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Zum Harmoniestreben (Auslagerung)

6. Februar 2012

Weil es doch ein eigenes Thema ist, habe ich hier den Streit um die Harmonie(en) herausgezogen.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:23 | #1

    @ Krim:
    „Naja. Bloß was für einen ästhetischen Anspruch, das kann man an den Tonnen von Dokusoaps studieren, die täglich das Fernsehen zumüllen.“
    Von so etwas rede ich doch gar nicht. Ich habe sicherlich nicht vor, das tumbe Massen-Verblödungsprogramm zu verteidigen. Was ich meine ist viel grundsätzlicher. Wir bevorzugen harmonische Formen, Klänge. Wir hören lieber einer Person zu, die hübsch anzusehen ist und/oder eine angenehme Stimme hat. Wir kaufen im Zweifelsfall das Produkt mit der hübscheren Packung. Wir lesen lieber ein Hardcover-Buch mit Titelbild und angenehmen Schriftbild als ein zerfleddertes Reclam-Heftchen mit winziger Schrift. Mit Vernunft haben diese Präferenzen nichts zu tun – schließlich kann der Redner blöd, das Produkt Müll und das Buch zum Gähnen langweilig sein.
    Zumindest ist das meine Erfahrung – ihr könnt mich gerne eines besseren Belehren.

  2. Krim
    6. Februar 2012, 13:24 | #2

    „Wir bevorzugen harmonische Formen, Klänge. Wir hören lieber einer Person zu, die hübsch anzusehen ist und/oder eine angenehme Stimme hat.“ Nein, das stimmt nicht. Wäre das so, würde es keinen Punk, Hardrock, Zwölftonmusik usw. geben. Es gibt nicht die ewigen Gesetze der Schönheit. Das wurde jüngst z.B. von Kate Moss bewiesen als plötzlich ein gewisser Junkielook zur Mode gemacht wurde. Was als hübsch empfunden wird, ist eine Frage des Zeitgeists, also eine Frage der sich wandelnden bürgerlichen Maßstäbe, die zum Ideal gemacht werden.
    „Wir lesen lieber ein Hardcover-Buch mit Titelbild und angenehmen Schriftbild als ein zerfleddertes Reclam-Heftchen mit winziger Schrift.“ Gut lesbare Schrift ist keine Frage des Geschmacks, sondern der Funktion.
    @hl: „Naja, wenn man die nicht zur Kenntnis nehmen wollte, wären die nicht so häufig in den freien Medien.“ Die Rede war nicht von den Medien, sondern von ganz normalen Leuten, die trotz der Medienpräsenz, der Armut so tun als gäbe es sie nur in Afrika.

  3. Samson
    6. Februar 2012, 13:24 | #3

    Hardrock und Punk waren ursprünglich mal Ausdrucksformen von Protest. Bleibt der mehr oder weniger folgenlos in der Praxis, wird die Form entweder profitabel zum Mainstream verwurstet oder Gegenstand von Nostalgie. Die Protagonisten solchen ‚Zeitgeists‘ werden dabei entweder wohlhabend oder gehen mit dem Trend unter. An den bürgerlichen Maßstäben ändert sich dadurch kein Deut, vermutlich weil kulturelle Hegemonie eine Herrschaftsform ist, in die Protest gegen das ‚Establishment‘ ggf. ‚integriert‘ wird, solange das Herschaftsverhältnis nicht zur Debatte steht.

  4. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:25 | #4

    @ Krim:
    Es stimmt aber eben doch.
    Punk und Hardrock mögen lauter sein, die Klänge mögen durch elektronik verzerrter klingen, aber die Harmonien sind von der im Prinzip noch dieselben wie seit Jahrhunderten. Und eine freche, unverkünstelte, volksnahe Musik gab es schon im Mittelalter.
    Was die Zwölftonmusik angeht – die halte ich ja persönlich für eine gescheiterte kurzzeitige Verirrung, aber selbst sie ist kein reines Zufallsprodukt sondern richtet sich nach Regeln die in gewisser Weise unser Bedürfnis nach harmonischer Form befriedigen.
    Es ist ja eigentlich auch logisch: Harmonie ist etwas ur-natürliches, zumindest für den Menschen. Ein Tier mit drei Gliedern die irgendwie am Körper verteilt sind würde uns beunruhigen. Symmetrie ist überall, asymmetrie fällt auf und ist höchstens als Effekt zulässig, nie als die Regel.
    Was Kate Moss angeht – die ist wohl hässlich oder
    wie? Es mag Modetrends geben, die sich im Laufe
    der Zeit ändern. Aus welchen Material es auch bestehen
    mag, ein Kleidungsstück ist allein wegen der Form des Menschen nur in begrenztem Maße variabel.
    Das Hardcover-Buch ist aber mehr als nur größere
    Schrift. Da kann ich nur von mir reden, aber allein
    das Gefühl der Schwere, das Material des Papiers
    oder der Klang beim Umblättern einer Seite ist
    für mich ein höherer Lesegenuss als ein Fledderheft,
    selbst wenn sie die gleich große Schriftgröße hätten.
    Wir sind NICHT rein vernunftgesteuert. Sonst könnten
    wir aus der Tube essen und uns ohne Probleme von
    Soja-Milch und Tofu ernähren. Aber selbst wenn das
    praktisch möglich wäre – die wenigsten würden das
    wirklich wollen.

  5. Name
    6. Februar 2012, 13:26 | #5

    @Samson

    „Geht es ums politische Überzeugen, trifft Orpheus‘ Bild die Angelegenheit einigermaßen“

    Nein, Orpheus gibt selbst ein gutes Beispiel ab, wie man sich der Kritik entzieht (Wiederholung von oben). Hier z.B. durch den Rassismus, dass ein Menschenbild ausgepinselt wird, was unwidersprechlich der Menschennatur folge:

    „Harmonie ist etwas ur-natürliches, zumindest für den Menschen.“

    Da sind Argumente wirklich Perlen vor die Natur, wenn bei jeder Analyse „der Mensch“ (ich weiß immer noch nicht, wer das ist!) aus dem Hut gezaubert wird, dem man seine fantasiereichen Unterstellungen andichtet: Weil für den Manipulationsunsinn von Orpheus die Vorstellung nötig ist, politische Überzeugungen seien die Folge von Dispositionen, ist Orpheus nicht kleinlich und vereinnahmt gleich die ganze Menschheit für seine fixe Idee, Kommunistenhetze gebe es wegen DEM Menschen und seinem Harmoniefimmel – und ich bin mir sicher, dass für die Erklärung von Krieg und Feindschaft eine ENTGEGENGESETZTE Disposition (natürliches Zerstörungsbedürfnis o.Ä.) DES Menschen herhalten muss.
    Die rassistische Vorstellung des Gattungswesens ist einigermaßen untreffend! Was deine Phasen sein sollen, müsstest du mal erklären.

  6. Apple
    6. Februar 2012, 13:27 | #6

    Weil für den Manipulationsunsinn von Orpheus die Vorstellung nötig ist, politische Überzeugungen seien die Folge von Dispositionen, ist Orpheus nicht kleinlich und vereinnahmt gleich die ganze Menschheit für seine fixe Idee, Kommunistenhetze gebe es wegen DEM Menschen und seinem Harmoniefimmel

    LOL, ist es noch „Ignoranz“, „Zynismus“ oder schon „Borniertheit“ im Endstadium?
    Klasse, wie du ihm gesagt hast, dass er ein Rassist ist, weil er eine Eigenschaft behauptet, die alle Menschen haben. Das wird ihm sein unkommunistisches Festhalten am „In­ter­es­se an den Be­din­gun­gen der Ver­wirk­li­chung seines Privatinteresses“ hoffentlich austreiben. That’s how we roll.

  7. bigmouth
    6. Februar 2012, 13:28 | #7

    eine universelle menschliche eigenschaft zu postulieren, die alle menschen gleichermaßen teilen, ist doch schlicht das glatte gegenteil von rassismus. bei rassismus geht es um unterschiede zwischen menschengruppen

  8. 6. Februar 2012, 13:29 | #8

    „ist es noch „Ignoranz“, „Zynismus“ oder schon „Borniertheit“ im Endstadium?“

    Das ist leider keine Scherzfrage. Es hat mich in der Tat auch überrascht und verärgert, wieso hier Name (vielleicht aus anderswo akkumuliertem Ärger) Orpheus so angegriffen hat.

  9. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:29 | #9

    Du weisst ganz genau wer „der Mensch“ ist. Es mag nicht die eleganteste Wortwahl sein, aber anstatt mir deine sprachlichen Empfindlichkeiten aufzunötigen könntest du mir mit echten Gegenargumenten zeigen wo ich falsch liege (was ich für durchaus möglich halte). Sonst verschwendest du unser beider Zeit.

  10. Samson
    6. Februar 2012, 13:31 | #10

    @ Name
    Wenn du keinen Begriff von „der Mensch“ hast, wie um alles in der Welt willst du, wem auch immer, die komplizierten Sachverhalte vertickern, derentwegen die Leute Vorträge anhören und/oder Bücher lesen, aber von meinetwegen visuellen Informationsquellen tunlichst lassen sollen? Wie willst du ohne solchen Begriff bspw. sowas wie abstrakte Arbeit, geschweige denn Wert, Geld etc. vermitteln?
    Btw, meine Phasen beziehen sich auf das Schaubild resp. darauf, warum die ‚Stimmung‘ dort umschlägt. Würde aber ein Agitator tatsächlich den von Marx verwendeten Begriff des Gattungswesens als rassistische Vorstellung bezeichnen, täte es mich nicht mal wundern, wenn er persönlichen Angriffen ausgesetzt wäre …

  11. Krim
    6. Februar 2012, 13:32 | #11

    Also Leute ehrlich, muss man das hier wirklich beweisen, wieso die Äußerungen von Orpheus ein rassistisches Menschenbild auspinseln. Ihn habt ihr ja schließlich auch nicht gefragt wie er drauf kommt, dass Harmonie etwas „ur-natürliches“ für den Menschen sei. Das ist offentsichlicher Unfug.
    „Was die Zwölftonmusik angeht – die halte ich ja persönlich für eine gescheiterte kurzzeitige Verirrung,“ Das dachten die Nazis bekanntlich auch und das sollte dann doch zu denken geben.
    „Symmetrie ist überall, asymmetrie fällt auf und ist höchstens als Effekt zulässig, nie als die Regel.“ Auch offensichtlicher Schwachsinn. Symmetrie ist eine geometrische Kategorie. Sie ist eine pure Abstraktion, die in ihrer strengen Reinheit in der Natur nicht oder ganz ganz selten vorkommt. In der Natur hat die Spiegelähnlichkeit immer funktionale Gründe und ist sicher nicht dazu da irgendwelchen erfundenen harmonischen Gesetzen zu entsprechen.
    „, aber die Harmonien sind von der im Prinzip noch dieselben wie seit Jahrhunderten.“ Das kann auch nur ein Mitteleuropäer sagen, der von Musikgeschichte keine Ahnung hat. Einfach in der Wikipedia mal unter Tonleitern nachschlagen, da bekommt man dann wenigstens einen Eindruck davon, dass es mit den jahrhundertealten Harmoniegesetzen, die aus „unserem Bedürfnis nach harmonischer Form“ erwachsen sollen, nicht weit her ist.
    „Das Hardcover-Buch ist aber mehr als nur größere Schrift. „ Über das Hardcoverbuch habe ich auch nicht geredet, sondern über die Ansicht lesbare Schrift sei ungefähr auf dem gleichen Level einzuordnen, wie schöne Bildchen.
    „Wir sind NICHT rein vernunftgesteuert. Sonst könnten wir aus der Tube essen und uns ohne Probleme von Soja-Milch und Tofu ernähren.“ Was soll das für eine durchgedrehte Vernunft sein, die das Essen aus der Tube als vernünftig ansieht?

  12. Name
    6. Februar 2012, 13:32 | #12

    „Wie willst du ohne solchen Begriff bspw. sowas wie abstrakte Arbeit, geschweige denn Wert, Geld etc. vermitteln?“
    Das wollte ich angegriffen haben: Es handelt sich bei anthropologischen Bestimmungen um verkehrte Abstraktionen von dem, was Menschen treiben. Die Unterscheidung zur Tier- oder Pflanzenwelt braucht man nicht, wenn man Gegenstände wie abstrakte Arbeit, Geld oder Wert bespricht, die als gesellschaftliche – also menschliche – längst unterstellt sind. „Menschen“ haben doch ganz eigene Gründe für ihre Entscheidung zu arbeiten, Werte aufzuschatzen oder Geld auszugeben. Die folgen gar nicht einer für die Menschheit ausgedachten Eigenschaft, sondern formulieren ihre ganz eigenen Überlegungen zu jedem Arbeitstag und jedem Einkauf.
    Wer sagt: Der Mensch sei … des Menschen Wolf, ein Trieb- oder Harmoniewesen oder auch ein revolutionäres Subjekt, behauptet eine FUNKTION für seine Idealvorstellungen als (quasi-)natürliche Eigenschaft der Menschheit schlechthin. Ob man das nun Rassismus nennt oder nicht, fehlende Gründe z.B. für Harmoniestreben (ein paar Gegenbeispiele gab es auch schon: welche Harmonie soll denn ein Krieg befördern?) werden ersetzt durch die metaphysische Konstante DER MENSCH, in die jeder das hineinliest, was zu seiner Ideologie passt.

  13. Krim
    6. Februar 2012, 13:33 | #13

    „(ein paar Gegenbeispiele gab es auch schon: welche Harmonie soll denn ein Krieg befördern?)“ Ja. Komischerweise finden diejenigen, die von natürlichen Harmoniegesetzen reden, es gar nicht verwunderlich, dass der Mensch ganz locker gegen seine Natur handeln kann. Dann kommen z.B. solche „Verirrungen“ wie die Zwölftonmusik raus.

  14. Apple
    6. Februar 2012, 13:34 | #14

    Es ging um den Post von Name. Dazu:
    1. Es gibt „den Menschen“, d.h. man kann Bestimmungen über die Gattung Mensch treffen. Diese mögen falsch sein, dann soll man’s kritisieren und da hab ich auch nichts gegen. Dass Name jetzt aber plötzlich gar nicht mehr weiss, was ein Mensch ist bzw. jede Aussage über „den Menschen“ biologistisch (oder „rassistisch“, wie es manche zu nennen pflegen, weil’s so böse klingt) ist, stimmt nicht – so kommt es aber rüber, wenn man das ohne jedes Gegenargument beklagt.
    Ist auch immanent ganz schön doof, von Aussagen über den Menschen zu behaupten, sie seien falsch, während man gleichzeitig selbst zugibt, gar nichts zu wissen, was ein Mensch eigentlich ist.
    2. Solche Aussagen – „ist Orpheus nicht kleinlich und vereinnahmt gleich die ganze Menschheit für seine fixe Idee, Kommunistenhetze gebe es wegen DEM Menschen und seinem Harmoniefimmel“ – sind von einer sachlichen Auseinandersetzung meilenweit entfernt. O. hat überhaupt nicht über die Gründe für Kommunistenhetze geredet, sondern darüber, inwiefern Leute Bildchen oder Musik toll finden. Unterstellt wird ihm aber, dass er antikommunistische Hetze rechtfertigen würde. Wer was dagegen hat, dass der GSP seine Agitation so gestaltet, wie er es tut, ist ein Kommunistenhetzerfreund – das ist sie Aussage. Wer nicht für sie ist, ist dann wohl gegen sie. Das ist keine Kritik, sondern eine Feindschaftserklärung, ist überdies unter aller Sau und das wollte ich kritisiert haben.

  15. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:35 | #15

    Ihn habt ihr ja schließlich auch nicht gefragt wie er drauf kommt, dass Harmonie etwas „ur-natürliches“ für den Menschen sei. Das ist offentsichlicher Unfug.“

    Wenn es „offensichtlich“ wäre, müsstest du es niemandem erklären.
    Eins vorneweg: Den Begriff Rassismus hier zu verwenden ist einfach lächerlich. Euer Begriff davon ist zumindest sehr verwaschen. Wir können ihn gerne gemeinsam erörtern, – ich weiss nur nicht wie weit diese Diskussion noch vom ursprünglichen Thema abweichen soll bis neoprene eingreift (was ich durchaus verstehen könnte). Notwendig scheint es aber zu sein…

    „Was die Zwölftonmusik angeht – die halte ich ja persönlich für eine gescheiterte kurzzeitige Verirrung,“ Das dachten die Nazis bekanntlich auch und das sollte dann doch zu denken geben.

    Ich muß also alles gut finden, weil Nazis es schlecht fanden? Und umgekehrt? Ich mag nämlich Wiener Schnitzel und Bratwürste und Sauerkraut und das mochten die Nazis ja bekanntlich auch. Mist. Schade…
    Wo sind denn die Massen, die zu Zwölftonmusik-Konzerten strömen? Aber halt! Vielleicht bist du ja ein Experte auf dem Gebiet neuer Musik!
    Mir hat ein bekannter Komponist jedenfalls neulich gesagt dass im Kreise seiner bekannten Kollegen der Trend schon wieder mehr in Richtung Tonalität geht.
    Im übrigen musste sich auch Schönberg über Ästhetik Gedanken machen, gerade weil er sich von diesen gewohnten formgebenden Elementen verabschiedete.

    „Das kann auch nur ein Mitteleuropäer sagen, der von Musikgeschichte keine Ahnung hat. Einfach in der Wikipedia mal unter Tonleitern nachschlagen, da bekommt man dann wenigstens einen Eindruck davon, dass es mit den jahrhundertealten Harmoniegesetzen, die aus „unserem Bedürfnis nach harmonischer Form“ erwachsen sollen, nicht weit her ist.“

    Ich habe bewusst nicht gesagt „schon immer“, sondern „jahrhunderte alt“. In diesem Kulturkreis können wir uns heute Stücke von Bach oder Monteverdi anhören und verstehen sie erstaunlicherweise immer noch. Warum? Weil sie unserem Gefühl für Harmonie entsprechen.
    Ich bin aber bereit zuzugeben, dass mein Argument insofern problematisch war, als dass es außerhalb von Europa und ab einer gewissen zeitlichen Distanz selbst hier andere Vorstellungen von Schönheit oder Musik an sich gibt (Wichtiger für diese Diskussion ist aber, DASS es sie gibt. Überall.).

    „Auch offensichtlicher Schwachsinn. Symmetrie ist eine geometrische Kategorie. Sie ist eine pure Abstraktion, die in ihrer strengen Reinheit in der Natur nicht oder ganz ganz selten vorkommt. In der Natur hat die Spiegelähnlichkeit immer funktionale Gründe und ist sicher nicht dazu da irgendwelchen erfundenen harmonischen Gesetzen zu entsprechen.“

    1. Ich rede nicht von strenger Reinheit. Relative Symmetrie reicht mir schon aus. Du weißt schon: Paarige Extremitäten und sonstige äußere Merkmale u.ä. Perfekte Symmetrie empfinden wir auch wieder als irritierend und unnatürlich. Ach ja, und schau dir mal unsere Architektur an… Bzw. die Architektur der MASSE aller Gebäude.
    2. Die harmonischen „Gesetze“ von denen ich rede ergeben sich natürlich aus funktionalen Gründen und einfachen physikalischen Gegebenheiten und nicht umgekehrt. Dass wir diese Formen als harmonisch betrachten und bezeichnen ist reine Gewohnheit.

    „Was soll das für eine durchgedrehte Vernunft sein, die das Essen aus der Tube als vernünftig ansieht?“

    Ist ein reines Gedankenexperiment. Es würde Zeit Zubereitungs-Aufwand, Abwasch sparen. Solange es unsere benötigten Nährstoffe enthält…
    Krim und Name: Wisst ihr was euer Problem ist: Ihr lest ein paar Kommentare, mißversteht absichtlich oder unabsichtlich die Hälfte, ignoriert wogegen ihr nichts sagen könnt und bauscht alle Punkte auf, an denen ihr Anstoß findet.
    So ist es ganz schön anstrengend mit euch zu diskutieren.
    Im Moment redet ihr gerade so als hätte ich ein Menschenbild eines gestörten Harmonie-Fanatikers. Eure Kommentare zum Thema Krieg sind einfach völlig daneben.
    Erinnert euch mal: Alles was ich mit „Harmonie“ sagen wollte war, dass niemand rein vernunftgesteuert ist. Wir werden von allen möglichen Faktoren beeinflusst, in Liebe, Kunst und sonstigen Vorlieben die wir nicht direkt mit unserem Geist steuern können.

  16. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:35 | #16

    „Wenn bei jeder Analyse „der Mensch“ (ich weiß immer noch nicht, wer das ist!) aus dem Hut gezaubert wird, dem man seine fantasiereichen Unterstellungen andichtet: „

    Damit willst du also jegliche Aussage unterbinden, die irgendwie versucht bestimmte Verhaltensweisen von uns (zufrieden?!) zu erklären.
    Als nächstes rückst du mir noch auf die Pelle, wenn ich sage, wir hätten eine Nase (wobei mit „wir“ ja auch „wir Lebewesen“ gemeint sein könnte – in welchem Fall „der Mensch“ doch wieder zutreffender wäre. Sonst melden sich noch die Insektenfreunde und nennen mich einen Rassisten.)

    „Weil für den Manipulationsunsinn von Orpheus die Vorstellung nötig ist, politische Überzeugungen seien die Folge von Dispositionen, ist Orpheus nicht kleinlich und vereinnahmt gleich die ganze Menschheit für seine fixe Idee, Kommunistenhetze gebe es wegen DEM Menschen und seinem Harmoniefimmel [usw.blabla] „

    Das meine ich mit Aufbauschen. Mit den wenigen Brocken an Informationen die du mehr oder weniger erfolgreich aus meinen Textbrocken herausgefiltert hast bastelst du dir hier ein Feindbild, dass nichts mit mir als tatsächliche Person, nichts mit meinen Überzeugungen zu tun hat. Aber bitte, wenn es dir Spaß macht gegen Hirngespinste zu argumentieren, ich werde dich nicht davon abhalten. Erwarte aber keine Antwort.

  17. ohk
    6. Februar 2012, 13:36 | #17

    Wieso nicht? Ist zwar zum Teil ärgerlich, argumentativ auf Granit zu beißen, aber das hat man dann wohl unter dem Stichwort Toleranz des Andersdenkenden zu fassen.
    @bigmouth: „bei rassismus geht es um unterschiede zwischen menschengruppen“
    Tja – und das scheint es leider zu treffen. Wenn auf ein angenommenes ideal mit dem Vorwurf des Rassismus geantwortet wird, ist das eine Sache. Das muss man dann so zur Kenntnis nehmen. In der abstraktion verlierst du den Inhalt: irgendein universales Ideal.
    Rassismus? Weiß nicht, was wird denn so von einem Erwartet, dass der Rasse-begriff eine Rolle spielt. Und was da so uneingeständig unter der Oberfläche schlummern mag oder auch nicht, in Worten wirds jedenfalls nicht deutlich. Das zeigt die Praxis. Und Rassismus begriff hin oder her – zu versuchen nach dressier-methode das eine oder andere herbeizuführen, obs bewusst geschieht, ist ne andere Frage, zu Züchten scheint es sich alles von Selbst. Ob die Veranlagung zu Rassischer zucht dem Menschen innewohnt erweist sich eben darin, wie er sich wem gegenüber verhält. Und ob er sich dazu eher Selbstkritisch gibt oder ein „So will ich den Menschen haben“ mit absolut Null Reuebewusstsein an Tag legt, kann auch noch unter dem Begriff stehen. Wo solls hin gehen? Entartung? Sich im Seienden äußernde Intervention aus dem Jenseits, die sowieso mit dem Menschen (nicht-)begriff ein für alle mal schluss macht?
    Ich rede wirres Zeug. Bin auch da.

  18. Name
    6. Februar 2012, 13:37 | #18

    „Damit willst du also jegliche Aussage unterbinden, die irgendwie versucht bestimmte Verhaltensweisen von uns (zufrieden?!) zu erklären.“
    Ich will keine einzige Aussage unterbinden, ich habe gezeigt, dass die Vereinnahmung „Wir“ unter dem Titel „Menschheit“ keine Bestimmung irgendwelcher wirklichen Taten und deren Gründe ist, sondern ein Generalurteil, das einen Idealismus ausdrückt: Bevor man sich an die Erklärung irgendeiner menschlichen Regung macht, soll man an die Typisierung DES MENSCHEN schlechthin glauben. Den gibt es offensichtlich nur als Abstraktion von allen wirklichen Menschen.
    „Sonst melden sich noch die Insektenfreunde und nennen mich einen Rassisten“
    So ist es: Das Thema „Der Mensch“ wäre vielleicht interessant, wenn du Nasen von Lebewesen untersuchen würdest. Wenn man sich allerdings vor jedem Nachdenken Menschheitsbestimmungen zurechtlegt, denen man „Verhalten“ zuordnet, um das dann wieder als UR-menschlich zu entdecken, dann hat man keine Nasenvergleiche vor, sondern sortiert die Welt an seinem (Menschheits-)Ideal.
    „ein Feindbild, dass nichts mit mir als tatsächliche Person, nichts mit meinen Überzeugungen zu tun hat“
    Nein, das ist kein Feindbild, das sind Argumente gegen die verkehrte Verallgemeinerung „der Mensch“. Wie du weißt, glaube ich nicht an derlei Gattungsbestimmungen. Noch einmal der Fehler: Im Unterschied zur Untersuchung von Nasenlängen zwischen Tieren und Menschen, gibt es für Meschheitsbestimmungen beim Denken keinen vernünftigen Grund (schon weil jeder Mensch heute das Gegenteil von gestern vertreten kann). Wenn man also „den Menschen“ für seine Theorie benötigt, warum reale Menschen etwas denken würden, handelt man sich den Widerspruch ein, dass alles, was z.B. nicht Harmonie ist, sich mit der vorher ausgedachten Harmoniebestimmung beißt.

  19. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:38 | #19

    “ „Menschen“ haben doch ganz eigene Gründe für ihre Entscheidung zu arbeiten, Werte aufzuschatzen oder Geld auszugeben. Die folgen gar nicht einer für die Menschheit ausgedachten Eigenschaft, sondern formulieren ihre ganz eigenen Überlegungen zu jedem Arbeitstag und jedem Einkauf.“

    Und das ist keine „Menschheitsbestimmung“?!
    Und überhaupt: Was ist denn mit den Grundbedürfnissen, sind die auch ausgedachte Eigenschaften? Hunger, Frieren, sexueller Trieb? Hab ich mir die auch nur ausgedacht?
    Ich bin mir nicht sicher ob ich dich richtig verstehe. Du scheinst Verallgemeinerungen nicht zu mögen. Zumindest nicht, was Aussagen über Eigenschaften angeht, die auf die gesamte Menschheit zutreffen sollen. Und zwar deshalb, weil es Ausnahmen gibt oder ähnlich.
    Soweit richtig? (Oder gilt dies nur für Aussagen über „das Denken“?)
    Und dass du so ein schönes argumentatives „Gegenmittel“ hast (das sicherlich schon lange vor mir, häufig zum Einsatz gekommen ist), liegt daran, dass du in Diskussionen immer wieder mit Menschen konfrontiert warst, die Sätze von sich gaben wie „Der Mensch ist aber nicht so, deshalb kann es nicht funktionieren“ oder „Der Mensch ist egoistisch/böse/dumm“.
    Auch richtig?
    Ich muss zugeben, es ist schon praktisch: Auf diese Weise muss man sich gar nicht erst auf einen Streit einlassen, muss keine Begründungen abliefern und entzieht sich sämtlichen Erklärungszwängen.
    Was ich verstörend finde ist übrigens, wenn jemand in einer Diskussion ankommt mit „Ich glaube nicht an…“. Wenn das eine Glaubensfrage wäre, könntest du mich ja einfach gewähren lassen und müsstest mir keinen Denk-Fehler oder gar Rassismus unterstellen.
    Versteh mich nicht falsch – ich würde wirklich gern verstehen, was du für ein Problem mit mir hast. Aber solange du es nicht so erklären kannst, dass es auch ein „Uneingeweihter“ versteht, habe ich den leisen Verdacht, dass du selbst nicht so ganz kapierst wovon du redest.

  20. Krim
    6. Februar 2012, 13:39 | #20

    @apple:

    „1. Es gibt „den Menschen“, d.h. man kann Bestimmungen über die Gattung Mensch treffen.“

    Das kann man theoretisch schon. Aber wo bitte ging es hier um Biologie oder Anthropologie und wo bitte stehen die wissenschaftlichen Begründungen dafür? Darüber könnte man sich unterhalten – aber nicht über die rassistische Scheiße, die Name ganz korrekt charakterisiert hat. Orpheus hat sich ein normatives Ideal ausgedacht, sinngemäß: „der Mensch strebt, wegen seiner Natur nach Harmonie“ (Begründung Fehlanzeige). Dabei stört er sich kein bißchen daran, dass offenbar gar nicht jeder Mensch nach Harmonie strebt, was dann bei ihm unter die Rubrik „Verirrung“ fällt. Das ist ein Widerspruch (damit jeder merkt, dass das ein Gegenargument ist, oben wurde es nämlich noch nicht bemerkt)- Ja, wenn man sich zu einer Verirrung entschließen kann, dann scheint das Streben nach Harmonie wohl doch nicht in seiner Natur zu liegen. Dann ist „das Streben nach Harmonie“ eben eine Ideologie, die dazu da ist, abweichendes Verhalten als unmenschlich, als Verstoß gegen die menschliche Natur zu verurteilen. Man will eben nicht die Zwecke oder Ideen kritisieren die mit Harmonie oder Disharmonie verfolgt werden, sondern man will sich die Kritik sparen und jenseits dessen einen Maßstab, eine Moral präsentieren, an dem man ein Verhalten loben oder verurteilen kann.

    „– sind von einer sachlichen Auseinandersetzung meilenweit entfernt.“

    – Ungefähr genauso meilenweit entfernt, wie von dem Postulat „der Mensch“ hätte ein Harmoniebedürfnis.

  21. Name
    6. Februar 2012, 13:39 | #21

    „Und das ist keine ‚Menschheitsbestimmung‘?!“

    Nein, das ist ein Argument gegen die verkehrte Verallgemeinerung, „der Mensch“ täte irgendetwas wegen einem Harmoniebedürfnis. Wie Krim schon richtig ausgeführt hat, müsste man eigentlich nur auf etwas Menschliches zeigen, was dem angeblichen Harmoniestreben widerspricht, und die Idee von der Menschheit, sie sei auf einem Harmonietrip (inkl. derer, die das behaupten!), wäre widerlegt. Aber leider sind solch anthropologische Bestimmungen gar kein Gegenstand sein, den man überprüfen soll, sondern begründungslose Setzungen, mittels derer man die Welt (hier „den Menschen“) betrachten soll – vor jeder Untersuchung von dem, was man sich erklären will!

    „Was ist denn mit den Grundbedürfnissen, sind die auch ausgedachte Eigenschaften? Hunger, Frieren, sexueller Trieb? Hab ich mir die auch nur ausgedacht?“

    Nein, die gibt es. Wie man allerdings sieht, kommst auch du ohne „den Menschen“ schlechthin aus, um über Eigenschaften zu sprechen, die allen gemeinsam sind. Da muss nicht erst eine Bestimmung über z.B. „das Mängelwesen Mensch“ (Gelen) her, um verstehen zu können, was mit Hunger gemeint ist. Die Anthropologie leistet gar nichts zur Erklärung menschlicher Taten/Urteile, sondern trägt moralische Ansprüche an „den Menschen“ heran, indem diese als (quasi-) natürliche Eigenschaften behauptet werden – von denen dann lustigerweise immer abgewichen wird. Mal wird der Mensch per Tier- oder Computervergleich als besseres/schlechteres Säugetier oder als bessere/schlechtere Maschine bestimmt, mal als Wesen, dem das Rüstzeug zum Überleben eigentlich komplett fehle, dann sei „der Mensch“ wieder sein eigener Feind (Wolf) oder wenigstens ein Vielfraß, der seine Umwelt ruiniere usw. Wie Krim schon erwähnt hat, immer mit dem Ziel, einen Maßstab zu etablieren, der seinen (unhinterfragbaren) Grund in der Natur hat.

    „Du scheinst Verallgemeinerungen nicht zu mögen (…) Und zwar deshalb, weil es Ausnahmen gibt oder ähnlich.“

    Wie du selbst richtig bemerkst geht es nicht darum, die Bauchspeicheldrüse als menschliches Organ zu bestreiten, sondern ums Denken. Abgesehen davon, dass man sich immer zu jedem Gedanken das Gegenteil denken kann (probier‘s aus!), dass also durch die Natur gar nichts inhaltlich festgelegt ist, benennt die Idee mit dem homo harmonicus nicht einmal irgendein Stück Natur, was für „Harmonieverhalten“ verantwortlich wäre, sondern behauptet begründungslos einen Zusammenhang, der zufällig zur Ideologie passt, Kommunisten würden nicht wegen ihrer Inhalte angefeindet, sondern würden auf veraltete Weise Werbung betreiben.

    „Wenn das eine Glaubensfrage wäre, könntest du mich ja einfach gewähren lassen und müsstest mir keinen Denk-Fehler oder gar Rassismus unterstellen.“

    Glaube und Rassismus schließen sich nicht aus – ganz im Gegenteil: die Vorstellung für einen göttlichen Auftrag unterwegs zu sein, also als fleischgewordene Funktion für Höheres durch die Gegend zu laufen, unterscheidet sich gar nicht großartig von der Ideologie, z.B. als Vertreter deutschen Blutes den Auftrag der Reinhaltung von Rassen zu befolgen. In beiden Fällen: höherer Auftrag wird mit Natur/Schöpfung legitimiert.

    „was du für ein Problem mit mir hast“

    Mit dir habe ich gar kein Problem, ich kenne dich ja gar nicht. Mit Verallgemeinerungen habe ich v. A. dann ein Problem, wenn die einen Gesichtspunkt einführen (Mensch = Harmoniedödel), an dem man sich auf einer Ebene UNTER der eigentlichen Behauptung abarbeiten soll, die deswegen erst gar nicht begründet werden muss. Dass die allgemein menschliche Eigenschaft „Harmoniestreber“ falsch ist und inzwischen mehrfach widerlegt, scheint ja immer noch niemanden zu stören.

  22. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:40 | #22

    rassistische Scheiße

    Du kannst diese haltlose Unterstellung noch so unflätig herausposaunen, rechtfertigen kannst du sie trotzdem nicht.

    „der Mensch strebt, wegen seiner Natur nach Harmonie“ (Begründung Fehlanzeige)

    Wenn ich von Harmonie, Ordnung, Form, bzw. unserem Sinn für Ästhetik spreche rede ich eben nicht von EINER Ästhetik die allen Menschen gleich ist.
    Genauso wie ich vom Menschen als Abstraktum gesprochen habe, habe ich von Harmonie als Abstraktum gesprochen.
    Dass unser Gehirn versucht visuelle Eindrücke zu ordnen, zeigen beispielsweise diverse optische Täuschungen, Bilder, in denen Menschen, zumindest innerhalb eines bestimmten Kulturkreises geometrische Formen sehen, die faktisch gar nicht da sind.
    Das Erleben des ungeborenen Babies, der Herzschlag der Mutter beispielsweise, trägt zur Prägung von Formbewusstsein in der Musik bei – Dynamik, Tempo und Rhythmus. Auf diese vorgeburtlichen Erfahrungen greifen wir dann später wieder zurück.
    Ästhetik hat mit Gewohnheiten, Erwartungen zu tun. Diese wiederum basieren auf Erfahrungen in der Vergangenheit. Wenn eine Gruppe von Menschen nun einen aus dem gleichen Erfahrungsschatz schöpft, teilen sie eben bestimmte Normvorstellungen. Hierzulande sind rechte Winkel ein so alltäglicher Anblick, dass wir aufmerken wenn ein Gebäude darauf verzichtet (Hundertwasser-Haus). Und genau das meine ich: Abweichungen werden bewusst eingesetzt um Akzente zu setzen. Wenn es keine „Norm“ gäbe, wären sie ja keine Abweichungen mehr.
    Du scheinst besonders Anstoß zu nehmen an meiner Äußerung zur Zwölftonmusik – vielleicht hast du zu ihr eine besondere Beziehung. Daher in aller Ausführlichkeit:
    Was du nicht verstehst ist, dass auch Schönberg nach Ästhetik gestrebt hat. Teilweise (!) einfach in einer neuen Form, der Zwölftontechnik. Aber auch sie wurde nur geschaffen um der Musik einen inneren logischen Aufbau zu geben.
    Das mit der „Verirrung“ nehme ich zurück. Stattdessen nenne ich es einen „bis heute erfolglosen Versuch“ eine neue Ästhetik zu etablieren. Was nicht bedeuten soll, dass Schönberg auf weitere Entwicklungen in der Musik keinen Einfluss gehabt hätte. Doch hätte sich die Kompositionstechnik wirklich durchgesetzt, würde Unterhaltungsmusik gänzlich anders klingen.

