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Ein Kommunistisches Manifest wird angekündigt

20. August 2007 9 Kommentare

Neue Abkündigungen von Erhard Crome, Quelle unten
(Von mir persönlich – auf ausdrücklichen Wunsch – der Hinweis, daß der Text eher unter Realsatire verbucht gehört (Ich bin mir nicht sicher, ob Cromes Titel nicht auch schon sowas anklingen ließ.) Aber meinen Lieblings-Stalinisten Dieterich konnte ich nicht ohne die gebührende Aufmerksamkeit lassen)

Ein Kommunistisches Manifest wird angekündigt. Nicht das alte von Karl Marx aus Trier und Friedrich Engels aus Barmen, sondern ein neues, für das 21. Jahrhundert, von Heinz Dieterich aus Rotenburg an der Wümme, jetzt Professor in Mexiko Stadt. Eines sei sicher, hat Manfred Wekwerth, bisher bekannt als verständiger Brecht-Kenner und -Interpret, in einem Vorwort zu der deutschen Ausgabe des Werkes geschrieben: »dieses Buch wird auch etwas in Gang setzen. Oder, wie Brecht sagt: Stillstand dialektisieren. Stößt es doch bei uns in eine Situation, in der das Kapital alles versucht, mit der Zauberformel der Alternativlosigkeit die Geschichte anzuhalten. Obwohl der Sieg über den Sozialismus als endgültig verkündet wurde, fürchtet man offenbar den Sozialismus mehr als je zuvor.«
Man teilt Wekwerths Befund zur Lage und greift interessiert zum so gepriesenen Buche. Mehr…

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Von W.Dahle und dem Bremer Autorenkollektiv lernen, Teil II

18. August 2007 4 Kommentare

Damit die Bremer Autoren des Brecht-Buches bei VSA nicht einfach als depperte unbelehrbare Stalinisten abgetan werden können, möchte ich hier noch etwas ausführlicher nachtragen, was sie zu Brechts Manifest-Projekt geschrieben haben: Mehr…

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Von Brecht und Wendula Dahle lernen?

17. August 2007 6 Kommentare

Bei VSA ist ein neues Buch über Bert Brecht herausgekommen. Contradictio hatte wohl zuerst darauf hingewiesen. Es hat auch schon auf einem Blog hier erste Diskussionen unter den usual suspects gegeben.
Weil mich B.B. auch nicht so sehr als „Dichter „deutscher Spitzenklasse““ interessiert, sondern mehr als der „geschmähte Kommunist“ (so der Untertitel zum neuen Buch), habe ich es mir gleich gekauft und bin über zwei nicht ganz wahllos herausgesuchte Stellen gestolpert:
1. Brecht der Antinationalist
Es freut mich, dass hier auf Bert Brechts Antinationalismus eingegangen wird. Wendula Dahle und Wolfgang Leyerer, die beide Mitglieder des Bremer Autorenkollektivs sind, die das Buch geschrieben haben, haben seine bekannte Metapher vom Vaterland, das nur ein zufälliger Fensterstock ist, aus dem man gefallen ist, zum Titel ihres Beitrags gemacht. Dort heißt es dann zu einem meiner politischen Lieblingsstücke von Brecht:

In den »Flüchtlingsgesprächen« läßt Brecht ausgerechnet zwei aus Deutschland Vertriebene über die Vaterlandsliebe sich kritisch äußern, wo der unbefangene Leser doch meinen könnte, gerade Flüchtlinge hätten eine große Sehnsucht nach irgendeinem Vaterland, mit dem sie »identisch« sein könnten – so wie die zitierten Exilanten in den USA: »Ziffel: Es ist mir immer merkwürdig vorgekommen, daß man gerade das Land besonders lieben soll, wo man Steuern zahlt… Kalle: Die Vaterlandsliebe wird schon dadurch beeinträchtigt, daß man überhaupt keine richtige Auswahl hat. Das ist so, als wenn man die lieben soll, die man heiratet, und nicht die heiratet, die man liebt… Sagen wir, man zeigt mir ein Stückel Frankreich und einen Fetzen gutes England und ein, zwei Schweizer Berge und was Norwegisches am Meer und dann deut ich drauf und sag: das nehm ich als Vaterland, dann würd ichs auch schätzen. Aber jetzt ist’s, wie wenn einer nichts so sehr schätzt wie den Fensterstock, aus dem er einmal heruntergefallen ist.«4 Mit der Metapher des Fensterstocks, aus dem man falle und den man daraufhin lieben solle, verweist Brecht auf den Widersinn, daß die Zufälligkeit des Geburtsortes eine lebenslange, nie auflösbare Bindung an diesen einen Staat bewirke.
Die fehlende Auswahlmöglichkeit des Vaterlands und die Tatsache, daß man die Zugehörigkeit durch einen individuellen Entschluß auch nicht einfach kündigen kann, verweisen auf den Zwangscharakter des Staates.
»Liebe« wird von Brecht richtig mit der gefühlsmäßigen Entscheidung für einen Menschen oder mit dem Genuß an einer oder einer Vor»Liebe« für eine Landschaft bebildert. Der damit ausgesprochene Vergleich zur »Vaterlandsliebe« demonstriert den Widerspruch: Um »Liebe« kann es sich nicht handeln. Was aber ist es dann?
Jedes Sonderinteresse an der staatlichen Zugehörigkeit – wie das von den abfällig betitelten »Wirtschaftsflüchtlingen« heute – zieht sich den Verdacht zu, nicht zuverlässig oder ehrlich, also nicht selbstlos oder »staatstragend« zu sein; in der Vaterlandsliebe akzeptiert man also sein Land ohne Vorbehalt und der Bürger demonstriert mit seiner »nationalen Identität« nicht nur seine Bereitschaft, für das Land einzutreten, sondern auch eine selbstbewußte Unterwerfung unter dessen Politik.

Soweit so gut. Nun aber zu
2 . Brecht, der Kommunist (aka Stalinist)
Als Nachtrag zu einem interessanten wenn auch völlig schrägen Projekt von Brecht (seinem Versuch das Kommunistische Manifest von Marx und Engels in Hexameter umzugießen. Was neben diesem künsterlischen Problem zum Text zu sagen wäre, empfehlen die Autoren übrigens beim GegenStandpunkt nachzulesen) stellen die Kollektivautoren B.B. als Kommunisten vor. Unter anderem mit folgendem Statement:

Er bewertete Stalin positiv, weil dieser als Staatschef der SU erfolgreich den Kampf gegen Hitler geführt hatte und seine Roten Brigaden für die Durchsetzung des Kommunismus den Faschismus besiegten, wie er es in der Kriegsfibel ausdrückt, weshalb er dem »Gespenst« bereits in den ersten Zeilen des Manifests Realität zubilligt. Insofern war er gegen diejenigen Anti-Stalinisten, die die Fehler Stalins, die auch er sah, nicht diskutierten, sondern ihn als Unperson einfach aus den Geschichtsbüchern verbannten.

