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Archiv für Februar, 2012

Zur Generalstreik-Forderung (Facebook „Understanding Capitalism“)

28. Februar 2012 Kommentare ausgeschaltet

Aus derFacebook-Gruppe „Understanding Capitalism“:
Frank: General strike in all countries for May 1 and perhaps May 2. Viable? I think so.
Neoprene: This sounds inconsistent: Either workers in many states already right now see themselves in a situation to mount massive pressures to fight back the offensives of capital. Then they should rather sooner than later start fighting. Or the call for a May day „general strike“ ist just another rather symbolic gesture. This would be a strike as it is often called by the union tops to let off steam and then go back to business as usual.
Frank: ‎“Or the call for a May day „general strike“ ist just another rather symbolic gesture.“-Strikes are symbolic gestures? Symbolic of what?
Frank: „Then they should rather sooner than later start fighting.“-The problem is fixing a date. And a reason. May 1 and 2 is an excellent choice on both counts. It’s only two months away!!
Neoprene: Either the workers (or at least decisive sections with enough social power) are short of an uprising. Determined to bring down this system. Then it would be ridiculous to wait another month or two just to coincidence with May 1. Or the workers in their majority are far from anticapitalist minded then the most you can get is a „general strike“ that one could see in France or Italy so often: Begging the government for specific reforms by a symbolic short strike of a few hours or a day at maximum.
Frank: Bringing down the system doesn’t happen overnight. It’s ridiculous to think workers could do this next week.
Frank: ‎“Begging the government for specific reforms by a symbolic short strike of a few hours or a day at maximum.“-Strikes aren’t begging.
Neoprene: Strikes are very often only begging. And especially this sordid generals strikes a la France or Italy never transcended this militant begging. That they never were unlimited but consciously shorttermed speaks volumes. They never were meant to bring down the hated governments or push back the offensive of the bosses. The were as militant as the big red banners at the May demonstrations. But not a bit more.
Neoprene: ‎“Bringing down the system doesn’t happen overnight. It’s ridiculous to think workers could do this next week.“ Indeed, and therefore a real general strike is nothing to be called for by isolated leftists. It develops from fights, strikes and so on already going on. It extends from one industry to more of them. And even then it is a question of the aims of the workers movement. If it does not want to topple the government, to bring down the system then it rather sooner than later decides to put an end to the fighting. and of course you normally have the preponderance of reformist leaders in the trade union movement that from the start on are for the restoration of order.
Frank: ‎“Strikes are very often only begging.“-Strikes are forcing someone to do something. That’s not begging. Mehr…

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GSP 1-11: Das Finanzkapital IV (als PDF)

27. Februar 2012 Kommentare ausgeschaltet

Im Down­load­be­reich steht jetzt auch der letzte der Ar­ti­kel aus dem Gesamtwerk des GegenStandpunkt über das Fi­nanz­ka­pi­tal zur Verfügung: „IV. Das internationale Finanzgeschäft und die Konkurrenz der Nationen“ erschienen in Heft 1-11, wieder von mir ein­ge­scannt und in ein zi­tier­fä­hi­ges PDF kon­ver­tiert.

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Wo bleibt denn die Moral?

26. Februar 2012 375 Kommentare

@ Neoprene
Ich würde gern mal deinen Blog missbrauchen, weil „Juli“, der Betreiber des Blogs „Emanzipation oder Barbarei“ meinen abschließenden Kommentar (noch?) nicht frei geschaltet hat.

„Juli:
„ja, tatsächlich geht es in dem Text nicht direkt um Wertkritik. Aber trotz alledem wird dort die Kritik des Gegenstandpunkt an formtheoretischen Kritikvarianten zur Kenntlichkeit gebracht. Diese Kritik lautet: ,Wo bleibt denn die Moral‘ und drückt sich aus in Zitaten wie diesen:
Er will nicht die Ausbeutung als den entscheidenden Skandal herausstellen, ( … )
Wichtig am Kapitalismus ist also der ,Skandal der Ausbeutung‘. Und das ist kein Argument, sondern Moral. Was dem GSP fehlt, ist die „Feindschaft gegen Kapitalisten“.
Lustig finde ich das deshalb, weil gerade der GSP und sein Umfeld sich immer über moralische Argumentationen aufregt, wir hatten das ja auch hier im Blog vor kurzem: Hitler ist kein Argument etc. Nun denn: Ausbeutung auch nicht.
Darüber hinaus ist das Schema simplifizierend: durch die moralische Betonung des Skandals der Ausbeutung muss sich die kritisierende nicht mehr mit der eigenen Verstrickung in gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse beschäftigen. Und auch das kann ein Interesse sein, sich nicht auf Kritik einzulassen. Ein in diesem Fall allzu offensichtliches…“

Antwort KHM:

„Juli:
„Diese Kritik lautet: ,Wo bleibt denn die Moral‘ und drückt sich aus in Zitaten wie diesen:
Er will nicht die Ausbeutung als den entscheidenden Skandal herausstellen, ( … )
Wichtig am Kapitalismus ist also der ,Skandal der Ausbeutung‘. Und das ist kein Argument, sondern Moral.“

GS-Artikel:

„Dass unsere Gesellschaft von Ausbeutung und Klassenherrschaft bestimmt ist, hält der Autor für einen alten Hut. Wie das funktioniert, findet er spannend. Dabei ist das Dass keineswegs Gemeingut (…) Im Kapitalismus, Heinrich sagt das selbst an anderer Stelle, liegt Ausbeutung eben nicht offen zu Tage wie bei der Sklaverei oder der feudalen Fronarbeit. Sie muss bewiesen werden; und das Urteil über diese Gesellschaft ist gesprochen, wenn sie bewiesen ist. Ihr Nachweis fällt zusammen mit der Erläuterung, wie in der wechselseitigen Benutzung freier Bürger ein einseitiges Dienstverhältnis steckt, wie also der freie Austausch ein Ausbeutungsverhältnis vermittelt. Unser Interesse ist es daher im Wie des Funktionierens aufzuzeigen, was da funktioniert, welche Konsequenzen der herrschende ökonomische Zweck des Geld-Machens mit sich bringt, welche weiteren Zwecke und ökonomische Formen aus ihm folgen, und welche negativen Wirkungen das für die Betroffenen hat.
Heinrich dagegen findet es „entscheidend, wie Ausbeutung und Klassenherrschaft in einer Gesellschaft funktionieren“, ohne dass er das Faktum selbst für beweiswürdig hält. Er will nicht die Ausbeutung als den entscheidenden Skandal herausstellen, sondern das seiner Meinung nach erstaunliche Funktionieren dieses Systems. Seine Aufmerksamkeit gilt nicht so sehr der Absurdität dieser Wirtschaftsordnung und ihrer Schädlichkeit für die große Mehrheit, sondern dem Kapitalismus als funktionierendem System. Er will aufklären, wie es dieses System trotz seines „destruktiven Potenzials“ schafft, seine (menschlichen) Elemente zu integrieren und sein Bestehen in der Welt zu sichern. Kapitalismuskritik besteht für ihn nicht in der Klärung von Argumenten, warum dieses Ausbeutungssystem abgeschafft gehört, sondern in Erläuterungen, die die Haltbarkeit der kapitalistischen Gesellschaft zum Thema haben: Ihm geht es um das Aufdecken von Mechanismen unbewusster Präformation des Handelns und Denkens durch das „System“, die dafür sorgen, dass seine Insassen zuverlässig funktionieren und nicht auf kritische Gedanken kommen. „Das System“ ist bei ihm das alles beherrschende Subjekt der kapitalistischen Welt.“

