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Vinzenz Bosse zum China-Buch von R. Dillmann jetzt auch bei trend onlinezeitung

2. Mai 2010 Kommentare ausgeschaltet

Vinzenz Bosse hat in der Ausgabe 04/10 von „trend onlinezeitung“ seine Rezension des China-Buchs von Renate Dillmann (GegenStandpunkt) nochmal online gestellt, die er letzten Dezember schon in der Tageszeitung „junge Welt“ veröffentlicht hatte. (Ich habe damals hier darauf hingewiesen, nachdem Klaus U. mich darauf aufmerksam gemacht hatte).

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Huisken: Wieso, weshalb, warum macht die Schule dumm? (Veranstaltung in Berlin 29.04.2010)

28. April 2010 1 Kommentar

Recht kurzfristig ist folgende Veranstaltung an der FU Berlin zustande gekommen:
Wieso, weshalb, warum macht die Schule dumm?
Referent: Freerk Huisken
Datum: Donnerstag, 29.04.2010
Beginn: 18.00 Uhr
Ort: FU Berlin, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin, Silberlaube HS 1b
Die GS­Pler „Kein Kom­men­tar / Ber­lin“ kün­di­gen die Ver­an­stal­tung auf ihrer Home­page so an:

Ausbildung macht dumm. Das steht nicht für ein Versagen von Schule und Universität, sondern das gehört zu den Auf­trägen des hiesigen Bildungssystems. Dummheit, was ist das? Es fällt nicht unter Dummheit, wenn man die neue Rechtschreibung nicht be­herrscht, nur schlecht lesen und rechnen kann oder die Nebenflüsse der Donau nicht kennt. Das ist fehlendes Wissen, das kann man sich aneignen. Besser: das könnte man sich aneignen, wenn das Schulwesen tatsächlich das Anliegen verfolgen würde, den Nachwuchs solide in die „Kulturtechniken“ einzuführen und ihm gediegenes Wissen über Natur und Gesellschaft zu vermitteln. Tut es aber nicht.
Unter Dummheit fällt dagegen ziemlich viel von dem was man lernt, und zwar als Hauptschüler wie als Gymnasiast und als Student. Es fällt darunter die Ausstat­tung der Jugend mit einer Fülle falscher Urteile über Gott und die Welt. Das liegt nicht daran, dass sich Schulbuchverfasser und Lehrer ein­fach nur irren, wenn sie die Schüler mit ihren Lehren über Demokratie und Faschismus, über Geld und Markt, über Fa­milie und Staat traktieren. Das tun sie auch. Aber das trifft nicht die Sache. Dafür sind die Dummheiten viel zu resistent gegen Argumente und haben bereits zu viele Jahrzehnte in Schulbüchern überdauert. Die frühzeitige An­eignung einer gehörigen Portion Dummheit braucht es vielmehr für die geistige Ausstattung des mündigen Bürgers. Gefordert ist sie für Leistungen, die hierzulande ständig gefordert sind: nämlich für die freiwillige Unterordnung unter alle Zwänge und Sachzwänge dieser Gesellschaft. Dummheit ist damit parteiliches Denken. Zugleich belehren die Dummheiten den erzogenen Mensch darüber, wie er alle sich einstellenden Beschränkungen seiner Interessen zu verarbeiten hat und dabei brav bleiben kann. Dummheit ist also eine wahre Produktivkraft im und für den Kapitalismus.

Freerk Huisken hat hierzu Thesen geschrieben, den man auf seiner Homepage unter „lose Texte“ runterladen kann.
Er hat zu diesem Thema schon einige Veranstaltungen gemacht, von der Diskussionsveranstaltung an der Uni in Wien während der letzten Studentenproteste z.B. gibt es einen Mitschnitt als Podcast hier bzw. gleich bei vekks, dem Radio-Archiv von Amelie Lanier.

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Griechenlands Staatsbankrott (Veranstaltung in Berlin am 27.04.2010)

25. April 2010 2 Kommentare

Theo Wentzke, einer der Redakteure der Zeitschrift GegenStandpunkt, wird am Dienstag, den 27.04.2010 um 18.00 Uhr im Haus der Demokratie in Ostberlin über den griechischen Staatsbankrott referieren.
Die GSPler „Kein Kommentar / Berlin“ kündigen die Veranstaltung auf ihrer Homepage so an:

„Wie sich Griechenland in den Bankrott gewirtschaftet hat, ist für den öffentlichen Sachverstand keine Frage:
„Über seine Verhältnisse gelebt“ hat das Land, der Staat und all seine Bevölkerung: ‚Korruption, keine Steuermoral, überbezahlte überflüssige Staatsbedienstete, und den europäischen Aufsehern seine wahren Bilanzen verheimlicht! Mitten in Europa gegen alle guten Sitten der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion verstoßen! Klar, dass das nicht gutgehen konnte – und jetzt die soliden europäischen Nationen, ‚uns‘ und ‚unseren Euro bedroht!‘ So ungefähr soll man sich das vorstellen.
Als Mitglied der europäischen Währungsunion hatte sich Griechenland konkurrenzfähig zu machen. Für die _“Modernisierung“_ Griechenlands flossen regelmäßig Gelder der EU, auch griechische Staatsschulden gelangten in den Genuss von Kredit, den der gesamteuropäische Wirtschaftsraum verbürgte. Dem Land ist nur – was seine nationale Bilanz angeht – seine Mitgliedschaft nicht zum Guten geraten.
Im weiteren aber deckt Griechenlands ökonomische Notlage die Krisenlage der gesamten Euro-Staatengemeinschaft auf; und damit auch den Widerspruch des Euro: Da wirtschaften konkurrierende Staaten auf nationale Rechnung in einem gemeinsamen Geld. Insofern ist Griechenlands aktuelle Pleite auch ein Offenbarungseid in Sachen Fortschritt Europas. Deswegen haben dessen Hauptakteure auch alle Hände voll zu tun, den drohenden Bankrott als Sonderfall Griechenland zu behandeln, durch ein europäisch verordnetes Haushaltsregime einzudämmen – um finanzkapitalistisches Vertrauen in den Euro insgesamt zu stiften. Der griechische Staat soll sich durch Verelendung wieder kreditwürdig machen. Ein schöner Auftrag!

Im letzten Heft 1-10 des GegenStandpunkt gab es hierzu einen Artikel mit Anmerkungen, den die Redaktion auch online gestellt hat.
Beim Jour fixe in München am 8. März war Griechenland auch Thema, die Open-Office-Version des Protokolls kann man hier runterladen, die RTF-Format-Version ist hingegen im Augenblick nicht verfügbar.

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Zum Wert (Jour fixe GS München 12.04.10)