Über diese Sicht auf Spanien und den Kampf gegen Franco kann ich nur empört den Kopf schütteln. Denn weithin, selbst bis zu Ken Loach, um einen anderen ernsthaften linken (letztlich aber sozialdemokratischen) politischen Künstler heranzuziehen („Land of Freedom“), ist der Vorwurf gegen Mielke und seine Genossen damals, dass sie mit ihrer barbarischen Volksfrontpolitik gegen linke Militante gerade jegliche „Durchsetzung des Kommunismus“ nicht nur objektiv sondern auch vorsätzlich verhindert haben.

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Vaterlandsverteidigung am Beispiel BRD

15. August 2007 Kommentare ausgeschaltet

Ich hatte vor einer Weile auf einen Artikel der IBT hingewiesen, in dem sie in Bezug auf die Bundeswehr als einer „defensiven Verteidigungsarmee“ geschrieben hat.
Das haben andere natürlich auch gelesen und die gleichen Fragen gestellt. Jetzt auch die SpAD, deutsche Sektion der IKL in der Sommer-2007-Ausgabe des „Spartakist“ unter dem Titel „BT: antikommunistische Beschönigung des deutschen Imperialismus„, den man auf ihrer Web-Seite hier nachlesen kann. Das war für die Spartakisten (nicht unerwartet) ein gefundenes Fressen.
(Auf E-Mail-Anfrage hierzu an die IBT hat diese mir persönlich übrigens genausowenig geantwortet wie bisher der IKL, vielleicht kommt ja doch noch was. Denn seit KPD/ML-Zeiten ist sowas bei „anstandigen“ Linken eigentlich out. Jedenfalls hat schon lange kein „Linker“ mehr den deutschen Kriegsminister wegen Laschheit gegenüber dem Erzfeind angezeigt. DER Erzfeind ist ja von den gar nicht laschen effektiven deutschen Politikern mitabgeräumt worden.)

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Ein Dreh weiter in der Spirale des spekulativen Wahnsinns

13. August 2007 8 Kommentare

Das war eine Zwischenüberschrift zu einem Artikel im Heft 2-06 des GegenStandpunkt, der ausführlich aber zugegebenerweise dem Thema angemessen etwas „schwierig“ auf die Entwicklungen des fiktiven Kapitals eingegangen ist. Mir scheint das auch nach Abklingen der „Heuschrecken“-Debatte angesichts der Volten auf den Kreditmärkten und in der Finanzwelt immer noch das Beste zu sein, was man dazu lesen kann. Ich habe ihn deshalb eingescannt und in meinem Downloadbereich zur Verfügung gestellt.

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I just couldn‘t function without money

10. August 2007 Kommentare ausgeschaltet

Mit diesem schönen Zitat von Ray Davis/The Kinks, Preservation Act 2 (1974) schmückt Franz Schandl vom wertkritischen Magazin Streifzüge seinen Artikel Vom Einkommen zum Auskommen — Zu Plausibilität und Kritik des garantierten Grundeinkommens , den es sowohl bei den Streifzügen gibt, als auch auf einem blogsport-blog
Es gibt im Anhang an den Artikel auch gleich einen Leserbrief eines Vertreters der kritisierten Forderung, der nach einem Lob der Maßvollheit von Schandl (Als jahrelanger Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens bemerke ich mit Freude, dass sich der Ton der Kritik doch etwas verändert hat.In manchen früher in den Streifzügen veröffentlichten Artikeln wurde noch suggeriert, die Forderung nach dem Grundeinkommens sei sozusagen das trojanische Pferd des neoliberalen Sozialabbaus. Wer für das Grundeinkommen plädiere, würde einer Art Armengeld Tür und Tor öffnen, also Hände weg von dieser bitteren Pille) dem – wie ich meine berechtigten Vorwurf – der Wertkritiker, dem „Leim des Geldes“ verhaftet blieben, die polemische Gegenfrage entgegenhält, „Konnten wir in den zahllosen Aufrufen, die Streifzüge zu abonnieren, nicht immer wieder lesen: Um das Geld abzuschaffen, benötigen wir selbiges? Zugestanden, aber warum darf diese Dialektik nur für Zeitschriftenredaktionen gelten, nicht für uns alle, die im Kapitalismus um Leben und Überleben kämpfen müssen?“ Und den Kinks zum Schluß noch den „long, long road“ der Incredible String Band entgegenhält. Nun mal ehrlich, hätte da nicht Bernsteins Spruch von 1899 „Das, was man gemeinhin Endziel des Sozialismus nennt, ist für mich nichts, die Bewegung alles“ nicht auch gereicht?
P.S.: Ich frage mich, wieso Schandl nicht gleich den viel „programmatischeren“ Titel „We’re Only in It for the Money“ von Zappa und den Mothers of Invention genommen hat?

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Die entscheidenden Themen der Zukunft …

9. August 2007 3 Kommentare

Für jemand der keine „Rezepte“ verbreiten will, ist der werte clov erstaunlich „konstruktiv“:

„eine Blogger-Gemeinschaft, die sich darin gefällt, sich (oft) belanglose Texte um die Ohren zu werfen, Vorurteile und Feindbilder zu pflegen und wahrscheinlich 2/3 des Tages vorm Rechner abhängt. In diesem Sinne wäre wohl eines der entscheidenden Themen der Zukunft der virtuellen Bewegung: Wie gehen wir mit unseren anlaufenden Rückenbeschwerden konstruktiv um, ohne das deutsche Gesundheitswesen zu affirmieren?“

willkürlich aus dem Zusammenhang gerissen aus einem Kommentar bei riotpropaganda. Hat was! So kommt der eine von „Macht kaputt, was euch kaputt macht!“ zum riot und der andere zum Krankengymnasten.

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Zur Debatte über Auswirkungen des Entgeltrahmen-Tarifvertrags (ERA) der IG Metall

7. August 2007 Kommentare ausgeschaltet

Detlef Fendt, Leiter des IG-Metall-Vertrauenskörpers bei DaimlerChrysler in Berlin-Marienfelde, hat am 07.08.07 in der jungen Welt zur Kritik an ERA Stellung genommen:

Seit einem Jahr schlagen die Wogen hoch, wenn es um den Entgeltrahmen-Tarifvertrag (ERA) geht, besonders in der »Gewerkschaftslinken«, am wenigsten bei der Mehrzahl der Betroffenen. Für junge Welt, Neues Deutschland bis hin zum Spiegel ist klar: Die IG Metall, wenigstens ihre Führung, hat mal wieder die Interessen der Beschäftigten verraten. Bei DaimlerChrysler in Berlin-Marienfelde protestierte ein kleiner Kreis von 30 bis 90 Kollegen bei einer Belegschaft von 3300 Beschäftigten mittwochs sieben Wochen lang gegen die Umsetzung und für die Abschaffung von ERA. Sie kritisieren insbesondere den Betriebsrat, dem sie vorwerfen, diesen Protest nicht zu unterstützen bzw. ihn zu behindern.
Die ERA-Tarifverträge sind in den Tarifbezirken und auch in den einzelnen Betrieben unterschiedlich ausgehandelt worden. In den Daimler-Chrysler-Werken gilt die Vereinbarung von Baden-Württemberg. Als die ersten ERA-Tarifverträge nach über zehnjährigen Verhandlungen 2003 abgeschlossen wurden, wollten die Unternehmer sie als Kostensenkungsprogramme mißbrauchen. Montagetätigkeit sollte zum Beispiel unter Facharbeiterqualifizierung bezahlt werden. Die Differenz zwischen den Forderungen des Arbeitgebers und der Beschäftigtenvertreter lag bei drei Entgeltgruppen.
Im Sommer 2004 sollte bei Daimler die C-Klassenproduktion aus Kostengründen von Sindelfingen nach Bremen verlagert werden. Damit standen über 10000 Arbeitsplätze in Sindelfingen zur Disposition. Auf diesen Erpressungsversuch des Managements reagierten die Daimler-Belegschaften in allen Werken solidarisch mit Streik­aktionen. Mit dieser Standortsolidarität setzten sie konzernweit eine »Zukunftssicherung« durch, in der ERA ein Bestandteil ist. Ihnen folgten Opel, Siemens, BSH, usw. In dieser »Zukunftssicherung« wurde festgelegt, daß es eine Kündigungsschutzgarantie für alle Beschäftigten bis 2012 im Konzern bei entsprechenden Investitionen gibt, und eine reale Entgeltabsicherung, die tarifdynamisch bis Ende 2012 gilt. Dann wirkt sie als Ergänzungstarifvertrag bis 2017 nach. Damit – und dies ist besonders wichtig – sind auch die übertariflichen Löhne und Gehälter, die bei Daimler gezahlt wurden, tariflich abgesichert. Diese übertariflichen Bestandteile (cirka 20 Prozent) wurden seit langer Zeit vom Managements heftig angegriffen.
In Berlin wurden über 30 Prozent der Belegschaft so eingruppiert, daß ihr Entgelt höher ist als ihr bisheriges Einkommen. Der Umkehrschluß, daß damit fast 70 Prozent weniger Entgelt bekommen, ist nicht zutreffend. Dem Unternehmen gelang es jedoch, Tendenzen der Belegschaftsspaltung mit in die Vereinbarung aufzunehmen. So werden Beschäftigte mit Eintritt nach 2004 mit sechs Prozent geringerem Entgelt eingestellt – aber immer noch weit über Tarifniveau. Der Grundsatz »gleiche Arbeit – gleiches Entgelt« wird hier erneut von der Unternehmensseite unterlaufen, eine Spaltung der Belegschaft vorangetrieben.
Natürlich versucht die Kapitalseite, den Tarifvertrag zu ihren Gunsten zu nutzen. Das aber ist kein ERA-Phänomen. ERA ist wie alle anderen Tarifverträge das Ergebnis von Auseinandersetzung zwischen Arbeit und Kapital. ERA wurde erkämpft und verhandelt und muß nun zum Leben erweckt und umgesetzt werden. Es gilt immer noch der Grundsatz: Tarifverträge, egal ob es um Urlaub, Arbeitszeit oder Löhne geht, müssen zweimal erkämpft werden. Das erste Mal in der Auseinandersetzung der Tarifvertragsparteien und das zweite Mal bei der Umsetzung auf betrieblicher Ebene zwischen Belegschaften und Unternehmensleitungen.
Man kann nicht von guten oder schlechten Tarifverträgen reden, denn sie sind Ausdruck des Kräfteverhältnisses. Krupp bleibt Krupp und Krause bleibt Krause, solange nicht die Besitzverhältnisse verändert werden. Damit ist klar, daß es nicht nur um Tarifverträge gehen kann und daß die Machtverhältnisse nicht in diesem System gelöst werden können. Es geht um Klassenkampf, um den Angriff des Kapitals auf unsere Lebensbedingungen. Es geht um mehr Leistung in immer kürzerer Zeit, um Steigerung des Wachstums der Produktivkräfte, das zu einer immer größeren Herrschaft des Kapitals führt. Gleichzeitig führt die Vereinfachung der auszuführenden Arbeit zur vermehrten Konkurrenz unter den Beschäftigten. Das wird genutzt, um den variablen Lohnanteil abzusenken mit dem Ziel, sich immer größere Anteile des Mehrwerts anzueignen. Dem setzen im Augenblick nur die Gewerkschaften Widerstand entgegen. Unter diesem Aspekt sollte auch ERA gesehen werden.
Das alte Lohn und Gehaltssystem war der Gnade der Arbeitgeber ausgeliefert. Besonders in Kleinbetrieben ohne Interessenvertretung und bei Produktionsveränderungen. Mit ERA wird ein 40 Jahre altes Bewertungs-, Lohn- und Gehaltssystem abgelöst und an die aktuellen Arbeitsbedingungen angepaßt. Während der betrieblichen Umsetzung ist mit Betriebsrat und gewerkschaftlichen Vertrauensleuten kritisch innergewerkschaftlich über »Erpreßwerk«, »Zukunftssicherung« und ERA diskutiert worden. Es gibt seither keine gewerkschaftliche Versammlung, auf der nicht über ERA berichtet und gestritten wurde und wird – dieser Streit ist notwendig und hat in einer die Gewerkschaft stärkenden Weise zu erfolgen. Nicht sinnvoll ist allerdings, ERA vor dem Arbeitgeber wider besseres Wissen als Lohnraub zu bezeichnen und die Aussetzung oder Abschaffung des ERA-Tarifvertrages zu fordern. Die Schlußfolgerung wäre, daß IG Metall und Unternehmer gemeinsam Lohnraub betreiben.
Die Belegschaften sind ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse. Es ist Aufgabe, den kleinsten gemeinsamen Nenner in der Belegschaft zu suchen und ihn als Grundlage eines Zieles gemeinsam voranzutreiben. Es geht darum, die Bedingungen zu verändern, stärker zu werden, Kollegen zu organisieren, Erfahrungen gemeinsam zu machen und Erfolge gemeinsam zu erreichen. Oder gibt es nur ein Ziel, ohne Zwischenstationen, an denen wir uns aufhalten, keine Kompromisse schließen, die den Sieg nur vertagen und die Abhängigkeit und Ausbeutung verlängern?