Wer diese Erläuterungen mit „Wo bleibt denn die Moral“ zusammenfasst ist entweder ein funktioneller Analphabet oder ein interessierter Wertkritiker. Aber sei’s drum. Mir war natürlich schon vorher klar, dass jede Diskussion zu diesem Thema mit Leuten wie Juli reine Zeitverschwendung ist – da geht’s nämlich an deren theoretische Substanz! Deshalb zum Abschluss nur noch einmal die nachdrückliche Empfehlung an Mitlesende, den Artkel selbst zu studieren und so zu überprüfen, welches der hier geäusserten Urteile zutrifft. That’s all.
Dazu passender Nachtrag:

„Am Rand bleibt für Kenner eine Abgrenzung zu den Marxologen nachzutragen, die sich ausgerechnet, weil es keinen Sozialismus in der Realität mehr gibt, zu einer „Neuen Marxlektüre“ befreit und herausgefordert sehen. Sie wollen nichts mehr zu tun haben mit der Arbeiterklasse und dem Anprangern der Ausbeutung; entdecken vielmehr in allen Gegenständen und Themen des dreibändigen Werkes eintönig immer dasselbe: „Fetischisierte Vergesellschaftung“. Sie studieren Marx, aber weniger, um der ausgearbeiteten Kritik des Kapitalismus seine Kritik zu entnehmen; sie lesen das Buch mehr als eine gelungene Antwort auf ihre Frage, warum die praktische Kritik, die der Kapitalismus verdient hätte, immerzu ausbleibt. Sie erklären nicht sich und anderen, warum die kapitalistische Wirtschaftsweise nicht zu ihnen passt und abgeschafft gehört, sondern warum sie in Gedanken und Praxis so gut zu ihr passen.
Damit wollen wir nicht verwechselt werden.“

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Aufheben: „What was the USSR? Part I: Trotsky and State Capitalism“

23. Februar 2012 Kommentare ausgeschaltet

Auf der anarchistischen Webseite libcom.org hat die Gruppe Aufheben („Our influences included the Italian autonomia movement of 1969-77, the situationists, and others who took Marx’s work as a basic starting point and used it to develop the communist project beyond the anti-proletarian dogmatisms of Leninism (in all its varieties)“) vor einigen Jahren ein Projekt vorgelegt der

„analysis of the economic system of the Soviet Union by examining the most common theories about its nature – Trotsky’s degenerated workers state, and Tony Cliff’s state capitalism.“

Sie leiteten das so ein:

„The Russian Revolution and the subsequent establishment of the USSR as a ‚workers‘ state‘, has dominated political thinking for more than three generations.
In the past, it seemed enough for communist revolutionaries to define their radical separation with much of the ‚left‘ by denouncing the Soviet Union as state capitalist. This is no longer sufficient, if it ever was. Many Trotskyists, for example, now feel vindicated by the ‚restoration of capitalism‘ in Russia. To transform society we not only have to understand what it is, we also have to understand how past attempts to transform it failed. In this and future issues we shall explore the inadequacies of the theory of the USSR as a degenerated workers‘ state and the various versions of the theory that the USSR was a form of state capitalism.“

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Die KKE und „unser“ Luftraum

21. Februar 2012 11 Kommentare

Through promotion of a new structure for NATO and changes of headquarters, sovereign rights in the realm of defence have been ceded to the Atlantic Alliance and Turkey. Turkey’s dispute of some of our frontiers, even islands and islets, is supported and promoted by the US and the EU. Their constant violations of our air space and demands in the Aegean should not be addressed as an ordinary issue of minor significance, but against the background of developments in the region, and of intra-imperialist conflicts, all of which look as though they will become sharper in the coming period. The struggle for sovereign rights in the Aegean, for the territorial integrity of our country, is integrally linked with the fight against the imperialist plans in the region. It is a fight against war and in favour of peace.

aus dem „Report of the Central Committee of the KKE to the 17th Congress“ der KKE 2005
Nur ein erzgriechischer Nationalist kann also ein wahrer Antiimperialist sein. Das hat leider in Griechenland eine lange Tradition in der Linken.
Auch 2011 lag der KKE noch stark an der Souveränität des (imperialistischen!) griechischen Staates:

The KKE is firmly committed to the development of friendship, internationalist solidarity between the working class and the peoples of the two countries.
The solution for the peoples lies only in the overthrow of the cause that breeds contradictions, conflicts, wars. This cause is nothing other than capitalist profits.
For that reason the workers’ and people’s movement in both countries must strengthen their anti-imperialist struggle against the bourgeoisie and the participation, involvement of Greece and Turkey in the imperialist plans, for their disengagement from the imperialist organisations of NATO and EU that constitute a permanent source of painful consequences at the expense of the peoples.
The working class, the popular strata have the duty and the strength to oppose and thwart the dangerous plans for the concession of the energy resources of the Aegean Sea. The safeguarding of the domestic mineral resources, of the oil deposits and the natural gas is an issue of strategic importance for the future of the people’s power.
The formation of the anti-imperialist anti-monopoly front of struggle, the people’s power and economy is proven to be the only way that the natural resources of the country can be utilised for the benefit of the people but also for the safeguarding of sovereignty and peace.
The KKE will agree on the settlement of the Greek-Turkish disputes, even if they cannot be eliminated under this correlation of forces and the class orientations of the bourgeoisie, under the condition that the sovereignty of the country is safeguarded.

aus der „Resolution of the CC of KKE concerning the international developments in our region and the positions of the KKE“ vom Februar 2011