21. April 2010 Kommentare ausgeschaltet

Zitat aus dem Protokoll:
Es gibt Kritik an der zentralen Behauptung in unseren Veröffentlichungen zum Finanzkapital, die sich gegen Vorstellungen wendet, die Finanzkapitalisten holten letztlich alles, was sie verdienen, aus der Realwirtschaft raus. Eingewendet wird, dass der Begriff des Werts einschließe, dass er sein Maß in der gesellschaftlichen Arbeit habe, deswegen könne unmöglich das Finanzkapital mit Werten operieren, die nicht aus der Sphäre der Ausbeutung der Arbeit kommen. Wir verraten also quasi die Wertlehre, wenn wir behaupten, das Finanzkapital könne sich (irgendwie) davon emanzipieren.
Diese Bedenken sollten eigentlich in den Artikel im GS über die Eigentümlichkeiten der Finanzwirtschaft ausgeräumt werden: Der Logik der Schaffung und Vernichtung dieser Kapitalwerte und Geldvermögen sollte nachgegangen und erklärt werden, dass das etwas anderes ist, als Früchte der Ausbeutung aufzuschatzen (vgl. 0-Pkt. des Finanzartikels im GS 1-10). Vielleicht zeigen aber auch die Einwände, dass es falsche Vorstellungen darüber gibt, was überhaupt der Wert im Sinne von Marx ist, dass in der Erinnerung an Kapital-Schulungen – der Wert hat sein Maß in der geleisteten Arbeit – evtl. Undeutlichkeiten und Missverständnisse vorhanden sind. Deswegen sollte man noch mal rückblickend klären, was der Wert eigentlich ist.
— Es gibt im Geld-Buch (Das Geld, GS-Verlag) eine Antwort auf den Leserbrief „Wie kann Papiergeld Wertmaß sein?“ zu diesem Thema .
Ja, an der Stelle wird beantwortet, wie es das geben kann, dass Papiergeld Geldfunktionen erfüllt und tatsächlich Reichtum der Gesellschaft gültig repräsentiert. Das berührt aber nur einen Teil des Problems, das jetzt im Zusammenhang mit dem Kredit aufgekommen ist. Schon Marx spricht davon, dass Geldzeichen kraft staatlicher Autorität die Funktion von Geld erfüllen können. Aber dass der Kredit nicht die Früchte von Ausbeutung repräsentiert, sondern die Macht des Finanzkapitals, sich zum Herren der gesamten gesellschaftlichen Ökonomie zu machen, ist ein anderes Thema. Die Antwort auf den Leserbrief will ebenfalls erläutern, was der Wert eigentlich ist. Auch der andere Artikel im Geld-Buch „Einige ökonomische Wahrheiten, Ware und Geld betreffend“ erklärt dazu einiges. Das hat aber nicht ausgereicht, die bestehenden Zweifel auszuräumen.
Dabei ist sicher auch den Kritikern an unseren Finanzartikeln klar, dass die wertschaffende Arbeit durch die drei Attribute abstrakt, privat und gesellschaftlich notwendig charakterisiert ist. Es ist also nicht nötig, neue Kapitalschulungen zu machen und Wertformen (x Ware A = y Ware B) zu rekapitulieren, sondern man sollte sich fragen, was eigentlich mit diesen Gleichungen ausgedrückt sein soll. Wenn der wertschaffenden Arbeit diese Attribute zugesprochen werden, was ist dann von der Aussage zu halten, dass diese Arbeit Quelle und Maß des geschaffenen Werts ist?
Andersrum gefragt: In Erinnerung ist die Entdeckung der damaligen politischen Ökonomie, dass es die Arbeitszeit ist, die den Wert der Waren bestimmt. Die Arbeit, gemessen an der Zeit, bestimmt auch quantitativ den Wert. Aber was bestimmt denn eigentlich die Arbeitszeit als Maß und Quelle des Werts? Ist das überhaupt Arbeitsaufwand im bekannten Sinn? Was bestimmt, wie viel Arbeitszeit wie viel Wert schafft? Seit Marx ist hinreichend klar: Einfach die Stundenzettel zu zählen geht nicht, weil für den Ausdruck von verrichteter Arbeitszeit, wie sie in der bgl. Ges. gefragt ist, das dafür gezahlte Geld gilt. Wenn auch Arbeitszeit den Wert bestimmt, unterliegt sie selbst doch den drei Bestimmungen, die mit Arbeit und Zeit nichts zu tun haben. Die Wertlehre behauptet nicht einfach, dass Arbeit den Wert bestimmt, sondern eine Arbeit, die dadurch definiert ist, dass sie drei Gesichtspunkten folgt.
1. Wie kann privat das Attribut einer Arbeit sein?
— Jeder ist privat Herr über die Arbeitszeit, die er seine Arbeiter verrichten lässt. Das ist eine Absurdität, dass die Form, in der Arbeit in der Gesellschaft verrichtet wird, in einem Konkurrenzverhältnis von privaten Verfügern über Arbeit besteht. In ihrem Kampf gegeneinander setzt sich die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit durch.
Privatarbeit ist also kein Merkmal der Arbeit, sondern kennzeichnet die gesellschaftlichen Verhältnisse, unter denen sie verrichtet wird. Eine gesellschaftliche Bestimmung, aber was für eine?
— Das ist der Widerspruch: Arbeit für sich, obwohl für andere gedacht. Diese gesellschaftliche Bestimmung kommt nicht aus der Arbeit, sondern aus der Welt des Eigentums.
Da wird im Grunde ein Attribut des Eigentums, des Rechtsverhältnisses – das Produkt mag zwar nützlich sein, aber der Nutzen ist an die Verfügungsmacht darüber gebunden – zum Merkmal der Arbeit. Das ist der Inhalt des gesellschaftlichen Verhältnisses von privat. Das ist verrückt. Natürlich arbeitet jeder selbst, denkt auch selbst, das kann man nicht delegieren, aber als Attribut der Arbeit drückt das den Zweck der Veranstaltung aus: er besteht nicht im Nutzen des Produkts, sondern in der Verfügung darüber. Dass der Herstellungsprozess seinen gesellschaftlich maßgeblichen Inhalt gar nicht darin hat, dass er etwas herstellt, sondern dass daran eine ausschließende Verfügungsgewalt haftet, steckt schon in der ersten Bestimmung dieser eigentümlichen Größe, die da den Wert bestimmt. Es nützt gar nichts zu sagen: Das Quantum Arbeit definiert den Wert, weil es ja gar nicht die Arbeit ist, sondern ihr privater Charakter. Der eigentliche Inhalt der Tätigkeit besteht in der Herstellung von ausschließender Verfügungsmacht über Produkte. Mit diesem Attribut ist Arbeit schon von vornherein als Dienst am Eigentum definiert, nach dessen Richtlinien sie verrichtet wird.
2. Die zweite Bestimmung führt weiter aus, dass es dabei auf den Inhalt der Arbeit explizit nicht ankommt. In dummen philosophischen Einfällen war abstrakte Arbeit früher ein Synonym für ‚entfremdet‘ und mangelnde Identifizierung mit der Arbeit. Dabei drückt abstrakte Arbeit einen Widerspruch aus, denn ohne konkreten Inhalt ist es keine Arbeit, dabei wird immer irgendetwas getan, bearbeitet, ein Nutzen gestiftet. Hier ist aber eine Arbeit gemeint als Quelle und Maß des Werts, bei der von jedem Inhalt abgesehen wird. Das unterstreicht noch einmal die Seite von privat, weil abstrakt selbst auch ein Attribut des Eigentums ist, ein Verfügungsrecht über etwas. Es zählt nur die Ziffer: wie viel davon! Ein Mensch ist in seinem ökonomischen Status als Millionär ausreichend gekennzeichnet. Sein konkreter Besitz zählt nicht, sondern die in einer Ziffer auszudrückende Verfügungsmacht darüber. Abstrahieren heißt etwas weggeben, hat ein Ziel, worauf man raus will. Das Attribut abstrakt bei Arbeit ist eigentlich eines des Resultats: Pure Verfügungsmacht über Gebrauchswerte, nicht diese selbst. Schon wieder ein Attribut des Eigentums, das der Arbeit angehängt wird.
— Wenn man alle konkreten Bestimmungen der Arbeit weglässt, bleibt sie als pure Verausgabung und die Verfügung darüber.
Dazu sagt Marx: pure Verausgabung von Hirn, Muskel, Nerv usw. Sobald man aber an diese Verausgabung irgendeine inhaltliche Bestimmung heftet, wird es verkehrt. Es ist Verausgabung pur, die Reduktion der Arbeit auf einen Zweck, der in dieser selbst – noch nicht einmal in der bloßen Verausgabung – zu finden ist. Die Verausgabung selbst ist nie ein Zweck, sondern der Schaden, den die Arbeit mit sich bringt, dieses belastende Moment, Arbeit überhaupt, Mühseligkeit. Aber an den Inhalt der Anstrengung zu denken, wäre verkehrt. Quelle von Wert ist Arbeit von all ihren Bestimmungen abgesehen. Bleibt, dass an ihrem Ende die Verfügungsmacht über ein Produkt welcher Art auch immer zustande kam. Die ideellste Seite von Arbeit ist, Verfügungsmacht zu konstituieren. Eine Bestimmung, die Hegel gefallen hätte, aber so etwas Absurdes ist wertschaffende Arbeit mit der Abstraktion von jedem Inhalt. Sie ist abstrahiert darauf, dass ein Rechtsverhältnis des Subjekts zum Produkt zustande kommt. Arbeit schafft keine Rechtsverhältnisse, sondern Sachen, aber Wert schafft sie nur, soweit am Ende ein Verfügungsmonopol entsteht.
— Wenn man früher eine kritische Aussage über abstrakte Arbeit machen wollte, hat man festgehalten: Arbeit reduziert auf die pure Verausgabung ist Plackerei. Solche Arbeit jetzt als Verfügung des Privateigentums zu kennzeichnen, ist das nicht eine Konzession an einen Moralismus, der bei kapitalistischer Arbeit feststellen will, sie gilt nur als Plackerei?
Darauf muss man aufpassen, dass es nicht doch als konkrete Bestimmung verstanden wird: Der Mensch reibt sich auf – möglichst noch an einem industriellen Arbeitsplatz! Das negative Moment, nur Verausgabung, bleibt durchaus. Die Entäußerung (Hegel), auf die es hier ankommt, ist die, die den Arbeitern zugemutet wird. Sich als Subjekt in der Produktion anzustrengen, hat in dieser Gesellschaft nicht den Witz, nützliche Güter hervorzubringen, sondern Eigentum daran. Das Negative von Arbeit ist nicht weg, aber alles, was anfängt das auszumalen, der Moralismus Plackerei usw. muss weg
Abstrakte Arbeit lässt sich gar nicht richtig denken, aber konstruieren als die gesellschaftliche Realität, als Arbeit welcher Art auch immer, deren Ergebnis in Eigentum besteht, in dem Verfügungsrecht exklusiver Art. Das ist das eigentliche Produkt. Was steckt in dem Satz: Die Quantität der Arbeit bestimmt den Wert und seine Menge? Was ist das für eine Arbeit? Das ist an der Arbeit selbst nicht dran: Das, womit die Arbeit Wert schafft, ist die Subsumtion von Arbeit unter die Tatsache, dass ihr Resultat jemandem gehört. Aber mit dieser verrückten Bestimmung ist es noch gar nicht getan und der Eigentümer zufrieden.
3. — Dazu kommt die Bestimmung gesellschaftlich notwendig. Auch absurd, denn wofür soll Arbeit sonst gut sein, als dass damit einer was anfangen kann. Aber das als besonderes Kennzeichen der Arbeit gefasst, bezieht es sich darauf, dass dieses Arbeitsprodukt für einen Fremden mit Eigentum und Verfügungsgewalt von Interesse sein muss.
Gesellschaftlich notwendig noch als ein extra Attribut dazuzusagen, ist also nur dann nötig, wenn es vorher als abstrakt und privat, also als Eigentum bestimmt ist. Mit der Bestimmung gesellschaftlich notwendig wird also noch die kommerzielle Verwendung des Eigentums zum Attribut der Arbeit: Sie muss ein fremdes Bedürfnis befriedigen, jetzt ist in der Privatheit ein Bezug auf andere eingeschlossen. Auch ein Widerspruch: Privat heißt da nicht allein, sondern ist die Grundlage dafür, dass es nur für ein gesellschaftliches Verhältnis da ist.
— Das eigentliche Produkt ist das Eigentum an dem Produkt. Dann ist die Größe des Eigentums gerade nicht an dem Produkt als solchem. Die Größe ist vielmehr, wie viel Zugriffsmacht auf das Eigentum von anderen, wie viel abstrakte Verfügungsmacht man damit geschaffen hat. Es zählt, wie es sich als Zugriffsmacht auf fremdes Eigentum bewährt und nicht einfach, dass ein Produkt geschaffen wurde.
Es geht immer um die Frage, ist denn nicht die geleistete Arbeit das Maß des geschaffenen Werts? Was da geleistete Arbeit heißt, hatten wir schon: Die muss ganz absurde Dinge leisten. Sie muss privaten Charakters sein, abstrakt, also selbst als Quelle und Maß des Werts definiert, schon durch die Rechtsform des Resultats, dass es Eigentum ist. Wenn man weiter fragt: Wie viel Eigentum ist dabei herausgekommen? stellt man wieder fest, dass man das an der Arbeit überhaupt nicht sieht. Wie viel Eigentum diese Arbeit geschaffen hat, entscheidet sich an den anderen Marktteilnehmern. Das Eigentum ist also nicht dazu da, es zu besitzen, sondern dafür, es kommerziell zu verwenden, in einen Austausch zu geben. Eigentum für andere – wie löst dieser Widerspruch sich auf? (Hegel spricht da von Vermittlung im Tausch, im Anderssein)
Das Eigentum bekommt seine definitive Bestimmung, nämlich die eines Quantums, erst dadurch, dass es für andere ist und ausgetauscht wird. Im privaten Austausch ist schon das Gewaltverhältnis, der Ausschluss mit unterstellt. Ohne Staat kommt das alles nicht aus, Eigentum ist eine Rechtskategorie. Deswegen war die Frage: Wie gibt es das, dass das Resultat der Arbeit ein Rechtsverhältnis zum Produkt ist? Jetzt geht es nicht nur darum, etwas hergestellt zu haben, das einem selbst gehört, sondern es geht so sehr ums Eigentum, dass sich erst im Austausch diese abstrakte und private Bestimmung vollendet. Solange man die Sache für sich behält ist immer noch der Zweck der Sache: zu haben, was man braucht. Erst wenn die Bestimmung des Eigentums darin besteht, für den Zweck des Kommerzes produziert zu sein, dann vollendet sich seine Bestimmung. Dann geht es wirklich endgültig nicht mehr um die Sache. Es geht nur noch um sie als Mittel des Erwerbs eben von der Eigentumsqualität dieser Sache, und die bekommt ihre Bestimmung im Austausch nach ihrer Menge.
— In der Kapitalschulung haben wir den Wert als objektive Eigenschaft der Ware abgleitet, dann die Verselbständigung des Werts im Geld. Ist hier nicht das Geld als Wert schon unterstellt, um dann diese Qualitäten der Arbeit zu bekommen, wenn erklärt wurde, dass die konkrete Arbeit, egal wie ausgeführt, in einem Produkt resultiert, das aber nicht als Sache gilt, sondern als Wert. Ein bloßer Austausch von Sachprodukten würde doch dieser Bestimmung nicht gerecht werden, da ginge es nicht um Wert.
Hier ist das Produkt aber unter dem Gesichtspunkt des Verfügungsrechts, das sich auf das Produkt erstreckt. Es geht darum, sich klarzumachen, was Wert ist. Der Wert ist nicht unterstellt, wenn seine Bestimmungen gefunden werden sollen. Die Ableitung sollte gerade mit den elementaren Bestimmungen des Tauschwerts von Marx erfolgen.
— Aber Eigentum an einer Sache, das Rechtsverhältnis, ist nicht gleich der Wert der Sache.
Eben, jetzt kommt ja noch das Dritte hinzu: gesellschaftlich notwendig. Darin ist ausgedrückt, dass es nicht nur das wirklich private Verhältnis zum Produkt ist, sondern dass das die Grundlage eines gesellschaftlichen Versorgungsverhältnisses ist. Das ist Produktion für andere; erst damit ist die Bestimmung des Werts fertig. Vielleicht unterstellt das Problem, dass man weiß und davon ausgeht: Wert ist vergegenständlichte Arbeitszeit. Was sind dabei aber die Bestimmungen, die in diese verrückte Gleichung eingehen? Das ist nicht Arbeit im eigentlichen Sinn, sondern enthält diese rekapitulierten Bestimmungen, die eigentlich welche des Eigentums für den Kommerz sind.
— Es ist nicht richtig zu sagen, der Wert sei doch etwas Objektives und das gegen das Ausgeführte zu wenden. Eigentum, Verfügung zu sein, fürs Geschäft da zu sein ist die Objektivität der Sache Wert. Es existiert nicht zuerst ein Wert und der wird dann privat, abstrakt, gesellschaftlich notwendig. Das, was als handgreifliche Ware vorliegt, enthält zugleich die 3 Bestimmungen, die nicht im materiellen Dasein der Sache enthalten sind, aber ihre Objektivität als Ware ausmachen.
— Der Wert ist erst im gesellschaftlichen Zusammenhang da, dadurch, dass die Privatarbeit in den gesellschaftlichen Zusammenhang eingebracht wird.

