 39 einen für diese Gruppen recht erstaunlichen Artikel unter dem Titel „Ein teuflischer Spiegel: Bürgerliche Demokratie und Faschismus — verfeindet und verwandt“ .

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Der Hit der VWL: Ein Glas Wasser in der Wüste

23. Januar 2010 Kommentare ausgeschaltet

Jeder, der schon mal ein bißchen in die moderne Volkswirtschaftslehre reingeschnuppert hat, oder auch nur einen der vielen Vorträge von GegenStandpunktlern zur Kritik an der VWL gehört hat, kennt das berühmt/berüchtigte Lehrbeispiel vom Glas Wasser in der Wüste und seiner enormen Bedeutung für die Erklärung von Angebot und Nachfrage und den Preisen.
Auf dem Blog „Emanzipation oder Barberei“ ist hier ein schon älterer, aber passend wütender Verriß aus Ernst Lohoffs krisis-Artikel „Zur Dialektik von Mangel und Überfluss“ (Nr. 21./22 1998) ausgegraben worden:

„Die Vorliebe, mit der einst die Vertreter der »subjektiven Wertlehre« und bis heute die der daraus abgeleiteten Grenznutzentheorie ihre Doktrin am berüchtigten Glas Wasser in der Wüste idealtypisch zu erläutern pflegen, kommt nicht von ungefähr. Dieses Modell gibt in der Tat die Bedingungen optimierter marktwirtschaftlicher Reichtumslogik wieder. Im ökonomischen Sinn darf sich eine Gesellschaft umso reicher schätzen, je perfekter es ihr gelingt, den sozialen Zusammenhang in eine Wüste zu verwandeln, in der die Menschen von allem Lebensnotwendigen und allem, was das Leben lebenswert machen könnte, prinzipiell restlos abgeschnitten sind, auf daß es ihnen allein in der Schrumpfform der Ware und auschließlich über die Teilnahme am Verwertungsbetrieb vermittelt partiell zugänglich werde.
( … )
Die Warengesellschaft hat zweifellos im Laufe ihrer Entwicklung eine reichhaltige Palette neuer und bunter Wassergläser hervorgebracht. Vor allem aber hat sie in den letzten zweieinhalb Jahrhunderten in aller Unerbittlichkeit die Ödnis geschaffen und schafft sie jeden Tag neu, in der diese Gläser erst ihre ganze Bedeutung gewinnen. Der autosuggestive Stolz, mit dem die Trinkgefäße präsentiert werden, darf nicht von diesem zweiten und eigentlich zentralen Teil der »historischen Mission« unserer glorreichen Warengesellschaft ablenken.“

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Was man manchmal aus einem fehlenden Apostroph ablesen kann!

21. Januar 2010 1 Kommentar

Kohleofen nimmt die falsche Bezeichnung der KP in Italien, die am 21. Januar 1921 in Livorno gegründet wurde bei „Analyse, Kritik und Aktion“, zum Anlaß, daraus gleich eine Kurzgeschichte der Bolschewisierung auch dieser Kominternsektion zu machen. Natürlich wieder mal mit den beiden bekannten Namen dieser Zeit: Gramsci und Bordiga.

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Im Winter muß man sich aufplustern

13. Januar 2010 5 Kommentare

wendy hat bei indymedia ein schönes Demo-Plakat gefunden, auf dem jemand folgenden Satz Rosa Luxemburg zugeschrieben hat:

Im Winter muß man sich aufplustern und auf die Sonne warten

Kennt jemand die Quelle, bzw. ist das wirklich von Rosa?
(Ich habe es nämlich auf die Schnelle nur in einem Multiple-Sklerose-Forum gefunden.)

