Sozialdarwinismus pur oder doch lieber light?

21. Oktober 2010 Kommentare ausgeschaltet

Auch ein stalinistischer zynischer Wüterich wie „Stanislaw Hirschfeld“ findet manchmal ein Korn der Wahrheit, vor allem, wenn es so offensichtlich ist, wie in diesem Fall. Vor allem aber, weil er, im Gegensatz zu mir, offensichtlich noch die Zeitung der DKP „Unsere Zeit“ liest. Da ist er auf den Artikel „Erschreckende Ergebnisse“ über eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung gestoßen, die offensichtlich SPDler wie DKPler überrascht und tief bewegt hat:

„Fazit: Von einer Links-Entwicklung im Land sind wir weit entfernt. Sabine Schiffer vom Institut für Medienverantwortung sieht „wichtige Signale für ein Driften nach rechts“. Der Studie ist nicht nur eine starke Verbreitung zu wünschen. Mit den Ergebnissen muss sich auch die DKP befassen, um entsprechende Schlussfolgerungen für die politische Arbeit in den verschiedenen Politik-Bereichen zu ziehen.“

Wie Stalinisten schon sehr früh auf sowas reagiert haben, kann man der berühmt/berüchtigten „Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes – Proklamation des ZK der KPD, 24. August 1930“ entnehmen, die man z.B. hier online nachlesen kann
Hirschfeld hat jedenfalls mit folgendem öffentlichen Brief/Leserbrief geantwortet:

Sehr geehrte UZ,
kaum hat man’s dank einer Umfrage mal wieder schriftlich, was in den Köpfen der Deutschen so vorgeht, denkst Du Dir sowas:
„Von einer Links-Entwicklung im Land sind wir weit entfernt.“
Huch, welch‘ Überraschung! Fällt Dir in der Wüste auch spontan ein, daß „wir“ „uns“ gerade nicht direkt in der Nähe fruchtbaren Ackerlandes befinden? Und was treibt Dich eigentlich dazu, der Studie eine weite Verbreitung zu wünschen? Willst Du etwa den Millionen Nazis die Sorge um etwaige Isolation nehmen? Keine Angst, die wissen nur zu gut um ihre Hegemonie, das haben Kanaillen wie Seehofer, Sarrazin oder Westerwelle denen doch schon ohne Ende verdeutlicht, indem sie bekanntgaben, wen man in seiner Freizeit mit einem Pogrom überraschen darf: Antideutsche Kanacken und asoziale Arbeitsverweigerer immer gerne, Juden erstmal besser nicht, denn die gehören aus Gründen der Imagepflege zum Abendland, jedenfalls solange, bis die Sache mit den ehemaligen Alliierten und diesem einen Staat im Nahen Osten zur Zufriedenheit der Volksgemeinschaft geklärt ist.
Sei mal realistisch,
Dein Genosse Hirschfeld
PS: Hast Du Dich wirklich erschreckt, als Du die Zahlen gelesen hast? Wovor denn? Das hier ansässige Volk könntest Du besser kennen.

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Karl Held zu Rosa Luxemburg: Einführung in die Nationalökonomie

20. Oktober 2010 7 Kommentare

Es hatte mal jemand Karl Helds Einleitung zu Rosa Luxemburg: Einführung in die Nationalökonomie (Hamburg 1972) gepostet. Dieser OCR-Scan war aber etwas wüst geraten, ich habe die Zeilenumbrüche deshalb nochmal überarbeitet. Das hätte ich schon lange tun sollen, aus gegebenem Anlaß passierte es eben erst jetzt (Der Text ist immer noch nicht ganz astrein, mir fehlt aber das Buch, um die letzten Fehler noch ausbügeln zu können).
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
Die Bewegungsgesetze der kapitalistischen Produktionsweise setzen sich hinter dem Rücken der Produzenten durch: An die Stelle bewußter Gestaltung des gesellschaftlichen Produktionsprozesses treten die verselbständigten Bewegungen der Waren und des Kapitals, das Wertgesetz. Die Bildung des gesellschaftlichen Bewußtseins der Menschen vollzieht sich an den Erscheinungsformen, die ihnen in ihrer alltäglichen Praxis gegenübertreten: Sie handeln unter den Zwangsgesetzen der Konkurrenz und erliegen – zunächst – deren Schein.
Die historische Entwicklung des Kapitalismus erzeugt auf Grund der Formbestimmungen der kapitalistischen Produktion jene Teilung der körperlichen von der geistigen Arbeit, die dazu führt, daß die «geistigen Potenzen des materiellen Produktionsprozesses» den Arbeitern «als fremdes Eigentum und sie beherrschende Macht» gegenübertreten. Diese Trennung der geistigen von der materiellen Produktion wirkt sich auch auf die sozialistische Bewegung aus: Das Kapital erzeugt im materiellen Produktionsprozeß das Proletariat als seine eigene Negation, bildet es zur Klasse heran, die in der Lage ist, das Kapitalverhältnis aufzuheben. Im Bereich der geistigen Produktion erzeugt es seine theoretische Negation: Die widersprüchliche Entwicklung der bürgerlichen Philosophie und Wissenschaft konnte durch die Arbeit der Klassiker in die theoretische Analyse der kapitalistischen Gesellschaft umschlagen und den wissenschaftlichen Sozialismus hervorbringen. Die Existenz der revolutionären Klasse ermöglichte die Ausarbeitung der revolutionären Theorie. Das Verhältnis von Arbeiterbewegung und wissenschaftlichem Sozialismus bildet seitdem einen zentralen Gegenstand der Auseinandersetzung in allen Organisationen, die sich die Zerschlagung des Kapitalismus zur Aufgabe gemacht haben.
Es gibt kaum eine Diskussion innerhalb von revolutionären Bewegungen, in der nicht die eine Seite der anderen den Vorwurf der falschen Behandlung des Verhältnisses von Theorie und Praxis gemacht hätte. Zitate finden sich in hinreichendem Maße für den der Theorie wie der Praxis; sie wurden ausgekramt und der Gegenseite an den Kopf geschleudert. Meist münden sie in Aussagen über die Potenz des Proletariats ein: Das LENINsche Diktum vom Proletariat, das aus seiner eigenen Erfahrung der Widersprüche des kapitalistischen Produktionsprozesses nur ein tradeunionistisches Bewußtsein entwickeln könne, wird je nach Bedarf aufgegriffen oder fallengelassen. Will man die Relevanz der sozialistischen Intellektuellen und ihre Tätigkeit für den Kampf der Arbeiterklasse hervorheben, hält man fest an der These, daß das sozialistische Bewußtsein von außen in das Proletariat getragen werden müsse. Glaubt man einen „Seminarmarxisten“ zu entdecken, wirft man ihm vor, die „revolutionäre Praxis“ bedürfe seiner intensiven Beschäftigung mit MARX nicht, der Praxis nämlich gebühre die Priorität.
Nun beruht das Handeln der Menschen im Kapitalismus, wie eingangs angedeutet, gerade auf der Bewußtlosigkeit bezüglich der gesellschaftlichen Prozesse, die ihm zugrunde liegen. Revolutionäre Praxis als Praxis, die die Aufhebung des Kapitalismus zum Ziel hat, muß aber dessen Bewegungsgesetze zum Ausgangspunkt nehmen, darf nicht bloß Reaktion auf die unmittelbare Erfahrung sein. Die Überlegung, was denn nun der Grund für die erfahrenen Widersprüche sei, muß also, will man revolutionär handeln, der Aktion vorausgehen: Revolutionäre Theorie ist konstitutiv für revolutionäre Praxis. Die Analyse des Bestehenden liefert die Strategie für den Kampf. Hierin liegt die Berechtigung für LENINS vielzitierten Satz: «Ohne revolutionäre Theorie kann es keine revolutionäre Praxis geben.» Mehr…

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Karl Held ist gestorben

19. Oktober 2010 25 Kommentare

Was ich schon seit Tagen befürchtet habe (denn unter den Referern des Blogs gab es zuletzt mehrere Suchen dazu) ist nun doch wahr geworden:
Karl Held, einer der schon wegen des berühmten Konkret-Kongresses in 1993 wohl bekanntesten zentralen Wortführer schon der früheren Marxistischen Gruppe, dann des GegenStandpunkts, ist gestorben. Ich vermute nach langem schweren Leiden, jedenfalls habe ich in die Richtung schon vor einiger Zeit Vermutungen gehört.
wikipedia gibt den 11. Oktober 2010 als seinen Todestag an.
Update: Der Tod von Karl Held wurde mittlerweile durch Theo Wentzke bestätigt. Er hat als korrekten Todestag aber den 9. Oktober 2010 angegeben.

