[online] 12.11.10 ¦ Berlin ¦ Jonas Köper zum Bedingungslosen Grundeinkommen
Bei archive.org gibt es jetzt einen Mitschnitt der Veranstaltung mit Jonas Köper zur Kritik der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen.
Bei archive.org gibt es jetzt einen Mitschnitt der Veranstaltung mit Jonas Köper zur Kritik der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen.
MSZ 1990:
Nationale Identität bezeichnet eine eigentümliche Erklärung des Bekenntnisses zu einem Vaterland. Es handelt sich um die Behauptung, daß Menschen nicht (bloß) infolge äußeren Zwangs und nicht etwa (bloß) aus politischen Berechnungen ihres theoretischen und praktischen Vorteils unter einer bestimmten nationalen Aufsicht leben und leben wollen – sondern deswegen, weil sie zu einem jeweils besonderen Schlag von Menschen gehören, mit dem sie gewisse Eigenschaften teilen. Unabhängig vom besonderen und wechselhaften politischen Willen eines Bürgers soll es einen natürlichen Volkscharakter geben, der nicht nur zum Anschluß an seinesgleichen drängt, sondern gleich zur Unterordnung unter dieselbe – eben die eigene, nationale – politische Gewalt.
„Nationale Identität“ ist also eine moderne rassistische Formel für die Unabweisbarkeit des Nationalismus; ein Dogma, das zwar keinen Beweis kennt, dafür aber einige Belege. Sie sollen die ursprüngliche, „vor-staatliche“ Gemeinsamkeit illustrieren, welche eine Anzahl Menschen zum Volk macht, selbst und gerade dann, wenn sie nicht das Volk eines (und desselben) Staates sind.
Der
Beleg Nr.1: gemeinsame Sprache
zeigt allerdings gleich das einfache Umdeutungsverfahren, nach dem diese Indizien gewählt sind: Gemeinsamkeiten, die aufgrund eines durchgesetzten staatlichen Interesses entstanden sind, werden als vorpolitische Eigenheiten ausgegeben, welchen der Staat Rechnung zu tragen hätte. Eine Nationalsprache ist schließlich nicht die naturwüchsige Entfaltung der ursprünglich gesprochenen Dialekte, sondern ein Kunstprodukt der politischen Herrschaft; mal eine „Hochsprache“, als Einheitssprache innerhalb des Herrschaftsgebietes durchgesetzt; mal eine „Amtssprache“, als dienstliches und geschäftliches Verkehrsmittel eingeführt und ohne Rücksicht auf die zufälligen örtlichen Idiome gewählt.
Fragt sich ferner, welche „Identität“ damit gebildet sein soll. Es gibt kein einziges gemeinsames Interesse, das aufgrund einer gemeinsamen Sprache zwischen denen entstehen würde, die sie sprechen. Ob sie dieselben oder verschiedene Anschauungen und Ziele haben, hat mit ihrer Sprache nichts zu tun – die steht unterschiedslos jedem zur Kundgabe seiner Gedanken zur Verfügung, der sie beherrscht. Daß umgekehrt von der Gemeinsamkeit derselben Sprache alle Gegensätze und Unterschiede bedeutungslos würden, ist ein grober Schwindel und bloß für den plausibel, der verlangt, daß neben der „nationalen Identität“ alle sonstigen Interessen zu schweigen haben.
Beleg Nr.2: gemeinsame Kultur
Hat einen ähnlichen Haken. Wenn Kunstwerke als nationale Kulturgüter gelten, kann das weder an den Kunstprodukten an sich liegen – Noten und Reime tragen schließlich keine Nationalfarben; noch daran, daß sie allgemein gefallen – Geschmacksurteile sind bekanntlich subjektiv und richten sich nicht nach der Herkunft eines Kunstwerks. Daß Kunst, die ansonsten immer Ausdruck des Individuellsten des Individuellen sein soll, dennoch wie kollektives Eigentum angesehen wird, verdankt sich eben wiederum einem staatlichen Interesse. Denn mit de Vereinnahmung geistiger Produkte will die Staatsgewalt selbst am Geistigen partizipieren und sich darin hochleben lassen. Deshalb sorgt sie auch dafür, daß das Volk „seine“ Dichter & Denker zumindest dem Namen nach kennt. Es wird darin unterrichtet, die Kunstgeschichte durch die nationale Brille zu sehen und „große Werke“ als Gegenstand des Nationalstolzes zu memorieren, auch und gerade wenn es künstlerische Neigungen von sich aus nicht hat oder seine Unterhaltungsbedürfnisse anderweitig deckt.
Beleg Nr.3: gemeinsame Geschichte
ist noch weniger ein Grund zur Vaterlandsliebe. Wer sie als einigendes Band beschwört, meint ja ohnehin nicht die vergangenen Manöver vorstaatlicher Jäger und Sammler, sondern die politischen Errungenschaften, die der gegenwärtige Staat und seine Rechtsvorgänger vorweisen können – und deren Durchsetzung in der Regel eine Geschichte kleiner und größerer Metzeleien war, in denen die politischen Verfahren der heutigen Untertanen Leben und Gesundheit gelassen haben. Die gegenwärtige Bevölkerung wiederum soll diese Geschichte nicht etwa als für sie schädlichen Fehler betrachten, sondern als die Stiftung einer Schicksalsgemeinschaft. Für die kann man Stolz oder auch Scham empfinden – jedenfalls ist sie aber als bedingungslos gemeinsame Sache zu denken, die vollständig unabhängig von jedem individuellen Interesse nationale Rechte und Pflichten umfaßt.
Was damit jeweils gemeint ist, legt schon die Politik selbst fest. Ob es innenpolitische Verfügungen und Verhältnisse sind oder außenpolitische Ansprüche auf die Ressourcen anderer Nationalstaaten: Sache des Volkes ist es, die politischen Unternehmungen seiner Herrschaft als nationale Anliegen zu begreifen und sich mit ihnen zu identifizieren. Dafür ist es allemal erforderlich, den kleinen Gegensatz zwischen oben und unten, Herrschaft und Untertan, Staat und Bürger vergessen zu machen. Gelingt das dem Volk, dann kann sich sein Staat auf es als seinen höheren Auftraggeber berufen. Der verlangte Gehorsam erscheint dann nicht mehr als Unterwerfung unter seine Gewalt, sondern als Ausdruck von Volkes Wille. Und je größer die nationalen Aufgaben, desto hilfreicher ist dabei die Vorstellung eines Volkswillens, der als zweite Natur im Bürger wohnt, ob er das ausdrücklich will oder nicht – eben die „nationale Identität“, die seinen Staat ins Recht setzt. Ein paar Gemeinsamkeiten zum Beleg dieser Ideologie finden sich schließlich immer.
Die Sache mit dem Dummheits-Gen, der Plan von Sarrazin zur Rettung wertvoller deutscher Volkssubstanz und
warum Politiker ihn nicht kritisieren können
Es ist eben das Schöne – nicht nur – an der Psychologie, dass man in ihr für jeden Standpunkt immer den passenden wissenschaftlichen Beweis findet. Natürlich gilt das auch für jeden gegenteiligen Standpunkt. Th. Sarrazin, der nun einmal von „angeborenen intellektuellen Mängeln“ (S.100) der Unterschicht überzeugt ist, wurde in den einschlägigen Wissenschaften ebenso fündig wie seine Kritiker wie S. Gabriel in der ZEIT, F. Schirrmacher in der FAZ, wie andere im Spiegel oder in der Süddeutschen.[1] Sarrazin baute auf den Befunden von der Erblichkeit der Intelligenz den einen Pfeiler seines Untergangsszenarios auf[2]:„Bei höherer relativer Fruchtbarkeit der weniger Intelligenten (er meint deutsches „Prekariat“) sinkt die durchschnittliche Intelligenz der Grundgesamtheit. Das ist in Deutschland …gegenwärtig der Fall. „(99) Und da es für ihn ebenfalls wissenschaftlich belegt ist, „dass zwischen Schichtzugehörigkeit und Intelligenzleistung ein recht enger Zusammenhang besteht“(93), addiert er eins und eins zusammen und kommt auf seinen Warnruf: „Mehr Kinder von den Klugen, bevor es zu spät ist.“ (331) Denn wenn kluge Menschen kluge Kinder in die Welt setzen, dumme Menschen aber eher dumme Kinder, und wenn sich dummerweise die Dummen gegenüber den Klugen durch größere „Fertilität“ auszeichnen, dann muss man zum einen die Klugen im Interesse der Rettung wertvoller deutscher Volkssubstanz zu vermehrter Kinderproduktion anhalten und zum anderen den Dummen die schädliche Zeugungsquote irgendwie vermiesen. Da er die Dummen nicht medizinisch sterilisieren lassen will – so ein Vorschlag gehört sich selbst für Deutsche vom Schlage des Th. Sarrazin nicht – lässt er sich eine Art sozialer Sterilisierung einfallen: Denen muss das Kinderkriegen durch radikalen Abbau jener Transferzahlungen, die ihnen bisher ein Leben in „anstrengungslosem Wohlstand“ (Westerwelle) erlaubt und die bei ihnen wie eine Prämie zum Kinderkriegen gewirkt haben, ausgetrieben werden. Für die anderen, die Klugen, hat er umgekehrt eine Form der sozialen Fertilitätsstimulierung in seinem Rettungsprogramm: „Es könnte beispielsweise bei abgeschlossenem Studium für jedes Kind, das vor Vollendung des 30 .Lebensjahres der Mutter geboren wird, eine staatliche Prämie von 30.000 Euro ausgesetzt werden (Die) dürfte allerdings nur selektiv eingesetzt werden, nämlich für jene Gruppen, bei denen eine höhere Fruchtbarkeit zur Verbesserung der sozioökonomischen Qualität der Geburtenstruktur besonders erwünscht ist.“(389f) Alles klar! Einen Haken sieht er allerdings noch in seiner Sozial-Eugenik. Denn niemandem kann das Kinderkriegen untersagt werden, selbst den Dummen nicht. Was tun, wenn die einfach weiter ungeschützt verkehren oder verkehrt ihre Familien planen? Dann muss man die Kinder in Einrichtungen stecken, in denen der Versuch unternommen wird, sie trotz schlechter Anlagen noch irgendwie einzudeutschen. Das geht natürlich in den hiesigen Erziehungseinrichtungen nicht nach altem Programm: Denn wenn „für einen großen Teil dieser (Unterschichts-)Kinder… der Misserfolg mit ihrer Geburt bereits besiegelt (ist): Sie erben die intellektuelle Ausstattung ihrer Eltern“ (175), dann wird „auch im besten Bildungssystem … die angeborene Ungleichheit der Menschen durch Bildung nicht verringert, sondern eher akzentuiert“.(249) Mehr…
Freerk Huisken hat in seiner Diskussionsveranstaltung zu Sarrazin (am 28.10.2010 in Berlin an der Humboldt Uni) recht entschieden seine Sicht auf Sarrazin vorgetragen:
Im Mitschnitt hört man ab 57:17:
Aus dem Publikum: Punkt ist doch die Wirtschaftlichkeit.