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Was für Antikapitalisten (von Jutta Ditfurth)

8. Januar 2010 5 Kommentare

Ein relativ neuer Blog „Für den Kommunismus!“, (der den GegenStandpunkt und den „Planet der Kommunisten“ verlinkt), hat folgenden Beitrag geschrieben:

Die so genannte Antikapitalistische Linke der Linkspartei, vom VS Baden-Württemberg als linksexrem eingeschätzt, hat einen Brief verfasst, in dem sie resp. Vertreter von ihr Stellung nehmen zu aktuellen inneren Debatten innerhalb der Partei. Soweit, so egal.
Eines aber ist doch Bemerkenswert: Diese so genannten Antikapitalisten loben Oskar – Ausländer Raus, Löhne Runter – Lafontaine als einen Politiker, der einen konsequenten Linkskurs vertreten würde. Eine kleine Sammlung zur Auffrischung des historischen Gedächtnisses kann man hier finden.

Und dieses „hier“ führt (nicht ganz überraschend) auf Jutta Ditfurths Blog zur Bundestagswahl 2009, der schon recht lange Ex-Grünen linksradikalen in der Wolle gefärbten Demokratin.

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Someone is WRONG on the Internet!

29. Dezember 2009 Kommentare ausgeschaltet

Lange habe ich diesen schönen Comic nicht mehr gesehen und auch auf der Webseite des Zeichners nicht mehr wiedergefunden. Nun hat Bikepunk 089 ihn als Motto für sein Revival benutzt.
xkcd

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audioarchiv: Regionalgeld, Tauschringe, Schwundgeld … und die gefährlichen Lehren des Silvio Gesell

19. Dezember 2009 Kommentare ausgeschaltet

Das audioarchiv weist auf einen weiteren Vortrag Peter Bierls zur Kritik der sog. Freiwirtschaftslehre Silvio Gesells hin (hier). Der 80minütige Mitschnitt weist viele inhaltliche Übereinstimmungen mit anderen Beiträgen zum Thema auf.

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TOP Berlin: Workshop-Tag zu Scheitern und Zukunft des Kommunismus am 31.10.09

21. Oktober 2009 45 Kommentare

Gemeinsam mit dem Berliner Bündnis gegen die Wendefeierlichkeiten wird TOP Berlin am

Samstag, 31.10., 10 bis 22 Uhr
HU Berlin, Dorotheenstr. 24 (Hegelgebäude/1.604/1.605/1.606/1.607/HS1.101 und Hauptgebäude/HS2072)
einen Workshop unter dem Titel „Scheitern und Zukunft des Kommunismus“ machen. Sie kündigen das so an:

Geplant ist, an einem Tag mit verschiedenen antinationalen und linksradikalen Gruppen des Berliner Bündnisses gegen die Wendefeierlichkeiten das Scheitern des Realsozialismus und die Zukunft des Kommunismus zu diskutieren. Einen zweiten Schwerpunkt bildet am Nachmittag der (deutsche) Nationalismus in seinen ideologischen Formen und die anstehenden Gedenkfeierlichkeiten zu 20 Jahre Mauerfall am 9. November 2009.

Angeboten werden unter anderem folgende Workshops:

11.00-14.00 Workshop-Phase1
Realsozialismus: Scheitern und Zukunft des Kommunismus

Workshop 1:
Die schlechte Kapitalismuskritik der Realsozialist_innen (jimmy boyle)

Um zu beklagen, dass der Kapitalismus “ungerecht” sei und die Verteilung des Reichtums nicht korrekt ist, dafür muss mensch keine Marxist-Leninistin sein. Die kommunistischen Parteien diesen Schlages haben aus dieser Kritik allerdings den Schluss gezogen, dass eine Revolution fällig sei und wo sie konnten eine Ökonomie neuen Typs eingerichtet, die weder Plan noch Markt war. Auf diesem Workshop sollen diese Formen der Kapitalismuskritik diskutiert werden und gezeigt werden, wie sie die Grundlage für die eigenartige Ökonomie der Ostblockländer waren.

