Home > (1) MG + GSP > Es ist genug für alle da! (Zur Grundeinkommensdebatte)

Es ist genug für alle da! (Zur Grundeinkommensdebatte)

25. Juli 2007

Auf der Webseite von „GO-Dogma – Die undogmatische Grundorganisation der KPOE“ hat mal wieder ein Freund der GegenStandpunkte einen Diskussionsbeitrag zur auch in Österreich geführten Debatte um die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen veröffentlichen können. Er ist hier gespiegelt:

Das Grundeinkommen soll, wie es in der KP-Broschüre „Es ist genug für alle da!“ heißt, „allen Mitgliedern einer Gesellschaft bedingungslos und damit unabhängig von Arbeit, Arbeitsbereitschaft oder Bedürftigkeit ein Einkommen zur Verfügung stellen“. Damit würden „bürokratische Hürden“ bei AMS und Sozialamt wegfallen und es bestehe dann „kein Zwang mehr, alle möglichen Arbeiten annehmen zu müssen“ und die Leute wären nicht weiter einer „entwürdigenden gesellschaftlichen Stigmatisierung ausgesetzt“. Schließlich stellt die KPÖ fest, dass für so etwas „also nicht das Geld, sondern der politische Wille“ fehlt. Wer hätte das gedacht? Dem Kapitalismus fehlt doch glatt der politische Wille zum Sozialismus!
In der Debatte übers Grundeinkommen wird die Arbeitsbereitschaft, also der lebenslange Druck auf Lohnarbeiter, arbeiten zu müssen, als Grundübel für die und überhaupt als Voraussetzung der Proletarierexistenz benannt. Aus dem Grund gibt die erwünschte Abschaffung des Arbeitszwangs keinen vernünftigen Grund für ein Grundeinkommen her, sondern für die Abschaffung der Lohnarbeit! Deswegen ist die Forderung nach einem Grundeinkommen oder ähnlichem so folgerichtig, wie verkehrt.
Der im Wunsch nach einem Grundeinkommen vereint mit der KP streitende Philosoph Karl Reitter, übersetzt, anlässlich der Grundsicherungs- bzw. Grundeinkommensdebatte, die sorgenvolle Frage des Kapitals, der KPÖ und aller anderen ums Gemeinwohl besorgter Bürger, die da lautet „wer wird dann noch arbeiten gehen?“ in „wer wird dann noch bereit sein, sich dem Zwang zur Lohnarbeit mit allen Konsequenzen bedingungslos zu unterwerfen?“ Auch er hat die politökonomische Zweckbestimmung des Arbeitens richtig erkannt – um sich dann selbst vor dieser entscheidenden Frage zu drücken, indem er sie einfach leugnet und mit der Antwort „hoffentlich niemand“ abtut, wobei es sowieso klar sein dürfte, dass sich niemand freiwillig drangsalieren lässt und er sich diese Antwort hätte sparen können.
Ein solches „Einkommen“ wäre bloß ein Akt der Elendsverwaltung und die praktische Umsetzung würde unweigerlich an das deutsche Hartz-IV-Modell erinnern. Reitter begründet das Grundeinkommen pikanterweise damit, dass dadurch „unsere Gesellschaft“, d.h. die Klassengesellschaft samt Staat, an dem er offenbar nichts auszusetzen hat, nicht zusammenbricht. Das Grundeinkommen ist für diesen Linken eine Garantie, dass die auf Ausbeutung beruhende Gesellschaft trotz zunehmender Armut auch weiterhin störungsfrei funktioniert! (siehe: http://www.kpoe.at/bund/GrundEink/MieseArbeit.htm).
Dabei ist mit der Frage nach dem „Arbeitengehen müssen“ die Antwort darauf, warum ein bedingungsloses Grundeinkommen in dieser Gesellschaft, noch dazu ein „Existenzsicherndes“, nicht möglich ist, schon gegeben. Die Antwort ergibt sich aus dem Status der Lohnarbeit. Der Zwang zur Arbeit resultiert aus dem Eigentumsmangel der Arbeiter. Weil die Arbeiter kein Eigentum resp. Kapital haben, aber trotzdem leben müssen und alle Güter nun mal Waren sind und Geld kosten, müssen sie dieses nötige Geld „erwerben“. Sie sind darauf festgelegt, von Erwerbsarbeit in Form von Lohnarbeit und nichts anderem leben zu müssen, auch wenn die KPÖ und alle anderen Grundeinkommensfanatiker das partout nicht wahrhaben wollen und von „Neudefinitionen des Arbeitsbegriffs“, etc. faseln. Die einzige Möglichkeit an Geld zu kommen, besteht für sie nur darin, für Kapitalisten zu arbeiten. Der Armut der Arbeiter entspricht der Reichtum der Kapitalisten. Ohne diesem Arbeitszwang müssten sich die Proletarier tatsächlich vieles nicht bieten lassen, aber dann wären sie auch keine Proletarier mehr!
