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Archiv für die Kategorie ‘(1) MG + GSP’

Ein Dreh weiter in der Spirale des spekulativen Wahnsinns

13. August 2007 8 Kommentare

Das war eine Zwischenüberschrift zu einem Artikel im Heft 2-06 des GegenStandpunkt, der ausführlich aber zugegebenerweise dem Thema angemessen etwas „schwierig“ auf die Entwicklungen des fiktiven Kapitals eingegangen ist. Mir scheint das auch nach Abklingen der „Heuschrecken“-Debatte angesichts der Volten auf den Kreditmärkten und in der Finanzwelt immer noch das Beste zu sein, was man dazu lesen kann. Ich habe ihn deshalb eingescannt und in meinem Downloadbereich zur Verfügung gestellt.

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Dieser Mensch ist z.B. nur König, weil sich andre Menschen als Untertanen zu ihm verhalten (II)

30. Juli 2007 5 Kommentare

ascetonym hat einen schönen Witz gefunden , der die Staatsdiskussion sozusagen auf den Punkt bringt:

Ich hab auch noch einen alten MG-Cartoon in guter Erinnerung, obwohl Humor nun wirklich nicht ihre starke Seite war.
Ich find den Witz immer noch gut, obwohl ihn wahrscheinlich kein Mensch versteht, wie gesagt, im Original ein Cartoon:
Zwei Positivisten hocken auf einer Wippe.
Sagt der eine: „Ach, in der Welt gehts doch zu, wie auf der Wippe; die einen sitzen immer oben, weil die andern immer unten sitzen.“
Sagt der andere: „Ach du weißt ja gar nicht, wie recht du hast.“

Doch, doch. Hier ist schon Ende Gelände des Cartoons.
Klassischer MG-Witz. Um die Pointe zu checken, muss einer schon Comte gelesen haben.
Soviel zum „umsonst“.

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Methodik bei der politischen Agitation — Am Beispiel Theo Wentzke

25. Juli 2007 37 Kommentare

Bei einem der letzten Jour fixe der GegenStandpunkt-Redaktion in München wurde folgendes zur Methodik bei der politischen Agitation festgehalten:
„Auf die Anfrage, wie in einer politischen Debatte mit Bürgern vorzugehen sei, wurde der Hinweis gegeben, zunächst deren Interessen und Fragestellungen zu erkunden, herauszubekommen, was diese Leute umtreibt, und sie nicht mit kommunistischen Argumenten und ihre Verpflichtung darauf zu überfordern bzw. zu verprellen. Empfehlungen für Debatten und Diskussionen werden nicht gegeben.“
Theo Wentzke hat dies in einem Interview mit Radio Corax –
Freies Radio im Raum Halle auf UKW 95.9 – am Tag seiner Veranstaltung zum „Linksruck in Lateinamerika“ in Leipzig am 5.7.07 sozusagen archetypisch umgesetzt. Hier seine letzten Bemerkungen:

Und Chavez redet zwar vom Sozialismus des 21 Jahrhunderts, er macht aber eigentlich gar keine Politik, die traditionellerweise als sozialistisch gilt. Er verstaatlicht zum Beispiel nicht, oder er vergesellschafteten nicht die Unternehmen. Er lässt sie eigentlich als privat kapitalistische Unternehmen bestehen. Was er gemacht hat ist, die Versorgungsunternehmen zu verstaatlichen, um die Grundversorgung der Bevölkerung zu garantieren. Aber viele große Teile der Industrie sind und bleiben privat. Jetzt kommt aber der Widerspruch: Er verlangt von den Unternehmen, sie sollen Arbeiter einstellen, sie sollten keinen mehr entlassen, sie sollen quasi ihren Profit teilen. Und da ist der „Kasus knaxus“, denn kapitalistische Unternehmen rechnen auf Gewinn, und wenn ihnen der Gewinn weg gesteuert wird durch Staatsauflagen, dann versuchen sie, wenn möglich, das Kapital zu verlagern, Kapitalflucht zu machen. Und darüber hat sich die Bewegung zum Teil zerstritten. Denn es gibt bürgerliche Parteigänger von Chavez, die sich jetzt natürlich angegriffen fühlen in ihrer ökonomischen Existenz. Es gibt aber auch linksradikale, oder weiter nach links verdrängende Kräfte, die enttäuscht sind, dass Chavez diese Unternehmer nicht verstaatlicht. Und darüber gibt es in der Bewegung Streit.
….
Bei uns gibt es eine hoch entwickelte Industrie, die könnte alle prächtig ernähren und viele andere dazu, viele andere arme Völker und Länder. Nur ist es halt kapitalistisch organisiert. Und jetzt kommt der wunde Punkt: Die Linke, oder diejenigen, die das ändern wollen, die sollten nicht auf irgendwelche Hoffnungen setzen, sondern die müssten sich überlegen: Was müsste man hierzulande tun, um dem Staat, um den Unternehmern die Mittel zu bestreiten, mit denen sie so verfahren, wie sie das tun. Da ist zugegebenermaßen zurzeit die Lage sehr trüb. Denn weder sind die Gewerkschaften übermäßig antikapitalistisch, sie sehen viele Auflagen ein, machen Tarifverträge länger arbeiten und weniger verdienen, wie bei der Telekom, aber auch die Arbeiterbasis ist nicht gerade antikapitalistisch und lässt sich das gefallen. Sie setzt auf die Konkurrenz, auf die Profitwirtschaft, und da müsste man etwas dafür tun, wieder eine Basis zu schaffen für eine antikapitalistische Politik hierzulande und das bedeutet dann auch wieder, die Lage weltweit ändern, wenn es in Europa eine starke antikapitalistische Bewegung gäbe, die auch in der Basis des Volks verankert wäre. Das würde die Kräfteverhältnisse weltweit natürlich entscheidend ändern. Was wir vorhin gesagt haben, Chavez steht unter der Erpressung der großen imperialistischen Länder. G7, G8, das würde sich ändern, wenn Teile der G8-Länder nicht mehr so sicher stehen zu so einer Politik, weil die Bevölkerung dagegen ist.