Workshop 2:
Wie organisiert man Kommunismus? (TOP)

Workshop 3:
War mit den Deutschen nach 1945 überhaupt noch Sozialismus zu machen, oder hätte sich die SED ein anderes Volk wählen sollen? (Internationale KommunistInnen)

Wir wollen darüber diskutieren, ob es nur an der falschen Politik der SED lag, dass der Sozialismusversuch der DDR scheiterte, oder ob es in Deutschland wenige Jahre nach der Zerschlagung des NS-Regimes durch die Alliierten überhaupt Voraussetzungen für eine sozialistische Entwicklung gab. Außerdem spielen für uns die Erfahrungen aus dem Scheitern der Oktoberrevolution in Russland und die Politik des Stalinismus eine zentrale Rolle bei der Einschätzung des Charakters der DDR und der Sozialismusvorstellungen der SED.

Workshop 4:
Die Assoziation freier Produzenten (paeris)

Das Ziel ist klar: der Verein freier Menschen, und die konkrete Ausgestaltung der Gesellschaft wird sich aus dem historischen Prozeß ergeben. Auf den Verlauf der Geschichte zu vertrauen ist riskant angesichts der Erfahrungen des real existierenden Sozialismus, fanden die holländischen Rätekommunisten 1930. Um das Umschlagen in neuerliche Herrschaft zu vermeiden, sollte man sich Gedanken machen, nach welchen Prinzipien eine befreite Gesellschaft organisiert werden kann. Ihr Vorschlag ersetzt politische Entscheidungen durch ökonomische Sachlogik und eine radikale Selbstverwaltung der Betriebe. Können politische Entscheidungen damit tatsächlich vermieden werden, und falls ja: Ist das eigentlich wünschenswert? Oder müssen nicht immer auch politische Entscheidungen getroffen werden, so dass man sich fragen muss, innerhalb welcher Strukturen solche Entscheidungsprozesse möglichst herrschaftsfrei stattfinden können?
4.15-16.00 Das Produktionsregime in der DDR und die Folgen für die Arbeiter.
Diskussion mit Renate Hürtgen (Moderation: TOP)

16.30- 19.30 Workshop-Phase 2
Nationalismus und Angriff auf die Gedenkfeierlichkeiten

Workshop 1
Der historische Materialismus – eine antirevolutionäre Revolutionstheorie (jimmy boyle)

Der historische Materialismus ist ein wesentlicher Grundzug marxistisch-leninistischer Vorstellungen. Die Kritik desselben erhellt manche Ekligkeit der realsozialistischen Praxis und ist daher Bestandteil der Antwort auf die Frage, wie der Kommunismus so auf den Hund kommen konnte.

Workshop 2
DDR im Gedenk-Nationalismus der Berliner Republik (TOP)

Die Staatsideologie der Berliner Republik entwickelt sich in Abgrenzung zum Nationalsozialismus und zum Realsozialismus. Nach anfänglichen Widerständen wurde der NS produktiv ins nationale Selbstbild integriert. Deutschland wurde Aufarbeitungsweltmeister. Die DDR wurde zwar immer wieder als “zweite deutsche Diktatur” etc. mit dem NS gleichgesetzt. Doch erst jetzt, zum 20. Jahrestag des Mauerfalls, zeichnet sich eine geschichtspolitisch vergleichbar produktive Aneignung des Realsozialismus ab: Die Mythisierung der ‘friedlichen Revolution’ macht Deutschland nachträglich zur revolutionären Demokratie. Auf Grundlage der staatlichen Anerkennung des ‘Zivilisationsbruchs’ Auschwitz wird so eine Neuaneignung der Vergangenheit als Nationalgeschichte möglich. Sie erscheint als Vorgeschichte eines nun endlich freien und geeinten Deutschland. Der Workshop zeichnet die wichtigsten Stationen und Kontroversen dieser nationalideologischen Sinnstiftung seit 1989 nach, und problematisiert sie als ideologischen Kitt einer falschen Freiheit. Gemeisam mit den Teilnehmenden sollen linksradikale Strategien zum Umgang mit dieser neuen deutschen Ideologie gesucht werden.