Freerk Huisken: Die nationalistische Betrachtungsweise, derer von Oben oder derer von Unten, unterzieht jede nationale Tätigkeit einem internationalen Leistungsvergleich: Sind wir besser als die? Wenn wir schlechter als die sind, dann ist das eine Schande. Das stimmt schon. Aber man muß jetzt aufpassen: Ich bin bei Sarrazin. Und Sarrazin hat sich konzentriert auf die Frage „Deutschtum“, das ist seine Hauptthese. Und mir geht es darum, aufzuzeigen, was davon identisch ist mit demokratischer Politik und was nicht identisch ist. Übrigens hier und woanders.
Der macht keine Wirtschaftsanalyse, da ist er fern von. Der hat nicht das Problem Wachstum. Der hat nicht das Problem, wie muß das deutsche Volk zugerichtet werden, damit es als Ressource funktioniert. Das ist die Sache der demokratischen Politik. Sondern der hat nur die Sorge: Verdammt noch mal, die deutschen Tugenden gehen den Bach runter, dann geht Deutschland den Bach runter! Das ist seine Geschichte. Daß der Nationalismus sich sonst auf allen Feldern ausdrückt, auf dem politischen, auf dem ökonomosichen, Pisa auch. Warum war Pisa ein Skandal? Nicht, weil man festgestellt hat, daß ein Drittel des hernwachsenden Nachwuchses nicht Lesen und Schreiben kann nach neun bis zehn Jahren Schule. Sondern, daß wir im Vergleich mit anderen Ländern so schlecht abgeschnitten haben. Diese Verdrehung, das ist die nationalistische Brille.
Aus dem Publikum: „Leistungsvergleich“ scheint mir noch zu verharmlosend zu sein: Es geht ja um nationalistische Konkurrenz. Das wissen auch alle Nationalisten, das ist ja auch bei Sarrazin der Ausgangspunkt: Das „Deutsche“ ist deshalb so toll, weil es Deutschland zur Siegernation gemacht hat. Deshalb hebt er ja auch auf die Zeit ab 1945 ab, wo – ganz offensichtlich – Deutschland die erfolgreichste imperialistische Nation in Europa gewesen ist. Von daher ist doch Nationaltum und Sieger in der Konkurrenz sein für einen Nationalisten immer schon identisch. Bei den Demokraten ist es offensichtlich direkt abgerechnet: Was bringt es für die nationale Konkurrenz, wenn wir unser Bildungswesen ausbauen, bringen uns z.B. Elitecluster Konkurrenten im Patentwesen vom Hals. Bei Sarrazin ist es mehr diese abstrakte Reduktion auf „Deutschland pur“. Aber auch hier natürlich warum: Weil er eine erfolgreiche deutsche Nation haben will.
Freerk Huisken: Nein, das ist erstmal nicht der Witz bei ihm. Der Erfolg Deutschlands liegt für ihn in der Durchsetzung des „wahren Deutschtums“ und der Zurückweisung aller „Schädlinge“ am Deutschtum. Das ist sein brutale Theorie. Daß er im Hintergrund vielleicht auch noch daran denken mag, was dieses mit deutschem Erfolg zu tun hat, mag sein. Das ist aber *nicht* das Beherrschende seines ganzen Buches. Der denkt da wirklich entlang der völkischen Kategorie längs! Ich will nicht sagen, daß er ein Faschist ist, überhaupt nicht, aber sein Grundmuster ist: Das Deutschtum ist in Gefahr dadurch, daß undeutsche Elemente hierzulande überhand gewinnen und zwar gezüchtet durch deutsche Sozialpolitik und Einwanderungspolitik. Das ist seine Theorie.
Das sehen andere Genossen offensichtlich auch anders, so heißt es zumindest in der Analyse des GegenStandpunkt-Verlags in Radio Lora München vom 11. Oktber 2010
gleich vom Start weg:
„Dieser Mann kennt nur eine Sorge: Die Nation, ihr Reichtum und ihre Macht, soll wachsen – was immer diese Macht daheim oder auswärts anrichtet.“
Sie führen weiter aus:
Das (Volk) schätzt er sachgerecht in der Rolle als Diener des Erfolgs: Entweder es wird als Humankapital nach Strich und Faden ausgenutzt – oder es taugt nichts. Durch diese staatsmännische Brille betrachtet Sarrazin seine Bevölkerung und ist entsetzt: Der Volkskörper besteht aus zunehmend weniger Dienern und immer mehr Schädlingen! Es gibt zu viele der Marke „Prekariat“, das als in- wie ausländische Unterschicht „ohne jede produktive Funktion“ herumlungern soll. Und es gibt zu wenige der Marke „Leistungsträger“, auf deren „Fleiß und Tüchtigkeit“ die Wirtschaft angeblich basiert.
Bei archive.org ist ein Mitschnitt verfügbar der Diskussionsveranstaltung zum Thema „Thilo Sarrazin und seine Kritiker: Dummheit und Gemeinheit der Debatte über deutsches Volkstum“ mit Freerk Huisken vom GegenStandpunkt als Referenten am 28.10.2010 in Berlin an der HU
Ich habe den Artikel zu Glaube, Religion und Kirchen „Die Sache mit der Religion“ aus Heft 2-2005 der Zeitschrift GegenStandpunkt im Format MS Word97 in DIN A4 jetzt bei meinen Downloads reingestellt.
Peter Decker hat die Diskussion in Nürnberg zur Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) damit angefangen, ganz grundsätzlich was gegen auch dort vorgebrachte Argumente zu sagen, die es verteidigen, weil es die Bedingung der Möglichkeit für was ganz Anderes, Weitergehendes sei. Das hält er für einen großen und schon lange gepflegten Fehler vieler Linker. Er ist dann immer geneigt, denen entgegenzuhalten, „Ja dann fordert doch gleich das, was ihr eigentlich wollt!“. Er greift damit die Vorstellung an, man könnte und man müßte (erst) Umstände schaffen, in denen das Denken der Arbeiterschaft, die sich so hartnäckig partout nicht von den Linken von „ihrem“ Kapitalismus abbringen lassen, allein schon durch die dann entstandene Lage selber dazu führt, auf den „richtigen“ Pfad kommt, oder wenigstens auf einen besseren, als sie jetzt so drauf sind. Entweder die Lohnabhängigen nehmen (wie jetzt und hier) diese Wirtschaft, den Kapitalismus, weil sie freie Menschen sind und sich um ihre eigenen Interessen kümmern dürfen und nicht mehr Knechte wie früher sind, als ihre Chance, suchen ihren Erwerb in ihm und tun sich darüber all die Widersprüche gegen ihr materielles Interesse an, weil sie die Abhängigkeit vom erfolgreichen Geschäft, daß sie ja beschäftigen und bezahlen soll, anerkennen und an der Logik des Geschäfts weiterdenken.
Oder sie nehmen den Gegensatz dessen, wovon sie abhängen und was sie brauchen, zu ihrem eigenen Interesse zur Kenntnis. Dann haben sie keinen Grund mehr, Rücksicht auf den Erfolg des Geschäfts zu nehmen, dann haben sie keinen Grund mehr, sich dem unterzuordnen. Dann schaffen sie sich schon die Welt, die sie brauchen.
Aber zu sagen, ich suche mir einen Weg, wo ich die Mesnchen so hinmanörieren kann, daß sie dann sagen, ja jetzt könnten wir uns die Wirtschaft ja noch ganz anders aneignen, das paßt gemäß Peter Decker auf zwei Ebenen nicht:
1. Wer am Kapitalismus als seiner Lebensbedingung festhält, und nichts gegen sie ein zuwenden hat, der merkt auch, wie unverträglich sogar die Idee des Grundeinkommens mit dieser Wirtschaftsweise ist, und lehnt das BGE deshalb ab.
2. Und umgekehrt, wer sie nicht ablehnt und meint, Grundeinkommen wäre ja vielleicht verträglich, ist tatsächlich vielleicht irgendwann wirklich ein Anhänger einer Grundversorgung. Aber da ist noch lange nicht zu sehen, wieso das ein Sprungbrett sein soll zu: Dann will ich aber den Gewinn und das Geld überhaupt abschaffen. Ja, wieso eigentlich, wenn so jemand nur gelernt hat, Grundeinkommen ist das, was wir brauchen und was uns gut tut, warum soll denn das dann der Ausgangspunkt, der Grund für was ganz Anderes sein?