Möge die Erde ihm leicht werden.
(Diesen Grabspruch habe ich erst vor Kurzem auf einem alten römischen Grabstein in Köln gesehen)

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Marx-Herbstschule – III. Band des Kapital 29.-31.10. 2010 Berlin

18. Oktober 2010 Kommentare ausgeschaltet

Ich habe es über TOP-Berlin mitgekriegt:

Marx-Herbstschule – III. Band des Kapital
29.-31.10. 2010 Berlin

Die Herbstschule geht dieses Jahr in die dritte Runde. Und es gibt den dritten Band des Kapitals. Die Schule richtet sich vor allem an Interessierte, die bereits einen Einstieg in Marx’ Kapital hinter sich haben. Da wir aber die AGs nach unterschiedlichen Vorkenntnissen einrichten, ist sie auch für Teilnehmer/innen mit wenig oder keinen Vorkenntnissen offen. Zudem wird es diesmal parallel eine eigenständige AG “Einführung in den ersten Band“ geben.
Der sog. Finanzkapitalismus mag geschichtlich gesehen eine besondere Phase des Kapitalismus unserer Zeit sein. Gleichwohl ist er im Begriff des Kapitals enthalten, d.h. in der Funktions- und Wirkungsweise seiner Kategorien, insbesondere im Banken- und Kreditsystem, im Zins, im Aktienkapital und fiktivem Kapital. Und ausgerechnet Karl Marx, zu dessen Zeit der Kapitalismus angeblich ein (ganz) anderer gewesen sein soll, hat diese Dynamik bereits behandelt – im dritten Band des Kapitals. Nachdem er im ersten Band die grundlegenden Kategorien der kapitalistischen Produktionsweise entwickelt und diese Produktionsweise im zweiten Band in ihre Zirkulationskreisläufe auseinandergelegt hat, betrachtet er im dritten Band den Gesamtprozess des Kapitals.
Das Rahmenprogramm der Herbstschule ist in diesem Jahr ebenfalls ganz auf den dritten Band und seine Aktualität ausgerichtet. Am Freitag gibt es eine Einführung von Ingo Stützle, am Samstagabend eine Podiumsveranstaltung im Festsaal Kreuzberg zur aktuellen Situation 2 Jahre nach Ausbruch der Krise, und am Sonntagvormittag wird dann Fritz Fiehler die internationale Diskussion zur Finanzkrise vorstellen.
Die Veranstaltung findet – wie in den letzten beiden Jahren – in den Räumen der Rosa-Luxemburg-Stiftung statt (Franz-Mehring Platz 1, 10243 Berlin, 1. OG). Für die dreitägige Schule, inklusive Abendveranstaltung und Catering erheben wir einen Unkostenbeitrag von 10 Euro, den wir am Freitag Abend vor Beginn der Marx-Herbstschule gerne einsammeln würden.
Wenn Ihr Euch anmeldet wollt, dann schreibt eine Email an herbstschule@top-berlin.net. Die zu lesenden Textstellen, das komplette Herbstschulenprogramm und weitere Infos findet Ihr unter http://www.marxherbstschule.net.
Wir freuen uns auf die Schule!
die Organisatorinnen der Marx-Herbstschule
*Helle Panke Berlin *
*Rosa-Luxemburg-Stiftung *
*Top B3rlin und Ums-Ganze!*
*Marx-Gesellschaft e.V. *
*Berliner Verein zur Förderung der MEGA-Edition*

Neben Sabine Nuss (von der RLS) könnte man am Samstag bei denen auch wieder mal Robert Kurz hören, er wird bei der Podiumsdiskussion teilnehmen. Aber auch andere, die im Dezember beim UG-Kongreß dabei sein werden, sind bei dieser Marxschule auch schon dabei.

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David Harvey’s Kapitaleinführung demnächst auf deutsch

18. Oktober 2010 Kommentare ausgeschaltet

Per Zufall (über die Referenten des anstehenden UG-Kongresses) bin ich darauf gestoßen, daß jetzt im November bei VSA die deutsche Übersetzung von David Harvey’s Einführung ins Kapital erscheinen wird:
Marx »Kapital« lesen: Ein Begleiter für Fortgeschrittene und Einsteiger [Broschiert]
David Harvey (Autor), Christian Frings (Übersetzer)
Preis: EUR 24,80
Update: Ich habe mir leider sagen lassen müssen, daß das Buch doch noch nicht fertig ist und es im Augenblick so aussieht, als ob das vor Mai 2011 wohl nicht wird erscheinen können. Schade eigentlich.
aus dem Ankündigungstext von VSA:

Die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit der Großen Depression und der Versuch, die Ursprünge dieses aktuellen Dilemmas zu verstehen, hat das Interesse an Karl Marx‘ Werk – quer durch die politischen Lager – beträchtlich ansteigen lassen.
David Harvey, marxistischer Humangeograph und Sozialwissenschaftler, forscht und unterrichtet seit fast 40 Jahren zum »Kapital«. Hervorgegangen aus seinen Vorlesungen zur Kapitallektüre, denen große internationale Aufmerksamkeit zuteil wurde, zielt dieser Band darauf, die Substanz dieser Lektionen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Das »Kapital«, Band 1, vollständig zu erschließen und es in Marx‘ eigenen Begriffl ichkeiten verständlich zu machen – das ist das Ziel von David Harvey. Seine Darstellung richtet sich zum einen an Neu-LeserInnen von Marx, die einem faszinierenden und zutiefst lohnenden Text begegnen. Denjenigen wiederum, die bereits mehr oder weniger intensiv in Marx‘ Werk eingestiegen sind, bietet sein Wegweiser originelle und kritische Interpretationen eines Buches, das den Lauf der Geschichte geändert hat und sich, wie Harvey zu verstehen gibt, erneut anschickt, dies zu tun.

Ich hatte hier schon auf seine Vorlesungsmitschnitte zum Thema hingewiesen.

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Aus der Serie „Traurig aber wahr“: Sabine Nuss zum Eigentum

14. Oktober 2010 21 Kommentare

Auf dem Blog von Straßen aus Zucker wird auf ein kleines YouTube-Videoschnipsel von leftvision hingewiesen:
Sabine Nuss zum Begriff des Eigentums [Diskurskombinat]
Natürlich kommt zum Schluß (also schon nach 4:17 Minuten, es ist wie gesagt nur ein Schnipsel) die obligatorische Frage nach der „Alternative zum Eigentum“. Sabine Nuß antwortet darauf:

„Ha, das ist eine große Frage. … Alles für alle oder Commons, Gemeineigentum, das klingt immer ganz schön. Aber ich fände es nach wie vor besser zu überlegen, …vor ein paar monaten ein paar Jahren hat da in der Region eine Fabrik zugemacht, die ist jetzt dicht, die Leute sind entlassen, da stehen aber immer noch die Maschinen, man könnte morgen aufmachen und was produzieren, laßt uns doch dahin gehen und die Fabrik aneignen und gucken, das wir da was herstellen zu den Bedingungen, wie wir uns das wünschen.

Das hat mich mich an einen Tiefpunkt meiner früheren trotzkistischen Propagandabemühungen erinnert, was ich schon mal irgendwo beschrieben habe:
Die Frage, was man in einer solchen typisch üblen Situation überhaupt anbieten kann, ist ja eine ganz alte und wichtige. Die klassische reformistische Antwort ist immer die Verstaatlichung gewesen. Auf deren Kritik will ich hier nicht eingehen. Aber was dann? Wenn man nicht sagen will, da geht eben nichts unterhalb eines Arbeiterstaates, der die Internationale des Kapitals wenigstens für einige Zeit vom Hals halten könnte, kommt man manchmal richtig auf Blödsinn: Die amerikanische Sektion der internationalen Spartacist Tendency hat während der Chryslerkrise vor 25 Jahren wie folgt argumentiert:

„Wenn Chrysler bankrott geht, dann sollten die Arbeiter die Fabriken besetzen und verteidigen. Nicht Piraterei sondern Meuterei.“
„Eine Arbeiterauktion?
Wenn Chrysler pleite ist, entweder weil sie schlecht investiert haben oder weil sie von ausländischer Konkurrenz geschlagen wurden, dann soll der Laden eben untergehen statt diesen riesigen Verlustmacher weiter zu subventionieren. Warum sollten die Steuerzahler die Zeche bezahlen? All das Gerede der Sozialdemokraten reden von einer Verstaatlichung von Firmen, die Verluste einfahren ist nur die Verschleierung der Forderung nach staatlichen Subventionen.
Der einzige Weg, bei dem Arbeiter auch nur eine Hoffnung auf eine Lösung der Situation einer untergegangenen Firma haben, ist die Betriebsbesetzung. Nicht Piraterei sondern Meuterei. Entweder Chrysler ist pleite oder es ist es nicht. Wenn Chrysler pleite ist sollten die Arbeiter demokratisch einen ausschuss wählen, der Chrysler liquidiert. Aber keinen Cent an die Wall Street Aktionäre von Chrysler! Sollen doch die Aktien, anleihen und Bankschulden den Bach runter gehen! Alles Geld, was bei den Versteigerungen der Vermögensgegenstände reibkommt, sollte an die Chryslerarbeiter gehen, einschliesslich der Immigranten. Wenn man den gegenwärtigen Marktwert nimmt, dann sind das rund $ 55.000 pro Beschäftigtem.
Nemmt es, es gehört euch!
Die reformistische Praxis der Nationalisierungen und zwar nur der am uneffektivsten kapitalistischen Unternehmen ist in gewisser Weise das exakte Gegenteil einer sozialistischen Enteignung. Sozialistische Wirtschaftsplanung basiert gerade auf der Enteignung der fortschrittlichsten Produktionsmittel.
Arbeitslosigkeit, infaltion und die Verwüstungen der Krise werden die Arbeiter plagen solange der Kapitalismus bestehen bleibt. Unsere Antwort heisst deshalb: eine Arbeiterregierung, die die grossen Ölkonzerne, General Motors, Ford und die den Rest der produktiven Resourcen an sich reisst und sie im Interesse der Arbeitenden organisiert, damit endlich alle einen Arbeitsplatz und einen anständigen Lebensstandard kriegen können“.

