ARPREKORR und SPARTAKIST Nr. 68 – 146 online

9. Dezember 2011 4 Kommentare

Bei archive.org sind jetzt alle Ausgaben der Zeitung Abeiterpressekorrespondenz (ARPREKORR) der Trotzkistischen Liga/Spartakist-Arbeiterpartei, der deutschen Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga (Vierte Internationalisten), als OCR-Scan-PDFs runterzuladen. Sie sind vom 15. November 1989 bis 20. April 1990 in der DDR erschienen.
Auch die Ausgaben der (Vor- und) Nachfolgezeitung für Deutschland „Spartakist“ der SpAD aus der Zeit vom 1. März 1990 (Nr. 68) bis Anfang 2002 (Nr. 146) sind jetzt bei archive.org als PDFs verfügbar, jeweils als Jahrgangsdatei.

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DGB Bildungswerk Bayern: Tageseminare 2012

9. Dezember 2011 3 Kommentare

Das DGB Bildungswerk Bayern hat seine Planung für Tagesseminare im nächsten Jahr vorgestellt. Da sind wieder mal eine ganze Reihe auch hier bekannterer Linker eingeladen worden:
von Ingo Elbe, Michael Heinrich, Hermann Lüer, Christian Siefkes bis hin zu Rolf Röhrig, Albert Krölls und Freerk Huisken, um nur einige zu nennen, die ich überhaupt kenne. Die jeweiligen akademischen Titel habe ich mir hier gespart.
21. Januar Geschichte der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung 1
11. Februar Bestandsaufnahme: Rechte Entwicklungen / Antifaschismus 18. Februar Nationalismus
3. März Klassentheorie – Klassen in der bürgerlichen Gesellschaft
10. März Einführung in die Volkswirtschaftslehre
31. März Geschichte der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung 2
21. April Kapitalismuskritik gut und schön – „aber was sind die Alternativen?“
5. Mai Ausbildung und Einbildung
12. Mai Kritische Sozial- und Staatsbürgerkunde
9. Juni Staatstheorie bei Marx
16. Juni Geschichte der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung 3
7. Juli Fachtagung „Ökonomie“ (mit DGB Bezirk Bayern)
21. Juli Karl Marx – Eine Einführung
22. September Das Bürgertum in (nach) der Krise
6. Oktober Antisemitismus
20. Oktober Fachtagung „Wirtschaftsdemokratie“ (mit DGB Bezirk Bayern)
10. November Rechtes Denken in der Linken
17. November Gegen Rechts argumentieren lernen
24. November Neue und alte Marx-Lektüre – Kontroversen
8. Dezember Maßt euch an! Für eine offensive Gewerkschaftspolitik

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Mitschnitt des Vortrags von J. Köper zur Kritik des Nationalismus (Berlin 2.12.11)

8. Dezember 2011 4 Kommentare

Auf archive.org ist ein Mitschnitt des Vortrags von Jonas Köper vom GegenStandpunkt zur Kritik des Nationalismus, den er am 2. Dezember 2011 in Berlin im Haus der Demokratie gehalten hat, als Download verfügbar.

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Beruf: Börsenspekulant (Marxistische Gruppe 1987)

6. Dezember 2011 15 Kommentare

„Lahma Cun“ hat auf ihrer Facebook-Seite auf einen alten Artikel der Marxistischen Gruppe hingewiesen:
„Beruf: Börsenspekulant“.
Dieser Artikel hört mit folgendem Absatz auf:

„Der Spekulant bekommt seinen Teil vom weltweiten Mehrwert, weil er eine nützliche Aufgabe erfüllt. Indem er in aller Welt Kurse, Zinsen, Preise und Tendenzen vergleicht, ist er die Speerspitze der Kapitalbewegung, der Pfadfinder des Sphärenwechsels. Er ist der Schwanz, der mit dem Kredit wedelt. Das ist gerecht denn wie wüßte der sonst, wo er hin muß.“

Kein Wunder, daß z.B. ein alter Hase wie Samson bei und gegen Nestor, den Freund des „neuen“ Denkens des GegenStandpunkts in Sachen Erklärung der Finanz- und Überakkumulationskrise noch auf sowas pocht, z.B. im Thread „Österreich–Ungarn 1 : 0“ über Fremdwährungskredite.

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Skript zu den Vorträgen von Jonas Köper (GegenStandpunkt) zum Nationalismus

5. Dezember 2011 Kommentare ausgeschaltet

Jonas Köper vom GegenStandpunkt hat gerade in mehreren Städten (Berlin, Frankfurt und Bern) jeweils einen Vortrag zum Nationalismus gehalten unter der Überschrift „Nationalismus: für oben nützlich, für unten idiotisch“.
Das Skript kann man bei den Berliner GegenStandpunktlern als PDF runterladen. Da das aus unerfindlichen Gründen keinen linken Heftrand hat, habe ich das etwas umformatiert, es ist bei mir hier zu haben.

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Zur Broschüre der RLS über die Staatsverschuldung

3. Dezember 2011 53 Kommentare

Folgende Anmerkungen habe ich auf Ingo Stützles Facebook-Seite zur Broschüre der Rosa Luxemburg Stiftung über die Staatsverschuldung gepostet, nachdem er dort folgenden Hinweis gebracht hatte:
“ Endlich ist die überarbeitete Fassung der Broschüre online und in lesbarer Form wieder lieferbar „:

“ Über Schulden finanzierte Ausgaben können zudem die gesellschaftliche Nachfrage stärken, so dass eine Krise schneller überwunden wird“

[und hier auch von mir umformatiert im Doc-Format zum Ausdrucken auf DIN A4]
Ja, warum machen denn dann die Staaten das nicht einfach? Weil sie eben selber wissen, daß „zu viele“ Schulden ihren Ruf ruinieren und sie dann zahlungsunfähig werden können, wie es ja manche Staaten gerade erleben mußten.
Auch der Satz:

„Eine Regierung kann also sehr wohl mehr ausgeben als sie einnimmt, weil sie mit den Ausgaben ihre Einnahmen erhöhen kann.“

ist doch nur eine Behauptung. Es müßte heißen, „solange sie …“ und nicht „Weil sie…“
Ein zentraler Punkt ist die mittlerweile wohl kaum noch zu bestreitende Tatsache:

„Die Staatsschulden mögen zwar nicht die Schulden der Bevölkerung sein. Doch haftet die Bevölkerung letztlich für die öffentlichen Schulden. Wenn Schulden abgebaut werden sollen, so muss die Bevölkerung höhere Steuern zahlen, länger auf die Rente warten, mehr arbeiten, weniger verdienen oder sich mit weniger staatlichen Leistungen begnügen. So macht der Staat aus seinen Schulden «unsere» Schulden.“

Das bedeutet, daß jetzt, wo das internationale Finanzkapital reihenweise bezweifelt, daß die kreditierten Staaten noch gut für weitere Kredite, für Kredite überhaupt sind, diese Staaten Himmel und Hölle in Bewegung setzen müssen, um ihre Bevölkerungen so drastisch zu verarmen, daß das Finanzkapital diesen verlorenen Glauben wieder gewinnt.