Es ist seit ewigen Zeiten ein Bedürfnis der Linken, sozusagen einen Königsweg oder – mit häßlichen Worten – der Manipulation zur Revolution zu suchen. Und den gibt es nicht und denn soll man besser auch gar nicht suchen.
Auf FAZ.NET hat sich Georg Meck, stellvertretender Ressortleiter Wirtschaft sowie „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die aktuelle Riege der Wachstumskritiker vorgenommen und hält denen „Ein Hoch auf das Wachstum“ entgegen.
In schöner Mischung von Zynik und Optimismus nimmt er sich da die Prechts et. al. vor:
Wir vergiften die Atmosphäre, plündern den Planeten.“ So oder ähnlich gehört das zum Standardrepertoire aller Katastrophenpropheten seit dem Club-of-Rome-Aufschrei (“Die Grenzen des Wachstums“) vor bald 40 Jahren. Nun ist der Weltuntergang bisher gottlob ausgefallen, auch Wälder und Flüsse halten sich tapferer als befürchtet.
Leider ist es reihenweise beliebt, dem Kapitalismus vorzuwerfen, daß er in eine Katastrophe führen würde und ihm nicht vorzuhalten, daß er schon Tag für Tag eine Katastrophe ist. Insofern hat Meck es leicht, wenn er schreibt:
Die Welt ist schlecht. Die Welt ist ungerecht. Und alles endet böse. Ganz bestimmt.
Jedenfalls denkt (auch) er, daß mit dem bisherigen Ausbleiben des finalen Untergangs die Ausgangsdiagnose gleich mit hinfällig sei. Insofern denkt er da grundsätzlich nicht anders als Millionen von ehemaligen Realsozialisten, denen es auch gereicht hat, daß der Sieger der Geschichte nun eben der Kapitalismus ist und man sich dann nur darin einrichten kann und deshalb jegliche Grundsatzkritik verkneifen sollte.
Wie schön für jemand wie Meck, daß seine Zeitung in Deutschland erscheint. Seine Jubelmeldung:
Die Abgesänge auf die Marktwirtschaft waren voreilig, die Fabriken brummen wieder, Auto- und Chemieindustrie ziehen Deutschland aus der Krise, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wächst, die Menschen finden Beschäftigung, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Löhne steigen.
könnte er nämlich nur in einer handvoll Staaten des weltweit herrschenden Systems genauso rausposaunen.
Andererseits gebe ich zu, wo er Recht hat hat er Recht:
Sie bezweifeln, dass das BIP, die Summe aller Waren und Dienstleistungen, als Maßstab für Wohlstand taugt. Die Zufriedenheit der Leute werde nicht erfasst, wenden sie ein, was stimmt, aber nie der Anspruch war: Das BIP bemisst das Volkseinkommen, nicht das Volksglück
Nur, wieso ein Wachstum des Volkseinkommens sprich des Kapitals für und nicht gegen diese Welt sprechen soll, das bleibt er schuldig.
Geradezu ignorant bezüglich der systematischen Auswirkungen kapitalistischer Reichstumsproduktion formuliert er zynisch:
wer wollte den Hungernden und Ausgebeuteten in Afrika oder Asien die Möglichkeit nehmen, aufzuholen? Wie soll das Elend sich lindern ohne wirtschaftliche Dynamik? Es geht auch ohne Wachstum, Schluss damit, fordert dagegen eine wohlstandsverwöhnte Fraktion im Westen. Richard David Precht setzt sich offen dafür ein, das „künstlich befeuerte Wachstumsrad zum Stillstand“ zu bringen: „Ein Mehr an materiellem Wohlstand muss nicht sein und darf nicht sein.“ Was wohl der chinesische Wanderarbeiter dazu sagen würde? Oder der indische Bauer? Oder nur der Hartz-IV-Empfänger in Lüdenscheid?
Das seine wunderschöne „wirtschaftliche Dynamik“ genau dieses Massenelend sowohl voraussetzt als auch perpetuiert, das würde er als Argument nie und nimmer zulassen.
Es ist ja nicht so, daß unser welterfahrener Journalist weltfremd wäre, er sieht schon auch, was sein Wachstum so Alles produziert:
Überfischte Meere, Lecks auf der Bohrinsel, die bildungsferne Unterschicht, trostlose Talent-Shows, die Abholzung der Regenwälder – alles verrühren die Wohlstandskritiker zu einer trüben Suppe: Schuld ist im Zweifel die „Ökonomisierung“, die „Gewinnmaximierung“, die angewiesen ist auf Wachstum.
um dann geradezu irre ausgerechnet das als Lösung anzubieten, was die von ihm ja gar nicht bestrittenen Scheiße erst hervorgebracht hat: Noch mehr (Kapital-)Wachstum!
Es hatte mal jemand Karl Helds Einleitung zu Rosa Luxemburg: Einführung in die Nationalökonomie (Hamburg 1972) gepostet. Dieser OCR-Scan war aber etwas wüst geraten, ich habe die Zeilenumbrüche deshalb nochmal überarbeitet. Das hätte ich schon lange tun sollen, aus gegebenem Anlaß passierte es eben erst jetzt (Der Text ist immer noch nicht ganz astrein, mir fehlt aber das Buch, um die letzten Fehler noch ausbügeln zu können).
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
Die Bewegungsgesetze der kapitalistischen Produktionsweise setzen sich hinter dem Rücken der Produzenten durch: An die Stelle bewußter Gestaltung des gesellschaftlichen Produktionsprozesses treten die verselbständigten Bewegungen der Waren und des Kapitals, das Wertgesetz. Die Bildung des gesellschaftlichen Bewußtseins der Menschen vollzieht sich an den Erscheinungsformen, die ihnen in ihrer alltäglichen Praxis gegenübertreten: Sie handeln unter den Zwangsgesetzen der Konkurrenz und erliegen – zunächst – deren Schein.
Die historische Entwicklung des Kapitalismus erzeugt auf Grund der Formbestimmungen der kapitalistischen Produktion jene Teilung der körperlichen von der geistigen Arbeit, die dazu führt, daß die «geistigen Potenzen des materiellen Produktionsprozesses» den Arbeitern «als fremdes Eigentum und sie beherrschende Macht» gegenübertreten. Diese Trennung der geistigen von der materiellen Produktion wirkt sich auch auf die sozialistische Bewegung aus: Das Kapital erzeugt im materiellen Produktionsprozeß das Proletariat als seine eigene Negation, bildet es zur Klasse heran, die in der Lage ist, das Kapitalverhältnis aufzuheben. Im Bereich der geistigen Produktion erzeugt es seine theoretische Negation: Die widersprüchliche Entwicklung der bürgerlichen Philosophie und Wissenschaft konnte durch die Arbeit der Klassiker in die theoretische Analyse der kapitalistischen Gesellschaft umschlagen und den wissenschaftlichen Sozialismus hervorbringen. Die Existenz der revolutionären Klasse ermöglichte die Ausarbeitung der revolutionären Theorie. Das Verhältnis von Arbeiterbewegung und wissenschaftlichem Sozialismus bildet seitdem einen zentralen Gegenstand der Auseinandersetzung in allen Organisationen, die sich die Zerschlagung des Kapitalismus zur Aufgabe gemacht haben.
Es gibt kaum eine Diskussion innerhalb von revolutionären Bewegungen, in der nicht die eine Seite der anderen den Vorwurf der falschen Behandlung des Verhältnisses von Theorie und Praxis gemacht hätte. Zitate finden sich in hinreichendem Maße für den der Theorie wie der Praxis; sie wurden ausgekramt und der Gegenseite an den Kopf geschleudert. Meist münden sie in Aussagen über die Potenz des Proletariats ein: Das LENINsche Diktum vom Proletariat, das aus seiner eigenen Erfahrung der Widersprüche des kapitalistischen Produktionsprozesses nur ein tradeunionistisches Bewußtsein entwickeln könne, wird je nach Bedarf aufgegriffen oder fallengelassen. Will man die Relevanz der sozialistischen Intellektuellen und ihre Tätigkeit für den Kampf der Arbeiterklasse hervorheben, hält man fest an der These, daß das sozialistische Bewußtsein von außen in das Proletariat getragen werden müsse. Glaubt man einen „Seminarmarxisten“ zu entdecken, wirft man ihm vor, die „revolutionäre Praxis“ bedürfe seiner intensiven Beschäftigung mit MARX nicht, der Praxis nämlich gebühre die Priorität.
Nun beruht das Handeln der Menschen im Kapitalismus, wie eingangs angedeutet, gerade auf der Bewußtlosigkeit bezüglich der gesellschaftlichen Prozesse, die ihm zugrunde liegen. Revolutionäre Praxis als Praxis, die die Aufhebung des Kapitalismus zum Ziel hat, muß aber dessen Bewegungsgesetze zum Ausgangspunkt nehmen, darf nicht bloß Reaktion auf die unmittelbare Erfahrung sein. Die Überlegung, was denn nun der Grund für die erfahrenen Widersprüche sei, muß also, will man revolutionär handeln, der Aktion vorausgehen: Revolutionäre Theorie ist konstitutiv für revolutionäre Praxis. Die Analyse des Bestehenden liefert die Strategie für den Kampf. Hierin liegt die Berechtigung für LENINS vielzitierten Satz: «Ohne revolutionäre Theorie kann es keine revolutionäre Praxis geben.» Mehr…
Was ich schon seit Tagen befürchtet habe (denn unter den Referern des Blogs gab es zuletzt mehrere Suchen dazu) ist nun doch wahr geworden:
Karl Held, einer der schon wegen des berühmten Konkret-Kongresses in 1993 wohl bekanntesten zentralen Wortführer schon der früheren Marxistischen Gruppe, dann des GegenStandpunkts, ist gestorben. Ich vermute nach langem schweren Leiden, jedenfalls habe ich in die Richtung schon vor einiger Zeit Vermutungen gehört.
wikipedia gibt den 11. Oktober 2010 als seinen Todestag an.