Aber genau der Zwang zur Arbeit ist für die Proletarier vorgesehen – und nichts anderes! Erst dieser konstituiert die Arbeiterklasse. Der Zwang sorgt bei Strafe des sozialen Abstiegs dafür, dass die arbeitenden und arbeitslosen Proletarier jeden Tag in Fabrik, Büro, beim AMS, beim Sozialamt, usw. antreten – und er macht damit das Arbeiten so ungemütlich. Der einzige „Reichtum“, die einzige Ware, die die Proletarier anbieten können, ist ihre Arbeitskraft, welche sie Kapitalisten für einen Zeitraum gegen Lohn zur Verfügung stellen müssen. Kapitalisten haben Eigentum, das sich permanent durch die Arbeit der Proletarier vermehren soll, also als Kapital fungiert. Während der Arbeitszeit gehören Arbeiter den Kapitalisten, sie müssen für sie, für deren Reichtumsvermehrung arbeiten. Es ist von daher sachfremd, Arbeiter mit Geld ohne Arbeitsleistung zu versorgen. Die Sorgen der Arbeiter gehen Kapitalisten nichts an, weswegen sie immer möglichst wenig Lohn zahlen und dadurch der Lohn dafür sorgt, dass Arbeiter dauerhaft arm bleiben. Dass die Arbeiter mehr schlecht als recht vom Lohn leben können, dafür sorgt der Sozialstaat, indem er Lohnanteile von Verdienenden zu weniger oder gar nicht Verdienenden zwangsweise umverteilt und die Kontinuierlichkeit des Arbeitsprozesses aufrecht erhält. Die Höhe des Lohns soll dafür sorgen, dass die Reproduktionssorgen der Arbeiter wegen Kinderbetreuung, Ausbildung, Wohnung etc. nicht die Arbeitsleistung unnötig mindern. Der einzige Grund, dass hierzulande Arbeiter und ihre Angehörigen nicht so dahinvegetieren, wie etwa in der 3. Welt, liegt einzig und allein darin, dass ihre Arbeitskraft gebraucht wird. Die Aufrechterhaltung und Stärkung der Arbeitsfähigkeit ist die einzige Aufgabe des Sozialstaats!
Würden Staat und Kapital nun freiwillig – darauf zielt die Grundeinkommensidee der KPÖ ab – Geld an die Arbeiter abgeben, dann schneiden die sich ins eigene Fleisch, denn jeder Lohn, jede Sozialabgabe verursacht auf Kapitalseite Kosten und mindert den Profit – DER Zweck der Marktwirtschaft! Daran „scheitert“ die Finanzierbarkeit des Grundeinkommens.
Eine Kritik des Lohnsystems und den damit in die Welt gesetzten Klassengegensatz möchte die KPÖ aber nicht anzetteln und folgerichtig wird auch das Arbeiterdasein nicht in Frage gestellt. Am Arbeitslohn als Einkommensquelle und die dadurch vorausgesetzten eigentumslosen Arbeiter haben die Grundeinkommensfans nichts auszusetzen. Die Grundpfeiler der Ausbeutung sollen nicht wirklich angetastet werden und doch hat die KPÖ etwas an den notwendigen Effekten dieser Wirtschaftsordnung auszusetzen. Wenn man schon arbeiten muss, dann soll man dazu qua Armut nicht gezwungen werden, so in etwa die Vorstellung der KPÖ. Sie ignoriert, dass nur deswegen Lohnarbeit verrichtet wird. Lohnarbeit ja, gezwungen werden dazu nein; es wird dabei dezent übersehen, dass beides dasselbe ist!
Es hat den Anschein, als ob die KPÖ, ohne es zu wissen oder gar zu wollen, quasi versehentlich, eine beinharte Kritik an der Klassengesellschaft formuliert – und ist sich wieder einmal über die Implikationen nicht bewusst und schürt falsche Hoffnungen. Und falls doch, dann betreibt sie das, was gemeinhin Populismus genannt wird.
Darum wendet sie sich so folgerichtig, wie verkehrt, mit der Grundeinkommensforderung ausgerechnet an denjenigen, der die Verhältnisse genau so eingerichtet hat, welche die Arbeiter zum Arbeiten zwingen; den Staat. Die KPÖ ignoriert, dass der Staat diese bedrückenden Verhältnisse doch genau so will und über die Absichten, die mittlerweile auch das Arbeitslosendasein als Fulltimejob gestalten, lässt er auch niemanden im Unklaren. Zuerst führt der Staat bewusst die Schikanen für Arbeitslose ein und dann soll er ein Einkommen zahlen, um die gewollte Wirkung seiner Schikanen zu untergraben? Da könnte er die Schikanen gleich bleiben lassen. Der Arbeitszwang ist das Herzstück der Marktwirtschaft – die Reichtumsquelle des Kapitals. Ohne Staat keine organisierende zentralisierte Gewalt; ohne Staatsgewalt kein Eigentum; ohne Eigentum keine Eigentumslosen; ohne Eigentumslose kein Arbeitszwang. Und schließlich, ohne Arbeitszwang keine Arbeiterklasse!
Anstatt übers Grundeinkommen zu fabulieren und sich alles mögliche auszudenken, was man mit dem Geld alles machen könnte – so läuft die hauptsächliche „Theoriebildung“ darüber ab -, stünde es einer kommunistischen Partei gut an, sich über die Funktion der Arbeitarmut für den Kapitalreichtum im Klaren zu werden. Die notwendige Armut des Proletariats ist eine unausweichliche Folge der Lohnarbeit und kann nur mit ihr aus der Welt geschafft werden!

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
Kommentare sind geschlossen