Das klingt doch ziemlich wüst, jedenfalls völlig irre in seiner pseudokonkreten Schimäre eines Arbeiterparadieses auf dem Betriebsgelände eines Schrottladens. Wurde übrigens auch nichts draus, weder aus der Chryslerbesetzung und Verscherbelei noch aus der iST. Daß eine Redakteurin der „Prokla“ (deren Chefredakteur Michael Heinrich ist), die schon lange nicht mehr „Probleme des Klassenkampfes“ mehr heißen mag (so habe ich sie vor vielen Jahren gekannt) so punktgenau auf die gleichen „Lösungen“ kommen wie Trotzkisten, die sich viel auf ihre revolutionäre Stringenz einbilden, das hat mich dann doch verwundert.
Hier ein Beitrag mit längeren Zitaten aus den damaligen Artikeln im Workers Vanguard

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Zum „interessierten Denken“ (aus dem Quadfasel-Thread bei contradictio)

12. Oktober 2010 5 Kommentare

Weil mit dem Begriff des „interessierten Denkens“ allgemein recht viel Schindluder getrieben wird, hier ein wie ich meine interessanter Wortwechsel von contradictio aus dem Thread über Lars Quadfasels MG-Kritik

Jona am 6. Oktober, 10:03 Uhr

Apple behauptet:
“Diese Frage beantwortet man, so meine ich, indem man sich die Theorien der PÖ anschaut, ihre Fehler – so sie denn welche hat – aufzeigt und dann am Lauf ihrer Argumentation, theorieimmanent nachweist, dass da interessiert gedacht wurde. Smith fragt sich z.B. gar nicht, was der Wert ist, sondern wie der Wert – und damit meint er den produzierten Gewinn – auf die drei Klassen Kapitalbesitzer, Arbeiter und Grundeigentümer zu verteilen ist. ”
In der Tat ist es so, dass man erklären muss, warum die einen dem Fetisch aufsitzen, der Marx aber dahinterkommt. Dass Apple das gleich mit dem cui-bono-Argument macht, zeigt nur, dass GSP-Denke nichts als bürgerliche Ideologie ist. Man lese Holbach und man hat die ganze GSP-Priestertrugtheorie. Ihr kennt’s ja ohnehin nur “Interessen”, alles andere ist Euch Schmu. Warum fragt Smith nicht (ich dachte, man könne nicht erklären, warum einer was nicht denkt?)? Weil er interessiert ist! Das ist Apples Antwort. Aber warum ist er nicht interessiert? Weil er böse ist. Das wäre die neuerliche Antwort. Weil sein Interesse innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft geprägt wird und nicht rational durchblickt, was diese Gesellschaft ist, also dem Fetisch erliegt (innerhalb der fetischisierten Formen überhaupt erst gebildet wird) ist meine Antwort (und die von Marx)
Marx wirft der PÖ glücklicherweise nicht bloß “interessierte” Denke vor – das macht er vornehmlich mit der Vulgärökonomie. Er wirft Smith u.a. tatsächlich methodische Fehler vor (Smith hat sich im Material verloren, hat die Abstraktionen in der Analyse nicht weit genug getrieben, hat verschiedene Abstraktionsstufen der Erklärung vermischt) und zeigt, dass sie diese Fehler machen, weil sie den nur schwer zu entziffernden Erscheinungsformen der bürgerlichen Gesellschaft aufsitzen (das ist doch der Sinn der drei Bände, dass Marx auf jeder Ebene immer auch zeigt, wie hier der Reichtum in Gestalten erscheint, die sein wahres Wesen verdecken). Dass der Empirismus, entgegen Apples Behauptungen (“Smith hat natürlich nicht einfach nur “die Oberfläche” wiedergegeben, sondern versucht Erklärungen dafür zu bieten, warum die Dinge auf der Oberfläche so sind, wie sie sind.”), auf allen Ebenen der Smithschen Theorie wirksam wird, liegt einfach daran, dass Smith a) gar nicht beansprucht, “Erklärungen dafür zu bieten, warum die Dinge auf der Oberfläche so sind, wie sie sind” (Apple), weil er gar keine Unterscheidung von Wesen und Erscheinungsform hat (denn er hat ein empiristisches Selbstverständnis) und b) die – von außen als nichemprisch behaupteten – Aussagen von Smith anthropologisch sind (und so wieder Effekt des Fetischs, dass die Reichtumsformen als natürlich erscheinen). Althusser hat das irgendwo einen paradoxen “Empirismus des Wesens” gennant. Am besten zeigt sich das bei Smiths Wertbegriff und Arbeitswerttheorie, die rein empiristisch ist (Tausch resultiert aus Neigung zum Tausch; bewusste Arbeitsleidmengenrechnungen haben den Austausch in der Vergangeheit geregelt usw.) und gar keine Wesensebene kennt.
Also ist der GSP-Hinweis: “Die machen einen Fehler” richtig, aber der Fehler ist nicht nur durch schlechtes Nachdenken, sondern auch durch die Erscheinungsformen des Reichtums bedingt (nicht determiniert). Im Übrigen finden sich solche Fehler auch noch bei Marx und noch mehr bei Engels. Waren also offenbar bürgerlich-interessiert die Herren, oder was? Oder haben einen Fehler gemacht, weil sie zu blöd waren, oder was? Nein, weil es schwierig ist, sich dem Fetischismus zu entwinden. Warum das so ein nur voluntaristisch zu lösendes (“interessiertes Denken”) Rätsel sein soll, dass man nicht hinter die Frage der Wertentstehung kommt, das kann man nur behaupten, wenn man meint, die Menschen seien mit Marx’ ‘Kapital’ im Kopf geboren.
Hammacher on Oktober 6th, 2010 at 10:36:
Also Leute! Die einen sagen, die Fehler resultieren aus dem, Interesse, die anderen, sie resultieren aus dem Fetisch. Der GSP tut so, als gäbe es ein wie auch immer zu erklärendes blankes Interesse und dann kommen da Denkverbote an bestimmte Hirnregionen raus. Klar klar! So wird’s sein. Nur, dass dann noch mehr Determinismus waltet, als im Fetischismusansatz. Die Alternative wäre es, eine bewusste Boshaftigkeit anzunehmen (und damit wieder bei der Sündenfallgeschichte zu landen). Irgendwie unbefriedigend. Dann doch lieber das Argument: „Es liegt ja auf der Hand so zu denken, weils erstmal so aussieht“ und auch wenn man sich begrifflich abmüht, schießt einem die „Evidenz“, wie sich der Elbe vornehm ausdrückt, dazwischen.
Andererseits: Wenn man so mit VWLern zu tun hat, dann ist da auch massives Interesse, einfach karriereschädliches Denken anzuwehren, erst gar nicht in solche „Spinnerkreise“ wie GSP oder so zu geraten und außerdem führt das doch alles in de Gulag. Aber dass Smith kein wissenschaftliches Interesse hatte, das ist eine schöne psychologische Einsicht, die man erstmal gewinnen muss. Wo kann man das lernen, beim GSP? Und dass was böse interessiert ist, weils Falsch ist, ist eine ex-post-Konstruktion, wie sie in der VWL gang und gäbe ist, nur mit dem Nutzensteigerungsargument.
Apple on Oktober 11th, 2010 at 16:28:
@ Jona:
“In der Tat ist es so, dass man erklären muss, warum die einen dem Fetisch aufsitzen, der Marx aber dahinterkommt. Dass Apple das gleich mit dem cui-bono-Argument macht, zeigt nur, dass GSP-Denke nichts als bürgerliche Ideologie ist”
Wo steht bei mir das cui-bono-Argument? Bitte belege. Wo habe ich geschrieben, dass Smith so argumentiert, weil es jemandem nützt? Und wem soll das nützen? Irgendwelchen Kapitalisten? Oder Smith selbst? Inwiefern? Dergleichen habe ich nie behauptet. Weil du interessiertes Denken nicht von einer Lüge um eines (materiellen?) Vorteils Willen unterscheiden kannst – hättest ja mal nachfragen können, wenn es dir nicht klar war – soll ich ein cui-bono-Agument verwendet haben. Pfft.
“Warum fragt Smith nicht (ich dachte, man könne nicht erklären, warum einer was nicht denkt?)?”
Und wo habe ich diese Frage gestellt? Wiederum: belege das bitte mal. Sich zu fragen, was Menschen daran hindert das Richtige zu denken, ist die Suche nach einer Revolutionsverhinderungstheorie, die Leuten unterstellt, dass sie eigentlicheigentlicheigentlich den Verhältnissen kritisch gegenüber stehen sollten und dann wird danach gesucht, was diese eigentliche kritische Haltung behindert. Damit habe ich nichts zu schaffen und das habe ich auch schon kritisiert.
“Weil er interessiert ist! Das ist Apples Antwort. Aber warum ist er nicht interessiert? Weil er böse ist. Das wäre die neuerliche Antwort.”
Und das steht wo? Beleg? – Aber nein, warte. Das ist ja gar nicht meine wirkliche Antwort. Das ist nur die Antwort, die du dir ausgedacht hast und die “neuerlich wäre”, damit du mich als Idioten darstellen kannst. Das ist wirklich unterstes Niveau. Anstatt nachzufragen, wenn du dir unsicher bist, was ich meine, unterstellst du mir einfach irgendeinen Scheiß, der dir in den Kram passt, um meine Theorie schlecht zu machen. Blödmann!