Update: Der Tod von Karl Held wurde mittlerweile durch Theo Wentzke bestätigt. Er hat als korrekten Todestag aber den 9. Oktober 2010 angegeben.
Möge die Erde ihm leicht werden.
(Diesen Grabspruch habe ich erst vor Kurzem auf einem alten römischen Grabstein in Köln gesehen)
Ich habe es über TOP-Berlin mitgekriegt:
Marx-Herbstschule – III. Band des Kapital
29.-31.10. 2010 Berlin
Die Herbstschule geht dieses Jahr in die dritte Runde. Und es gibt den dritten Band des Kapitals. Die Schule richtet sich vor allem an Interessierte, die bereits einen Einstieg in Marx’ Kapital hinter sich haben. Da wir aber die AGs nach unterschiedlichen Vorkenntnissen einrichten, ist sie auch für Teilnehmer/innen mit wenig oder keinen Vorkenntnissen offen. Zudem wird es diesmal parallel eine eigenständige AG “Einführung in den ersten Band“ geben.
Der sog. Finanzkapitalismus mag geschichtlich gesehen eine besondere Phase des Kapitalismus unserer Zeit sein. Gleichwohl ist er im Begriff des Kapitals enthalten, d.h. in der Funktions- und Wirkungsweise seiner Kategorien, insbesondere im Banken- und Kreditsystem, im Zins, im Aktienkapital und fiktivem Kapital. Und ausgerechnet Karl Marx, zu dessen Zeit der Kapitalismus angeblich ein (ganz) anderer gewesen sein soll, hat diese Dynamik bereits behandelt – im dritten Band des Kapitals. Nachdem er im ersten Band die grundlegenden Kategorien der kapitalistischen Produktionsweise entwickelt und diese Produktionsweise im zweiten Band in ihre Zirkulationskreisläufe auseinandergelegt hat, betrachtet er im dritten Band den Gesamtprozess des Kapitals.
Das Rahmenprogramm der Herbstschule ist in diesem Jahr ebenfalls ganz auf den dritten Band und seine Aktualität ausgerichtet. Am Freitag gibt es eine Einführung von Ingo Stützle, am Samstagabend eine Podiumsveranstaltung im Festsaal Kreuzberg zur aktuellen Situation 2 Jahre nach Ausbruch der Krise, und am Sonntagvormittag wird dann Fritz Fiehler die internationale Diskussion zur Finanzkrise vorstellen.
Die Veranstaltung findet – wie in den letzten beiden Jahren – in den Räumen der Rosa-Luxemburg-Stiftung statt (Franz-Mehring Platz 1, 10243 Berlin, 1. OG). Für die dreitägige Schule, inklusive Abendveranstaltung und Catering erheben wir einen Unkostenbeitrag von 10 Euro, den wir am Freitag Abend vor Beginn der Marx-Herbstschule gerne einsammeln würden.
Wenn Ihr Euch anmeldet wollt, dann schreibt eine Email an herbstschule@top-berlin.net. Die zu lesenden Textstellen, das komplette Herbstschulenprogramm und weitere Infos findet Ihr unter http://www.marxherbstschule.net.
Wir freuen uns auf die Schule!
die Organisatorinnen der Marx-Herbstschule
*Helle Panke Berlin *
*Rosa-Luxemburg-Stiftung *
*Top B3rlin und Ums-Ganze!*
*Marx-Gesellschaft e.V. *
*Berliner Verein zur Förderung der MEGA-Edition*
Neben Sabine Nuss (von der RLS) könnte man am Samstag bei denen auch wieder mal Robert Kurz hören, er wird bei der Podiumsdiskussion teilnehmen. Aber auch andere, die im Dezember beim UG-Kongreß dabei sein werden, sind bei dieser Marxschule auch schon dabei.
Weil mit dem Begriff des „interessierten Denkens“ allgemein recht viel Schindluder getrieben wird, hier ein wie ich meine interessanter Wortwechsel von contradictio aus dem Thread über Lars Quadfasels MG-Kritik
Jona am 6. Oktober, 10:03 Uhr
Apple behauptet:
“Diese Frage beantwortet man, so meine ich, indem man sich die Theorien der PÖ anschaut, ihre Fehler – so sie denn welche hat – aufzeigt und dann am Lauf ihrer Argumentation, theorieimmanent nachweist, dass da interessiert gedacht wurde. Smith fragt sich z.B. gar nicht, was der Wert ist, sondern wie der Wert – und damit meint er den produzierten Gewinn – auf die drei Klassen Kapitalbesitzer, Arbeiter und Grundeigentümer zu verteilen ist. ”
In der Tat ist es so, dass man erklären muss, warum die einen dem Fetisch aufsitzen, der Marx aber dahinterkommt. Dass Apple das gleich mit dem cui-bono-Argument macht, zeigt nur, dass GSP-Denke nichts als bürgerliche Ideologie ist. Man lese Holbach und man hat die ganze GSP-Priestertrugtheorie. Ihr kennt’s ja ohnehin nur “Interessen”, alles andere ist Euch Schmu. Warum fragt Smith nicht (ich dachte, man könne nicht erklären, warum einer was nicht denkt?)? Weil er interessiert ist! Das ist Apples Antwort. Aber warum ist er nicht interessiert? Weil er böse ist. Das wäre die neuerliche Antwort. Weil sein Interesse innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft geprägt wird und nicht rational durchblickt, was diese Gesellschaft ist, also dem Fetisch erliegt (innerhalb der fetischisierten Formen überhaupt erst gebildet wird) ist meine Antwort (und die von Marx)
Marx wirft der PÖ glücklicherweise nicht bloß “interessierte” Denke vor – das macht er vornehmlich mit der Vulgärökonomie. Er wirft Smith u.a. tatsächlich methodische Fehler vor (Smith hat sich im Material verloren, hat die Abstraktionen in der Analyse nicht weit genug getrieben, hat verschiedene Abstraktionsstufen der Erklärung vermischt) und zeigt, dass sie diese Fehler machen, weil sie den nur schwer zu entziffernden Erscheinungsformen der bürgerlichen Gesellschaft aufsitzen (das ist doch der Sinn der drei Bände, dass Marx auf jeder Ebene immer auch zeigt, wie hier der Reichtum in Gestalten erscheint, die sein wahres Wesen verdecken). Dass der Empirismus, entgegen Apples Behauptungen (“Smith hat natürlich nicht einfach nur “die Oberfläche” wiedergegeben, sondern versucht Erklärungen dafür zu bieten, warum die Dinge auf der Oberfläche so sind, wie sie sind.”), auf allen Ebenen der Smithschen Theorie wirksam wird, liegt einfach daran, dass Smith a) gar nicht beansprucht, “Erklärungen dafür zu bieten, warum die Dinge auf der Oberfläche so sind, wie sie sind” (Apple), weil er gar keine Unterscheidung von Wesen und Erscheinungsform hat (denn er hat ein empiristisches Selbstverständnis) und b) die – von außen als nichemprisch behaupteten – Aussagen von Smith anthropologisch sind (und so wieder Effekt des Fetischs, dass die Reichtumsformen als natürlich erscheinen). Althusser hat das irgendwo einen paradoxen “Empirismus des Wesens” gennant. Am besten zeigt sich das bei Smiths Wertbegriff und Arbeitswerttheorie, die rein empiristisch ist (Tausch resultiert aus Neigung zum Tausch; bewusste Arbeitsleidmengenrechnungen haben den Austausch in der Vergangeheit geregelt usw.) und gar keine Wesensebene kennt.
Also ist der GSP-Hinweis: “Die machen einen Fehler” richtig, aber der Fehler ist nicht nur durch schlechtes Nachdenken, sondern auch durch die Erscheinungsformen des Reichtums bedingt (nicht determiniert). Im Übrigen finden sich solche Fehler auch noch bei Marx und noch mehr bei Engels. Waren also offenbar bürgerlich-interessiert die Herren, oder was? Oder haben einen Fehler gemacht, weil sie zu blöd waren, oder was? Nein, weil es schwierig ist, sich dem Fetischismus zu entwinden. Warum das so ein nur voluntaristisch zu lösendes (“interessiertes Denken”) Rätsel sein soll, dass man nicht hinter die Frage der Wertentstehung kommt, das kann man nur behaupten, wenn man meint, die Menschen seien mit Marx’ ‘Kapital’ im Kopf geboren.
Hammacher on Oktober 6th, 2010 at 10:36:
Also Leute! Die einen sagen, die Fehler resultieren aus dem, Interesse, die anderen, sie resultieren aus dem Fetisch. Der GSP tut so, als gäbe es ein wie auch immer zu erklärendes blankes Interesse und dann kommen da Denkverbote an bestimmte Hirnregionen raus. Klar klar! So wird’s sein. Nur, dass dann noch mehr Determinismus waltet, als im Fetischismusansatz. Die Alternative wäre es, eine bewusste Boshaftigkeit anzunehmen (und damit wieder bei der Sündenfallgeschichte zu landen). Irgendwie unbefriedigend. Dann doch lieber das Argument: „Es liegt ja auf der Hand so zu denken, weils erstmal so aussieht“ und auch wenn man sich begrifflich abmüht, schießt einem die „Evidenz“, wie sich der Elbe vornehm ausdrückt, dazwischen.