„Ohne Eingriffe wie Bankenrettung, Abwrackprämie oder Kurzarbeitergeld wäre die Wirtschaftsleistung in Deutschland viel stärker eingebrochen. Dennoch: Die Schuldenstandsquote stieg. Doch war dies kein Zeichen für staatliche Verschwendungssucht, sondern dafür, dass der Staat mit öffentlichen Geldern die Geschäfte der Unternehmen halbwegs am Laufen hielt.“

‎“Halbwegs“ ist hier das Codewort: Anders als bei der Nettoneuverschuldung eines Staates für im weitesten Sinne „investive“ Maßnahmen zur Wirtschaftsankurbelung ist die gigantische Zusatzverschuldung der letzten Jahre ja „nur“ das Ergebnis des Versuches, den Untergang der Bankenwelt zu verhindern, also deren aufgeblähten Werte nicht als nunmehr wertlos dastehen zu lassen sondern deren Kapitaleigenschaft zu bekräftigen. Und, Überraschung, jetzt bezweifelt das Finanzkapital, daß dieses Geld „gut“ angelegt wurde.
Wenn es heißt

„[es] wird versucht, über gesetzliche Regelungen das Lohnniveau zu senken, um den Unternehmen bessere Investitionsbedingungen zu schaffen, damit die Wirtschaftsleistung wächst und darüber die Schuldenquote sinkt.(13) In der Konsequenz bedeutet all dies, dass die Lohnabhängigen für die Krise zahlen. Aufgabe der Unternehmen und der Finanzmärkte ist es dagegen, viel Geld zu verdienen und so das Wirtschaftswachstum anzutreiben. Es ist also nicht so, dass «wir alle» sparen müssen. «Sparen» ist ein Umverteilungsprogramm.“

dann ist zu fragen, ja, was denn sonst? Soll wirklich behauptet werden, daß der Reichtum der Reichen wirklich anders vermehrt werden kann als durch die Verarmung der Massen. Diese offensichtliche Massenverarmung ist doch kein bloßer böser Spleen von durchgekanllten Marktfetischisten, die bei ernsthaftem Nachdenken und auf die Linkspartei hören auch vermieden werden könnte.
Besonders blauäugig, ja geradezu zynisch klingt für mich der folgende Passus:

„Anders als ein Unternehmen kann ein Staat im Falle einer Pleite aber nicht vom Erdboden verschwinden. Insolvenz bedeutet daher, dass eine Regierung mit ihren Gläubigern eine Erleichterung der Schuldenlast verhandelt: Schulden werden verlängert, gestrichen oder die Zinsen gesenkt. „

Diese „Erleichterungen“ gibt es doch nur, wenn der Schuldnerstaat noch seinen letzten Rentner mit den Füßen zum Fenster raushängt, wenn noch das letzte Staatssilber verscherbelt wurde und der „aufgeblasene“ Staatsapparat durch Massenentlassungen „saniert“ wurde. Mit einer bloßen „Feststellung“ ist es also wahrlich nicht getan.

‎“der Staat [ist]ein verlässlicher Schuldner, da er – im Gegensatz zu Unternehmen oder Privathaushalten – Geld einfach per Beschluss bei seiner Bevölkerung eintreiben kann.“

Wieder meine unschuldige Frage, warum hapert es denn dann an der Verläßlichkeit des einen und des anderen Staates?
Warum treiben die Problemkinder der internationalen Staatenwelt denn nicht „einfach“ die paar Milliarden bei ihren Bevölkerungen bei?
Ach, richtig, weil dann ihre nationalen Wirtschaften in den Keller fahren und die Staatseinnahmen zukünftig zusammenschnurren.
Wenn es heißt

„Selbst in normalen Zeiten bewerten Investoren die Staaten der Welt anhand eines schlichten Maßstabs: möglichst sichere und hohe Rendite. Sie behandeln Menschen, Betriebe, Länder und ganze Kontinente wie eine Maschine zur permanenten Geldvermehrung und unterwerfen sie diesem Maßstab. Das ist zwar in der Logik der Profitmaximierung rational, aber was soll daran vernünftig sein?“

dann bin ich geneigt, zu sagen, ja genau so ist es! Und unvernünftig ist es in der Tat auch! Aber, diese unerbittliche Logik gilt doch in diesem unserem System. Das ist doch die erklärte Logik, nach der sich alle richten und richten müssen. *In* diesem System geht es doch auch gar nicht anders. Denn das hinter der Frage stehende „Eigentlich müßte das Alles doch gar nicht sein, ihr braucht nur uns zu wählen und schon werden wir – natürlich mit der SPD zusammen – all das wieder zurückdrehen, was den Massen an Tort angetan wurde“, das stimmt doch gar nicht. Um das weg zu kriegen, müßte man leider erst mal den ganzen Kapitalismus wegkriegen. (und dazu muß man wahrscheinlich erst mal die Linkspartei und die SPD wegkriegen.)