“Weil sein Interesse innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft geprägt wird und nicht rational durchblickt, was diese Gesellschaft ist, also dem Fetisch erliegt (innerhalb der fetischisierten Formen überhaupt erst gebildet wird) ist meine Antwort (und die von Marx)”
1) Dass das Interesse innerhalb der bürgerlichenn Gesellschaft geprägt wird und nicht einfach nur “böse” ist, habe ich im Gegensatz zu deiner Unterstellung nie bestritten. Das ist aber überhaupt gar kein Einwand gegen meine Bestimmungen des ideologischen Denkens bei Smith, weil es zwei verschiedene Gegenstände sind, die da angesprochen werden. Der eine ist, wie in der bürgerlichen Gesellschaft Interessen gebildet und formuliert werden, EIN ANDERER ist aber, wie durch die bornierten praktischen Interessen der bürgerlichen Subjekte auch ihre Theoriebildung affiziert ist. Um den zweiten Gegenstand ging es aber in der Diskussion. Dass du alles zusammenschmeißt und gar keine Unterschiedungen und Vermittlungsschritte kennen willst – Hauptsache es kommt ein “Fetisch! Fetisch! Die Verhältnisse beeinflussen das Bewusstsein!” raus – ist nicht auf meinem Mist gewachsen, also schieb es mir nicht in die Schuhe.
2) Die Antwort darauf, dass Smith die Verhältnisse nicht rational, sondern falsch “durchblickt”, sit also die, dass er “nicht rational durchblickt, was diese Gesellschaft ist, also dem Fetisch erliegt”. Echt schlau. Jemand denkt nicht rational, weil er nicht rational denkt. Sowas hätte ich Marx nicht zugetraut.
“Marx wirft der PÖ glücklicherweise nicht bloß “interessierte” Denke vor – das macht er vornehmlich mit der Vulgärökonomie.”
Na, wenn Marx das nicht macht, schweige ich nun auch betreten. Wieso sollen sich der Nachweis von methodischen und inhaltlichen Fehlern und der des interessierten Denkens ausschließen? Erklär das mal.
“Dass der Empirismus, entgegen Apples Behauptungen (“Smith hat natürlich nicht einfach nur “die Oberfläche” wiedergegeben, sondern versucht Erklärungen dafür zu bieten, warum die Dinge auf der Oberfläche so sind, wie sie sind.”), auf allen Ebenen der Smithschen Theorie wirksam wird, liegt einfach daran, dass Smith a) gar nicht beansprucht, “Erklärungen dafür zu bieten, warum die Dinge auf der Oberfläche so sind, wie sie sind” (Apple), weil er gar keine Unterscheidung von Wesen und Erscheinungsform hat (denn er hat ein empiristisches Selbstverständnis) und b) die – von außen als nichemprisch behaupteten – Aussagen von Smith anthropologisch sind (und so wieder Effekt des Fetischs, dass die Reichtumsformen als natürlich erscheinen).”
Es stimmt nicht, was du Smith unterstellst. Ein großer Teil vom Anfang des “Wealth of Nations” dreht sich z.B. darum, dass Smith zeigen will, was den ständig wechselnden Preisen der Waren zugrunde liegt. Die auf der “Oberfläche” scheinbar chaotisch steigenden und fallenden Preise der Waren changieren, so Smith, um ihren “natürlichen Preis”, also ihren Wert und wie dieser Wert zustande kommt und wie seine Größe bestimmt ist – darum geht es im weiteren Verlauf des Buches. Smith hat also sehr wohl den Anspruch, “Erklärungen dafür zu bieten, warum die Dinge auf der Oberfläche so sind, wie sie sind” und deine Unterstellungen werden ihm nicht gerecht und sind deshalb gar keine richtige Kritik an ihm. Er hat sich für eine lange Zeit hingesetzt, um ein Buch zu schreiben, dass anderen Leuten was über die Ökonomie erklärt, also war sich sehr wohl dessen bewusst, dass dem Normalsterblichen die Dinge anders scheinen, als ihm, dem Wissenschaftler. Das ist eigentlich offensichtlich, wenn man das Buch liest, und das habe ich auch schon in meinem letzten Beitrag gepostet. Du gehst aber gar nicht auf mein Argument ein und wiederholst stattdessen lieber die hohlen Sprüche, die cuccurucucu und du von Heinrich gelernt haben.
Grade der Verweis auf den anthropologischen Gehalt der Smith’schen Ideologie ist eine Kritik an deiner Interpretation der Fetischkritik. Zu sagen, dass hier alle Leute unentwegt miteinander tauschen, ist gewiss der unittelbaren Anschauung des kapitalistischen Alltags entnommen – das ist die “Evidenz”, die einem sofort ins Auge springt. Diese Aussage ist aber auch keine ideologische. Sie stimmt voll und ganz. Zu sagen, die Menschen würden miteinander tauschen, weil es ihrem natürlichen Tauschtrieb entspricht, der allen hochentwickelten und vernunftbegabten Lebenwesen gemeinsam ist (so sagt es Smith), ist Ideologie, ist falsch – ist aber wiederum ganz bestimmt nicht der unmittelbaren Anschauung entnommen. In der unmittelbaren Anschauung erscheinen weder die Umgangsformen der kapitalistischen Gesellschaft noch die Reichtumsformen “als natürlich”. An der Weinflasche hängt ein Preiszettel, man legt Geld hin, wenn man sie mitnehmen will – eine einfache Sache, wo erscheint da bitteschön die Natur des Menschen o.ä.? “Natürlichkeit” ist eine gedankliche Leistung, die ein Phänomen als den Menschen für immer und ewig angehörigen behauptet. Wie sollte so etwas auf der “Oberfläche” erscheinen? Das tut es nicht, “Natürlichkeit” springt einem nicht ins Auge.
Ist dir eigentlich schon aufgefallen, dass wenn du die Fehler von Smith erklären willst, dir nicht mehr einfällt, als den Sachverhalt, dass Smith Fehler gemacht hat, zu widerholen. “Positivismus” und “Anthropologisierung” sind nichts anderes als Abkürzungen dafür, dass da jemand “nicht rational”, nicht tief genug unter die “Oberfläche” gedacht hat, dass er historisch-gesellschaftliche Verhältnisse als natürlich Ausstattung des Menschen beschreibt. Ich dachte gerade diese Fehler wollte man erklären, man wollte erklären, warum Smith die Sache nicht richtig wiedergibt, sondern naturalisiert. Du dazu: Dass er das macht “liegt einfach daran, dass […] die – von außen als nichemprisch behaupteten – Aussagen von Smith anthropologisch sind”. Das ist überhaupt keine Erklärung dessen, woher seine Fehler kommen, sondern eine Verschlagwortung seiner Theorie.
“Im Übrigen finden sich solche Fehler auch noch bei Marx und noch mehr bei Engels. Waren also offenbar bürgerlich-interessiert die Herren, oder was? Oder haben einen Fehler gemacht, weil sie zu blöd waren, oder was? Nein, weil es schwierig ist, sich dem Fetischismus zu entwinden.”
Du wolltest doch erklärt haben, warum Smith es im Gegensatz zu Marx nicht hingekriegt hat. Jetzt sagst du: weil es schwierig ist. Und was soll das jetzt erklären? War es zu Smith Zeiten schwieriger? Oder hat Marx nicht so viel Fetisch abbekommen wie Smith? Oder war Smith einfach “zu blöd”, um mit der Schwierigkeit umgehen zu können? Wie erklärt deine “Es-ist-schwierig”-Theorie den Unterschied zwischen Wissenschaft und Ideologie?
“Warum das so ein nur voluntaristisch zu lösendes (“interessiertes Denken”) Rätsel sein soll, dass man nicht hinter die Frage der Wertentstehung kommt, das kann man nur behaupten, wenn man meint, die Menschen seien mit Marx’ ‘Kapital’ im Kopf geboren.”
Bitte? Nochmal: “Interessiertes Denken” bedeutet nicht, dass man in seinen Büchern die Welt wegen persönlichen Nutzens bescheißt oder dass man unverbesserlicher Opportunist ist oder sowas. Interessiertes Denken bedeutet, dass man an den zu erforschenden Gegenstand mit sachfremden Fragen (= Interessen) heran tritt. So eine Theorie wie bei Smith kommt heraus, wenn man sich nicht fragt: Was ist Profit? – sondern: Wie lässt sich der Profit für den Wohlstand der Nation am nützlichsten unter den Klassen aufteilen. Und das ist keine ex-post-Feststellung, sondern das lässt sich anhand seine Theorie nachvollziehen und nachweisen, dass ihn diese Frage umtreibt. Wenn man – bevor man den Gegenstand wissenschaftlich bestimmt hat – an ihn mit Fragen a la, wie er für das nationale Gemeinwesen richtig handhaben soll o.ä., herantritt, dann kommen keine richtigen, sondern ideologische Bestimmungen raus. So etwas nennt man auch Instrumentalisierung der Theorie und es gibt sogar im bürgerlichen Wissenschaftsbetrieb Leute, die davon eine vage Ahnung haben. Das soll nicht heißen, dass jeder Fehler einen ideologischen Ursprung hat. Ideologien und Fehler sind nicht automatisch dasselbe.
Zum Schluss: Es gibt eine Mindestanforderung an jede Diskussion, nämlich die, dass man sich damit auseindersetzt, was der Diskussionspartner wirklich von sich gegeben hat, und nicht mit seinem eigens wild erfundenen Zeug. Beherzige das mal, dann klappt es in Zukunft besser mir dem Kritisieren.