    „eine Moral präsentieren, an dem man ein Verhalten loben oder verurteilen kann.“

    Und verurteilen ist dir und Name ja vollkommen fremd, nicht wahr. Nichts liegt euch ferner als andere Kommentatoren hier zu beurteilen… Heuchler.

  23. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:41 | #23

    „In beiden Fällen: höherer Auftrag wird mit Natur/Schöpfung legitimiert.“

    Richtig, und das ist kritikabel.
    Ein Rassist ist ein Rassist, weil er die Rassenidee verwendet, um aus ihr eine Uberlegenheit gegenuber anderen zu schlusfolgern.
    Ein Rassist geht also hinaus uber das blose Feststellen von echten oder ausgedachten Unterschieden und teilt ein in „gut“ und „schlecht“.
    Wenn ich bei meinem Gegenüber feststelle, dass er große Ohren hat, ist das noch kein „Rassismus“. Selbst wenn ich seine Ohren jetzt in Kategorien wie schön oder hässlich einordne, ist das etwas, worauf ich keinen direkten Einfluss habe (genau das Thema Ästhetik und Schönheits-Empfinden).
    Wenn ich ihm aber aufgrunddessen schlechte charakterliche Eigenschaften unterstelle, noch wichtiger: solche, die mich über ihn stellen, könnte man von Rassismus reden, so irreführend der Begriff hier strenggenommen auch sein mag.

    „Nein, die gibt es. Wie man allerdings sieht, kommst auch du ohne „den Menschen“ schlechthin aus, um über Eigenschaften zu sprechen, die allen gemeinsam sind. „

    Ja, und Formbewusstsein ist eine solche Eigenschaft.
    Kreativität ebenso. Wenn ein Mensch etwas erschafft, ein Haus, eine Wandmalerei, ein Auto – muss er sich mit gewissen Vorgaben abfinden, die das Material an ihn stellt. Doch innerhalb eines bestimmten Rahmens kann er sich frei entscheiden, wie er das „DING“ formt. Worauf begründen sich nun diese Entscheidungen? Sind sie reiner Zufall?

    „Abgesehen davon, dass man sich immer zu jedem Gedanken das Gegenteil denken kann (probier‘s aus!)“

    Das Denken war nie Teil meiner Ausführung. Es geht mir um Dinge, die sich dem bewussten Denken entziehen.
    Abgesehen davon – denk dir mal das Gegenteil zu „Dieser kleine Apfel ist grün und hat einen Wurm“.
    Schon lustig:
    Am Anfang stand meine Aussage, dass ein schön designtes Heft eher ein Publikum findet(ganz unabhängig davon ob dieses DANN mit dem Inhalt klar kommt) . Unverständlich schon hier, warum das überhaupt abgestritten werden muss.
    Als nächstes sah ich mich gezwungen darauf hinzuweisen, WARUM das denn stimmen soll – und ließ „Sinn für Ästhetik“ fallen.
    Und so kommen wir vom einen ins andere, die Sache wird absurder und absurder – inzwischen muss ich rechtfertigen dass meine Äußerungen nicht rassistisch waren. Himmel, was wenn wir mal über etwas wirklich wichtiges diskutieren als Sinn und Unsinn visueller Hilfsmittel bei der Wissensvermittlung.
    FAST zum Lachen eigentlich.

  24. Krim
    6. Februar 2012, 13:41 | #24

    „Den Begriff Rassismus hier zu verwenden ist einfach lächerlich.“ Soll „lächerlich“ jetzt ein Argument sein? Warum du rassistische Theorien verbreitest, wurde mittlerweile nun mehrfach erläutert.
    „Ich muß also alles gut finden, weil Nazis es schlecht fanden?“ Dein Urteil war doch gar nicht, dass du Zwölftonmusik schlecht findest, dass dir das nicht gefällt, weil es dir zu disharmonisch ist und dich im übrigen nervt. Dein Urteil war, dass es sich um eine „Verirrung“ der menschlichen Natur handelt und das ist haargenau das selbe rassistische Muster, das die Nazis gegen diese „jüdische Entartung“ vorgebracht haben. Der einzige Unterschied ist, dass Schönberg bloß aus der deutschen Art geschlagen ist, während du noch ein bisschen anspruchsvoller eine Verirrung der menschlichen Natur witterst.
    „Wo sind denn die Massen, die zu Zwölftonmusik-Konzerten strömen?“ Mal überlegt, dass das auch an was anderem liegen könnte, als an ihrer Natur.
    „Mir hat ein bekannter Komponist jedenfalls neulich gesagt dass im Kreise seiner bekannten Kollegen der Trend schon wieder mehr in Richtung Tonalität geht.“ Für was und wogegen soll das nun sprechen, dass es einen neuen Trend gibt. Oder wolltest du nur was gesagt haben.
    „Ich habe bewusst nicht gesagt „schon immer“, sondern „jahrhunderte alt“.“ Und ich habe bewusst nicht „schon immer“ kritisiert, sondern dass „jahrhunderte alt“ für ein menschliches Harmoniebedürfnis sprechen soll. Lass doch diese Ablenkungsmanöver.
    „In diesem Kulturkreis können wir uns heute Stücke von Bach oder Monteverdi anhören und verstehen sie erstaunlicherweise immer noch.“ Das würde ich bestreiten, dass Bach verstanden wird. Hinter diesen Musikstücken, stecken teilweise völlig abstrakte symbolische Überlegungen, die ohne Analyse kaum beim Hören zu verstehen sind.
    „Relative Symmetrie reicht mir schon aus.“ Bloß wofür reicht dir das aus. Dafür zu behaupten, Symmetrie sei sowas wie ein Naturgesetz, obwohl das halt keins ist. Nochmal: Relative Symmetrie in der Natur gibt es nicht wegen irgendwelchen Harmonieregeln, sondern aus funktionalen Erfordernissen. Ebenso kann aber Asymmetrie aus der Funktion folgen. Das kommt eben auf die Funktion an.
    „Ach ja, und schau dir mal unsere Architektur an… Bzw. die Architektur der MASSE aller Gebäude.“ Und wofür soll das jetzt wieder sprechen? Dafür, dass ein Teil der Architekten dem menschlichen Symmetriebedürfnis entspricht und der andere Teil einer „Verirrung“ aufsitzt.
    “ Die harmonischen „Gesetze“ von denen ich rede ergeben sich natürlich aus funktionalen Gründen und einfachen physikalischen Gegebenheiten und nicht umgekehrt. Dass wir diese Formen als harmonisch betrachten und bezeichnen ist reine Gewohnheit.“ Na entweder es sind „Gesetze“, die für sich gelten oder Symmetrie ist eine Folge der Funktion. Entweder Harmonie ist eine Gewohnheit, (dann wäre zu fragen warum das so ist und was der Inhalt dieser Gewohnheit ist) oder es ist ein urmenschliches Bedürfnis. Beides geht nicht.
    “ Ihr lest ein paar Kommentare, missversteht absichtlich oder unabsichtlich die Hälfte,“ Nein, wir analysieren bloß was du von dir gibst. Wenn du das nicht so gemeint haben solltest, soll’s mir ja recht sein. Geschrieben hast du es aber allemal und und ich glaube auch nicht, dass du von deinem Urteil betreffend der ästhetischen Verirrungen und den urmenschlichen Harmoniebedürfnissen Abstand genommen hast, dazu müsstest du unsere Kritik nämlich eingesehen haben. Davon merke ich jedoch nichts.

  25. Name
    6. Februar 2012, 13:42 | #25

    „Wenn ich bei meinem Gegenüber feststelle, dass er große Ohren hat, ist das noch kein Rassismus.“

    Nein, das ist die Benennung einer körperlichen Eigenschaft. Harmonie oder der Wille dazu sind allerdings keine körperlichen Eigenschaften, sondern hier eine anthropologische Brille, mit der man sich räsonierend neben die Menschheit stellen soll und dem harmoniegesteuerten Menschen mit ein paar YouTube-Videos vorgeblich dazu verhilft, politischen Streit mal unter dem Aspekt ‚Zeitvertreib‘ betrachten zu können.
    Den Titel „Rassismus“ nehme ich gern wieder zurück, wenn das vom deckungsgleichen Prinzip ablenkt, das kritisiert sein soll. Wenn jemand vom „Geschlechter-Rassismus“ spricht, ist aber auch für jeden klar, dass der Sexismus meint und nicht die beiden biologischen Kategorien verwechselt. Der Hinweis auf Rassismus ist lustigerweise fast das, was du schreibst:

    „Wenn ich ihm aber aufgrunddessen schlechte charakterliche Eigenschaften unterstelle, noch wichtiger: solche, die mich über ihn stellen, könnte man von Rassismus reden“

    Die Zuordnung zu gut und böse ist für den rassistischen Gedanken gar nicht notwendig (die ist längst in der Parteilichkeit, der sich Rassismus verdankt, unterstellt). Ein Charakterurteil über Rassen, Geschlechter oder aber auch „den Menschen“ soll eine (quasi-)natürliche Begründung nahelegen, die auffälligerweise nie genannt wird: Dass „der Deutsche“ fleißig sei, „die Frau“ für Hausarbeit geschaffen sei oder „der Mensch“ ein Hamoniewesen sei muss tatsächlich nicht begründet werden, weil das die letzte, nicht zu hinterfragende Begründung sein soll: Wer will schon etwas gegen die Natur des Menschen einwenden?! Deswegen kommen Rassisten, Sexisten und auch Anthropologen auf die Natur, nicht weil sie ihre Vorstellung tatsächlich deutschen Schädelformen oder genetischen Dispositionen von Frauen für den Abwasch entnehmen würden, sondern um ihre Ideologie mit der Vorstellung von natürlichen Vorgängen wasserdicht zu machen.

  26. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:42 | #26

    @ Krim:
    Ich warte jetzt erstmal darauf, dass du meine letzte Antwort durchliest bevor ich hier alles 10x wiederholen muss.
    Verirrung habe ich bereits zurückgenommen, da ich eingesehen habe dass der Begriff an dieser Stelle unpassend ist.

  27. Krim
    6. Februar 2012, 13:43 | #27

    Orpheus du laberst. z.B. Wofür soll das denn stehen, dass Schönberg nach Ästhetik gestrebt hat? Wie soll das denn gehen, abstrakt nach Ästhetik zu streben? Schon wieder unterstellst du abstrakte Gesetze der Ästhetik, die es nicht gibt. Künstler streben nicht nach Ästhetik, sondern sie versuchen Ideen auszudrücken und daraus folgt dann eine Ästhetik, die inhaltlich bestimmt ist und zwar als Funktion der Idee.
    „Dass unser Gehirn versucht visuelle Eindrücke zu ordnen, zeigen beispielsweise diverse optische Täuschungen“ Was hat das denn mit einem urmenschlichen Harmoniebedürfnis zu schaffen?
    „Das Erleben des ungeborenen Babies, der Herzschlag der Mutter beispielsweise, trägt zur Prägung von Formbewusstsein in der Musik bei – Dynamik, Tempo und Rhythmus.“ Auch das ist rassistische Scheiße. (Ich sag bloß was es ist. Nicht ich bin unflätig, sondern du!) Wie kann es denn sein, dass trotz angeblicher Prägung, Menschen entstehen, die total unrhytmisch sind und auf der anderen Seite Schlagzeugvirtuosen. Wie kann es denn sein, dass aus der gleichen Prägung afrikanische Buschtrommel, australisches Yidaki/Didgeridoo, Wiener Walzer oder deutscher Schlager folgt.
    „Abweichungen werden bewusst eingesetzt um Akzente zu setzen.“ Nein, das muss nicht der Grund für den Verzicht auf rechte Winkel sein. Außerdem sehe ich nicht, wieso der rechte Winkel ein Harmoniebedürfnis befriedigen soll, alle anderen Winkel jedoch nicht. Das ist deine willkürliche Setzung und sonst nichts.
    „Nichts liegt euch ferner als andere Kommentatoren hier zu beurteilen… Heuchler.“ Gegen Beurteilungen, die sachlich korrekt sind, ist nichts einzuwenden, gegen Moral und Rassismus aber schon. Von wegen Heuchler.

  28. Samson
    6. Februar 2012, 13:44 | #28

    Das muss aber auch nichts so konkretes sein, sondern die Gestalt kann auch abstraktere Eigenschaften ausdrücken z.B. bei einer Limousine je nach Käuferschicht z.B. Eleganz, vornehmer Luxus.

    Mittlerweile geht das soweit, dass, wer kein Interesse an derlei Schnickschnack entwickelt, kaum noch Unterschiede äußerer Formen wahrnimmt, weil die Kisten weniger von Designern entwickelt als nach im Windkanal gemessenen cw-Werten modeliert werden. Was elegant, vornehm u.dergl.m. sei, trichtert die Propaganda-Abteilung der zahlungswilligen Kundschaft ebenso ein wie das ‚Sicherheitsbedürfnis‘, um mit mehr als 200 ‚gefahrlos‘ uber die Autobahn brettern zu können.

  29. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:44 | #29

    „Hat das jemand bestritten oder hat hier jemand behauptet rohe Ideen seien Kunstwerke.“

    Darf ich zitieren: „Künstler streben nicht nach Ästhetik, sondern sie versuchen Ideen auszudrücken und daraus folgt dann eine Ästhetik, „
    Die Ästhetik kommt VOR der Idee. Die Ideen werden eingebettet in eine Form, und die basiert auf einem Sinn für Harmonie/Ordnung, whatever.

    „Also nicht das Individuum schafft Ordnung, indem es über die Eindrücke nachdenkt, sondern Mr. Brain, der in meinem Gehirn wohnt, macht das für mich. Alles unbewusst, bloß niemand kritisieren für die Entscheidungen, die er trifft, weil das ja nicht geht, wenn alles ein inneres Programm ist.“

    Das gefällt dir nicht, hm. Dann versuch mal für eine Minute keinen Moment lang an ein Pferd zu denken. Und? Gehorcht dir dein Gehirn noch. Bist du der Meister im Haus?

    „Tickst du noch ganz richtig? Bloß weil dir als einzige Alternative zur Prägung im Mutterleib bloß noch eine rassistische Möglichkeit einfällt, gehst du davon aus, dass das meine Auffassung sei. Könnte die Verschiedenheit der rhytmischen Formen, die sich die Individuen ausdenken, vielleicht daran liegen, dass sie ein Interesse an diesen Rhytmen entwickeln und sie dann ganz einfach erlernen?“

    Genau das habe ich gesagt. Du nennst es erlernen ich rede von Erfahrungen machen. Nur setzt du erst nach der Geburt an, und ich bereits davor.

    „Welche da wären? ta-damm ta-damm ta-damm Wie daraus ein Walzer wird, das erklärst du mal? Und wieviele Grundformen gibt es denn? Normaler Herzschlag, Herzrhytmusstörung und Infarkt?“

    Rhythmus als Phänomen an sich ist eine Grundform. Mal geht er schneller, mal langsamer. Außerdem haben wir alle einen leicht unterschiedliche Ruhepuls.
    Nochmal: Niemand kommt als Walzerkönig auf die Welt. Aber ein regelmäßiges Schlagen haben wir bereits als Säuglinge kennengelernt. Diese regelmäßigen Schläge sind der Grundstein für letztlich alle Rhythmen, auch die komplexeren, die wir uns später aneignen.

    „Ah ja? Dann schlagen die Herzen der Wiener wohl im Dreivierteltakt, während deutsche Herzen eher zu Marschmusik passend im Viervierteltakt pochen. “
    Und ICH bin derjenige, der mit absurden Kommentaren der Kritik ausweicht?!

    Jeder Mensch sammelt unterschiedliche Erfahrungen (soweit okay?), er LERNT, oder wird GEPRÄGT.
    (Genau diese Prägung die du eben noch selbst als „lernen“ bezeichnet und zugestanden hast, hast du noch ein paar Posts vorher bestritten. ->“trotz angeblicher Prägung“)
    Aufgrund relativ ähnlicher Erfahrungen innerhalb eines bestimmten Kreises können tendenziell aber Gemeinsamkeiten auftauchen, gemeinsame Vorstellungen von Schönheit und Harmonie.
    Tonika, Subdominante und Dominante findest du in der Indie-Musik genauso wie beim Schlager, wenn auch letzterer sich zumeist auf diese beschränkt.
    Das kann außerhalb des Einflussbereiches „westlicher“ (mir fällt gerade kein besserer Begriff ein) Musik wieder ganz anders sein, aber auch „anders“ folgt nach dem selben Prinzip: Gewohnheit/Prägung, wie immer du es nennen willst schafft Formbewusstsein. Dieses Formbewusstsein muß nicht einmal ein „mögen“ bewirken, es kann uns auch langweilen, in diesem Fall versuchen wir uns davon zu lösen.

    „Zum Beispiel sortierst du in welche, die ihrer harmoniebedürftigen Natur folgen und Verirrte.“

    Hm. Okay. Ich sortiere in diejenigen, die ihren ästhetischen Gewohnheiten folgen und diejenigen, die sich derer bewusst sind und ihnen daher nicht folgen. Wie ein Fastender sich dagegen entscheidet seinem Essenstrieb zu folgen. Im Gegensatz zum Hungernden kann man sich aber an die neue Ästhetik gewöhnen bis sie ihrerseits zur Gewohnheit wird.
    Auf diese Weise wird aus Untergrund-Mode Mainstream.
    Erst ist sie eine zurschaugestellte Form der Rebellion gegen das Gewohnte bis sie zur Gewohnheit wird (oder auch nicht, wenn die Gesellschaft nicht mitzieht).

    „Funktionelle Überlegungen, Erfordernisse des Tragwerks, der Statik, räumliche Überlegungen usw.“

    Aber das meinte ich doch mit „äußere Notwendigkeiten“.

    „Das muss aber auch nichts so konkretes sein, sondern die Gestalt kann auch abstraktere Eigenschaften ausdrücken z.B. bei einer Limousine je nach Käuferschicht z.B. Eleganz, vornehmer Luxus. „

    Was assoziierst du denn mit Eleganz oder vornehmen Luxus?

  30. Krim
    6. Februar 2012, 13:45 | #30

    @samson: Der Windkanal spielt auch eine Rolle. Formen mit ganz ungünstigem Luftwiderstand z.B. ein Würfel mit Rädern, kommt so nicht mehr zu stande. Das heißt aber nicht, dass die Form vollständig vom Windkanal bestimmt wäre. Da bleiben immer noch genug Gestaltungsspielräume über, wie man an den Designstudien sehen kann, die zwar nicht 1:1 verwirklicht werden, aber immerhin Einfluss auf das endgültige Design nehmen. Das ist halt bei Werkzeugen und Maschinen so, dass sie keine freie Kunst sind, sondern in der endgültigen Gestalt alle Anforderungen ins Eins kommen müssen.
    @orpheus: „Die Ästhetik kommt VOR der Idee.“ Nein. Die Ästhetik kann gar nicht vor der Idee kommen, weil sie die Art und Weise ist, wie die Idee durch eine Form ausgedrückt wird. Ohne Idee gibt es gar kein Kriterium für die Angemessenheit der Form. Die Form wäre beliebig.
    „Nur setzt du erst nach der Geburt an, und ich bereits davor.“ Wie soll man denn Lernen oder Erfahrungen machen ohne Bewusstsein? Das Gehirn ist keine fertige Maschine, wenn man geboren wird, sondern das Bewusstsein und alle Begriffe von der Welt bilden sich erst dann.
    „Aber ein regelmäßiges Schlagen haben wir bereits als Säuglinge kennengelernt.“ Du Armer, wurdest also regelmäßig geschlagen als Säugling. Dann wundert mich nix mehr. – Spaß beiseite. Regelmäßiges schlagen ist halt kein Rhythmus und dass Rhythmusgefühl vom Herzen, dem eigenen oder der Mutter herkommt, ist eine abenteuerliche Theorie. Warum soll man denn ausgerechnet dann, wenn man noch gar nichts blickt und noch nicht mal alle körperlichen Voraussetzungen geschweige denn die geistigen vorhanden sind, etwas lernen können.
    „Und ICH bin derjenige, der mit absurden Kommentaren der Kritik ausweicht?!“ Nein, nicht der Kommentar, sondern deine Theorie ist so absurd. Erklärt doch mal wie das gehen soll, dass aus dem gleichen Herzschlag einmal Walzer das andere Mal Marschmusik aufgeprägt wird.
    „oder wird GEPRÄGT.“ Nein, da wird nichts geprägt.
    „Genau diese Prägung die du eben noch selbst als „lernen“ bezeichnet“ Nein, Ich habe nicht Prägung als Lernen bezeichnet, sondern Prägung damit bestritten, dass lernen stattfindet. Ich sage beides ist ein Gegensatz. Entweder man eignet sich bewusst und mit Absicht eine Fähigkeit oder Wissen an oder sie wird dem Menschen bewusstlos aufgeprägt.
    „Gewohnheit/Prägung, wie immer du es nennen willst schafft Formbewusstsein.“ Bewusstsein kann überhaupt nur das Denken schaffen. Weder Gewohnheit noch Prägung ist dazu in der Lage.
    “ Ich sortiere in diejenigen, die ihren ästhetischen Gewohnheiten folgen“ Du bist unehrlich. Du meinst doch gar keine Gewohnheiten, du meinst Prägung oder Natur. Du meinst halt immer noch man kriegt irgendwelche Ästhetischen Maßstabe qua Natur mit oder im Mutterleib vor jedem Bewusstsein aufgeprägt. Denn sonst müsste man sich ja fragen, warum die Leute ausgerechnet den Gewohnheiten folgen die sie haben und sich nicht gleich ganz andere zugelegt haben. Seit wann hat man einfach so eine Gewohnheit. Die legt man sich zu und hat auch Gründe, warum man sie sich zulegt.

  31. Name
    6. Februar 2012, 13:46 | #31

    @Orpheus
    „Aber nichts was ich bisher dargelegt habe hat etwas mit dem Charakter zu tun.“
    Stellst du dich blöd, oder weißt du wirklich nicht, dass dein fiktives Harmoniebedürfnis eine Charakterisierung ist? Du sagst zwar etwas über den Charakter DES Menschen schlechthin (den gibt es immer noch nicht), aber es bleibt ein Charakterurteil: Menschen seien Harmoniewesen, unbewusst gesteuert durch ihren eigenen Charakter, der auf Watte aus sei. Dass das nur ein Stützargument für pädagogische Manipulationsideen ist, kann nicht über die Naturalisierung menschlicher Urteile und Taten hinwegtäuschen: Mit Ausnahme von denen, die den Harmonieblödsinn behaupten, seien alle Menschen durch ihr eigenes Harmoniestreben ferngesteuert – so die Vorstellung des ur-menschlichen Charakters.
    „während du dir bei mir immer nur die selben Sachen herauspickst“
    Das sollte dir zeigen, dass diese Punkte noch nicht geklärt sind. Würde ich immer etwas anderes picken, wäre ich ein Troll.
    „Keine meiner Belege für die Existenz dieser von mir postulierten Eigenschaft konntet ihr bisher entkräften.“
    Das ist frech: die von dir erfundene „menschliche Eigenschaft“, ließe sich nicht nur Tieren zuordnen (von wegen menschlich!), du hast WEDER Beweise NOCH Belege für deine Fantasien gebracht. Dir reicht die BEHAUPTUNG, deine Interpretation von Mensch und Harmonie seien Bestimmungen der Gegenstände. Das ist aber erwiesener Humbug, das Argument fiel schon mehrfach: Überwiegend praktizieren Menschen das GEGENTEIL eines harmonischen Miteinanders, ist „der Mensch“ deswegen naturgemäß Harmoniemuffel? Nein, das Gefühl von Harmonie stellt sich mal ein, ein andermal nicht – für eine Bestimmung menschlichen Verhaltens taugen diese zufälligen Gefühlsschwankungen nichts.

  32. Samson
    6. Februar 2012, 13:46 | #32

    Im Gegensatz zum Hungernden kann man sich aber an die neue Ästhetik gewöhnen bis sie ihrerseits zur Gewohnheit wird.
    Auf diese Weise wird aus Untergrund-Mode Mainstream.

    Also das, was du selber als Erfahrung bezeichnest, spricht eher dagegen, wenigstens in der kapitalistischen Welt. Da wird nämlich Underground und/oder Subkultur von genau denen entwickelt, die was (wengleich i.d.R. undifferenziertes) gegen den Mainstream resp. das diesen konstituierenden Establishment haben. Mainstream wird daraus ggf., wenn die Protagonisten solchen Undergrounds/Subkultur Karriere machen und damit Teil des Establishments werden. Dann spielen halt Rockbands mit Sinfonieorchestern vor gesetzem Publikum und Sir Mick Jagger gibt Satisfaction als Zugabe in Konzerten, die vom Kapital gefeatured werden.

    Das ist halt bei Werkzeugen und Maschinen so, dass sie keine freie Kunst sind, sondern in der endgültigen Gestalt alle Anforderungen ins Eins kommen müssen.

    Das ist schon richtig. Der Witz ist halt, wenn die Produktion für den Markt stattfindet, dann werden diese Anforderungen eben vom Kapital gestellt und nicht von der Kundschaft. Guck dir spaßhalber mal an, wie Reklame gemacht ist. Darin wird immer ein Szenario gestrickt, für welches die jeweils feilgebotene Sache die perfekte Lösung sein soll. Die Produktion der Sachen selber ist aber der Anforderung unterworfen, profitabel zu sein. Gerade die Autoindustrie ist darin nahezu exemplarisch. Bezogen auf den Profit wäre es geradezu kontraproduktiv, langlebige und so wenig wie möglich Sprit fressende Karren zu basteln …

  33. 6. Februar 2012, 13:47 | #33

    Da dieser Thread eh schon recht weitgehend von der Anfangsthematik weggedriftet ist, erlaube ich mir hier auch einen Einwand:

    „Bezogen auf den Profit wäre es geradezu kontraproduktiv, langlebige und so wenig wie möglich Sprit fressende Karren zu basteln …“

    Sowas klingt regelmäßig nach kapitalistischer Verschwörung zumindest nach Kartellen und Absprachen. Es ist aber etwas komplizierter: Natürlich würde es sich für jeden einzelnen Autokonzern enorm lohnen, wenn er als Einziger langlebigere oder sparsamere Autos zum gleichen Preis anbieten könnte als die Konkurrenz. Denn dann würde sein Absatz auf Kosten der Konkurrenz ansteigen, denn gerade Autos sind ja das Teuerste, was sich normale Menschen so kaufen und Firmen rechnen sowieso mit jedem Cent. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt ist aber unter Profitgesichtspunkten „nur“ eine bestimmte durchschnittliche Lebensdauer, ein bestimmter Durchschnittsverbrauch „machbar“, technologische Vorteile lassen sich auch in dieser Industrie selten lange monopolisieren.
    Armen Leuten kann man mit Gewinn eben nur begrenzt vernünftige Gebrauchswerte verkaufen. Das ist bei Autos nicht anders als z.B. bei Medikamenten, wo Menschen zu Hunderttausenden sterben („müssen“), weil es sich einfach nicht rechnet, denen was Vernünftiges zu verkaufen oder auch nur zu entwickeln.

  34. u.
    6. Februar 2012, 13:48 | #34

    nur am rande:
    „Mainstream wird daraus ggf., wenn die Protagonisten solchen Undergrounds/Subkultur Karriere machen und damit Teil des Establishments werden.“
    die müssen selber gar keine karriere machen. die werden kontinuierlich ausgespäht:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Coolhunting

  35. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:49 | #35

    @ Krim:

    „Nein. Die Ästhetik kann gar nicht vor der Idee kommen, weil sie die Art und Weise ist, wie die Idee durch eine Form ausgedrückt wird. Ohne Idee gibt es gar kein Kriterium für die Angemessenheit der Form. Die Form wäre beliebig.“

    Ich glaube, wir kommen hier nicht zu einem Ergebnis, ohne vorher einige Begriffe zu definieren, und dafür fehlt mir momentan die Geduld.
    Bevor ein Komponist ein Stück schreibt muss er wissen, welche Form es haben soll. Soll es eine Sinfonie werden, ein Streichquartett, ein Lied, eine Oper? Man komponiert nicht einfach so drauf los und schaut mal was daraus wird.
    Musikalische Ideen (ein Thema, eine Melodie, eine bestimmte Harmoniefolge, ein interessanter Rhythmus) werden dann in diese Form eingebaut. Wobei diese Ideen übrigens auch nicht aus dem heiteren Himmel fallen. Eine gute Idee muss man auch erst mal von einer schlechten unterscheiden können. Bzw. muss man einen Geschmack haben, einen Sinn für Ästhetik – was gut zusammenpasst, zusammen klingt.

    „Wie soll man denn Lernen oder Erfahrungen machen ohne Bewusstsein?“

    Nur weil man nicht über den Gebrauchswert nachdenken kann heisst das doch nicht dass ein Kind im Mutterleib noch kein Bewusstsein hat. Einige seiner Sinne sind bereits voll funktionsfähig. Für das passive Lernen einfacher Zusammenhänge wie es in diesem Stadium möglich ist, reicht die geistige Kapazität sehr wohl aus.
    Da such mal unter Fötus oder Schwangerschaft bei Wikipedia.
    Hier noch ein Link: http://www.maja-langsdorff.de/medprena.htm

    „Regelmäßiges schlagen ist halt kein Rhythmus.“

    Doch. Genau das ist ein Rhythmus. Auch das lässt sich in jedem Lexikon nachschlagen.

    „Erklärt doch mal wie das gehen soll, dass aus dem gleichen Herzschlag einmal Walzer das andere Mal Marschmusik aufgeprägt wird.“

    Ein letztes Mal: Welche Rhythmen die Person später einmal kennen und schätzen lernt kommt darauf an was sich im Laufe seiner späteren Entwicklung ergibt. Man muss aber auch erst einmal lernen aufrecht zu stehen bevor man Zirkus-Akrobat oder Leichtathlet wird.

    „Entweder man eignet sich bewusst und mit Absicht eine Fähigkeit oder Wissen an oder sie wird dem Menschen bewusstlos aufgeprägt. „

    Jegliches Lernen ist eine Prägung (genauergesagt ist jede Erfahrung prägend – mit verschiedener Intensität) Der Unterschied von dem du redest ist lediglich, dass man sich im ersten Fall willentlich einem Lernprozess aussetzt.
    Ob das Gehirn die Information speichert oder nicht können wir so direkt gar nicht beeinflussen.

    „Bewusstsein kann überhaupt nur das Denken schaffen. Weder Gewohnheit noch Prägung ist dazu in der Lage. „

    Was verstehst du denn unter Bewusstsein? Haben Tiere kein Bewusstsein? Pflanzen?

    „Du bist unehrlich. Du meinst doch gar keine Gewohnheiten, du meinst Prägung oder Natur. „

    Im schlimmsten Fall war ich begrifflich ungenau.
    Wenn ich eine Gewohnheit habe – zum Beispiel die Gewohnheit, Butter aufs Brot zu schmieren – woher kommt diese? Ich habe schon einige Leute aus anderen Ländern getroffen, für die diese Angewohnheit ungewöhnlich war.
    Basiert diese Gewohnheit, dieser Geschmack, das Bedürfnis zusätzlich zum Brotbelag Butter zu essen auf einer bewussten Entscheidung oder ist sie doch eine Geschmacksfrage? Woher kommt denn denn deiner Auffassung nach der Geschmack?

  36. 6. Februar 2012, 13:26 | #36

    Orpheus:
    Ein Künstler mag eine Idee haben, eine Melodie, einen Klang. Das alleine reicht aber noch nicht aus. Ohne in eine Form eingebettet zu sein ist eine rohe Idee kein Kunstwerk.
    Ein Musikstück, auch (oder gerade) das eines Schönberg, braucht einen strukturellen Aufbau, bestimmte wiederkehrende Formen (die die Einzelnen Teile voneinander abgrenzen), Höhepunkte und Ruhepunkte, Spannung und Entspannung. Seine Tonsprache war vielleicht eine andere, aber auch er musste eine Einleitung und einen Schluss ausarbeiten. Form eben.
    Jeder Komponist hat Vorbilder, und seien es auch nur negative von denen man sich abgrenzen möchte. Kein Komponist schafft etwas aus dem Nichts. Und auf der Basis dieser Vorstellungen, dieser inneren Ästhetik schafft er etwas Neues. Von nichts kommt nichts.

    „„Dass unser Gehirn versucht visuelle Eindrücke zu ordnen, zeigen beispielsweise diverse optische Täuschungen“ Was hat das denn mit einem urmenschlichen Harmoniebedürfnis zu schaffen?“

    Genau das ist das Problem – dass du das nicht siehst. Um all der Eindrücke Herr zu werden muss das Gehirn irgendeine Ordnung schaffen. Bzw. bezeichnen wir das Resultat als Ordnung. Das tut es ganz ohne unser Zutun. Deshalb „funktionieren“ solcherlei optische Täuschungen.
    Aber die Wahrnehmung beeinflusst das Denken beeinflusst das Handeln.

    „Ich sag bloß was es ist. Nicht ich bin unflätig, sondern du!“

    *lacht*
    Selbst wenn du mal Recht hast, wenn dein Gesprächspartner Blödsinn erzählt, wäre das trotzdem noch kein Grund sachlich vorgetragene Kommentare als Dreck zu bezeichnen.
    Das ist einfach unsachlich.

    „Wie kann es denn sein, dass trotz angeblicher Prägung, Menschen entstehen, die total unrhytmisch sind und auf der anderen Seite Schlagzeugvirtuosen. Wie kann es denn sein, dass aus der gleichen Prägung afrikanische Buschtrommel, australisches Yidaki/Didgeridoo, Wiener Walzer oder deutscher Schlager folgt.“

    Woran soll es sonst liegen? An den Genen? Damit stehst du den Rassisten näher als du denkst. Kinder kommen ja nicht als Schlagersänger, Digeridoo-Spieler oder Trommler auf die Welt. Aber sie kommen im Mutterleib schon mit bestimmten musikalischen Grundformen in Berührung. Was sich daraus entwickelt hängt dann davon ab ob und in welcher Form in seiner Umgebung Musik praktiziert wird. Es ist ja eben NICHT immer die GLEICHE Prägung.

    „„Abweichungen werden bewusst eingesetzt um Akzente zu setzen.“ Nein, das muss nicht der Grund für den Verzicht auf rechte Winkel sein. „

    Und DAS schimpft sich dann Argumentation?! Du machst mir Spaß. Wenn das nicht der Grund ist, und auch äußere Notwendigkeiten keine Rolle spielen – was dann?

    „Außerdem sehe ich nicht, wieso der rechte Winkel ein Harmoniebedürfnis befriedigen soll, alle anderen Winkel jedoch nicht. Das ist deine willkürliche Setzung und sonst nichts.“

    Der rechte Winkel war EIN Beispiel. Natürlich gibt es andere Formen, den Kreis zum Beispiel. Schau dich mal in deinem Zimmer um und zähle die rechten Winkel und DANN versuch mal, dem die Anzahl der anderen Winkel entgegenzustellen.