‎“die EU [sehen] in den Lohnstückkosten einen wichtigen Indikator für «Wettbewerbsfähigkeit». Der Pakt sieht nun vor, dass die Lohnbildung in allen Staaten überprüft wird. Ziel sind moderate Lohnabschlüsse (vor allem im öffentlichen Sektor), steuerliche «Entlastung» des «Faktors Arbeit» und Arbeitsmarktreformen, die die Arbeit «flexibilisieren», also verbilligen sollen. Durch den Euro-Plus-Pakt wirken diese Lohnsenkungen nicht mehr wie (kritisierbare) politische Beschlüsse, sondern schlicht wie eine (zwangsläufige) Folge der Rechtslage.“

Wieder die Frage, wie anders soll den die Wettbewerbsfähigkeit, also die Profitabilität des Kapitals wieder hergestellt werden? Diese Politik ist/wäre doch nicht nur eine zwangsläufige Folge einer Rechtslage sondern zwangsläufige Folge aus dem Prinzip dieser Wirtschaften, daß es um Kapitalakkumulation gehen soll. Nur mit dem Wegräumen dieses Prinzips eröffnet sich eine „Alternative“, vorher, in diesem System nicht.

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Meinung vor Gericht: Inge Viet verurteilt

24. November 2011 8 Kommentare

Wie man unter anderem der „jungen Welt“ entnehmen kann, sind die beiden Antimilitaristen Inge Viet und Thies Gleiss vom Landgericht Berlin wegen ihrer Meinungen zur Bundeswehr und deren Kriegen verurteilt worden (hier ein weiterer Kommentar).

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Georg Kreisler ist gestorben

23. November 2011 Kommentare ausgeschaltet

Nachdem erst vor ein paar Tagen Franz-Joseph Degenhard gestorben ist, ist ihm mit Georg Kreisler nun ein weiterer Barde meiner linken Jugendzeit ins Grab gefolgt. Beide haben sich letztlich genauso die Zähne an der deutsch(sprachigen) politischen Landschaft ausgebissen, wie dezidiertere Gesellschaftskritiker. Andere, wie Biermann z.B., sind dafür voll und ganz in ihr angekommen. Was bei dem einen oder anderen auch schade war.

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Freerk Huisken: Was ist „brauner Terror“und wie kommt es dazu ?

15. November 2011 Kommentare ausgeschaltet

1.
„Brauner Terror“, heißt es, liegt dann vor, wenn deutsche Rechtsextremisten aus dem Untergrund heraus über mehr als ein Jahrzehnt lang in ihrem fanatischen Ausländerhass türkische Dönerbuden- oder Kioskbesitzer gezielt töten und wieder abtauchen, ohne in Bekennerschreiben extra darauf hinzuweisen, dass für sie jeder in Deutschland lebende Türke oder Grieche einer zu viel ist. Von Terror, zumal von „braunem Terror“ kann deshalb da nicht die Rede sein, wo im Zuge demokratisch legalisierter Ausländerpolitik um Europa eine „Mauer“ gezogen wird, die den Zuzug von unerwünschten Ausländern verhindern soll und an der jährlich Hunderte von Ausländern jämmerlich verrecken – zu Lande, aber vor allem im Wasser des Mittelmeers. Auch dort kann von „braunem Terror“ nicht die Rede sein, wo Menschen mit fremder Staatszugehörigkeit auf der Grundlage des Ausländergesetzes hierzulande das Leben so schwer gemacht wird, dass sie entweder freiwillig wieder in jene Regionen zurückkehren, in denen sie um ihr Leben fürchten mussten, oder sich hier umbringen. Schließlich fällt es nicht unter „braunen Terror“, wenn Menschen, die sich hier illegal aufhalten, erst in Ausländerbaracken konzentriert, dann in Abschiebegefängnisse überführt und schließlich gefesselt per Flieger wieder dorthin zurück verfrachtet werden, wo sie ihres Lebens nicht sicher waren. Es handelt sich in diesen Fällen deswegen nicht um „braunen Terror“, weil all diese, rücksichtslos gegenüber Leib und Leben von Ausländern durchgeführten Maßnahmen erstens nicht von fanatischem Ausländerhass, sondern von politisch kalkulierter Ausländerfeindschaft der Demokraten zeugen, weil sie zweitens nach Recht und Gesetz verfügt werden, weil sie drittens nicht aus dem Untergrund, sondern in aller Öffentlichkeit im polizeilichen Obergrund passieren und weil sie viertens regelmäßig mit „Bekennerschreiben“ versehen sind, die sich in allen deutschen Tageszeitungen als Informationen der Innenminister über neue Maßnahmen zum Schutz der Heimat vor illegalen Ausländern und als Statistiken über deren erfolgreiche Durchsetzung lesen lassen.
2.
Die öffentliche und politische Aufregung über die Mordtaten der rechtsextremen Gruppe gilt deswegen auch primär der Frage, wie es denn sein kann, dass so ein vorher schon dem Thüringer Verfassungsschutz bekanntes Trio vor seiner geplanten Verhaftung abtauchen und dann jahrelang unerfasst ihrem selbst gewählten Auftrag nachgehen konnte, in der deutschen Heimat Ausländer zu dezimieren? Welche Behörde da versagt hat? Welchen Spuren man warum keine Bedeutung beigemessen hat? Oder ob da der Verfassungsschutz vielleicht sogar seine Hände mit im Spiel hatte? All das sind Fragen, die allein erörtern, wieso rechtsextreme Gesetzesbrecher unserer doch sonst so gut funktionierenden Exekutive jahrelang durch die Finger schlüpfen konnten. Mit dieser hübschen Themenverschiebung beschäftigen die Medien von BILD bis Spiegel, von FAZ bis SZ die Öffentlichkeit: Wie effektiv sind unsere Verfassungshüter? Wie gut gerüstet sind unsere Kriminalkommissariate? Wie sehr hindert der Föderalismus die staatlichen Gewaltinstrumente an kooperativem und abgestimmtem Zuschlagen?