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Jonas Köper: Bedingungsloses Grundeinkommen – Der Kapitalismus wird menschlich?

11. Oktober 2010 Kommentare ausgeschaltet

Update: Bei archive.org gibt es jetzt einen Mitschnitt der Veranstaltung.
Der GegenStandpunkt Verlag macht am 12.11.2010 in Berlin eine Veranstaltung in Berlin zum Thema Bedingungsloses Grundeinkommen . Referent wird der (nun ja Alt-MGler) Jonas Köper sein, der sonst zumeist in Bremen Veranstaltungen macht, (vor vielen Jahren aber auch mal eine Veranstaltung zum »System VW« und seinem angemessenem Abgang in Berlin gemacht hat).
Titel: Bedingungsloses Grundeinkommen – Der Kapitalismus wird menschlich?
Ort: »BAIZ«, Christinenstraße 1 (Ecke Torstraße, Nähe U-Bhf Rosa-Luxemburg-Platz), Berlin
Beginn: 18.30 Uhr

Die Berliner Genossen von http://www.kk-gruppe.net/ bewerben die Veranstaltung mit dem Text, der schon in Bremen benutzt wurde, ich habe ihn hier auch gebracht.

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Veranstaltung 28.10.2010 Berlin: Huisken zu: Thilo Sarrazin und seine Kritiker

8. Oktober 2010 Kommentare ausgeschaltet

Thilo Sarrazin und seine Kritiker
Eine Debatte über deutsche Bevölkerungspolitik: dumm und gemein
Und was ist und macht deutsche Bevölkerungspolitik?

Referent: Freerk Huisken, Universität Bremen
Donnerstag 28.10.2010
Beginn: 18:30
Humboldt-Universität, Unter den Linden 6
Raum 3094/3096 im Hauptgebäude
Veranstalter: Fachschaftsrat der Sozialwissenschaften
Das Thema wird am Freitag, den 29.10.2010 um 17 Uhr mit einem Workshop zum Thema “Nationalismus” ergänzt/vertieft. Der genaue Veranstaltungsort wird am Donnerstag bekannt gegeben.
http://www.fhuisken.de/termine.html

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Heinrich-Kritik a la DKP: „Der lange Schatten des Objektivismus“

27. September 2010 8 Kommentare

Auch in den Denker-Kreisen der DKP hat man verärgert festgestellt, daß es auch noch andere Denker gibt, die sich mit Marx beschäftigen. Jedem normalen Linken fällt da sicherlich *der* Bestseller-Author der Szene ein: Michael Heinrich. Und eben nicht gleich jemand wie Werner Seppmann. Der sah sich vielleicht auch deshalb bemüßigt, sich diesen Konkurrenten vorzunehmen und hat in der „jungen Welt“ vom 21.09.2010 den vom jemand wie ihm zu erwartenden Verriß geschrieben.
Das wiederum hat gleich schon einen Kritiker dieser Kritik nach sich gezogen: Auf dem Blog Davidoseunomia (eunomia ist laut wikipedia „Die gute Ordnung der Polis (Stadt)“!!) nimmt ein Heinrich- und Elbe-Fan die Seppmann-Kritik auseinander.
Ach ja, es gab auch schon ernsthaftere Kritik an Heinrich: Im Gegenstandpunkt Heft 2-08 unter dem Titel „Wie man “Das Kapital” nicht schon wieder neu lesen sollte“ z.B. Hier als PDF.

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IKL zu China: Immer noch deformierter Arbeiterstaat (WV 964)

23. September 2010 3 Kommentare

Die trotzkistische IKL (ihre deutsche Sektion ist die SpAD) hat jetzt den ersten Teil eines größeren China-Artikels veröffentlicht. In Workers Vanguard No. 964 vom 10. September 2010 ist er unter dem Titel „China: Labor Struggles in the “Socialist Market Economy” — Defend the Chinese Deformed Workers State Against Imperialism, Capitalist Counterrevolution! For Proletarian Political Revolution! — Part One“ erschienen.
Ihr einziger im Interner aktiver Unterstützer, John Holmes, stellte den Artikel in der Trotzki-Usenet-Gruppe so vor:

„Naturally I am pleased that it emphasizes the point I have repeatedly made here on APST, that the rise in the productive forces in China is strong empirical evidence that firstly, China isn’t capitalist, and secondly and even more importantly, that breaking from capitalism is the only way forward for the world economy and the human race.
The widespread illusion that China is a capitalist country, so prevalent on the Left, is now being dissipated in bourgeois public opinion, freaked out by Chinese economic successes and American failures. See for example a thoroughly bourgeois article in the current New York Review of Books, which is more or less the spokesman
for the more intelligent and cultured sector of the American bourgeoisie.
Presumably this illusion will now begin to dissipate on the Left as well, given the dependence of so much of the left on bourgeois opinion. „

Zumindest seine letzten Hoffnungen werden sich wohl nicht erfüllen.

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Die unselige Sarrazin-Debatte – (Zentrale Argumente von Freerk Huisken)

6. September 2010 7 Kommentare

Freerk Huisken vom GegenStandpunkt hat einen Text über die Diskussion über Sarrazins Thesen geschrieben. Der ganze Text (auch mit Belegstellen für die dort angeführten Zitate) ist hier als PDF zu lesen. Hier einige von mir als wesentlich erachtete Thesen daraus:

Das Buch von Th.Sarrazin befasst sich in eigenwilliger Ausdeutung mit nationalen Themen, die, da sind sich große Teile der Kommentatoren und Rezensenten einig, weder er entdeckt noch er allein in dieser Zuspitzung formuliert hat. Sie lauten: Akademikerinnen bekämen zu wenig und Sozialhilfeempfängerinnen mit minderen geistigen Anlagen zu viele Kinder; das führe, weil Intelligenz erblich sei, dazu, dass Deutschland immer dümmer wird; dazu würden besonders auch integrationsunwillige Migranten beitragen, die das Land überfluten, Parallelgesellschaften gründen und so dafür sorgten, dass autochtone Deutsche in ihrem Land zur Minderheit werden.Das mag ja alles sein, doch was soll dem geneigten Leser damit mitgeteilt werden?
Was er da zu Papier gebracht hat, sind seine Überzeugungen, die er schon seit längerem in eine Öffentlichkeit bringt, welche in nicht gerade geringen Teilen hinter ihm steht. Kritik an diesen Überzeugungen ist allerdings Mangelware.
Und erst recht fehlt es an einer kritischen Würdigung der zentralen Botschaft seines Werkes: „Deutschland schafft sich ab…“ Sie wird gar nicht erst ernst genommen. Komisch. Die ganze Debatte und ihre Themen – darf der Mensch das sagen, darf er es so sagen, darf er es als deutscher Bankvorstand sagen, hat er da etwas Neues zu sagen… – stehen dafür, dass landauf landab von oben bis unten und von rechts bis links niemand auf die Idee kommt, dass wegen der von Sarrazin inkriminierten Sachverhalte Deutschland den Bach runter gehen könnte.
Kanzlerin Merkel findet nur die Wortwahl in seiner Publikation einfach „völlig inakzeptabel“, „menschenverletzend“ und „wenig hilfreich“. Das war es schon und das zeugt davon, dass die politische Führung sich in einem sicher ist: ,Natürlich handelt es sich um nationale Probleme, die Sarrazin angesprochen hat. Die sehen wir und die gehen wir an! Dafür haben wir die Legitimation durch das deutsche Volk; und die Mittel zu ihrer Bewältigung sind in unserer Hand konzentriert. Das bekommen wir in den Griff mit dem Recht, das uns auf den Feldern der Familien- und Sozialpolitik, der Bildungs- und der Ausländerpolitik die Handhabe gibt, Ordnung zu schaffen, störende Elemente ruhig zu stellen und für einen ausgebildeten Nachwuchs zu sorgen, der unseren Ansprüchen genügt.‘
Diese Ignoranz auch der Politik gegenüber der Hauptthese des Buches kann nicht beruhigen, sondern muss beunruhigen. Sie zeugt von der Arroganz und Sicherheit politischer Macht, die mit derselben Optik auf nationales Menschenmaterial, wie sie Sarrazin vorführt, an die „Probleme“ herangeht.
Der schlimme und inzwischen zum geflügelten Wort gereifte Spruch Kennedys, der Bürger möge nicht fragen, was der Staat für ihn, sondern umgekehrt sich fragen, was er für den Staat tun könne, ist das praktisch wahr gemachte Motto solcher Politik. Andererseits sind die gleichen Sorgen, die Sarrazin dazu veranlassen, zwischen zwei Buchdeckeln den nationalen Notstand auszurufen, für deutsche Politiker nichts als politisches Alltagsgeschäft.
Nachweisbar ist dies an ihrer Politik, die sich um die funktionale Verfasstheit des Staatsvolks nach Größe, Nachwuchsproduktion, Altersaufbau, Bildungsstand und nationaler Identität kümmert. Da kann Sarrazin ganz beruhigt sein: Nie stellt sich der hiesigen Politik dabei die Frage, was denn eigentlich für arme Familien, Hartz-IV-Empfänger, Migranten oder schulisch produzierte Restschüler das Beste, wie deren Wohlfahrt zu fördern wäre. Es wird allein die Frage gewälzt, welchen Beitrag sie als als Teil der nationalen Ressource ‚Volk‘ zu leisten imstande sind bzw. welchen Beitrag man von ihnen erwarten kann.
Es ist der normale Gang politischer „Reformen“, mit dem Regierungen die Entwicklung oder das Auseinanderfallen ihres Volkskörpers, Brauchbarkeit und Unbrauchbarkeit, Wohlverhalten und Unordentlichkeit von Volksteilen immer erneut und immer mit der standortpolitisch gebotenen Rücksichtslosigkeit gegen ganze Volksteile in den Griff zu bekommen versuchen. Und im Umgang mit den „Problemfeldern“ sind sie um neue hübsche Einfälle nie verlegen.
Das unterscheidet die regierenden Politiker vom Warner Sarrazin: Die Herstellung eines in allen Teilen nützlich einsetzbaren Staatsvolk mag zwar ihr Ideal sein, ist aber für sie nicht das praktische Maß aller Dinge. Als Politiker sind sie Realisten, die wissen, dass es gerade die erfolgreiche Benutzung des eigenen Staatsvolks – angereichert um Teile fremder Völker – als Ressource ist, die immer wieder jene „Probleme“ hervorbringt, von denen aus Sarrazin seinen nationalen Untergang konstruiert. Sie verfallen deswegen erst recht nicht auf die Idee, prekäre Resultate gewissermaßen politikfrei in die Zukunft hochzurechnen. Sie verfahren umgekehrt: Sie bilanzieren die Leistungen, die mit dem Einsatz des Volkes und auf seine Kosten eingefahren werden, registrieren deren Auswirkungen auf das Volk, summieren etwa Arbeitslose, Verarmungsfolgen und demographische Konsequenzen und treten dann in die politische Debatte darüber ein, wie nationale Erfolge ausgebaut werden können, ohne dass völkische Kollateralschäden dabei stören.
Die Arroganz und Unerschütterlichkeit der Machthaber gegenüber der von Sarrazin bitterernst gemeinten Prognose vom Verfall Deutschlands hat also ein gutes Fundament: Das staatliche Gewaltmonopol, seine gesicherte Umsetzung in Politik und ein Volk, das sich nicht etwa anschickt Deutschland „abzuschaffen“, sondern sich, gut erzogen wie es mehrheitlich ist, geradezu im Geiste Sarrazins die Sorgen der Regierung zu eigen macht.

Nachtrag:

Was lernt man eigentlich über Meinungsfreiheit, wenn in TV-Sendungen, in der BILD, von der SPD-Basis und in zahllosen Lesenzuschriften die „unerträgliche Beschränkung der Meinungsfreiheit“ für Th. Sarrazin angeprangert wird? … Es geht also gar nicht um die Freiheit der Meinung, es geht allein um in den Inhalt seiner Meinung. Allein dem wünschen die Beschwerdeführer mehr Gehör. …
Nie würden dieselben – z.B. bei Anne Will, Beckmann oder Plaßberg versammelten – aufgebotenen Freunde der Meinungsfreiheit auf die Barrikaden steigen, wenn es um folgende Thesen ginge:
– Dass so viele arme Schweine aus dem Nahen Osten oder Afrika in falscher Vorstellung vom Leben in den kapitalistischen Metropolen ihr Heil in der Flucht suchen, geht auf das Konto all jener imperialistischen Mächte, die in diesen Regionen rücksichtslos gegenüber den dort lebenden Menschen ihre strategischen und ökonomischen Interessen durchsetzen.
– Dass es so viele Kinder aus den unteren Klassen der Gesellschaft in geistigen Verfassung und Qualifikation nicht mit Akademikerkindern aufnehmen können, ist das Werk des hiesigen Bildungssystems, das durch frühe Auslese dafür sorgt, dass eine Mehrheit des Nachwuchses von weiterführender Ausbildung ausgeschlossen wird. Die von Sarrazin angeprangerte „Dummheit“ ist schulisch hergestellt!
– Dass die zunehmende Zahl von Menschen, die von Sozialzuwendungen und von Verdienst nicht mehr leben können, ist das Werk der politisch betreuten Marktwirtschaft.
– Dass das Ideal eines „einig deutschen Volkes“, das in Harmonie und wechselseitiger Anerkennung lebt, nichts als die Wunschvorstellung politischer Herrschaft ist, die eine durch ökonomische, soziale und politische Gegensätze gekennzeichnete Gesellschaft so zusammenhalten will, dass kapitalistischen Wachstum und nationale Souveränität zunehmen und alle dabei notwendig anfallenden in- oder ausländischen Opfer den Gang dieser Geschäfte nicht groß stören.
– Dass das Recht der freien Meinungsäußerung selbst ein Herrschaftsinstrument ist, dass es schlichte Heuchelei ist, wenn seine Beschränkung im Falle Sarrazins angeklagt wird; ganz abgesehen davon, dass es hier gar nicht um Meinungen geht, sondern um die Aufforderung, die herrschende politische Praxis gegenüber kapitalistisch überflüssig und unbrauchbar gemachten Bevölkerungsteilen noch rücksichtsloser zur Anwendung zu bringen.

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„Bedingungsloses Grundeinkommen“ – Und schon wird der Kapitalismus menschlich?