    „Gegen Beurteilungen, die sachlich korrekt sind, ist nichts einzuwenden“

    Du meinst wohl solche sachlichen Beurteilungen wie „Scheiße“.

    „Ein Rassist ist einer der wegen eines Benutzungsinteresses eine Sortierung von Menschen mit ihrer angeblichen Natur rechtfertigt.“

    Und wo genau sortiere ich Menschen? Bzw. wen gegenüber wem? Ich sagte von Anfang an, dass ALLE Menschen diese Eigenschaft haben. Humbug!

    „Zum Beispiel am Zweck, ein Auto muss fahren, oder an der Käuferzielgruppe oder an der Rentabilität oder an einer Gestaltungsidee. „

    Ja, und was meinst du, ist die Basis einer „Gestaltungsidee“? Wonach richtet sich ein Designer wenn er im Rahmen der Zweckmäßigkeit und sämtlicher sonstigen äußeren Bedingungen Entscheidungen zum Äußeren der Karre treffen soll?

  37. Krim
    6. Februar 2012, 13:26 | #37

    „Ein Rassist ist ein Rassist, weil er die Rassenidee verwendet, „ Und ein Kommunist ist dann wohl einer der eine kommunistische Idee verwendet. Schön tautologisch. „um aus ihr eine Uberlegenheit gegenuber anderen zu schlusfolgern.“ Nein, das ist kein Rassist. Ein Rassist ist einer der wegen eines Benutzungsinteresses eine Sortierung von Menschen mit ihrer angeblichen Natur rechtfertigt. Der Kern ist immer das Postulat eines natürlichen Willens, also ein Wille der seiner ausgedachten Natur gehorcht und so seine eigene Unterordnung/Benutzung/Sortierung will.
    „Worauf begründen sich nun diese Entscheidungen? Sind sie reiner Zufall?“ Zum Beispiel am Zweck, ein Auto muss fahren, oder an der Käuferzielgruppe oder an der Rentabilität oder an einer Gestaltungsidee. Jedenfalls folgen sie keiner natürlichen Disposition.

  38. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:26 | #38

    Ein Charakterurteil über Rassen, Geschlechter oder aber auch „den Menschen“ soll eine (quasi-)natürliche Begründung nahelegen, die auffälligerweise nie genannt wird: Dass „der Deutsche“ fleißig sei, „die Frau“ für Hausarbeit geschaffen sei oder „der Mensch“ ein Hamoniewesen sei muss tatsächlich nicht begründet werden, weil das die letzte, nicht zu hinterfragende Begründung sein soll: Wer will schon etwas gegen die Natur des Menschen einwenden?!
    Also bin ich schlimmer als ein „normaler“ Rassist oder Sexist, weil ich gegenüber der gesamten Menschheit ein Vorurteil habe, verstehe ich das richtig?
    Und das alles tu ich nur, um zu begründen, dass Kommunistische Agitation auf Medien zurückgreifen sollte.
    Ich wusste gar nicht, dass ich so ein bösartiges Genie bin.
    Kommt dir das nicht ein BISSCHEN albern vor? Nein? Nicht mal ein winzigkleinesbisschen?
    Erklär das mal einem Aussenstehenden.

  39. Name
    6. Februar 2012, 13:26 | #39

    @Orpheus
    „Also bin ich schlimmer als ein „normaler“ Rassist oder Sexist, weil ich gegenüber der gesamten Menschheit ein Vorurteil habe, verstehe ich das richtig?“
    Nein, behauptet, erklärt und belegt war, dass Rassismus charakterliche Zuschreibungen als natürliche Eigenschaften ausgibt. Zu diesem Inhalt solltest du dich mal stellen und nicht stattdessen ein Drama aus dem Rassismusvorwurf machen. Das Komplizierte ist nämlich, dass du erst gar nicht auf die inhaltliche Kritik an der Anthropologie antwortest, sondern dir wieder etwas Neues ausdenkst (absichtlich absurd: bösartiges Genie), um dann deinen Kritikern Albernheit vorzuwerfen.

  40. Orpheus
    6. Februar 2012, 13:26 | #40

    „Nein, behauptet, erklärt und belegt war, dass Rassismus charakterliche Zuschreibungen als natürliche Eigenschaften ausgibt. “
    Gut, so weit so klar. Das kann ich nachvollziehen. Aber nichts was ich bisher dargelegt habe hat etwas mit dem Charakter zu tun.
    Und zu Humor muss ich greifen, weil es mich ernsthaft stört als Rassist bezeichnet zu werden. Man hat mir ja schon einiges an den Kopf geworfen, aber das ist wirklich …
    Und das ich nicht auf das eingehe was du sagst kannst du mir nun wirklich nicht vorwerfen. Ich habe bisher so ziemlich jede deiner Aussagen kritisch beleuchtet, während du dir bei mir immer nur die selben Sachen herauspickst.
    Keine meiner Belege für die Existenz dieser von mir postulierten Eigenschaft konntet ihr bisher entkräften. Und da ihr das nicht könnt, gehe ich davon aus dass diese Eigenschaft existiert. Und wenn sie existiert, ist auch euer Vorwurf der Zuschreibung charakterlicher Eigenschaften als natürliches Wesen nicht stichhaltig, denn dann wäre es keine Zuschreibung sondern eine Tatsache.

  41. Krim
    6. Februar 2012, 13:26 | #41

    „Ohne in eine Form eingebettet zu sein ist eine rohe Idee kein Kunstwerk.“ Warum erzählst du das denn? Hat das jemand bestritten oder hat hier jemand behauptet rohe Ideen seien Kunstwerke. „Kein Komponist schafft etwas aus dem Nichts.“ Nochmal warum erzählst du das? Das hat doch alles rein gar nichts mit deiner These zu tun, der Mensch hätte ein natürliches Harmoniebedürfnis. „Um all der Eindrücke Herr zu werden muss das Gehirn irgendeine Ordnung schaffen.“ Also nicht das Individuum schafft Ordnung, indem es über die Eindrücke nachdenkt, sondern Mr. Brain, der in meinem Gehirn wohnt, macht das für mich. Alles unbewusst, bloß niemand kritisieren für die Entscheidungen, die er trifft, weil das ja nicht geht, wenn alles ein inneres Programm ist.
    „Das ist einfach unsachlich.“ Unsachlich sind deine rassistischen Postulate.
    „Woran soll es sonst liegen? An den Genen? Damit stehst du den Rassisten näher als du denkst.“ Tickst du noch ganz richtig? Bloß weil dir als einzige Alternative zur Prägung im Mutterleib bloß noch eine rassistische Möglichkeit einfällt, gehst du davon aus, dass das meine Auffassung sei. Könnte die Verschiedenheit der rhytmischen Formen, die sich die Individuen ausdenken, vielleicht daran liegen, dass sie ein Interesse an diesen Rhytmen entwickeln und sie dann ganz einfach erlernen?
    „Aber sie kommen im Mutterleib schon mit bestimmten musikalischen Grundformen in Berührung.“ Welche da wären? ta-damm ta-damm ta-damm Wie daraus ein Walzer wird, das erklärst du mal? Und wieviele Grundformen gibt es denn? Normaler Herzschlag, Herzrhytmusstörung und Infarkt?
    „Es ist ja eben NICHT immer die GLEICHE Prägung.“ Ah ja? Dann schlagen die Herzen der Wiener wohl im Dreivierteltakt, während deutsche Herzen eher zu Marschmusik passend im Viervierteltakt pochen.
    „Wenn das nicht der Grund ist, und auch äußere Notwendigkeiten keine Rolle spielen – was dann?“ Funktionelle Überlegungen, Erfordernisse des Tragwerks, der Statik, räumliche Überlegungen usw.
    „Du meinst wohl solche sachlichen Beurteilungen wie „Scheiße“.“ Ich meine die Argumente, die begründen, warum du „Scheiße“ laberst.
    „Und wo genau sortiere ich Menschen?“ Zum Beispiel sortierst du in welche, die ihrer harmoniebedürftigen Natur folgen und Verirrte.
    „Ja, und was meinst du, ist die Basis einer „Gestaltungsidee“?“ Die Gestaltungsidee ist die Basis. Da kannst du nicht fragen, was ist die Basis der Gestaltungsidee? Seine Inspiration. z.B. eine Wagenform, die an eine natürliche Form erinnert z.B. Käfer. Das muss aber auch nichts so konkretes sein, sondern die Gestalt kann auch abstraktere Eigenschaften ausdrücken z.B. bei einer Limousine je nach Käuferschicht z.B. Eleganz, vornehmer Luxus.

  42. Name
    6. Februar 2012, 14:09 | #42

    „Bienen haben auch ein inneres „Wissen“ wie eine Wabe aussehen soll. Das unterstreicht meinen Standpunkt eher noch.“
    Na dann stimme ich dir zu: Aus dir sprechen Tiere beim Wabenbau. Wenn‘s so ist, kann ich dir nicht mehr helfen, dann bist du halt nur zu diesen Urteilen fähig – aufgrund deiner Natur. Seltsam ist allerdings, dass du deine Abstraktionsfähigkeit auf dem Niveau einer Biene mit ganz harmoniefremden Argumenten stützen musst. Würde irgendwas von deinem Psychologismus zutreffen, gäbe es unsere Diskussion gar nicht. Es ist der Gipfel von Heuchelei, „der Menschheit“ (wer auch immer das sein soll) Harmonieträchtigkeit zuzuschreiben, an die man sich selbst nirgends hält! Orpheus, du bist selbst (zum Glück) ein Beispiel für die Widerlegung des Rassismus, „die Menschen“ seien wegen ihrer Natur harmoniegeil.

  43. Samson
    6. Februar 2012, 14:09 | #43

    Sowas klingt regelmäßig nach kapitalistischer Verschwörung zumindest nach Kartellen und Absprachen.

    Noch nie was von Oligopolen gehört resp. noch nie darüber nachgedacht, weshalb es sowas wie Kartellamt und Kartellrecht gibt?

    die müssen selber gar keine karriere machen. die werden kontinuierlich ausgespäht …

    Was ändert das an der Aussage, dass Trends/Moden nicht durch Gewohneheit entstehen sondern gezielt gemacht werden?

  44. Orpheus
    6. Februar 2012, 14:10 | #44

    @ Samson:
    Trotzdem ist eine Mode erst dann wirklich Mainstream, wenn man nicht mehr damit auffällt, weil sie sich inzwischen verbreitet hat. Etwas Ungewohntes, Fremdes wurde zu etwas Vertrautem, Gewohntem. Womit man sich gegen die Masse abgehoben hat, wird zum Massenphänomen.
    Im Übrigen habe ich nicht gesagt dass Trends/Moden durch Gewohnheit entstehen sondern durch das Heraustreten aus dem Gewohnten (was auch immer das sein mag).

  45. Krim
    6. Februar 2012, 14:11 | #45

    @samson: „dann werden diese Anforderungen eben vom Kapital gestellt und nicht von der Kundschaft.“ Hab ich denn anderes behauptet?
    @orpheus: „Bevor ein Komponist ein Stück schreibt muss er wissen, welche Form es haben soll.“ Nein die Form hängt von der Idee ab. Hat er eine Idee für ein Kinderlied, ist die Oper die falsche Form. Es ist richtig, dass künstlerische Ideen meist schon in dem jeweiligen Medium (Musik, Malerei etc.) gedacht sind. Das ist aber schon Resultat der Ausbildung in einem Bereich. Ein Komponist kennt sich eben in den musikalischen Ausdrucksmitteln aus und denkt daher schon im Stadium der Idee die Ausdrucksform mit. Das ist aber, wie gesagt Ergebnis der Ausbildung und der intensiven Auseinandersetzung mit seiner Kunst und eben keinem natürlichen Harmoniebedürfnis geschuldet und auch keiner frühkindlichen Prägung.
    „Einige seiner Sinne sind bereits voll funktionsfähig.“ Die nützen ihm aber nichts, wenn ihm Bewusstsein und Denken fehlt.
    „Auch das lässt sich in jedem Lexikon nachschlagen.“ „Rhythmus (Musik), die durch die Folge unterschiedlicher Notenwerte entstehenden Akzentmuster über dem Grundpuls“(Wikipedia, Rhythmus) Also Akzentmuster über dem Grundpuls, nicht der Grundpuls.
    „Man muss aber auch erst einmal lernen aufrecht zu stehen bevor man Zirkus-Akrobat wird.“ Was denn? Metronom soll „aufrecht stehen“ sein und Dreivierteltakt „Akrobat“. In diesem Fall würde ich schon sagen, dass man Akrobat sein kann ohne vorher aufrecht zu stehen. Ich würde sogar sagen, dass es leichter ist die Schläge in Dreier oder Vierergruppen zusammenzufassen als genau gleichmäßige Pulse ohne Abweichung und Struktur zu schlagen.
    „Ob das Gehirn die Information speichert oder nicht können wir so direkt gar nicht beeinflussen.“ Na klar geht das. Einfach nachdenken, üben, wiederholen – lernen halt.
    „Basiert diese Gewohnheit, dieser Geschmack, das Bedürfnis zusätzlich zum Brotbelag Butter zu essen auf einer bewussten Entscheidung oder ist sie doch eine Geschmacksfrage?“ Das ist kein Gegensatz. Dir schmeckt die Butterstulle und deshalb entscheidest du dich öfters dir eine zu schmieren. Und weil sie zum Frühstücksei besonders gut schmeckt, gewöhnst du dir an zum Frühstück neben dem Kochen von Kaffee und Ei eine Butterstulle zu schmieren. Und das geht ganz ohne embryonale Prägung im Mutterleib von statten. Was denn? Metronom soll

  46. Name
    6. Februar 2012, 14:32 | #46

    Super Auslagerung, inkl. Zensur … als würden inhaltliche Zusammenhänge nicht bereits ausreichend ignoriert, fehlen jetzt auch noch ein paar Kommentare – dafür sieht es jetzt aus wie zweierlei Themen, reife Leistung!

  47. 6. Februar 2012, 14:40 | #47

    Ja, ja, das mache ich alles nur, weil mir die Diskutanten nicht passen! Daß „inhaltliche Zusammenhänge“ regelmäßig mehr als „ausreichend ignoriert“ werden, ist ja nun wahrlich nichts Neues oder nur hier zu Beobachten.
    Daß so ein Auslagerungsversuch nicht ganz ohne Risiko ist, habe ich in der Tat auch verärgert feststellen müssen, die Blogsoftware macht es da einem auch nicht gerade einfach, aber das könnte man ja auch schon den Diskutanten sagen.
    (Da ich blöderweise vorher kein Backup vom Blog gemacht hatte, ist jetzt wirklich weg, was weg ist. Es steht jedermann und frau frei, „wichtige“ Argumente aufs Neue nachzutragen.)

  48. Orpheus
    6. Februar 2012, 15:27 | #48

    @Krim:
    Zum Thema Komposition:
    Wie eine Sonate aufgebaut ist, wussten zumindest früher die Komponisten genau. Sie haben, bevor sie selbst zu Komponisten wurden schon zahlreiche Sonaten gehört und sich Hörgewohnheiten angeeignet.
    Es gibt also ein Schema, das sich mit der Zeit, auch im Kopf eines Musikschaffenden festsetzt. Dies gilt natürlich für jede Regulierung, jede Form IN der Musik.
    Wenn nun ein Mozart eine Konvention bricht (und genau das macht einen genialen Komponisten aus) tut er das nicht, weil er die Norm abstreifen will. Er tut dies, um den Zuhörer zu überraschen. Ein Trugschluß funktioniert genau so. Wir erwarten eine Kadenz die wie gewöhnlich zur Tonika zurückführt und hören statt dessen die Tonikaparallele als Schlußton.
    Damit dieser Effekt aber überhaupt funktioniert muß es beim Zuhörer wie beim Kompositeur eine innere Vorstellung davon geben, was „richtig“, was normal ist und was nicht.

    „Die nützen ihm aber nichts, wenn ihm Bewusstsein und Denken fehlt.“

    Dann bitte ich dich inständig, das den Herren und Damen Wissenschaftlern aus der Hirnforschung oder der Musikpädagogik zu erklären, die doch steif und fest behaupten, dass pränatales Erleben Auswirkungen noch weit ins Erwachsenenalter hat. Wenn du meinst, dich da besser auszukennen.
    Was das Kind in diesem Alter lernt, dafür braucht es noch keine größere Denkleistung. Das sind Dinge, die so grundlegend sind, dass sie für uns selbstverständlich sind.
    Zum Thema Rhythmus:
    1. Was für ein Wikipedia benutzt du denn?
    „In der Musik bezeichnet der Begriff Rhythmus (griechisch ῥυθμός) allgemein die zeitliche Struktur der Töne und speziell eine Folge von Dauern und Pausen. “
    Und genau das erlebt ein Kind: Eine Folge von Dauern und Pausen, die sich mal beschleunigen, mal verlangsamen, je nach Zustand der Mutter.
    Sie sind noch sehr einfach und immer gleich, aber genau so lernt man ja: durch Wiederholung.
    Ohne das Erleben dieser Schläge hätte das Kind keine Vorstellung von Regelmäßigkeit und Ordnung.
    Später lernt es seine Extremitäten so weit zu kontrollieren, dass es diesen Grundschlag zu einem Lied z.Bsp. mitklatschen oder stampfen kann.
    Wenn du da jetzt ankommst mit Walzer, schwerer Zeit und leichter Zeit hast du natürlich keine Chance.
    Ein Kind lernt bestimmte Fähigkeiten in einer festen Reihenfolge. Und am Anfang dieser Reihe steht im Fall des Rhythmus das Kennenlernen des Phänomens „Höreindruck/Pause/Höreindruck/Pause …“

    „Na klar geht das. Einfach nachdenken, üben, wiederholen – lernen halt.“

    Was ist lernen, üben? Und was ist schiefgelaufen, wenn du dir etwas nicht merken konntest?
    Eine Telefonnummer, eine Adresse? Etwas lernen bedeutet nichts anderes als sich einer Information aussetzen. Das Merken übernimmt das Gehirn (oder eben auch nicht).
    Wir lernen unentwegt, ob wir uns darüber klar sind oder nicht. Wir können die Umstände und den Gegenstand des Lernens beeinflussen (wir können z.Bsp. Bilder in einem Vortrag verwenden, damit die Leute sich bestimmte Zusammenhänge besser merken können XD) .

    „Dir schmeckt die Butterstulle …“

    Okay. Aber WOHER kommt diese Vorliebe? Was du beschreibst sind die Folgen eines Geschmacks. Aber was ist sein Ursprung. Das ist die entscheidende Frage.
    Übrigens fehlt jetzt am Ende was von deiner Antwort.

  49. Name
    6. Februar 2012, 15:40 | #49

    „weil mir die Diskutanten nicht passen“

    Das ist nicht der Vorwurf. Ich sags mal konstruktiv: Wenn du irgendetwas gliedern willst, dann schreib doch deinen eigenen Text oder biete ein neues Thema an. Das Rumfingern in ander Leut Debatten ist nicht nur ein „Risiko“ (jetzt fehlt halt was!), sondern ein vollkommen unnötiger Eingriff, der deine Zuordnung zu Schwerpunkten wiedergeben soll – sonst nichts.
    Beiträge sind also u.U. bloß Material für Neoprene-Collagen. Gut zu wissen.

  50. 6. Februar 2012, 15:56 | #50

    Ich sags mal konstruktiv, namenloser „Name“: Wenn du irgendwas besonders diskutieren willst, warum machst du dann nicht einfach einen eigenen Blog auf und schreibst deine eigenen Texte?
    Das Rumfingern an „meinen“ Themen lasse ich übrigens recht großzügig zu, wie dir ein auch nur kursorisches Überfliegen dieses Blogs leicht zeigen könnte.
    Warum ausgerechnet deine persönliche Vorstellung eines Diskussionsstranges die geltende sein muß und nicht die meine, wäre übrigens etwas, was du (und ich natürlich auch) noch begründen müßtest.
    Wofür dieser Blog gut ist und wofür nicht, sollte übrigens ebenfalls ein kurzes Überfliegen ergeben. Wem dieser Blog nicht paßt, kann, wie gesagt, gerne anderswo diskutieren (und so wie du auch hier kundtun, was ihm nicht paßt). Früher gab es da ja eine ganze Reihe von Blogs, die thematisch/programmatisch mehr oder weniger das Gleiche gebracht haben wie hier. Wo zum Teil dann Diskussionen nicht nur über Threads verstreut waren, sondern gleich über mehrere Blogs.

  51. Orpheus
    6. Februar 2012, 16:32 | #51

    @ Name:

    „Na dann stimme ich dir zu: Aus dir sprechen Tiere beim Wabenbau. Wenn‘s so ist, kann ich dir nicht mehr helfen, dann bist du halt nur zu diesen Urteilen fähig – aufgrund deiner Natur. Seltsam ist allerdings, dass du deine Abstraktionsfähigkeit auf dem Niveau einer Biene mit ganz harmoniefremden Argumenten stützen musst.

    Die Bienen sollten nur beweisen, dass auch bei uns unabhängig vom „Denken“ Wissen bzw. ein Instinkt vorhanden sein muss, der/das unbewusst in uns schlummert. Das Gefühl dafür, was „richtig“ und was „falsch“ WIRKT (ich sage bewusst nicht ‚ist‘ – sondern aussieht, sich anfühlt, anhört), kann nur aus einem Bereich unseres Bewusstseins kommen den wir nicht direkt kontrollieren können.

    Würde irgendwas von deinem Psychologismus zutreffen, gäbe es unsere Diskussion gar nicht. Es ist der Gipfel von Heuchelei, „der Menschheit“ (wer auch immer das sein soll) Harmonieträchtigkeit zuzuschreiben, an die man sich selbst nirgends hält! Orpheus, du bist selbst (zum Glück) ein Beispiel für die Widerlegung des Rassismus, „die Menschen“ seien wegen ihrer Natur harmoniegeil.

    Da der Kommentar diesbezüglich nicht mehr da ist, möchte ich hier auch nochmal ausdrücklich darauf hinweisen dass ich nicht von Harmonie als zwischenmenschliches miteinander-auskommen oder musikalische Form rede sondern vom Ursprung unserer Vorlieben, aus dem sich unser Begriff von Schönheit, Ordnung und Form ableitet. Er ist rückblickend nicht unbedingt der passendste Begriff, aber eigentlich hätte allein vom Kontext her klar sein müssen was ich damit meine.
    Aber du hast mich ja schon in eine Schublade gesteckt, wozu solltest du dich also noch ernsthaft mit dem befassen was ich tatsächlich schreibe.
    Ich kann dir auch nicht helfen, wenn du nicht einmal in der Lage bist zu verstehen worum es mir geht.
    Widerlege doch, dass Menschen hinsichtlich zahlreicher Aspekte des Lebens einen Geschmack, bestimmte Vorlieben haben. Kannst du das?
    Darauf läuft es nämlich letztlich hinaus.
    Ich habe inzwischen ein ums andere Beispiel gebracht, dass dieses Phänomen existiert, während du noch bis auf die immer selben immer gleich unzutreffenden Phrasen kein einziges echtes Gegenargument geliefert hast, kein Gegenbeispiel noch nicht einmal ein Beispiel, das widerlegt was ich in aller Ausführlichkeit beschrieben habe.

  52. Krim
    6. Februar 2012, 16:47 | #52

    „Es gibt also ein Schema, das sich mit der Zeit, auch im Kopf eines Musikschaffenden festsetzt.“ Diese Formen sind aber keine leeren Schemata, sondern Formen eines Typus von Idee. Diese Formen gibt es nicht einfach oder sind direkt dem menschlichen Harmoniebedürfnis entsprungen, sondern sie wurden entwickelt und weiterentwickelt in der Auseinandersetzung mit einer Idee. Egal wie du es drehst und wendest, ob eine Form abgekupfert, erlernt ist oder Hörgewohnheiten entspricht. Eine bestimmte Form ist immer Form eines Inhalts und keine leere Form/Schema/Regel.
    „Damit dieser Effekt aber überhaupt funktioniert muß es beim Zuhörer wie beim Kompositeur eine innere Vorstellung davon geben, was „richtig“, was normal ist und was nicht.“ Dass es Hörgewohnheiten gibt, habe ich auch nicht in Frage gestellt, und das es ein musikalisches Mittel ist mit diesen Hörgewohnheiten zu spielen auch nicht. Bestritten wurde, dass diese Hörgewohnheiten aufgeprägt werden oder einem natürlichen Harmoniebedürfnis entsprechen.
    „Das sind Dinge, die so grundlegend sind, dass sie für uns selbstverständlich sind.“ Wenn sie so grundlegend sind, dann sind sie auch nicht in der Lage Unterschiede, wie Dreivierteltakt oder Viervierteltakt hervorzubringen, das passiert eben dann später, wenn das Bewusstsein den Lernprozess steuert.
    „http://de.wikipedia.org/wiki/Rhythmus“ Diese Wikipedia benutze ich. Oder schau dir im Hauptartikel das Diagramm an. Da ist man erst mit E beim eigentlichen Rhytmus angelangt. Dem Grundpuls fehlen Takt, Metrum und Rhytmus. Du sagst aber ausgerechnet, die abstrakte Unterteilung der Zeit in Dauern und Pausen würden für die unterschiedlichen Rhythmen verantwortlich sein. Ausgerechnet das allerprimitivste könne man nur unbewusst im Mutterleib aufgeschnappt haben, statt beim Rattern eines Spielzeugautos oder sonstwo. Ausgerechnet das Gleichmaß, soll für die ganzen Rhythmusunterschiede verantwortlich sein.
    „Und was ist schiefgelaufen, wenn du dir etwas nicht merken konntest?“ Na wahrscheinlich wurde der Stoff nicht oft genug wiederholt, der Schüler war abgelenkt, uninteressiert , müde, hat eine schlechte Lernmethode – was weiß ich.
    “ Aber WOHER kommt diese Vorliebe?“ Ne Butterstulle hat nichts mit geistigem Genuss zu tun, deshalb würde ich das rauslassen. Es ging hier auch nicht um den Ursprung des Geschmacks, sondern es ging um Gewohnheiten und die sind keine Folge von Prägung oder Natur (von körperlichen Bedürfnissen rede ich hier nicht und selbst Essgewohnheiten sind nicht ausschließlich vom Hunger diktiert).
    „“Übrigens fehlt jetzt am Ende was von deiner Antwort.““ Nein, da ist was zuviel. Der Beitrag endet nach „von statten“. Das Anhängsel stammt aus dem drittletzten Absatz des gleichen Beitrags.

  53. Name
    6. Februar 2012, 16:52 | #53

    „Widerlege doch, dass Menschen hinsichtlich zahlreicher Aspekte des Lebens einen Geschmack, bestimmte Vorlieben haben. Kannst du das?“
    ICH soll Fakten widerlegen, weil DU die von deinem Harmoniebegriff nicht unterscheiden willst? Nö.
    Dass Leute Vorlieben haben, ist schon die Widerlegung, dass es eine allgemein-menschliche Harmonie gäbe, der sich geistlose („unbewusste“) Zuordnungen verdanken würden. Wem was gefällt, entscheidet nicht die Physis – dann hätten alle Blonden denselben Geschmack -, sondern die Benutzer des menschlichen Körpers.

  54. Orpheus
    6. Februar 2012, 18:04 | #54

    „Bestritten wurde, dass diese Hörgewohnheiten aufgeprägt werden oder einem natürlichen Harmoniebedürfnis entsprechen.“

    Dass Prägung und Lernen nicht sehr unterschiedlich sind habe ich dir bereits versucht klarzumachen.
    Aber selbst wenn deine These stimmen würde, dass man alle Hörgewohnheiten bewusst lernen würde (was Blödsinn ist) – von wem lernt man sie denn – und woher hat die Quelle sie gelernt? Was ist der URSPRUNG?
    Diese Hörgewohnheiten entsprechen nicht einem Bedürfnis, sie bedingen eines. Das Bedürfnis nämlich, dass das Gehörte diesen Gewohnheiten in einem gewissen Maß entspricht.

    „Wenn sie so grundlegend sind, dann sind sie auch nicht in der Lage Unterschiede, wie Dreivierteltakt oder Viervierteltakt hervorzubringen, das passiert eben dann später, wenn das Bewusstsein den Lernprozess steuert.“

    Ohne die Grundlagen könnte später gar nichts passieren.
    Und steuern tut den Lernprozess allerhöchstens der Lehrer.

    „Oder schau dir im Hauptartikel das Diagramm an. Da ist man erst mit E beim eigentlichen Rhytmus angelangt. Dem Grundpuls fehlen Takt, Metrum und Rhytmus. „

    Aber auch ein Rhythmus in der Musik muss eine regelmässige Anordnung von Schlägen sein, sonst ist es nur eine zufällige Abfolge.
    Wenn wir mit den planlos auf eine Djembe einschlagen kommt eben auch nichts heraus, was wir als Musik bezeichnen würden.

    „Ausgerechnet das Gleichmaß, soll für die ganzen Rhythmusunterschiede verantwortlich sein.“

    Nein. Für die Unterschiede sind letztlich die verschiedenen Prägungen im weiteren Leben verantwortlich. Aber ohne einen Puls gäbe es keinen Rhythmus. Und auch das kannst du aus der Grafik der Hauptseite zu Rhythmus (Musik) herauslesen. Und den muss man, wie alles auch erst einmal lernen.

    „Na wahrscheinlich wurde der Stoff nicht oft genug wiederholt, der Schüler war abgelenkt, uninteressiert , müde, hat eine schlechte Lernmethode – was weiß ich.“

    Aber wenn Lernen doch eine Entscheidung ist, warum entscheiden wir uns dann nicht einfach den Stoff gleich zu behalten?

    „Ne Butterstulle hat nichts mit geistigem Genuss zu tun, deshalb würde ich das rauslassen. Es ging hier auch nicht um den Ursprung des Geschmacks, sondern es ging um Gewohnheiten und die sind keine Folge von Prägung oder Natur (von körperlichen Bedürfnissen rede ich hier nicht und selbst Essgewohnheiten sind nicht ausschließlich vom Hunger diktiert).“

    Ich will es aber nicht rauslassen – Genuss ist Genuss, findet alles im Gehirn statt.
    Wo Gewohnheiten deiner Meinung nach NICHT herkommen, weiss ich nun. Eine Erklärung ist das trotzdem nicht, sondern ein Ausweichen.
    Kannst du die Frage nicht beantworten oder willst du es nicht? Dann sei wenigstens so ehrlich und gib es zu, anstatt hier um den heißen Brei herumzureden.

  55. Orpheus
    6. Februar 2012, 18:31 | #55

    @ Name

    „ICH soll Fakten widerlegen, weil DU die von deinem Harmoniebegriff nicht unterscheiden willst? Nö.“

    Also SIND es Fakten. Danke für die Bestätigung.
    Diesen Harmoniebegriff, von dem du faselst, habe ich nicht, den willst du mir nur permanent unterstellen.

    „Dass Leute Vorlieben haben, ist schon die Widerlegung, dass es eine allgemein-menschliche Harmonie gäbe, der sich geistlose („unbewusste“) Zuordnungen verdanken würden.“

    Von einer allgemein-menschlichen Harmonie habe ich nie geredet, aber das erkläre ich dir jetzt zum 100sten und letzten Mal.

    „Wem was gefällt, entscheidet nicht die Physis – dann hätten alle Blonden denselben Geschmack –,“

    Richtig. Die Gene haben damit nichts zu tun.

    “ sondern die Benutzer des menschlichen Körpers. „

    Falsch. Niemand entscheidet über seinen Geschmack. Der Geschmack ist das Resultat der Gesamtheit aller Erfahrungen die ein Individuum gesammelt hat. Äußere Faktoren, insbesondere die Mitmenschen, und von denen insbesondere das Elternhaus sind verantwortlich für den Geschmack und bestimmte Gewohnheiten.
    Z.Bsp.:
    In Japan ist ein ganz anderer Geschmack hinsichtlich der Nahrungsmittel verbreitet. Das lässt sich zwar auf Entscheidungen zurückführen die in weiter Vergangenheit aufgrund äußerer (geographischer) Notwendigkeiten getroffen wurden. Heute ist daraus eine Tradition (was nichts als eine überlieferte Gewohnheit ist) geworden. Wer also von Kindesbeinen mit Fischgerichten, Algen und Reis konfrontiert wurde, dem mag die deutsche Küche erstmal (ich will nicht ausschließen, dass sich das mit der Zeit ändern kann) nicht schmecken.
    Das liegt nun aber nicht daran, dass sich der japanische Tourist dazu entschlossen hat Bratwürste nicht zu mögen.
    Es ist eben keine rationale Entscheidung, sondern eine irrationale Präferenz.
    Gewohnheiten funktionieren nach dem selben Prinzip, auch wenn wir einige davon bewusster erleben als andere. Die Mimik, unsere Gangart sind normalerweise nichts, was wir bewusst steuern müssen – und klar, sie sind zum Teil bedingt durch unseren Körperbau, in diesem Rahmen schauen wir sie uns aber auch bei anderen ab (wiederum insbesondere bei unseren Eltern).

  56. Apple
    6. Februar 2012, 23:11 | #56

    @ Orpheus

    Aber wenn Lernen doch eine Entscheidung ist, warum entscheiden wir uns dann nicht einfach den Stoff gleich zu behalten?

    Und warum sollen wir uns dazu entscheiden? Ein Kind in der Schule hat oft was Wichtigeres im Kopf: Fußball, Computerspiele, Mitschüler mobben. Das Kind „entscheidet“ sich für etwas anderes.

  57. Orpheus
    6. Februar 2012, 23:39 | #57

    „Und warum sollen wir uns dazu entscheiden? Ein Kind in der Schule hat oft was Wichtigeres im Kopf: Fußball, Computerspiele, Mitschüler mobben. Das Kind „entscheidet“ sich für etwas anderes.“

    Auch beim Fußball, zocken und mobben lernt der Schüler etwas, auch wenn es nicht unbedingt Wissen im üblichen Sinne ist.
    Lernen geschieht ja ganz automatisch – was wir im Unterricht lernen soll(t)en ist (vielleicht zu recht) von zweitrangiger Bedeutung.

  58. Apple
    7. Februar 2012, 00:27 | #58

    Grade du müsstest ja erklären, warum das Kind dann im Unterricht nichts lernt, wenn das Lernen angeblich „automatisch“ geschieht.

  59. Krim
    7. Februar 2012, 02:30 | #59

    „Dass Prägung und Lernen nicht sehr unterschiedlich sind habe ich dir bereits versucht klarzumachen.“ Und ich habe versucht klarzumachen, dass das fundamentale Gegensätze sind, da das ein mit Bewusstsein und das andere ohne von statten geht. Interessiert dich aber überhaupt nicht weiter.
    „Was ist der URSPRUNG?“ Der Ursprung sind Komponisten und Musiker, die das Nachdenken und Produzieren von Musik zu ihrem Handwerk gemacht haben und die ihr Leben lang nichts anderes machen. Der Ursprung sind keine Gene und keine Herzschläge von Müttern oder Neugeborenen und keine natürlichen Harmoniebedürfnisse.
    „Das Bedürfnis nämlich, dass das Gehörte diesen Gewohnheiten in einem gewissen Maß entspricht.“ Also weißt du, wenn du immer bloß den selben Scheiß wiederholst kann man das auch lassen. Bei dir sind Gewohnheiten immer noch das selbe wie Prägung, obwohl man sich bewusst aussucht, was man zur Gewohnheit macht. Dem ist man nicht ausgeliefert.
    „Ohne die Grundlagen könnte später gar nichts passieren.“ Also ehrlich. Das ist hochgradiger Mumpitz, sich hinzustellen und zu behaupten ohne ein TOK, TOk, TOk… im Mutterleib, wäre man später nicht zu TOK, TOK, TOk… in der Lage. Ausgerechnet als unfertiger Mensch, als Embryo, soll man das lernen können, aber später mit den geistigen Kräften eines fertigen Menschen, soll das nicht mehr gehen.
    „Aber ohne einen Puls gäbe es keinen Rhythmus.“ Und ohne Zeit gäbe es auch keinen Rhytmus und ohne Takt auch nicht usw. Also ist es eine Bedingung, aber halt kein Grund.
    „Aber wenn Lernen doch eine Entscheidung ist, warum entscheiden wir uns dann nicht einfach den Stoff gleich zu behalten?“ Das tun wird doch. Nur müssen wir halt auch was dafür tun, um dieses Vorhaben zu verwirklichen. Die wirkliche Welt funktioniert halt anders als es in der Bibel geschrieben steht: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.“ Wenn du ins Kino willst, dann steht am Anfang die Entscheidung. Zur Verwirklichung dieser Entscheidung musst du aber auch was Tun (Film aussuchen, Kino aussuchen, rechtzeitig das Haus verlassen, zum Kino gehen, eine Karte kaufen usw.).
    „Genuss ist Genuss, findet alles im Gehirn statt.“ Und weil alles im Gehirn stattfindet ist sowieso alles eine Soße oder was? Warum diskutierst du eigentlich? Es findet doch sowieso alles im Gehirn statt, wieso also Unterscheidungen treffen.
    „Kannst du die Frage nicht beantworten oder willst du es nicht?“ Wenn du ein bißchen mehr um den Inhalt des Satzes bemüht hättest, bräuchtest du nicht so dämlich bis unverschämt nachfragen. Es stand doch schon eindeutig da, dass ich auf deine Frage nicht eingehen will, weil damit zwei verschiedene Gegenstände durcheinander diskutiert werden, nämlich geistige und körperliche Genüsse. Das soll man auseinanderhalten und nicht so tun als können man den Begriff eines Mozartkonzertes von einer Butterstulle ableiten.