Was sie weniger bis gar nicht interessiert ist die Frage nach dem Grund für derart fanatische Ausländerfeindschaft jener inländischen Bürgern, die doch weder zum Greifen noch zum Kasernieren oder Abschieben von Ausländern und erst recht nicht zur Ausübung von Gewalt gegen sie befugt sind? Deswegen kommt den Protagonisten der angelaufenen öffentlichen Debatten auch nicht in den Sinn, dass hier vielleicht gut erzogene Deutsche, die von ihren Regierungen gelernt haben, dass „das Boot voll ist“, dass zu viele Ausländer „das deutsche Volk durchrassen“, die deswegen die Parole „Lieber Kinder statt Inder“ für angesagt halten und die schließlich jenen Vertretern demokratischer Parteien zustimmen, die nicht nur Bedenken gegen eine doppelte Staatsbürgerschaft anmelden, sondern allen Integrationsbemühungen am liebsten eine Absage erteilen würden usw., dass also diese gut erzogenen Deutschen in ihrer nationalistischen Enttäuschung über den ihrer Auffassung zufolge unzureichenden Schutz des deutschen Volkstums vor Ausländern durch die deutsche Politik vielleicht diese Sache selbst in die Hand genommen haben; dem Vorbild jener Deutschen folgend, die einst in Hoyerswerda, Mölln oder Solingen Ausländerwohnheime und Wohnungen abgefackelt haben. Nur eben geplant und organisiert aus dem Untergrund heraus, wohl wissend, dass zur Tötung von Ausländern Privatmenschen nicht befugt sind. Im Recht fühlen sie sich allemal: als Deutsche eben, die jahrelang mit dem Urteil konfrontiert worden sind, dass Ausländer hier eigentlich nichts zu suchen haben und dass deswegen über jede Ausnahme lange debattiert werden muss, ehe sie penibel in Paragraphen umgesetzt wird. Und deswegen teilen sie auch den Standpunkt so vieler deutscher Vaterlandsfreunde, die sich diese Verdachtshaltung gegenüber allem Ausländischen in eine Schuldfrage übersetzt haben: Schuld an Arbeitslosigkeit und Verarmung, an Drogenkriminalität und „Parallelgesellschaften“, die in Deutschland Unordnung, Verwahrlosung und Volkszerrüttung anrichten, haben dann eben erstens die Ausländer und zweitens deutsche Politiker mit ihrer verfehlten Ausländerpolitik.
3.
Kritische Demokraten wie Prantl (SZ) oder Cem Özedmir (Grüne) haben sofort eine aparte Variante dieser ärgerlichen Themenverschiebung auf Lager: Sie sehen den Grund für die Panne der staatlichen Exekutivbehörden darin, dass die „auf dem rechten Auge blind“ sind. Sie präsentieren sich als Freunde des Zuschlagens staatlicher Gewalt gegenüber politisch unerwünschten Gruppierungen – nur muss die eben gerecht erfolgen. Gegen Anarchisten wie einst die RAF und andere Linke, die sich etwas gegen Regierung und Staatsgewalt herausnehmen, haben Verfassungsschützer und Polizeiorgane beide Augen offen, mäkeln sie. Das geht für sie in Ordnung, macht es aber notwendig, die Rechtsextremen mit derselben staatlichen Aufmerksamkeit zu beglücken. Die Gerechtigkeit des Rechtszugriffs gegenüber linken und rechten Abweichungen vom demokratischen Konsens ist ihre Themenvariante. Und ungerührt schließen sie sich dem Ruf nach einem erneuten Antrag zum Verbot der NPD an – „wenn es wirklich so ist, dass diese Partei Gewalttaten befördert“ (Prantl, SZ, 14.11.).
Ob sich dieser Freund der gerechten Gerechtigkeit im Klaren darüber ist, dass er mit der Parteinahme für ein Verbot all jener politischen Parteiungen, die nicht mit einer tiefen Verbeugung vor der Demokratie antreten, einen staatlichen Umgang mit dem politischen Gegner empfiehlt, der in jenem System an der Tagesordnung war, dessen neue Vertreter ihn gerade so in Rage bringen? Und hat er einmal darüber nach gedacht, wen es alles zu verbieten gälte, wenn er sein eigenes Diktum ernst nähme, demzufolge ein Verbot all jene Parteien zu treffen habe, die „Gewalttaten befördern“? Aber wahrscheinlich hat ihn nur sein Juristenverstand in die Irre geführt. Er wollte sagen, dass ein solches Verbot nur jene Parteien treffen möge, die unbefugt Gewalttaten befördern. Befugte Gewalttäter sind natürlich keine, sondern heißen Verteidiger von Freiheit bis zum Hindukusch, Schützer der Heimat vor den Feinden des Staates, Sicherer der (europäischen) Grenzen vor unerwünschten Ausländern, Bewahrer der inneren Ordnung gegenüber allen ihren Kritikern, Wächter über das Privateigentum an Kapital, Anwälte der Rechtsordnung, Kämpfer gegen Unrechtsstaaten usw.
[von Freerk Huiskens Webseite, von mir konvertiert aus seinem PDF ]