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Anmerkungen zum Programm der KKE

21. Februar 2012 11 Kommentare

Die langjährige Generalsekretärin der griechischen KKE, Aleka Papariga, hat im Dezember 2011 bei einer „Beratung von kommunistischen und Arbeiterparteien“ in Athen die Eröffnungsrede gehalten, die ich im folgenden ausführlich zitiere und kommentiere als versuchten Einstieg in eine Auseinandersetzung mit einer Partei, auf die offensichtlich dieser Tage recht viele schauen, teils besorgt, teils hoffnungsfroh, und nur zu einem ganz geringe Teil kritisch:

„Es ist eine Tatsache, dass die gesammelten Erfahrungen die Notwendigkeit der Machtausübung durch die Arbeiterklasse, die Notwendigkeit der Vergesellschaftung der Produktionsmittel und der zentralen Planung entgegen der Auffassung vom „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ oder „Marktsozialismus“ bekräftigen, welche nichts mit dem wissenschaftlichen Sozialismus und der Erfahrung aus dem sozialistischen Aufbau zu tun hat. Als die Marktgesetze beim sozialistischen Aufbau gefördert wurden und die sozialistischen Produktionsverhältnisse geschwächt wurden, begann für die Macht der Arbeiterklasse der Count-Down hin zur Konterrevolution.“

Mehr hat die KKE zu Untergang und Selbstauflösung des RGW nicht zu sagen??

„Kein bürgerlicher politischer Vorschlag, weder von den Liberalen, noch von den Sozialdemokraten, noch von den Linken, keinerlei „Erneuerung“ kann einen Ausweg im Interesse des Volkes darstellen und das Volk vor seiner kurzfristigen und noch weniger vor seiner Mittellosigkeit auf lange Zeit schützen. Es sei denn, man macht den Bruch mit den Monopolen in der Industrie, im Bankwesen, bei den Reedereien, im Handel zu einer Grundsatzangelegenheit, was im Klartext den Bruch mit dem kapitalistischen Eigentum, seinen staatlichen Einrichtungen, seinen internationalen Bündnissen bedeuten würde.“

Bei MLern habe ich immer ein komisches Gefühl: Es fängt an mit dem Kampf ganz bewusst nur gegen die „Monopole“ in der Industrie, im Bankwesen, bei den Reedereien, im Handel, nicht gegen das kapitalistische Eigentum an Produktionsmitteln überhaupt, um dann doch „Klartext“ zu reden: „Bruch mit dem kapitalistischen Eigentum, seinen staatlichen Einrichtungen, seinen internationalen Bündnissen“.

„Die Arbeiter in Griechenland, in der Eurozone, müssen die Theorie zurückweisen, wonach der Schutz des Staates vor dem Bankrott eine nationale Sache wäre und deswegen die Opfer für so ein Anliegen notwendig seien, was in der Tat ein umgetaufter moderner Patriotismus ist. Die Arbeiter sind nicht verantwortlich und sollten nicht für die öffentlichen Schulden zahlen. Die Wut des Volkes ist nicht genug, um zum Gegenangriff des Volkes zu führen, wenn sie nicht ein antimonopolistisches Wesen erreicht und einen antikapitalistischen Inhalt bekommt.“

„Heute brechen in Griechenland eine Menge Tabus und Mythen zusammen, die das Volk beeinflusst hatten. Und wir glauben, dass dies für andere kapitalistische Länder ebenfalls gilt, vor allem in der alten kapitalistischen Welt Europas. Ihr Hauptschwerpunkt besteht darin, dass die EU eine Unvermeidlichkeit darstellen würde, dass es unvorstellbar für ein Volk wäre, nicht den Beitritt zur EU anzustreben oder gar aus ihr auszutreten. Oder dass die EU in ein Europa der Völker umgewandelt werden könne, und zwar durch das Aufkommen von Linksregierungen oder durch Koalitionen von linken und fortschrittlichen Kräften.“

Es bleibt hier erstmal recht vage, was für ein Griechenland nun aus der EU austreten soll: Ein weiterhin kapitalistischer Staat oder die neue Arbeitermacht zerreißt alle vorgefundenen imperialistischen Bande, so auch den EU-Vertrag. Andererseits heißt es gleich darauf:

„Nur die Macht des Volkes kann die Souveränität des Volkes und den wirklichen Austritt aus solchen imperialistischen Blöcken wir der EU und der NATO gewährleisten. Wir propagieren die folgende Plattform mit diesen drei Achsen: Macht des Volkes, Austritt, einseitige Schuldenlöschung. Der Austritt ohne Vergesellschaftung würde auch zerstörerisch für das Volk sein, während die Vergesellschaftung ohne Austritt unmöglich wäre.“

Interessant, wie Papariga mit dem gerade in Griechenland so vorherrschenden Nationalismus umgeht:

„erwirbt der Begriff Heimatland einen wesentlichen Inhalt für das Volk allein in der Macht des Volkes, mit den Organen der Teilnahme der Arbeiter und des Volkes, der Verteidigung und des Schutzes.“

Dann kann man – wie Stalin schon – problemlos zum Großen Vaterländischen Krieg blasen, so „internationalistisch“ sind Stalinisten seit eh und je.

„Wir setzen uns systematisch mit Auffassungen wie jenen auseinander, wonach „das Problem der griechischen Wirtschaft die akkumulierten Superprofite im Banksystem oder in den Warenbörsen im Gegensatz zu den Profiten in der Industrie, in der Produktion waren“. Jenen Auffassungen, die die Profite in „rechtmäßige“ und in „unrechtmäßige“ einteilen. Jenen Auffassungen, die vorgeben, dass der angeblich gesunde Kapitalismus sich zu einem „Casino-Kapitalismus“ entwickelt hätte. Die Reduzierung des Imperialismus auf eine Außenpolitik und auf einen Typ der zwischenstaatlichen Beziehungen anstelle eines sozialökonomischen Systems bzw. der Monopolkapitalismus muss ganz besonders angepackt werden.“

Damit käme Papariga in der deutschen Linken hingegen nicht sehr weit.
Andererseits würde folgende Zusammenfassung des Programms selbst in der Linkspartei eine ganze Reihe von Anhängern finden:

„Die KKE ruft das Volk dazu auf zu kämpfen, damit die konzentrierten Produktionsmittel in der Industrie Volkseigentum werden, damit der Boden vergesellschaftet wird, damit die großen Unternehmen in der Landwirtschaft und im konzentrierten Großhandel vergesellschaftet werden. Auf der Grundlage dieser Verhältnisse muss die Landwirtschaft gemäß Anreizen für ihre Konzentration umgestaltet werden, und zwar anfänglich zu Genossenschaften.“