  60. Orpheus
    7. Februar 2012, 13:12 | #60

    „Grade du müsstest ja erklären, warum das Kind dann im Unterricht nichts lernt, wenn das Lernen angeblich „automatisch“ geschieht. “
    Jetzt verstehe ich. Ich formuliere um: Das Kind lernt auch im Unterricht alles mögliche, aber vielleicht nicht das, was der Lehrer vermitteln möchte.
    Vielleicht „lernt“ es stattdessen, dass Erdkunde langweilig ist, dass die Klassenkameraden und Lehrer ihn nicht ernstnehmen o.ä.
    Es gibt ja kein Unterrichtsfach „Demütigung“, „Unterwerfung“ und trotzdem ist es DIE Lektion die auf die eine oder andere Weise viele Schüler noch Jahre mit sich herumschleppen. DAS haben sie dann gelernt, ganz ohne bewusstes Pauken.

  61. 7. Februar 2012, 13:28 | #61

    Orpheus, deine inflationäre Benutzung des Begriffs „Lernen“ trägt nur zur Verschlimmerung bei. Daß sich jeder Mensch, also z.B. auch ein Schüler die ganze Zeit irgendwas denkt, das ist nicht zu bestreiten. Was man sich aufgrund der Erfahrungen, Sinneseindrücke, Erlebnisse für einen Reim auf seine Welt macht, ist nun mit Lernen schlecht beschrieben. Zum Teil ist da echtes Lernen dabei, man kriegt mit, wie irgendwas objektiv beschaffen ist, man kann als Schüler endlich addieren oder lernt auch nur, Großbuchstaben zu schreiben. Zum Teil „lernt“ ein Mensch, welches Verhalten er an den Tag legen muß, um irgendwelche Ziele zu erreichen. Kleine Kinder „lernen“ da häufig, daß man seine Erziehungspersonen nur etwas massiver nerven muß, um die Sachen zu kriegen oder machen zu dürfen, auf die man gerade Bock hat. Später „lernt“ der Erwachsene, daß einem die Ausländer die Arbeitsplätze wegnehmen. Behauptet also, daß irgendeine bestimmte Tatsachenfeststellung genau den Grund habe, den er ihr unterschiebt.
    Es taugt nichts, alle diese unterschiedlichen Geistes“leistungen“, Fehler oder Blödheiten unter dem einen Begriff des Lernens zu behandeln. Das wird den einzelnen Sachen einfach nicht gerecht.

  62. Krim
    7. Februar 2012, 14:01 | #62

    @Neo: Stimmt ja, dass es falsch ist, alles was der Mensch sich so (für einen Blödsinn) zusammendenkt und den Begriff „lernen“ zu subsumieren. Orpheus will aber was anderes sagen: „DAS haben sie dann gelernt, ganz ohne bewusstes Pauken.“ Orpheus denkt, dass der ganze Müll den sich die Leute denken unbewusst abläuft. Deshalb schmeißt er auch alles in einen Topf. Orpheus will sagen: ohne dass der Mensch irgendwas bewusst lernen will, hat er dann schließlich allerlei Dinge gelernt, folglich wird er geprägt und kann dagegen gar nichts machen. Weil der Mensch so eine Art Apparat ist, kann man ihn auch nicht ausschließlich mit Argumenten ansprechen, sondern muss auch die ganzen eingebildeten Prägungen berücksichtigen. Für ihn ist alles Prägung, Gewohnheit genauso wie urnatürliche Harmoniebedürfnisse – alles unbewusste Festlegungen, die ohne Willen des Subjekts stattfinden – für die er also auch nichts kann – und die man als Außenstehender auch nicht ändern kann. Ich finde diese seine Ansicht kam jetzt sehr klar zum Ausdruck und offenbar will er sich davon auch nicht abbringen lassen. – Schade

  63. Orpheus
    7. Februar 2012, 14:03 | #63

    „„Dass Prägung und Lernen nicht sehr unterschiedlich sind habe ich dir bereits versucht klarzumachen.“ Und ich habe versucht klarzumachen, dass das fundamentale Gegensätze sind, da das ein mit Bewusstsein und das andere ohne von statten geht. Interessiert dich aber überhaupt nicht weiter.“

    NEIN! Was du gemacht hast ist nicht KLARMACHEN, was du gemacht hast ist BEHAUPTEN. Ohne jegliche Untermauerung. Erklären tut eine Behauptung gar nichts.
    Prägung / DEFINITION:
    Das Herausbilden von bestimmten Eigenschaften in einer Person, durch äußere Einflüsse. (Bei Wikipedia steht sogar ausdrücklich „FORM DES LERNENS“. Dort wird auch von einer sensiblen Phase geredet, eine Theorie, die ich für fehlerhaft halte, da man auch noch als Erwachsener von emotional starken Ereignissen geprägt werden kann.)
    Prägung / BEISPIEL:
    PRÄGUNG: S. wächst in einer katholischen Familie auf. Jeden Sonntag geht man in die Kirche. Von ihrer Umgebung wird ihr eingeredet, dass jeder Mensch ein Sünder ist. Am Anfang stellt sie darüber Fragen, die harsch zurückgewiesen werden, bis sie damit aufhört und den Umstand akzeptiert, dass auch sie ein schlechtes Wesen hat.
    FOLGE: Als erwachsener Mensch stellt sie fest, dass sie Homosexuell ist. Da das nach der Überzeugung ihrer Eltern usw. eine Sünde ist, fühlt sie sich konstant schuldig, obwohl sie vielleicht gar nicht mehr in der Kirche ist. Doch dieses Gefühl sitzt so tief dass sie sich nicht dagegen verwehren kann.
    Lernen / DEFINITION:
    Die Entstehung von Wissen und Fertigkeiten in einem Individuum durch Erfahrungen, seien diese beiläufig wahrgenommen oder bewusst.
    Lernen / BEISPIEL 1:
    P. ist in eine neue Stadt gezogen. Anfangs findet er sich noch nicht so gut zurecht, nach drei Jahren findet er sich aber in der Stadt sehr gut zurecht und kann Touristen genau beschreiben wo sich bestimmte Sehenswürdigkeiten befinden.
    Er hat sich nie einen Stadtplan angesehen, er hat sich nie in einen Unterricht gesetzt. Alles was er tat war, durch die Stadt zu verschiedenen Terminen und Verabredungen zu laufen.
    Lernen / BEISPIEL 2:
    R. sitzt in der Schule. Ein Lehrer bringt ihm bei, wie man auf Französisch einen Kaffee bestellt. Dazu setzt er sich mit einem Partner zusammen und wiederholt das Szenario bis es „sitzt“. Peter und sein Partner wiederholen es einmal fehlerfrei, dann wenden sie sich einer privaten Unterhaltung (auf Deutsch) zu.
    Später: Zum Abitur soll R. dieses Wissen schriftlich zu Papier bringen. Da diese Übung allerdings ein Weilchen zurückliegt, und er die Phrasen nicht mehr wiederholt hat, kann er sich nicht mehr erinnern.
    noch später: R wohnt inzwischen überraschenderweise mit seiner Frau in Frankreich. Anfangs überliess er das Bestellen von Kaffee seiner französischen Frau, doch nachdem er einmal gezwungen war alleine einen Kaffee zu bestellen (er war seit seiner Französisch 5 im Abitur der Überzeugung dass er ein Fremdsprachenidiot und Französisch überhaupt zu schwer für ihn sei) und erfolgreich den Satz zustandebrachte wiederholte er den Satz wieder und wieder. Nun beherrscht er ihn.
    FAZIT:
    Die Gemeinsamkeit ist also, dass sich durch äußere Eindrücke im Individuum etwas verändert, etwas neues hinzukommt. Dass wir „Lernen“ meistens nur mit Schule, Studium und Büffeln assoziieren, liegt mehr an unseren persönlichen Erfahrungen damit. Tatsächlich ist es viel mehr als das. (Es ist eben ein Unterschied, wie man ein Wort benutzt und was es bedeutet). Prägung ist nichts als eine inzidentelle Form des Lernens.
    Das Wissen in uns, das daraus resultiert, ist auch nur teilweise abrufbar. Bei Prägung hilft oft nur eine Psychoanalyse um sie ans Licht zu bringen. Manches Wissen können wir problemlos in Sekundenbruchteilen aufrufen, anderes benötigt vielleicht einige Minuten des „Nachkramens“ im Gehirn.
    Das ist klarmachen.

  64. Krim
    7. Februar 2012, 14:18 | #64

    „Am Anfang stellt sie darüber Fragen, die harsch zurückgewiesen werden, bis sie damit aufhört und den Umstand akzeptiert, dass auch sie ein schlechtes Wesen hat.“ Und das soll ohne ihr Bewusstsein ablaufen?? Du sagst doch selbst, dass sie ihre Schlechtigkeit akzeptiert, also bewusst annimmt, bewusst die religiösen Masstäbe über ihre Sexualität stellt.
    „Er hat sich nie einen Stadtplan angesehen, er hat sich nie in einen Unterricht gesetzt. Alles was er tat war, durch die Stadt zu verschiedenen Terminen und Verabredungen zu laufen.“ Ah ja und wie hat er das hingekriegt ohne bewusst einen Stadtplan zu benutzen, ohne Leute bewusst nach dem Weg zu fragen, ohne bewusst Straßenschilder zu lesen, ohne sich bewusst mit einem Kompass oder an Landmarken, Gebäuden zu orientieren?

  65. Krim
    7. Februar 2012, 14:26 | #65

    Prägung, Begriff aus der Verhaltensphysiologie und der Entwicklungspsychologie, bezeichnet kurze Phasen, in denen bestimmte Inhalte aufgrund eines biologischen Programms besonders leicht gelernt werden. Der Begriff „Prägung“ stammt von Konrad Lorenz (1903-1989), der beobachtete, dass Gänse- und Entenküken in einer kurzen Zeitspanne nach der Geburt das erste sich bewegende Objekt als ihre Mutter akzeptieren und ihm folgen. „Prägung.“ Microsoft® Encarta® Enzyklopädie 2001. © 1993-2000 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

    „Prägung nennt man in der Verhaltensbiologie eine irreversible Form des Lernens: Während eines meist relativ kurzen, genetisch festgelegten Zeitabschnitts (sensible Phase) werden Reize der Umwelt derart dauerhaft ins Verhaltensrepertoir aufgenommen, dass sie später wie angeboren erscheinen. Im Rahmen der Instinkttheorie wird das Phänomen Prägung gedeutet als die Aneignung eines Schlüsselreizes durch Lernen.“ Wikipedia

    Wir sind hier im Bereich der Verhaltensbiologie, also bei Tieren.

  66. Orpheus
    7. Februar 2012, 14:32 | #66

    Krim, auch du bist ein Tier. 😉

  67. Orpheus
    7. Februar 2012, 14:33 | #67

    Also ehrlich. Das ist hochgradiger Mumpitz, sich hinzustellen und zu behaupten ohne ein TOK, TOk, TOk… im Mutterleib, wäre man später nicht zu TOK, TOK, TOk… in der Lage. Ausgerechnet als unfertiger Mensch, als Embryo, soll man das lernen können, aber später mit den geistigen Kräften eines fertigen Menschen, soll das nicht mehr gehen.
    Das ist so eine einfache Tatsache, dass sie eigentlich keine Rechtfertigung benötigen sollte.
    Ohne ein Gespür für einen Grundschlag können wir doch gar keinen Rhythmus verstehen, geschweige denn herstellen. Den Grundschlag brauchen wir um einen Takt zu definieren (Nenn es von mir aus Bedingung), auf dem wiederum bauen die betonungen auf, diese wiederum sind der Teppich für den Rhythmus des Musikstücks.
    Als „fertiger“ Mensch muss man das ja nicht mehr lernen. Himmel, rede ich Chinesisch?
    Mit diesem Wissen kommen wir jedenfalls auf die Welt. Und das ist mein Punkt: dass wir Muster im Kopf haben schon von den frühesten Lebensmomenten an, auch wenn sie noch sehr elementar sind.
    „Wenn du ein bißchen mehr um den Inhalt des Satzes bemüht hättest, bräuchtest du nicht so dämlich bis unverschämt nachfragen. Es stand doch schon eindeutig da, dass ich auf deine Frage nicht eingehen will, weil damit zwei verschiedene Gegenstände durcheinander diskutiert werden, nämlich geistige und körperliche Genüsse. Das soll man auseinanderhalten und nicht so tun als können man den Begriff eines Mozartkonzertes von einer Butterstulle ableiten. “
    Von mir aus können wir sogar zwischen körperlichen und geistigen Genüssen unterscheiden, obwohl ich auch hier gar keinen so großen Unterschied sehe. Für meinen Punkt macht das keinen Unterschied. Ob wir Musik als schön oder kunstvoll bezeichnen oder ein Nahrungsmittel als schmackhaft – der Grund dafür ist derselbe: Prägung bzw. Gewohnheit (anscheinend besteht der Unterschied hauptsächlich darin, dass Prägung irreversibel ist – also ist hier Gewohnheit möglicherweise zutreffender).
    Wie kann man denn nur ernsthaft behaupten, jemand könne sich einfach entscheiden etwas zu mögen oder zu verabscheuen?
    Euer Glaube an die ratio nimmt teilweise alberne Formen an.

  68. 7. Februar 2012, 14:44 | #68

    Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, daß ausgerechnet Verfechter der Auffassungen, daß beim Menschen alles, oder wenigstens eine ganze Menge, ohne sein bewußtes Zutun ablaufen würde, argumentativ ganz tief in ihre Kisten greifen, um dem ja nicht sonderlich geneigten ungläubigen Publikum ihre Erkenntnisse so darzubieten, daß sie das auch „lernen“.
    Auch Orpheus gibt sich hier alle Mühe, den Einfluß des klugen Kopfes des Menschen darauf, wie sich in genau selbigen nach Erfahrungen (er sagt durch, das ist schon ein gewaltiger Unterschied) „etwas neues“ ergibt, zu minimieren.
    Er fängt deshalb auch da an, wo er den Stuß von wikipedia eins zu ein weiter gibt:
    „Das Herausbilden von bestimmten Eigenschaften in einer Person, durch äußere Einflüsse.“ Selbst Orpheus (und die wikipedia-Eintragschreiber natürlich auch) weiß, daß unter genau den gleichen „äußeren Einflüssen“ die ihnen ausgesetzten Menschen alles andere als das Gleiche „lernen“. Es kommt, wie sonst auch immer, darauf an, was sich der Einzelne dazu denkt, was ihm widerfahren ist. Und das ist recht frei in mancherlei Richtungen möglich. Aufjeden Fall nicht die Bohne dadurch determiniert, was es für die Menschen vorher an äußeren Eindrücken gegeben hat.
    Auch sein nächstes Beispiel taugt nicht, die „Prägung“:
    Ja, manche Menschen bleiben ihr ganzes Leben bescheuert obwohl sie daran auch leiden. Z.B. religiös, z.B. Nationalisten. Und andere, einige von denen posten z.B. hier rum, waren auch mal religiös oder Jusos oder werweißwas. Und haben sich dann entschieden, das Fallen zu lassen, weil es blöd ist.
    Auch seine nächste Definition von Lernen ist falsch:
    „Die Entstehung von Wissen und Fertigkeiten in einem Individuum durch Erfahrungen, seien diese beiläufig wahrgenommen oder bewusst.“
    Denn, habe ich ja schon gesagt, die „Erfahrungen“ geben per se überhaupt kein Wissen her. Jemand kann zweimal durch die Hölle eines imperialistischen Krieges gegangen sein wie viele deutsche Männer, und, haben die in ihrer großen Mehrheit da irgendwas Vernünftiges draus gelernt? Davon hätte man gehört und gelesen.
    Daß Faktenlernen, z.B. Straßennamen, örtliche Lagen in seinem Beispiel nicht nur gepaukt werden müssen (wie das z.B. ein Taxifahrer für den Schein meist intensiv machen muß), nicht immer organisiert, geplant abläuft, ist ja schon richtig, aber das ist ja auch Lernen auf dem untersten Niveau. „Wissen“, wo jemand wohnt, wie er oder sie heißt, wie weit es zum Bahnhof ist. Da muß man in der Tat nicht viele Gedanken drauf verschwenden, das geht meistens auch so. Schon bei der Entscheidung für die zeitlich optimale Bewegung in seiner Stadt erfordert aber erheblich mehr als pures Faktenanhäufen im Gedächtnis. Sowas können übrigens schon klügere Säugetiere http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,811138,00.html
    Und das man einmal erlerntes Wissen nicht für ewig in der Hand hat, soll irgendwas des Lernens erhellen? Ja, Menschen können sich nicht nur anders entscheiden als früher sondern leider vergessen sie auch ne ganze Menge selbst von wirklichen nützlichem Wissen (selbst von all dem anderen Scheiß, was man sich so aneignet.)

  69. Orpheus
    7. Februar 2012, 14:49 | #69

    @Krim:
    „Weil der Mensch so eine Art Apparat ist, kann man ihn auch nicht ausschließlich mit Argumenten ansprechen, sondern muss auch die ganzen eingebildeten Prägungen berücksichtigen. “
    Wenn man es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat Leuten den ganzen Blödsinn auszureden, den sie sich in der Demokratie so angeeignet haben muss man sich darüber im klaren sein, dass man nicht nur gegen ihre Vernunft angeht sondern gegen ihr ganzes Wesen.
    Nur so kann man es doch erklären, dass selbst die vernünftigsten Argumente teilweise auf taube Ohren stoßen.
    Da macht man den Leuten klar, dass die Gesellschaftsordnung gar nicht in ihrem Interesse abläuft und TROTZDEM trauen sie sich und vor allem anderen keine Alternative zu.
    Diese Reaktion ist natürlich unvernünftig, aber das ist es eben: Der Gesprächspartner ist mehr als eine „Logik/Vernunft-Maschine“. Veränderung, das Verlassen von gewohnten Pfaden spricht gegen sein Bedürfnis nach Sicherheit, die Sehnsucht nach dem Vertrauten.
    Das ist für uns natürlich ein Hindernis. Man kann es einfach wegleugnen oder man kann sich überlegen wie man es umgeht.

  70. 7. Februar 2012, 14:57 | #70

    Ach ja, das berühmt/berüchtigte menschliche „Wesen“. Wenn man jemand nicht hat überzeugen können, dann muß es wohl an dessen „Wesen“ gelegen haben. Und umgekehrt umgekehrt. Da haben wir jetzt richtig was gelernt.
    „Da macht man den Leuten klar, dass die Gesellschaftsordnung gar nicht in ihrem Interesse abläuft und TROTZDEM trauen sie sich und vor allem anderen keine Alternative zu.“
    Das ist leider die Krux bei fast allen Linken, daß sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen, daß ihre Adressaten eben *nicht* die gleichen Interessen wie sie haben und genau deshalb auch aus „gutem Grund“ bei dem bleiben, was sie so treiben.
    Dann muß der fassungslose Kritiker zu solchen Allgemeinplätzchen greifen wie „Bedürfnis nach Sicherheit, die Sehnsucht nach dem Vertrauten“. Als wenn ausgerechnet „Sicherheit“ in diesem System im Angebot wäre und die Kommunisten daran scheitern würden, daß die Leute nicht wissen, was die so wollen und deshalb „fremdeln“.

  71. Orpheus
    7. Februar 2012, 15:15 | #71

    @ Neoprene:
    Erstmal gebe ich nicht wikipedia wieder. Ich bin zu diesen Schlüssen einfach durch unvoreingenommenes, logisches Nachdenken gekommen. Kann ich nur empfehlen.

    „Es kommt, wie sonst auch immer, darauf an, was sich der Einzelne dazu denkt, was ihm widerfahren ist. „

    Es ist unmöglich alles rational zu reflektieren, was uns so an Erfahrungen entgegenströmt (zumal man in einem gewissen Alter dazu gar nicht in der Lage ist). Jede einzelne Sinneswahrnehmung ist eine Erfahrung. Willst du ernsthaft behaupten, dass du jedesmal nachdenkst, wenn du Holz berührst oder ein Auto hörst? Trotzdem „weisst“ du wie sich in Holztisch im Gegensatz zu einem aus Kunststoff anfühlt.

    „Und haben sich dann entschieden, das Fallen zu lassen, weil es blöd ist.“

    Aber um seine blöden Angewohnheiten abzustreifen muss man sich erstmal bewusst machen, dass man welche hat. Spricht auch für meinen Standpunkt.

    „Denn, habe ich ja schon gesagt, die „Erfahrungen“ geben per se überhaupt kein Wissen her. Jemand kann zweimal durch die Hölle eines imperialistischen Krieges gegangen sein wie viele deutsche Männer, und, haben die in ihrer großen Mehrheit da irgendwas Vernünftiges draus gelernt? Davon hätte man gehört und gelesen.“

    Ach, und dass der deutsche Soldat nicht zum Kommunisten wurde ist der Beweis … wofür?
    Meine Definition von Lernen ist nicht falsch – sie entspricht nur nicht deiner, sehr beschränkten Auffassung davon. Und nur weil die deutschen Männer ihre Erfahrungen nicht so interpretieren, rationalisieren, wie du möchtest dass sie es tun, heisst das nicht dass sie nichts gelernt hätten.

    „aber das ist ja auch Lernen auf dem untersten Niveau. „

    Das ist deine persönliche Bewertung. Aber ich würde mit dir wetten, dass diese Art von Lernen – sowohl was die Masse an resultierenden Wissen und zeitlicher Dauer – gegenüber deinem „Lernen auf höchstem Niveau“ einen weitaus größeren Stellenwert einnimmt.
    Der Rest dieses Abschnitts, inklusive des Links, beweist gar nichts und widerspricht auch in keinster Weise meinem Standpunkt.

    „Und das man einmal erlerntes Wissen nicht für ewig in der Hand hat, soll irgendwas des Lernens erhellen?“

    Das soll erhellen, dass wir trotz eures so unfehlbaren Bewusstseins, keine volle Kontrolle darüber haben, was wir lernen, bzw. was dauerhaft gespeichert bleibt.

  72. Orpheus
    7. Februar 2012, 15:40 | #72

    „Ach ja, das berühmt/berüchtigte menschliche „Wesen“. Wenn man jemand nicht hat überzeugen können, dann muß es wohl an dessen „Wesen“ gelegen haben. Und umgekehrt umgekehrt. Da haben wir jetzt richtig was gelernt.“

    Nein, wenn man jemanden nicht überzeugen konnte liegt das daran, dass man ihn nicht verstanden hat. Bzw. dass er dich nicht verstanden hat. Dann gilt es die Hindernisse zum gegenseitigen Verständnis ausfindig zu machen und zu umgehen.

    „Das ist leider die Krux bei fast allen Linken, daß sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen, daß ihre Adressaten eben *nicht* die gleichen Interessen wie sie haben und genau deshalb auch aus „gutem Grund“ bei dem bleiben, was sie so treiben.“

    Weshalb schreibst du „gutem Grund“ in Anführungszeichen?

    „Dann muß der fassungslose Kritiker zu solchen Allgemeinplätzchen greifen wie „Bedürfnis nach Sicherheit, die Sehnsucht nach dem Vertrauten“.
    Als wenn ausgerechnet „Sicherheit“ in diesem System im Angebot wäre und die Kommunisten daran scheitern würden, daß die Leute nicht wissen, was die so wollen und deshalb „fremdeln“.“


    „Auf der anderen Seite hat Kritik immer die Härte, dass sie sich mit dem Willen – also nicht bloß mit einem Irrtum – anlegt. Wie leicht hätten wir es, wenn wir es bloß mit Irrtümern zu tun hätten? Wenn also die Leute, mit denen man spricht, den Stand­punkt hät­ten: Ja, wie ist es denn richtig, wie geht es denn wirklich zu? Dann hätten wir es ganz leicht. Weil, letzten Endes behauptet es ja gar niemand, dass es wunder anders wäre, als ich es zum Beispiel sage.
    Aber darauf trifft man nicht. Man trifft gleich darauf, dass jeder kritische Gedanke als Angriff auf die Lebensführung verstanden wird. Und das ist er ja auch. Und dann wird die Lebensführung verteidigt.“
    USW
    „Bedürfnis nach Sicherheit, die Sehnsucht nach dem Vertrauten“
    (Ich würde nie behaupten, dass es diese Sicherheit wirklich gibt)
    Ich habe nur versucht zu erklären (und da bin ich gar nicht sicher ob ich da richtig liege mit diesen Zwei Erklärungsversuchen) wie es kommt, dass man trotz allen Argumentierens Leute oft nicht dazu bewegen kann etwas auch nur ändern zu WOLLEN.
    Ich suche nur nach einem GRUND für den „Willen zurechtkommen zu wollen“.
    Denn darauf wurde im Vortrag des Ex-Posts eben nicht eingegangen.
    Ohne ein Verständnis davon sind wir aber, wie Peter Decker es ausdrückt, ohnmächtig.
    Und was ist „Lebensführung“ als eine Zusammenfassung der Gewohnheiten eines Individuums?

  73. Orpheus
    7. Februar 2012, 16:16 | #73

    Noch eine Anmerkung zum Thema „Lernen“:
    Ironischerweise spricht aus eurem Protest zu meinem Lernbegriff der Bildungsbürger aus euch.
    Wie hier schon festgestellt wurde, können ja auch Tiere lernen, ganz ohne „Denken“, ohne zu reflektieren.
    Nur weil wir geistig so weit entwickelt sind, dass wir (zumindest ab einem gewissen Alter) unser Denken steuern können bedeutet das lange nicht, dass wir das auch unentwegt tun.
    Wären alle unsere Denkprozesse von uns selbst gesteuert gäbe es keinen Instinkt, keinen Geschmack, keinen Sexualtrieb, keinen Hunger und keine Träume. Es gäbe auch keine Fantasie, keine Kreativität usw.
    Die gewagte These, die ihr da vertretet könnt ihr ja offensichtlich nicht einmal durch Beispiele belegen.
    Meine Beispiele mögen vielleicht nicht gut formuliert, schlecht gewählt sein. Aber zumindest kann ich mit welchen aufwarten.

  74. 7. Februar 2012, 16:22 | #74

    Ja, auch hier wurde schon festgestellt, „können ja auch Tiere lernen“. Die Verlängerung „ganz ohne „Denken“,ohne zu reflektieren“ ist aber genuin Orpheus. Jedenfalls nicht von mir, der ich sowas glatt bestreiten würde, bzw. schon manches mal bestritten habe.

  75. Krim
    7. Februar 2012, 16:32 | #75

    „Himmel, rede ich Chinesisch?“ Nein, du redest dummes Zeug. „Mit diesem Wissen kommen wir jedenfalls auf die Welt.“ Das ist reine Erfindung. „Den Grundschlag brauchen wir um einen Takt zu definieren.“ Nein, um einen Takt zu definieren muss man den Grundschlag gruppieren.
    „Für meinen Punkt macht das keinen Unterschied.“ Ja eben, das ist ja der Fehler, dass du keine Unterschiede machst. Da erklärt man dir, warum es sich um zwei Gegenstände handelt und was sagst du: Ist mir egal, für mich macht das keinen Unterschied. – Ja dann. Wenn dir Argumente eh am Arsch vorbeigehen, brauch ich dir auch keine mehr sagen.
    „Wie kann man denn nur ernsthaft behaupten, jemand könne sich einfach entscheiden etwas zu mögen oder zu verabscheuen?“ Gehe zurück auf Los, und ziehe keine 4000 Euro ein. Das wurde alles schon erläutert, einfach weiter oben nochmal nachlesen.

  76. Orpheus
    7. Februar 2012, 16:54 | #76

    @ Krim:
    Bravo, ich schreibe hier also Zeile um Zeile, wiederhole gerne alles mehrfach und dir ist es das nicht einmal wert eine ernsthafte Antwort jenseits von so großartigen, hilfreichen Äußerungen wie „dummes Zeug“ zu geben?
    Was du für reine Erfindung hältst ist bewiesene, wissenschaftlich längst anerkannte Tatsache. Das nennt man dann Ignoranz.
    Denk dir die Welt einfach wie sie dir gefällt. Da unterscheidest du dich nicht wesentlich von den Bibelfuzzis.
    „Nein, um einen Takt zu definieren muss man den Grundschlag gruppieren. “
    Wortklauberei ist wohl eine Taktik, wenn man um wirkliche Argumente verlegen ist.
    „Ja eben, das ist ja der Fehler, dass du keine Unterschiede machst. Da erklärt man dir, warum es sich um zwei Gegenstände handelt[…]“ Ja, was nervt es mich erst wenn hier jemand wie du einen Gegenstand für erledigt erklärt, obwohl ich im vorigen Post ausführlich dargelegt habe exakt warum deine Einwände nicht treffen.
    Vielleicht weisst du einfach nicht wie man argumentiert.
    Einfach den Punkt des Gesprächspartners mit „Falsch“ zu betiteln reicht jedenfalls nicht aus.
    „Gehe zurück auf Los, und ziehe keine 4000 Euro ein. Das wurde alles schon erläutert, einfach weiter oben nochmal nachlesen. “
    Dann musst du es eben so formulieren, dass ich es verstehe.
    Wenn dir das schon zuviel ist …

  77. Krim
    7. Februar 2012, 18:19 | #77

    „Erstmal gebe ich nicht wikipedia wieder. Ich bin zu diesen Schlüssen einfach durch unvoreingenommenes, logisches Nachdenken gekommen.“ – „Was du für reine Erfindung hältst ist bewiesene, wissenschaftlich längst anerkannte Tatsache.“ Immer grad so wie dir’s paßt. Wenn man dir nachweist, dass dein logisches Denken, nicht logisch ist. Dann sind plötzlich alles wissenschaftlich anerkannte Tatsachen. So kann man halt nicht diskutieren. Ich jedenfalls habe die Schnauze voll von dieser Tour.
    „Wortklauberei ist wohl eine Taktik, wenn man um wirkliche Argumente verlegen ist.“ Schieb es nicht auf mich, wenn du die Unterschiede, die ich dir zu vermitteln versuche, nicht verstehen willst. Dann lass es halt.
    „…obwohl ich im vorigen Post ausführlich dargelegt habe exakt warum deine Einwände nicht treffen.“ Und diese „Einwände“ wiederholen einfach immer den gleichen Scheiß, den ich schon zigmal angriffen habe.

    …obwohl ich auch hier gar keinen so großen Unterschied sehe. „Für meinen Punkt macht das keinen Unterschied. Ob wir Musik als schön oder kunstvoll bezeichnen oder ein Nahrungsmittel als schmackhaft – der Grund dafür ist derselbe: Prägung bzw. Gewohnheit“

    Der Mensch ist weder ein geprägtes Tier noch ist er ein Sklave seiner Gewohnheiten. Für seine Gewohnheiten hat er Gründe, die der Kritik zugänglich sind. Und das wurde jetzt schon tausendmal von zig verschiedenen Seiten ausgeführt. Schert dich aber alles ein Feuchten. Dann kann ich halt auch nichts machen und die Diskussion ist damit an ihrem Ende angelangt.

  78. Orpheus
    7. Februar 2012, 19:24 | #78

    Krim:
    Du wirfst mir vor, dass ich mich drehe wie es mir gerade passt.
    Ich habe daher soeben die komplette Diskussion erneut gelesen.
    Ich gebe zu dass ich teilweise widersprüchliche Aussagen gemacht habe. Dies liegt schlicht daran, dass ich selbst während dieser Diskussion noch nachdenke und lerne. Deswegen betreibe ich ja das ganze.
    Ich bin nicht immer so detailliert auf jede deiner Gegenargumente eingegangen, wie ich es hätte tun sollen. Und wir hatten mehr Mißverständnisse als ich dachte.
    Deshalb bitte ich dich darum, noch einen (kommenden) letzten Beitrag zu lesen und zu beantworten. Danach kannst du immer noch entscheiden ob die Diskussion für dich beendet ist.

  79. Name
    7. Februar 2012, 20:05 | #79

    „S. wächst in einer katholischen Familie auf. Jeden Sonntag geht man in die Kirche. Von ihrer Umgebung wird ihr eingeredet, dass jeder Mensch ein Sünder ist. Am Anfang stellt sie darüber Fragen, die harsch zurückgewiesen werden, bis sie damit aufhört und den Umstand akzeptiert, dass auch sie ein schlechtes Wesen hat.
    FOLGE: Als erwachsener Mensch stellt sie fest, dass sie homosexuell ist.“
    LOL! So blöd steht das nicht einmal in der BILD. Jetzt beschimpft Orpheus auch noch die Homos als verkrüppelte Katholizisten. Die Folge(!) irgendwelcher Umstände in der Kindheit soll die erwachsene Entscheidung über sexuelle Präferenzen sein. Wo wohl die evangelischen Schwulen herkommen oder warum man ausgerechnet von Kirchgängen Lust auf gleichgeschlechtlichen Verkehr bekommen soll, muss wieder nicht begründet werden, weil PRÄGUNG als Universalgrund gilt. Man soll sich tatsächlich einbilden, Homosexuelle wären welche, weil sie mit einer perversen Moral traktiert wurden und die übernommen haben. Eine sehr aufschlussreiches Bild von Homosexualität: Homos würden ihren Geschmack nur wegen einer ehemaligen Selbstbezichtigung ausbilden.

  80. Orpheus
    7. Februar 2012, 20:25 | #80

    @ Name:
    Das war ein völlig arbiträres, meinetwegen unelegantes Beispiel. Ich hätte sonstwas auswählen können. Einige meiner Freunde haben mit extremen Schuldgefühlen zu kämpfen, weil ihnen die Kirche irgendwann irgendwelchen Schmarrn eingeredet hat.
    Die Leute wissen sogar, dass ihre Gefühle irrational sind, können sie aber dennoch nicht abschütteln.
    Es ging mir also um „Schuld“ als Beleg für die Existenz von vernunftsunabhängigen Gefühlen.
    Was ich gewiss nicht wollte war, irgendwelche allgemeingültigen Theorien zum Thema Homosexualität aufzustellen.
    Du hast mich ohnehin unvollständig zitiert.
    Also entweder du bist so voreingenommen und streitsüchtig, dass du dir gar nicht erst richtig durchliest was da steht oder du bist absichtlich niederträchtig.