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Paul Mattick: Marx und Keynes -Die Grenzen des »gemischten Wirtschaftssystems«

8. November 2011 2 Kommentare

Ich habe die OCR-Umwandlung des Buches von Paul Mattick: „Marx und Keynes -Die Grenzen des »gemischten Wirtschaftssystems«“ noch etwas überarbeitet und jetzt die verbesserte Version hochgeladen. Sie ist in meinem Download-Bereich unter „Restliches“ aufgelistet. Zudem habe ich auch noch ein epub daraus gemacht für E-Reader.

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Marx versus Keynes

6. November 2011 30 Kommentare

Im Ankündiger für eine weitere Krisenveranstaltung „Über die empörten Kritiker der Krise und die Occupy-Bewegungen“ des GegenStandpunkts am 8.11.2011 in Wien findet sich folgender Satz:

Was in früheren Krisen durchaus einen Versuch wert war, das war der Anlauf, viel Staatskredit in die Infrastruktur zu „investieren“ und „Zukunftsindustrien“ zu fördern

Das klingt für mich fast wie eine ex-post-Ehrenrettung des Keynesianismus, den vor allem die Sozialdemokratie in früheren Jahrzehnten durchgängig auf ihre Fahnen geschrieben hatte und was selbst jetzt, nach einigen Jahrzehnten der Vorherrschaft des berüchtigten Neoliberalismus, noch oder wieder manchen Anhänger findet, auch wieder zumeist auf der Linken.
Ich bin vor ein paar Tagen auf eine gerade herausgekommene kleine Broschüre der Rosa Luxemburg Stiftung zum Thema „Ist die ganze Welt bald pleite? Staatsverschuldung: Was sie ist und wie sie funktioniert“ gestoßen (sie gibt es mittlerweile auch als HTML-Version), Autoren sind Ingo Stützle, Redakteur bei ak – analyse & kritik und Stefan Kaufmann, Wirtschaftsredakteur der «Berliner Zeitung». Etwas voreilig/vollmundig hatte ich das Ding auf Ingos facebook-Seite so kommentiert:
„Ich fand das Teil nämlich grottenschlecht in seinem verharmlosenden Linkskeynesianismus, daß ich es gleich als schlechtes Beispiel verwurstet habe“, worauf Ingo nicht ganz überraschend gleich eingewandt hat: „Über eine inhaltliche Kritik freue ich mich natürlich – als Linkskeynesianer lasse ich mich natürlich ungern schimpfen!“ Er hat dazu auch gleich folgendes nachgetragen: „Meinen Senf zu Keynes habe ich in der Prokla 157 abgegeben.“
Als jemand, der sich weder mit Marx noch mit Keynes wirklich auskennt, geschweige denn mit der marxistischen Kritik am Keynesianismus werde ich mich jetzt sicherlich schwer tun, meine „Anschuldigung“ mit Fleisch zu füllen. Mir fällt da eigentlich nur ein altes Buch ein, daß ich vor langen Jahren mal gelesen habe und mir nun nochmal vornehmen werde:
Paul Mattick: Marx und Keynes – Die Grenzen des „gemischten Wirtschaftssystems“. Europäische Verlags-Anstalt, Frankfurt a.M. 1974. schon lange vergriffen. In der englischen Version kann man es bei scribd nachlesen, auf deutsch hier als SCan und hier als OCR-PDF.
Und ein Artikel des Cheftheoretikers/historikers der trotzkistischen IKL, Joseph Seymour, der vor zwei Jahren in deren Hauptzeitung „Workers Vanguard“ veröffentlicht wurde, und bei mir im Downloadbereich zu finden ist.

Occupy: „Wir sind die 99% – Wofür taugt dann die Demokratie?

5. November 2011 1 Kommentar

Meine Übersetzung des Statements der amerikanischen Freunde des GegenStandpunkt von Ruthless Criticism, auf den Kowalski schon hingewiesen hatte:
„Aus Empörung über die das schwere Los, das die überwältigende Mehrheit tragen muß und über die Bevorzugung einer kleinen Elite von Banken und Konzernen durch die Regierung rufen die Demonstranten „Wir sind die 99%!“ – um damit zum Ausdruck zu bringen, dass die übergroße Mehrheit nichts zu sagen hat, während eine winzige Minderheit der Nation ihren Weg vorgibt. Das ist zweifellos richtig, aber was für Schlussfolgerungen ziehen die Occupy-Protestler daraus?
Daß so was doch eigentlich gar nicht wahr sein kann! Sie haben einen langen Katalog von Beschwerden veröffentlicht und auf ihrer offiziellen Webseite kann man hunderte von individuellen Geschichten des Elends und der Verzweiflung nachlesen. Sie nehmen an, dass all dies auf einen Verstoß gegen „unser System“ zurückzuführen sei, wo es doch die Aufgabe der Regierung sei, dafür zu sorgen, dass es allen Menschen gut geht. Aber zeigt die Armut der Massen nicht, dass die Annahmen der Occupy-Protestler daneben liegen könnten, dass die Aufgabe der Macht in der Demokratie etwas komplett anderes ist? Legt nicht schon die Tatsache, dass die Demonstranten, nur um Gehör zu finden, auf öffentlichen Plätzen kampieren müssen und dies nur tun können, solange die Behörden dies überhaupt zulassen, nahe, „so sieht Demokratie eben aus“?
Ganz offensichtlich liefert das Leben im Kapitalismus den Leuten allerhand Gründe für Proteste. Aber die Protestierenden sehen in allem nur einen Skandal und wollen nicht begreifen, dass die Wiederbelebung der Wirtschaft es erfordert, dass die Bevölkerung dafür verarmt werden muß. Statt desen geben sie der Gier der 1% die Schuld, perfekt symbolisiert durch die Wall Street. Gemäß den Occupy-Protestierern gehen die Sünden der „Konzernmächte der Welt“ weit darüber hinaus, Rettungsgelder bekommen zu haben: „Sie“ führen Zwangsenteignungen bei Wohnhäusern durch, sie zerstören die Umwelt und vergiften vorätzlich Nahrungsmittel, unterminieren das Tarifvertragsrecht, verlagern Arbeitsplätze ins Ausland, kürzen die Löhne, usw. usw. Aber was soll man aus all diesen üblen Erfahrungen für Schlüsse ziehen?
Occupy antwortet: „Der Profit steht über den Menschen“ Wollen sie damit sagen, dass das Wohlergehen der großen Mehrheit der Menschen einfach nicht zussammengeht mit der Wirtschaftsordnung, wo es darum geht, aus Geld mehr Geld zu machen? Oder glauben sie, dass das Spezialinteresse einer winzigen Minderheit eine ansonsten unzertrennliche nationale Gemeinschaft zerstört? Offensichtlich halten die Protestierenden das zweite für richtig: Die Gier der Reichen und einer mächtigen kriminellen Minderheit hat ihren amerikanischen Traum zerstört, in dem die Reichen und Mächtigen schon reich und mächtig sein dürfen, aber letztlich das Volk herrschen soll.
Das ist einer der Gründe, warum, bei all dem öffentlich geäußerten Verdächtigungen, dass da eine neue Generation von „Hippies“ und anderen Unerwünschten heranwachsen könnte, diese Bekundungen vom Glauben an den Amerikanischen Traum den Protesten ein erstaunliches Ausmaß an Symphatien eingebracht haben. Auch wenn Politiker sicherlich nicht erfreut sind, Demonstrationen auf den Straßen zu sehen, so ist dies doch der unerschütterliche Galuben an „das System“, auf dass sie setzen, wenn sie predigen, dass die Banken „systemische Bedeutung“ haben und dass es „unglücklicherweise notwendig“ sei, vom Rest der Bevölkerung Opfer zu verlangen. Es ist natürlich ein böser Scherz,, wenn die Regierung die Rettung der Banken als eine pure Notwendigkeit verkauft, die letztlich genau den Menschen nützen würde, die dafür mit einem gerüttelt Maß an Austeritätsmaßnahmen bezahlen müssen.
Es ist aber so, dass dieser böse Witz mehr als nur ein bisschen Wahrheit in sich hat: die Regierung rettet nicht die Banken und und verhängt eine massive Sparpolitik für die Menschen, weil korrupte Politiker ihren Auftraggebern einen Gefallen tun müssen. Der Grund liegt darin, dass der Profit weit mehr ist als das Spezialinteresse der Reichen und Mächtigen. Er ist nicht weniger als der Reichtum kapitalistischer Nationen. So sieht der Reichtum aus, für den die Menschen arbeiten, wenn sie jeden Morgen in die Fabriken und Büros gehen. Genau so funktioniert „unser System“ und „unsere Wirtschaft“.: Es gibt keine Arbeitsplätze, keinen Lebensunterhalt, keine Zukunft, wenn die Firmen nicht aus ihrem Geld mehr Geld machen können. In „unserem System“ mag das Profitmachen die Menschen ruinieren, aber die Menschen können nicht leben, wenn die Kapitalisten keine Gewinne machen.
Es ist also schon richtig, dass die Politiker, wenn sie die Finanzmacht der Banken wiederherstellen während sie den Staatshaushalt zusammenstreichen, dass sie damit nicht den Interessen „der 99%“ dienen. Was aber falsch ist, ist, dass dies in irgendeiner Weise einen Widerspruch zur Demokratie darstellt. Schließlich hat jeder Staatsbürger, reich oder arm, das gleiche Recht, die Politiker zu wählen und zu ermächtigen, die dann alles tun, was in ihrer Macht steht, um die schädliche Sorte Wohlstand zu befördern, der die Basis „unseres Systems“ ist. So sieht Demokratie dann aus.“