Auch hier wieder die ganz bewusste Beschränkung auf „große“ Kapitale, sei es in der Industrie, im Handel oder im Agrobusiness.
Wenn es dann heißt:

„Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die zentrale landesweite Planung, gegründet auf wissenschaftliche Instrumente, werden große ungenutzte produktive Fähigkeiten freisetzen. Sie wird die wissenschaftlich kombinierte Vorrangigkeit und die Befriedigung der sozialen Bedürfnisse gewährleisten, weil sie die ausgeweitete Kontrolle der Arbeiter und des Volkes für die vollständige Befriedigung der sozialen Grundbedürfnisse bei z.B. Nahrung, Wohnstätte, Bildung, Gesundheitsfürsorge, Sozialwesen, Aufbau von Infrastruktur aktiviert.“

Wird auf diesem allgemeinen Level wohl kaum ein Kommunist widersprechen wollen (außer all den Antizentralisierungsanarchisten darunter).
Komisch fand ich folgende Stelle:

„Nur die Macht des Volkes kann gegenseitig vorteilhafte Handelsvereinbarungen mit den anderen Völkern, den anderen Volkswirtschaften erbringen und die Erscheinung der imperialistischen Konkurrenzkämpfe bei der Nutzung der Bodenschätze im Seegebiet und an Land auslöschen“

Mit „anderen Völkern“ kann es doch nur Handel(?) geben, wenn auch dort eine Revolution erfolgreich war, bis dahin hat man es doch als antikapitalistische Insel weiterhin mit den „imperialistischen Konkurrenzkämpfe“ zu tun. Und wenn erst mal auch anderswo antikapitalistische Revolutionen erfolgreich waren, dann wird man doch nicht mehr Handel mit denen treiben, sondern das gemeinsam beherrschte Gebiet mit den vorhandenen Ressourcen gemeinsam beplanen und versorgen. Oder soll doch wieder ein RGW, gott habe ihn selig her?
Ich weiß nicht, was ihre Einschränkung soll, denn auf den puren Fakt hätte sie ja nun wirklich nicht hinweisen müssen:

„Natürlich gibt es keine revolutionäre Situation in Griechenland, um den Sturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung sofort auf die Tagesordnung zu setzen.“

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Griechenland: „Volk muß aufhören, sich wie Opfer zu fühlen“ (KKE)

21. Februar 2012 35 Kommentare

In der jungen Welt vom 10.02.2012 stand ein kurzer Ausschnitt aus einer Stellungnahme der Generalsekretärin der Kommunistischen Partei Griechenlands KKE, Aleka Papariga:

Heute zeigt sich zuallererst die individuelle Verantwortung des Arbeiters und Angestellten, des Arbeitslosen, egal, ob der privaten Wirtschaft oder dem öffentlichen Dienst zugehörig, die persönliche Verantwortung des Selbständigen und des kleinen Bauern, des Jugendlichen, der Frau, der Mutter, die den werktätigen Schichten, den Volksschichten angehört. Sie alle müssen aufhören, sich wie Opfer zu fühlen und sich dazu entschließen, Täter zu werden. Dazu, die Kapitalisten, die Großunternehmer und den Teil der mittleren Schichten, der an einem Einvernehmen und einer Zusammenarbeit mit den Monopolen interessiert ist, zu Opfern zu machen. Das ist die tatsächliche Trennlinie in Gesellschaft und Politik. Damit die, die für die Krise verantwortlich sind, PASOK, Nea Dimokratia, LAOS zusammen mit den Kapitalisten für die Schulden bezahlen, die ihre sind und nicht unsere. (…)
Wir stellen klar: Wenn das Volk sich vor der Troika retten will, dann muß es bewußt und methodisch, entschlossen und organisiert für die Loslösung von der EU kämpfen. Wenn das Volk sich vom Joch der Schulden befreien will, dann muß es mit seiner Kraft deren einseitige Annullierung erzwingen. Wenn es eine volksfreundliche Politik will, dann muß es für die Herrschaft der Arbeiter und des Volkes kämpfen. Wer Entwicklung zu seinen Gunsten will, muß für die Vergesellschaftung der Produktionsmittel kämpfen, jede Form von Reichtum, die der kapitalistischen Ausbeutung entstammt, in Volksvermögen verwandeln. Sonst wird man ihm sein persönliches Vermögen nehmen, das er mit Schweiß und Arbeit, mit Krediten und Zinsen aufgebaut hat. (…)
Schulterschluß mit der KKE und ihrem politischen Angebot, unabhängig von einzelnen Differenzen, die man in bezug auf den Sozialismus hat. (…)

Als in Berlin beim Roten Freitag am selben Tag über „Krisenagitation – Wie das Volk geistig die Krise bewältigen soll, für die es praktisch in Haftung genommen wird“ und die dementsprechende Hetze gegen die Griechen warf die Referentin dieses Zitat in den Raum und erntete prompt eine halbe Generaldiskussion. Auf jeden Fall zeigt dieses Zitat, warum einerseits mittlerweile alle möglichen Linken auf die KKE schauen, und wenn man genau hinschaut, leider auch wieder, wo diese Partei ideologisch/historisch herkommt bzw. immer noch verwurzelt ist.

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Nostalgie à la New York Times

20. Februar 2012 1 Kommentar

rhizom hat auf eine schöne Tabelle der New York Times hingewiesen, in der „The Great Prosperity“ der Zeit von 1947 bis 1979 der Zeit nach der „Zeitenwende“ 1980 entgegengesetzt wird „The Great Regression: 1980 – Now“.

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Zu Adam Antinus Artikel „Krise des Kapitalismus ist nicht nur eine der Ökonomie“

20. Februar 2012 4 Kommentare

War zuerst ein Kommentar zu Samsons Hinweis auf den Artikel bei den roten notizen.

„In den Medien wird die derzeitige Krise vor allem als eine Krise der Ökonomie, insbesondere der Finanzwirtschaft, dargestellt. Das verwundert aus zwei Gründen nicht. Zum einen steht in dieser Gesellschaft die Jagd nach dem Profit, also das ökonomische Interesse im Vordergrund, zum anderen haben die bürgerlichen Meinungsmacher kein Interesse daran, die Krise als eine politische Krise, oder gar allgemeine Krise des Kapitalismus erkennbar werden zu lassen. Sie müssen die Illusion aufrechterhalten, daß die bürgerliche Politik, der bürgerliche Staat, in der Lage ist, die Probleme zu lösen.“

Diese Illusion würden bürgerliche Medien auch aufrecht erhalten wollen, wenn es auch diesmal eine der „klassischen“ kapitalistischen Krisen wäre. Das Argument zieht also nicht. Zudem es ja nicht nur in bürgerlichen Kreisen sondern auch in der mehr oder weniger linken Linken eine Debatte um den Charakter dieser Krise gibt. Es geht also im Kern erst mal darum, was wirklich ist, und nicht darum, was wer warum gerne hätte.