  81. Name
    7. Februar 2012, 21:25 | #81

    „unvollständig zitiert“
    Das Zitat hat gereicht. Es gibt „Prägung“ wieder unter dem Blickwinkel psychologischer (wahrscheinlich Freudianischer) Homosexuellenfeindlichkeit. „Wer sowas macht, muss pervers katholisch erzogen worden sein.“ Das ist der Gedanke, den ich zitiert habe (Abt. Geschlechterrassismus). Selbstverständlich mit der Bitte um Korrektur, wenn nötig!
    „Einige meiner Freunde haben mit extremen Schuldgefühlen zu kämpfen, weil ihnen die Kirche irgendwann irgendwelchen Schmarrn eingeredet hat.“
    Auch das ist kein Kausalverhältnis! Die dem das eingeredet haben, kämpfen womöglich grad nicht mit Schuldgefühlen, weil sie „den Menschen“ ohnehin für einen Sünder halten usw. Du unterstellst immer deinen Prägungs-Unsinn schon, damit der Gedanke, aus kirchlichem Moraleinbleuen würde irgendetwas folgen, überhaupt plausibel wird.
    Ich mache mal ein Angebot: Wie wäre es, wenn das Schuldeinbleuen (schlechtes Gewissen machen) nur dann wirkt, wenn jemand die Schuldfrage selbst bereits wichtig findet, oder zumindest schon selbst daran glaubt, sein Persönchen sei in irgendeiner „Verantwortung“. Nun sind deine Freunde auf Ideologieangebote der Kiche hereingefallen, wollen sich wohl wieder davon lösen und es fällt ihnen schwer, den erlernten Moralquark wieder über Bord zu werfen. Keinerlei Prägung, sondern ein Beleg, dass mit neuen Erkenntnissen die alte Gefühlskiste nicht sofort aus der Welt ist. Nicht mehr, nicht weniger.
    „Prägung“ widerlegt sich selbst: Die Vorstellung von Leuten, sie seien Rohlinge, denen ohne eigenes Zutun ein geistiger Stempel aufgedrückt würde, der sie etwas Bestimmtes denken lasse, soll für die Prägungetheoretiker selbst natürlich nicht gelten. Was, wenn die krude Theorie sich bloß einer perversen Prägung verdankt?

  82. Orpheus
    7. Februar 2012, 21:56 | #82

    @ Name:
    Jetzt willst DU MIR erklären, warum ich dieses Beispiel ausgewählt habe, bzw. was ich damit gemeint habe?
    Und du hast mich so zitiert wie es dir in den Kram passt:
    Es ist eben ein Unterschied, wenn du mich so zitierst, dass es aussieht als ob ich gemeint hätte dass die Folge ihrer Vergangenheit die Homosexualität wäre. Dabei hätte ich statt Homosexualität auch irgendetwas anderes aus dem Katalog der Dinge, die die Katholen als „falsch“ bezeichnen würden, nehmen können.
    Die Folge, von der ich spreche ist aber nicht die Homosexualität sondern die Schuld.
    Den Zusammenhang Katholizismus – Homosexualität hast DU hergestellt. Darauf wäre ich im Traum nie gekommen,
    Du stürzt dich einfach mit Freuden auf alles was deinem Feindbild entspricht. Wie gesagt – es ist völlig sinnlos mit dir darüber zu reden. Ich bin bei dir bereits in einer Schublade – der Rest ist gegessen.
    Rassist, Homosexuellenfeind… Das sind so Kategorien, in die du die Menschen einteilst, deren Meinung sich von deiner unterscheidet. Das macht dich zu genau so einem Kretin, wie die Typen für die diese Bezeichnungen zutreffen.
    „Auch das ist kein Kausalverhältnis! Die dem das eingeredet haben, kämpfen womöglich grad nicht mit Schuldgefühlen, weil sie „den Menschen“ ohnehin für einen Sünder halten usw. Du unterstellst immer deinen Prägungs-Unsinn schon, damit der Gedanke, aus kirchlichem Moraleinbleuen würde irgendetwas folgen, überhaupt plausibel wird.“
    „Die dem das einreden [etc.] “ der Satz ist damit völlig unverständlich.

  83. Orpheus
    7. Februar 2012, 22:25 | #83

    Ich mache mal ein Angebot: Wie wäre es, wenn das Schuldeinbleuen (schlechtes Gewissen machen) nur dann wirkt, wenn jemand die Schuldfrage selbst bereits wichtig findet, oder zumindest schon selbst daran glaubt, sein Persönchen sei in irgendeiner „Verantwortung“. „

    Und woher kommt diese Schuldfrage? Werden wir damit geboren? Wer bringt sie uns bei?

    „Nun sind deine Freunde auf Ideologieangebote der Kiche hereingefallen, wollen sich wohl wieder davon lösen und es fällt ihnen schwer, den erlernten Moralquark wieder über Bord zu werfen. Keinerlei Prägung, sondern ein Beleg, dass mit neuen Erkenntnissen die alte Gefühlskiste nicht sofort aus der Welt ist. Nicht mehr, nicht weniger.“

    „erlernt“ „Moralquark“ „alte Gefühlskiste“. Das sind doch alles Umschreibungen für genau das wovon ich rede. Nur weil du das Wort nicht magst, umschreibst du es eben.
    Warum fühlt sich denn jemand überhaupt schuldig?
    Was ist denn Moral?
    Ob durch bewusstes oder unbewusstes Lernen :
    Du scheinst da ja überhaupt keinen Zusammenhang zwischen Gefühlen oder Moralvorstellungen jetzt und Erfahrungen in der Vergangenheit zu sehen.
    DAS ist es, was ich einfach nicht nachvollziehen kann.

    „Die Vorstellung von Leuten, sie seien Rohlinge, denen ohne eigenes Zutun ein geistiger Stempel aufgedrückt würde, der sie etwas Bestimmtes denken lasse,“

    Was meinst du mit Rohlingen, Grobiane oder leere CD’s? Und wofür steht der geistige Stempel?

    „Was, wenn die krude Theorie sich bloß einer perversen Prägung verdankt? „

    Ich mache im übrigen schon eine Unterscheidung zwischen logischem Denken und unlogischem.
    Nirgendwo habe ich gesagt, dass es keine Vernunft gibt. Sie ist nur nicht so allumfassend wie du annimmst.

  84. Krim
    8. Februar 2012, 02:21 | #84

    „Warum fühlt sich denn jemand überhaupt schuldig?“

    – Weil er die Moralmaßstäbe, die in deinem Fall von der Kirche kommen, t e i l t. Er hat diese Maßstäbe bewusst als seine eigenen übernommen d.h. er denkt, dass jeder, er selbst und andere, sich daran halten sollten. Wenn er sich dann nicht daran hält, obwohl er selbst meint, dass er sich dran halten sollte, dann bekommt er ein schlechtes Gewissen, weil er gegen die e i g e n e n Maßstäbe verstoßen hat. Der moralische Mensch ist also alles andere als von außen geprägt, sondern er hat sich selbst auf eine Moral verpflichtet. Es stimmt ja, dass die moralischen Gefühle sich nicht mit dem ersten eingesehenen Argument in Luft auflösen. Das heißt aber bloß, dass man die Moral, die man vorher jahrelang eingeübt hat, dann halt auch wieder aus-üben muss, indem man sich den Fehler des Moralisierens immer wieder rational klarmacht.

  85. Name
    8. Februar 2012, 07:53 | #85

    „Dabei hätte ich statt Homosexualität auch irgendetwas anderes aus dem Katalog der Dinge, die die Katholen als „falsch“ bezeichnen würden, nehmen können.“

    Hast du aber nicht. Werd erwachsen und steh zu dem, was du sagst oder zitierst. Viel einfacher als deine Dementis wäre übrigens die Prüfung der Argumente: Werden Homos in dem Zitat als enttäuschte Katholiken hingestellt oder nicht?

    „Rassist, Homosexuellenfeind“

    Jetzt willst du mir deinen Rassismus vorwerfen, bloß weil ich den benenne? Da fällt keiner drauf rein und eine Schublade braucht es dafür auch nicht.

    „der Satz ist damit völlig unverständlich“

    Schon klar, stell dich ruhig dumm, es nützt dir nix.

    „Und woher kommt diese Schuldfrage? Werden wir damit geboren? Wer bringt sie uns bei?“

    Die Schuldfrage wird z.B. verbreitet von Leuten wie dir, die ihre Kritiker „Kretin“ schimpfen, wenn sie bei Rassismen ertappt werden. Der Gedanke JEDER Beschimpfung: Der andere sei SHULD an der eigenen Verstimmung.

    „Das sind doch alles Umschreibungen für genau das wovon ich rede. Nur weil du das Wort nicht magst, umschreibst du es eben.“

    Nein, was an Prägung falsch ist, steht auch da, wenn du die Argumente ignorierst. Du WILLST nichts gegen diesen pädagogischen Dünnschiss gelten lassen und deswegen keinen Unterschied machen zwischen bewusstloser „Prägung“ und dem von mir beschriebenen Lernprozess. Alles eins, weil Orpheus so geprägt ist – da kann man nix machen.

    „Nirgendwo habe ich gesagt, dass es keine Vernunft gibt. Sie ist nur nicht so allumfassend wie du annimmst.“

    Bei den Denkvorschriften, die du dir machst, wundert das nicht.

  86. 8. Februar 2012, 08:20 | #86

    Wenn, so wie jetzt Orpheus, jemand die Fragen in den Raum stellt:

    „Warum fühlt sich denn jemand überhaupt schuldig?
    Was ist denn Moral?“

    ohne dazu auch nur, bei aller sonstigen Beredtheit, einen Ansatz von vernünftiger Erklärung hinzuzusetzen (wie z.B. prompt Krim), dann liegt es nahe, das als rein rhetorisch zu verstehen. Also als die Beschreibung von Sachverhalten, die „einfach“ so sind, wie sie eben sind. Die insbesondere im wesentlichen unabänderlich sind, weil einem die „Natur“ infolge von hier „Prägung“ so etwas leider mit auf den Weg gegeben hat.

  87. 8. Februar 2012, 09:10 | #87

    Names Beschimpfung von Orpheus, der hätte „Homos in dem Zitat als enttäuschte Katholiken hingestellt“ ist ein billiger aber falscher „Sieg“:
    Orpheus hatte so argumentiert:

    „PRÄGUNG: S. wächst in einer katholischen Familie auf. Jeden Sonntag geht man in die Kirche. Von ihrer Umgebung wird ihr eingeredet, dass jeder Mensch ein Sünder ist. Am Anfang stellt sie darüber Fragen, die harsch zurückgewiesen werden, bis sie damit aufhört und den Umstand akzeptiert, dass auch sie ein schlechtes Wesen hat.
    FOLGE: Als erwachsener Mensch stellt sie fest, dass sie Homosexuell ist. Da das nach der Überzeugung ihrer Eltern usw. eine Sünde ist, fühlt sie sich konstant schuldig, obwohl sie vielleicht gar nicht mehr in der Kirche ist. Doch dieses Gefühl sitzt so tief dass sie sich nicht dagegen verwehren kann.“

    Orpheus hat hinzugesetzt:

    „Das war ein völlig arbiträres, meinetwegen unelegantes Beispiel. Ich hätte sonstwas auswählen können.“

    Und damit hat er meiner Meinung nach recht, jedenfalls innerhalb seines falschen Arguments. Denn, in der Tat völlig egal, was der Aufhänger ist, man muß schon was gegen die Basis seines Arguments vorbringen, die „konstante Schuldigkeit“, die jemand, der moralisch/religiös denkt, empfindet. Gegen seine Behauptung,

    „dieses Gefühl sitzt so tief dass [man] sich nicht dagegen verwehren kann.“

  88. Name
    8. Februar 2012, 10:13 | #88

    „Und damit hat er meiner Meinung nach recht“

    Nein, sein Beispiel mag willkürliche Hetze gegen Homos sein, mit der Orpheus gaaanz andere Zusammenhänge darstellen wollte als Homosexuellenfeindschaft. Das Zitat zeigt aber sehr deutlich, wofür die Ideologie von „Prägung“ nützlich ist:

    „„PRÄGUNG: S. wächst in einer katholischen Familie auf“ usw.
    „Als erwachsener Mensch stellt sie fest, dass sie Homosexuell ist.“

    Homosexuelle werden in Orpheus‘ Welt als Perverse mit der falschen Prägung gekennzeichnet. „Prägung“ dient hier also dem sexistischem Ressentiment gegenüber Homos. Das ändertsich auch nicht, wenn man die diesbezüglichen Äußerungen in weiterer Textproduktion versteckt.

  89. 8. Februar 2012, 10:17 | #89

    Name, du hast meinen Punkt nicht verstanden: Ja, meinetwegen kann Orpheus zu allem sonstigen auch noch blöde Auffassungen zu Homosexualität haben, das ist ja auch nicht sonderlich selten. Sein Hauptargument ist aber sein abstrakt auf Gott und die Welt übergestülptes Prägungsargument. Und das wird leider auch von Leuten geteilt, die mit Schwulsein gar keine Probleme haben.

  90. Name
    8. Februar 2012, 10:50 | #90

    „übergestülptes Prägungsargument“

    Neo, ich hatte deinen Punkt verstanden und deswegen geschrieben:

    „Das Zitat zeigt aber sehr deutlich, wofür die Ideologie von ‚Prägung‘ nützlich ist“

    Die Kritik an Homofeindschaft ist zwar ein anderes Thema als pädagogische Prägungsargumente, es passt aber genauso zueinander: Will man z.B. seine Sexualmoral gegen Kritik immunisieren, ist die Determinante „Prägung“ ein Mittel. Die unterstellte Deckungsgleichheit zwischen irgendwelchen Umständen und deren geistiger Verarbeitung wird hier zB. für Sexualmoral urbar gemacht. Wie schon 100x gesagt: Orpheus‘ Ausführungen soll man sich nicht als verunglückte Prägung zur Kenntnis nehmen, der Theoretiker klammert sich selbstverständlich aus seiner eigenen Theorie aus, z.B. indem er relativiert, nicht alles sei Unvernunft usw.

  91. Apple
    8. Februar 2012, 11:36 | #91

    Homosexuelle werden in Orpheus‘ Welt als Perverse mit der falschen Prägung gekennzeichnet.

    Bah! Leute (Neo und Name), in was steigert ihr euch da rein? In dem Abschnitt geht es doch offensichtlich nicht um die Gründe der Homosexualität – was soll Katholizismus mit Homosexualität zu tun haben? – sondern um die Gründe der Schuldgefühle. Es geht darum, dass Menschen mit homosexuellen Präferenzen, die katholisch erzogen wurden oft/manchmal Schuldgefühle wegen ihrer Homosexualität haben. Das ist erstmal ein Faktum, das zu erklären wäre und für dessen Erklärung der Begriff „Prägung“ gar nichts beiträgt, weil er einfach nur behauptet: da ist etwas geschehen, was dazu geführt hat, das etwas rausgekommen ist.
    Darum geht es. Dass Homosexuelle Perverse wären – davon steht da nichts. Bleibt doch sachlich und erfindet nicht irgendwas.

  92. 8. Februar 2012, 11:52 | #92

    Falls das wirklich mißverstanden werden kann, noch mal auch meine Bekräftigung:

    „In dem Abschnitt geht es doch offensichtlich nicht um die Gründe der Homosexualität – was soll Katholizismus mit Homosexualität zu tun haben? – sondern um die Gründe der Schuldgefühle.“

    Und, ja, auch ich meine:

    „Das [das Schuldgefühl] ist erstmal ein Faktum, das zu erklären wäre und für dessen Erklärung der Begriff „Prägung“ gar nichts beiträgt, weil er einfach nur behauptet: da ist etwas geschehen, was dazu geführt hat, das etwas rausgekommen ist.“

    Eigentlich ist die Behauptung der Prägungstheorie ja noch schwächer:
    Da ist *vorher* irgendwas gewesen, von dem ich, ansonsten völlig grundlos, einfach nur behaupte, daß das irgendein späteres Phänomen „erklären“ würde. Warum gerade das, geschweige denn wie, das braucht man dann schon nicht mehr, es reicht die Annahme, das das auch dem Adressaten irgendwie „plausibel“ vorkommen wird.

  93. Orpheus
    8. Februar 2012, 13:22 | #93

    @ Krim:

    „Weil er die Moralmaßstäbe, die in deinem Fall von der Kirche kommen, t e i l t. Er hat diese Maßstäbe bewusst als seine eigenen übernommen d.h. er denkt, dass jeder, er selbst und andere, sich daran halten sollten. Wenn er sich dann nicht daran hält, obwohl er selbst meint, dass er sich dran halten sollte, dann bekommt er ein schlechtes Gewissen, weil er gegen die e i g e n e n Maßstäbe verstoßen hat. Der moralische Mensch ist also alles andere als von außen geprägt, sondern er hat sich selbst auf eine Moral verpflichtet. Es stimmt ja, dass die moralischen Gefühle sich nicht mit dem ersten eingesehenen Argument in Luft auflösen. Das heißt aber bloß, dass man die Moral, die man vorher jahrelang eingeübt hat, dann halt auch wieder aus-üben muss, indem man sich den Fehler des Moralisierens immer wieder rational klarmacht. „

    Danke für die ausführliche Antwort.
    Nach deiner Beschreibung sind Moralmaßstäbe also „eingeübte Denkweisen“ (oder wäre Maßstäbe, Urteile besser?)
    Und den Prozess dieses Einübens nenne ich „Prägung“. Das mag nicht der Definition der Microsoft Encarta Ezyklopedie sein, aber deshalb habe ich ja auch MEINE Definition präsentiert, schließlich diskutiert ihr hier nicht mit Dr. Wikipedia sondern mit mir, und ich bin kein Wissenschaftler.
    Und woher kommen die „Denkweisen“? Von der Kirche (sagst du).
    Denn bevor die Person die kirchliche Moral lernt muß ihr ja irgendjemand davon erzählt haben.
    Da gibt es erst mal ein Kind, das alle möglichen Dinge im Kopf hat – Spielen, Essen, Erforschen. Eines Tages wird es von seinen Eltern zum ersten Mal in einen Kindergottesdienst gezerrt, wo der Pfarrer mit voller Inbrunst verkündet, dass es ein kleiner Sünder sei, und dass nur die Kirche es für seine Unzulänglichkeiten entschuldigen kann. Das verstörte Kind schaut zu seinen Vertrauenspersonen, seinen Eltern, die nicken nur. Natürlich akzeptiert das Kind dann solche Hirngespinste, da es ja selbst noch nicht in der Lage ist, diese Behauptungen zu hinterfragen.
    Du sagst also selbst, dass das bewusste Urteil über „recht“ und „unrecht“ eine Folge von Einübung ist und dass die Kirche verantwortlich für diesen Maßstab ist.
    Ich sehe nicht, womit sich deine Darstellung von dem unterscheidet, was ich geschrieben habe.
    Wie also kannst du jeglichen Kausalzusammenhang abstreiten? Für jeden Erklärungsschritt musst du weiter in der Vergangenheit kramen.
    Ich glaube zu verstehen, was ihr für ein Problem mit meinen Ausführungen habt: Ihr geht davon aus, dass ich damit die dummen Gedanken von Leuten der Kritik entziehen, ihre Verhaltensweisen entschuldigen möchte. Zumindest hat mir das gleich am Anfang jemand vorgeworfen.
    Das ist aber keineswegs meine Intention. Was antrainiert wurde kann man abtrainieren, falsches Denken kann man korrigieren, Triebe kann man zügeln.
    Ich will nichts und niemanden entschuldigen, schon gar nicht den Menschen im Kapitalismus.
    Ich will einfach nur wissen warum Dinge so sind wie sie sind.
    Und wenn ich beispielsweise über das Wort Schönheit nachdenke, komme ich ohne böse Intention auf Begriffe wie Prägung, Konditionierung, innere Muster. Weil ich sie mir nicht anders erklären kann.
    Ich mag während meiner Überlegungen zu falschen Antworten kommen, deswegen prüfe ich mich ja indem ich unzählige Stunden mit Diskussionen verbringe.
    Beleidigende Unterstellungen lasse ich mir deswegen aber trotzdem nicht gefallen.

  94. 8. Februar 2012, 13:44 | #94

    Ja, beleidigende Unterstellungen muß man sich auch hier genauso wenig gefallen lassen, wie falsch unterstellte Gedanken oder Urteile. (Wobei die Grenze zwischen scharfer Kritik und haltloser Beleidigung offensichtlich der eine so und der andere anders zieht). Ich hätte da auch früher reingrätschen können, bin da aber zumeist eher etwas toleranter als daß ich gleich den Zensurheini raushängen lasse. (Und „bloß“, weil ich einen Kommentar von mir unkommentiert stehen lasse, heißt das natürlich per se nicht, daß ich das Vorgebrachte auch billigen würde.)

    „Und woher kommen die „Denkweisen“? Von der Kirche (sagst du).
    Denn bevor die Person die kirchliche Moral lernt muß ihr ja irgendjemand davon erzählt haben.“

    Ja, aber es gehören – jedenfalls beim Erwachsenen – immer zwei Seiten zusammen: Der eine, der was erzählt und der Adressat, der das prüft und für richtig findet und übernimmt. Und selbst wenn in irgendeiner Kirche sich die Moral drehen sollte (gibt es ja ab und zu selbst bei denen), wirst du immer eine ganze Menge Leute finden, die darauf bestehen, daß die alte Moral weiter zu gelten habe. Nicht weil es die alte ist, sondern weil es die „richtige“ ist. Jedenfalls in ihren Augen. (Und umgekehrt: gerade heutzutage gibt es z.B. eine Menge Katholiken, die von ihrer Kirche verlangen, daß sie endlich „zeitgemäße“ Moralvorstellungen, ja auch Religionsvorstellungen übernehmen soll, also ihre persönlichen).
    (soviel auch noch zu den „guten Argumenten“, die Leute vorbringen. Jeder hält sein Zeugs doch für richtig und in vielen Fällen sogar für allgemeingültig und läßt sich das schon deshalb nicht so ohne weiteres von anderen mit deren Argumenten madig machen.)

  95. Orpheus
    8. Februar 2012, 13:50 | #95

    @ Neo:
    „ohne dazu auch nur, bei aller sonstigen Beredtheit, einen Ansatz von vernünftiger Erklärung hinzuzusetzen (wie z.B. prompt Krim), dann liegt es nahe, das als rein rhetorisch zu verstehen.“
    Es war schon spät. Ich war müde.
    „Da ist *vorher* irgendwas gewesen, von dem ich, ansonsten völlig grundlos, einfach nur behaupte, daß das irgendein späteres Phänomen „erklären“ würde. Warum gerade das, geschweige denn wie, das braucht man dann schon nicht mehr, es reicht die Annahme, das das auch dem Adressaten irgendwie „plausibel“ vorkommen wird. “
    Ich muss mich wiederholen: Nichts kommt von nichts. Alles hat einen Grund.
    Meine Tasse steht auf dem Tisch, nicht weil ich das jetzt im Moment so WILL, sondern weil in der Vergangenheit meine Handlung dazu führte dass sie nun dort steht. Da wäre nun die Frage, warum und warum ich SIE auf den Tisch gestellt habe.
    Gehen wir noch weiter zurück spielt aber auch der Umstand eine Rolle, dass sie bis jetzt jeden Umzug heil überstanden hat.
    Gehen wir noch weiter zurück spielt eine Rolle, dass ich sie einst gekauft habe.
    Gehen wir noch weiter zurück müssen wir mindestens diese Faktoren beachten:
    1. Sie wurde hergestellt – von wem, warum und in das Geschäft befördert – von wem, warum?
    2. Warum war ich in dem Geschäft, warum habe ich diese Tasse ausgewählt?
    Schon wieder ein Beispiel, das ich euch zum Fraß vorwerfe.
    Kausale Zusammenhänge grundsätzlich zu leugnen ist einfach unvernünftig.
    Schuldgefühle haben einen Grund. Dieser Grund liegt einerseits im jetzt (denn wir bewerten ja nach unseren jetztigen Maßstäben) andererseits aber auch in der Vergangenheit (denn diese Maßstäbe kommen ja eben nicht aus dem jetzt). Genauso wie ich jetzt eine Narbe habe, die JETZT sichtbar ist, die aber irgendwann einmal eine durch einen Unfall verursachte Wunde war.
    Warum ist es falsch zu sagen, etwas in der Vergangenheit hat Konsequenzen für das jetzt?

  96. 8. Februar 2012, 14:00 | #96

    Orpheus, dir scheint es gar nicht aufzufallen, aber es ist bezeichnend für den Gedankenfehler deiner Argumentation, daß du in einer Diskussion, in der es darum geht, was sich Menschen für Gedanken machen und warum, du ausgerechnet als Ersatz für deine Katholiken eine Tasse(!!) ins Feld führst. Die hat sich in det Tat noch nie einen vernünftigen oder auch unvernünftigen Gedanken gemacht. Die hat sich noch nie für irgendwas entschieden, irgendwas revidiert, irgendwas dazugelernt, usw. Der Grund für irgendein physikalisches oder sonstiges naturwissenschaftliches Phänomen liegt schon in irgendeiner Kombination von Naturgesetzen.
    Es stimmt übrigens gar nicht, daß dir entgegengehalten worden sei, daß es falsch sei, „etwas in der Vergangenheit hat Konsequenzen für das jetzt“. Nur die bei dir immer gleich mitunterstellte Notwendigkeit, die kann man eben nur bei Sternenbahnen feststellen, bei Entscheidungen von Menschen über z.B. ihre Lieblingsfilme eben nicht.

  97. Krim
    8. Februar 2012, 14:02 | #97

    „Und den Prozess dieses Einübens nenne ich „Prägung“.“ Dann benutzt du einen falschen Begriff. Was daran falsch bis missverständlich ist, wurde schon gesagt. Prägung geschieht bei Gänsen, die das erste was sie erblicken als Mutter ansehen. Dagegen können die Gänse sich nicht wehren. Damit hat lernen und einüben nichts zu tun, weil es mit Bewusstsein und einem Haufen (falscher oder richtiger) Urteile geschieht.
    „Das verstörte Kind schaut zu seinen Vertrauenspersonen, seinen Eltern, die nicken nur.“ Das Kind ist erstmal gar nicht verstört, weil es gar nicht weiß was ein Sünder ist. Das glaubt halt an das, was ihm seine Eltern sagen, genauso wie es an den Weihnachtsmann glaubt. Irgendwann kommt aber die Zeit, wo es rauskriegt, dass es sich bloß um ein Märchen handelt. Genauso versteht es dann, was ein Sünder ist und kommt nicht umhin sich für oder gegen diesen Scheiß bewusst zu entscheiden.
    „Du sagst also selbst, dass das bewusste Urteil über „recht“ und „unrecht“ eine Folge von Einübung ist und dass die Kirche verantwortlich für diesen Maßstab ist.“ Nein das sage ich gerade nicht! Ich habe mehr als deutlich gemacht, dass der Mensch, der Herr seiner geistigen Kräfte ist, s e l b s t für die Übernahme der Maßstäbe verantwortlich ist.
    „Was antrainiert wurde kann man abtrainieren, falsches Denken kann man korrigieren, Triebe kann man zügeln.“ Und das macht man, indem man den Leuten rational ihre falschen Gedanken klarmacht, damit sie sie einsehen. Schöne Bildchen und sonstige Medien sind bloßes Beiwerk, sie ersetzen die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Fehler nicht.
    „Und wenn ich beispielsweise über das Wort Schönheit nachdenke, komme ich ohne böse Intention auf Begriffe wie Prägung, Konditionierung, innere Muster.“ Nicht, dass es sowas nicht gibt. Es spielt aber bei der Schönheit eine ebenso untergeordnete Rolle, wie in anderen Bereichen auch. Auch das was die Leute als angenehm oder schön empfinden, hängt von den Maßstäben ab, die sie sich b e w u s s t zulegen.

  98. Orpheus
    8. Februar 2012, 14:11 | #98

    „Ja, aber es gehören – jedenfalls beim Erwachsenen – immer zwei Seiten zusammen: Der eine, der was erzählt und der Adressat, der das prüft und für richtig findet und übernimmt.“
    Das stimmt. Das Kind wird auch irgendwann erwachsen und spätestens da wird die kirchliche Moral überprüft. Die Frage ist nun die Folgende: Wir alle her stimmen sicherlich überein dass die moralischen Lehren der Kirche unvernünftig sind.
    Wenn also das Begreifen dieser Lehren als Blödsinn nur eine Frage der Vernunft ist – Warum halten so viele Erwachsene trotzdem an der Kirche fest?
    Es mag ja sein, dass die Strenggläubigen nicht mehr so weit verbreitet sind, trotzdem trifft man überall auf „Gläubige auf Sparflamme“.
    Die scheinen sich Gedanken gemacht zu haben, gehen vielleicht nicht mehr regelmäßig in die Kirche; austreten tun sie aber trotzdem nicht, und gibt man ihnen auch noch so viele vernünftige Gründe.
    Deshalb habe ich vorher das Zitat von Peter Decker gebracht (worauf lustigerweise niemand eingegangen ist, obwohl sein Vortrag das ursprüngliche Thema war).
    Wenn unsere Entscheidungen tatsächlich nur von Vernunft geleitet sind – warum „zieht“ vernünftige Kritik so oft nicht? Herr Decker macht dafür einen „Willen seine Lebensführung nicht zu ändern“ verantwortlich,.
    Doch worauf ist der begründet? Wo kommt er her?
    Meine These habe ich bereits genannt. Neugierig bin ich nun auf die eure.

  99. Orpheus
    8. Februar 2012, 14:28 | #99

    „Orpheus, dir scheint es gar nicht aufzufallen, aber es ist bezeichnend für den Gedankenfehler deiner Argumentation, daß du in einer Diskussion, in der es darum geht, was sich Menschen für Gedanken machen und warum, du ausgerechnet als Ersatz für deine Katholiken eine Tasse(!!) ins Feld führst. „

    *lacht*
    Nein, das war nur eine Erklärung für meine Aussage „Alles hat einen Grund“. Ich befürchtete, dass dieser Satz mißverstanden wird. Das Beispiel hat nichts direkt mit meinen weiteren Ausführungen zu tun.

    „Nur die bei dir immer gleich mitunterstellte Notwendigkeit, die kann man eben nur bei Sternenbahnen feststellen, bei Entscheidungen von Menschen über z.B. ihre Lieblingsfilme eben nicht. „

    Dann überleg doch mal warum dein Lieblingsfilm (oder deine Lieblingsfilme) gerade DIESER ist und kein anderer.
    Ich weiss ja nicht wie es bei dir ist, aber bei mir spielt mehr als nur der Film eine Rolle – die Leute mit denen ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, die Zeit an die ich mich erinnere wenn ich den Film sehe. Die Schauspieler, die Musik, die Handlung spielen da auch eine Rolle.
    Geschmack zeichnet sich doch gerade dadurch aus, dass er NICHTS mit Vernunft zu tun hat.
    Vernunft haben wir schließlich alle, und doch haben wir völlig unterschiedliche Vorstellungen davon, was schön oder unterhaltsam ist.

  100. Orpheus
    8. Februar 2012, 15:17 | #100

    „Dann benutzt du einen falschen Begriff. Was daran falsch bis missverständlich ist, wurde schon gesagt. „

    Okay, dann ist er STRENG GENOMMEN falsch. Das kann ich akzeptieren. Dass Prägung eine „Form des Lernens“ ist steht in deinem Zitat aber auch. Dass ich den Begriff also nicht korrekt verwendet habe sollte zumindest nachvollziehbar sein.

    „Prägung geschieht bei Gänsen, die das erste was sie erblicken als Mutter ansehen. Dagegen können die Gänse sich nicht wehren. „

    Nur noch eine Frage zur Prägung – meinst du also, sie existiert bei Menschen gar nicht?

    „Damit hat lernen und einüben nichts zu tun, weil es mit Bewusstsein und einem Haufen (falscher oder richtiger) Urteile geschieht.“

    Aber was ist Bewusstsein für dich? Es ist doch ein Unterschied ob man das als „Fähigkeit zur Wahrnehmung“ oder als „Fähigkeit zum kritischen Denken“ definiert.
    Können Hunde nicht lernen? Was ist dann Hundetraining?
    Ist alles lernen „bewusst“? Was ist dann mit dem Spracherwerb?
    Wie ich bereits sagte – natürlich denken wir ab einen bestimmten Alter viel nach, wir sind ja geradezu gezwungen uns ständig gedanken zu machen – man könnte sagen wir sind total verkopft.
    Trotzdem laufen doch viele Prozesse ohne unser Zutun ab. Wie bei einem Computer, wo wir zwar mit dem Mauszeiger und der Tastatur aktiv steuern – wo aber im Hintergrund lauter Prozesse laufen, die zwar wichtige Funktionen haben, von denen wir aber vielleicht gar nichts wissen – die wir aber zumindest nicht steuern können.
    Wir kontrollieren nicht einmal unsere Muskeln direkt – wenn wir loslaufen treffen wir zwar die Entscheidung bewusst – wir sagen aber nicht jedem Muskel was er tun soll. Das Gehirn übernimmt das für uns.
    Das allein beweist doch, dass ein Parallelprogramm ZUSÄTZLICH zu unserem Bewusstsein existiert. Welche Ausmaße es hat, darüber können wir diskutieren.

    „Du sagst also selbst, dass das bewusste Urteil über „recht“ und „unrecht“ eine Folge von Einübung ist und dass die Kirche verantwortlich für diesen Maßstab ist.“
    „Nein das sage ich gerade nicht! Ich habe mehr als deutlich gemacht, dass der Mensch, der Herr seiner geistigen Kräfte ist, s e l b s t für die Übernahme der Maßstäbe verantwortlich ist.“

    Ich darf zitieren:

    „die Moral, die man vorher jahrelang eingeübt hat

    „die Moralmaßstäbe, die in deinem Fall von der Kirche kommen,

    Wie soll ich das sonst verstehen:
    `Die Moral (Urteil über „recht und „unrecht“) wurde jahrelang eingeübt. Sie kommt von der Kirche.

    „Schöne Bildchen und sonstige Medien sind bloßes Beiwerk, sie ersetzen die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Fehler nicht.“

    Richtig, ersetzen tun sie sie nicht – aber sie können sie unterstützen. Genauso wie kursive Schrift das identifizieren von Zitaten und damit das Lesen erleichtert.
    Von Ersetzen habe ich doch gar nie gesprochen.

    „Auch das was die Leute als angenehm oder schön empfinden, hängt von den Maßstäben ab, die sie sich b e w u s s t zulegen. „

    Dann überleg dir mal, ob du dich erinnerst an den Tag, an dem du dir deinen Maßstab für Schönheit zugelegt hast.
    Ich kann das nicht. Ich kann mich nicht erinnern, jemals bewusst entschieden zu haben: Ja, das will ich von nun an als schön bezeichnen. Ab jetzt bevorzuge ich X, Y, Z.
    Wenn ein Mann blonde, junge, füllige Frauen mag, kann er nicht von heute auf morgen eine magere, ältere dunkelhaarige Dame schön finden (wenn er sie am Tag vorher noch nicht schön fand).
    Ich will ja noch nicht gänzlich ausschließen, dass ein Geschmack sich verändern kann – aber das kann wieder nur die Folge einer langwierigen Entwicklung sein. Wäre Schönheit eine Frage der Vernunft wäre das anders.
    Es gibt viele Entscheidungen, die wir bewusst treffen – ganz ohne Frage. Aber dass DIES eine davon sein soll – das müsstest du mir schon erklären. Irgendein Beispiel?