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M. Heinrich: An Introduction to the Three Volumes of Karl Marx’s Capital

3. November 2011 3 Kommentare

Folgende Ankündigung ist bei MONTHLY REVIEW PRESS erschienen:
Heinrich: Introduction
Michael Heinrich: An Introduction to the Three Volumes of Karl Marx’s Capital
Paperback, 220 pages
ISBN-13: 978-1-58367-288-4
Cloth (ISBN-13: 978-1-58367-289-1)
Forthcoming in June 2012

„The global economic crisis and recession that began in 2008 had at least one unexpected outcome: a surge in sales of Karl Marx’s Capital. Although mainstream economists and commentators once dismissed Marx’s work as outmoded and flawed, some are begrudgingly acknowledging an analysis that sees capitalism as inherently unstable. And of course, there are those, like Michael Heinrich, who have seen the value of Marx all along, and are in a unique position to explain the intricacies of Marx’s thought.
Heinrich’s modern interpretation of Capital is now available to English-speaking readers for the first time. It has gone through nine editions in Germany, is the standard work for Marxist study groups, and is used widely in German universities. The author systematically covers all three volumes of Capital and explains all the basic aspects of Marx’s critique of capitalism in a way that is clear and concise. He provides background information on the intellectual and political milieu in which Marx worked, and looks at crucial issues beyond the scope of Capital, such as class struggle, the relationship between capital and the state, accusations of historical determinism, and Marx’s understanding of communism. Uniquely, Heinrich emphasizes the monetary character of Marx’s work, in addition to the traditional emphasis on the labor theory of value, thus highlighting the relevance of Capital to the age of financial explosions and implosions.“

Eine positive Rezension wird auch gleich mitgeliefert. Und zwar von Stephan Kaufmann (!) in der „Berliner Zeitung“:

In only 220 pages the author achieves a summary of the three volumes of Capital: explaining the connection between labor, commodities, and money, how surplus value arises, what capital is, the role of banks and stock exchanges, and from where crises arise. Alongside this he manages to fit in the history of Marxism, demystify the ambiguous term dialectic, and throw in a final chapter on the role of the state in capitalism, all the while refuting common mistakes in the Marxian corpus.

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Occupy Oakland – Wirklich ganz ganz wichtig? (Die Diskussion dominierte dann aber bald die Auseinandersetzung mit nobody (früher libelle)

3. November 2011 253 Kommentare

In einem eigentlich doch schon recht anders gelagerten Thread hat heute morgen jemand atemlos herein gepostet:

„Warum wird nicht über occupy oakland gesprochen?“

Um über diese gar nicht mal unwichtige Geschichte separat diskutieren zu können, habe ich das jetzt hier hin rausgezogen.

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Überalterung und Isolierung

3. November 2011 9 Kommentare

Ähnlich wie bei der DKP sind eigene Aktivitäten der KI [Kommunistische Initiative] kaum zu erkennen. Vielmehr wandelt sie auf den Pfaden der DKP und sucht dort Anschluss, wo andere Veranstaltungen organisieren.
In einer ähnlichen Situation wie die oben dargestellten Organisationen befinden sich auch viele andere linksextremistische Organisationen. Teilweise ist deren Überalterung und Isolierung noch sehr viel stärker ausgeprägt. Organisationen wie die „Marxistische Gruppe“ (MG) nehmen dadurch zum Beispiel deutlich eher den Charakter einer selbstbezogenen Sekte anstatt einer engagierten politischen Gruppierung an und beschäftigen sich unablässig mit Problemen, die niemand hat – außer sie selbst.

Aus dem Verfassungschutzbericht 2010 Brandenburg, gefunden bei der MLPD, die der KI sicher näher steht als ich.

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Ofenschlot: Diskussionsforum jetzt hier möglich

28. Oktober 2011 7 Kommentare

Wal Buchenberg hat ja recht: Es wird sicherlich immer mal wieder den einen oder die andere geben, die zu Artikeln vom Blogger Ofenschlot was sagen/schreiben wollen und ihm das nicht nur individuell stecken wollen (immerhin hat er eine Kontakt-Box, selbst sowas haben ja nicht alle Blogs), sondern genauso „öffentlich“ machen wollen wie er. Bisher geht das nicht, weil Ofenschlot dies blogtechnisch verhindert. Warum also nicht woanders, warum also nicht hier?
Es ist also jeder eingeladen, seine eigentlich dort besser angebrachten Kommentare wenigstens hier anzubringen. Es dürfte sicherlich erstmal reichen, dies hier als Ofenschlot-Sammelthread aufzumachen. Wenn das dann „überlaufen“ sollte, würde ich das dann, wie schon vorgeschlagen, artikelweise aufsplitten.