Andererseits: Wenn man so mit VWLern zu tun hat, dann ist da auch massives Interesse, einfach karriereschädliches Denken anzuwehren, erst gar nicht in solche „Spinnerkreise“ wie GSP oder so zu geraten und außerdem führt das doch alles in de Gulag. Aber dass Smith kein wissenschaftliches Interesse hatte, das ist eine schöne psychologische Einsicht, die man erstmal gewinnen muss. Wo kann man das lernen, beim GSP? Und dass was böse interessiert ist, weils Falsch ist, ist eine ex-post-Konstruktion, wie sie in der VWL gang und gäbe ist, nur mit dem Nutzensteigerungsargument.
Apple on Oktober 11th, 2010 at 16:28:
@ Jona:
“In der Tat ist es so, dass man erklären muss, warum die einen dem Fetisch aufsitzen, der Marx aber dahinterkommt. Dass Apple das gleich mit dem cui-bono-Argument macht, zeigt nur, dass GSP-Denke nichts als bürgerliche Ideologie ist”
Wo steht bei mir das cui-bono-Argument? Bitte belege. Wo habe ich geschrieben, dass Smith so argumentiert, weil es jemandem nützt? Und wem soll das nützen? Irgendwelchen Kapitalisten? Oder Smith selbst? Inwiefern? Dergleichen habe ich nie behauptet. Weil du interessiertes Denken nicht von einer Lüge um eines (materiellen?) Vorteils Willen unterscheiden kannst – hättest ja mal nachfragen können, wenn es dir nicht klar war – soll ich ein cui-bono-Agument verwendet haben. Pfft.
“Warum fragt Smith nicht (ich dachte, man könne nicht erklären, warum einer was nicht denkt?)?”
Und wo habe ich diese Frage gestellt? Wiederum: belege das bitte mal. Sich zu fragen, was Menschen daran hindert das Richtige zu denken, ist die Suche nach einer Revolutionsverhinderungstheorie, die Leuten unterstellt, dass sie eigentlicheigentlicheigentlich den Verhältnissen kritisch gegenüber stehen sollten und dann wird danach gesucht, was diese eigentliche kritische Haltung behindert. Damit habe ich nichts zu schaffen und das habe ich auch schon kritisiert.
“Weil er interessiert ist! Das ist Apples Antwort. Aber warum ist er nicht interessiert? Weil er böse ist. Das wäre die neuerliche Antwort.”
Und das steht wo? Beleg? – Aber nein, warte. Das ist ja gar nicht meine wirkliche Antwort. Das ist nur die Antwort, die du dir ausgedacht hast und die “neuerlich wäre”, damit du mich als Idioten darstellen kannst. Das ist wirklich unterstes Niveau. Anstatt nachzufragen, wenn du dir unsicher bist, was ich meine, unterstellst du mir einfach irgendeinen Scheiß, der dir in den Kram passt, um meine Theorie schlecht zu machen. Blödmann!
“Weil sein Interesse innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft geprägt wird und nicht rational durchblickt, was diese Gesellschaft ist, also dem Fetisch erliegt (innerhalb der fetischisierten Formen überhaupt erst gebildet wird) ist meine Antwort (und die von Marx)”
1) Dass das Interesse innerhalb der bürgerlichenn Gesellschaft geprägt wird und nicht einfach nur “böse” ist, habe ich im Gegensatz zu deiner Unterstellung nie bestritten. Das ist aber überhaupt gar kein Einwand gegen meine Bestimmungen des ideologischen Denkens bei Smith, weil es zwei verschiedene Gegenstände sind, die da angesprochen werden. Der eine ist, wie in der bürgerlichen Gesellschaft Interessen gebildet und formuliert werden, EIN ANDERER ist aber, wie durch die bornierten praktischen Interessen der bürgerlichen Subjekte auch ihre Theoriebildung affiziert ist. Um den zweiten Gegenstand ging es aber in der Diskussion. Dass du alles zusammenschmeißt und gar keine Unterschiedungen und Vermittlungsschritte kennen willst – Hauptsache es kommt ein “Fetisch! Fetisch! Die Verhältnisse beeinflussen das Bewusstsein!” raus – ist nicht auf meinem Mist gewachsen, also schieb es mir nicht in die Schuhe.
2) Die Antwort darauf, dass Smith die Verhältnisse nicht rational, sondern falsch “durchblickt”, sit also die, dass er “nicht rational durchblickt, was diese Gesellschaft ist, also dem Fetisch erliegt”. Echt schlau. Jemand denkt nicht rational, weil er nicht rational denkt. Sowas hätte ich Marx nicht zugetraut.
“Marx wirft der PÖ glücklicherweise nicht bloß “interessierte” Denke vor – das macht er vornehmlich mit der Vulgärökonomie.”
Na, wenn Marx das nicht macht, schweige ich nun auch betreten. Wieso sollen sich der Nachweis von methodischen und inhaltlichen Fehlern und der des interessierten Denkens ausschließen? Erklär das mal.
“Dass der Empirismus, entgegen Apples Behauptungen (“Smith hat natürlich nicht einfach nur “die Oberfläche” wiedergegeben, sondern versucht Erklärungen dafür zu bieten, warum die Dinge auf der Oberfläche so sind, wie sie sind.”), auf allen Ebenen der Smithschen Theorie wirksam wird, liegt einfach daran, dass Smith a) gar nicht beansprucht, “Erklärungen dafür zu bieten, warum die Dinge auf der Oberfläche so sind, wie sie sind” (Apple), weil er gar keine Unterscheidung von Wesen und Erscheinungsform hat (denn er hat ein empiristisches Selbstverständnis) und b) die – von außen als nichemprisch behaupteten – Aussagen von Smith anthropologisch sind (und so wieder Effekt des Fetischs, dass die Reichtumsformen als natürlich erscheinen).”
Es stimmt nicht, was du Smith unterstellst. Ein großer Teil vom Anfang des “Wealth of Nations” dreht sich z.B. darum, dass Smith zeigen will, was den ständig wechselnden Preisen der Waren zugrunde liegt. Die auf der “Oberfläche” scheinbar chaotisch steigenden und fallenden Preise der Waren changieren, so Smith, um ihren “natürlichen Preis”, also ihren Wert und wie dieser Wert zustande kommt und wie seine Größe bestimmt ist – darum geht es im weiteren Verlauf des Buches. Smith hat also sehr wohl den Anspruch, “Erklärungen dafür zu bieten, warum die Dinge auf der Oberfläche so sind, wie sie sind” und deine Unterstellungen werden ihm nicht gerecht und sind deshalb gar keine richtige Kritik an ihm. Er hat sich für eine lange Zeit hingesetzt, um ein Buch zu schreiben, dass anderen Leuten was über die Ökonomie erklärt, also war sich sehr wohl dessen bewusst, dass dem Normalsterblichen die Dinge anders scheinen, als ihm, dem Wissenschaftler. Das ist eigentlich offensichtlich, wenn man das Buch liest, und das habe ich auch schon in meinem letzten Beitrag gepostet. Du gehst aber gar nicht auf mein Argument ein und wiederholst stattdessen lieber die hohlen Sprüche, die cuccurucucu und du von Heinrich gelernt haben.
Grade der Verweis auf den anthropologischen Gehalt der Smith’schen Ideologie ist eine Kritik an deiner Interpretation der Fetischkritik. Zu sagen, dass hier alle Leute unentwegt miteinander tauschen, ist gewiss der unittelbaren Anschauung des kapitalistischen Alltags entnommen – das ist die “Evidenz”, die einem sofort ins Auge springt. Diese Aussage ist aber auch keine ideologische. Sie stimmt voll und ganz. Zu sagen, die Menschen würden miteinander tauschen, weil es ihrem natürlichen Tauschtrieb entspricht, der allen hochentwickelten und vernunftbegabten Lebenwesen gemeinsam ist (so sagt es Smith), ist Ideologie, ist falsch – ist aber wiederum ganz bestimmt nicht der unmittelbaren Anschauung entnommen. In der unmittelbaren Anschauung erscheinen weder die Umgangsformen der kapitalistischen Gesellschaft noch die Reichtumsformen “als natürlich”. An der Weinflasche hängt ein Preiszettel, man legt Geld hin, wenn man sie mitnehmen will – eine einfache Sache, wo erscheint da bitteschön die Natur des Menschen o.ä.? “Natürlichkeit” ist eine gedankliche Leistung, die ein Phänomen als den Menschen für immer und ewig angehörigen behauptet. Wie sollte so etwas auf der “Oberfläche” erscheinen? Das tut es nicht, “Natürlichkeit” springt einem nicht ins Auge.
Ist dir eigentlich schon aufgefallen, dass wenn du die Fehler von Smith erklären willst, dir nicht mehr einfällt, als den Sachverhalt, dass Smith Fehler gemacht hat, zu widerholen. “Positivismus” und “Anthropologisierung” sind nichts anderes als Abkürzungen dafür, dass da jemand “nicht rational”, nicht tief genug unter die “Oberfläche” gedacht hat, dass er historisch-gesellschaftliche Verhältnisse als natürlich Ausstattung des Menschen beschreibt. Ich dachte gerade diese Fehler wollte man erklären, man wollte erklären, warum Smith die Sache nicht richtig wiedergibt, sondern naturalisiert. Du dazu: Dass er das macht “liegt einfach daran, dass […] die – von außen als nichemprisch behaupteten – Aussagen von Smith anthropologisch sind”. Das ist überhaupt keine Erklärung dessen, woher seine Fehler kommen, sondern eine Verschlagwortung seiner Theorie.