  101. Krim
    8. Februar 2012, 17:15 | #101

    „Wenn also das Begreifen dieser Lehren als Blödsinn nur eine Frage der Vernunft ist – Warum halten so viele Erwachsene trotzdem an der Kirche fest?“ Weil sie Sinnsucher sind z.B.? Wenn das Leben im Diesseits schon nichts taugt, dann muss es für irgendwas anderes gut sein und da finden Sie eben bei Gott ihre geistige Heimat. Der Witz ist, dass man sich dazu entschließen muss die Vernunft zum Leitfaden seiner Entscheidungen machen zu wollen und nicht die eigenen Urteile am Interesse (z.b. Lohnarbeiten zu gehen) auszurichten. Es ist ein fundamentaler Unterschied, ob man sich die Welt im Kopf so zurechtbiegt, dass sie zu den eigenen Interessen passt oder ob man sich die Welt versucht so zu erklären wie sie ist und dann schaut wie die eigenen Interessen darin vorkommen. Beide Verfahrensweisen haben ein entgegengesetztes Resultat zur Folge.
    „Herr Decker macht dafür einen „Willen seine Lebensführung nicht zu ändern“ verantwortlich,.“ Na ja. Das ist ein bißchen interessiert bzw.negativ von ihm formuliert. Positiv haben sie den Willen das Leben zu leben für das sie sich im Kapitalismus entschieden haben. Der Kapitalismus macht verschiedene Angebote, die jeder entsprechend seiner Mittel ergreifen kann. Wer kein Geld hat, muss für Lohn arbeiten gehen, wer Geld hat, kann arbeiten lassen. Diese Angebote ergreifen und affirmieren sie, entscheiden sich also dafür, obwohl zumindest die Lohnarbeiter bloß Armut davon haben.
    „Nur noch eine Frage zur Prägung – meinst du also, sie existiert bei Menschen gar nicht?“ Jedenfalls nicht in der Weise, wie bei Gänsen. Es gibt sowas ähnliches. z.B. bei Phobien. Da schaltet das Gehirn fehlerhaft auf Angst, Adrenalin, Flucht obwohl es keinen vernünftigen Grund dazu gibt. Auslöser mag ein schreckliches Erlebnis sein, das z.B. im Dunkeln geschah und das Gehirn verknüpft fortan Dunkelheit mit Gefahr, ohne dass man das wollte. Solche oder ähnliche Sachen gibt es schon. Im Bereich der Gesellschaftskritik, wenn man sich erklären will, warum die Leuten Kirche oder Eigentum soll toll finden, spielt das aber keine Rolle. Solche Entscheidungen werden bewusst gefällt.
    „von denen wir aber vielleicht gar nichts wissen – die wir aber zumindest nicht steuern können.“ Doch steuern tun wir sie schon mit Mauszeiger und Tastatur. Vieles muss man sich nicht mehr bewusst machen, wenn man es erstmal kann, dass heißt aber nicht, dass man nicht die Kontrolle hat. z.B. bei verschiedenen Fähigkeiten, Autofahren, Musikinstrument spielen, zeichnen, Kampfkunst. Beim Spielen eines Musikinstruments muss man sich nicht bei jedem Ton die Grifftabelle ins Gedächtnis rufen. Am Anfang war es aber schon nötig sich die Griffe bei jedem Ton zu überlegen. Außerdem wäre es falsch zu sagen, bloß weil man mit der Zeit nicht mehr über die Griffe nachdenken muss, dass der Geiger nicht die Kontrolle über die gespielten Töne hat.
    „Dann überleg dir mal, ob du dich erinnerst an den Tag, an dem du dir deinen Maßstab für Schönheit zugelegt hast.“ Ich habe ja auch nicht von den Maßstäben für Schönheit gesprochen, sondern allgemein von den Maßstäben, mit denen man die Welt betrachtet. Nehmen wir beispielsweise die Propagandafilme von Leni Riefenstahl über den Reichsparteitag 1933 in Nürnberg. Da macht sie Ordnung, Takt, Unterordnung der Massen zum ästhetischen Prinzip. Das Individuum gibt es nur noch sozusagen als Pixel der Gesamtmasse des Volkskörpers. Marschierende Soldaten oder sonstige Uniformierte werden zu ästhetischen Mustern stilisiert, die sich nach Marschmusik bewegen. Dem Nazi hat das sicher gefallen, weil er es gut findet, dass der Einzelne in der Masse aufgeht und dadurch der Nation zur Größe verhilft. http://www.youtube.com/watch?v=nYDOFXexfl4 z.B. ab 1:06:50

  102. 8. Februar 2012, 21:06 | #102

    Orpheus, wenn du fragst:

    „Wir alle her stimmen sicherlich überein dass die moralischen Lehren der Kirche unvernünftig sind. Wenn also das Begreifen dieser Lehren als Blödsinn nur eine Frage der Vernunft ist – Warum halten so viele Erwachsene trotzdem an der Kirche fest? Es mag ja sein, dass die Strenggläubigen nicht mehr so weit verbreitet sind, trotzdem trifft man überall auf „Gläubige auf Sparflamme“.“

    dann fragen sich das viele. Nun gut, leider nicht wirklich viele, aber immerhin einige Atheisten und Linke.
    Zentral für die Antwort ist die Frage, wofür religiöses Denken modernen Menschen (und das sind in der Tat nicht Ewiggestrige, sondern wirklich moderne Menschen in einer heutigen kapitalistischen Klassengesellschaft mit alle ihren Konkurrenzergebnissen) gut ist. Denn soviel ist ja offensichtlich, daß es sich nicht um die Sorte Fragen handelt, wieweit ist die Erde von der Sonne entfernt, oder wie lange muß man ein Ei kochen, bis es hart ist, oder was die dritte Wurzel aus 8 ist. Die „Fehler“, die religiöses Denken natürlich auch kennzeichnet sind die Beigabe zu einer Entscheidung. Einem Beschluß, die Welt und sich in dieser Welt in einer ganz bestimmten, eben religiösen Weise zu sehen. Wenn ein Mensch sich partout aufgehoben sehen will in einer Welt, die dafür wirklich nicht eingerichtet ist, dann geht das nur durch solche Bewußtseinsfehler. Ich habe vor einer Weile zur Religionserklärung/kritik auf einen Artikel des GegenStandpunkts bei mir verwiesen:
    http://neoprene.blogsport.de/2010/10/24/die-sache-mit-der-religion/
    dort gibt es auch noch links zu weiteren Texten zu diesem Thema. Ein weiterer Hinweis auf einen Text von Freerk Huisken:
    http://neoprene.blogsport.de/2009/04/18/freerk-huisken-091208-staat-und-religion/
    Du hast in diesem Zusammenhang auf Peter Deckers Ausführungen zum sozusagen gleichen Thema verwiesen:

    „Wenn unsere Entscheidungen tatsächlich nur von Vernunft geleitet sind – warum „zieht“ vernünftige Kritik so oft nicht? Herr Decker macht dafür einen „Willen seine Lebensführung nicht zu ändern“ verantwortlich,. Doch worauf ist der begründet? Wo kommt er her?“

    Leider mit einer Frage, die die Wichtigkeit der Feststellung gleich wieder versucht kleinzureden, in dem sie den Willen wegwischt und nach dem Dahinter fragt. Als wenn man es dann irgendwie einfacher hätte, den Menschen von diesem seinem erklärten Willen abzubringen. Es ist mir hier wichtig zu betonen, daß der Mensch eben in seinem Denken, seinem Willen, seiner Stellung zur Welt wirklich frei ist. Daß da nichts irgendwie unabänderlich determiniert ist, aber Menschen eben gerade deshalb auch auf einem früher gefaßten Willen bestehen können, selbst wenn ich als Kommunist ihn jetzt dazu zu bringen versuche, doch lieber was anderes zu wollen.
    Insofern scheint es mir manches Mal genauso schwer, einen standhaften Demokraten irgendwie anzuknacken, wie es offensichtlich nicht einfach ist, eine Nonne aus ihrem Koster zu holen. In beiden Fällen geht es nicht um das Wissen um die Welt, sondern um den Entchluß zur eigenen Stellung zu und in ihr. Das ist um Längen härter als fehlerhaftes Wissen zu verbessern

  103. Orpheus
    8. Februar 2012, 22:56 | #103

    @ Krim & Neoprene:
    Das meiste, was ihr geschrieben habt finde ich absolut nachvollziehbar und richtig.
    Über den Rest muss ich nachdenken.
    Danke jedenfalls für die Diskussion, ich habe tatsächlich viel gelernt.
    Vielleicht liest man sich ja mal wieder.

  104. Name
    9. Februar 2012, 10:36 | #104

    „In dem Abschnitt geht es doch offensichtlich nicht um die Gründe der Homosexualität – was soll Katholizismus mit Homosexualität zu tun haben?“

    Auch das steht im Zitat: Diese Sexualorientierung von wird als FOLGE (mit Großbuchstaben) des Umgangs mit kirchlicher Moral hingestellt und das als Beispiel für „Prägung“ genommen. Schwule oder Lesben sind in dem Zitat die FOLGE katholischer Prägung. Da muss man sich nicht in irgendwas hineinsteigern, um einen Schluss auf die Sexualmoral des Theoretikers zu ziehen!

    „Es geht darum, dass Menschen mit homosexuellen Präferenzen, die katholisch erzogen wurden oft/manchmal Schuldgefühle wegen ihrer Homosexualität haben. Das ist erstmal ein Faktum, das zu erklären wäre“

    Nein, die Prägungstheoretiker nehmen das Faktum „Schuldgefühle“ dafür her, Homosexualität in eine FOLGE ganz anderer Schuldgefühle (nämlich der religiösen) zu verwandeln. Das wird schon ein unglücklich gewähltes Beispiel sein, wie Orpheus einwendet, zeigt aber die Nutzanwendung der Ideologie „Prägung“.

    „da ist etwas geschehen, was dazu geführt hat, das etwas rausgekommen ist.“

    So methodisch wollen das offensichtlich nicht einmal die sehen, die an Prägung glauben. Um die Begründungslosigkeit von „Prägung“ zu verschleiern (also warum aus einem bestimmten Geschehen etwas Bestimmtes herauskommt), sind die Beispiele so gewählt, dass z.B. die Schuldgefühle von Katholen neben die von Homos gestellt werden – und dann wird daraus via „Prägung“ ein Begründungszusammenhang. Schön wär’s, Orpheus hätte behauptet, irgendwas Unbekanntes sei die Folge von irgendwas Unbekanntem.

    „Darum geht es. Dass Homosexuelle Perverse wären – davon steht da nichts. Bleibt doch sachlich und erfindet nicht irgendwas.“

    Die Perversität von Homosexuellen ist bei der oben benannten „Prägung“ unterstellt. Dass die FOLGE von katholischer Moralverbreitung Homosexualität wäre, kann nur jemand behaupten, der Homosexualität nicht für etwas Normales hält. Nur so ist der konstruierte Zusammenhang zwischen Katholizismus und Sexualvorlieben überhaupt verstehbar.
    Es mag Zeiten gegeben haben, in denen mit dem Rassismusvorwurf inflationär umgegangen wurde, inzwischen gibt es eher ein Tabu, moralische Naturalisierungen (Rassismus) überhaupt als solche zu benennen.

  105. 9. Februar 2012, 10:56 | #105

    Name, als Einstieg nochmal die Stelle, über die du dich so empört hast:

    „PRÄGUNG: S. wächst in einer katholischen Familie auf. …
    FOLGE: Als erwachsener Mensch stellt sie fest, dass sie Homosexuell ist. Da das nach der Überzeugung ihrer Eltern usw. eine Sünde ist, fühlt sie sich konstant schuldig, … Doch dieses Gefühl sitzt so tief dass sie sich nicht dagegen verwehren kann.“

    Rein semantisch ist dein Vorwurf

    „Diese Sexualorientierung von wird als FOLGE (mit Großbuchstaben) des Umgangs mit kirchlicher Moral hingestellt und das als Beispiel für „Prägung“ genommen.“

    jedenfalls für mich nicht zu halten:
    Orpheus hat gerade *nicht* behauptet, daß dieser Mensch homosexuell geworden sei, *auf Grund* seiner katholischen Erziehung, sondern hat mit einem reinen Fakt angefangen: Ein Erwachsener gesteht sich endlich ein, homosexuell zu sein. Das habe ich schon daraus abgelesen, daß Orpheus geschrieben hat, daß dieser Mensch feststellt, daß er homosexuell *ist* und nicht, daß er das *geworden* sei (und selbst dann hätte er den Katholizismus ja noch als Grund angeben müssen, denn evident ist das ja nun wahrlich nicht). Für seine Argumentation hätte dieser Mensch, ganz heterosexuell, auch mit der Frau eines guten Freunds eine Beziehung anfangen können, dann hätte er die gleichen katholischen Schuldgefühle gehabt.

  106. Name
    9. Februar 2012, 16:50 | #106

    OK, war wohl so gemeint: Schuldgefühle in der Kirche, Schuldgefühle wegen Homosexualität, da kommt eins zum anderen.
    Und weil es Prägung sein soll, fehlt der Inhalt: Wenn jemand religiös motiviert Selbstbezichtigung (im Namen des Herrn) betreibt, müssen dem die himmlischen Gesetze, an denen er sich angeblich vergehe, einleuchten. Der muss ganz ohne kirchlichen Beistand denken, dass eheliche Untreue oder gleichgeschechtlicher Sex etwas Verwerfliches seien.

  107. Samson
    9. Februar 2012, 23:43 | #107

    Es ist mir hier wichtig zu betonen, daß der Mensch eben in seinem Denken, seinem Willen, seiner Stellung zur Welt wirklich frei ist. Daß da nichts irgendwie unabänderlich determiniert ist, aber Menschen eben gerade deshalb auch auf einem früher gefaßten Willen bestehen können, selbst wenn ich als Kommunist ihn jetzt dazu zu bringen versuche, doch lieber was anderes zu wollen.

    Ich hab noch nirgendwo eine elegantere Begründung dafür gefunden, warum andere Leute, die sich womöglich noch nicht mal als Kommunisten verstehen, es dann doch eher mit Klassenkampf als mit dem Überzeugen-wollen probieren. Der Witz ist ja, dass die Besitzer der Produktionsmittel nicht nur „auf einem früher gefaßten Willen bestehen“ sondern glaubhaft versichern, zu Gewaltmitteln zu greifen, sollte irgendwer ihnen diesen Willen auszureden versuchen …

  108. 10. Februar 2012, 08:51 | #108

    Das weiß ich auch, Samson, daß die meisten Menschen, vor allem die, die keine Kommunisten sind, Kampf, also auch Klassenkampf (wenn sie denn überhaupt in sowas reingehen mit einem Begriff von Klasse) zur Durchsetzung ihrer Interessen der Überzeugung vorziehen. Das ist in dieser Gesellschaft ja geradezu geadelt zumindest verstanden bis hin zur Billigung, der Staat geht überhaupt regelmäßig so vor mit seiner Gewalt zur Durchsetzung seines Rechts. Nazis braucht man deshalb z.B. auch nicht mit guten Gründen von ihrem Zeugs wegzukriegen, sondern die gehören entweder verboten und in den Knast, wenn es von normalen Denokraten kommt oder verprügelt, wenn es von Antifas kommt.
    Der Witz bei der Sache ist doch der, das zumindest proletarischer Klassenkampf erfolgreich letztlich überhaupt nur zustande kommt und vor allem siegreich sein kann, wenn die Klassenkampfadvokaten und Aktivisten ihre Klassenbrüder und Schwestern davon überzeugen können, daß es auch für sie Sinn macht, da mitzumachen.
    Selbst dein ja naheliegender Hinweis darauf, daß vor allem die Besitzer der Produktionsmittel „glaubhaft versichern, zu Gewaltmitteln zu greifen“, wenn man ihnen „ihre“ Produktionsmittel wegnehmen will, unterschlägt, daß es auch hier letztlich um Überzeugung geht und nicht um Gewalt an sich:
    Die Gewalt, zu der die herrschende Klasse greifen kann und will, besteht doch aus all den Menschen im Gewaltapparat von der Polizei bis zur Armee, um nur die wichtigsten zu nennen. Und die wird entweder dadurch unwirksam gemacht, daß die Kommunisten es schaffen, deren Loyalität zu diesem Eigentumssystem zu knacken, sie also zumindest zu massiven Zweifeln an ihrem Tun bis hin zur Verweigerung des Vorgehens gegen Klassenkämpfer bringen, vulgo sie überzeugen, oder der Haufen weniger Kommunisten wird niedergekämpft von der unerschütterten Masse der Gewalttäter dieses Staats.

  109. Samson
    10. Februar 2012, 10:20 | #109

    Der Witz bei der Sache ist doch der, das zumindest proletarischer Klassenkampf erfolgreich letztlich überhaupt nur zustande kommt und vor allem siegreich sein kann, wenn die Klassenkampfadvokaten und Aktivisten ihre Klassenbrüder und Schwestern davon überzeugen können, daß es auch für sie Sinn macht, da mitzumachen.

    Ja klar doch, aber das macht, wenn überhaupt, nur dann ‚Sinn‘, wenn die „Klassenkampfadvokaten“ quasi in die schon bestehenden Konflikte eingreifen i.d.S., dass sie ihnen eine bestimmte ‚Richtung‘ geben und es eben nicht dabei belassen, die Proleten für ihre falschen Vorstellungen zu kritisieren. Die Bolschewiki haben das ebenso gemacht wie später Castro oder heutzutage eben bspw. Chavez, Morales, Ortega, denen man allen ‚vorwerfen‘ kann, keinen Kommunismus praktiziert zu haben, als sie am Ruder waren. Aber für alle trifft zu was Diego Maradona sinngemäß mal über Fidel gesagt hat, dass der von allen Anführern auf der Welt am besten schlafen könnte, während die anderen allesamt dreckig wären.

  110. 10. Februar 2012, 10:58 | #110

    Deine „bestehenden Konflikte“ sind das Problem. Die gibt es doch noch gar nicht in einem Umfang, daß dein wohlfeiler Ratschlag, dieses Stürmen und Drängen „nur“ in „eine bestimmte ‚Richtung‘“ umzuleiten, überhaupt möglich wäre. Erst recht nicht, ohne „die Proleten für ihre falschen Vorstellungen zu kritisieren“. Denn denen eine andere (kommunistische) „Richtung“ nahezubringen, hat doch die Voraussetzung, daß die von ihren falschen Vorstellungen wenigstens grundsätzlich bzw. weitgehend weggebrochen wurden. Wenn nicht, dann wird es doch nur so weiter gehen können, wie eben jetzt, beschränkt in der Zahl der ganz grob klassenkämpferischen Lohnabhängigen und vor allem so schrecklich beschränkt in den Zielen, die sie damit zu erreichen versuchen.

  111. 10. Februar 2012, 11:02 | #111

    Noch ein Nachtrag zur Pseudoalternative interventionistisches Umleiten versus abstentionistisches pures Kritisieren:
    Wir beide haben doch wohl genügend Interventionisten scheitern sehen, als daß man weiter glauben könnte, der pure Entscheid, „bei den kämpfenden Massen“ zu sein, wäre eine Garantie für den kommunistischen Erfolg.

  112. Samson
    10. Februar 2012, 12:27 | #112

    Man muss schon ziemlich blind durch die Welt laufen, Neo, um zu sagen, es gäbe die Konflikte nicht. Jeden Tag werden irgendwo Leute entlassen, aus Wohnungen geworfen, weil sie die Miete nicht bezahlen können etc. Und jeden Tag führen die Imperialisten irgendwo Krieg außerhalb um Märkte, Ressourcen und innerhalb um niedrigere Löhne, längere Arbeitszeiten etc. pp.
    Daran gemessen ist es wirklich „wohlfeil“ den Leuten zu erzählen, sie wären in ihrer „Stellung zur Welt wirklich frei“, ganz so als gäbe es darin weder materielle und erst recht keine gesellschaftlichen Zwänge und nichts wäre folglich einfacher als Kommunismus zu machen. Kein Wunder daher auch das Vorträge haltende Kommunisten kaum so viel Gehör finden wie Wanderprediger oder Kabarettisten, von denen letzere sich immerhin damit begnügen, das Publikum wenn schon nicht überzeugt, dann wenigstens unterhalten zu haben …

  113. 10. Februar 2012, 12:55 | #113

    Samson, man kann deinen Begriff „bestehende Konflikte“ eigentlich nur sinnvoll so verstehen, daß damit bestehende tatsächliche Kämpfe gemeint sein sollen, jedenfalls Klassenkampf von „unten“, denn den von Oben, den hast du ja zurecht aufgeführt. Denn daß die kapitalistische Welt voller antagonistischer Widersprüche ist, das ist ja nun, jedenfalls hier, nicht der Erwähnung wert.
    Und es ist ein blöder Taschenspielertrick, mein Beharren auf der Willenfreiheit der Menschen, bei aller faktischen Unfreiheit zumindest in ihrer „Stellung zur Welt wirklich frei“ zu sein, damit zu blamieren zu versuchen, daß es doch massenhaft „materielle und erst recht … gesellschaftlichen Zwänge“ gibt. Das weiß nun wirklich jeder, das ist kein Spezialwissen von Kommunisten. Die sind übrigens, ist ja schon tausendmal erzählt worden, diesen Zwängen genauso ausgesetzt, wie all die anderen.
    Geradezu schäbig bis kabaretistisch wirst du aber, wenn du das alte DKP/SPD-Argument wieder rauskramst, daß Kommunisten (damals gerne „Sektierer“ genannt) einfach wenige sind, während die DKP (Gott hab sie selig) und die SPD immerhin die Massen hinter sich hätten. Ohne dich persönlich zu kennen, wage ich doch die Behauptung, daß auch du (und deine politische Tendenz) nicht und erst recht nicht mehr auf einem selbst vergleichsweise hohen Roß der Massenakzeptanz sitzt.

  114. Samson
    10. Februar 2012, 17:55 | #114

    Wenn ich mich recht erinnere, war doch dein Ausgangspunkt die Frage, warum Kommunisten mit ihrer Argumentation so wenig Erfolg bei den Proleten haben. Dagegen wäre m.E. schon mal einzuwenden, dass es verschiedene Gruppierungen gibt, die alle für sich in Anspruch nehmen, Kommunisten zu sein und gleichzeitig den Anspruch der jeweils anderen Gruppierungen vehement bestreiten.
    Es ist auch nicht so, dass die Proleten sich zu allen Zeiten den Anliegen von Kommunisten verschlossen hätten. Insbesondere dann nicht, wenn Kommunisten ihre Anliegen damit verbanden, sich um die materiellen Belange der Proleten zu ‚kümmern‘. Und wie schon erwähnt, man kann allen Kommunisten, die jemals irgendwo zu Macht und Einfluss gekommen sind (egal ob durch Revolution oder als Folge von Kriegen), vorhalten, dass unter ihrer Fuchtel kein Kommunismus praktiziert wurde. Aber man kann ihnen nicht nachsagen, dass sie sich um die materiellen Belange der Proleten im Rahmen ihrer Möglichkeiten (und das heißt eben innerhalb einer „kapitalistische(n) Welt voller antagonistischer Widersprüche“) nicht gekümmert hätten. Dass das gemessen an dem Anspruch, Kommunismus machen zu wollen, fast nichts ist, ändert an dem Fakt so wenig wie der Umstand, dass den an der Macht befindlichen Kommunisten die Proleten zeitweise in Scharen davonliefen.
    Das zu wissen, egal ob aus eigenem Erleben oder vom Hörensagen, und dann so zu tun als könnte man quasi um die antagonistischen Widersprüche herum diskutieren, also bspw. die praktische Notwendigkeit von Lohnkämpfen zu bestreiten (resp. so zu tun als wäre das kein Klassenkampf), mit dem Argument, damit würden die Proleten ihren Willen ausdrücken, für Lohn zu arbeiten, folglich hätten sie gegen das System nichts einzuwenden, weswegen man sie als wackerer Kommunist erstmal tüchtig kritisieren müsste, das halte ich nun wieder für fadenscheinig bis ignorant.
    Btw, wie jemand persönlich zu gewesenen oder existierenden politischen Vereinen steht, hat damit zunächst wenig zu tun. Meine persönliche Ansicht ist bspw., dass es für die meinetwegen ‚innere Struktur‘ solcher Vereine materielle Bedingungen gibt, die aber offenbar nicht von heute auf morgen veränderbar sind i.d.S., dass damit die antagonistischen Widersprüche resp. die „Muttermale“ beseitigt wären. Ob es zwingend notwendig ist, dass an die Macht gekommene Kommunisten deswegen periodisch ‚Säuberungsaktionen‘ in den eigenen Reihen durchexerzieren müssen, halte ich persönlich für zweifelhaft. Denn wenn die Revolutionäre sich nicht mal untereinander einigen können, wie wollten sie jemand anderes auch nur zu der Einsicht bringen, dass der ‚falsche Interessen‘ verfolgt …

  115. 11. Februar 2012, 13:32 | #115

    “ die praktische Notwendigkeit von Lohnkämpfen zu bestreiten (resp. so zu tun als wäre das kein Klassenkampf), mit dem Argument, damit würden die Proleten ihren Willen ausdrücken, für Lohn zu arbeiten, folglich hätten sie gegen das System nichts einzuwenden, weswegen man sie als wackerer Kommunist erstmal tüchtig kritisieren müsste, das halte ich nun wieder für fadenscheinig bis ignorant.“

    Die praktische Notwendigkeit von Lohnkämpfen bestreitet hier wohl niemand. Daraus folgt keine Affirmation von Lohnarbeit. Andererseits affirmieren die Lohnarbeiter den Kapitalismus und ihren Lohnkämpfen merkt man auch an, dass sie das tun. Also ist es auch richtig sie dafür zu kritisieren. Nebenbei würde es auch ihrem Lohnkampf ganz gut tun, wenn sie beim Kämpfen nicht immer das Anliegen der Gegenseite mit berücksichtigen würden, statt deren Schaden als Waffe zu betrachten.

  116. 11. Februar 2012, 13:48 | #116

    Ergänzend zu Krims Richtigstellung möchte ich auch hier noch mal an die Veranstaltung mit Mag Wompel von Labournet und Peter Decker vom GegenStandpunkt erinnern, die es in Berlin im Mai 2011 gegeben hat. Den Mitschnitt dazu gibt es bei archive.org:
    http://www.archive.org/details/SechsJahrzehteDgbKooperationOderKlassenkampf

  117. Samson
    11. Februar 2012, 17:29 | #117

    Andererseits affirmieren die Lohnarbeiter den Kapitalismus und ihren Lohnkämpfen merkt man auch an, dass sie das tun.

    Pauschal halte ich das für eine bloße Unterstellung und eben deswegen ist die Kritik an dem, was man den Lohnkämpfen anzumerken meint mindestens ebenso pauschal resp. abstrakt.

  118. 11. Februar 2012, 18:24 | #118

    Samson, deine versuchte Zurückweisung der Affirmation, (weil das natürlich und ja offensichtlich auch schon zugegebenerweise weder so sein muß, noch bei allen Arbeitern immer so war bzw. jetzt so ist,) hat den kleinen Mangel, daß es als Beschreibung deutscher Arbeitskämpfe des DGB zuallererst eben leider die Sachlage korrekt beschreibt.

  119. Samson
    12. Februar 2012, 00:01 | #119

    Neo, irgendeinen Verein, sei der groß (DGB) oder unbedeutend (DKP etc), mit der Klasse zu identifizieren und daran pauschal solche Art Affirmation bezüglich „die Lohnarbeiter“ zu bestimmen, halte ich für mindestens fragwürdig. Wie gesagt, m.E. gibt es für innere Struktur solcher Vereine materielle Bedingungen, die offenbar eben jenen antagonistischen Widersprüchen entspringen, die man aber, an deren meinetwegen ursächlichem Zusammenhang sich durch bloße Enteignung von Produktionsmitteln nicht viel ändert. Zumal nicht mal alle die sich ernsthaft als Kommunisten begreifen eine Ahnung haben, wie die Enteignung praktisch gehen soll, ohne dass dabei wieder ganz ähnliche Strukturen rauskommen wie die, die man eigentlich überwinden will.
    Für meine Begriffe ist das der wesentliche Grund, weshalb die Masse der Lohnarbeiter einer Art von Kritik nicht viel abgewinnen kann, die darauf rausläuft, ausgerechnet beim Lohnkampf den „Schaden [der Gegenseite] als Waffe zu betrachten“. Denn praktisch präferieren sie damit unmittelbar ihren eigenen materiellen Schaden. Den Laden unter kapitalistischen Bedingungen zu übernehmen, gelingt i.d.R. nur, wenn das ‚Betriebskapital‘ in überschaubaren Größenordnungen bleibt, also im „Dienstleistungsgewerbe“. Und selbst da machen es die Leute primär um 1) „… sich besser auf dem Markt durchsetzen zu können“ und 2) angenehmere Arbeitsbedingungen zu bekommen. So lange Leute, die sich als Kommunisten verstehen, nicht darüber zu verständigen in der Lage sind, was sie selber wollen, kann man das anderen Leuten, die sich nicht als Kommunisten begreifen, nicht mal übelnehmen. Und was die Kritik angeht, fürchte ich, dass die Kritsierten es so ähnlich sehen, wie es hier einer in einem ganz anderen Zusammenhang formuliert hat:

    „Übrigens sind die feinen Unterschiede zwischen den einzelnen linken Gruppierungen für den Bürger überhaupt nicht erkennbar. Sie sind auch nicht vermittelbar, weil man dazu eine Sprache benötigt, die die normalen Menschen nicht sprechen.“

  120. Wat.
    12. Februar 2012, 00:32 | #120

    @Samson
    Das mit den materiellen Bedingungen in den Vereinen sehe ich ein wenig anders…
    Die Bedingungen in den Vereinen sind schon Resultat von ‚was‘. Und ich würde eben meinen, dieses rührt aus dem Verständnis dessen, wie sie sich eine ‚bessere Welt‘ vorstellen.
    Da greift dann mE eins in eins.
    Wenn ich meine, den Kapitalismus nur besser machen zu müssen (unterstelle ich mal dem DGB), werde ich seine Grundfesten nicht anrühren und immer hübsch weiter versuchen, irgendwie einen Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit zu vermitteln und werde auch Strukturen haben, die dem jetzigen Gesellschaftsaufbau entsprechen.
    Wenn ich meine, daß ich gegen dieses System nur ankomme, indem ich seinen Staat zerschlage (unterstelle ich mal der DKP) und durch einen anderen, besseren ersetzen muß, bedarf das einer hohen Disziplin und dann werden die Strukturen dieser Organisation starke Ähnlichkeit mit dem Ziel haben.
    Oder anders: Das Ziel gibt die Orgstruktur vor – das Ziel kann nichts anderes werden, als die Orgstruktur vorgibt.
    Btw. Ich gehöre mittlererweile zu denen (wenigen?), die meinen, daß versucht werden muß, diesen Staat so weit wie möglich zurück zu drängen, bevor dann mal alle alles übernehmen wollen können… Bei mir wäre es also vermutlich max. so etwas wie ein Verband mit persönlicher Mitgliedschaft.

  121. 12. Februar 2012, 13:14 | #121

    „Denn praktisch präferieren sie damit unmittelbar ihren eigenen materiellen Schaden.“

    Wie ist das denn gemeint? Wenn sie streiken fällt der Lohn weg? – So gesehen wäre es am besten sie streiken gar nicht. Oder wie? Sie müssen aber streiken, weil das Kapital immerzu Klassenkampf von oben führt, den Lohn absolut und relativ kürzt, mehr Leistung aus ihnen herauspresst. Deshalb müssen sie kurzfristig einen Lohnausfall in Kauf nehmen, um dem Kapital zu zeigen, dass sein Zweck Geldvermehrung nur geht, wenn sie dabei mitmachen. Das Kapital nimmt das aber bloß ernst, wenn sie diesen Widerspruch auch wirklich durchziehen, Lohnausfall für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Dafür muss man sich darüber klar sein, dass man einen Gegensatz zum Kapital hat und darf nicht immer so tun als würde man in einem gemeinsamen Boot sitzen.

  122. Samson
    12. Februar 2012, 17:52 | #122

    @ Wat.

    Die Bedingungen in den Vereinen sind schon Resultat von ‚was‘. Und ich würde eben meinen, dieses rührt aus dem Verständnis dessen, wie sie sich eine ‚bessere Welt‘ vorstellen.

    Das sehe ich nun wieder anders. Die Bedingungen sind das was sie verändern wollen, sie sind aber gleichzeitig die Voraussetzung der ‚besseren Welt‘. Und das ist halt der Widerspruch daran, man kann sich keine meinetwegen ‚günstigeren Voraussetzungen‘ zusammenbasteln als die, die man nunmal ‚vorfindet‘. Die Bolschewiki hätten ihre Revolution womöglich auch lieber in einem ‚entwickelteren‘ Land mit einer ‚bewussteren‘ Lohnarbeiterschaft gemacht, dann hätte es womöglich weder der Zugeständnisse an die landlosen Bauern noch der NEP bedurft. Der Haken daran ist doch, was sind ‚klassenbewusste‘ Lohnarbeiter? Wenn die die Sorte Kritik, die Krim präferiert, ernstnehmen resp. Konsequenzen daraus ziehen, fordern die entweder den Kritiker auf gemeinsam mit ihnen auf die Barrikaden gegen das Schweinesystem zu gehen oder sie versuchen innerhalb dessen mit dem Arsch an die Wand zu kommen, ohne sich dermaßen fühlbar ausbeuten zu lassen. D.h., die suchen sich irgendeine ‚Marktnische‘ oder werden Lebenskünstler, Gangster etc.
    Im Übrigen hatte ich mit Struktur die Hierarchie, also die meinetwegen Entscheidungsebenen gemeint. Dass die DGB-Führung ab bspw. Betriebsratvorsitz den Kapitalismus lediglich zu ‚verbessern‘ resp. ‚optimieren‘ etc. anstrebt, stelle ich gar nicht in Frage. Dass die Basis diesbezüglich bloß die ‚Wahl‘ zwischen Pest und Cholera hat auch nicht. Aber genau das hat seine Bedingung eben darin, dass Betriebsrat i.d.R. schon ‚Karriere‘ bedeutet; und unter Verhältnissen, wo materielle Belange unter Marktteilnehmern ausgemacht werden, ist das eben so. Insofern wäre der ‚bessere‘ Staat, den möglicherweise die DKP-Führung präferiert, eben bestenfalls einer, in dem sich die Staatsführung um die materiellen Belange der ‚Werktätigen‘ kümmert, ohne indes die Lohnarbeit zu beseitigen, geschweige denn die Produktion für und die Verteilung vermittels Markt. Die Frage ist halt, ob das notwendig ist, und wenn ja, warum.
    Btw, „ein Verband mit persönlicher Mitgliedschaft“, die man also ‚aufkündigen‘ könnte, würde an dem ökonomischen Prozedere an sich nicht viel ändern; aber genau darum ginge es ja in einer ‚besseren‘ Welt …

    Wie ist das denn gemeint? Wenn sie streiken fällt der Lohn weg?

    Nee, bischen weniger Revenue schadet i.d.S. nix, wenn der Geschäftsführer auf den neuen Privatjet noch warten muss. Wirklicher Schaden ist die sinkende Profitrate, und die ist, analytisch gesehen, auch der Grund fürs vermehrte Auspressen von ‚Leistung‘, wobei das praktisch nur vermittels verbesserter Produktionsmittel geht. Und als deren Konsequenz werden die Leute dann ihren Job los, wenn bspw. der Marktanteil des individuellen Kapitals nicht vergrößert werden kann. Die Folge davon ist nämlich, dass es dann mit der Akkumulation Essig ist. Bestenfalls steht dann der Betriebsrat da und fordert den ‚Insolvenzverwalter‘ auf, den ‚Sozialplan‘ einzuhalten und einen ’neuen Investor‘ anzubringen o.s.ä.
    Täten die Leute dagegen mit der Absicht streiken, „um dem Kapital zu zeigen, dass sein Zweck Geldvermehrung nur geht, wenn sie dabei mitmachen“, dann könnten sie gleich auf Lohn verzichten und säßen folglich tatsächlich mit den Kapitalisten ‚in einem Boot‘, hätten aber keinen Widerspruch mit denen. Der Witz an der Angelegenheit ist doch, dass die Löhne zwar formal verhandelbar sind (deswegen gibts ja die ‚Tarife‘), die Marktpreise für den produzierten Krempel aber nie. Der Verkäufer kann verlangen, was er will, ob er das auch bekommt, ist eine ganz andere Frage.