Es sind immer wieder die gleichen Versatzstücke aus dem „Argumente“-Koffer dieser Arbeitervertreter, die hier auch Kollege Fendt wieder mal vorträgt:
– Die „Linken“, die gar keine sind, sondern wie der Spiegel eigentlich Gegner
– Natürlich ist es für viele schlechter, aber doch nicht für alle
– ERA ist wie alle anderen Tarifverträge das Ergebnis von Auseinandersetzung zwischen Arbeit und Kapital. ERA wurde erkämpft und verhandelt und muß nun zum Leben erweckt und umgesetzt werden, da fällt leider schon mal was unter den Tisch
– Man kann nicht von guten oder schlechten Tarifverträgen reden, denn sie sind Ausdruck des Kräfteverhältnisses
– Damit ist klar, daß es nicht nur um Tarifverträge gehen kann und daß die Machtverhältnisse nicht in diesem System gelöst werden können
– Mit ERA wird ein 40 Jahre altes Bewertungs-, Lohn- und Gehaltssystem abgelöst und an die aktuellen Arbeitsbedingungen angepaßt
– Dieser Streit ist notwendig und hat in einer die Gewerkschaft stärkenden Weise zu erfolgen. Nicht sinnvoll ist allerdings, ERA vor dem Arbeitgeber wider besseres Wissen als Lohnraub zu bezeichnen
– Es ist Aufgabe, den kleinsten gemeinsamen Nenner in der Belegschaft zu suchen und ihn als Grundlage eines Zieles gemeinsam voranzutreiben
Da bleibt dann als i-Tüpfelchen auch die unernste Frage übrig:

Oder gibt es nur ein Ziel, ohne Zwischenstationen, an denen wir uns aufhalten, keine Kompromisse schließen, die den Sieg nur vertagen und die Abhängigkeit und Ausbeutung verlängern?

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Scheuklappen des Anti-Revisionismus

7. August 2007 2 Kommentare

In der jungen Welt vom 07.08.07 legt Renate Münder (DKPlerin) folgendermaßen los zu einem Artikel über „Die friedliche Koexistenz in der sozialistischen Außenpolitik“:

Wenn über die Ursachen der Niederlage des Sozialismus nachgedacht wird, stehen Probleme der Demokratie und der Ökonomie im Vordergrund. Daß die Sowjetunion aber mit ihrer Außenpolitik seit Mitte der fünfziger Jahre dem Imperialismus in die Hände arbeitete, wird seltener problematisiert.

Noch seltener wird „problematisiert“, wie die Außenpolitik unter dem guten alten Stalin ausgesehen hat. Und das nicht erst seit dem Hitler-Stalin-Pakt, sondern z.B. auch schon mit der Politik des Blocks der vier Klassen in China in den 20ern. Aber wenigstens heute will ich gelten lassen, daß man ein totes Pferd nicht auch noch schlagen soll. Das gilt sowohl für die untergegangene Sowjetunion als auch für nicht ganz untergegangene DKP.

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Ich kann noch deutlicher werden

6. August 2007 Kommentare ausgeschaltet

Aus der Serie „Edle Schmuckstücke der modernen Diskussionskultur“ hier folgende Gemme:

„Wir führen hier keinen geisteswissenschaftlichen Spezialdiskurs, sondern eine Richtungsdiskussion für eine postmarxistische aber dennoch kommunistische Perspektive im Zeitalter der starken Staaten ausgehend von einem assymetrischen Kräfteverhältnis durch einfache und komplexe Vermittlungen von Gewalt. Ich kann noch deutlicher werden: …“

gefunden hier bei tee

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Die Tondokumente von den RAF-Prozessen

4. August 2007 Kommentare ausgeschaltet

Ich bin eigentlich ein recht hart gesottener Mensch, politisch und auch sonst, ER zum Frühstück macht mir zum Beispiel überhaupt keine Probleme. Aber ab und zu trifft es einen eben doch, vor allem wo ich die bleierne Zeit der RAF noch persönlich miterlebt habe (ein Freund von mir hat sich damals z.B. mal von Klaus Croissant verteidigen lassen, als der noch nicht der RAF-Anwalt geworden war):
Bisher unveröffentlichte Originaltöne von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe aus den Stammheim-Prozessen, die im Staatsarchiv Ludwigsburg aufbewahrt wurden, hat nämlich jetzt der SWR2 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. (Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe waren Anführer der Rote Armee Fraktion (RAF) in der ersten Generation.)
Bei den veröffentlichten O-Tönen handelt es sich um einmalige historische Dokumente, die zwischen Oktober 1975 und Mai 1976 während der RAF-Prozesse in Stuttgart-Stammheim aufgenommen wurden.
Zu hören ist unter anderem die letzte Aussage von Ulrike Meinhof vor ihrem Selbstmord, ein Statement von Andreas Baader, von dem bisher keine Originaltöne bekannt waren, zum Thema Isolationshaft, Jan-Carl Raspe zu den Haftbedingungen und Gudrun Ensslin zur Verantwortung der RAF.
Da der swr-Server ab und zu überlaufen ist, habe ich die Ton-Schnipsel aufgenommen und hier gespiegelt: Baader, Raspe , <a Meinhof, Ensslin). Das folgende sind die offiziellen Gerichtsprotokolle zu den Schnipseln. Mehr…

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Dieser Mensch ist z.B. nur König, weil sich andre Menschen als Untertanen zu ihm verhalten (II)

30. Juli 2007 5 Kommentare

ascetonym hat einen schönen Witz gefunden , der die Staatsdiskussion sozusagen auf den Punkt bringt:

Ich hab auch noch einen alten MG-Cartoon in guter Erinnerung, obwohl Humor nun wirklich nicht ihre starke Seite war.
Ich find den Witz immer noch gut, obwohl ihn wahrscheinlich kein Mensch versteht, wie gesagt, im Original ein Cartoon:
Zwei Positivisten hocken auf einer Wippe.
Sagt der eine: „Ach, in der Welt gehts doch zu, wie auf der Wippe; die einen sitzen immer oben, weil die andern immer unten sitzen.“
Sagt der andere: „Ach du weißt ja gar nicht, wie recht du hast.“

Doch, doch. Hier ist schon Ende Gelände des Cartoons.
Klassischer MG-Witz. Um die Pointe zu checken, muss einer schon Comte gelesen haben.
Soviel zum „umsonst“.

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Methodik bei der politischen Agitation — Am Beispiel Theo Wentzke

25. Juli 2007 37 Kommentare

Bei einem der letzten Jour fixe der GegenStandpunkt-Redaktion in München wurde folgendes zur Methodik bei der politischen Agitation festgehalten:
„Auf die Anfrage, wie in einer politischen Debatte mit Bürgern vorzugehen sei, wurde der Hinweis gegeben, zunächst deren Interessen und Fragestellungen zu erkunden, herauszubekommen, was diese Leute umtreibt, und sie nicht mit kommunistischen Argumenten und ihre Verpflichtung darauf zu überfordern bzw. zu verprellen. Empfehlungen für Debatten und Diskussionen werden nicht gegeben.“
Theo Wentzke hat dies in einem Interview mit Radio Corax –
Freies Radio im Raum Halle auf UKW 95.9 – am Tag seiner Veranstaltung zum „Linksruck in Lateinamerika“ in Leipzig am 5.7.07 sozusagen archetypisch umgesetzt. Hier seine letzten Bemerkungen:

Und Chavez redet zwar vom Sozialismus des 21 Jahrhunderts, er macht aber eigentlich gar keine Politik, die traditionellerweise als sozialistisch gilt. Er verstaatlicht zum Beispiel nicht, oder er vergesellschafteten nicht die Unternehmen. Er lässt sie eigentlich als privat kapitalistische Unternehmen bestehen. Was er gemacht hat ist, die Versorgungsunternehmen zu verstaatlichen, um die Grundversorgung der Bevölkerung zu garantieren. Aber viele große Teile der Industrie sind und bleiben privat. Jetzt kommt aber der Widerspruch: Er verlangt von den Unternehmen, sie sollen Arbeiter einstellen, sie sollten keinen mehr entlassen, sie sollen quasi ihren Profit teilen. Und da ist der „Kasus knaxus“, denn kapitalistische Unternehmen rechnen auf Gewinn, und wenn ihnen der Gewinn weg gesteuert wird durch Staatsauflagen, dann versuchen sie, wenn möglich, das Kapital zu verlagern, Kapitalflucht zu machen. Und darüber hat sich die Bewegung zum Teil zerstritten. Denn es gibt bürgerliche Parteigänger von Chavez, die sich jetzt natürlich angegriffen fühlen in ihrer ökonomischen Existenz. Es gibt aber auch linksradikale, oder weiter nach links verdrängende Kräfte, die enttäuscht sind, dass Chavez diese Unternehmer nicht verstaatlicht. Und darüber gibt es in der Bewegung Streit.
….
Bei uns gibt es eine hoch entwickelte Industrie, die könnte alle prächtig ernähren und viele andere dazu, viele andere arme Völker und Länder. Nur ist es halt kapitalistisch organisiert. Und jetzt kommt der wunde Punkt: Die Linke, oder diejenigen, die das ändern wollen, die sollten nicht auf irgendwelche Hoffnungen setzen, sondern die müssten sich überlegen: Was müsste man hierzulande tun, um dem Staat, um den Unternehmern die Mittel zu bestreiten, mit denen sie so verfahren, wie sie das tun. Da ist zugegebenermaßen zurzeit die Lage sehr trüb. Denn weder sind die Gewerkschaften übermäßig antikapitalistisch, sie sehen viele Auflagen ein, machen Tarifverträge länger arbeiten und weniger verdienen, wie bei der Telekom, aber auch die Arbeiterbasis ist nicht gerade antikapitalistisch und lässt sich das gefallen. Sie setzt auf die Konkurrenz, auf die Profitwirtschaft, und da müsste man etwas dafür tun, wieder eine Basis zu schaffen für eine antikapitalistische Politik hierzulande und das bedeutet dann auch wieder, die Lage weltweit ändern, wenn es in Europa eine starke antikapitalistische Bewegung gäbe, die auch in der Basis des Volks verankert wäre. Das würde die Kräfteverhältnisse weltweit natürlich entscheidend ändern. Was wir vorhin gesagt haben, Chavez steht unter der Erpressung der großen imperialistischen Länder. G7, G8, das würde sich ändern, wenn Teile der G8-Länder nicht mehr so sicher stehen zu so einer Politik, weil die Bevölkerung dagegen ist.

Ich habe bei solch weichgespültem Kommunismus wie immer mal wieder von Theo Wentzke immer das Deja vu, als ob da immer noch die gute alte DKP-Agitation ihre Urständ feiert. Oder es ist sehr, sehr ironisch gemeint, aber gerade die steht ja bei Theo nicht gerade im Vordergrund. Auf jeden Fall ist es gelinde gesagt missverständlich, wenn so locker Verstaatlichungen mit „Vergesellschaftung“ gleichgesetzt werden oder dem DGB zugeschrieben wird, nicht „übermäßig antikapitalistisch“ zu sein. Man muß auch nicht unbedingt den Begriff „Volk“ benützen, wenn man die anspricht, die man agitieren will. Man muß ja nicht gleich zum alten Kampfbegriff „Arbeiterklasse“ greifen! Denn soviel stimmt ja, Klassenkampf wird zur Zeit recht ausschließlich von oben geführt, von der Bourgeoisie und dem kapitalistischen Staat des ganzen Volks.

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Es ist genug für alle da! (Zur Grundeinkommensdebatte)

25. Juli 2007 Kommentare ausgeschaltet

Auf der Webseite von „GO-Dogma – Die undogmatische Grundorganisation der KPOE“ hat mal wieder ein Freund der GegenStandpunkte einen Diskussionsbeitrag zur auch in Österreich geführten Debatte um die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen veröffentlichen können. Er ist hier gespiegelt:

Das Grundeinkommen soll, wie es in der KP-Broschüre „Es ist genug für alle da!“ heißt, „allen Mitgliedern einer Gesellschaft bedingungslos und damit unabhängig von Arbeit, Arbeitsbereitschaft oder Bedürftigkeit ein Einkommen zur Verfügung stellen“. Damit würden „bürokratische Hürden“ bei AMS und Sozialamt wegfallen und es bestehe dann „kein Zwang mehr, alle möglichen Arbeiten annehmen zu müssen“ und die Leute wären nicht weiter einer „entwürdigenden gesellschaftlichen Stigmatisierung ausgesetzt“. Schließlich stellt die KPÖ fest, dass für so etwas „also nicht das Geld, sondern der politische Wille“ fehlt. Wer hätte das gedacht? Dem Kapitalismus fehlt doch glatt der politische Wille zum Sozialismus!
In der Debatte übers Grundeinkommen wird die Arbeitsbereitschaft, also der lebenslange Druck auf Lohnarbeiter, arbeiten zu müssen, als Grundübel für die und überhaupt als Voraussetzung der Proletarierexistenz benannt. Aus dem Grund gibt die erwünschte Abschaffung des Arbeitszwangs keinen vernünftigen Grund für ein Grundeinkommen her, sondern für die Abschaffung der Lohnarbeit! Deswegen ist die Forderung nach einem Grundeinkommen oder ähnlichem so folgerichtig, wie verkehrt.
Der im Wunsch nach einem Grundeinkommen vereint mit der KP streitende Philosoph Karl Reitter, übersetzt, anlässlich der Grundsicherungs- bzw. Grundeinkommensdebatte, die sorgenvolle Frage des Kapitals, der KPÖ und aller anderen ums Gemeinwohl besorgter Bürger, die da lautet „wer wird dann noch arbeiten gehen?“ in „wer wird dann noch bereit sein, sich dem Zwang zur Lohnarbeit mit allen Konsequenzen bedingungslos zu unterwerfen?“ Auch er hat die politökonomische Zweckbestimmung des Arbeitens richtig erkannt – um sich dann selbst vor dieser entscheidenden Frage zu drücken, indem er sie einfach leugnet und mit der Antwort „hoffentlich niemand“ abtut, wobei es sowieso klar sein dürfte, dass sich niemand freiwillig drangsalieren lässt und er sich diese Antwort hätte sparen können.
Ein solches „Einkommen“ wäre bloß ein Akt der Elendsverwaltung und die praktische Umsetzung würde unweigerlich an das deutsche Hartz-IV-Modell erinnern. Reitter begründet das Grundeinkommen pikanterweise damit, dass dadurch „unsere Gesellschaft“, d.h. die Klassengesellschaft samt Staat, an dem er offenbar nichts auszusetzen hat, nicht zusammenbricht. Das Grundeinkommen ist für diesen Linken eine Garantie, dass die auf Ausbeutung beruhende Gesellschaft trotz zunehmender Armut auch weiterhin störungsfrei funktioniert! (siehe: http://www.kpoe.at/bund/GrundEink/MieseArbeit.htm).
Dabei ist mit der Frage nach dem „Arbeitengehen müssen“ die Antwort darauf, warum ein bedingungsloses Grundeinkommen in dieser Gesellschaft, noch dazu ein „Existenzsicherndes“, nicht möglich ist, schon gegeben. Die Antwort ergibt sich aus dem Status der Lohnarbeit. Der Zwang zur Arbeit resultiert aus dem Eigentumsmangel der Arbeiter. Weil die Arbeiter kein Eigentum resp. Kapital haben, aber trotzdem leben müssen und alle Güter nun mal Waren sind und Geld kosten, müssen sie dieses nötige Geld „erwerben“. Sie sind darauf festgelegt, von Erwerbsarbeit in Form von Lohnarbeit und nichts anderem leben zu müssen, auch wenn die KPÖ und alle anderen Grundeinkommensfanatiker das partout nicht wahrhaben wollen und von „Neudefinitionen des Arbeitsbegriffs“, etc. faseln. Die einzige Möglichkeit an Geld zu kommen, besteht für sie nur darin, für Kapitalisten zu arbeiten. Der Armut der Arbeiter entspricht der Reichtum der Kapitalisten. Ohne diesem Arbeitszwang müssten sich die Proletarier tatsächlich vieles nicht bieten lassen, aber dann wären sie auch keine Proletarier mehr!
Aber genau der Zwang zur Arbeit ist für die Proletarier vorgesehen – und nichts anderes! Erst dieser konstituiert die Arbeiterklasse. Der Zwang sorgt bei Strafe des sozialen Abstiegs dafür, dass die arbeitenden und arbeitslosen Proletarier jeden Tag in Fabrik, Büro, beim AMS, beim Sozialamt, usw. antreten – und er macht damit das Arbeiten so ungemütlich. Der einzige „Reichtum“, die einzige Ware, die die Proletarier anbieten können, ist ihre Arbeitskraft, welche sie Kapitalisten für einen Zeitraum gegen Lohn zur Verfügung stellen müssen. Kapitalisten haben Eigentum, das sich permanent durch die Arbeit der Proletarier vermehren soll, also als Kapital fungiert. Während der Arbeitszeit gehören Arbeiter den Kapitalisten, sie müssen für sie, für deren Reichtumsvermehrung arbeiten. Es ist von daher sachfremd, Arbeiter mit Geld ohne Arbeitsleistung zu versorgen. Die Sorgen der Arbeiter gehen Kapitalisten nichts an, weswegen sie immer möglichst wenig Lohn zahlen und dadurch der Lohn dafür sorgt, dass Arbeiter dauerhaft arm bleiben. Dass die Arbeiter mehr schlecht als recht vom Lohn leben können, dafür sorgt der Sozialstaat, indem er Lohnanteile von Verdienenden zu weniger oder gar nicht Verdienenden zwangsweise umverteilt und die Kontinuierlichkeit des Arbeitsprozesses aufrecht erhält. Die Höhe des Lohns soll dafür sorgen, dass die Reproduktionssorgen der Arbeiter wegen Kinderbetreuung, Ausbildung, Wohnung etc. nicht die Arbeitsleistung unnötig mindern. Der einzige Grund, dass hierzulande Arbeiter und ihre Angehörigen nicht so dahinvegetieren, wie etwa in der 3. Welt, liegt einzig und allein darin, dass ihre Arbeitskraft gebraucht wird. Die Aufrechterhaltung und Stärkung der Arbeitsfähigkeit ist die einzige Aufgabe des Sozialstaats!
Würden Staat und Kapital nun freiwillig – darauf zielt die Grundeinkommensidee der KPÖ ab – Geld an die Arbeiter abgeben, dann schneiden die sich ins eigene Fleisch, denn jeder Lohn, jede Sozialabgabe verursacht auf Kapitalseite Kosten und mindert den Profit – DER Zweck der Marktwirtschaft! Daran „scheitert“ die Finanzierbarkeit des Grundeinkommens.
Eine Kritik des Lohnsystems und den damit in die Welt gesetzten Klassengegensatz möchte die KPÖ aber nicht anzetteln und folgerichtig wird auch das Arbeiterdasein nicht in Frage gestellt. Am Arbeitslohn als Einkommensquelle und die dadurch vorausgesetzten eigentumslosen Arbeiter haben die Grundeinkommensfans nichts auszusetzen. Die Grundpfeiler der Ausbeutung sollen nicht wirklich angetastet werden und doch hat die KPÖ etwas an den notwendigen Effekten dieser Wirtschaftsordnung auszusetzen. Wenn man schon arbeiten muss, dann soll man dazu qua Armut nicht gezwungen werden, so in etwa die Vorstellung der KPÖ. Sie ignoriert, dass nur deswegen Lohnarbeit verrichtet wird. Lohnarbeit ja, gezwungen werden dazu nein; es wird dabei dezent übersehen, dass beides dasselbe ist!
Es hat den Anschein, als ob die KPÖ, ohne es zu wissen oder gar zu wollen, quasi versehentlich, eine beinharte Kritik an der Klassengesellschaft formuliert – und ist sich wieder einmal über die Implikationen nicht bewusst und schürt falsche Hoffnungen. Und falls doch, dann betreibt sie das, was gemeinhin Populismus genannt wird.
Darum wendet sie sich so folgerichtig, wie verkehrt, mit der Grundeinkommensforderung ausgerechnet an denjenigen, der die Verhältnisse genau so eingerichtet hat, welche die Arbeiter zum Arbeiten zwingen; den Staat. Die KPÖ ignoriert, dass der Staat diese bedrückenden Verhältnisse doch genau so will und über die Absichten, die mittlerweile auch das Arbeitslosendasein als Fulltimejob gestalten, lässt er auch niemanden im Unklaren. Zuerst führt der Staat bewusst die Schikanen für Arbeitslose ein und dann soll er ein Einkommen zahlen, um die gewollte Wirkung seiner Schikanen zu untergraben? Da könnte er die Schikanen gleich bleiben lassen. Der Arbeitszwang ist das Herzstück der Marktwirtschaft – die Reichtumsquelle des Kapitals. Ohne Staat keine organisierende zentralisierte Gewalt; ohne Staatsgewalt kein Eigentum; ohne Eigentum keine Eigentumslosen; ohne Eigentumslose kein Arbeitszwang. Und schließlich, ohne Arbeitszwang keine Arbeiterklasse!
Anstatt übers Grundeinkommen zu fabulieren und sich alles mögliche auszudenken, was man mit dem Geld alles machen könnte – so läuft die hauptsächliche „Theoriebildung“ darüber ab -, stünde es einer kommunistischen Partei gut an, sich über die Funktion der Arbeitarmut für den Kapitalreichtum im Klaren zu werden. Die notwendige Armut des Proletariats ist eine unausweichliche Folge der Lohnarbeit und kann nur mit ihr aus der Welt geschafft werden!