“Im Übrigen finden sich solche Fehler auch noch bei Marx und noch mehr bei Engels. Waren also offenbar bürgerlich-interessiert die Herren, oder was? Oder haben einen Fehler gemacht, weil sie zu blöd waren, oder was? Nein, weil es schwierig ist, sich dem Fetischismus zu entwinden.”
Du wolltest doch erklärt haben, warum Smith es im Gegensatz zu Marx nicht hingekriegt hat. Jetzt sagst du: weil es schwierig ist. Und was soll das jetzt erklären? War es zu Smith Zeiten schwieriger? Oder hat Marx nicht so viel Fetisch abbekommen wie Smith? Oder war Smith einfach “zu blöd”, um mit der Schwierigkeit umgehen zu können? Wie erklärt deine “Es-ist-schwierig”-Theorie den Unterschied zwischen Wissenschaft und Ideologie?
“Warum das so ein nur voluntaristisch zu lösendes (“interessiertes Denken”) Rätsel sein soll, dass man nicht hinter die Frage der Wertentstehung kommt, das kann man nur behaupten, wenn man meint, die Menschen seien mit Marx’ ‘Kapital’ im Kopf geboren.”
Bitte? Nochmal: “Interessiertes Denken” bedeutet nicht, dass man in seinen Büchern die Welt wegen persönlichen Nutzens bescheißt oder dass man unverbesserlicher Opportunist ist oder sowas. Interessiertes Denken bedeutet, dass man an den zu erforschenden Gegenstand mit sachfremden Fragen (= Interessen) heran tritt. So eine Theorie wie bei Smith kommt heraus, wenn man sich nicht fragt: Was ist Profit? – sondern: Wie lässt sich der Profit für den Wohlstand der Nation am nützlichsten unter den Klassen aufteilen. Und das ist keine ex-post-Feststellung, sondern das lässt sich anhand seine Theorie nachvollziehen und nachweisen, dass ihn diese Frage umtreibt. Wenn man – bevor man den Gegenstand wissenschaftlich bestimmt hat – an ihn mit Fragen a la, wie er für das nationale Gemeinwesen richtig handhaben soll o.ä., herantritt, dann kommen keine richtigen, sondern ideologische Bestimmungen raus. So etwas nennt man auch Instrumentalisierung der Theorie und es gibt sogar im bürgerlichen Wissenschaftsbetrieb Leute, die davon eine vage Ahnung haben. Das soll nicht heißen, dass jeder Fehler einen ideologischen Ursprung hat. Ideologien und Fehler sind nicht automatisch dasselbe.
Zum Schluss: Es gibt eine Mindestanforderung an jede Diskussion, nämlich die, dass man sich damit auseindersetzt, was der Diskussionspartner wirklich von sich gegeben hat, und nicht mit seinem eigens wild erfundenen Zeug. Beherzige das mal, dann klappt es in Zukunft besser mir dem Kritisieren.
Update: Bei archive.org gibt es jetzt einen Mitschnitt der Veranstaltung.
Der GegenStandpunkt Verlag macht am 12.11.2010 in Berlin eine Veranstaltung in Berlin zum Thema Bedingungsloses Grundeinkommen . Referent wird der (nun ja Alt-MGler) Jonas Köper sein, der sonst zumeist in Bremen Veranstaltungen macht, (vor vielen Jahren aber auch mal eine Veranstaltung zum »System VW« und seinem angemessenem Abgang in Berlin gemacht hat).
Titel: Bedingungsloses Grundeinkommen – Der Kapitalismus wird menschlich?
Ort: »BAIZ«, Christinenstraße 1 (Ecke Torstraße, Nähe U-Bhf Rosa-Luxemburg-Platz), Berlin
Beginn: 18.30 Uhr
Die Berliner Genossen von http://www.kk-gruppe.net/ bewerben die Veranstaltung mit dem Text, der schon in Bremen benutzt wurde, ich habe ihn hier auch gebracht.
Thilo Sarrazin und seine Kritiker
Eine Debatte über deutsche Bevölkerungspolitik: dumm und gemein
Und was ist und macht deutsche Bevölkerungspolitik?
Referent: Freerk Huisken, Universität Bremen
Donnerstag 28.10.2010
Beginn: 18:30
Humboldt-Universität, Unter den Linden 6
Raum 3094/3096 im Hauptgebäude
Veranstalter: Fachschaftsrat der Sozialwissenschaften
Das Thema wird am Freitag, den 29.10.2010 um 17 Uhr mit einem Workshop zum Thema “Nationalismus” ergänzt/vertieft. Der genaue Veranstaltungsort wird am Donnerstag bekannt gegeben.
http://www.fhuisken.de/termine.html
Freerk Huisken vom GegenStandpunkt hat einen Text über die Diskussion über Sarrazins Thesen geschrieben. Der ganze Text (auch mit Belegstellen für die dort angeführten Zitate) ist hier als PDF zu lesen. Hier einige von mir als wesentlich erachtete Thesen daraus:
Das Buch von Th.Sarrazin befasst sich in eigenwilliger Ausdeutung mit nationalen Themen, die, da sind sich große Teile der Kommentatoren und Rezensenten einig, weder er entdeckt noch er allein in dieser Zuspitzung formuliert hat. Sie lauten: Akademikerinnen bekämen zu wenig und Sozialhilfeempfängerinnen mit minderen geistigen Anlagen zu viele Kinder; das führe, weil Intelligenz erblich sei, dazu, dass Deutschland immer dümmer wird; dazu würden besonders auch integrationsunwillige Migranten beitragen, die das Land überfluten, Parallelgesellschaften gründen und so dafür sorgten, dass autochtone Deutsche in ihrem Land zur Minderheit werden.Das mag ja alles sein, doch was soll dem geneigten Leser damit mitgeteilt werden?
Was er da zu Papier gebracht hat, sind seine Überzeugungen, die er schon seit längerem in eine Öffentlichkeit bringt, welche in nicht gerade geringen Teilen hinter ihm steht. Kritik an diesen Überzeugungen ist allerdings Mangelware.
Und erst recht fehlt es an einer kritischen Würdigung der zentralen Botschaft seines Werkes: „Deutschland schafft sich ab…“ Sie wird gar nicht erst ernst genommen. Komisch. Die ganze Debatte und ihre Themen – darf der Mensch das sagen, darf er es so sagen, darf er es als deutscher Bankvorstand sagen, hat er da etwas Neues zu sagen… – stehen dafür, dass landauf landab von oben bis unten und von rechts bis links niemand auf die Idee kommt, dass wegen der von Sarrazin inkriminierten Sachverhalte Deutschland den Bach runter gehen könnte.
Kanzlerin Merkel findet nur die Wortwahl in seiner Publikation einfach „völlig inakzeptabel“, „menschenverletzend“ und „wenig hilfreich“. Das war es schon und das zeugt davon, dass die politische Führung sich in einem sicher ist: ,Natürlich handelt es sich um nationale Probleme, die Sarrazin angesprochen hat. Die sehen wir und die gehen wir an! Dafür haben wir die Legitimation durch das deutsche Volk; und die Mittel zu ihrer Bewältigung sind in unserer Hand konzentriert. Das bekommen wir in den Griff mit dem Recht, das uns auf den Feldern der Familien- und Sozialpolitik, der Bildungs- und der Ausländerpolitik die Handhabe gibt, Ordnung zu schaffen, störende Elemente ruhig zu stellen und für einen ausgebildeten Nachwuchs zu sorgen, der unseren Ansprüchen genügt.‘
Diese Ignoranz auch der Politik gegenüber der Hauptthese des Buches kann nicht beruhigen, sondern muss beunruhigen. Sie zeugt von der Arroganz und Sicherheit politischer Macht, die mit derselben Optik auf nationales Menschenmaterial, wie sie Sarrazin vorführt, an die „Probleme“ herangeht.
Der schlimme und inzwischen zum geflügelten Wort gereifte Spruch Kennedys, der Bürger möge nicht fragen, was der Staat für ihn, sondern umgekehrt sich fragen, was er für den Staat tun könne, ist das praktisch wahr gemachte Motto solcher Politik. Andererseits sind die gleichen Sorgen, die Sarrazin dazu veranlassen, zwischen zwei Buchdeckeln den nationalen Notstand auszurufen, für deutsche Politiker nichts als politisches Alltagsgeschäft.
Nachweisbar ist dies an ihrer Politik, die sich um die funktionale Verfasstheit des Staatsvolks nach Größe, Nachwuchsproduktion, Altersaufbau, Bildungsstand und nationaler Identität kümmert. Da kann Sarrazin ganz beruhigt sein: Nie stellt sich der hiesigen Politik dabei die Frage, was denn eigentlich für arme Familien, Hartz-IV-Empfänger, Migranten oder schulisch produzierte Restschüler das Beste, wie deren Wohlfahrt zu fördern wäre. Es wird allein die Frage gewälzt, welchen Beitrag sie als als Teil der nationalen Ressource ‚Volk‘ zu leisten imstande sind bzw. welchen Beitrag man von ihnen erwarten kann.
Es ist der normale Gang politischer „Reformen“, mit dem Regierungen die Entwicklung oder das Auseinanderfallen ihres Volkskörpers, Brauchbarkeit und Unbrauchbarkeit, Wohlverhalten und Unordentlichkeit von Volksteilen immer erneut und immer mit der standortpolitisch gebotenen Rücksichtslosigkeit gegen ganze Volksteile in den Griff zu bekommen versuchen. Und im Umgang mit den „Problemfeldern“ sind sie um neue hübsche Einfälle nie verlegen.