  123. 12. Februar 2012, 19:46 | #123

    Samson, so richtig das im Allgemeinen ist, wenn du feststellst,

    „Die Bedingungen sind das was sie verändern wollen, sie sind aber gleichzeitig die Voraussetzung der ‚besseren Welt‘. Und das ist halt der Widerspruch daran, man kann sich keine meinetwegen ‚günstigeren Voraussetzungen‘ zusammenbasteln als die, die man nunmal ‚vorfindet‘.“

    so schleicht sich mir bei solchen Sachen, die ja eigentlich den Charakter von Binsenwahrheiten haben, der Verdacht ein, daß mit einem bestimmten, besonders einen niedrigen Ausgangsniveau dann bestimmte Verhältnisse und Strukturen gerechtfertigt werden sollen, die damit erst mal gar nichts zu tun haben.
    Z.B. ist es schon ein richtig grundlegendes Problem, inwieweit eine gemessen an der Gesamtbevölkerung selbst nur ihres eroberten Gebietes kleine Gruppe von Revolutionären dem Massenbewußtsein und den Interessen dieser Massen „voraus“ sein kann, ohne daß es knirscht (auf dei einschlägigen Erfahrungen der Bolschewiki hast du ja hingewiesen.)

    „Im Übrigen hatte ich mit Struktur die Hierarchie, also die meinetwegen Entscheidungsebenen gemeint. Dass die DGB-Führung ab bspw. Betriebsratvorsitz den Kapitalismus lediglich zu ‚verbessern‘ resp. ‚optimieren‘ etc. anstrebt, stelle ich gar nicht in Frage.“

    Ich hingegen stelle in Frage, daß das Bewußtseinsmäßig wirklich Welten zwischem dem BR-Vorsitzenden und seinen Wählern liegen. Übrigens schon deshalb, weil ja Betriebsräte von jeweils allen Mitarbeitern eines Betriebs gewählt werden (müssen), und nicht nur von den gewerkschaftlich Organisierten.
    Wenn deine XXX-Kommunisten noch nicht mal Lohnarbeit, Warenproduktion und die Herrschaft des Geldes abschaffen wollen, warum machen die denn dann etwas, was sie Revolution nennen müssen?? Und von allen Sachen, die notwendig sein mögen, warum soll denn ausgerechnet all dieser Scheiß auch noch in Zukunft objektiv notwendig sein?

  124. Samson
    12. Februar 2012, 22:19 | #124

    Neo, die Binsenweisheiten beziehen sich gar nicht auf besonders niedrige Ausgangspositionen, es geht mir auch nicht im Geringsten darum, die Strukturen zu rechtfertigen, die sich darauf aufgebaut hatten/haben. Das war halt so, Punkt.
    Der Streit, innerhalb der meinetwegen ‚klassenbewussten Arbeiterbewegung‘ (die zwar klein war, aber nie nur aus Funktionären/Berufsrevolutionären bestand) ging doch schon viel früher los und drehte sich wesentlich um zwei Aspekte: 1) das gesellschaftliche Verhältnis zwischen Produktions- und Konsumtionsmitteln, 2) wie kommt man da hin, dies Verhältnis so zu regeln/einzurichten etc., dass sich bspw. so etwas wie eine ’soziale Frage‘ o.s.ä. gar nicht mehr stellt. Ob man das dann Kommunismus oder vernünftig-organisierte-Produktion-brauchbarer-Sachen nennt, wäre mir persönlich schnurz.
    Wie weit diesbezüglich ein die Macht resp. den Staat erobernder Verein „dem Massenbewußtsein und den Interessen dieser Massen „voraus“ sein kann, ohne daß es knirscht“, hängt m.E. davon ab, inwieweit es denen gelingt, die (Re)Produktion zu (re)organisieren. Wenn man bspw. sagt, man ist auf ‚Marktinstrumente‘ angewiesen, egal ob für eine ‚Übergangsperiode‘ oder auf Dauer, dann ändert man an den Strukturen, die sich aus einer Produktion für den Markt ergeben, selbst dann herzlich wenig, wenn die revolutionäre Staatsmacht meint, den Mehrwert partiell quasi nach Gusto ‚verteilen‘ zu können (was 1) auf Dauer gar nicht funktionieren kann und 2) den Staat immer notwendiger statt überflüssig macht). Und vor allem dürfen sich die Revolutionäre dann nicht wundern, wenn von den Massen, deren Befreiung von kapitalistischer Ausbeutung doch der Zweck der Staats-Übernahme gewesen sein soll, immer mehr Karrieristen in den revolutionären Verein ’streben‘. Gleiches gilt m.E. für die Betriebsräte. Klar werden die von den Kollegen gewählt. Nur stellt sich eben die Frage 1) weswegen/wofür lassen die sich wählen (ich kenne ein paar Beispiele, die damit primär ihren eigenen ‚Kündigungsschutz‘ verbinden) und 2) wer entscheidet tatsächlich, wann warum wie tatsächlich Kampf stattfindet. Oder anders gesagt, wer handelt denn die Tarife aus, der 25% zustimmen müssen, damit sie ‚gültig‘ sind? Oder noch anders, nach welchen Kriterien werden die Forderungen gestellt, wenn unter der Überschrift Neue Runde im Verteilungskampf zu lesen steht (sic!):

    Voraussetzung für Forderung sei eine konstante wirtschaftliche Entwicklung – ohne neuen Einbruch.
    Der Zeitpunkt der Forderungsstellung müsse daher möglichst nahe am Beginn der Tarifrunde liegen, damit keine unvorhergesehenen Ereignisse wie plötzliche Konjunktureinbrüche das Ergebnis im Nachhinein für die eine oder andere Seite untragbar machten.

    Dagegen das Argument ins Feld zu führen, man müsse dem Kapital vertickern, „dass sein Zweck Geldvermehrung nur geht, wenn sie [die Arbeiter] dabei mitmachen“, halte ich für Quatsch, weil man damit Figuren wie dem Bsirske in die Karten spielt, der posaunt: „… im Abschwung ist der Binnenkonsum entscheidend für die Stabilität der Wirtschaft. Da darf es keine falsche Bescheidenheit geben“.

    Wenn deine XXX-Kommunisten noch nicht mal Lohnarbeit, Warenproduktion und die Herrschaft des Geldes abschaffen wollen, warum machen die denn dann etwas, was sie Revolution nennen müssen??

    Das musst du die selber fragen, es sind nicht „meine“. Ich hab nur gesagt, dass da wo sie an die Macht kamen, ihr Interesse den materiellen Belangen der Arbeiter galt und ihnen die Entwicklung der Wirtschaft (was so falsch nicht ist) und die Vergesellschaftung des Mehrwerts (was falsch ist) als geeignetes Mittel dazu erschien. Gegen den ’sozialistische Mehrwert‘ gabs übrigens reichlich Widerspruch innerhalb der herrschenden Vereine.
    Btw, Trotzki hat übrigens mal in einem Text Anfang des 20. Jahrhunderts behauptet, unter Führung der Imperialisten stünde die Welt nun vor der Aufgabe, die Produktivität zu steigern o.s.ä. (irgendwo hab ich den entsprechenden Text resp. eine Reverenz eines Trotzkisten darauf noch auf ’ner Festplatte liegen). Insofern bin ich mir gar nicht so sicher (das ist freilich ‚Kaffesatz‘), dass die Angelegenheit ökonomisch grundsätzlich anders gelaufen wäre, wenn statt Stalin in der SU Trotzki/Bucharin/Sinowjew etc. das Ruder übernommen hätten. Wie schon erwähnt, es geht um das wie der Beseitigung, über das sich m.E. erstmal die verständigen müssen, i.d.S. dass dabei sowas wie ein ‚gemeinsamer Nenner‘ rauskommt, die sich einbilden, meinetwegen über ‚kommunistisches Wissen‘ zu verfügen …

  125. Wat.
    12. Februar 2012, 23:09 | #125

    Btw, „ein Verband mit persönlicher Mitgliedschaft“, die man also ‚aufkündigen‘ könnte, würde an dem ökonomischen Prozedere an sich nicht viel ändern; aber genau darum ginge es ja in einer ‚besseren‘ Welt …

    Grundsätzlich ersteinmal nichts, aber wenn ich zu einer freien Gesellschaft will, scheint mir doch wenigstens schon mal die Grundvoraussetzung in einer insofern freien Organisation zu liegen und nicht in einer mit straffer Disziplin, die zwar die Abwählbarkeit von Leitungen ermöglichen soll, aber das bei gleichzeitiger Weisungsbefugnis dieser^^
    Außerdem, wie frei wird denn diese Gesellschaft, wenn wenige diese für viele frei machen sollen/wollen. Da müssen schon ein paar mehr so ganz freiwillig ran…
    @Kim B. und etwas auch ich hatten das hier zuletzt mit der Kommunalisierung und Demokratisierung von Energie, Wasser und Nahrung ausgeführt, von der wir uns a) ‚Verbesserungen‘ der ökonomischen Bedingungen versprechen und b) andererseits Menschen dafür zu interessieren, sich für ihre Interessen auch selbst einzusetzen (lernen).
    Wie will ich denn jemanden für eine ‚bessere Welt‘ gewinnen, wenn ich ihm andererseits klarmachen muß, daß er da auf (un-)bestimmte Zeit noch lohnabhängig ist. Also mich kriegt damit keiner mehr hinter dem Ofen vor, so mies ich auch Kapitalismus finde…
    … nen büschen mehr würd ich schon wollen würden.^^
    Und da ich nicht davon ausgehen möchte, beim ’nächsten Mal‘ auf der ‚richtigen Schreibtischseite‘ zu sitzen, lehne ich das mal eben ab.

    Wie schon erwähnt, es geht um das wie der Beseitigung, über das sich m.E. erstmal die verständigen müssen, i.d.S. dass dabei sowas wie ein ‚gemeinsamer Nenner‘ rauskommt, die sich einbilden, meinetwegen über ‚kommunistisches Wissen‘ zu verfügen …

    Das wie wäre an Gemeinsamkeit vielleicht schon mehr, als jetzt da an Einigkeit ist, noch wichtiger scheint mir aber das wofür.
    Ich sehe das mit dem Parteibildungsprozeß der Lohnabhängigen/Besitzlosen eben nicht mündend in der Rechtsform.
    Wann wollen ‚wir‘ denn mal anfangen, daß es da selbstbestimmte Menschen gibt, die es für einen Kommunismus bräuchte.
    Ich sehe da zwei Möglichkeiten
    a) wir versuchen jetzt damit anzufangen
    oder
    b) wir ‚verschieben‘ das auf nach einer Revolution – hätte aber den Nachteil, daß sich die Menschen dann von den Verhältnissen emanzipieren müssen(!). Wie und gegen wen würden sie das dann wohl tun…^^
    Für a) brauche ich ein Sammelbecken, was über Aktionen immer mehr Menschen aufnehmen kann, die sich versuchen selbst zu einigen und das dann von sich aus fest durchziehen oder eben auch nicht, wenn sie sich nicht einigen. Soll ja Sachen geben, wo nur Konsens geht und nicht mal Mehrheit reichen würde. [Edit] oder an einem Ort andere Bedingungen und Möglichkeiten sind, als an einem anderen. [Edit Ende]
    für b) brauche ich so etwas wie eine (zentrale) Kaderorganisation mit straffer Disziplin, die sich für andere ‚aufopfert‘.
    (Wozu eigentlich, wenn ‚die anderen‘ das (noch) gar nicht wollen)

  126. 13. Februar 2012, 00:57 | #126

    „Wirklicher Schaden ist die sinkende Profitrate, und die ist, analytisch gesehen, auch der Grund fürs vermehrte Auspressen von ‚Leistung‘,“

    So ein Quatsch. Das Kapital senkt die Löhne und erpresst mehr Leistung um mehr Gewinn zu machen. Da brauchen die keine sinkende Profitrate für. Die ist im Übrigen die Folge und nicht Ursache davon, dass das Kapital ständig lebendige Arbeit tote ersetzt (Maschinen) ersetzt, um einen Extraprofit zu machen.

    „Die Folge davon ist nämlich, dass es dann mit der Akkumulation Essig ist.“

    Auch Quatsch. Wenn das Kapital statt 15% Gewinn bloß 11% macht, deswegen ist nicht gleich die Akkumulation in Gefahr.

    „Bestenfalls steht dann der Betriebsrat da und fordert den ‚Insolvenzverwalter‘ auf, den ‚Sozialplan‘ einzuhalten und einen ‚neuen Investor‘ anzubringen“

    Das sind Argumente, die von dem Vertreter eines Unternehmerverbandes kommen könnten, aber nicht von einem Kommunisten. Am besten man hält die Klappe und lässt sich weiter ausbeuten, dann war wenigstens der Lohnkampf nicht dran schuld, wenn das Unternehmen trotzdem dicht macht.

    „Täten die Leute dagegen mit der Absicht streiken, „um dem Kapital zu zeigen, dass sein Zweck Geldvermehrung nur geht, wenn sie dabei mitmachen“

    , dann könnten sie gleich auf Lohn verzichten und säßen folglich tatsächlich mit den Kapitalisten ‚in einem Boot‘, hätten aber keinen Widerspruch mit denen.“ Das ist so verdreht, dass ich es nicht verstehe. Wieso soll denn Verzicht, also der Schaden der Proleten, ein Beleg dafür sein, dass sie den gleichen Zweck, wie das Kapital haben?

    „Der Witz an der Angelegenheit ist doch, dass die Löhne zwar formal verhandelbar sind (deswegen gibts ja die ‚Tarife‘), die Marktpreise für den produzierten Krempel aber nie.“

    Noch so ein Unternehmerargument. Die armen Unternehmer können gar nicht mehr zahlen, weil der böse Markt/ die bösen Käufer nicht mehr zahlen. Das sind die reinsten Unternehmersprüche. Als würden die sich nicht dumm und dämlich verdienen dadurch, dass sie ihre Arbeiter verheizen und in Not stürzen.

  127. 13. Februar 2012, 08:55 | #127

    Samson, mal abgesehen davon, daß ich schon schmunzeln mußte, daß du ernsthaft meintest betonen zu müssen, daß zur „klassenbewussten Arbeiterbewegung“ auch der eine oder andere Arbeiter außerhalb des ZKs der KPD gehört hat, wundert es mich daß du aus für mich einer Frage gleich zwei gemacht hast:

    „1) das gesellschaftliche Verhältnis zwischen Produktions- und Konsumtionsmitteln, 2) wie kommt man da hin, dies Verhältnis so zu regeln/einzurichten etc., dass sich bspw. so etwas wie eine ’soziale Frage‘ o.s.ä. gar nicht mehr stellt.“

    In der Tat ging es in den Gebieten, in denen bisher der Kapitalismus abgeschafft wurde, sei es durch Revolutionen, sei es im Zusammenhang mit dem Sieg der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg, zentral um die Frage, was produziert werden soll/muß. Und dieses „was“ war wiederum zentral eine Frage der Investitionsquote. Deine zweite Frage unterstellt aber implizit, daß diejenigen, die dies „regeln/einrichten“ offensichtlich nicht diejenigen sind, die im Kapitalismus von der „sozialen Frage“ betroffen waren und denen es nur durch die Revolution per se ja nicht gleich besser geht. Wenn hingegen die Werktätigen, die schließlich die Investitionsgüter genauso mit ihrer Arbeit ranschaffen müssen wie die Konsumgüter eh die sind, die diese Frage „beantworten“, also entscheiden, wo ist dann überhaupt das Problem?

    „Klar werden die [Betriebsräte] von den Kollegen gewählt. Nur stellt sich eben die Frage 1) weswegen/wofür lassen die sich wählen (ich kenne ein paar Beispiele, die damit primär ihren eigenen ‚Kündigungsschutz‘ verbinden) und 2) wer entscheidet tatsächlich, wann warum wie tatsächlich Kampf stattfindet. „

    Mir geht es nicht um die subjektiven Gründe von Betriebsratkandidaten, sondern was die Erwägungen sind, die in so einem Betrieb die dort Arbeitenden Jahr um Jahr dazu bringen, denen die Treue zu halten, wenn auch manchmal zähneknirschend, weil da offensichtlich Karrieristen dabei sind (jeder kennt die Betriebsräte, die es irgendwann schaffen und „Personalverantwortung“ übernehmen dürfen oder es sogar bis in den Aufsichtsrat schaffen, wenn der Laden dem Mitbestimmungsgesetz unterliegt)
    Auch deiner Frage „wer entscheidet [in Gewerkschaften]“ würde ich die wichtigere Frage entgegenhalten, was ist die Logik, die die betroffenen Lohnabhängigen dazu bringt, die sicherlich nicht von ihnen sondern sehr engen Zirkeln getroffenen Entscheidungen der Gewerkschaftsbürokratie letztlich mitzutragen.
    Mich wundert, daß du zur „Aufgabe, die Produktivität zu steigern“ nur irgendwie auf Trotzki hinweist, und vermutest,

    „dass die Angelegenheit ökonomisch grundsätzlich anders gelaufen wäre, wenn statt Stalin in der SU Trotzki/Bucharin/Sinowjew etc. das Ruder übernommen hätten.“

    Denn auch die wirst doch die Auseinandersetzungen innerhalb der KPdSU in den 20ern kennen, wo z.B. Preobashensky aus der Linken Opposition schon recht früh der Industrialisierung der SU das Wort geredet hat. Denn das die Wirtschaft im eroberten Gebiet schrecklich darnieder lag, war ja der tatsächliche Ausgangspunkt all der bitteren Kontroversen der damaligen Zeit.

  128. Samson
    13. Februar 2012, 09:24 | #128

    Das Kapital senkt die Löhne und erpresst mehr Leistung um mehr Gewinn zu machen. Da brauchen die keine sinkende Profitrate für. Die ist im Übrigen die Folge und nicht Ursache davon, dass das Kapital ständig lebendige Arbeit tote ersetzt (Maschinen) ersetzt, um einen Extraprofit zu machen.

    Das ist vulgärmarxistischer Hokuspokus, der aus der reichlich verkürzten Behauptung rührt, denen ginge es ohnehin nur um Geldvermehrung. Darin ist unterschlagen, 1) wie Gewinn machen überhaupt geht, unter der Voraussetzung, dass in der bürgerlichen Gesellschaft alles vertraglich geregelt ist (und genau das musst du denen, die du kritisieren willst, erstmal vertickern können), 2) wie das praktisch geht, „dass das Kapital ständig lebendige Arbeit tote ersetzt (Maschinen)“, wenn weder die lebendige noch gar die „tote“ Arbeit (was nichts anderes als vergangene bedeutet) auf Bäumen wächst, resp. woher das Kapital die Maschinen nimmt, und 3) dass „Extraprofit“ eine Kategorie der Konkurrenz der Einzelkapitale untereinander ist, mit der die Arbeiter nur mittelbar was zu tun haben.

    Wenn das Kapital statt 15% Gewinn bloß 11% macht, deswegen ist nicht gleich die Akkumulation in Gefahr.

    So pauschal lässt sich das gar nicht bestimmen, je größer die organische Zusammensetzung, also der Anteil des konstanten am Gesamtkapital, umso geringer wird der Prozentsatz sein, welcher die Akkumulation gefährdet. Im Übrigen sollte man als jemand der sich auf Marx beruft wissen, dass Gewinne realisiert werden beim Verkauf von Waren, nicht bei deren Ankauf, bspw. dem der Arbeitskraft.

    Das ist so verdreht, dass ich es nicht verstehe.

    Das kann ich mir vorstellen, liegt aber m.E. an deiner abstrusen Denke, die aus der Notwendigkeit, mit der das Kapital die Arbeiter ausbeutet, ein personifiziertes Interesse der Kapital-Funktionäre macht, die Arbeiter ins Elend zu stürzen. Der Gegensatz, den die Arbeiter deiner Fassung nach zum Kapital haben, ist einer um den jeweiligen Anteil am ‚gesellschaftlichen Reichtum‘ o.s.ä., der sich in Geld ausdrückt und von dem sich die Arbeiter im Lohnkampf ein größeres Stück ergattern sollen. Dass aber selbst in einer kommunistischen Gesellschaft dieser ‚gesellschaftliche Reichtum‘, der sich dann nicht mehr in Geld sondern in brauchbaren Sachen darstellt, quasi ‚zerfällt‘ in Produktions– und Konsumtionsmittel und es primär von deren Verhältnis abhängt, wie ‚wohlhabend‘ eine Gesellschaft ist und wieviel gesellschaftliche Arbeit deren Mitglieder verrichten müssen, geht halt unter, wenn man über die Charaktermasken des Kapitals nur zu sagen weiß, „Als würden die sich nicht dumm und dämlich verdienen dadurch, dass sie ihre Arbeiter verheizen und in Not stürzen.“, geradeso als wären Gewinn und Revenue dasselbe.
    @Wat.
    Die Frage ist, warauf die „Weisungsbefugnis“ basiert. Hat meinetwegen die Basis mehr oder weniger ‚einstimmig‘ beschlossen, dann ist die Weisung m.E. nur anderer Ausdruck für ‚Verbindlichkeit‘. Falls nicht, brauchen Weisende Gewaltmittel gegen die Basis. Und das wäre dann wohl Ausdruck dafür, dass tatsächlich eine Minorität ihren Willen der Majorität aufzwingt, egal welcher Zweck damit verbunden ist. Historisch war es stets so, selbst wenn der Zweck vernünftig schien, hatten die ‚Kader‘ nicht um des Zwecks willen diszipliniert zu sein, sondern weil sie die Minorität darstellten, die nicht imstande war, den gesellschaftlich vernünftigen Zweck der Majorität zu vertickern.
    Btw, ich wüsste noch viel mehr Bereiche als nur Ressourcen, die unter meinetwegen kommunale Kuratel zu stellen wäre, bspw. alle Infrastrukturen, das komplette ‚Gesundheitswesen‘, ebenso alle ‚Bildungseinrichtungen‘ etc. Die Frage ist auch hier, wie setzt sich das Kuratorium zusammen. Das ‚wir‘ ist eben kaum zu vertickern unter Verhältnissen, die die Leute auf Individuen in allen Lebenslagen reduzieren. Kein Wunder eigentlich, dass die Masse sowas wie ‚Halt‘ oder ‚Sinn‘ nur noch in vergleichsweise archaischen Strukturen wie Familie zu entdecken vermag …

  129. 13. Februar 2012, 09:53 | #129

    „Btw, ich wüsste noch viel mehr Bereiche als nur Ressourcen, die unter meinetwegen kommunale Kuratel zu stellen wäre, bspw. alle Infrastrukturen, das komplette ‚Gesundheitswesen‘, ebenso alle ‚Bildungseinrichtungen‘ etc.“

    Sowas schlagen ja immer wieder mal Leute vor. Ich frage mich dann immer, was denn überhaupt „kommunale Kuratel“, „betriebliche Selbstverwaltung“ usw. bedeuten kann, wenn man es doch mit einer hochgradig integrierten, arbeitsteiligen Wirtschaftweise zu tun hat.
    Was soll also ein Krankenhaus „selbstbestimmen“, wenn es seine Arzneimittel aus einem Werk in den USA, seine OP-Tische aus Italien und seine Energie aus dem Gesamtnetz und angeblich aus Windkraftparks in der Nordsee bezieht? Das ist doch ungefähr soviel „Selbst“verwaltung wie bei der Bezirksverordnetenversammlung von Kreuzberg.

  130. Samson
    13. Februar 2012, 12:56 | #130

    In der Tat ging es in den Gebieten, in denen bisher der Kapitalismus abgeschafft wurde, sei es durch Revolutionen, sei es im Zusammenhang mit dem Sieg der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg, zentral um die Frage, was produziert werden soll/muß. Und dieses „was“ war wiederum zentral eine Frage der Investitionsquote.

    Und nun vertickere mal jemanden, der sein ganzes Leben hindurch darauf verwiesen/abgerichtet/erzogen etc. wird, als Individuum in Konkurrenz zu allen anderen Individuen mit dem Arsch an die Wand zu kommen, was zentral und was eine Investitionsquote sein soll. Weshalb sind denn die Bolschewiki hingegangen und haben die Ernten der Bauern einkassiert? Aus der Perspektive der Bauern als Individuen ist doch scheißegal, ob damit tausend(e) Kilometer entfernt Arbeiter zu ernähren sind oder die Politkommisare sich damit ‚einen Lenz‘ machen. Zudem sollte man, auch wenn man die selber für Hokuspokus hält, die ideologische Komponente, bspw. Beeinflussung seitens Kirche etc. nicht unterschätzen (in dem Zusammenhang halte ich für nicht ganz unwesentlich die Propaganda von der SU als ‚Vaterland der Werktätigen‘ resp. den Umstand, dass heute noch die Mehrzahl der Russen den WK II als ‚Großen Vaterländischen Krieg‘ ansieht). Meine These ist schon lange, dass der Nationalismus der Leute nicht den proletarischen Internationalismus befördert sondern eher verhindert hat. Und ohne diese Nationalismus hätte es vermutlich nicht mal WK I so gegeben (letzteres ist halt auch wieder ‚Kaffesatz‘ i.d.S., dass dann der Krieg der Imperialisten womöglich in den von Lenin etc. propagierten Bürgerkrieg gegen die Imerialisten ‚umgewandelt‘ worden wäre).
    Was für die Bauern gilt, trifft fast noch mehr auf die Produktionsarbeiter zu. Die haben noch nicht mal eine Scholle, an der sie ‚kleben‘, die sind darauf angewiesen, sich ihre Lebensumstände komplett zu kaufen oder ‚zugeteilt‘ zu bekommen. Oder was glaubst weswegen solche gerechter-Arbeitslohn-Avancen alà Proudhon derlei Zulauf hatten? Mit dergleichen Propaganda wird halt auch wieder das Individuum ideologisch bedient. M.E. spielt eine wesentliche Rolle auch, dass die ‚Spezialisierung‘ als Folge von Arbeitsteilung unter der Industriearbeiterschaft mit dem Verlust jeglicher Perspektive für den meinetwegen ‚übergeordneten‘ Zusammenhang der individuellen Arbeit mit zig anderen (Teil)Arbeiten einhergeht. Die Leute werden quasi ‚Fachidioten‘, sprechen ‚Fachchinesisch‘, das außerhalb ihrer konkreten Tätigkeit niemand versteht, und müssen folglich bei jeder ‚Verschiebung‘ von einer profitablen Branche in eine andere ‚qualifiziert‘ werden. Und oft genug ist Rumschubserei noch mit dem Verlust persönlichen Bindungen verbunden, die aber offenbar das Motiv sind, den ganzen Lohnarbeits-Schwurbel incl. Lohnkürzung, Arbeitszeitverlängerung, Leistungshetze etc. pp. zu ertragen. Nichts ist uns ‚Gesellschaftstierchen‘ offenbar so unerträglich wie der Verlust persönlicher Beziehungen und als nichts anderes stellt sich Vereinsamung und Verkümmerung des Individuums dar. Aller aufgehäufter ‚Reichtum‘, zeige der sich nun in Privatjet, SUV oder 10000-qm-Villa am Seeufer, verwandelt sich unversehens in wertlosen Müll, sobald niemand mehr da ist, vor dem man damit angeben kann.
    In gewisser Weise hat Wat. recht, das ‚wir‘ ist das entscheidende Moment, Lohn ist aber eine individuelle Angelegenheit, gleichgültig ob die Gegenseite viele oder nur eine einzige Arbeitskraft ausbeutet. Dahin muss man die vereinzelten Individuen aber erstmal bringen.

    Ich frage mich dann immer, was denn überhaupt „kommunale Kuratel“, „betriebliche Selbstverwaltung“ usw. bedeuten kann, wenn man es doch mit einer hochgradig integrierten, arbeitsteiligen Wirtschaftweise zu tun hat.

    Ich mich einerseits auch, andererseits würde ich Kommune (i.d.S. von ‚Gemeinschaft‘) nicht unbedingt auf Dorf, Stadt, Agglomeration beschränken und in ‚größeren‘ Zusammenhängen kann man schon in Frage stellen, dass Infrastrukturen ‚gewinnorientiert‘ funktionieren sollen. Wo das Krankenhaus sein sachlichen Mittel herbekommt, ist dabei gar nicht die Frage, sondern ob das ‚Betriebsergebnis‘ einen Gewinn ausweisen soll oder nicht. Wenn nicht, dann ‚besorgt‘ eben die Kommune den neuen OP-Tisch, dafür darf der gewinnorientierte Mittelständler die ‚Standorterschließung‘ für seine neue Fabrik selber bezahlen …

  131. 13. Februar 2012, 13:30 | #131

    „Und nun vertickere mal jemanden, der sein ganzes Leben hindurch darauf verwiesen/abgerichtet/erzogen etc. wird, als Individuum in Konkurrenz zu allen anderen Individuen mit dem Arsch an die Wand zu kommen, was zentral und was eine Investitionsquote sein soll. „

    Das war schwierig, das kann man ja nachlesen. Damit gehst du aber recht zügig über das zugrunde liegend Problem hinweg: In einer Welt von Konkurrenzlern, zahlenmäßig vor allem Menschen auf dem Land, schaffen es eine daran gemessen Handvoll von Revolutionären, die sich gerade mal auf organisierte Arbeiter in ein paar Städten und eben gerade in der Hauptstadt stützen konnten, die Staatsgewalt in die Hand zu kriegen. Dann konnte das eben nur zwei Wege gehen: entweder man überzeugt auf die Schnelle – und viel Zeit hatten die dafür natürlich nicht, schon wegen des bald aufziehenden Bürgerkriegs – hinreichend viele von diesen Konkurrenzlern, es doch kommunistisch zu versuchen, oder man muß eben auf gewaltsame Vorherrschaft über die setzen, wenn man den dafür hinreichenden Gewaltapparat dazu genausoschnell zusammenschustern kann.
    Geradezu schräg kommt in diesem Zusammenhang deine Erkenntnis:

    „Meine These ist schon lange, dass der Nationalismus der Leute nicht den proletarischen Internationalismus befördert sondern eher verhindert hat.“

    Ja, so ist das auch damals schon gewesen, daß Konkurrenzler auch noch Nationalisten gewesen sind (und religiös obendrein zumeist auch noch). Und nur, wenn man den ideologisch bricht, kann man die Leute für Kommunismus gewinnen.

    „M.E. spielt eine wesentliche Rolle auch, dass die ‚Spezialisierung‘ als Folge von Arbeitsteilung unter der Industriearbeiterschaft mit dem Verlust jeglicher Perspektive für den meinetwegen ‚übergeordneten‘ Zusammenhang der individuellen Arbeit mit zig anderen (Teil)Arbeiten einhergeht.“

    Das ist kein ehernes Gesetz. In dem avanciertesten Industriebetrieb von St. Petersburg, den Putilow-Werken waren die Arbeiter sich auch schon enorm „spezialisiert“. Aber Gerade dort haben die Bolschewiki den Kern ihrer Anhängerschaft in der Arbeiterklasse aufgebaut. Es kommt eben immer darauf an, was sich jemand, hier ein Arbeiter, für einen Reim macht über die beschissenen Verhältnisse, in denen er steckt.

    „in ‚größeren‘ Zusammenhängen kann man schon in Frage stellen, dass Infrastrukturen ‚gewinnorientiert‘ funktionieren sollen“

    Wie groß ist größer? Bzw. welches Ausdehnung muß eine Insel haben, damit sie wenigstens für eine Weile etwas mehr recht als schlecht über die Runen kommen kann, ohne dem Druck des restlichen Meeres der imperialistisch/kapitalistischen Welt zu unterliegen. „Kommunale Kuratel“ scheint mir da eher eine Schimare denn eine Perspektive zu sein.

  132. 13. Februar 2012, 13:42 | #132

    „denen ginge es ohnehin nur um Geldvermehrung.“ Was soll denn daran vulgärmarxistisch sein? Denen g e h t es halt bloß um Geldvermehrung. Da kann ich doch nix für. Der Kapitalismus ist halt vulgär und schlimmeres.
    „1) wie Gewinn machen überhaupt geht, unter der Voraussetzung, dass in der bürgerlichen Gesellschaft alles vertraglich geregelt ist“ Was erzählst du für Stuß? Ein Vertrag hält von nichts ab, sondern schreibt nur den Willen fest. Warum soll denn ausgerechnet ein Vertrag gegen Ausbeutung sprechen?
    2) “ wie das praktisch geht, „dass das Kapital ständig lebendige Arbeit tote ersetzt (Maschinen)“, wenn weder die lebendige noch gar die „tote“ Arbeit (was nichts anderes als vergangene bedeutet) auf Bäumen wächst, resp. woher das Kapital die Maschinen nimmt,“ Wo soll denn da ein Problem sein? Wenn die Maschinerie sich lohnt, wird sie gekauft. So einfach ist das. 3)„dass „Extraprofit“ eine Kategorie der Konkurrenz der Einzelkapitale untereinander ist, mit der die Arbeiter nur mittelbar was zu tun haben.“ Ja und? Wenn sie mittelbar entlassen werden, ist es auch nicht besser.
    „So pauschal lässt sich das gar nicht bestimmen,“ Die 11% waren auch nur ein Beispiel.
    „dass Gewinne realisiert werden beim Verkauf von Waren, nicht bei deren Ankauf, bspw. dem der Arbeitskraft.“ Und wo hätte ich behauptet, dass Gewinne beim Ankauf realisiert werden? Ich habe behauptet, dass ein Steigen des Lohns die Gewinne schmälert und nicht notwendig gleich auffrisst.
    „die aus der Notwendigkeit, mit der das Kapital die Arbeiter ausbeutet, ein personifiziertes Interesse der Kapital-Funktionäre macht, die Arbeiter ins Elend zu stürzen.“ Wo steht denn das? Ich sagte das Kapital stürtzt die Arbeiter, wegen des Gewinns ins Elend. Klar haben sie ein personifiziertes Interesse am Gewinn. Das Elend, das sie verursachen geht ihnen dafür am Allerwertesten vorbei. „Böse“ sind sie nicht, sondern „bloß“ Funktionäre des Gewinnemachens, was die Sache da notwendig in der Sache begründet höchstens schlimmer macht.
    „Dass aber selbst in einer kommunistischen Gesellschaft dieser ‚gesellschaftliche Reichtum‘, der sich dann nicht mehr in Geld sondern in brauchbaren Sachen darstellt, quasi ‚zerfällt‘ in Produktions- und Konsumtionsmittel und es primär von deren Verhältnis abhängt, wie ‚wohlhabend‘ eine Gesellschaft ist und wieviel gesellschaftliche Arbeit deren Mitglieder verrichten müssen,“ Du bringst alles durcheinander. Was hat denn Gewinn mit der Aufteilung der Gebrauchswerte in Produktionsmittel und Konsumtionsmittel zu tun. V (Lohn) und c (konstantes Kapital) sind doch schon längst bezahlt, bzw. sie werden im Produktionsprozess reproduziert oder aufs Produkt übertragen, wenn dann nach dem Verkauf ein Gewinn übrigbleibt. Der Gewinn ist kein Produktionsmittelfond, auch nicht zum Teil, wie dein Vergleich mit einer kommunistischen Gesellschaft nahe legt.
    „„Als würden die sich nicht dumm und dämlich verdienen dadurch, dass sie ihre Arbeiter verheizen und in Not stürzen.“, geradeso als wären Gewinn und Revenue dasselbe.“ Erklär mal wie du aus „dumm und dämlich verdienen“ raushörst, Gewinn und Revenue seien das selbe? Das tun sie doch und wieviel von ihrem Gewinn sie verprassen und wieviel sie Zwecks noch mehr Gewinn wieder anlegen, ist mir ehrlich gesagt egal. Jedenfalls verdienen sie sich dumm und dämlich, indem sie ihre Arbeiter verheizen und in Not stürzen. Wenn sie nicht alles davon verprassen, sondern als Kapital verwenden, dann stürzen sie noch mehr Arbeiter in die Nöte eines Arbeiterlebens. Toll.