4. September 2010 32 Kommentare

500, ja bis zu 1500 Euro monatlich aufs Konto, einfach so, das verspricht die Idee „Bedingungsloses Grundeinkommen“. Das ist attraktiv. Warum? Das ist klar: Die Preise fürs Leben sind hoch, jedenfalls ist das verdiente Geld bei den Meisten knapp und das Geldverdienen hart und unsicher. Das soll auch alles im Prinzip so bleiben, wenn es nach den Befürwortern des bedingungslosen Grundeinkommens geht. Nur: Vor diesem Hintergrund sind die 500 bis 1500 Euro nicht etwa bescheiden, sondern „fast zu schön“, wie alles, was die allseits gewohnte Geldnot lindert.
*
Ganz besonders strahlt dieses Versprechen eines Grundeinkommens im Vergleich zur Lebenslage von Hartz IV, diesem elenden Notgroschen für Menschen ohne Verdienstquelle, die trotzdem alles bezahlen müssen. Solche Massenarmut muss aber nicht sein, meinen die Befürworter des Grundeinkommens, schon gar nicht „mitten in einem reichen Land“. Sie wissen, dass die im Kapitalismus verbreitete Armut nicht Ausdruck eines allgemeinen gesellschaftlichen Mangels ist, sondern dass den Armen immenser Reichtum und ständig steigende Produktivkraft gegenüberstehen. Und warum kommen die Armen da nicht dran? Warum muss man für jedes Lebensmittel den geschäftstüchtigen Eigentümern des kapitalistischen Reichtums einen gewinnbringenden Preis zahlen? Warum haben die meisten keine Verdienstquelle, mit der das locker geht, warum viele sogar gar keine?
*
An solche Fragen wollen Grundeinkommensfreunde nicht denken, schon gar nicht dran rühren. Den gewaltigen Reichtum im Kapitalismus begrüßen sie vielmehr als „Möglichkeit“, ein wenig davon als Geld so „umzuverteilen“, dass die Menschen mit den Preisen dieses Reichtums etwas weniger bedrückt klar kommen; auch die, die „sonst nichts haben“. Warum so eine Notlösung und zwar als Dauereinrichtung, am besten im Grundgesetz zementiert?
*
Und: Warum kann eigentlich angesichts der Potenzen, Reichtum zu schaffen, die Armut nicht gründlich abgeschafft werden? Wieso „müsste“ auch das bedingungslose Grundeinkommen knapp bemessen sein? Dafür wälzen die Befürworter ein Argument. Ihre politischen Gegner verfluchen „anstrengungslosen Wohlstand als Dekadenz“, in der keiner mehr arbeitet. Dass man „den Menschen“ mit Not zur Arbeit erpressen muss, daran leuchtet auch den Menschenfreunden etwas ein. Ihr Grundeinkommen soll so hoch sein, dass einen die Armut nicht erdrückt, aber so niedrig, dass die Leute einen „Anreiz, wieder arbeiten zu gehen“ (Linkspartei) haben. Geldnot als Stachel, für Lohn arbeiten zu gehen und den kapitalistischen Reichtum zu schaffen, dafür haben auch die etwas übrig, die gleichzeitig den Zwang der Sozialbehörden geißeln, dass sich Bezieher von Arbeitslosengeld und Hartz IV für irgendeinen Billigjob verdingen sollen, und die das Grundeinkommen „bedingungslos“ auszahlen möchten. Dabei könnte man auch mal fragen: Was ist das für eine Arbeit im Kapitalismus, zu der man die Arbeitenden erpressen muss? Warum überzeugt die Arbeitenden nicht, dass es sich lohnt zu arbeiten, wo so gigantisch viel Reichtum rauskommt?
*
Die Befürworter von bedingungslosem Grundeinkommen stört die Armut mitten im Reichtum, sie stört der Arbeitszwang, den Geldnot erzeugt, zumindest dort, wo er sozialstaatlich organisiert wird; Schluss machen wollen sie mit beidem nicht, mit Lohnabhängigkeit, die all das einschließt, schon gleich nicht. Wofür taugt dann ihre Idee, wem soll der Kampf zu ihrer Durchsetzung nutzen? Alle, heißt es, auch die, „die sonst nichts haben“, sollen „teilhaben“ und „mitwirken“ können „an der Gesellschaft“. Da stellt sich schon die Frage: Hat diese Gesellschaft, die die Menschen doch erst in die Bedürftigkeit bringt, das denn verdient? Klar, die Macher und Nutznießer des Kapitalismus erwarten solchen Geist des Mittuns von allen Bürgern – auch von denen, die sie auf Straße setzen und denen sie regelmäßig die Sozialleistungen kürzen…
[mit diesem Text wirbt der GegenStandpunkt Bremen für eine Veranstaltung zum Thema am 22.09.2010]

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Paßt die Kategorie Ware widerspruchsfrei zur Planwirtschaft?

25. August 2010 Kommentare ausgeschaltet

Alfred Fresin weist in seinem Yahoo-Forum über sein Buch zur „Bedürfnisorientierte Versorgungswirtschaft – BVW“ auf einen Wiener Blog zur Planwirtschaft hin: http://plannedeconomy.blogworld.at/
Dessen Macher Martin Seelos schreibt über seine (web-)Zeitschrift „planned economy- wie Wirtschaft ohne Kapitalismus funktioniert“

Diese Ausgabe von planned economy versucht die Auffassung zu widerlegen, das die Kategorie
Ware widerspruchsfrei zur Planwirtschaft passe. Die Antwort auf diese Frage müsste auch jene
nach dem Schicksal des Geldes nach sich ziehen.

Das sind schon mal gute Fragen.

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Alfred Fresin: Der bürgerliche Staat – Kritik und Alternativen

24. August 2010 9 Kommentare

Alfred Fresin hat auf der östereichischen Webseite „Streifzüge – Magazinierte Transformationslust – unsachlich wertlos jenseits“ (auf der unter anderen auch Franz Schandl von krisis und Michael Heinrich von der Prokla schreiben) einen Artikel zum bürgerlichen Staat geschrieben.
Einige werden ihn kennen als den Autor des Buches „Die bedürfnisorientierte Versorgungswirtschaft: Eine Alternative zur Marktwirtschaft„, ich hatte hier darauf hingewiesen. Es ist auch online nachzulesen: http://stattkapitalismus.blogsport.de/.

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Lafargue: Die Religion des Kapitals

23. August 2010 Kommentare ausgeschaltet

Ofenschlot macht mit einem längeren Zitat Werbung für eine jüngst erschienene Neuübersetzung:
Paul Lafargue, »Die Religion des Kapitals« jetzt erschienen bei Matthes & Seitz.
Im Folgenden sein Auszug (S.45ff.):
Das Wesen des Gott-Kapitals
1. Meditiere über die Worte Deines Gottes, des Kapitals.
2. Ich bin der menschenfressende Gott, ich nehme Platz an den Tafeln der Fabrik und verspeise die Lohnarbeiter. Ich verwandele ihr mickriges Leben in göttliches Kapital. Ich bin das unendliche Rätsel: ewige Substanz, und doch nichts als vergängliches Fleisch, meine Allmacht ist nichts als die Schwäche der Menschen. Die leblose Kraft des Kapitals speist sich aus der Lebenskraft der Lohnarbeiter.
3. Ich bin das Prinzip der Prinzipien: Durch mich beginnt jede Produktion, bei mir endet jeder Austausch.
4. Ich bin der lebendige, allgegenwärtige Gott: Eisenbahn, Hochöfen, Getreidemühlen, Frachtschiffe, Weinberge, Gold und Silbermünzen sind die membra disjecta* des universellen Kapitals. *[Laut Wikipedia »… Ausdruck für die (…) aus ihrer ursprünglichen organischen Ordnung gerissenen Teile eines Ganzen.«]
5. Ich bin die unermessliche Seele der zivilisierten Welt; mein Körper ist unendlich vielfach und mannigfaltig. Ich lebe in allem was verkauft und gekauft wird. Ich wirke in jeder Ware, und keine einzige besteht außerhalb meiner lebendigen Einheit.
6. Ich glänze im Gold und stinke im Mist, ich bin der Genuss im Wein und das Ätzende in der Säure.
7. Meine stets anwachsende Substanz fließt gleich einem unsichtbaren Strom durch alle Materie, unendlich geteilt und wieder geteilt, kerkert sie sich selbst ein in die besondere Gestalt jeder Ware, und ohne mich zu ermüden bewege ich mich von einer Ware zur anderen: heute Brot und Fleisch, morgen Arbeitskraft des Produzenten, übermorgen ein Eisenbarren, aber auch ein Stoffballen, ein dramatisches Werk, ein Fass voller Ruß, ein Sack Dünger: Die ewige Wiedergeburt des Kapitals nimmt kein Ende. Meine Substanz stirbt nicht, aber die Gestalten, in denen sie erscheint, sind zeitlich – sie enden und vergehen.
8. Der Mensch sieht, fühlt, riecht und schmeckt meinen Körper, aber meinen Geist, der feiner ist als Äther, nehmen die Sinne nicht wahr. Mein Geist ist der Kredit. Er braucht keinen Körper, um sich zu offenbaren.
9. Ich belebe und verwandle alle Dinge, ich bin geschickte als der Chemiker [Jöns Jakob] Berzelius oder als [Karl Friedrich] Gerhardt, ich verwandele weite Fluren, gigantische Maschinen, schweres Metall und brüllende Herden in Aktien aus Papier. Und leichter als elektrisierte Knallgasbläschen tanzen und hüpfen Kanäle und Hochöfen, Fabriken und Bergwerke an der Börse, meinem geheiligten Tempel, von Hand zu Hand.
10. Ohne mich würde in den Ländern, die von den Banken regiert werden, weder etwas beginnen, noch zu Ende gebracht werden. Ich befruchte die Arbeit, ich domestiziere im Dienste der Menschen die unüberwindlichen Kräfte der Natur und ich lege das mächtige Ruder der gesamten Wissenschaft in seine Hände.
11. Ich umgarne die menschliche Gesellschaft mit dem goldenen Netz des Handels und der Industrie.
12. Der Mensch, der mich nicht besitzt, dem kein Kapital zur Verfügung steht, wandelt nackt durch das Leben, umgeben von wilden, mit allen denkbaren Folter- und Mordinstrumenten ausgestatteten Feinden.
13. Dem Menschen, der kein Kapital besitzt, aber stark ist wie ein Stier, wird man das Gewicht, das auf seinen Schultern lastet, noch beschweren; wenn er fleißig ist wie eine Ameise, wird man seine Aufgaben noch verdoppeln; wenn er genügsam ist wie ein Esel, wird man seine knappe Nahrung noch reduzieren.
14. Was wären die Wissenschaften, die Tugenden und die Arbeit ohne Kapital? Eitelkeit und vergebliches Bemühen.
15. Ohne die Gnade des Kapitals leitet die Wissenschaft den Menschen abseits auf den Weg des Wahnsinns, stürzen ihn Arbeit und Tugend in den Abgrund des Elends.
16. Weder Wissenschaft noch Tugend, noch Arbeit befriedigen den Geist des Menschen. Ich bin es, das Kapital, das die hungrige Meute seiner Gelüste und Leidenschaften befriedigt.
17. Ich gebe mich hin und entziehe mich ganz nach Gutdünken, und ich lege keine Rechenschaft darüber ab. Ich bin der Allmächtige, der über die lebenden Dinge ebenso herrscht wie über die toten.
„Sie schleudern uns als Beleidigung die Bezeichnung homme de couleur ins Gesicht. Es ist unsere Aufgabe als revolutionäre Mulatten, diese Bezeichnung aufzunehmen und sich ihrer würdig zu erweisen. Radikale in Amerika, macht Mulatte zu eurem Sammelruf! … Er bezeichnet Elend, Unterdrückung, Haß. Wißt ihr etwas Schöneres?“