Da wird deutlich, dass das, was produziert worden ist, wirklich die Verfügungsmacht ist und nicht das Produkt, an dem es haftet. Das Produkt ist das, was man gerade weggeben muss, und die Art, das zu eliminieren und auf die Bestimmung Eigentum pur zu kommen, geschieht im Tausch. Die Realität dieser Abstraktion ist das Geld.
Das ist der nächste Schluss, der Tauschwert für sich genommen, an dem abstrakt, privat und gesellschaftlich notwendig gemeinsam drinstecken, das als Ding für sich ist das Geld. Solange der Wert noch an der Ware haftet, hat man noch die Doppelnatur (Marx) von Tauschwert und Gebrauchswert. Beim Geld ist man endlich an der Stelle, wo der ganze Gebrauchswert darin besteht, den Tauschwert zu repräsentieren, eben diese drei Bestimmungen: Es ist gegenständliche Verfügungsmacht, die aus abstrakter, privater, ges. notwendiger Arbeitsverausgabung entsteht.
Das aufgekommene Problem ist vielleicht eine Variante der genannten Missverständnisse einiger Leser der Finanzartikel des GS. Dazu noch mal: Die Objektivität des Werts soll nicht bestritten werden, es soll geklärt werden, worin sie besteht: Es ist die Objektivität eines gesellschaftlichen Verhältnisses, in dem die Arbeit Dienst am Eigentum pur ist.
— Eben nur in diesem gesellschaftlichen Verhältnis. Wenn aber früher Revis behauptet haben, jegliche Arbeit, egal in welchen ges. Zusammenhang, hätte diese abstrakte Seite, daher würde folglich auch im Realen Sozialismus Wert produziert, nur eben planmäßig, dann liegt dem auch dieser Fehler zugrunde.
Das ist theoretisch gesehen dieser Fehler. Diese Betrachtung streicht die Bestimmung abstrakt und privat weg und will es gleich als Eigentum im Sinne von nützlicher Verfügungsmasse der Gesellschaft begriffen haben. Wert denken sie als Gebrauchs- und Tauschwert in einem und trennen nicht zwischen der Masse an nützlichen Gütern für den Reproduktionsprozess der Gesellschaft und der Kategorie Wert. Wie die bürgerliche Ökonomie auf ihre Art identifizieren sie das eine mit dem anderen. Der Witz der Marxschen Bestimmungen am Tauschwert dagegen ist, dass er gerade diese eigentümliche Negation des Gebrauchswerts ist.
Im Gesetz der Quantifizierung des geschaffenen Eigentums kommt der Gebrauchswert unter dem Stichwort gesellschaftlich notwendig in einer ganz absurden Art vor. Die Frage – wie viel Eigentum? – beantwortet sich im Austausch einer Ware gegen die andere, weil darin gerade die Gleichgültigkeit des Gebrauchswerts der Witz ist. Das, was allein übrig bleibt, ist die Äquivalenz als Tauschwerts, also die Größe des Eigentums. Gerade diese Kategorie der gesellschaftlichen Notwendigkeit kommt in der Wertbestimmung zur Blüte, indem ausgerechnet die Abstraktion auf Eigentum noch gleich Auskunft über das Wieviel gibt. Die Vollendung der Bestimmung, dass es ums Eigentum geht, ist zugleich die Quantifizierung.
Es gibt eine sehr laxe Auffassung dieser Attribute, die den Wert bestimmen und vermittels derer die Arbeit als Quelle und Maß des Werts rangiert: Man arbeitet privat so vor sich hin, der Austausch, der natürlich voraussetzt, dass das Produkt gesellschaftlich notwendig ist, kommt später, auf die konkrete Arbeit wird nicht sehr geachtet, Hauptsache, man kann es verkaufen. Dagegen muss klar sein: Wenn es schon um wertschaffende Arbeit geht, ist die Arbeit Quelle und Maß des Werts. Da kommt man nicht drum rum, die gesellschaftlich existierenden Widersprüche im Regime über die Arbeit ins Auge zu fassen. Nämlich in der Indienstnahme der Arbeit fürs Eigentum als gesellschaftliche Kategorie für das, was als Lebensgesetz für die Verallgemeinerung des geschaffenen Nutzens (und dass die ganze Gesellschaft von Gebrauchsgütern leben kann) das Prinzip und Gesetz abgibt: die Äquivalenz als Eigentum. Das ist im Austausch realisiert. Es gibt die laxe Auffassung, die heißt: durch den Tausch hat doch jeder das, was er braucht. Die Auffassung von Marx über den Tausch ist das Gegenteil. Der Witz daran ist, dass er den Tauschwert zum Gesetz dessen macht, dass dann jeder hat, was er braucht. Der Tausch vollendet die Abstraktion vom Gebrauchswert. Äquivalenz ist nie zwischen zwei Gebrauchswerten, sondern zwischen zwei Gebrauchswerten unter dem Gesichtspunkt, dass auf ihnen ein Verfügungsrecht lastet und es wird eine quantitative Äquivalenz zwischen Verfügungsrechten im Tausch realisiert.
Es ist verfrüht, an diesem Punkt der Analyse an Wertpapiere und Finanzwesen zu denken, sondern es geht immer noch drum: Wovon lebt diese Gesellschaft? Der Reichtum der kapitalistischen Gesellschaft stellt sich dar als riesige Warenansammlung, die Elementarform ist die einzelne Ware, also hat da auch die Analyse zu beginnen. Die Intention war, nicht noch einmal Marx zu rekapitulieren, sondern sich klar zu machen, welche Bestimmungen man über die Arbeit gelernt hat: Arbeit nach der Menge ihrer Verausgabung ist Quelle und Maß des gesellschaftlichen Reichtums; genau genommen gar nicht sie, sondern Arbeit in ihrer Eigenschaft als Dienst am Eigentum als der gesellschaftlich bestimmenden Größe. Die adäquate Form, in der sich das Ganze vergegenständlicht, ist nicht das Ensemble der Gebrauchsgüter, sondern die Vergegenständlichung des Tauschwerts als solchem. Erst dann, wenn man alle inhaltlichen Bestimmungen überwunden hat, ist man bei der objektiven Wahrheit dieser Ökonomie, dem Geld. Marx hat sich daran abgearbeitet, die Verrücktheit dieses Verhältnisses begreiflich zu machen.
— Ich begreife immer noch nicht, warum sich die Objektivität des Werts darüber herstellt, dass der Wert realisiert wird. Wenn es objektiv an dem Ding dran ist: Es ist Wert, es ist als Eigentum produziert, es ist quantifizierbar – wie kann es sein, dass sich erst herausstellen muss, dass es Wert ist?
Das ‚sich herausstellen’ ist nicht ganz richtig. Ein Arbeitsprodukt als Eigentum produziert heißt doch, es steht unter privater, ausschließender Verfügungsmacht. Diese Bestimmung unterstellt sicher ein Rechts-, also Gewaltverhältnis, aber der Witz ist doch, dass Ausschluss erst einen Inhalt bekommt, wenn ein Ding für jemand anderen, also gar nicht für den eigenen Gebrauch, gemacht ist.
— Deswegen ist auch die Formulierung von vorhin unsauber, dass ‚privat’ plötzlich zu ‚gesellschaftlich’ werden würde. Hier ist ‚Privat’ immer auch schon ein Verhältnis zu den anderen.
Und dieses Verhältnis zu anderen, das in ‚privat’ ausgedrückt ist, wird quasi Thema in der Bestimmung ‚gesellschaftlich notwendig’: private Arbeit bekommt ihren Inhalt und ihre Bedeutung als ausschließliches Verfügen im Verhältnis dazu, dass es für andere gemacht ist: Erst das macht Ware und Wert im Sinn von Tauschwert aus, schließlich lässt sich schlecht Tauschwert ohne Tausch denken – es ist nicht erst der Wert da und dann wird er auch noch getauscht, sondern der Tauschwert wird produziert, kommt fix und fertig auf den Markt zwecks Tausch und seine Bestimmung bekommt er dadurch, dass er sich als Äquivalent zu etwas anderem bewährt. Auch wenn es sehr methodisch klingt, aber es handelt sich nun mal um ein dialektisches Verhältnis: Tausch hat seine Identität in der Differenz.
Und insofern ist auch das Faktum, dass der Tauschwert seine quantitative Größenbestimmung im Austausch bekommt, gar nichts Zufälliges oder Äußerliches. Weil Verfügungsmacht kein anderes Maß als das der Quantität hat, wird der Begriff von Wert auch erst im Austausch real, indem er dort in seiner Quantität festgestellt und realisiert wird. Insofern ist es nicht so, dass sich im Austausch „nur“ herausstellt, wie viel es ist, so als ob die Feststellung der Quantität nur eine Art Zutat sei, sondern genau das ist die Realisierung der Wertbestimmung. Der Wert hat keinen anderen Inhalt als den der Verfügungsmacht, die sich an ihrer eigenen Größe misst.
Was ist der Begriff der Äquivalenz? Worin sind die Sachen äquivalent? Eben darin, dass sie Verfügungsrecht, und zwar ein Quantum davon, repräsentieren. Das hätte sich bei der Erfindung des Rechts auch keiner gedacht, dass es ein Maß hat, dass man es beziffern kann, dass es die Quelle von Quantitäten und allen Messens von Reichtum ist, wo es doch eigentlich etwas ziemlich Qualitatives ist.
— Dass die im Wert enthaltene Verfügungsmacht eine objektive Bestimmung an der Ware ist, greift die bürgerliche Theorie an, nach der sich der Wert einer Ware aus der Wertschätzung des Benutzers ergibt.
Diese Theorie ist eine banale Auflösung ins Undialektische, sie kümmert sich nicht darum, dass eine Äquivalenz in der Sphäre des Verfügungsrechts der Witz ist, sondern es wird nur an den Gebrauchswert gedacht und gesagt, dass hinterher jeder den Gebrauchswert hat, den er haben wollte – im übrigen eine ziemlich kindliche Auffassung vom Tauschen.
Jemandem, der sagt, dass der ganze Kredit in der Welt letztendlich auf den Wert zurückgeht und nicht getrennt von ihm existiert, hilft man am besten, indem man ihn auf das Missverständnis bei der elementaren Bestimmung, auf die er sich beruft, aufmerksam macht, nämlich, dass Wert unmöglich etwas anderes sein könne als das Quantum der tatsächlich im Dienste des Kapitals verausgabten Arbeitszeit. Einer, der diese Objektivität des Werts in Anschlag bringt, hat ihn nicht richtig verstanden, aber um seine Bestimmung geht es jetzt – auf den Kredit kommt man dann drei Ecken später. Es wird beim Wert schon so sein, dass die Arbeit sein Quantum bestimmt, aber was ist da die Qualität der Arbeit? Das ist der Arbeitsdienst am Eigentum und das, was Regie darüber führt; wie viel an Wert die Arbeit schafft, ist das, was sich als gesellschaftlich notwendige Privatarbeit bewährt.
Noch mal zu ‚gesellschaftlich notwendig’. Vorher ist da noch etwas offen geblieben – über die gesellschaftliche Notwendigkeit konkreter Arbeit wird befunden, aber wie? Eben nur über die Äquivalenz, über ihren Tauschwert. Bei dieser Bestimmung von ‚gesellschaftlich notwendig’ kommt die Volatilität der Bedürfnisse – also was in dieser Gesellschaft überhaupt benötigt wird – zum Tragen. Diese Frage ist vom konkreten Nutzen der Arbeit schon sehr weit weg und geht auf die sich fortentwickelnden Bedürfnisse der Gesellschaft. Darin geht auch die Seite des notwendigen gesellschaftlichen Arbeitsaufwands auf. An der Arbeit, an dem, was einer tut und leistet, braucht sich nichts zu ändern, aber das, was er an Wert schafft, ändert sich unabhängig von ihm – nicht nur, wie viel von dem geschaffenen Wert sich realisiert, sondern, wie viel Wert in seinem Produkt überhaupt enthalten ist.
Da merkt man: lauter Bestimmungen, die aus der Sphäre des gesellschaftlichen Lebens- und Produktionsprozesses stammen, werden zur externen, für die Privatarbeit gültigen Wertbestimmung, zur Definition dessen, wie viel die Arbeit überhaupt zählt, die da verrichtet worden ist. Die verrichtete Arbeit ist zwar Quelle des Werts, aber wie viel Wert da zustande gekommen ist, ist der Arbeit gar nicht anzusehen. Das liegt an lauter externen Größen – wie viel woanders gearbeitet worden ist, was überhaupt benötigt wird, wie der Stand der gesellschaftlichen Produktivkräfte ist. Daran zeigt sich, was für eine widersprüchliche Größe die Wertbestimmung durch die Arbeit ist. Denn die wertbestimmende Arbeit und was sie an Wert schafft, ist selber dadurch bestimmt, was an gesellschaftlich notwendiger Privatarbeit überhaupt gefragt ist in der Gesellschaft.
Noch mal zum Verhältnis von abstrakter und gesellschaftlich notwendiger Arbeit: Im Begriff der abstrakten Arbeit gibt es keine Bestimmungen außer der, dass ein Subjekt etwas geschaffen und sich damit den Gegen-stand eines Verfügungsrechts erworben hat. Das Ding ist immer noch ein Gegenstand des Verfügungsrechts und das hat eine qualitative Bestimmung: ein Gegenstand, der Eigentum ist. Eigentum pur muss den Gegenstand selbst eliminieren und ersetzen durch eine pur quantitative Bestimmung des Verfügungsrechts als solchem. Das geschieht im Tausch – dieser ist die Realisierung der abstrakten Natur des Verfügungsrechts. Der Begriff gesellschaftlich notwendige Arbeit kann sich nur über den Tausch herstellen und ist nicht schon in der Verrichtung der Arbeit enthalten. Im Begriff der abstrakten Arbeit ist die Quantifizierbarkeit enthalten – quantifiziert wird dann im Tausch.
Den Anhängern der falschen Wertbestimmung kann man entgegenhalten, dass man am Treiben des Finanzkapitals und seinen irrsten Eskapaden zeigen kann, dass dem eine ganze Produktionsweise der Ausbeutung der Arbeit zugrunde liegt, aber das ist ein anderes Begründungsverhältnis als zu sagen, dass die Summen, mit denen da herumgeschmissen wird, alle aus der Ausbeutung stammen. In dieser Auffassung steckt wohl ein verkehrtes Verständnis von dem, was Wert in dieser Gesellschaft ist, denn auf die Bestimmung im GS, dass Wert nicht einfach durch Arbeit, sondern durch das Regime über sie geschaffen werde, meldeten sich gleich die ersten Proteste, man dürfe nicht ‚nicht-sondern’ sagen. Gerade das soll jetzt aber behauptet werden: Wertschaffende Arbeit ist Arbeit unter dem Regime, das ihre wertschaffende Qualität und Quantität definiert und eben nicht sie selbst und das wird im Fortgang immer drastischer deutlich – im Augenblick ist es wichtig, sich klar zu machen, warum Marx gegen die Stundenzettel polemisiert: Der adäquate Ausdruck dafür, dass Arbeit mit diesen ganzen Bestimmungen Quelle und Maß des Werts ist, ist das Geld, das damit zu verdienen ist und das Geld bestimmt darüber, wie viel Wert die Arbeit geschaffen hat und nicht die Zahl der Stunden – sonst wäre Geld ja ein Arbeitsstundenzettel, dabei ist es gerade dessen Widerlegung.
Der Fortgang ist: Dass Arbeit Dienst am Eigentum ist, tritt erst richtig zutage, wenn Arbeit endgültig nicht mehr gefasst wird als eine produktive Tätigkeit, sondern wenn man ihren Dienstcharakter wirklich ernst nimmt. Dann bekommt nämlich die Arbeit selber die Bestimmung eines käuflichen Produktionsfaktors. (Sie bekommt aber nicht den Charakter der Käuflichkeit).
— Käuflich wird doch der Dienst der Arbeit am Eigentum.
Oder genauer: käuflich wird die Arbeitskraft. Aber das, was sie an Eigentum produziert, liegt schon nicht mehr an ihr, sondern an ihrer Verwendung: das Regime über die Arbeit schafft ihren Wert. Das wird darin deutlich, dass die Arbeitskraft – einmal eingekauft – zum Vehikel dafür wird, dass die Arbeit als Produktionsfaktor wirkt, als Quelle des Eigentums dessen, der die Kraft dazu gekauft hat. Und worüber bestimmt jetzt das Regime über die Arbeit? Da hat man die nächste Eskalationsstufe: dann wird die Produktion von Mehrwert zum Prinzip der Wertproduktion. Das Geld ist das Regime über die wertschaffende Arbeit, es ist der Zweck der Sache, also ist Arbeit Dienst daran und die nächste Stufe ist: Es ist die Herrschaft über den eigenen Entstehungsprozess; man kann die Quelle der Arbeit, die Arbeitskraft, einkaufen und dann regiert das Geld in seiner Eigenschaft als Kapital vollends über den Prozess, der den Wert schafft.
Dann hat man die nächste Bestimmung: Wonach richtet sich dieser Prozess? Da ist man noch ein Stück weiter weg von irgend einem Merkmal, das an der Arbeit selber dran ist, sondern da ist man beim Zweck des Mehrwerts und der enthält ein neues, verrücktes Verhältnis zwischen dem, was an Eigentum geschaffen wird und dem, was die Arbeitskraft gekostet hat. Jetzt sind die beiden Sachen – Quantum Arbeitsstunden, die geleistet werden und was dabei an Wert, auf den es doch ankommt, zustande kommt – schon sehr weit auseinander.
Im nächsten Schritt kommt es auf den Wert in einer klaren Sonderbestimmung an, nämlich nicht mehr auf Wert überhaupt, der in einem bestimmten Arbeitsquantum zu fassen ist, sondern auf das nächste gesellschaftliche Verhältnis, in dem dieses Quantum geschaffener Wert zu einer ganz anderen Größe steht, nämlich den Kosten einer Arbeitskraft. Wenn es so weit gediehen ist, dass es bei der wertschaffenden Arbeit gar nicht mehr auf den geschaffenen Wert, sondern auf die Differenz ankommt, dann ist die ganze Schiene eröffnet, dass alles, was die Arbeit selber zu bewerkstelligen hat, nicht mehr Potenz der Arbeit ist, sondern Potenz des Regimes über sie.
Bei dem Versuch, die Ableitung von Marx nicht zu rekapitulieren, sondern das Augenmerk an dieser Ableitung entlang auf die gesellschaftliche Natur der Wertbestimmungen zu werfen, kommt man zu seinem nächsten Gedanken: Wenn der ganze Prozess nur dazu dienen soll, dass das Eigentum geschaffen wird, da ist und in Erscheinung tritt, wenn man es tauscht, dann ist das ein ziemlich sinnloser Prozess. An der Stelle liegt der Kurzschluss nahe: Mit dem Geld geht man wieder einkaufen und dann ist man wieder beim Gebrauchswert. Der Fortgang bei Marx ist anders: Wenn Eigentum das ist, worauf es ankommt, und es nur bestimmt ist als quantifiziertes Verfügungsrecht, dann ist damit schon gesagt, dass es nicht auf das Quantum als solches ankommt, sondern auf dessen Vermehrung. Alle Theorien, die diesen Gedanken nicht mitmachen, folgen dem obigen Gebrauchswert-Gedanken, sind Theorien der Ökonomie der Zufriedenheit.
Die elementaren Bestimmungen von Wert sind erst fertig, wenn klar ist, mit Wert ist Verwertung, Mehrung des Werts gesagt. Wenn Eigentum der Zweck ist, um den es geht, dann ist nicht einfach das Eigentum als solches, sondern sein Wachstum der Zweck der Sache. Das als Lebenszweck einer ganzen Ökonomie heißt: Sie wird vorangetrieben durch den Zweck, das Eigentum zu vermehren. Und wenn man jetzt nach dem Mittel dafür fragt, ist man endgültig weg von der Arbeit, denn das Mittel für die Vermehrung des Eigentums ist nicht die Arbeit, sondern die Verfügung über sie: Sie lässt sich in Form einer Arbeitskraft kaufen. Das ist das Geheimnis des Wortes Verwertung: Da steht nämlich nicht am Anfang die Arbeit und am Ende der Wert, sondern wenn das Ganze ein Verwertungsprozess ist, dann steht am Anfang der Wert und am Ende mehr davon. Auf diese Art ist die Arbeit Quelle und Maß des Werts: Sie ist als käufliche dem Geld ausgeliefert und ihr ganzer Vollzug dient nur dazu, den eigenen Kaufpreis einzulösen und mehr davon einzuspielen. Das ist die Wahrheit von Wert: dass es ein Verwertungsprozess ist, an dessen Ende ein größerer Wert steht als anfangs in ihn eingegangen ist. Das ist immer noch nicht der Kredit, aber es ist die Grundlage dafür: In der wertschaffenden Arbeit schafft der Wert sich selber – nämlich dadurch, dass sein Regime über die Arbeit als seine Quelle wirkt. Das bekommt in den Kapiteln über den absoluten und relativen Mehrwert seine nächste Eskalationsstufe; da wird immer drastischer die Wahrheit deutlich, dass der Wert unter freier Benutzung der Arbeit sich selber schafft. Das ist der Inhalt von Verwertungsprozess.
Hinsichtlich der Mehrwert-Kapitel herrscht übrigens sofort allgemeines Einverständnis, dass sich da das Regime des Kapitals über die Arbeit vollzieht. Im Fortgang weist Marx nach: das ist alles das Benutzen von Arbeit, während es jetzt mal auf die Betonung ankommen sollte: das ist alles das Regime über sie und das ist nicht die Reduktion des Verwertungs- auf einen Arbeitsprozess, sondern die Klarstellung, dass der Verwertungsprozess den ganzen Arbeitsprozess zu einem bloßen Mittel für seine Bedürfnisse und nach seinen Kriterien degradiert. Nicht, dass das bei Marx nicht in etwa auch so stünde, aber vielleicht trägt diese Betonung des Werts zum besseren Verständnis bei – das war jedenfalls die Intention. Auch deshalb, weil man vielleicht geneigt ist, an der Arbeit als Subjekt, als der Sache, um die es doch eigentlich ginge, festzuhalten. Es ist eine andere Betonung, zu sagen, der Wert unterwirft sich im Verwertungsprozess die Arbeit, als zu sagen: aber da schafft die Arbeit doch den (Mehr)Wert.