„Was sich gegenwärtig in der kapitalistischen Welt abspielt, ist aber weit mehr als eine der sich periodisch wiederholenden ökonomischen Krisen, es ist die sich gerade rasant verschärfende allgemeine Krise der kapitalistischen Gesellschaft, die alle, sämtlich alle gesellschaftlichen Bereiche erfaßt hat.“

Der Begriff der „allgemeinen Krise“ ist erstaunlich unpräzise: Soll das heißen, dass für Proletarier schon immer Krise war und ist? Soll es heißen, dass jetzt (erst jetzt??) die kapitalistische Krise wirklich „allgemein“ also die ganze Gesellschaft umfassend geworden ist?
Denn was dann an Konkretem angeführt wird, sind bei Lichte besehen doch gar keine Spezifika dieser Krisensituation sondern schon immer Begleitumstände der kapitalistischen Entwicklung gewesen:

„Sie zeigt sich in der Zerrüttung der Staatsfinanzen, in den politischen „Fieberanfällen“, die zahlreiche bürgerliche Regierungen stürzen lassen und Politiker reihenweise zu Rücktritten veranlaßt (freilich ohne daß dadurch irgend etwas „besser“ wird), es zeigt sich im kulturellen und moralischen Verfall, die die bürgerliche Gesellschaft immer dekadenter erscheinen läßt, in der Zerstörung der inneren sozialen Zusammenhänge. Es zeigt sich in der immer hemmungsloseren Vernichtung der Lebensgrundlagen der Zivilisation im Wettrennen der imperialistischen Mächte um die noch zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen.“

Schon mit so hilflosen und zudem auch noch falschen Beschreibungen „immer hemmungsloser“ (wann hat es denn Hemmungen gegeben, unter Adenauer, unter Hitler unter Bismarck?) muß der Autor ja implizit zugeben, dass da nichts qualitativ Neues auftaucht, sonder nur die alte Scheiße wieder mal hochkocht.

„Nach uns die Sintflut ist zum Motto einer unübersehbar im Abstieg befindlichen kapitalistischen Gesellschaft geworden.“

Seit wann ist das denn „unübersehbar“ geworden (selber schon wieder blöd, denn außer dem Autor und meinetwegen 27 anderen seiner Genossen sieht das doch überhaupt niemand so), nicht schon seit der Somme-Schlacht, nicht schon in der großen Depression, nicht etwa bei der Befreiung von Bergen-Belsen usw.?

„Die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft tritt somit immer zwingender und dringender auf die historische Tagesordnung.“

Schon wäre es, wenn wenigstens ins Gewicht fallende Kerne der Arbeiterklasse, es „zwingend“ fänden, den Sturz dieser Gesellschaftsordnung auf die Tagesordnung zu setzen.

„Auch wer die inneren Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge der kapitalistischen Gesell-schaft und ihrer Auswirkungen noch nicht erkennt, spürt an den Erscheinungen, daß die Gesellschaft immer kränker wird. Es ist ja nicht zu übersehen, daß trotz aller Beteuerungen und heuchlerischer Bekundungen, „gegen die Armut“ hierzulande wie in der Welt etwas zu unternehmen, die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.“

Ausgerechnet dieses Grundprinzip der kapitalistischen Entwicklung, dass „die die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden“ soll nun was Neues sein, kommt von jemand, der sich für einen Kommunisten hält, doch um Jahrzehnte, ja fast schon Jahrhunderte zu spät.

„Die herrschenden Klassen waren schon immer der Ansicht, daß ein aufgeklärtes und gebildetes Volk für sie eine Gefahr darstellt und es daher möglichst dumm zu halten sei.“

So verkürzt ist das falsch. Für eine „Aufklärung“ / “Bildung“ / “Ausbildung“, die der Gewinnemacherei nützt, haben kapitalistische Staaten schon immer Geld ausgeben. Dafür wollen alle selbst jetzt in der Krise weiter Geld ausgeben und Leute beschäftigen, insoweit sie sich durch solche Exzellenz-Initiativen und Forschungsvorsprungkampagnen versprechen, ihre Konkurrenten auf den Weltmärkten besser schlagen zu können. Politisch-ideologisch hat sich aber seit Kaisers Zeiten und den Medien der damaligen Zeit bis heute in der Tat nichts großartig geändert. Nur die Medien sind halt jetzt moderner, statt Marlitt in der Gartenlaube gibt es jetzt eben Pilcher im ZDF.

„Der Imperialismus … kann die Völker, gegen die er Krieg führt, nicht auf Dauer unterjochen. Und obwohl das Beispiel Afghanistan zeigt, daß der Imperialismus diese Kriege letzt-lich nicht gewinnen kann, plant er bereits die nächsten und bedroht so z.B. den Iran, Venezuela, Kuba, die KDVR… „

Sowas klingt nach rund hundert Jahren imperialistischer Kriege und der Ausschaltung von fast allem staatlich organisiertem Willen, sich dem zu widersetzen, geradezu zynisch. Welt-umspannender war die Herrschaft des Imperialismus, der noch die letzte Hütte in Innerafrika bestimmt, noch nie in seiner schrecklich langen Lebenszeit.

„ist es wichtig, den Menschen zu erklären, daß die allgemeine Krise des Kapitalismus unter den heutigen Bedingungen zu einer Existenzkrise der Menschheit wird, wenn sich die antiimperialistischen Kräfte nicht zusammenschließen, um die untergehende kapitalistische Gesellschaft daran zu hindern, die Menschheit in eine vernichtende Barbarei zu stürzen.“

Warum muß es den gleich eine „Existenzkrise der Menschheit“ sein, um die Menschen gegen den Imperialismus aufbringen zu wollen? Gab es z.B. nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, den viele Menschen als eine solche Krise gesehen haben, etwa keinen Grund mehr, dem Imperialismus ein Ende bereiten zu wollen?