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Schwierig, schwierig, Teil II

11. August 2010 14 Kommentare

On Quacks and Their Defenders
Einleitung des Artikels in Workers Vanguard (Zeitung der trotzkistischen Spartacist League/U.S.) No. 962 vom 30. Juli 2010:

Rarely has a subject elicited such a vehement reaction from our readership as our articles “Medical Science vs. Homeopathy” (WV No. 947, 20 November 2009), “Capitalist Reaction and Anti-Vaccine Hysteria” (WV No. 948, 4 December 2009) and “Defend Simon Singh! Defend Scientific Medicine!” (WV No. 949, 1 January). WV was deluged by so many letters that we could not possibly publish all of them. With the exception of one letter (printed at right), all took issue with our blanket denunciation of medical quackery—homeopathy, acupuncture, chiropractic, “New Age” spiritualism, herbal remedies, naturopathy—and our intransigent defense of science-based medicine and its accomplishments, such as vaccinations.
As we noted in WV No. 947 in regard to snake-oil “medicine”: “While some of these treatments may be relatively harmless and may sometimes have a placebo effect, more often they are dangerous both in themselves and because they divert patients from needed medical treatment.” Of the letters that defended quackery outright, one grotesquely claimed that AIDS is spreading because of a lack of selenium in the soils of southern Africa and defended homeopathy as “hard science” and chiropractic as “a great American invention.”
A few writers tried to put defense of their chosen snake oil in a more rationalist light. A letter by B.B. in Atlanta correctly noted that “all attempts should be made to protect the scientific community from anti-science hysteria” but also condemned attempts to vaccinate the population against the H1N1 virus, which he called a “hoax.” T.S. wrote that we should support the “methods of science” while also favorably quoting New Age health guru Gary Null, an HIV-denialist who promotes chiropractic and homeopathy and pushes “nutritional” methods to treat AIDS in place of antiretroviral drugs. When South Africa’s former president Thabo Mbeki carried out a similar policy, it resulted in the needless deaths of an estimated 300,000 people.
As a Marxist organization, we do not purport to have particular expertise in medical science. But the issue at hand goes to the defense of science itself, and of Marxism’s dialectical materialist worldview, against religious obscurantism, mysticism and all anti-scientific outlooks.
While scientists must test their theories to ensure that they are rooted in material reality, quacks by definition resist rigorous testing because their practices are based at bottom on religious or other mystical dogmas (subluxation for chiropractors, qi for acupuncturists, etc.). This is not to say that medical science still does not have a great deal to learn and a long way to go in the treatment of diseases. The marriage of the art of medicine and science is historically recent and incomplete. We fight to expand scientific understanding against the quacks who exploit gaps in that understanding to peddle their wares. Science-based medicine cannot perform miracles. But it must be defended against the alternatives.

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Schwierig, schwierig, Teil I

11. August 2010 1 Kommentar

Jour fixe vom 02.08.10 des GegenStandpunkt in München – Fragen zur Inflation (Fortsetzung vom JF vom 19.07.10)

Dankenswerterweise sind auf dem letzten Jour fixe ein paar Leute mit den Schwierigkeiten herausgerückt, die sie mit dem Abschnitt über die Inflation im GS 1-10 hatten. Was aus diesen Fragen hervorgeht, bestätigt die schlimmsten Befürchtungen der Redaktion hinsichtlich der Rezeption der Ableitung des Finanzkapitals. Nämlich, dass die Vorstellung, die man aus Schulungen mitgenommen hat – aller Wert erwächst aus der Ausbeutung, ist Ausdruck von Arbeit – nach der Lektüre der Artikelserie über das Finanzkapital ergänzt worden ist durch die folgende Vorstellung: Es gibt quasi noch eine zweite Quelle des Werts, und zwar über die Ziffern der Banken, und die fällt auch mit unter den abstrakten Begriff der Selbstverwertung des Werts – was im Endergebnis ja auch nicht zu unterscheiden ist. Diese Vorstellung, sie ist verkehrt. Die Ableitung des Finanzkapitals versucht nicht zu erläutern, dass es neben der Ausbeutung noch eine zweite Quelle von Geld gibt. Dass theoretisch Schindluder getrieben wird mit zusammenfassenden Ausdrücken wie Selbstverwertung des Werts, geht aus den Nachfragen hervor. Da wird sich dann gefragt: Ist es nicht ein theoretischer Rückfall auf die – angeblich gerade überwundene – Vorstellung, die Verwertung des Werts könne nur in der realen Akkumulation passieren, wenn man Inflation bespricht als allgemeine Teuerung in der Warenwelt (festgemacht an Warenkörben) und dieses Faktum dann erklären will? Das sei ein Rückfall auf eine Vorstellung, die doch gerade überwunden worden sei durch die andere Vorstellung, die Selbstverwertung des Werts könnte quasi ohne Arbeit passieren und dafür sei das Finanzkapital zuständig.
Es ist wichtig, bei sich oder in Diskussionen mit anderen, nachzuprüfen, ob das die Quintessenz ist, die man sich aus der Ableitung des Finanzkapitals gemerkt hat. Das wäre fatal, denn das ist nicht das Verhältnis zwischen der Welt der Produktion, der Ausbeutung, der Vermehrung des Kapitals durch Arbeit, des Regimes des Kapitals über die Arbeit und über Reichtum im Sinne von dem dinglichen Reichtum, über den die Gesellschaft verfügt, und den Freiheiten, die aus der Macht des Finanzkapitals erwachsen. Das ist kein additives Verhältnis, also dass man erst eine und dann die zweite Quelle vor sich habe. Sondern es ist das Verhältnis zwischen der gesellschaftlich umfassenden Betätigung einer Produktionsweise und der Macht des Kapitals, ausgemünzt in Geld, sich diese ganze Produktionsweise so zunutze zu machen, dass nicht nur über die Arbeit verfügt wird, sondern auch über die antizipierten Resultate des ganzen gesellschaftlichen Produktionsprozesses, als Kommandomacht über Arbeit und Reichtum. Das ist die Freiheit, die sich das Finanzkapital auf all den umständlichen Wegen erwirbt, von denen in den diversen Artikeln im Gegenstandpunkt die Rede ist, nämlich seine Freiheit und seine Macht, im Vorgriff auf noch nicht Produziertes mit dieser Fiktion von Kapital kapitalistisch zu operieren. Es ist, als sei in der Rezeption des Artikels der Hinweis, dass es sich da um fiktives Kapital handelt, mit dem das Finanzkapital operiert, völlig untergegangen und als wäre nur noch ‚Kapital’ übrig geblieben. Man kann nicht die Welt der Produktion oder das, was Realwirtschaft heißt, und die Leistungen des Finanzkapitals quasi 1+1 nebeneinander stellen und dann – im Namen dessen, dass doch aus beidem Geld resultiert – zusammenfassen.

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Spartacist (1964-1980) Journal of the Trotskyist international Spartacist tendency now online

10. August 2010 1 Kommentar

The IBT – International Bolshewik Tendency has put up online OCR-Versions of „Spartacist“, journal of the international Spartacist tendency (now the International Communist League ( Fourth Internationalist)), the trotskyist organisation the IBT founders had been members of for years themselves. Available are the issues 1 to 30 spanning the years 1964 till 1980.
Thanks for the information to Entdinglichung, who pointed to this first.

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Silone: Wahr oder unwahr?

29. Juli 2010 2 Kommentare

Auf dem wirklich schön benannten Blog „Spass und Lebensfreude durch Elektrifizierung –Mit Dampfmaschine, Flugzeug und Glühbirne in eine bessere Zukunft“ hat der Blogger Stromsau wieder mal ein Beispiel gebracht, daß eine, in diesem Fall politische Aussage nicht schon deshalb stimmen muß, weil sie reihenweise zitiert wurde. Hier geht es jedenfalls um das ungeheuer brauchbare Totschlagargument:

„Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.“

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