Workshop 3
„Die Verteidigung der Heimat ist das höchste Gut des Lebens“ – Der real
existierende Nationalismus (jimmy boyle)

Das Zitat aus der Pravda von 1934 ist keineswegs ein Ausrutscher der sowjetischen Parteipresse aus den stalinistischen 1930er Jahren, sondern die Bolschewiki kannten durchaus seit ihrer Gründung einen guten, ja gar vernünftigen Nationalismus, nämlich denjenigen, der der „Sache“ nützt. In dieser Allgemeinheit sind sie sich mit dem „bourgeoisen“ Nationalismus sehr einig, der von den Bolschewiki auch nur dafür kritisiert wird, dass er „bourgeois“ ist. In diesem Workshop sollen anhand ausgewählter Zitate von Lenin die Vorstellungen zu Nationalismus und seinen Leistungen entwickelt und kritisiert werden.

Workshop 4
“Von zehntausend Antifaschisten, die es in Nazideutschland gegeben
haben mag, lebten allein acht Millionen in der DDR.” (Jurek Becker)
Workshop zu Antisemitismus in der DDR (AK Stalin hat uns das Herz gebrochen, NFJ Berlin)

Spätestens seit der Ausstellung, mit der die Amadeu-Antonio-Stiftung im letzten Jahr den Antisemitismus in der DDR öffentlich kritisierte, kann niemand, auch nicht aus der Linken, mehr behaupten, es hätte “das” in der DDR nicht gegeben. Im Mainstream-Geschichtsdiskurs der BRD kommt das Bild der DDR als antisemitischer Staat gut an. Schließlich eignet sich das Thema hervorragend, um antikommunistische Positionen zu rechtfertigen. So können die Freund_innen der deutschen Nation auch noch bequem in totalitarismustheoretischer Manier den Nationalsozialismus relativieren und die BRD – jetzt als “wiedervereinigtes” Deutschland – abfeiern. Aber auch in Teilen der Linken, wird sich nur selten die Mühe gemacht, einen differenzierteren Blick auf die verschiedenen Erscheinungsformen des Antisemitismus in der Politik der SED, aber auch in der DDR-Bevölkerung zu wagen. Im Rahmen des Workshops wollen wir anhand von Thesen diese verschiedene Aspekte diskutieren.

Anmeldungen zum Workshoptag an mail[at]top-berlin.net

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Taktische Betrüger

29. September 2009 Kommentare ausgeschaltet

Folgender Artikel erschien im gedruckten Tagesspiegel vom 29.09.2009, hier online) :

Wenn es ums Fressen geht, zeigen manche Vögel erstaunliche Intelligenz. Bei Laborversuchen legen sie durchaus auch Forscher herein.

Das ging erst mal schief. Der Kolkrabe hat genau beobachtet, in welcher der verschiedenfarbigen Futterdosen der Wissenschaftler den Leckerbissen deponiert hat. Als der Rabe endlich in den Raum mit den Futterdosen darf, schaut er sofort in die Dose mit dem Happen. Zum Fressen kommt er trotzdem nicht, weil der ebenfalls mit in den Raum spazierte Rabenbruder in der sozialen Hierarchie der Gruppe höher steht – und ihm den Leckerbissen wegschnappt. Aus Schaden wird der Kolkrabe klug, beim nächsten Versuch Tage später tappt er erst einmal zu einer leeren Futterdose. Auch diesmal will der Bruder ihm das Futter klauen, sucht jetzt aber vergeblich in der leeren Dose. Längst ist der rangniedere Rabenbruder zur Dose mit dem Leckerbissen gewackelt und hat endlich seine verdiente Belohnung im Schnabel. „Taktischen Betrug“ nennt Christian Schloegl dieses clevere Verhalten. Mehr…

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