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Polemische Charakterisierung des Meinens

28. Oktober 2011 34 Kommentare

Wie man sehen kann (nämlich beim Blogger ofenschlot) sind es nicht nur die Anhänger des GegenStandpunkts, die von der hohen Schule des Meinens in unserer Gesellschaft nicht viel halten. Ofenschlot hat jedenfalls in einem Buch »Die idealistische Kritik des Willens. Versuch über die Theorie der praktischen Subjektivität bei Kant und Hegel.« (von einem Andreas Dorschel, ich kenn den nicht, aber ich lese ja auch keine Bücher) ein schönes polemisches Zitat zum Thema gefunden.

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25.10.11 Wirth zur Finanzkrise: Mitschnitt verfügbar

27. Oktober 2011 Kommentare ausgeschaltet

Jahr 5 der Weltfinanzkrise. Imperialistische Geldsorgen – und wie die Völker mit ihnen behelligt werden
Datum: Dienstag 25.10.2011
Ort: Mehringhof Berlin
Der Mitschnitt ist hier (einige Pegelschwankungen, aber direkter dran) oder hier (gleichmässiger, aber auch gleichmässig hallig) verfügbar.

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Peter Decker zum Wunsch nach Rückkehr zur „Normalität“

27. Oktober 2011 2 Kommentare

Peter Decker hat bei der Nürnberger Veranstaltung des GegenStandpunkt zur Finanzkrise am 20.10.2011 zum Schluß hin auch ein paar kritische Ausführungen gemacht zur Sehnsucht so vieler Antikrisenaktivisten, daß doch die Normalität wieder einkehren möge, wieder hergestellt werden möge:

„Menschen demonstrieren, in allen Hauptstädten Europas, beklagen sich, empören sich, drücken ihre Enttäuschung aus – ernstlich genommen, ernst gesprochen, ohne Kritik, ohne Häme – drücken ihr Entsetzen darüber aus, dass es bei ihnen so zugeht. Das hätten sie ihrem Gemeinwesen nicht zugetraut. Das hätten sie sich nicht gedacht, dass es hier so zugeht.
Die Leute denken, manche sagen ja auch ausdrücklich: „Wir hatten eine Chance und jetzt wird sie uns genommen!“ Sie denken also an die Normalität des Kapitalismus und beklagen die Krise im Namen der Normalität. Und das ist ein Jammer, dass die Leute immer bloß in der schlimmsten Krise das Meckern anfangen und dann nichts anderes dagegen zu setzen wissen, als daß doch gestern Alles ganz normal gelaufen ist. Sie wollen einfach nicht zur Kenntnis nehmen, oder nicht ernst nehmen, oder nicht gelten lassen, dass es genau die Normalität von gestern war, die all die Gründe und Mechanismen enthält, die periodisch halt zu Krisen, schlimmeren und nicht so schlimmen, jetzt ganz schlimmen führt.
Wenn man nichts anderes im Kopf hat als den Wunsch, „Kann man denn nicht zur Normalität zurückkehren? Warum kann man es eigentlich nicht haben sie gestern?“ Dann muss man eigentlich den Leuten zweierlei sagen: Erstens, um genau das bemühen sich die Regierungen. Und es zeigt sich, so leicht ist das gar nicht mehr zu haben. Wenn erst einmal diese Symbiose von Finanzkapital und Staatsmacht zerbrochen ist, dann gibt es für den Staat keinen Königsweg, keine zuverlässige Schrittfolge, wie das wiederherzustellen ist.
Es gäbe eine Wiederherstellung, das wäre die Streichung all der Titel, die sich als Kapital nicht bewähren. Aber das wäre eben die Enteignung des Volkes, die Enteignung des Staates, die Enteignung der Wirtschaft, dann wäre alles im Arsch. Dann irgendwann würden die Geldbesitzer schon wieder sagen, jetzt traue ich mich wieder auf etwas zu setzen. Jetzt gebe ich wieder Kredit. Aber mit der großen Kreditlast, die jetzt auf allem liegt, mit der Pflicht, zu verwerten und zu verzinsen, wo die Quellen nicht zu sehen sind, aus denen das kommen soll, ist die Rückkehr zur Normalität zur normalen Kooperation und zur wechselseitigen Befruchtung von Staatsmacht und Finanzkapital, ist die nicht zu haben.
Also: wer nichts anderes will als die Rückkehr zur Normalität, muss einfach Geduld haben. Genug Verarmung, genug Schrumpfung des Staates, der sich – das ist ein anderer Ausdruck für die Überschuldung von Staaten – als zu teuer für den Kapitalismus erweist, den er verwaltet (wenn die Staatsschulden im Verhältnis zum Nationalprodukt immer mehr steigen, ist ein anderer Ausdruck zu sagen, der Staat ist zu teuer für den Kapitalismus). Also: Weg damit! Weniger davon! Soziale Abteilungen einschränken, Innovationsabteilungen einschränken, usw. usw. Wenn genug geschrumpft ist, dann geht es schon wieder los.
Aber das drückt ja auch den Wahnsinn aus: die Sehnsucht, zur Normalität zurückzukehren, (was soll ich da jetzt bloß sagen,) da muss man abwarten können. Man muss für einen Teil seiner Lebenszeit sich auf zunehmende Verelendung einrichten, und dann, irgendwann, ganz weit unten, dann geht es schon wieder von vorn los mit dem Zirkus.
Wann übrigens, das ist vielleicht auch noch wichtig zu sehen, das wieder von vorne losgeht, das ist einzig und allein eine Entscheidung der Finanzinvestoren. Wenn die sagen, da kann man drauf setzen, wenn die sagen, da stecke ich mein Geld rein, die Schulden kaufe ich, denen traue ich etwas zu. Das kann schnell gehen, das kann aber auch Jahrzehnte dauern. Es ist wirklich nur deren Entscheidung, ob sie das ganze Leben der Nation als für sich lohnend finden. Dann investieren sie wieder. Vorläufig versuchen sie Ihr Vermögen herauszuziehen aus all den Finanzanlagen, die sie für bedenklich halten.
Mit dieser Perspektive sollte klar sein, dass die Vorstellung, „wir leiden daran, dass der Profit überbetont wird“, meilenweit hinter dem zurückbleibt, was man sagen muss. Die Leute leiden nicht an einem zu hohen Gewicht des Profits, sondern daran, dass er Alles bestimmt, Alles. „