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Zu Bronnie Ware – Was Menschen im Sterben bereuen

14. Februar 2012 3 Kommentare

In den letzten Tagen hat es einige Artikel gegeben über das Buch einer australischen Krankenschwester, Bronnie Ware, die nach Jahren Arbeit in der Betreuung todkranker Menschen aufgeschrieben hat, was ihr Sterbende als die „Lektion“ ihres jeweiligen Lebens noch mitgeteilt haben.
Gandaleon, der hier vor Kurzem einige Kommentare gepostet hat, hat mich nun darauf aufmerksam gemacht, daß er auch selber blogt: „piece-of-mind“ Dort hat er sich gerade kritisch mit den „Erfahrungen“, von denen Ware berichtet hat, auseinandergesetzt: „Carpe diem“.

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Peter Decker bei „Sechs Jahrzehnte DGB: Kooperation oder Klassenkampf“

11. Februar 2012 22 Kommentare

Im Thread über die Kommunistische Agitation und den Willen, zurecht kommen zu wollen, hat Samson nicht nur sein Verständnis der Sichtweise des Gegenstandpunkt zum „Klassenkampf“ wie folgt ausgedrückt:

“ die praktische Notwendigkeit von Lohnkämpfen zu bestreiten (resp. so zu tun als wäre das kein Klassenkampf), mit dem Argument, damit würden die Proleten ihren Willen ausdrücken, für Lohn zu arbeiten, folglich hätten sie gegen das System nichts einzuwenden, weswegen man sie als wackerer Kommunist erstmal tüchtig kritisieren müsste, das halte ich nun wieder für fadenscheinig bis ignorant.“

Das nehme ich zum Anlaß, nun doch einen ersten Teil meiner Abschrift der Veranstaltung vom Mai 2011 mit Mag Wompel von Labournet und Peter Decker vom GegenStandpunkt zur Verfügung zu stellen (noch recht roh, weil ich aus den bekannten Gründen, die mir ja auch von mehreren Genossen vorgehalten wurden, davon eigentlich schon Abstand genommen hatte), weil ich sonst eh nur Samson und den Seinen mit ähnlichen Argumenten hätte entgegentreten müssen. Dann wäre es aber lange nicht so ausführlich und wohl auch nicht so (hoffentlich) überzeugend geworden:

Wir haben jetzt, natürlich wie so oft, die Situation, dass die Kontroverse nur zwischen linken Gewerkschaftskritikern abläuft. Oder, dass das, was Diskussion sein sollte mit denen, die so richtig einfach für die Gewerkschaft, so wie sie es gibt, was sie auf dem Programm hat, eintreten würden, die sind ja wieder gar nicht da. Jetzt schimpfen also zwei linke Gewerkschaftskritiker auf verschiedene Weise auf die Gewerkschaft. Und es geht ein bisschen darum, dass man die Feinheiten dieses Unterschiedes, wie die darauf schimpfen, ein bisschen herausarbeitet, das ist jetzt halt die Lage. Also geht es dann auch darum. Natürlich wäre es viel interessanter, mit einem Gewerkschafter, der einfach das Programm vertritt, dass die auch wirklich betätigen, über dieses Programm zu reden, aber man muss halt die Diskussionspartner nehmen, die man kriegt.
Ich will ein paar harte klare Thesen machen, dann hört man auch den Unterschied raus, zwischen dem, wie die Mag argumentiert und wie ich das mache. Z.B. Überschriften zu machen wie zum Beispiel über die heutige Veranstaltung „Kooperation oder Klassenkampf“: Die Überschrift ist nahezu trivial in der heutigen Situation: Jeder weiß doch dass die Gewerkschaften sozialpartnerschaftlich orientiert sind, dass sie Klassenkampf für absurd halten und für vorgestrig. Dieses „oder“ ist also gar keine wirkliche Frage, sondern es ist eigentlich der Wunsch der Veranstaltung, man möge statt Kooperation Klassenkampf auf die Tagesordnung setzen. Von da aus ist es einerseits furchtbar leicht, den Gewerkschaften, dem DGB, wie der existiert, vorzuwerfen, dass er lauter wirtschaftliche Vernunft an den Tag legt, wenn er im Konflikt mit dem Kapital um Tarife und Löhne streitet, dass seine eigenen Vertretern im Betrieb Ko-Management betreiben und selber die Belegschaft verwalten im Sinne des Betriebes. Der DGB-Chef Sommer steht ein bisschen dafür, dass die Gewerkschaft saugut ist im Jammern und Betteln und darüber zu klagen, dass die Gerechtigkeit ausbleibt. Ja das ist alles leicht festzustellen, und es ist auch berechtigt, das festzustellen. Dem allen sieht man die Unterordnung der Interessen derer, die die Gewerkschaften vertreten unter die Erfordernisse und Bedürfnisse und Interessen der anderen Seite, unter die Interessen des Kapitals, leicht an. Mehr…

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Freerk Huisken: „Der Angriff auf das „Wir“ ist fällig“

9. Februar 2012 3 Kommentare

Die Jungle World (nicht gerade eine Zeitschrift, die man in diesem Zusammenhang erwartet hätte) sprach mit Freerk Huisken (vom GegenStandpunkt) über seinen vieldiskutierten Aufsatz »Was ist ›brauner Terror‹ und wie kommt es dazu?«, die nationalistische Sorge um das Ansehen Deutschlands und die Kritik am demokratischen Antifaschismus. Das folgende Interview ist der Jungle World online entnommen:

Sie behaupten, von »braunem Terror« könne keine Rede sein. Wie passt das zu den Morden der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund?
Das ist ein Missverständnis. Natürlich lassen sich diese Mordanschläge unter das subsumieren, was gemeinhin als Terror gilt. Nur sollte man sich darüber im Klaren sein, dass die allgemeine Empörung aller Parteien bis hin zur Kanzlerin und aller Medien und der sonstigen Öffentlichkeit gar nicht in erster Linie dem Umstand galt, dass mörderischer Ausländerhass zehn Todesopfer ge­fordert hat.
Das klingt nach einer Unterstellung.
Nein, denn offensichtlich standen für Politik und Öffentlichkeit zwei ganz andere »Opfer« im Vordergrund: Deutschlands Ansehen in der Welt und die nationale Staatssicherheit, wegen des »Versagens« der Sicherheitsorgane. Warum hat sich Frau Merkel wohl geschämt? Und warum hat die Süddeutsche Zeitung gar eine Staatskrise ausgerufen, wie Heribert Prantl es nannte? Es hat eben wieder einmal niemanden ernsthaft interessiert, wie der mörderische Hass des NSU mit der demokratischen Ausländerpolitik zusammenhängt, die Ausländer generell zum Problem erklärt, sie als störend empfindet und selbst dann noch als Störung behandelt, wenn man sie als Arbeitskräfte holt.
Wie hängen Ihrer Meinung nach die staatliche Ausländerpolitik und die Morde zusammen?
Die staatliche Ausländerpolitik gründet auf einer Sortierung von Menschen nach Inländern und Ausländern, »wir« und »die anderen«. Dies passiert nicht nur in Deutschland, sondern in jedem demokratisch regierten, kapitalistischen Nationalstaat. Diese Sortierung macht sich frei vom Willen der betroffenen Menschen, den als Staatsvolk einverleibten und den als fremdes Volk per Krieg oder Gesetzesakten ausgegrenzten Menschen. Es gilt dann nichts anderes als das jeweilige staatliche Interesse an einer unter seinem Kommando zusammengefassten Menschenansammlung, die sich als Deutsche, als Franzosen oder Schweden ihrem Staat als einheitliches nationales Volk verbunden fühlen sollen – gegen alle Gegensätze der Klassen und Schichten, die den Alltag bestimmen.
Staatliche Ausländerpolitik besteht auf dem Loyalitätsanspruch des »eigenen Volkes« – der leider nur allzu sehr erfüllt wird – und bestimmt jeden Ausländer erst einmal umgekehrt als loyalen Anhänger seines Heimatstaates. Daher der prinzipielle Verdacht ihnen gegenüber, sie würden sich hier als Fünfte Kolonne ihrer Heimat aufführen. Das lässt sich an den Härten der Ausländerpolitik auch gegenüber jenen Menschen mit fremdem Pass ablesen, die man hier unter Auflagen leben lässt. Es sind erst diese vom Staat zugelassenen Ausnahmen von seiner prinzipiellen Ausgrenzung, die die Nazis dem demokratischen Staat als Zerstörung der völkischen Substanz, als Verrat am deutschen Volk vorwerfen. Das menschenverachtende, völkische Prinzip der Menschensortierung teilen jedoch beide.
Aber gibt es nicht einen Unterschied zwischen einer staatlichen, nach Nützlichkeitskriterien begrenzten Zuwanderung und der Ausgrenzung und Verfolgung von Ausländern nach völkischen Prinzipien?

Selbst bei Ausländern, die sich hier nützlich machen dürfen, hören doch Ausgrenzung und Verfolgung durch den Staat nicht auf. Sie werden zwar als Ausnahme von der politischen Verdachtshaltung zugelassen. Aber wenn sie nicht mehr nützlich sind, werden sie wieder ausgewiesen. Das nenne ich übrigens eine vollständige Reduktion des Menschen auf nichts als die Verkörperung von Nützlichkeit.
Wenn so ein Mensch den Aufforderungen der Ausländerbehörde nicht nachkommt, beginnen Verfolgung, Kasernierung und der gewaltsame Abtransport. Daneben hat er während der ganzen Zeit die Verfolgung durch brave deutsche Nationalisten zu ertragen, die den »Fremdlingen« alle Beschädigungen anlasten, die ihnen deutsche Sozialbehörden und hiesiges Kapital bereiten. Die in ihrer Heimat verfolgten, vertriebenen, ihrer Subsistenz beraubten Ausländer, das sind dann »Wirtschaftsflüchtlinge«, die von vornherein als Schädlinge und Schmarotzer eingestuft werden. Die hätten mit ihrer fremden Kultur und ihrem fremden Wesen im deutschen Volkskörper erst recht nichts zu suchen, lautet der Standpunkt der Ausländerpolitik.
Lässt sich dies in der altbekannten Formel »Nazis morden, der Staat schiebt ab, das ist dasselbe Rassistenpack« zusammenfassen?

Nein. Denn Nazis gehen davon aus, dass die staatlich hergestellte Volkseinheit der Natur, dem Wesen, der Art des Deutschen entspricht, dass per Staatsakt zum Volk nur zusammengeführt wird, was natürlicherweise zusammengehört. Daran lässt sich für sie nichts ändern. Deswegen ist jeder Ausländer hierzulande für sie ein Anschlag auf die deutsche Art. Demokraten dagegen billigen den Ausländern zu, sich mit Wille und Bewusstsein etwas über ihre Art hinwegsetzen und sich dem Deutschtum anpassen zu können – etwa bei der Integrationspolitik. Damit gibt die Ausländerpolitik ihren völkischen Ausgangspunkt nicht auf. Sie relativiert ihn nur aus einem nationalökonomischen Kalkül heraus. Deshalb wird selbst der eingedeutschte Ausländer zum Deutschen mit Migrationshintergrund gestempelt und bleibt das über Generationen.
Doch etwas ist an der Parole zu halten: Denn die Nazis und der Staat gehen gegenüber Ausländern über Leichen. Nur darf man das natürlich so nicht sagen, denn Gewalt ist eben hierzulande nicht gleich Gewalt. Es gibt die böse, unerlaubte. Das ist die von Privatpersonen ausgeübte. Deren Opfer sind dann »sinnlos« gestorben. Die Staatsgewalt gilt als die notwendige Gewalt, die Ordnung stiftet, Recht durchsetzt und immer nur Opfer mit »Sinn« produziert. Merkwürdig ist das schon: Ausgerechnet das mit Macht durchgesetzte und behauptete staatliche Gewaltmonopol fällt hierzulande nicht unter Gewalt.
Aber Demokraten haben doch nicht zwingend ein völkisches Staatsverständnis. Cem Özdemir und Jürgen Rüttgers sind diesbezüglich sicher nicht einer Meinung.
Im Kern schon. Denn erstens ist beiden die ganz und gar nicht gemütliche Ausländersortierung völlig selbstverständlich, zweitens teilen auch die Grünen im Prinzip den Standpunkt, dass diejenigen hier nichts zu suchen haben, die man abfällig als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet, und drittens wollen auch sie Ausländern nur dann eine Aufenthaltsberechtigung zuerkennen, wenn sie sich für Deutschland nützlich machen; wobei sie dazu ursprünglich auch mal eine »kulturelle Bereicherung« – Multikulti hieß das – gerechnet haben.
Zivilgesellschaftliche Organisationen, die gegen den Rechtsextremismus kämpfen, fordern nun als Reaktion auf die Taten des NSU mehr Geld für ihre Arbeit. Kann mehr Aufklärung solche Taten verhindern?
Es kommt immer auf die Art der Aufklärung an. Richtig sind Bemühungen, den durchgesetzten alltäglichen Nationalismus zu kritisieren, jene auch für die Demokratie funktionale Geisteshaltung, aus der sich auch der Neofaschismus speist. Da wäre der Angriff auf das »Wir« fällig, in dem sich Menschen, die eher Opfer des demokratisch regierten Kapitalismus sind, der politischen Sorgen der Herrschaft annehmen. Darunter fällt auch die kritische Befassung mit der demagogischen Behauptung, dass Ausländer uns die Arbeit wegnehmen, Sozialschmarotzer sind, die Jugend mit Drogen verwirren usw. Und schließlich gehört dazu auch die Zurückweisung der Unterscheidung zwischen einem guten, harmlosen Patriotismus und einem bösen, gefährlichen Nationalismus. Für falsch, irreführend und kontraproduktiv halte ich zum Bespiel die Aufklärung über Symbole, Kleidung oder Musik der Rechtsextremen. Es verhält sich eben nicht so, dass man nur wissen muss, wie Nazis aussehen, um gegen ihre politische Programmatik gewappnet zu sein. Dafür stehen alle Untersuchungen, die bei deutschen Bürgern heftige Ausländerfeindlichkeit und zugleich die Verurteilung des Neofaschismus festgestellt haben. Und schließlich habe ich auch Einwände gegen all jene Formen des kritischen Antifaschismus, deren Kampf gegen Neonazis sich in die unkritische Parteinahme für die Herrschaftsform der Demokratie auflöst.
Sie gehören also nicht zu den über 1 000 Gruppen und Einzelpersonen, die angekündigt ­haben, auch in diesem Jahr den Naziaufmarsch in Dresden zu verhindern?