Das unterscheidet die regierenden Politiker vom Warner Sarrazin: Die Herstellung eines in allen Teilen nützlich einsetzbaren Staatsvolk mag zwar ihr Ideal sein, ist aber für sie nicht das praktische Maß aller Dinge. Als Politiker sind sie Realisten, die wissen, dass es gerade die erfolgreiche Benutzung des eigenen Staatsvolks – angereichert um Teile fremder Völker – als Ressource ist, die immer wieder jene „Probleme“ hervorbringt, von denen aus Sarrazin seinen nationalen Untergang konstruiert. Sie verfallen deswegen erst recht nicht auf die Idee, prekäre Resultate gewissermaßen politikfrei in die Zukunft hochzurechnen. Sie verfahren umgekehrt: Sie bilanzieren die Leistungen, die mit dem Einsatz des Volkes und auf seine Kosten eingefahren werden, registrieren deren Auswirkungen auf das Volk, summieren etwa Arbeitslose, Verarmungsfolgen und demographische Konsequenzen und treten dann in die politische Debatte darüber ein, wie nationale Erfolge ausgebaut werden können, ohne dass völkische Kollateralschäden dabei stören.
Die Arroganz und Unerschütterlichkeit der Machthaber gegenüber der von Sarrazin bitterernst gemeinten Prognose vom Verfall Deutschlands hat also ein gutes Fundament: Das staatliche Gewaltmonopol, seine gesicherte Umsetzung in Politik und ein Volk, das sich nicht etwa anschickt Deutschland „abzuschaffen“, sondern sich, gut erzogen wie es mehrheitlich ist, geradezu im Geiste Sarrazins die Sorgen der Regierung zu eigen macht.
Nachtrag:
Was lernt man eigentlich über Meinungsfreiheit, wenn in TV-Sendungen, in der BILD, von der SPD-Basis und in zahllosen Lesenzuschriften die „unerträgliche Beschränkung der Meinungsfreiheit“ für Th. Sarrazin angeprangert wird? … Es geht also gar nicht um die Freiheit der Meinung, es geht allein um in den Inhalt seiner Meinung. Allein dem wünschen die Beschwerdeführer mehr Gehör. …
Nie würden dieselben – z.B. bei Anne Will, Beckmann oder Plaßberg versammelten – aufgebotenen Freunde der Meinungsfreiheit auf die Barrikaden steigen, wenn es um folgende Thesen ginge:
– Dass so viele arme Schweine aus dem Nahen Osten oder Afrika in falscher Vorstellung vom Leben in den kapitalistischen Metropolen ihr Heil in der Flucht suchen, geht auf das Konto all jener imperialistischen Mächte, die in diesen Regionen rücksichtslos gegenüber den dort lebenden Menschen ihre strategischen und ökonomischen Interessen durchsetzen.
– Dass es so viele Kinder aus den unteren Klassen der Gesellschaft in geistigen Verfassung und Qualifikation nicht mit Akademikerkindern aufnehmen können, ist das Werk des hiesigen Bildungssystems, das durch frühe Auslese dafür sorgt, dass eine Mehrheit des Nachwuchses von weiterführender Ausbildung ausgeschlossen wird. Die von Sarrazin angeprangerte „Dummheit“ ist schulisch hergestellt!
– Dass die zunehmende Zahl von Menschen, die von Sozialzuwendungen und von Verdienst nicht mehr leben können, ist das Werk der politisch betreuten Marktwirtschaft.
– Dass das Ideal eines „einig deutschen Volkes“, das in Harmonie und wechselseitiger Anerkennung lebt, nichts als die Wunschvorstellung politischer Herrschaft ist, die eine durch ökonomische, soziale und politische Gegensätze gekennzeichnete Gesellschaft so zusammenhalten will, dass kapitalistischen Wachstum und nationale Souveränität zunehmen und alle dabei notwendig anfallenden in- oder ausländischen Opfer den Gang dieser Geschäfte nicht groß stören.
– Dass das Recht der freien Meinungsäußerung selbst ein Herrschaftsinstrument ist, dass es schlichte Heuchelei ist, wenn seine Beschränkung im Falle Sarrazins angeklagt wird; ganz abgesehen davon, dass es hier gar nicht um Meinungen geht, sondern um die Aufforderung, die herrschende politische Praxis gegenüber kapitalistisch überflüssig und unbrauchbar gemachten Bevölkerungsteilen noch rücksichtsloser zur Anwendung zu bringen.
500, ja bis zu 1500 Euro monatlich aufs Konto, einfach so, das verspricht die Idee „Bedingungsloses Grundeinkommen“. Das ist attraktiv. Warum? Das ist klar: Die Preise fürs Leben sind hoch, jedenfalls ist das verdiente Geld bei den Meisten knapp und das Geldverdienen hart und unsicher. Das soll auch alles im Prinzip so bleiben, wenn es nach den Befürwortern des bedingungslosen Grundeinkommens geht. Nur: Vor diesem Hintergrund sind die 500 bis 1500 Euro nicht etwa bescheiden, sondern „fast zu schön“, wie alles, was die allseits gewohnte Geldnot lindert.
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Ganz besonders strahlt dieses Versprechen eines Grundeinkommens im Vergleich zur Lebenslage von Hartz IV, diesem elenden Notgroschen für Menschen ohne Verdienstquelle, die trotzdem alles bezahlen müssen. Solche Massenarmut muss aber nicht sein, meinen die Befürworter des Grundeinkommens, schon gar nicht „mitten in einem reichen Land“. Sie wissen, dass die im Kapitalismus verbreitete Armut nicht Ausdruck eines allgemeinen gesellschaftlichen Mangels ist, sondern dass den Armen immenser Reichtum und ständig steigende Produktivkraft gegenüberstehen. Und warum kommen die Armen da nicht dran? Warum muss man für jedes Lebensmittel den geschäftstüchtigen Eigentümern des kapitalistischen Reichtums einen gewinnbringenden Preis zahlen? Warum haben die meisten keine Verdienstquelle, mit der das locker geht, warum viele sogar gar keine?
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An solche Fragen wollen Grundeinkommensfreunde nicht denken, schon gar nicht dran rühren. Den gewaltigen Reichtum im Kapitalismus begrüßen sie vielmehr als „Möglichkeit“, ein wenig davon als Geld so „umzuverteilen“, dass die Menschen mit den Preisen dieses Reichtums etwas weniger bedrückt klar kommen; auch die, die „sonst nichts haben“. Warum so eine Notlösung und zwar als Dauereinrichtung, am besten im Grundgesetz zementiert?
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Und: Warum kann eigentlich angesichts der Potenzen, Reichtum zu schaffen, die Armut nicht gründlich abgeschafft werden? Wieso „müsste“ auch das bedingungslose Grundeinkommen knapp bemessen sein? Dafür wälzen die Befürworter ein Argument. Ihre politischen Gegner verfluchen „anstrengungslosen Wohlstand als Dekadenz“, in der keiner mehr arbeitet. Dass man „den Menschen“ mit Not zur Arbeit erpressen muss, daran leuchtet auch den Menschenfreunden etwas ein. Ihr Grundeinkommen soll so hoch sein, dass einen die Armut nicht erdrückt, aber so niedrig, dass die Leute einen „Anreiz, wieder arbeiten zu gehen“ (Linkspartei) haben. Geldnot als Stachel, für Lohn arbeiten zu gehen und den kapitalistischen Reichtum zu schaffen, dafür haben auch die etwas übrig, die gleichzeitig den Zwang der Sozialbehörden geißeln, dass sich Bezieher von Arbeitslosengeld und Hartz IV für irgendeinen Billigjob verdingen sollen, und die das Grundeinkommen „bedingungslos“ auszahlen möchten. Dabei könnte man auch mal fragen: Was ist das für eine Arbeit im Kapitalismus, zu der man die Arbeitenden erpressen muss? Warum überzeugt die Arbeitenden nicht, dass es sich lohnt zu arbeiten, wo so gigantisch viel Reichtum rauskommt?
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Die Befürworter von bedingungslosem Grundeinkommen stört die Armut mitten im Reichtum, sie stört der Arbeitszwang, den Geldnot erzeugt, zumindest dort, wo er sozialstaatlich organisiert wird; Schluss machen wollen sie mit beidem nicht, mit Lohnabhängigkeit, die all das einschließt, schon gleich nicht. Wofür taugt dann ihre Idee, wem soll der Kampf zu ihrer Durchsetzung nutzen? Alle, heißt es, auch die, „die sonst nichts haben“, sollen „teilhaben“ und „mitwirken“ können „an der Gesellschaft“. Da stellt sich schon die Frage: Hat diese Gesellschaft, die die Menschen doch erst in die Bedürftigkeit bringt, das denn verdient? Klar, die Macher und Nutznießer des Kapitalismus erwarten solchen Geist des Mittuns von allen Bürgern – auch von denen, die sie auf Straße setzen und denen sie regelmäßig die Sozialleistungen kürzen…
[mit diesem Text wirbt der GegenStandpunkt Bremen für eine Veranstaltung zum Thema am 22.09.2010]
Jour fixe vom 02.08.10 des GegenStandpunkt in München – Fragen zur Inflation (Fortsetzung vom JF vom 19.07.10)
Dankenswerterweise sind auf dem letzten Jour fixe ein paar Leute mit den Schwierigkeiten herausgerückt, die sie mit dem Abschnitt über die Inflation im GS 1-10 hatten. Was aus diesen Fragen hervorgeht, bestätigt die schlimmsten Befürchtungen der Redaktion hinsichtlich der Rezeption der Ableitung des Finanzkapitals. Nämlich, dass die Vorstellung, die man aus Schulungen mitgenommen hat – aller Wert erwächst aus der Ausbeutung, ist Ausdruck von Arbeit – nach der Lektüre der Artikelserie über das Finanzkapital ergänzt worden ist durch die folgende Vorstellung: Es gibt quasi noch eine zweite Quelle des Werts, und zwar über die Ziffern der Banken, und die fällt auch mit unter den abstrakten Begriff der Selbstverwertung des Werts – was im Endergebnis ja auch nicht zu unterscheiden ist. Diese Vorstellung, sie ist verkehrt. Die Ableitung des Finanzkapitals versucht nicht zu erläutern, dass es neben der Ausbeutung noch eine zweite Quelle von Geld gibt. Dass theoretisch Schindluder getrieben wird mit zusammenfassenden Ausdrücken wie Selbstverwertung des Werts, geht aus den Nachfragen hervor. Da wird sich dann gefragt: Ist es nicht ein theoretischer Rückfall auf die – angeblich gerade überwundene – Vorstellung, die Verwertung des Werts könne nur in der realen Akkumulation passieren, wenn man Inflation bespricht als allgemeine Teuerung in der Warenwelt (festgemacht an Warenkörben) und dieses Faktum dann erklären will? Das sei ein Rückfall auf eine Vorstellung, die doch gerade überwunden worden sei durch die andere Vorstellung, die Selbstverwertung des Werts könnte quasi ohne Arbeit passieren und dafür sei das Finanzkapital zuständig.