  133. Name
    13. Februar 2012, 14:59 | #133

    „In gewisser Weise hat Wat. recht, das ‚wir‘ ist das entscheidende Moment, Lohn ist aber eine individuelle Angelegenheit, gleichgültig ob die Gegenseite viele oder nur eine einzige Arbeitskraft ausbeutet. Dahin muss man die vereinzelten Individuen aber erstmal bringen.“

    Das ist alles sehr mehrdeutig formuliert:
    1. Zu einem abstrakten „Wir“ muss man die Leute leider nicht bringen, „Wir“ sagen die andauernd – bloß meinen sie nie „wir Lohnabhängige“.
    2. Lohn ist nie nur eine „individuelle Angelegenheit“, es ist doch Ideologie, auf einem Lohnstreifen stünde eine für die individuell geleistete Arbeit entsprechende Summe. Dem Löhner ERSCHEINT das Verhältnis seiner Vernutzung zu der damit kalkulierten Lohnkost i.d.R. bloß als individuelles Verhältnis, weil der keine Ahnung von seiner Klassenzugehörigkeit hat und haben will.

  134. Wat.
    15. Februar 2012, 15:26 | #134

    Macht es eigentlich irgendeinen Sinn noch weiter zu reden oder zu diskutieren, wenn @Name hier feststellt, daß der Löhner keine Ahnung von seiner Klassenzugehörigkeit haben will
    @Samson

    Die Frage ist, warauf die „Weisungsbefugnis“ basiert. Hat meinetwegen die Basis mehr oder weniger ‚einstimmig‘ beschlossen, dann ist die Weisung m.E. nur anderer Ausdruck für ‚Verbindlichkeit‘. Falls nicht, brauchen Weisende Gewaltmittel gegen die Basis. Und das wäre dann wohl Ausdruck dafür, dass tatsächlich eine Minorität ihren Willen der Majorität aufzwingt, egal welcher Zweck damit verbunden ist.

    Nein, die Frage ist, wozu es eine „Weisungsbefugnis“ braucht. Das braucht eine Minderheit, die der Lage immer Herr sein oder werden will. Wenn sich eine Mehrheit über was einig ist, dann findet das allein durch die Mehrheit statt, da braucht es weder eine extra vereinbarte Verbindlichkeit noch eine Weisungsbefugnis für die, die nicht die Mehrheit sind.
    Du kommst auf Dauer auch mit Disziplin nicht gegen inhaltlich andere Überzeugungen an.
    Das ist dann mal meine Überzeugung und Erfahrung.
    Wenn ich schreibe:

    Wann wollen ‚wir‘ denn mal anfangen, daß es da selbstbestimmte Menschen gibt, die es für einen Kommunismus bräuchte.

    Dann ist das „Wir“ nicht unwichtig. Wichtig ist (mir) bei diesem Satz, daß es selbstbestimmte Menschen für den Kommunismus braucht.
    Menschen, die sich von den Verhältnissen emanzipiert haben.
    Wie Kapitalismus ‚funktioniert‘ kannste ja vielleicht noch auf einen theoretischen Lehrgang oder durch einen guten Vortrag lernen. Wie emanzipieren ‚geht‘, das bringt nur die Praxis.
    Wenn sich jemand drauf einlassen würdededede, den Weg, den wir für richtig halten zu gehen, dann kommt er/wir vielleicht aus dem Kapitalismus heraus – er und auch wir kommen so aber eben nicht im Kommunismus an.
    Er ist nämlich nur den von uns ‚vorbestimmten‘ Weg nachgelatscht und hat sich drauf verlassen, daß das schon seine Richtigkeit haben wird.
    Und ganz ehrlich, so recht Ahnung, wie „emanzipieren“ geht oder im Detail aussieht, haben wir doch nicht mal für unsere eigene Person.
    Ich weiß nur, daß ich das nicht vorgeben kann, nicht vorschreiben kann, daß es womöglich nicht so ‚läuft‘, wie das meinem Gehirn entspringt…
    Ich denke mir nur, daß da, wo jemand in Konflikt mit diesem System gerät, er nach Lösungen sucht, ich ihm dabei zur Seite stehen sollte – nicht als Oberlehrer, der schon alles weiß – als einer, der seine Sorgen ernst nimmt und auch viel kleinere Etappenziele mit ihm gemeinsam angeht.
    (Wenn wir dabei nämlich Erfolg haben, darf ich wieder kommen und er wird mich als Freund, der seine Sorgen ernst nimmt, vielleicht gar die gleichen hat, annehmen)
    Abgesehen davon, gibts aus Erfolgen und Niederlagen eine Menge zu lernen…
    Wir sollten nicht immer zu viel mit einmal wollen – dann ‚kriegen‘ wir nämlich gar nichts.
    @Neoprene @Samson
    Natürlich kämen in einem kommunalen, selbstverwalteten Krankenhaus die Medikamente outside, die OP-Tische outside, herrscht ‚draußen‘ der Markt. Aber die Menschen entscheiden wie sie innerhalb die Abläufe gestalten (können), sie finden vielleicht auch schon eine Verknüpfung in kleineren Teilen, die outside nicht auf Markt beruht…
    Um dieses ‚Lernen‘ der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung gehts (mir).
    Ich bin überzeugt, wenn wir weiter kommen wollen, müssen wir so etwas forcieren.
    … Unabhängig davon ob es sofort als Wegrichtung „Kommunismus“ erkennbar ist.
    Wenn es Lohnabhängige schaffen Partei/Widerpart zu sein, dann finden sie auch den Weg – dann sind sie sich ihrer Macht mal bewußt, dann haben sie auf dem Weg ihrer eigenen Parteibildung gelernt, wie gemeinsam ‚Gesellschaft anders geht‘.
    Btw. Wäre nett, wenn jetzt nicht wieder ein Beitrag kommt, der ausdrückt, was alles nicht geht… ;~)

  135. 15. Februar 2012, 15:54 | #135

    Wat., wenn du entgeistert fragst:

    „Macht es eigentlich irgendeinen Sinn noch weiter zu reden oder zu diskutieren, wenn @Name hier feststellt, daß der Löhner keine Ahnung von seiner Klassenzugehörigkeit haben will…“

    Dann kann ich dir nur für mich antworten, daß ich dann eher mit dir nicht mehr weiterdiskutieren wollte, wenn du das wirklich ernst meinen solltest, als mit Name:
    Bei dir klingt da nämlich der unselige alte „Objektivismus“ der Arbeiterbewegung an, wonach es sozusagen nur eines kleinen agitatorischen Anschubsers bedürfe, um aus der Klasse an sich die Klasse für sich zu machen. Das ist nach rund 150 Jahren, wo Linke sowas versucht haben, als gescheitert anzusehen. Den Reim, den ein Lohnabhängiger, der ja weiß, daß er in diesem System vom Lohn abhängt, sich darauf macht, was er dann aus diesen bescheiden bleibenden Leben macht, das ist überhaupt nichts, was durch die „objektive Klassenlage“ vorgegeben wäre. Der eine geht auf eine Abendschule, um dem als bitter erkannten Los doch noch auf dem zweiten Bildungsweg entkommen zu können und der andere geht abends zu einer Kapitalschulung, um ein solider Kommunist zu werden. Und am nächsten Morgen treffen sie sich wieder am Betriebseingang.

  136. 15. Februar 2012, 16:01 | #136

    „Natürlich kämen in einem kommunalen, selbstverwalteten Krankenhaus die Medikamente outside, die OP-Tische outside, herrscht ‚draußen‘ der Markt. Aber die Menschen entscheiden wie sie innerhalb die Abläufe gestalten (können), sie finden vielleicht auch schon eine Verknüpfung in kleineren Teilen, die outside nicht auf Markt beruht…“

    Wat., du bist nicht zufällig Leiterin einer Kita oder Lehrer an einer Gesamtschule? Von denen kenne ich die verbissene Verteidigung der Möglichkeit der „Selbstverwaltung“ in Systemen, die sowas von reglementiert sind, nämlich am häufigsten. Mit so jämmerlich wenig sollten sich Kommunisten schon mal nicht zufrieden geben.

  137. Wat.
    15. Februar 2012, 16:02 | #137

    @Neoprene: Es hat sich mir so absolut nach: „Bringt doch alles nichts“ angehört, was dann aber nicht dazu paßt, daß wir hier und damit auch @Name trotzdem schreiben…
    Es war insofern weniger entgeistert, als kleiner Protest gegen das Absolute.

    Und am nächsten Morgen treffen sie sich wieder am Betriebseingang.

    … wenn sie sich da noch treffen (können).
    Nee, aber mal im ernst – es ist doch immer mehr so, daß auch der zweite Bildungsweg nicht davor schützt, dem als bitter erkannten Los zu entkommen.
    Derjenige wird darum nicht gleich zum Kommunist, er rennt nicht mal gleich zur Kapitalschulung, aber er versucht doch dann was anderes – warum sind wir bei dem anderen dann nicht dabei…

  138. Wat.
    15. Februar 2012, 16:08 | #138

    @Neoprene

    Wat., du bist nicht zufällig Leiterin einer Kita oder Lehrer an einer Gesamtschule?

    Nee, isse nich – wollte se auch nienich werden. Einer meiner Ausbildungs-Berufe ist Anlagentechniker (FA für Anlagentechnik)

    Mit so jämmerlich wenig sollten sich Kommunisten schon mal nicht zufrieden geben.

    Wo steht, daß Du oder ich mich damit dauerhaft zufrieden geben will.
    Nee, ist ein Mittel zum Zweck!
    Zweck = Kommunismus
    Mittel = Erlernen der Selbstbestimmung und Selbstverwaltung während des Parteibildungsprozesses der Besitzlosen/Lohnabhängigen.

  139. 15. Februar 2012, 16:11 | #139

    Wat. mit meinen Beispielen ging es mir nicht darum, was einem Lohnabhängigen passiert, insbesondere was ihm individuell passiert, sondern welche Gedanken und Pläne er sich ob der erkannten nicht sonderlich befriedigenden Lage darauf hin macht. Und ob der mit seinem Fernstudienabschluß auch nur zu denen gehört, die dann nicht rausgeschmissen werden, wenn mal wieder eine Verschlankung nötig ist, da wird er dann schon sehen. Genauso wie den Kommunisten in spe auch kein Arbeiterparadies ab der nächsten Sommerpause erwartet.

  140. Wat.
    15. Februar 2012, 16:19 | #140

    @Neoprene
    Einverstanden, irgendwann wird aber dieser Einzelne gucken (müssen), ob er ‚Leidensgenossen‘ hat.
    Jeder lernt irgendwann, daß er allein gar nichts reißt, auch wenn er es immer dachte…
    Wie gesagt, er wird darum nicht gleich zum Kommunisten, er kommt zu Dir als evtl. Leidensgenossen auch nicht, weil Du Kommunist bist, wenn, dann, weil Du ein Leidensgenosse bist, mit dem er vielleicht zusammen was machen kann.
    Knallen wir ihm dann vor, daß er zuallerst den Kap. abschaffen muß, bevor sich was ändert, war es das letzte Treffen.
    Warum nicht zuhören und auch wenn das nicht gleich geradeaus zum Kommunismus geht, das umsetzen versuchen, was er sich so denkt.
    Kannst ihm ja Deine Bedenken schildern, warum seine Vorstellungen nicht oder nicht dauerhaft umsetzbar sind – aber hilf ihm trotzdem mit aller Kraft, das mit ihm gemeinsam durch zu ziehen.
    Wir kriegen sonst kein Wir…, meine ich.
    … und das ist die wichtigste Voraussetzung für alles, was wir mal wollen.

  141. 15. Februar 2012, 16:40 | #141

    „Jeder lernt irgendwann, daß er allein gar nichts reißt, auch wenn er es immer dachte…“

    Nein, das lernt eben gerade nicht jeder. Ganz im Gegenteil, über die gesamte Klasse hinweg war schon immer der Anteil derjenigen, die kollektiv was Reißen wollten, in der Minderheit. Zumeist waren nur wenige Großbetriebe überwiegend wenigstens gewerkschaftlich organisiert. Reste davon gibt es auch noch in der BRD. Aber schon lange nicht mehr flächendeckend über alle Branchen hinweg.
    Es ist eine blöde Verbalhornung kommunistischer Agitation in Klassenkämpfe, bzw. an die Lohnabhängigen adressiert, wenn sowas verdreht wird zu so einem Unfug wie jetzt von Wat.

    „Knallen wir ihm dann vor, daß er zuallerst den Kap. abschaffen muß“

    Was Kommunisten zu sagen haben, kann man abstrakt z.B. in Peter Deckers Ausführungen in der Debatte mit Mag Wompel entnehmen oder konkret nachlesen an den Sachen, die die GSPler zum GDL-Streik geschrieben haben, bzw. bei Veranstaltungen zu diesem Thema so vorgetragen haben.
    Ein recht wichtiger Punkt dabei ist, daß Kommunisten Arbeitenden, die um irgendwas Wichtiges kämpfen (oder auch nur kämpfen wollen), z.B. die Lokführer um eine halbwegs „richtige“ Lohnerhöhung, klarmachen müssen, auf was sie sich da einlassen. Wen sie sich da alles, für viele von ihnen sicherlich überraschend, zum Feind machen, z.B.

  142. 16. Februar 2012, 13:57 | #142

    „Wir kriegen sonst kein Wir…, meine ich.“

    Nicht ganz unwichtig ist die Frage, was das dann für ein „Wir“ ist. Wer Kommunismus durch das Ziel ersetzt ein „Wir“ zu schmieden, der kommt irgendwann in der Demokratie an, weil es das da schon gibt und mit ein paar Korrekturen wird dieses Wir vielleicht menschenfreundlicher.

    „Kannst ihm ja Deine Bedenken schildern, warum seine Vorstellungen nicht oder nicht dauerhaft umsetzbar sind – aber hilf ihm trotzdem mit aller Kraft, das mit ihm gemeinsam durch zu ziehen.“

    Die Frage ist doch nicht bloß, ob eine Sache umsetzbar ist, sondern ob sie überhaupt vernünftig ist. Davon sollte man dann auch abhängig machen, ob man diese Sache gemeinsam mit aller Kraft durchsetzen sollte. Beispielsweise wüsste ich nicht, warum ich mich für einen selbstverwalteten Betrieb, Krankenhaus… im Kapitalismus einsetzen sollte, wenn diese mit anderen kapitalistischen Betrieben konkurrieren, müssen sie zumindest genauso rentabel sein – also müsste auch dort Ausbeutung stattfinden. Der einzige Unterschied wäre, dass es selbstverwaltete Ausbeutung ist.
    Prinzipiell kann ich auch deine Begeisterung für Selbstbestimmung und Emanzipation nicht nachvollziehen, da es sich dabei eigentlich und im Kern, um das bürgerliche Ideal der Freiheit handelt, das als Prinzip des Willens dem Eigentum entspricht, aber nicht dem Kommunismus. Im Kommunismus wird eben nicht exklusiv verfügt über den Reichtum und es wird auch nicht „selbst“ durch das Individuum bestimmt was zu geschehen hat, sondern das wird gemeinsam entschieden. Diese gemeinsame Entscheidung setzt sich zwar aus individuellen Entscheidungen zusammen. Aber Selbstbestimmung oder Emanzipation wäre das falsche Wort dafür. Bei kommunistischen Entscheidungen geht es ja nicht darum, was der Einzelne selbst für sich will, sondern was die kommunistische Gemeinschaft will. Davon abgeleitet, weil sich die Gemeinschaft aus Individuen zusammensetzt, geht es dann auch um das Individuum, aber eben nur als Teil der kommunistischen Gesellschaft.

  143. 16. Februar 2012, 14:38 | #143

    „Kannst ihm ja Deine Bedenken schildern, warum seine Vorstellungen nicht oder nicht dauerhaft umsetzbar sind – aber hilf ihm trotzdem mit aller Kraft, das mit ihm gemeinsam durch zu ziehen.“

    Wenn bestimmte Vorstellungen (sowohl über Ziele als auch über Kampfschritte) wirklich „nicht … umsetzbar sind“, dann wäre es eine Ausgeburt von andienlerischem Zynismus, mit einer Kritik daran hinterm Berg zu halten und stattdessen noch den blödesten Scheiß „solidarisch“ mitzumachen bis es dann eben wieder mal in einem Mißerfolg endet. Es stimmt doch gar nicht, daß solche Schäden die Leute automatisch schlauer machen würden. Sie hören dann übrigens auch nicht zustimmender zu, schon deshalb, weil du ihnen ja bei ihrem Scheiß die ganze Zeit beigepflichtet hast. Umgekehrt sollte man als Kommunist natürlich seine potentiellen Mitstreiter auch nicht mit dem Argument zu gewinnen versuchen, daß es, erst einmal kommunistisch angefangen gleich (oder wenigstens historisch wegen dem ominösen Lauf der Geschichte und sowas) Erfolge zu Hauf geben wird.

  144. Wat.
    16. Februar 2012, 15:40 | #144

    @Krim

    Bei kommunistischen Entscheidungen geht es ja nicht darum, was der Einzelne selbst für sich will, sondern was die kommunistische Gemeinschaft will. Davon abgeleitet, weil sich die Gemeinschaft aus Individuen zusammensetzt, geht es dann auch um das Individuum, aber eben nur als Teil der kommunistischen Gesellschaft.

    Aja, und ich dachte, daß das eine von Menschen gemachte Gesellschaft sein würde…
    Da zählt dann sehr wohl, was ich selbst will und in Abstimmung mit den vielen anderen und dem was sie für sich wollen, dann (gemeinsam) umgesetzt werden kann und wird.
    Wenn Du sagst, das bestimmt eine kommunistische Gesellschaft, aber nicht von den einzelnen ausgehend, sondern von der kommunistischen Gesellschaft abgeleitet, dann erkläre mir mal, wie das gehen soll. Die Gesellschaft ist also vor den Menschen da.
    Äh, wie? Gesellschaft sind doch die Menschen in ihr – oder wo hakts da bei mir^^
    @Neoprene: es geht nicht darum, jemanden zu belügen oder ins offene Messer laufen zu lassen, es geht darum, daß wenigstens ich nicht immer recht habe(n kann), ich wenigstens habe nicht die absolute Wahrheit und dreist wenn ich meine zu wissen, wo damit jemand aneckt oder meine, er will was undurchsetzbares durchsetzen, dann zeigt das immer noch die Praxis tatsächlich.

  145. 16. Februar 2012, 16:42 | #145

    @Wat. (und auch Krim):
    Auf diesem Abstraktionsniveau: Der einzelne Mensch versus die gesamte Gesellschaft, bringt das nicht so sonderlich viel.
    Zudem man das eh nur an konkreten Beispielen machen kann. Der Wunsch von rund allen Menschen einer Gemeinschaft, alle Nase lang eine neue Zahnbürste in die Finger zu bekommen, da geht die Ermittlung der Bedürfnisse der Gesellschaft ja nun wirklich vom Einzelnen aus. Ob aber eine Brücke über einen Sund geschlagen wird, damit der Nahverkehr entlastet wird, oder ob lieber Bibliotheken ober besser Schwimmbäder gebaut werden sollen, das sind Fragen, über des es schon deshalb einen gesamtgesellschaftlichen Konsens braucht, weil in die Umsetzung ja eh mehr oder weniger alle Menschen einbezogen wären bzw. es nicht nur einen individuellen Nutzen gibt.

  146. bla der x.
    16. Februar 2012, 18:33 | #146

    „Nicht ganz unwichtig ist die Frage, was das dann für ein „Wir“ ist. Wer Kommunismus durch das Ziel ersetzt ein „Wir“ zu schmieden, der kommt irgendwann in der Demokratie an, weil es das da schon gibt und mit ein paar Korrekturen wird dieses Wir vielleicht menschenfreundlicher.“

    Was ist denn an einem „Wir“ falsch, das eben auf einem gemeinsamen Interesse beruht? (ganz im Gegensatz zu dem ideologischen „Wir“ der Demokraten.) Das es _das_ in der Demokratie schon gäbe ist nur eines – Ideologie.

  147. 16. Februar 2012, 18:51 | #147

    „Was ist denn an einem „Wir“ falsch, das eben auf einem gemeinsamen Interesse beruht?“

    Ja natürlich nichts, jedenfalls dann, wenn die gemeinsamen Interessen vernünftig sind. Deshalb bringt es eben auch nichts, so inhaltsleer über sowas zu streiten.

  148. Wat.
    16. Februar 2012, 21:25 | #148

    „Was ist denn an einem „Wir“ falsch, das eben auf einem gemeinsamen Interesse beruht?“
    Ja natürlich nichts, jedenfalls dann, wenn die gemeinsamen Interessen vernünftig sind

    „Vernünftig“ ist Resultat aus „gemeinsam“, nicht die Vorbedingung für „gemeinsam“. Wer sollte das richten, außer gemeinsam die Menschen in jener Gesellschaft/Gemeinschaft selbst?
    Und genau das, so meine ich, müssen Menschen lernen (können) – Ihre eigenen Interessen mit denen der anderen in Übereinstimmung zu bringen, ohne daß es da einer ‚Mittelsperson‘ bzw. eines Kontrollorgangs bedarf.
    Da hast Du @Neoprene und auch @Krim dann auch meine Begründung dafür, warum ich so viel Augenmerk auf die Selbstbestimmung und Selbstverwaltung lege. Weshalb es mir so wichtig ist, daß sich Menschen emanzipieren.
    Zu sagen: so nun macht mal jetzt selber, das dürfte schwer von jetzt auf gleich funktionieren.
    Sich selbst gemeinsam koordinieren, gemeinsam Entscheidungen zu treffen, mit diesen zu leben und sie notfalls auch noch mal umwerfen zu können/ zu müssen, wenn etwas sich als ‚Käse‘ herausstellt, trotzdem sich das erst als ‚machbar‘ ausnahm und das alles auch noch ohne drüberstehende ‚verwaltende Instanz‘ – das meine ich – muß man lernen (können).
    … und das müssen wir im Kommunismus mal können, sonst ist es aus meiner Sicht keiner.
    Darum setze ich (für heute) zb. auch bei der Kommunalisierung und Demokratisierung von Strom, Wasser und Nahrung an. Das ist das, was Menschen am notwendigsten und immer zuallerst brauchen. Ich denke, so lernen wir uns ‚zusammen zu raufen‘.
    (Wegen des selbstverwalteten Krankenhauses hier aus der Diskussion…
    Nach außen unterliegt vorerst alles noch dem Kapitalverhältnis, fehlt es aber im Innern, ist da durchaus ein anderer Gestaltungsspielraum für Abläufe und die Entscheidungsfindung.)
    Ob das dann nun Selbstbestimmung, Selbstverwaltung, Emanzipation heißt oder anders, ist ja eigentlich wurscht, wenn das gleiche gemeint ist – aber wenn das gleiche gemeint ist – können wir es ja auch so nennen ;~)

  149. 16. Februar 2012, 22:41 | #149

    @wat. „Die Gesellschaft ist also vor den Menschen da.“ Ja die Gesellschaft ist die Voraussetzung des Individuums. Was an individueller Bedürfnisbefriedigung geht ist davon abhängig, welche Produktivkräfte eine kommunistische Gesellschaft als ganzes entwickeln kann. Das ist halt etwas anderes als eine vom Individuum ausgehende Selbstbestimmung, die sich bloß darum kümmert, wie das eigene Interesse zum Zug kommt, notfalls auch gegen die Gesellschaft.
    @bla der x.„Was ist denn an einem „Wir“ falsch, das eben auf einem gemeinsamen Interesse beruht?“ Das kommt, wie ich sagte, auf den Inhalt des Wir. Vom Wir der Eigentumer halte ich z.B. nichts.
    @wat. „„Vernünftig“ ist Resultat aus „gemeinsam“, nicht die Vorbedingung für „gemeinsam“.“ Nein nicht unbedingt. Dass es hierzulande an Gemeinsamkeit feht kann man kaum behaupten. Sie hat bloß den falschen Inhalt, Nationalismus und Eigentum.
    „Und genau das, so meine ich, müssen Menschen lernen (können)“ Das muss man weniger lernen, dass muss man zuallerst wollen. Leider wollen die Menschen das nicht. „Zu sagen: so nun macht mal jetzt selber, das dürfte schwer von jetzt auf gleich funktionieren.“ Doch das funktioniert schon (einigermaßen), wenn es die Leute nur wollen würden.
    „, fehlt es aber im Innern, ist da durchaus ein anderer Gestaltungsspielraum für Abläufe und die Entscheidungsfindung.“ Der Gestaltungsspielraum hat aber einen Scheiß Inhalt und der wird allen solchen Projekten im Kapitalverhältnis von außen aufgezwungen. Entscheidungsfindungen mit dem Inhalt Ausbeutung muss und sollte man nicht lernen und für den Kommunismus springt da erst recht keine Lektion dabei raus, die man lernen könnte.

  150. Name
    16. Februar 2012, 23:22 | #150

    @Wat

    „Darum setze ich (für heute) zb. auch bei der Kommunalisierung und Demokratisierung von Strom, Wasser und Nahrung an. Das ist das, was Menschen am notwendigsten und immer zuallerst brauchen. Ich denke, so lernen wir uns ‚zusammen zu raufen‘.“

    Du hältst Demokratisierung von irgendwas gar nicht für eine passende Ideologie zur kapitalistischen Herrschaft, sondern malst dir eine Parallelwelt aus, in der das „Wir“ sich vom nationalistischen Gleichschritt unterscheiden soll. Das ist gemogelt:
    Zum einen „raufen“ sich Familien oder andere Zusammenschlüsse bereits seit Herrschaftsgedenken zusammen und leisten gerade SO ihren Beitrag zum Fortbestand der ganzen Scheiße. Die vermeintlichen Nischen und Spielräume sind also keineswegs eine Kritik an Staat oder Kapital, es sind die notwendigen Ausnahmen, die Kontinuität gewährleisten. Wer will schon 24/7 seine kapitalgemäße Charaktermaske raushängen lassen?!
    Zum anderen ist es überhaupt nicht erstrebenswert, Strom oder Wasser zu demokratisieren (selbst wenn du dir tatsächlich etwas „Kommunistisches“ darunter vorstellen würdest). Wasser ist ein lebensnotwendiger Stoff, der gar keine Herrschaft braucht. Warum soll man den irgendwelchen Herrschaftsidealismen wie Demokratie zuordnen? Und dass Menschen verdursten, wenn es die Mehrheit will, spricht nicht gerade für demokratische Verfahren.

  151. 17. Februar 2012, 08:11 | #151

    Nochmal zur „Kommunalisierung und Demokratisierung von Strom, Wasser und Nahrung“:
    Damit sowas überhaupt auch nur denkbar ist, muß man von der ganzen erreichten Arbeitsteilung, der dabei eingesetzten Technologie, den mittlerweile vorhandenen Bedürfnissen usw. abstrahieren und als „neuen Menschen“ ausgerechnet den Arbeitsmönch des mittelalterlichen Klosters wieder haben wollen. Denn anders wäre diese kleinteilige Idylle doch gar nicht mehr zu haben:
    Strom wird bekanntlich heutzutage in riesigen Kraftwerken erzeugt und mit kontinentumfassenden Netzen verteilt. Wasserverwaltung ohne Staudammprojekte, die Untertunnelung ganzer Städte ist ebenfalls undenkbar (schon zu Zeiten der Römer wurde Köln mit einer riesigen Wasserleitung von mindestens 90 km versorgt). Nahrung wirklich nur aus dem Kloster- heute dann eben Stadtgarten statt aus der ganzen Welt, ganz viele neue Mini-DDRs ohne Bananen?

  152. Wat.
    17. Februar 2012, 16:04 | #152

    Es ist niemals möglich alle Bedürfnisse am Zeitpunkt des ‚Auftretens‘ zu befriedigen. Da stünden gewiß auch in einer kommunistischen Gesellschaft immer technologische oder rohstoffliche oder andere momentane Tatsachen dagegen.
    Aus meiner Sicht ist es aber ein himmelweiter Unterschied, ob mir jemand sagt, daß ich die jetzt ’nicht zu haben habe‘, sei es, weil es ein von zentraler Stelle vorgegebener Plan nicht vorsieht, sei es, weil eine verwaltende Instanz sagt, ist nicht machbar, sei es, weil mir (heute) die finanziellen Mittel fehlen usw. – oder – ob ich mit anderen gemeinsam, nach Abwägung aller uns zur Verfügung stehenden Optionen und Möglichkeiten einige Bedürfnisse ob ihrer Befriedigung noch warten lassen muß.
    Nee, nicht Mini-DDRs ohne Bananen (Du hast den Kaffee vergessen, der wächst hier auch nicht) – dazu fehlte, wenn denn meine Zukunftsvorstellung griffe, ja schon mal die verwaltende Instanz.
    Mir gehts nicht darum hier sofort das perfekte System zu entwerfen – wer bin ich – was wollen denn andere…^^
    Es geht mir darum, das sage ich gern noch einmal: Wir brauchen für den Kommunismus selbstbestimmte Individuen, die gemeinsam entscheiden (können).
    Wie wir dahin kommen, das ist die Frage, die sich mir seit dem Ende der DDR stellt und nach deren Beantwortung ich suche.
    Einen Vorschlag dazu habe ich unterbreitet – ich bin offen für andere.

  153. Name
    17. Februar 2012, 17:30 | #153

    „Es geht mir darum, das sage ich gern noch einmal: Wir brauchen für den Kommunismus selbstbestimmte Individuen, die gemeinsam entscheiden (können).
    Wie wir dahin kommen, das ist die Frage, die sich mir seit dem Ende der DDR stellt und nach deren Beantwortung ich suche.“

    Das ist eine krude Konstruktion, sich einen „neuen Menschen“ auszudenken (Wer das wohl schon mal gemacht hat?!), einen Menschen, der ohne jeden Inhalt „gemeinsam entscheiden“ könne über Fantasiegebäude, die es im Kapitalismus gar nicht gibt. Verschleiert werden soll diese Ideologie durch ein vereinnahmendes „Wir“: Als wenn demokratierührige „Selbstbestimmung“ irgendein Beitrag zum Kommunismus wäre. Deine „Selbstbestimmung“ ist auch bei dir kein Schritt, kapitalistische Fremdbestimmung zu erübrigen, sondern es ist das passende IDEAL zu einer Ausbeutung, die von der Dummheit lebt, dass sich „Feiheit“ lohnen würde. Das stimmt offensichtlich nicht. „Gemeinsam entschieden“ wird übrigens im Kapitalismus so ziemlich alles, dafür braucht man keine Gesellschaftskritik. Die Antwort auf deine Frage lautet also: Dein „Wir“ soll darüber hinwegtäuschen, dass du statt kommunistischer Kritik lieber vom frei-sein träumst.

  154. Wat.
    17. Februar 2012, 18:08 | #154

    Ich weiß was Bürgerliche Freiheit ist, die hatte ich nie und werde ich weder haben noch haben wollen. Aber Freiheit, ja, die möchte ich tatsächlich. Die Freiheit mit allen anderen gemeinsam entscheiden zu können, wie wir leben wollen.
    Daß ich dafür das Kapitalverhältnis los werden muß, weiß ich selbst – daß das allein nicht reichen würde allerdings auch.

  155. 17. Februar 2012, 19:33 | #155

    Wat., deine Vorwürfe

    „Aus meiner Sicht ist es aber ein himmelweiter Unterschied, ob mir jemand sagt, daß ich die jetzt ‚nicht zu haben habe‘, sei es, weil es ein von zentraler Stelle vorgegebener Plan nicht vorsieht, sei es, weil eine verwaltende Instanz sagt, ist nicht machbar, sei es, weil mir (heute) die finanziellen Mittel fehlen usw. – oder – ob ich mit anderen gemeinsam, nach Abwägung aller uns zur Verfügung stehenden Optionen und Möglichkeiten einige Bedürfnisse ob ihrer Befriedigung noch warten lassen muß.“

    sind leider so richtig lehrbuchmäßig:
    Was soll daß denn für ein kruder, geradezu irrer „Kommunismus sein, indem Menschen befohlen wird, bestimmer Bedürfnisse nicht haben zu dürfen?? Daß gabe es ja nicht mal während der Großen Proletarischen Kulturrevolution.
    Daß manche Sachen einfach nur „zentral“ entschieden werden können, also die gesamte Gesellschaft verpflichtend (Krieg wäre ein besonders drastisches Beispiel einer zugegebenermaßen allerabstraktesten Bedürfnisbefriedigung), meinetwegen ein System neuer ICE-Züge, das solltest du auch kennen.
    Ja, ein solcher Plan würde Verbindlichkeit gegenüber denen verlangen, die für seine Umsetzung in Anspruch zu nehmen wären. Aber wieso heißt das bei dir gleich, daß es beim Inhalt dieses Plans nicht darauf ankommen sollte, was die Menschen gerne hätten? Die tragen doch dazu bei, wie der hinterher aussieht.
    „Nicht machbar“ gibt es natürlich bei den meisten Bedürfnissen grundsätzlich nicht. „Nur“ eben nicht für alle, nicht jetzt, nicht in der konkreten Ausgestaltung usw. nicht, wenn entschieden wurde, Y statt X herzustellen… Das sind aber alles Sachen, über die sich die Menschen doch vorher auseinandersetzen würden und sich ihre Planalternativen sagen würden.
    Besonders krass wird es, wenn du den Inbegriff der Versagung von Bedürfnissen in *dieser* kapitalistischen Gesellschaft, den Mangel an Geld, auch noch im Kommunismus zu Gange siehst. Da gebe ich dir recht, wenn es da genauso zugehen sollte wie jetzt, dann wäre der wirklich für den Arsch.
    Erst ganz zum Schluß kommst du zu einer vernünftigen Idee:

    “ ob ich mit anderen gemeinsam, nach Abwägung aller uns zur Verfügung stehenden Optionen und Möglichkeiten einige Bedürfnisse ob ihrer Befriedigung noch warten lassen muß“

    .

  156. 17. Februar 2012, 20:18 | #156

    „Es geht mir darum, das sage ich gern noch einmal: Wir brauchen für den Kommunismus selbstbestimmte Individuen, die gemeinsam entscheiden (können).“

    Ich sag’s auch gern nochmal. Gemeinsam entscheiden zu können ist nicht das Problem im Kapitalismus: Name sagte ja schon, dass so gut wie alles im Kapitalismus gemeinsam entschieden wird. Das Problem ist, dass der Inhalt der Gemeinsamkeit im Kommunismus und der Inhalt der Gemeinsamkeit im Kapitalismus nicht zusammengehen und dass die kommunistische Gemeinsamkeit des Produzieren und Konsumierens von Gebrauchswerten leider hierzulande und heute kaum einer will. Die Leute wollen alle ganz selbstbestimmt Eigentümer von abstraktem Reichtum, sprich Geld sein.

  157. 17. Februar 2012, 20:18 | #157

    Nochmal zur „Selbstbestimmung“:
    Mit wie wenig Reichweite dieser Bestimmung der Lebensverhältnisse soll man denn zufrieden sein, damit schon eine Mini-„Insel“, die ja in den zentralen Fragen immer noch voll in die Logik, die Zwänge, die Zwecke des Kapitalismus eingebunden ist, das Gütesiegel „Selbstbestimmung“ verdient?
    Wirklich Herr über ihr Leben werden Menschen erst dann wirklich werden können, wenn die kapitalistischen Staaten und die kapitalistische Klassengesellschaft der Vergangenheit angehören. Und selbst dann werden die Leute sich noch ne ganze Weile zum Teil unnötig und blöd darum kabbeln, was sie dann konkret mit dieser „Freiheit“ zur „Selbstbestimmung“ anfangen sollen/wollen.

  158. Name
    17. Februar 2012, 20:32 | #158

    „Aber Freiheit, ja, die möchte ich tatsächlich. Die Freiheit mit allen anderen gemeinsam entscheiden zu können, wie wir leben wollen.“

    Das ist eine Idealisierung genau der Freiheit, die du kritisiert haben willst: Welche Entscheidungsbegrenzungen sind es denn, die dich davon abhalten, so zu leben wie du willst? Was willst du überhaupt wie entschieden haben, wenn du selbstverwaltete Betriebe IM Kapitalismus für ein Mittel gegen ihn hältst? Und wenn der Kapitalismus schon Schäden produziert, mit denen du nicht einverstanden bist, warum langt es dir nicht die zu benennen? Du sagst, es läge am „Kapitalverhältnis“, dass du unfrei wärest, was ist denn der Skandal an „Unfreiheit“?

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