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Huiskens GegenRede 7: Sie irren, Herr Prantl!

19. April 2010 Kommentare ausgeschaltet

Freerk Huisken hat in der Fachzeitschrift AUSWEGE – Perspektiven im Erziehungsalltag eine neue GegenRede veröffentlicht, in der er sich einen Kommentar des einflußreichen Redakteurs der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl (vielleicht wird der dort sogar noch Chefredakteur?) vornimmt, den der unter dem Titel „Eiszeiten der Erziehung“ in der Ausgabe vom 10./11.04.2010 geschrieben hatte.
Der Autor antwortet Heribert Prantl und wirft neue Fragen auf:
* Ist die Abkehr von äußerst rohen Methoden der Erziehung bereits eine grundlegende Korrektur von Erziehungszielen?
* Wann ist ein Mensch eigentlich mündig? Ist es mündig, wenn sich ein junger Bürger demokratischer Herrschaft mit Überzeugung unterwirft?
* Bauen wir mit modernen Erziehungsmethoden Konkurrenzdenken, Anpassung, Leistungsdruck ab und fördern die Mündigkeit der Heranwachsenen oder sorgen wir damit sogar für die Verfestigung der Unmündigkeit?
* Lässt sich das individuelle Wollen mit dem gesellschaftlichen Sollen unter einen Hut bringen?

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Der Jude als Sündenbock?

16. April 2010 7 Kommentare

DER JUDE ALS SÜNDENBOCK
„Darum schreit man: haltet den Dieb! und zeigt auf den Juden. Er ist in der Tat der Sündenbock, nicht bloß für einzelne Manöver und Machinationen, sondern in dem umfassenden Sinn, daß ihm das ökonomische Unrecht einer ganzen Klasse aufgebürdet wird.“ (Adorno/Horkheimer, Dialektik der Aufklärung, S. 183, Frankfurt 1988)

Diese Vorstellung, daß zur Vermeidung eines möglichen Aufstands der deutschen Arbeiterklasse gegen ihre Herrschaft und Ausbeuter trickreich die Juden als Sündenböcke aus der Tasche gezogen worden seien, denen man einfach das „ökonomische Unrecht“ aufbürden konnte, ist zwar beliebt, aber nicht besonders logisch.
Sicher hat Hitler die Juden zu Feinden des deutschen Volkes erklärt und entsprechend behandeln lassen. Nur – daß die Judenvernichtung in Wahrheit ein Manöver gewesen wäre, mit dem er „eine ganze Klasse“ eingeseift und von ihrem „eigentlichen“ Anliegen abgebracht hat, das kann nicht stimmen.
Die Sündenbock-Theorie beruht nämlich einerseits auf der Unterstellung, daß die Arbeiterklasse sich auf ihre ökonomische Lage besonnen hätte, sich über die Verursacher ihres immerzu kümmerlichen Lebensunterhalts im klaren und darüber hinaus auch bereit gewesen wäre, daraus eine praktische Konsequenz zu ziehen, die den Staat gefährdet hätte. Zugleich soll sie sich aber von diesem Vorhaben einfach dadurch „ablenken“ gelassen haben, daß man ihr (irgend-) einen Sündenbock gezeigt hat. Damit wiederum wird derselben Arbeiterklasse unterstellt, sie hätte genau derselben Herrschaft, die sie zuvor für ihre miese Lage verantwortlich gemacht hat, gutgläubig abgenommen, daß die am „ökonomischen Unrecht“ völlig unschuldig sei und vollstes Vertrauen verdiene. Diese Sorte nationalistischer Vertrauensseligkeit verträgt sich schlecht mit der Unterstellung der ganzen Konstruktion, die Klasse sei zum Kampf gegen ihre Ausbeuter bereit gewesen.
Darüber hinaus soll die Arbeiterklasse aus heiterem Himmel geglaubt haben, daß Leute, die ja im ökonomischen Leben Deutschlands genauso auf die gesellschaftliche Hierarchie verteilt waren wie die Deutschen ‚arischer Rasse‘ auch, ausgerechnet aufgrund eines ihnen zugeschriebenen rassischen Merkmals an der eigenen ökonomischen Lage Schuld gewesen seien. Da soll sich also das Wissen um die Gründe der eigenen ökonomischen Misere bestens vertragen mit der Bereitschaft, auf jede nationalistische Deutung des Elends einzusteigen.
Und schließlich sollen Leute, die an der Besserung ihrer materiellen Lage interessiert waren, plötzlich damit zufriedengestellt worden sein, daß ihnen irgendein Schuldiger präsentiert wurde, desse Verfolgung bekanntlich um keinen Deut reicher macht.
Fazit: Die Sündenbock-Theorie taugt überhaupt nichts. Arbeiter, denen es tatsächlich um ihren materiellen Nutzen geht, lassen sich ein nationales Programm nicht bieten, das ihnen Arbeits- und Kriegsdienst einbringt. Da hilft dann auch kein Sündenbock. Von solchen Arbeitern gab es offensichtlich 1933 viel zu wenige.
Umgekehrt fällt die Hetze gegen Juden, Ausländer und Kommunisten nur bei anständigen Deutschen auf fruchtbaren Boden. Bei Leuten also, die ihren Erfolg mit dem Erfolg der Nation gleichsetzen, bei anderen die eigene Opferbereitschaft für das Große und Ganze vermissen und deswegen staatlichem Terror gegen alle, die als Störer eines gelungenen Verhältnisses zwischen Staat und Volk dingfest gemacht werden, beipflichten. Ein Trick mit einem ‚Sündenbock‘ erübrigt sich da: Und wenn ein solcher Trick nötig wäre, würde er gar nicht funktionieren.
___
Der obige Text ist 1988 in der MSZ erschienen . Jetzt hat ihn jemand wieder ausgegraben und bei rhizom als Kommentar zu dessen Artikel “Islamophobie und Antisemitismus” gepostet.

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GSP 1-10 Das Finanzkapital III

10. April 2010 68 Kommentare

Im Down­load­be­reich steht jetzt der Ar­ti­kel „Fi­nanz­ka­pi­tal III. Die ,systemische‘ Bedeutung des Finanzgeschäfts und die öffentliche Gewalt“ aus dem ak­tu­el­len Ge­gen­Stand­punkt Heft 1-10, ein­ge­scannt und in ein zitierfähiges PDF konvertiert, zur Ver­fü­gung.