Es ist wichtig, bei sich oder in Diskussionen mit anderen, nachzuprüfen, ob das die Quintessenz ist, die man sich aus der Ableitung des Finanzkapitals gemerkt hat. Das wäre fatal, denn das ist nicht das Verhältnis zwischen der Welt der Produktion, der Ausbeutung, der Vermehrung des Kapitals durch Arbeit, des Regimes des Kapitals über die Arbeit und über Reichtum im Sinne von dem dinglichen Reichtum, über den die Gesellschaft verfügt, und den Freiheiten, die aus der Macht des Finanzkapitals erwachsen. Das ist kein additives Verhältnis, also dass man erst eine und dann die zweite Quelle vor sich habe. Sondern es ist das Verhältnis zwischen der gesellschaftlich umfassenden Betätigung einer Produktionsweise und der Macht des Kapitals, ausgemünzt in Geld, sich diese ganze Produktionsweise so zunutze zu machen, dass nicht nur über die Arbeit verfügt wird, sondern auch über die antizipierten Resultate des ganzen gesellschaftlichen Produktionsprozesses, als Kommandomacht über Arbeit und Reichtum. Das ist die Freiheit, die sich das Finanzkapital auf all den umständlichen Wegen erwirbt, von denen in den diversen Artikeln im Gegenstandpunkt die Rede ist, nämlich seine Freiheit und seine Macht, im Vorgriff auf noch nicht Produziertes mit dieser Fiktion von Kapital kapitalistisch zu operieren. Es ist, als sei in der Rezeption des Artikels der Hinweis, dass es sich da um fiktives Kapital handelt, mit dem das Finanzkapital operiert, völlig untergegangen und als wäre nur noch ‚Kapital’ übrig geblieben. Man kann nicht die Welt der Produktion oder das, was Realwirtschaft heißt, und die Leistungen des Finanzkapitals quasi 1+1 nebeneinander stellen und dann – im Namen dessen, dass doch aus beidem Geld resultiert – zusammenfassen.
Jemand, der die Marxistische Gruppe noch von „früher“ her kennt, hat erwähnt, daß es mal eine zünftige öffentliche Fetzerei zwischen Herbert L. Fertl von der MG und Peter Gauweiler von der CSU gegeben hat (über Bildungspolitik). Nicht nur das, es soll davon sogar einen Videomitschnitt geben. Hat den vielleicht noch jemand zur Verfügung, damit man den digitalisiert online stellen könnte?
Ein Blogger hat mir den Rohscan des Artikels „Ideologien über Konsum und Konsument“ aus der Zeitschrift GegenStandpunkt Heft 2-10 geschickt. Ich habe ihn etwas aufgehübscht und als deshalb nicht ganz seitengetreues PDF im Downloadbereich unter „Diverses“ zur Verfügung gestellt.
Was übrigens eigentlich nicht nötig gewesen wäre, denn der Verlag hat ihn hier auch als HTML-Datei veröffentlicht, wie jemand gleich angemerkt hat.
Hier der Anfang und der“letzte Punkt“ aus Peter Deckers 2. Vortrag zur Finanzkrise in Nürnberg:
Das ist ja mal ein richtig schöner Sommerabend… um sich mit Finanzkrise und Staatswirtschaft zu befassen. Ich schicke mal was vorweg:
Vor vier Wochen war das von dem heutigen gar nicht so weit entfernte Thema „Staatsbankrott Griechenlands, Eurokrise“. Was ich im zweiten Teil des Abends vor vier Wochen abgehandelt habe, was damals unter der Überschrift stand, „Die Harmonie von Staat und Finanzkapital ist dahin“, das ist jetzt heute der Hauptgegenstand für sich.
Ich habe erzählt bekommen gekriegt, daß der Vortrag, wie es manchmal ja so ist, „schwer“ gewesen sein soll. Schwer zum Verfolgen und schwer für den einen oder anderen Zuhörer im nachträglichen Zusammenfassen und Sagen zu können, was soll man denn jetzt daraus als „Weisheit“ nach Hause tragen.Wenn dem so ist, wenn es Verständnisprobleme gibt, .. .meldet euch. Vielleicht taucht man sich ja auch in die theoretischen Gegenstände mit denen man sich jetzt nun seit zwei Jahren sehr intensiv befaßt, ein bißchen arg ein und ist dann unaufmerksam bezüglich dessen, was andere selbstverständlicherweise verstehen können und was anderen erst mal Schwierigkeiten macht …
Das andere ist eine Geschichte, das will ich schon auch noch dazu sagen: Daß das schwer ist, das ist kein Wunder, alle neuen Gedanken sind schwer. Leicht sind immer nur die Gedanken, die man selber schon kennt. Und bei dem Thema ist es insgesamt so, daß auch der unterrichtete Zeitgenosse mehr oder weniger ein weißes Blatt ist, oder im Kopf hat.
Zum Thema Finanzwesen staatliches Geld usw., da sind auch Leute, die gebildet sind und sich auskennen, bereit, ein großes Element dessen, was falsches Bewußtsein der bürgerlichen Gesellschaft ist, mitzumachen. Sie sind nämlich bereit, sich für unzuständig zu erklären. Jetzt kriegen sie seit zwei Jahren, wenigstens jetzt, in übergroßer Deutlichkeit gesagt, wie sehr die Überlebensbedingungen in dieser Gesellschaft vom Finanzwesen abhängen. Das ändert aber nichts, die Leute anerkennen, daß ist eine Sache für Spezialisten, ich hänge da von etwas ab, da kenne ich mich nicht aus, und so lange der Strom aus der Steckdose kommt und die Straßenbahn fährt, meint man, es reicht, wenn man sich ums eigene Geldverdienen kümmert. Wenn das dann irgendwann einmal nicht mehr geht, oder wohlmöglich noch Schlimmeres durcheinander gerät, dann setzt das große Wundern ein. Das soll jetzt mal bekämpft werden, und es ist klar, anders als bei Sexualität und Herrschaft, Familie und Lebenssinn, wohlmöglich auch Wahlen und Lohn, ist dies ein Thema, da ist nicht eine allgemeine Bekanntheit mit der Sache vorhanden und es geht um den Streit um die richtige Meinung darüber, sondern da ist der Streit um die richtige Auffassung zum Teil auch eine Aufklärung, wie es da einfach zugeht, ein Bekanntmachen. Ganz ohne sowas geht es einfach nicht ab. …
Und hier der Punkt über den ich noch grübele:
Letzter Punkt: Sparprogramm als Mittel, das Vertrauen der Finanzmärkte in den Euro zu stärken.
Es sind ja elend viele Zwischenstufen von der Armut der Hartz-iVler zur Solidität des Euro. Weder hat Hartz IV die Krise herbeigeführt, noch kann der Wegfall von Hartz IV dieses Nichtgelingen der Verwertung, dieses Nichtgelingen von Kapitalgeschäften heilen. Dennoch, die Regierung ist sich ganz sicher, das muß man machen und das bringt es! Sie sagt, wir sparen (einen großen Brocken, 80 Milliarden in vier Jahren), und jeder sagt, ja, ja, das geht hauptsächlich über die Sozialsachen. Und es ist gar nicht so, daß irgendeines der Problame zu bewältigen wäre, dadurch, daß man an den Hartz-IVlern oder an den Rentnern oder sonstwas spart. Das ist gar nicht so! Aber eines stimmt: Die Welt der Geldbesitzer, die ihr Recht auf Rendite beanspruchen und die Staaten auf einmal als schlechte Erfüller dieses Anspruchs mißtrauisch beäugen, diesen Geldbsitzern zeigen, demonstieren: Wir können unseren armen Leuten einiges zumuten, ohne daß wir Widerstand fürchten müßten, das ist wirklich vertrauensstiftend! Keines der Probleme ist geheilt, aber einen Grund, in solch eine Regierung Vertrauen zu investieren, kriegen die Geldbesitzer schon geboten.
Das ist wirklich absurd: Ökonomisch gesehen ist das völlig witzlos, vollkommen ungeeignet, die Dimension des Problems und die Milliarden, die sie bei den Arbeitslosen wegzwacken, das ist so gnadenlos unverhältnismäßig, aber dennoch ist sich die Regierung sicher, das ist das Mittel der Wahl.
Sind wirklich die tatsächlich auch die großen Finanzer selber mit soviel falschem Bewußtsein erfüllt, daß Peters Absurdität doch den Charakter einer kapitalistischen Wahrheit bekommt?