Sie irren sich. Ich halte die Beteiligung daran für richtig, würde aber mit einem Flyer an die Adresse der Gegendemonstranten auftreten, der unter anderem folgende rhetorische Fragen enthielte: ›Ihr wollt Dresden nazifrei machen? Aber wer herrscht in Dresden, wenn es nazifrei ist? Wollt ihr Dresden für die Herrschaft der Hartz-IV-Verarmung von den Nazis befreien? Für das Regime des Mietwuchers oder der Inflation der Benzinpreise? Für das Regime der Staatsgewalt mit Polizei und Justiz, über das ihr euch übrigens noch bei jeder Antinazidemo selbst beschwert? Für die Herrschaft des Kapitals, die günstigen Ausbeutungsbedingungen in den neuen Bundesländern? Für das Bildungswesen, das die Mehrheit des Nachwuchses von weiterführender Ausbildung ausschließt? Und wer herrscht eigentlich jetzt, wo Dresden offensichtlich erst noch von Nazis befreit werden muss? Kein Nazi-Regime, sondern: Dasselbe demokratisch eingerichtete Hartz-IV-Regime! Derselbe Mietwucher! Dieselbe Polizeigewalt! Dieselben Ausbeutungs- und Ausbildungsbedingungen! Kürzt sich da nicht irgendwas heraus? Und bedeutet das nicht, dass man Dresden, und nicht nur Dresden, eher von den hier tatsächlich herrschenden Regimes befreien müsste? Ihr baut Nazis mit euren Gegendemonstrationen erst so richtig als Thema auf und lenkt damit von den Beschädigungen ab, die euch das herrschende System des demokratisch regierten Kapitalismus bereitet.‹

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Zum Harmoniestreben (Auslagerung)

6. Februar 2012 158 Kommentare

Weil es doch ein eigenes Thema ist, habe ich hier den Streit um die Harmonie(en) herausgezogen.

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Der Winter ist schuld?

4. Februar 2012 Kommentare ausgeschaltet

Wendy hat sich gestern über die Versuche, ja keinen Roß und Reiter nennen zu müßen bei den aktuellen zahlreichen Erfrierungen zurecht so aufgeregt:

„Kältewelle lässt Obdachlosenunterkünfte aus allen Nähten platzen!“ konnte man gestern der Dauerpropaganda-Bestrahlung der U-Bahn entnehmen. Wie muss man sich das wohl vorstellen? Hat ein Herr Kältewelle den Brief mit dem Räumungsbescheid abgeschickt und ihn dann zusammen mit der Firma Tiefdruckgebiet durchgesetzt? Hat die Kältewelle eine Wirtschaft eingerichtet und die Leute aufs Zurechtkommen in ihr festgelegt, in der viele eben das – aufgrund von Leistungsdruck, fehlenden Jobs, Armut – nicht mehr können und deswegen „Aussteiger“ werden bzw. dazu gemacht werden? Hat die Kältewelle die Leute kaputtgemacht, ihnen die Kontos geleert, so dass sie sich nun als Junkies und Bettler als absoluter Bodensatz einer der reichsten Gesellschaften des Erdballs herumtreiben und reihenweise erfrieren, wenn die kältesten Tage des Jahres kommen?
Davon, dass die bürgerliche Presse von all den realen Gründen für den persönlichen und finanziellen Ruin der Leute, die in der Art, wie hierzulande gewirtschaftet wird, nichts wissen will, zeugt eine selten dämliche Überschrift, die genau am Endpunkt der Entwicklung ansetzt und diesen als nicht zu hinterfragend natürlich darstellt. Fallende Temperaturen kann man eben nicht kritisieren.

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„Jede Regierung braucht Menschen — Kein Mensch braucht Regierungen“

2. Februar 2012 4 Kommentare

Kein Mensch braucht Regierungen
Dieses Poster hat jemand zustimmend bei Facebook verlinkt. Da sowas garantiert auf breitere Zustimmung stößt, möchte ich dem doch entgegenhalten, was ich auch dort schon geschrieben habe:

‎Kein Mensch braucht Regierungen“ ist aber falsch: Menschen, die Eigentümer sein wollen und sei es, daß sie nur ihr popeliges Eigentum an ihrer Arbeitskraft zu Markte tragen können, die also in der Lohnarbeit nicht den Zwang der Verhältnisse sondern ihr persönliches Mittel zu ihrem Glück, jedenfalls für ihren Lebensunterhalt ansehen, die brauchen nämlich nicht nur Staat und Recht und Justiz, also auch eine Regierung über sich, die all dies für sie Notwendige organisiert, sie sind gerade deshalb auch mehr oder weniger stramme Verteidiger und Unterstützer ihrer Staaten/Regierungen. Was man nicht zuletzt daran ablesen kann, daß man die Meisten nicht zu demokratischen Wahlen zwingen muß (das gibt es in einigen wenigen Staaten auch noch obendrauf), sondern daß diese Menschen ganz freiwillig selbst bei strömenden Regen oder schönstem Sonnenschein in die Wahllokale strömen um dann ihr blödes Kreuz zu machen.

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