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Fertl und Held zur Aktualität des Leninismus (1970!)

9. April 2010 15 Kommentare

Ofenschlot hat auf ein ausgegrabenes/eingescanntes Dokument hingewiesen, daß „Perlentaucher“ 123Clara bei scribd hochgeladen hat.
Da man das nur als Mitglied dort auch runterladen und nicht nur lesen kann, wollte ich das Scan-PDF auch bei mir hochladen, wo jedermann gleich dran kommen kann. Das ging aber nicht, weil die Dateigröße die maximal zulässige blogsport-Dateigröße übersteigt. Deshalb habe ich die beiden zentralen Artikel von Fertl und Held zum Leninismus per OCR in eine RTF-Datei geschrumpft, die man jetzt bei mir im Download-Bereich runterladen kann.

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„Buchland DDR“ – Slogan made in DDR

31. März 2010 Kommentare ausgeschaltet

ofenschlot ist offensichtlich auch bienenfleißig. Jedenfalls hat er folgendes auf seinem Blog gepostet:

Texte, die schon länger an abgelegenen Orten des WWW vor sich hin mümmeln, scheinen den bienenfleißigen Internet-Archivaren nicht aufzufallen. Oder aber sie sind bereits kanonisiert, jeder kennt sie, jeder diskutiert sie, nur ich denke mal wieder: Mensch, warum redet eigentlich keiner über …
… über die Schwarzen Protokolle.
Die Schwarzen Protokolle sind – gerade auch in ihrer Verlaufsform – ein faszinierendes Dokument, einer marxistisch-libertären, anarchokommunistischen Strömung aus Westberlin. Sie waren ein schnell wirkendes Gegengift (man achte auf das Logo!) zum gruselig spießigen ML-Kult und zum ebenso unheimlichen RAF-Kult. Zwischen 1972 und 1977 erschienen 17 Ausgaben, von denen immerhin elf vom Papiertiger, einem real existierenden Berliner Archiv »der sozialen Bewegungen« (man kann da also richtig hingehen und recherchieren – irgendwie unfassbar im digitalen Zeitalter…), digitalisiert wurden.
Vorgängerblatt der Schwarzen Protokolle war das allzu kurzlebige Kompendium »Die soziale Revolution ist keine Parteisache« (erschien 1971 in bloß zwei Ausgaben), das sich ganz eng am klassischen Rätekommunismus (Cajo Brendel, Paul Mattick) orientierte. Der Titel der Zeitschrift nimmt Bezug auf eine gleichnamige antibolschewistische Polemik des Rätekommunisten Otto Rühle.
Die Schwarzen Protokolle knüpfen in ihren ersten vier Ausgaben unmittelbar an ihr Vorgängerblatt an, Schwerpunkt ist also die kommunistische Bolschewismuskritik, öffnen sich aber mit der fünften Ausgabe der bunten Welt des Libertären – zunächst in Form der Group Solidarity, einer situationistisch-linksradikalen Gruppe aus England um Maurice Brinton, von der sonst (leider!) kaum was nach Deutschland gedrungen ist.
Im Laufe der Jahre wurden die Protokolle hippiesker, feministischer, literarischer, surrealistischer, ausschweifender. Und man denkt sich so beim lesen: Es gibt vielleicht doch ein bisschen aus den westberliner 70er Jahren, was auch heute noch zu Rate ziehen könnte…

Dadurch bin ich wieder auf einen Artikel gestoßen, der mir lange in der Erinnerung geblieben ist, auch nachdem ich das Heft, in dem er damals erschienen ist, schon lange nicht mehr hatte:
„Buchland DDR“- Slogan made in DDR, erschienen in Heft 11, Mai 1975
Der reale Sozialismus war nämlich nicht mal auf dem Papier so gut, wie er immer von sich behauptet hat, um einen Kalauer zu benutzen.

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„Zwischenbilanz der Transformation“ aus GSP 1-10 als PDF

30. März 2010 5 Kommentare

Vor ungefähr fünf Jahren habe ich meinen ersten Leserbrief an die Redaktion des GegenStandpunkt geschrieben und Fragen zur Osterweiterung der Europäischen Union gestellt:

Peter Decker hat in seinem jüngsten Vortrag über den Stand und die Friktionen in der EU betont, daß jetzt für alle Nationalisten/“Partner“-Staaten das Heil in der Durchsetzung ihrer jeweiligen Nationalinteressen gegen den Rest der Welt bestünde. Jetzt wo es insgesamt mit der weiteren Kapitalakkumulation trübe ausssieht, muß eben jeder Staat (wieder vermehrt) darauf schauen, daß sich das Ganze auch und gerade da für ihn lohnt. Soweit so gut (oder genauer schlecht, denn es stimmt ja, daß einem das Lob auf die EU, sie habe bisher den Frieden unter den bis dato konkurrierenden bis verfeindeten europäischen Staaten gesichert, eigentlich zu denken geben muß, wie brutal ernst es denn bei diesem EU-Frieden zugeht).
Warum haben sich aber bei Gründung der EU bzw. bei deren Erweiterung diverse Staaten freiwillig darauf eingelassen, es in der EU mit dem relativ stärker werden zu versuchen, wenn doch auch schon damals allen halbwegs realistischen Leuten hätte klar sein müssen, daß Konkurrenz ja immer auch Verlierer bedeutet und sie höchstwahrscheinlich nicht zu den Gewinnern gehören werden?
Peter hat ja auch auf die Beschwichtigungsmaßnahmen hingewiesen, die deshalb historisch immer fällig waren. War im langen wirtschaftlichen Aufschwung der Zweifel, der jetzt überall hochkommt, daß es vielleicht doch die anderen sind, die was von diesem schönen großen Markt haben, einfach nur vom absoluten Wachstum überdeckt, weil die relative Zurückdrängung durch die Zentralmächte und deren Industrie leichter zu verschmerzen war? Spielte die antisowjetische Einheitsfront eine Rolle, die alle zusammenstehen ließ, auch wenn es für einige schon damals nur mit Zähneknirschen zu ertragen war? Das ganze Arsenal von Handelshemmnissen, daß mit der EG/EU im Laufe der Zeit abgeschafft wurde, hatte doch vorher seinen ganz nationalistischen Sinn gehabt für die Staaten, die sich nur damit gmeint hatten, behaupten zu können.
Peter ist sehr vorsichtig gewesen, dem ganzen verrückten Projekt verstärkte Integration irgendwelche Überlebenschancen zu- oder abzusprechen, bzw. dessen Endpunkt zu beschreiben. Er hat nur betont, daß zumindest jetzt allseits die vorherrschende Meinung ist, die jeweils eigenen nationalen Interessen eben in und durch die EU besser durchzudrücken. Letztlich geht das aber nicht, irgendwer muß ja irgend wann jemand Anderen entscheidend über den Tisch ziehen, dann wird es doch Ärger geben müßen. Historisch war dies immer eine Gewaltfrage zwischen den Staaten, der deutsche „Einigungsprozeß“ wurde doch zum ersten Mal auch 1866 in Königgrätz entschieden (und 1938 dann auch ganz handfest durch Hitler)

(Ich habe darauf, glaube ich, damals leider keine Antwort erhalten, oder sie ist mir inzwischen abhanden gekommen). Mit dem umfangreichen Artikel im Heft 1-10 hat der GegenStandpunkt sozusagen auch darauf jedenfalls nun eine eindrucksvolle Antwort gegeben. Ironischerweise bzw. genauer naheliegenderweise läuft die zum Schluß auf den gleichen Gedanken hinaus, den ich mir damals auch schon gemacht hatte.
Man kann den Artikel jedenfalls bei mir im Download-Bereich als OCR-PDF runterladen.

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Peters zum NVK der VR Chinas in der jungen Welt: Nichts, oder nur geringfügig!

29. März 2010 2 Kommentare

Helmut Peters, der sich vor einiger Zeit mit seinem Weggefährten Berthold mit Renate Dillmann über den Charakter der VR China in die Wolle gekriegt hatte (17.12.09 in der Ladengalerie der jungen Welt, ) hat am 29.03.10 in der „jungen Welt“ einen längeren Kommentar geschrieben zum politischen Stand nach den Tagungen des Nationalen Volkskongresses (NVK) und der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (PKKCV) in der ersten Märzhälfte.
Von blöden und unehrlichen Gemeinplätzen mal abgesehen („überraschend vielfältige und weiterführende Einblicke in das gesellschaftspolitische Leben des Landes“), kann man seinen Ausführungen schon einiges entnehmen, was die „weitere Entwicklung des Landes … wesentlich prägen werden“ wird:
Peters schreibt einfach so hin

„Wenn die Partei überleben wolle, hieß es damals, dann müsse sie die tatsächlichen Interessen des Volks zur Kenntnis nehmen, sie zur Grundlage ihrer Politik machen, und dafür brauche sie das Einverständnis des Volkes mit ihrer Politik“

als wenn das nicht ein vernichtendes Urteil wäre über die politischen Macher, die selbst für Peters in den letzten Jahrzehnten offensichtlich alles andere getan haben. Auch sein Optimismus

„Die Herausbildung einer aktiven Partizipation des Volkes an der politischen Macht scheint in diesem Prozeß möglich“

klingt irgendwie irre in Bezug auf eine Partei, die diesen Sinnspruch doch schon seit 60 Jahren den Leuten vorgehalten hat und schon immer auch als verwirklicht angesehen hat, schließlich hat sie ihren Staat ja extra deshalb Volksdemokratie genannt.
Wo er recht hat, hat er recht:

„In der gesellschaftlichen Strategie der KP Chinas dominiert die nationale gegenüber der sozialen Frage.“

Das sehen andere ja auch so und beschreiben das auch als die zentrale Krux dieser „Kommunisten“. Mehr als einen

„gesetzlich fixierten, relativen und längerfristigen Ausgleich zwischen den sozialen Interessen der verschiedenen Klassen, sozialen Schichten und Gruppen“

kriegt man dann eben nicht hin.
Wie Peters zum wohlfeilen Rat kommt,

„Die Konsumtion der Bevölkerung verzeichnete 2009 mit 43 Prozent den geringsten Anteil am BIP seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik vor 30 Jahren, während die Investitionen in ihrer Höhe einen historischen Rekord vermelden konnten. Damit sich die Wirtschaft selbständig und weitaus weniger von der äußeren Nachfrage abhängig entwickeln kann, bedarf es jetzt einer deutlichen Steigerung des Anteils der Konsumtion der Bevölkerung“

wo er doch gerade erst zugestanden hat, daß die chinesische

„Wachstumsweise, … vor allem auf der billigen (im Preis billig gehaltenen) Arbeitskraft beruht“

ist mir schleierhaft. Macht aber nichts, denn es gilt ja

„Wir sitzen alle im selben Boot, streben gemeinsam nach Wachstum und fördern erfolgreich die Entwicklung“

so jedenfalls zitiert er einen chinesischen Gewerkschaftler, der ausnahmsweise auch mal was zum NVK beitragen durfte.
Dank der chinesischen Gewerkschaften sei es immerhin

„bis Ende 2009 gelungen, mit den Unternehmern bzw. Managern von über 630000 Unternehmen mit über 80 Millionen Beschäftigten eine Grundsatzvereinbarung zu treffen. Sie legt fest, »niemand oder nur wenige« zu entlassen, den Lohn »nicht oder nur geringfügig« zu kürzen und neue Löhne zu vereinbaren.

Ohne sich irgendwas dabei zu denken, hängt Peters einen eigentlich vernichtenden Kommentar an: „(Näheres dazu wird nicht mitgeteilt – H. P.). Er kritisiert eben auch nichts oder nur geringfügig, bin ich geneigt, festzustellen.

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Michael Krätke über Marx beim WDR

28. März 2010 3 Kommentare

Das Audioarchiv kritischer Theorie & Praxis hat folgenden Hinweis:

Das phi­lo­so­phi­sche Radio (WDR 5) hat Micha­el Krät­ke ein­ge­la­den, um über Karl Marx zu spre­chen. Down­load, Back­up (24,5 MB, 53 m)

Ich hab mir das zwar selber noch nicht angehört, habe aber von Krätke schon interessante Sachen gelesen (zu Marx und zur Finanzkrise), jedenfalls für jemand, der eigentlich aus dem DKP-Umkreis kommt.