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Marco und Genarlow Wilson, Georgia USA

24. Juli 2007 Kommentare ausgeschaltet

Lysis hat zum jetzt am Fall Marco in der Türkei wieder hochgekommenen Themas Sex unter Nichtvolljährigen beinahe schon beiläufig nochmal auf „wesentlich gräßlichere Urteile“ hingeweisen, die erst jüngst in den USA, in Georgia, gefällt wurden. Seine ersten Absätze:

Es ist ein Fall staatlicher Repression, der es trotz seines kruden Charakters in keinen Menschenrechtsbericht schaffen und wohl auch nicht für internationalen Aufruhr sorgen wird. Denn beim Verursacher handelt sich um einen Gewaltmonopolisten, dem die Menschenrechte noch vor jeder Prüfung auf der Haben-Seite angerechnet werden: den US-amerikanischen Staat. Und doch macht das Schicksal des zur “Tat”zeit 17-jährigen Genarlow Wilson, der wegen einverständlichem Oralverkehr mit einem 15-jährigen Mädchen insgesamt 10 Jahre lang in einem dreckigen Loch sitzen soll (und dies auch schon seit fast zwei Jahren tut), einfach fassungslos.
Das letzten Monat vom Obersten Gericht Georgias bestätigte Urteil lautet auf “aggravated child molestation” (schwere sexuelle Belästigung von Kindern), obwohl es sich a) bei dem Mädchen keineswegs um ein Kind, sondern um einen Teenager handelte, b) der Altersunterschied läppische zwei Jahre betrug und c) beide Beteiligten damals noch minderjährig waren.
Diese barbarische Gesetzeslage — und die darüber noch hinausgehende lebenslängliche Brandmarkung Wilsons als “Child Molester” — ist einerseits ein Resultat der jahrelangen Missbrauchs-Hysterie, welche dazu führte, dass Jugendlichen das Recht auf einverständlichen Sex irgendwann komplett entzogen wurde. Sie verweist andererseits aber auch auf die Fortdauer alter christlicher Rechtsnormen, denn die besondere juristische Schwere (aggravation) des Falls rührt daher, dass die beiden “widernatürlichen”, d.h. nicht auf Fortpflanzung ausgerichteten Geschlechtsverkehr hatten.

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Dieser Mensch ist z.B. nur König, weil sich andre Menschen als Untertanen zu ihm verhalten

7. Juli 2007 93 Kommentare

Kaum schaut man mal ein paar Tage nicht nach, schon geht hier die Post ab! Ich habe deshalb jetzt im Nachhinein den ursprünglichen Verweis auf die drakonischen Bestrafungen von Sex unter Nichtvolljährigen in den USA hier rausgenommen. So bleibt es hier pur die Diskussion über das GSP-Staatsverständnis und dessen Kritik (und die Gültigkeit des obigen Marx-Zitats). Jedenfalls wenn man vom leider üblichen Gehacke, den Unterstellungen und Verdächtigungen und ähnlich unheimlich weiterführenden Meanderschleifen mal abstrahiert.
(Was noch im SPAM-Filter oder bei ungenehmigten Kommentaren hängengeblieben war, habe ich freigegeben. So fürchterlich streng ist das übrigens schon eine Weile nicht mehr eingestellt, 99 von 100 posts sortiert der seitdem trotzdem eigentlich richtig ein.)

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Postkoloniales Gedöns — Attacke einer sozialdemokratischen Geistesgröße

7. Juli 2007 Kommentare ausgeschaltet

Lysis weist auf folgenden Artikel von Joachim Zeller, (einem Berliner Historiker und Lehrer?) , zur deutschen Geschichts“wissenschaft“ hin:
„Postkoloniales Gedöns“. Die Attacke von Hans-Ulrich Wehler gegen die „Modeströmung der ‚postkolonialen Studien’“

Die „nichtwestlichen Regionen des Globus (hätten) aus Mangel an einem hinreichenden endogenen Entwicklungspotenzial durch den westlichen Imperialismus gewaltsam (…) an die moderne Welt angeschlossen werden müssen. (…) die deutsche Arbeitspolitik in den Kolonien (habe gar nicht anders gekonnt), als die Einheimischen in einem langwierigen Disziplinierungsprozess an regelmäßige Arbeit im europäischen Sinn zu gewöhnen“.
Solche kruden modernisierungstheoretischen Argumentationsmuster ins Feld zu führen, die den Kolonialismus als eine frühe Form der Entwicklungshilfe verklären, ja das Bild vom „Müßiggang des Negers“ heraufzubeschwören, das war bisher die Domäne Ewiggestriger. Die Feststellungen stammen aber von einem der führenden bundesdeutschen Historiker: Hans-Ulrich Wehler. Der Bielefelder Emeritus gefällt sich hier einmal mehr in der Rolle als Provokateur, so wie er in den vergangenen Jahren mit einer ausgesprochenen Lust am politisch unkorrekten immer wieder von sich Reden gemacht hat. Noch in guter Erinnerung ist seine – mit geradezu islamophoben Äußerungen durchsetzte – Stellungnahme gegen einen EU-Beitritt der Türkei. Mehr…

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Dokumentiert: Krölls vs. konkret

29. Juni 2007 1 Kommentar

Antidemokratische Aktion hat folgendes hin und her geblogt, das ich hier gerne auch bringe, weil es leider nur recht wenig Auseinandersetzung mit Krölls harscher Kritik gegeben hat, jedenfalls soweit ich mitbekommen habe:

In der Ausgabe 06/07 der konkret befand sich … eine Rezension von Matthias Becker zu Krölls “Kritik der Psychologie“. Diese ist hauptsächlich von der Empörung darüber getragen, dass glatt auch Horkheimer und Adorno kritisiert werden, sowie vom Unverständnis, dass kritisiert wird, ein Menschenbild zu haben, statt ein anderes zu entwerfen. Aber genug der Vorrede, ich habe die Rezension nämlich eingescannt:
Albert Krölls:
Kritik der Psychologie.
VSA, Hamburg 2006,
160 Seiten, 12,80 Euro
»Das moderne Opium des Volkes« nennt der Sozialwissenschaftler Albert Krölls die Psychologie. »Ein Scheitern am Arbeitsmarkt oder bei der Liebeswerbung, Ärger in der Familie oder im Büro, Angst vor dem Atomkrieg oder dem Alleinsein lassen auf eine falsche Einstellung schließen«, schreibt er mit beißender Ironie. Als Alltagsreligion leiste die Psychologie heute einen unverzichtbaren Beitrag dazu, daß die Menschen sich den gesellschaftlichen Forderungen anpassen.
Krölls kritisiert die affirmative Leistung der Theorien von Behavioristen genauso wie die der Tiefenpsychologen, sein eigentlicher Gegner aber ist der »Psychomarxismus Adornos und Horkheimers«. Daß die beiden den Antrieb für Rassismus und Antisemitismus im sogenannten autoritären Charakter verorten, sei verharmlosend, weil so das Bild einer widerspruchsfreien Entsprechung von Unterwerfungswillen und Herrschaft entstehe.
Eine aktuelle Analyse des »Gebrauchswerts für die kapitalistische Konkurrenzgesellschaft« von Psychologie und Therapiegläubigkeit, wie sie Krölls verspricht, wäre verdienstvoll gewesen. Dazu allerdings hätte gehört, nach den Gründen zu fragen, warum den Mitgliedern der bürgerlichen Gesellschaft die entsprechenden Ansichten so plausibel erscheinen. Die Attacke auf den Psychologismus gerät leider zum Schlag insWasser, weil der Autor darauf besteht, deren methodische Grundlagen widerlegen zu wollen — und zwar ziemlich hausbacken. Gemeinsamer Kern aller psychologischen Theorien sei die Idee, daß der Wille der Kranken gestört sei und sie fremdbestimmt handelten. Krölls dagegen bezweifelt grundsätzlich, daß menschliches Verhalten »zumindest teilweise bedingt« sei. Wie dann eine Wissenschaft vom Menschen aussehen soll, behält er für sich. Verhalten auf nicht unmittelbar beobachtbare »Triebe« oder »Motivationen« zurückzuführen sei an sich tautologisch. Selbst wenn das der Fall wäre – die angebotene Alternative ist wenig überzeugend: Alle tun angeblich immer genau das, wozu sie sich entschieden haben.
Und obwohl er eigentlich beweisen will, wie die Psychologie durch ihr deterministisches Menschenbild entmündigt, endet der Autor schließlich selbst beim Biologismus: »Noch kein Forscher hat je den Todestrieb unter dem Mikroskop oder im Reagenzglas zu entdecken vermocht.« Diese Kritik der Psychologie führt nicht weit. Den Versuch war es wert.
Matthias Becker (konkret 06/07, S. 46)
Anlass fürs Einscannen war, dass Albert Krölls jetzt per Leserbrief in der konkret geantwortet hat und zwar wie folgt:
Psycho-logisch
KONKRET 6/07: Buch & Deckel
Das Motto der Rezension meines Buches: Kritik an der Psychologie als Herrschaftsideologie ja, aber bitte schön ohne Kritik der psychologischen Weltanschauung, auf deren Fehler die affirmativen Leistungen beruhen. Matthias Beckers Verteidigung der psychologischen Unart, die Gründe des Denkens und Handelns in Umständen jenseits von Wille und Bewußtsein der Akteure suchen zu wollen, macht sich fest an der Frage nach den Ursachen der geistigen Botmäßigkeit der lohnabhängigen Staatsbürger. Seine Unzufriedenheit gilt der Antwort des Buches, derzufolge die Befürwortung des Kapitalismus ihren Grund in den politischen Fehlurteilen der Subjekte besitzt. Für Fans politpsychologischer Erklärungen, die das falsche Bewußtsein als Werk von Einflußfaktoren zu deuten pflegen, ist diese Antwort natürlich keine. Daß sich umgekehrt die deterministische Erklärung von Willensinhalten in unauflösbare Widersprüche verstrickt, ist dem Rezensenten erklärtermaßen herzlich gleichgültig. Weil ihm unvorstellbar erscheint, daß der Mensch Subjekt seiner Entscheidungen ist, will er um jeden Preis am psychologischen Credo der (teilweisen) Bedingtheit des Denkens festhalten. Sonst müßte man sich ja von allen Theorien verabschieden, welche entschuldigend das verkehrte Bewußtsein der Lohnabhängigen auf den Zwangscharakter der Verhältnisse, den universellen Verblendungszusammenhang oder die Meinungsmanipulation zurückführen.
Albert Krölls
per E-Mail

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Theo Wentzke stellt an der Humboldt-Uni das neue „Geld“-Buch des GegenStandpunkts vor

21. Juni 2007 Kommentare ausgeschaltet

Die Berliner Gruppe Kein Kommentar hat auf ihrer Homepage folgenden Veranstaltungshinweis:
GegenStandpunkt & Diskussion
03.07.2007 (Dienstag), 18.00 Uhr,
Humboldt Universität, Hörsaal 2002,
Unter den Linden 6 (Nähe S+U Bahnhof Friedrichstraße), 10099 Berlin
Das Geld
Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons


Geld muss man nicht erklären, man muss es haben; das versteht sich für lebenskluge Zeitgenossen von selbst. Wenn es am Geld etwas zu erklären gibt, dann, wie man am besten an möglichst viel davon herankommt: Ohne Moos nix los!
Das ist fatal. Denn wer dem unausweichlichen Zwang, Geld zu verdienen, nur die Ermunterung entnimmt, ihm möglichst erfolgreich nachzukommen, der bleibt in ein Zwangsystem der gesellschaftlichen Arbeitsteilung verstrickt, das ihm nicht wenig Sorgen aufnötigt. Außerdem macht er den gar nicht so unvermeidlichen Fehler, sich dazu kritiklos affirmativ zu stellen. Da helfen dann auch kein Ärger und keine Beschwerden mehr über den Stress beim Geldverdienen, über das wenig zufriedenstellende Resultat, über die hohen Preise, und überhaupt über das wenige Geld hier und den vielen Reichtum dort.
Wer sich das Geld nicht erklären will, soll über dessen ungleiche Verteilung nicht jammern. Umgekehrt: Wer nicht immer nur über die Sorgen mit dem Geld und seine ungerechte Verteilung klagen will, der sollte sich lieber das Geld erklären – und die mit ihm gültig gemachte ganz und gar nicht so vernünftige und sachnotwendige Produktionsweise. Dazu will die Veranstaltung beitragen.

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Aus der Reihe „Verrückte Fundstellen“

21. Juni 2007 2 Kommentare

Es ist sehr wahrscheinlich, daß im realen Sexualleben solch abstoßender Zirkel wie etwa den Münchner ‘Marxistischen Gruppen’ die Onanie und entsprechend der Alkoholismus eine er-heblich größere Rolle spielt (!) als im Durchschnitt zumindest der akademischen Bevölkerung.

Dazu subwave, der das ausgegraben hat:

ist aus »marxismus, psychoanalyse, politik« von f.e.hoevels, der zunächst beim sds war und später in freiburg die marxistisch-reichistische initiative (mri) gründet, eine eso-sekte, die sich ein programm aus marx, w. reich zusammenrührt. in den 80ern fordert die mri dann tätowierung von hiv-positiven, zeigt sympathien für die republikaner, unterstützt saddam hussein, ist gegen islam und die usa. ich habs in der konkret juni/1988 gefunden, in einem artikel von wolfgang schneider, der die antiklerikale eso-szene kritisch durchleuchtet. verrückt, was es damals alles gab…

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