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Berliner Zeitung zur Euro-“Rettung“

27. Oktober 2011 1 Kommentar

Erstaunlich, was man (ab und zu) auch mal in einer ganz normalen bürgerlichen Tageszeitung lesen kann. Stephan Kaufmann hat in der Ausgabe vom 27.10.2011 der „Berliner Zeitung“ folgenden Leitartikel unter dem eher blöden bzw. die weitverbreiteten Illusionen bekräftigenden Titel „Euro-Rettung – so nicht“ geschrieben:

Das Paradox bleibt: Die Anleger fordern Garantien für Kredite, die Regierungen weigern sich erst, geben dann nach und sehen sich mit dem Zweifel konfrontiert, ob die Garantien taugen.
Wer die Euro-Krise liebgewonnen hat, der sei beruhigt: Sie wird uns noch eine Weile erhalten bleiben. Auch die Beschlüsse des neuesten EU-Entscheidungsgipfels werden sie nicht vertreiben. Wer dafür die Politiker verantwortlich macht, der hat einerseits Recht. Andererseits erspart er sich die Einsicht, dass die Politik mit einem gigantischen real existierenden Widerspruch kämpft, der der Logik des Systems selbst entspringt und sich nicht so leicht wegbeschließen lässt.
Ausgangspunkt ist die Feststellung, die Staaten der Euro-Zone hätten zu viele Schulden. Dieses Urteil fällen die Kreditgeber der Staaten , die Finanzmärkte, anhand ihrer immergleichen Kriterien: Sicherheit und Rendite. Angesichts der aufgelaufenen Staatsschulden sind sich die Geldgeber nicht länger sicher, an den Staatsanleihen dauerhaft verdienen zu können.
Die Staaten haben zu viel geliehen – das kann man umdrehen: Die Finanzmärkte haben zu viel verliehen. Damit soll nicht den Anlegern die Schuld an der Misere angehängt, sondern auf das aktuelle Grundproblem hingewiesen werden: Die Schulden der Staaten sind das Vermögen von Banken, Versicherungen und Fonds. Der Finanzreichtum der Welt besteht zu einem großen Teil aus staatlichen Zahlungsversprechen, deren Gültigkeit nun angezweifelt wird. Das bedeutet: Die Finanzmärkte haben zu viele Staatsschulden eingesammelt, zu viele „Finanzprodukte“ kreiert. Sie haben kurz gesagt zu viel Kapital – zu viel, als dass es sich noch verwerten könnte.
Solche Situationen sind üblich im Kapitalismus. Auch die Industrie produziert regelmäßig Waren, die sie nicht verkaufen kann. Die Lösung dieses Problems ist stets die gleiche: Entwertung. Waren und Fabriken werden verramscht oder vernichtet. Genau diese Entwertung aber soll in der aktuellen Krise nicht geschehen. Eine großangelegte Vernichtung von Finanzkapital würde – so fürchtet man – Staaten und Banken in den Abgrund reißen. „Ansteckung“ heißt die Gefahr, die genau so lange droht, wie die Finanzmärkte sie befürchten.
Um die Märkte zu beruhigen, schreitet die Politik daher nun zu einer anderen Lösung. Zum einen wird versucht, über radikale Sparprogramme dafür zu sorgen, dass Länder wieder als rentable Anlagesphäre der Finanzmärkte taugen und der aufgehäufte Staatsschuldenberg darüber wieder solide wird. Zum anderen wird dem Wunsch der Kreditgeber nach einer Garantie ihrer Anlagen entsprochen. Als Garanten treten jedoch genau diejenigen auf, deren Kreditwürdigkeit gerade angezweifelt wird. Mit Geld, das sie nicht haben, sollen Regierungen Staaten retten, Banken sichern und das verloren gegangene Vertrauen in ihre Finanzkraft zurückkaufen.
Dieser Widerspruch wird seit Monaten durchgespielt: Die Anleger fordern Garantien für ihre Kredite, die Regierungen weigern sich zunächst, geben dann nach und sehen sich anschließend mit dem Zweifel konfrontiert, ob sie sich diese Garantien überhaupt leisten können. Damit gerät die Vertrauenskrise zu einem Dauer-Zirkel, der sich kurzfristig wohl nur durchbrechen ließe, wenn die Europäische Zentralbank als Garantin einspränge. Denn nur sie kann theoretisch unbegrenzte Summen aufwenden – mit all den Gefahren, die damit verbunden wären. Die Weigerung insbesondere Deutschlands, der EZB diese Rolle zuzuweisen, speist sich aus dem Optimismus, die Krise auch ohne diese ’nukleare Option’ beenden zu können.
Daher sollen nun schärferes Sparen, ein Schuldenerlass für Griechenland, höhere Kapitalreserven für Banken und eine Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF den Finanzmärkten das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit Europas wieder einflößen. Ob dies klappt, ist zweifelhaft. Jede dieser Maßnahmen ist dazu angetan, das Misstrauen weiter zu befeuern.
Denn mit dem Schuldenschnitt revidiert die Politik ihren alten Standpunkt, dass die radikalen Sparprogramme funktionieren. Mit der Rekapitalisierung der Banken widerspricht sie ihrer Versicherung, das Bankensystem sei stark genug. Mit der Ermächtigung des EFSF zur Stützung von Banken widerruft sie ihre Behauptung, diese Rekapitalisierung reiche aus, um die Banken krisenfest zu machen. Mit der Vergrößerung des EFSF kassiert sie ihr Urteil, bei der Krise handele es sich lediglich um das Problem einiger kleiner, unsolide haushaltender Staaten. Mit der Hebelung des EFSF auf immer neue Milliardensummen widerlegt sie ihre Behauptung, die Euro-Zone sei letztlich nicht in Gefahr. Und mit dem permanenten Streit um die Kosten der Euro-Rettung, mit den Bedenken gegen Euro-Bonds und eine stärkere Beteiligung der EZB, mit den strengen Auflagen für Hilfsmaßnahmen – kurz: mit der immerzu betonten Bedingtheit ihrer Hilfen widerspricht sie ihrem eigenen Bekenntnis, unbedingt und alles zu tun, um den Euro zu retten.

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