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Wie Theologie, Pädagogik und Pädophilie zusammengehören

20. März 2010 10 Kommentare

Diesen Kommentar habe ich dem Blog vonmarxlernen entnommen [die haben den aber schon wieder vom Netz genommen]:

Pädophilie
Skandal: Jede Menge Kindsmißbrauch in Schule, Internat, Kirche

Jeder verurteilt diese Taten von Erziehern und Kirchenmännern. Jeder scheidet aber auch fein säuberlich zwischen den guten edlen Aufgaben von Pädagogen und religiösen Hirten und deren verdammenswürdigen Übergriffen auf die ihnen anvertrauten Kinder. Als ob es die Erziehungsgewalt, die diese Herrschaften verliehen bekommen und ausüben und dann in schlimmer Weise überschreiten, nicht sowieso ganz schön in sich hätte. Kindern etwas Nützliches beibringen – lesen, schreiben, rechnen (beim Kirchenmann fällt einem schon gleich nichts Vergleichbares ein!) – ist eine Sache. Sie, ihren Geist und ihren Willen, so zu formen und zu triezen, dass/bis sie genau die Regeln des moralischen Anstands und deren religiöse Überhöhung beachten lernen, die nur für das Leben in einer staatlich verwalteten Konkurrenzgesellschaft nützlich und unentbehrlich sind, das ist ein Übergriff auf die Kinder, der sich gewaschen hat. Der aber geht in Ordnung, ist gesellschaftlich erwünscht.
Der andere nicht.
Es lohnt sich vielleicht ein Blick auf den schönen Geist und das notorisch gute Gewissen von Kinderführern und –verführern.
Wie Theologie, Pädagogik und Pädophilie zusammengehören
Natürlich gedeiht die verpönte Kinderliebe in allen Kreisen und Berufsgruppen. Aber vor die Frage gestellt, ob es nicht doch eine gewisse `natürliche´ Nähe der Pädagogen und Priester zum Päderastentum gebe, tut man sich doch schwer, nein zu sagen.
Diese Berufe widmen sich bevorzugt dem Kinde, weil es hier besonders viel zu investieren gilt und man viel Gutes bewirken kann.
Ein Kind, das ist das Ethos dieser Berufe, verlangt geradezu danach, die spezielle Zuwendung zu erhalten, derer ein Pädagoge oder Priester fähig, zu der er ausgebildet ist. Es bedarf zu seinem Glück der mannigfachen Erziehung, des Herausgeführtwerdens aus seiner unverschuldeten Unmündigkeit. Und seine Seele lechzt danach, einer Gotteserfahrung teilhaftig und der eigenen Unzulänglichkeit inne zu werden.
Diesen im Kinde angelegten Bedürfnissen, die die Pädagogik und die Theologie wissenschaftlich ermittelt haben, kommt der einzelne Berufsausübende ganz konkret, als individuelle Inkarnation des Berufsethos nach. Er in seiner individuellen Persönlichkeit ist es, der dem Kinde das schenkt, worauf es in seinem Innersten hinaus will, wovon es aber meist gar keine rechte Ahnung hat.
Diese mit einem Hauch von Schuld befleckte Unschuld des Kindes ist reizend und reizt den einen oder anderen eben ganz besonders. Manch einer geht in seiner Liebe zu dem kleinen Wesen, das aufblüht, wenn man seine Seele bildet, sehr weit und schließt den Körper, der um die Seele ist, gleich mit ein. Um ihm auch so seinen Stempel aufzuprägen. Zur eigenen Lust und zur Untermauerung des ganz speziellen Vertrauensverhältnisses, in das man das liebe Kleine verstrickt hat.
Arschlöcher!“

Hierzu als ausführliche weiterführende Lektüre empfehle ich das Buch von Freerk Huisken:
Erziehung im Kapitalismus
Von den Grundlügen der Pädagogik und dem unbestreitbaren Nutzen der bürgerlichen Lehranstalten.

Studienausgabe der Kritik der Erziehung, Band 1 und 2
1998 • (VSA) ISBN 3-87975-722-4, 20,40 €, 480 Seiten
Das Buch fasst die beiden zunächst getrennt erschienenen Bücher „Die Wissenschaft von der Erziehung“ (1991) und „Weder für die Schule noch fürs Leben“ (1992) zusammen.

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Heftarchiv der Prokla online

8. März 2010 2 Kommentare

ofenschlot hat schon darauf hingeweisen:

Seit einiger Zeit online ist das gesamte Heftarchiv der Prokla (früher: Probleme des Klassenkampfs).
Ehe gefeixt wird, wie implizit hirnrissig es ist, von den Problemen des Klassenkampfes zu reden – als ob damit ein notwendiger Mangel der revolutionären Theorie ausgedrückt werden sollte, den es fortlaufend – akademisch betreut – zu bearbeiten gälte [ich erinnere mich noch an eine Kritik in diese Richtung von Genossen, die später in die MG gegangen sind], muss aber auch gesagt werden: Es sind dort bis etwa Mitte der 80er Jahre verdammt viele verdammt gute (vulgo: brauchbare) Texte erschienen. Hier eine kleine Handreichung:
* Wolfgang Müller /Christel Neusüss: »Die Sozialstaatsillusion und der Widerspruch von Lohnarbeit und Kapital« (1970/71. Für alle, die die einschlägige TOP-/Um’s Ganze-Broschüre bereits gelesen haben, noch lesen wollen, nie zu lesen vorhaben.)
* Hans Ulrich: »Die Einschätzung von kapitalistischer Entwicklung und Rolle des Staates durch den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsverbund« (1973. Der Name ist vermutlich ein Pseudonym. Grundlegende, historisch aufgezäumte Gewerkschaftskritik.)
* Anwar Shaikh: »Eine Einführung in die Geschichte der Krisentheorien« (1978. Der maßgebliche Aufsatz. Wann immer heutzutage, zumal in Deutschland, ein Marxist eine Einführung in die Krisenthematik bei Marx gibt und dazu auch auf die Ideologien eingeht, die Marx mal mehr, mal weniger implizit kritisiert, kann man sich sicher sein: insgeheim referiert er oder sie Shaikh.)
* Eberhard Seifert: »Die Räte-Kommunistische Tradition von ›Ökonomie der Zeit‹. Wider die Halbheiten der neuerlichen Erledigungen der Marx’schen Phrase von der ›Parallele zur Warenproduktion‹« (1983. Ein bemerkenswerter Irrläufer der marxistisch-akademischen Schwundevolution: Eine Auseinandersetzung mit negristischen Positionen aus, nomen est omen, rätekommunistischer Perspektive.)
* Paul Mattick: »Wert und Kapital« (Deutsche Erstveröffentlichung 1984, der posthume Text stammt aus der zweiten Hälfte der 70er Jahre und gibt einen Einstieg, sehr komprimiert, in Matticks vor allem krisentheoretisch fundierte Ökonomiekritik.)

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[Das Kapital diskutieren] Am Ende war das Wort oder besser noch: Die Ausreden werden immer dümmer

26. Februar 2010 2 Kommentare

[Die folgende Diskussion habe ich einer Mailingliste entnommen, die um die SDS/Die Linke-Marx-Lesebewegung entstanden war, aber ansonsten relativ ruhig geblieben ist, soweit ich das mitbekommen habe.]
Meine Studien sind fast beendet, es fehlen nur noch ein paar Millionen Seiten in Büchern und ein paar tausend Jahre Erfahrung in dem was der Mensch so Leben nennt.
a.. Warum hat Marx sich so Fundamental in seiner Aussage, dass die humanoiden Arbeitskraftlieferanten sich nur des Industriellen Gesamt bemächtigen müssten um dem Grundwiderspruch des Kapitals entkommen zu können, geirrt ?
b.. Was ist die Lösung, um den sich der Eiertanz der proletarischen Revolution dreht und die ganz bestimmt nicht die Probleme lösen kann?
c.. Warum kann die Mensch-Maschinenproduktion, auch die hochentwickelte, nicht zum Startpunkt in einer neuen Gesellschaftsform nicht nur nicht führen, sondern warum geht von dieser Form der Zwang aus, sich in der Kapitalen Gesellschaft bewegen zu müssen?
d.. Was allein kann diesem Prozess den Garaus machen: Der freie Wille bestimmt nicht. [Es kommt nicht darauf an die Lösung im Kopf zu erfinden, sonder mit Hilfe des Kopfes die Lösung im Wirklichen zu finden, und das Wirkliche ist erheblich mehr als das Leben aller Menschen und deren unmittelbare Voraussetzung (Entschuldigung aber die Genauigkeit bei Zitaten ist bei mir immer etwas schwach)]
Cornelia
__
Was meinst du? Wenn ich deine seltsame Zusammenfassung wohlwollend lese, dann fällt mir da kein Irrtum auf. Wenn ich anfange „die humanoiden Arbeitskraftlieferanten“ wörtlich zu nehmen, dann drängt sich mir die Frage auf: hast du wirklich nicht kapiert, was man an das Kapital „liefert“? Meinst du es sei „bloß“ die Arbeitskraft?
@b: Was willst du denn lösen? Willst du die Probleme des Wachstums lösen? Oder willst du das Problem der globalen Verantwortung der Frau Merkel lösen? — dabei kann dir weder Marx noch eine proletarische Revolution helfen. Kleiner Tipp: einfach wählen gehen, das ist bei der
Merkel schon in guten Händen.
@c: Ganz einfach: weil die „Mensch-Maschinenproduktion“ ein Hirngespinst ist, kann sie gar nichts, also auch nicht dem anderen Hirngespinst, „neue Gesellschaftsform“, zum Startpunkt dienen — zwischen beiden herrscht reine Willkür! –, und von der „Mensch-Maschinenproduktion“
geht auch kein Zwang aus, schon gar nicht der zu irgendeiner „Kapitalen Gesellschaft“ — also sorg‘ dich nicht zu sehr, du wirst ihr schon entkommen.
@d: Den „Garaus“ kann einem „Prozess“ immer das machen, was ihn ausmacht. Und wenn du dabei an die Welt, in der du lebst, gedacht hast:
das ist der freie Wille. Wie kommst du darauf dass der das nicht vermöchte, wenn du ihn schon recht umstandslos zum Subjekt erklärst?
Marx hat sich da übrigens mehr Mühe gemacht: ließ doch nicht wahllos tausende Seiten irgendwo. Sondern nimm mal genau, was der Marx am Anfang von Austauschprozesse schreibt, die Bestimmung von Eigentum, die da steht: Wille, der in den Sachen haußt — was heißt das? hast du das verstanden?
Und dann sind es nur noch ein paar hundert Seiten, bis der Umschlag geschafft ist: Beginnt als Recht an der eigenen Arbeit, und endet als Recht des Kapitals auf alle Arbeit. (Akkumulation, erweiterte Reproduktion, ist das Kapitel, das ich meine.)
Also sei mir nicht bös‘ wegen der ungehobelten Art meiner Antwort; ich weiß einfach nicht besser, wie ich dich davon abhalten soll, in Philosophie- und Soziologiequak abzudriften.
Stefan
____
Hallo Cornelia,
ich finde, dass Du mit Deinen Fragen ziemlich grundlegende Probleme ansprichst.
> a.. Warum hat Marx sich so Fundamental in seiner Aussage, dass
> die humanoiden Arbeitskraftlieferanten sich nur des Industriellen
> Gesamt bemächtigen müssten um dem Grundwiderspruch des Kapitals
> entkommen zu können, geirrt ?
Nach meinem Verständnis hat Marx etwas anderes gesagt (wenngleich der Begriff „Diktatur des Proletariats“ definitiv falsch ist –
siehe http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=diktaturdesproletariats):
Aufhebung der Klassengesellschaft bedeutet die Aufhebung des Widerspruchs von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung, wozu gehört, dass sich eine konkrete Gesellschaft erst ergibt in der Aufhebung der abstrakten Vermittlung der Arbeitsteilung
durch den Wert. Das impliziert die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Form, worin Arbeit nicht mehr von den Produktionsmitteln getrennt existiert, sondern in eine gesellschaftliche Beziehung von Arbeit und Bedürfnis gebracht wird.
Die menschliche Notwendigkeit eines solchen Arbeitsprozesses sah Marx mit Recht in der arbeitenden Bevölkerung.
> b.. Was ist die Lösung, um den sich der Eiertanz der
> proletarischen Revolution dreht und die ganz bestimmt nicht die
> Probleme lösen kann?
> c.. Warum kann die Mensch-Maschinenproduktion, auch die
> hochentwickelte, nicht zum Startpunkt in einer neuen
> Gesellschaftsform nicht nur nicht führen, sondern warum geht von
> dieser Form der Zwang aus, sich in der Kapitalen Gesellschaft
> bewegen zu müssen?
Marx hat von einem Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen gesprochen, der die immanenten Probleme (Krisen) des Kapitalismus ausmacht. In den kapitalistischen Krisen geschieht das Unding, dass Wert vernichtet werden muss, um mit einem
herabgesetzten Niveau der Produktion die ganze Scheiße von neuem zu beginnen. Die Auflösung dieses Widerspruchs kann nur darin bestehen, die Produktivkräfte und die Produktionsverhältnisse aus einem identischen Interesse zu entwickeln. Es genügt, wenn man diese Umwälzung Revolution nennt. Es werden nicht nur Proletarier sein, die sie bewerkstelligen müssen.
> d.. Was allein kann diesem Prozess den Garaus machen: Der freie
> Wille bestimmt nicht. [Es kommt nicht darauf an die Lösung im Kopf
> zu erfinden, sonder mit Hilfe des Kopfes die Lösung im Wirklichen
> zu finden, und das Wirkliche ist erheblich mehr als das Leben
> aller Menschen und deren unmittelbare Voraussetzung (Entschuldigung
> aber die Genauigkeit bei Zitaten ist bei mir immer etwas schwach)]
Der Wille stellt ein Verfügungsinteresse da, welches die politische Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen bestimmt. In einem aus den Bedürfnissen der Menschen entwickelten Produktionsinteresse ergibt sich ein Wille, der sich auf die notwendigen Aufwände der Arbeit bezieht und in der Befriedigung der Bedürfnisse zu sich kommt und bestätigt.
So jedenfalls versteh ich das.
Wolfram Pfreundschuh
____
Auf die Frage, warum sich der Marx in den Arbeitern nur so täuschen konnte, zu antworten, dass cornelia nicht verstanden hat welche Bestimmungen Marx über die Arbeiterklasse gemacht hat, ist wenig aufklärend. Denn man kann nicht nachvollziehen welche Frage sie stellt. Und „nicht kapiert“ verweist auf einen Fehler, der nicht ausgeführt ist und deswegen nicht nachgewiesen
sein kann.
Und selbst wenn sie Marx missversteht, dann muss das nicht falsch sein, da auch er daneben liegen kann. Stimmt es denn was ihr entgegengehalten wird, dass „Aufhebung der Klassengesellschaft … die Aufhebung des Widerspruchs von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung“ bedeutet und dass dies „die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Form, worin Arbeit nicht mehr
von den Produktionsmitteln getrennt existiert, sondern in eine gesellschaftliche Beziehung von Arbeit und Bedürfnis gebracht wird“, impliziert? Kennt jemand einen „Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen“, der ein immanentes Problem des Kapitalismus ist?
Ist es für Staat und Unternehmen ein „Unding, dass Wert vernichtet werden muss, um mit einem herabgesetzten Niveau der Produktion die ganze Scheiße von neuem zu beginnen“? Wenn es ihn gibt, warum soll man für die „Auflösung dieses Widerspruchs“ sein und „die Produktivkräfte und die Produktionsverhältnisse aus einem identischen Interesse entwickeln?
Was mich stört ist, dass ihr gegen die Behauptungen – die in cornelias Fragen stecken – Eure Behauptungen setzt. Was soll sie, Ihr und ich dabei lernen?
Also Cornelia, führ doch mal Deine Behauptungen über den Marx aus:
1. Wo hast Du diese Äußerungen von ihm her? Was meinst Du was er an diesen Stellen sagen will?
2. Und was gefällt Dir an denen nicht?
3. Wenn Ihr Anderen etwas verkehrt an diesen Überlegungen findet, dann benennt doch mal einen Fehler und setzt nicht Eure Meinung dagegen und schließt aus der Differenz auf einen Fehler bei cornelia
jens
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Ok, das ist besser. ich würde gerne als Frage Nr. 4 anhängen: Worin soll der Irrtum in der Aussage bestehen, dass die Arbeiter sich nur der Produktionsmittel bemächtigen müssten (wobei „nur“ natürlich etwas verharmlosend ist), um mit dem Kapitalismus Schluss zu machen? — ich
habe dein a. jedenfalls so verstanden, dass du meinst, in der Behauptung liege ein Fehler.
Stefan
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Also nochmal an Cornelia, ein paar konkretere Fragen:
Problem: „a.. Warum hat Marx sich so Fundamental in seiner Aussage, dass die humanoiden Arbeitskraftlieferanten sich nur des Industriellen Gesamt bemächtigen müssten um dem Grundwiderspruch des Kapitals entkommen zu können, geirrt ?“
Wie kommst du darauf, dass das nicht richtig sei? Wenn ich richtig verstehe, was du sagen willst, dann meinst du: Es stimmt nicht, dass die Arbeiter sich nur der Produktionsmittel bemächtigen müssten, um damit was Gescheites, statt Kapitalismus zu machen. Natürlich: sie müssen
schon auch wissen was sie mit den Produktionsmittel wollen, sie müssen sich darin sogar einig sein, weil sonst klappt’s sicher nicht mit dem Bemächtigen. Und sie müssen eben was anderes im Sinn haben, als Kapitalismus, Bedürfnisbefriedigung z.B. — aber das sollte die kleinste Schwierigkeit sein. Also das ist mehr eine Nachfrage als ein Einwandt, ich kenne dein Argument ja noch gar nicht, warum das nicht stimmen sollte, und lasse diesmal lieber irgendwelche Spekulationen darüber.
Problem: „b.. Was ist die Lösung, um den sich der Eiertanz der proletarischen Revolution dreht und die ganz bestimmt nicht die Probleme lösen kann?“
Wirklich: diese Lösung ist schlicht keine Lösung, sonst könnte sie die Probleme ja lösen. Aber um eine gescheite Antwort zu erhalten, musst du schon sagen, wen oder was du mit Eiertanz meinst, und welche Probleme du lösen willst.
Problem: „c.. Warum kann die Mensch-Maschinenproduktion, auch die hochentwickelte, nicht zum Startpunkt in einer neuen Gesellschaftsform nicht nur nicht führen, sondern warum geht von dieser Form der Zwang aus, sich in der Kapitalen Gesellschaft bewegen zu müssen?“
Wenn du mit „Mensch-Maschinenproduktion“ den Kapitalismus, also die Produktionsweise, in der wir uns durchschlagen müssen, meinst: Die ist kein Subjekt. Die Geschichte ist nicht die der Gesetze von Produktionsweisen. Weil 1. diese Produktionsweisen selber die Produkte
der mit Wille und Bewusstsein begabten Menschen sind. Sie hängen vollkommen davon ab, wozu die Menschen diese Talente gebrauchen. Und weil, soweit die Leute dabei gezwungen sind, sie 2. nicht von der „Form“ der Produktionsverhältnisse, sondern von ihresgleichen gezwungen werden
(die Natur mal ausgenommen, die Zeiten sind vorbei, wo die Naturkräfte die Produktionsweise bestimmten). Und ich meine hier nichts besonders tiefgründiges oder rätselhaftes. Da kann man ganz platt, ohne Philosophie, an Polizisten denken, die das Eigentum schützen. Dass weder
den Polizisten, noch den Politikern, die die Polizisten komandieren, klar ist, was alles an der Geltung des Eigentumsrechts hängt (wenn sie auch ganz offensichtlich die zentrale Rolle davon irgendwie ahnen), ist ein anderes Thema. Und wenn Arbeiter meinen, das Eigentum sei das, was
sie haben, und darauf bestehen, es weiterhin behalten zu dürfen, dann täuschen sie sich, und das ist auch ein anderes Thema. Wie man es dreht: die Produktionsweise, die „Form“ der stofflichen Reproduktion der Gesellschaft, zwingt die Menschen nicht zu sich, also der „Form“ selbst.
Sie ist ein Produkt der Gewaltverhältnisse, die die Menschen selbst unter sich betreiben — nicht andersherum; von Sachen geht kein Zwang aus. Es mag so ausschauen, z.B. beim Geld, aber das ist nur die „Form“ des Zwangs, der von den Menschen ausgeht.
Auf deine warum-Fragen nochmal so bezogen: erstes warum: die Produktionsweise kann nicht dazu führen — aber das ist nicht schade, man kann sie ja dazu gebrauchen (missbrauchen ist das), auch wenn sie selbst nicht dazu führen kann. Zweites warum: das ist einfach nicht so,
die Form zwingt dich nicht, und mich auch nicht.
Problem: „d.. Was allein kann diesem Prozess den Garaus machen: Der freie Wille bestimmt nicht. [Es kommt nicht darauf an die Lösung im Kopf zu erfinden, sonder mit Hilfe des Kopfes die Lösung im Wirklichen zu finden, und das Wirkliche ist erheblich mehr als das Leben aller Menschen und deren unmittelbare Voraussetzung“
Was das Zitat betrifft: da ist nicht mehr gemeint, als dass man wohl wissen kann was los ist und woran man leidet, dass das allein aber keine Abhilfe schafft. Und die praktischen Konsequenzen aus seinem Wissen ziehen, macht halt ungeheuer vie Arbeit. Z.B. muss man die Arbeiter über
das Eigentum aufklären, die meisten täuschen sich fürchterlich darüber, und glauben viel mehr als ihre Ketten zu verlieren zu haben. Man muss sich über das Wissen einig werden, weil man Masse braucht, Viele sein muss, um die Gewalt auszuhalten, die die Gegenseite aufbringt, usw. —
haufen Arbeit.
Und dass „der freie Wille“ das nicht könnte: wer hat dir das eingeredet?
Mit welchem Argument?
Stefan
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Am 26.02.2010 um 18:03 schrieb Stefan:
> Und dass „der freie Wille“ das nicht könnte: wer hat dir das
> eingeredet?
> Mit welchem Argument?
„Das Prinzip der Politik ist der Wille. Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken.“ Karl Marx in Kritische Randglossen zum Artikel eines Preussen (Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 402)
aus „Karl Marx – Dokumente seines Lebens 1818 -1883“, Verlag Philipp Reclam Leipzig, 1970, S. 313ff:
Gegen „Revolutionsmacherei“
Aus den preußischen Akten geht hervor, daß der Kommunistische Arbeiterbildungsverein, dem auch Marx angehörte, stärker beobachtet wurde. Hinzu kam ein unerfreuliches Ergebnis der Polizeiattacken vom Mai/Juni 1850. Durch deklassierte Elemente waren im Auftrag der
Polizei putschistische und terroristische Anschauungen unter die deutschen Emigranten getragen worden, die von den kleinbürgerlichen Kräften im Kommunistischen Arbeiterbildungsverein und auch im „Bund der Kommunisten“ nur allzuschnell aufgegriffen und weiterverbreitet
wurden. Innerhalb weniger Wochen sahen sich Marx und Engels gezwungen, in den eigenen Reihen gegen die Revolutionsmacherei aufzutreten. Im Gefolge der notwendig werdenden Auseinandersetzungen bildete sich im Bund die kleinbürgerliche Fraktion Willich-Schapper
heraus, die sich Mitte September 1850 abspaltete und einen eigenen Sonderbund schuf. Marx hatte nur allzu recht, wenn er später in den „Enthüllungen über den Kommtinistenprozeß zu Köln“ feststellte, daß Willich und Schapper die „unfreiwilligen Helfershelfer des gemeinsamen Feindes wurden. Willich hat im nordamerikanischen Bürgerkriege gezeigt, daß er mehr als ein Phantast ist, und Scbapper, lebenslang Vorkämpfer der Arbeiterbewegung, erkannte und bekannte,
bald nach Ende des Kölner Prozesses, seine augenblickliche Verirrung.
Viele Jahre später, auf seinem Sterbebett, einen Tag vor seinem Tode, sprach er mir noch mit beißender Ironie von jener Zeit der „Flüchtlingstölpelei“. Wie Marx 1848 in Paris gegen die
Revolutionsspielerei Herweghs und v. Bornstedts aufgetreten war, wahrte er auch diesmal die Prinzipien der proletarischen Partei.
Gegen „Revolutionsmacherei“
„An die Stelle der kritischen Anschauung setzt die Minderheit [der Zentralbehörde des „Bundes der Kommunisten“] eine dogmatische, an die Stelle der materialistischen eine idealistische. Statt der wirklichen Verhältnisse wird ihr der bloße Wille zum Triebrad der Revolution.
Während wir den Arbeitern sagen: Ihr habt 15, 20, 50 Jahre Bürgerkriege und Völkerkämpfe durchzuzumachen, nicht nur um die Verhältnisse zu ändern, sondern Euch selbst zu ändern und zur politischen Herrschaft zu befähigen, sagt Ihr im Gegenteil: „Wir müssen gleich zur Herrschaft kommen, oder wir können uns schlafen legen.“
Während wir speziell die deutschen Arbeiter auf die unentwickelte Gestalt des deutschen Proletariats binweisen, schmeichelt Ihr aufs plumpste dem Nationalgefühl und dem Standesvorurteil der deutschen Handwerker, was allerdings populärer ist. Wie von den Demokraten das Wort Volk zu einem heiligen Wesen gemacht wird, so von Euch das Wort
Proletariat. Wie die Demokraten schiebt Ihr der revolutionären Entwicklung die Phrase der Revolution unter.“
(aus „Karl Marx – Dokumente seines Lebens 1818 -1883“, Verlag Philipp Reclam Leipzig, 1970, S. 313ff)
Wolfram Pfreundschuh
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Ok, Wolfram, du hast da mal was gelesen. Aber was willst du damit sagen?
Stefan
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Am 26.02.2010 um 19:04 schrieb Stefan:
> Aber was willst du damit sagen?
Ich hab dich so verstanden, dass du wissen wolltest, wer den „freien Willen“ kritisiert.
> Und dass „der freie Wille“ das nicht könnte: wer hat dir das
> eingeredet?
Wolfram Pfreundschuh
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>Ok, das mit dem wer ist mir aber eigentlich nicht so wichtig, und wer
>den freien Willen kritisiert finde ich auch keine spannende Frage (das
tut so ungefähr Jeder, der an irgendwem anders was auszusetzen hat).
>Wichtiger wäre mir das Argument, wonach der Freie Wille den
>Kapitalismus nicht überwinden könnte — das habe ich dem Zitat nicht entnehmen
>können. Vielleicht bin ich zu blöd. Aber kannst du es mal klarer für
>mich formulieren?
Im kulturkritischen Lexikon hab ich den Willen als Grundlage der verselbständigten Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft beschrieben. Damit kann man in der Trennung von menschlichen Bedürfnissen immer nur auf „sein Recht“, auf sein Privatrecht kommen. Der Artikel beginnt folgendermaßen: „Das Prinzip der Politik ist der Wille. Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken.“ Karl Marx in Kritische Randglossen zum Artikel eines Preussen (Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 402) Wille (althochdeutsch: willio) steht für den Antrieb eines bewussten Verhaltens für oder gegen etwas, durch welches Vorstellungen oder Wünsche zur Erfüllung kommen. Mag sich jemand in seinen Vorstellungen zwar frei vorkommen, solange sie beliebig und damit unbezogen neben seinem Tun und Lassen und jenseits menschlicher Beziehungen und Verhältnisse sind. Ein „freier Wille“ (siehe Freiheit) ist dennoch ein Unding: Er müsste über die Wirklichkeit aller Lebensbedingungen verfügen, um für sich frei zu sein, und wäre gerade dadurch vollständig an die Wirklichkeit gebunden, weil er mit ihr immer identisch bleiben müsste. Gerade das verrät, was der Wille – für sich genommen – ist: Ein Verfügungsinteresse, welches die politische Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen bestimmt, also jenseits des Aufwands zur Erzeugung der Gegenstände besteht, welche menschliche Bedürfnisse befriedigen. Erst durch ein hieraus entwickeltes Produktionsinteresse ergibt sich ein Wille, der sich auf die notwendige Arbeit bezieht und in der Befriedigung der Bedürfnisse zu sich kommt, bestätigt ist und sich darin aufhebt. Als Begründung für Ziele weist der Wille immer darauf hin, dass diese nicht konkret wirklich existent, nicht wirklich gegenständlich, sondern nur vorgestellt sind, dass es Willenskraft erfordert, um etwas zu erreichen, das keinen direkten Bezug im Sein selbst hat. Das unterscheidet zunächst den Willen vom Bedürfnis, einem wirklich notwendigen Verlangen, nicht aber von Willkür, von einem willkürlichen Einfall, dass etwas zu sein habe, was nicht ist. Solche Willkür hat für politische Fantasten und Populisten gereicht, um ihre Proganda für einen „höheren Willen“ zu begründen: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ – aber dies nur deshalb, weil der Weg unbestimmt ist und eine Kraft nötig hat, die der Sache nach nicht gegeben ist. Die „Welt als Wille und Vorstellung“ (Schopenhauer) sollte dieser Kraft metaphysische Natur verleihen, eine quasi ontologische Seinsnotwendigekeit, eine Seinsbestimmung des Subjekts schlechthin, abstrakte Subjektivität, welche das „Schicksal“ der Welt aus dem Geschick der Menschen bestimmt. Dies war auch eine Vorlage für Hitlers Weltverständnis und zum Beispiel für seinen Propagandafilm „Triumph des Willens“, der Heldenmut einforderte und Erlösung versprach.
siehe http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=wille“>http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=wille
(Die Seite funktioniert derzeit nicht mit Internet-Explorer)
Wolfram Pfreundschuh

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Voodoo China slight return

22. Februar 2010 Kommentare ausgeschaltet

Audioarchiv kritischer Theorie & Praxis weist auf folgendes hin:
China: Wie rot ist der rote Riese?
Dr. Indoctrinator hat für die neueste Sachzwang FM-Sendung die Aufzeichnung einer von der »Jungen Welt« veranstalteten Podiumsdiskussion zum Charakter der sog. Volksrepublik China bearbeitet. …Wer mit der Hintergrundmusik der Sachzwang FM-Sendungen für gewöhnlich ein Problem hat, wird diesmal vermutlich ein großes Problem haben. Denn es gibt Auszüge aus der revolutionären Pekingoper „Shachiapang“ von 1970 zu hören.“
Download:
Hier
oder hier (mp3, mono, 48 kBit/s, 41,1 MB; 2 h)
Von der Musik mal abgesehen, das ist nun wirklich in erster Linie Geschmacksache (und gottseidank kriegt man ja die message der Oper eh nur mit, wenn man ganz ganz gut chinesisch kann), finde ich, daß hier wichtige Beiträge zusammengestellt wurden.

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Westerwelle und die Lügen vom Abstandsgebot und der Leistungsgerechtigkeit (von Pirx)

19. Februar 2010 11 Kommentare

[Dieser Artikel ist gespiegelt vom Blogger Pirx]

Westerwelle, der versucht aus seinem Beliebtheitstief herauszukommen, indem er sich zum Wortführer in der Hartz IV Debatte macht, tut dies als Anwalt der Gerechtigkeit, genauer, der Leistungsgerechtigkeit. Sein zentrales Schlagwort, mit dem er für eine Absenkung der Stütze unter das bisherige offizielle Existenzminimum argumentiert, ist das Lohnabstandsgebot: Wie soll ein deutscher Arbeitnehmer wissen, wozu er morgens aufsteht, wenn andere mit Stütze genauso gut (oder schlecht) leben?
Die Öffentlichkeit steigt in die Gerechtigkeitsdebatte ein: Westerwelle hat ein großes Problem angesprochen, sich aber möglicherweise im Ton vergriffen. Linke Kritiker werfen ihm vor, gegen die Schwachen der Gesellschaft zu hetzten, wollen oder können aber in der Sache nicht viel gegen ihn einwenden. An sachlichen Feststellungen ist von der sogenannten politischen Mitte, insbesondere deren sachverständiger Abteilung, zu hören, dass er in der Sache recht habe (was er in gewisser Weise hat, denn ein Hindernis, die Leute in Jobs zu bringen von denen man nicht leben kann und deren Bedingungen unerträglich sind, stellt ein soziales Sicherungssystem trotz aller Maßnahmen, diese unerwünschte Nebenwirkung zu bekämpfen, durchaus dar). Linkerseits pflegt man die Sorge, die Stabilität des demokratischen Kapitalismus könnte durch die dosierten Unverschämtheiten des liberalen Obermotz Schaden nehmen. Zweifel an dieser delikaten Befürchtung können allerdings durch die Schlagzeilen in den entsprechenden Medien ausgeräumt werden. Die dort unverfälscht wiedergegebene westerwellsche Diagnose wird den Lesern problemlos zugemutet und diskutiert: Macht Hartz IV faul? Bin ich dumm, wenn ich arbeiten gehe? Auch ein Stab für die Arbeitslosen darf da mal gebrochen werden. Die im Begriff des Lohnabstandsgebots so durchschlagend vergegenständlichte Mischung aus Leistungsmoral und kapitalistischer Erpressungslogik aber wird weder in der politischen, noch in der medialen Öffentlichkeit irgendwie problematisiert.
Dabei könnte man sich erinnern, dass dieselbe Debatte vor wenigen Jahren erst mit demselben Argument schon einmal geführt wurde: Arbeit lohne für viele nicht, weil die Sozialhilfe zu hoch sei, hieß es zu Zeiten der Hartz Reformen. Die Stütze wurde gesenkt – der Abstand zwischen Lohn und Stütze war aber schnell wieder geschlossen, das Problem kam wieder. Wie das?, könnte man fragen. Die Antwort ist kein Geheimnis, das Ergebnis seitens der Verantwortlichen bezweckt: Der Kapitalismus braucht Lohnabhängige, also Leute die über keine anderen Mittel zu ihrer Selbsterhaltung verfügen. Jede Alternative zu einem Lohnarbeitsverhältnis, selbst ein als solche erkennbar nicht gedachtes Sozialsystem, verschafft dem Arbeitssuchenden die Möglichkeit, Angebote auszuschlagen (macht also „faul“). Eine weitere Absenkung der Sicherungssätze schafft nicht etwa „Gerechtigkeit“, sondern erschwert Arbeitslosen die Selbsterhaltung, verschärft die Erpressung, Arbeit anzunehmen ohne nach Bedingungen zu fragen, und erleichtert Unternehmern die Lohndrückung enorm, weswegen die ja auch so scharf auf mehr Armut im Lande sind. Flugs hat man wieder das Problem, dass die Höhe der Stütze den freien Fall der Löhne bremst…
Die Hartz IV Debatte ist eine Debatte um die Frage, ob das Volk mehr verarmt oder die bestehende Verarmung besser organisiert werden muss (Was natürlich gleichzeitig geht). Westerwelle hat nach der bewährten Praxis des Tabubruchs (das ist inzwischen schwer geworden: man muss mittlerweil das Lumpenproletariat zur römischen Oberschicht erklären) diese Fragestellung so zurechtgemacht, dass sie ein enormes Potential zur Volkserziehung hat. Das Lohnabstandsgebot ist aber weder eine Gerechtigkeitsfrage, noch eine der Leistungsmoral, sondern eine Lüge und ein nie zufrieden zu stellender Anspruch auf Lohnsenkung. Arbeiter, die vor lauter Stolz auf ihr frühes Aufstehen den „auf ihre Kosten“ lebenden Arbeitslosen den Bettel an den Stab wünschen, sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen. Die öffentliche Linke aber sieht keinen Bedarf, hier Aufklärungsarbeit zu leisten, sondern leistet ihren Teil zur Volksverdummung, indem sie sich munter an der bestehenden Debatte beteiligt. Das liegt sicher nicht daran, dass Kritik an Argumenten wie dem Lohnabstandsgebot zu kompliziert wäre, um unters Volk gebracht zu werden.

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antikap bleibt sich (und wem auch immer) treu

7. Februar 2010 38 Kommentare

Jemand, der z.B. hier ab und zu, z.B. zu China mit „antikap“ gepostet hat (und weil, bzw. soweit er das mit ernsthaften Argumenten und ohne seine politische Identität mir gegenüber zu verleugnen getan hat, von mir auch zugelassen worden ist, denn es wäre ihm wie allen anderen ja ein Leichtes gewesen, hier wirklich anonym zu posten), hat bei Windows Live einen eigenen Blog. Dort kann man an seinem letzten Posting wieder mal seine mit viel Energie und Rachsucht vorgetragene Feindschaft zum GegenStandpunkt bekundet finden:

Bevor noch jemand auf die Idee kommt, zwecks Feindstudium alte Ausgaben des MG-Blattes GegenStandpunkt beim „Verlag“ zu bestellen, und dabei der Sekte die eigene Identität, Geld vom und Zugriff aufs eigene(n) Konto überlässt, weise ich lieber auf die Möglichkeit hin, sich das GegenStandpunkt-Archiv 1992-2006 herunterzuladen.
* Magnet-URI: magnet:?xt=urn:btih:da370313bd680f4fa4f25261f83ceb6fdb707b99&dn=GegenStandpunkt+Archiv+1992-2006&tr=http%3A%2F%2Ftracker.publicbt.com%2Fannounce
* Torrent
* Informationen
So muss man die Funktionäre nicht noch unnötig mästen. Die sind sowieso allesamt hochbezahlte Staatsdiener, die auch prächtig von den Dauerspenden ihrer über 10000 Schäfchen leben. Mit Duldung (oder Auftrag?) des Staates lässt es sich entspannt und noch beliebig lange vom Katheder aus „destruktiv“ gegen die linke Konkurrenz wettern. Effektiv werden potenziell revolutionäre Kräfte in der Sekte gebunden und durch langjährige Gehirnwäsche für die Aufopferung für die Sekte, d.h. für den ganz realen „Kommunismus“ der Funktionäre, deren Luxusleben auf Kosten entmündigter Anhänger, mobilisiert. Warum hat eigentlich keine Bank den Mut, denen mal die Konten zu kündigen und das Vermögen einzuziehen? Bei anderen „Linken“ klappt das doch auch.

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Ein teuflischer Spiegel: Bürgerliche Demokratie und Faschismus — verfeindet und verwandt

2. Februar 2010 5 Kommentare

Jemand, der offensichtlich auch Sachen von Die Linke.SDS liest, hat mich auf einen Artikel von Marco Heinig aufmerksam gemacht. Marco ist Mitglied des BundessprecherInnenrats bei Linksjugend ‚[solid], und in letzter Zeit vor allem durch seinen Feldzug gegen die SAV aufgefallen, die er wie Klaus Ernst (Ex-WASG und jetzt Parteispitzenkandidat der Partei Die Linke) und manche andere nicht im Jugendverband der Partei haben möchte (siehe z.B. hier).
Aber er hat offensichtlich auch schon mal Sachen von GegenStandpunkt gelesen oder gehört, denn in einer frisch erschienenen Broschüre „Block Fascism“ von Die Linke.SDS und Linksjugend ‚[solid] gibt es ab Seite 39 einen für diese Gruppen recht erstaunlichen Artikel unter dem Titel „Ein teuflischer Spiegel: Bürgerliche Demokratie und Faschismus — verfeindet und verwandt“ .

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Toussaint and the Haitian Revolution

27. Januar 2010 Kommentare ausgeschaltet

Angeregt durch Nestors kurzem Abriß über die Geschichte Haitis „Eine Geschichte von Sklaverei und Schuldknechtschaft“ und den ausführlichen dortigen Verweis von Kohleofen auf die revolutionäre Geschichte dieses Landes (mit einem schönen knappen Che-Geschichtlein inbegriffen) habe ich mich an ein mehr als 20 Jahre altes Spartacist Pamphlet erinnert, die Ausgabe No. 6 der Reihe „Black History and the Class Struggle“, in der die Titelgeschichte war „Toussaint L’Ouverture and the Haitian Revolution“. Ich habe sie jetzt schnell eingescannt und als PDF im Download-Bereich zur Verfügung gestellt.

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