Ich habe bei solch weichgespültem Kommunismus wie immer mal wieder von Theo Wentzke immer das Deja vu, als ob da immer noch die gute alte DKP-Agitation ihre Urständ feiert. Oder es ist sehr, sehr ironisch gemeint, aber gerade die steht ja bei Theo nicht gerade im Vordergrund. Auf jeden Fall ist es gelinde gesagt missverständlich, wenn so locker Verstaatlichungen mit „Vergesellschaftung“ gleichgesetzt werden oder dem DGB zugeschrieben wird, nicht „übermäßig antikapitalistisch“ zu sein. Man muß auch nicht unbedingt den Begriff „Volk“ benützen, wenn man die anspricht, die man agitieren will. Man muß ja nicht gleich zum alten Kampfbegriff „Arbeiterklasse“ greifen! Denn soviel stimmt ja, Klassenkampf wird zur Zeit recht ausschließlich von oben geführt, von der Bourgeoisie und dem kapitalistischen Staat des ganzen Volks.

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Es ist genug für alle da! (Zur Grundeinkommensdebatte)

25. Juli 2007 Kommentare ausgeschaltet

Auf der Webseite von „GO-Dogma – Die undogmatische Grundorganisation der KPOE“ hat mal wieder ein Freund der GegenStandpunkte einen Diskussionsbeitrag zur auch in Österreich geführten Debatte um die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen veröffentlichen können. Er ist hier gespiegelt:

Das Grundeinkommen soll, wie es in der KP-Broschüre „Es ist genug für alle da!“ heißt, „allen Mitgliedern einer Gesellschaft bedingungslos und damit unabhängig von Arbeit, Arbeitsbereitschaft oder Bedürftigkeit ein Einkommen zur Verfügung stellen“. Damit würden „bürokratische Hürden“ bei AMS und Sozialamt wegfallen und es bestehe dann „kein Zwang mehr, alle möglichen Arbeiten annehmen zu müssen“ und die Leute wären nicht weiter einer „entwürdigenden gesellschaftlichen Stigmatisierung ausgesetzt“. Schließlich stellt die KPÖ fest, dass für so etwas „also nicht das Geld, sondern der politische Wille“ fehlt. Wer hätte das gedacht? Dem Kapitalismus fehlt doch glatt der politische Wille zum Sozialismus!
In der Debatte übers Grundeinkommen wird die Arbeitsbereitschaft, also der lebenslange Druck auf Lohnarbeiter, arbeiten zu müssen, als Grundübel für die und überhaupt als Voraussetzung der Proletarierexistenz benannt. Aus dem Grund gibt die erwünschte Abschaffung des Arbeitszwangs keinen vernünftigen Grund für ein Grundeinkommen her, sondern für die Abschaffung der Lohnarbeit! Deswegen ist die Forderung nach einem Grundeinkommen oder ähnlichem so folgerichtig, wie verkehrt.
Der im Wunsch nach einem Grundeinkommen vereint mit der KP streitende Philosoph Karl Reitter, übersetzt, anlässlich der Grundsicherungs- bzw. Grundeinkommensdebatte, die sorgenvolle Frage des Kapitals, der KPÖ und aller anderen ums Gemeinwohl besorgter Bürger, die da lautet „wer wird dann noch arbeiten gehen?“ in „wer wird dann noch bereit sein, sich dem Zwang zur Lohnarbeit mit allen Konsequenzen bedingungslos zu unterwerfen?“ Auch er hat die politökonomische Zweckbestimmung des Arbeitens richtig erkannt – um sich dann selbst vor dieser entscheidenden Frage zu drücken, indem er sie einfach leugnet und mit der Antwort „hoffentlich niemand“ abtut, wobei es sowieso klar sein dürfte, dass sich niemand freiwillig drangsalieren lässt und er sich diese Antwort hätte sparen können.
Ein solches „Einkommen“ wäre bloß ein Akt der Elendsverwaltung und die praktische Umsetzung würde unweigerlich an das deutsche Hartz-IV-Modell erinnern. Reitter begründet das Grundeinkommen pikanterweise damit, dass dadurch „unsere Gesellschaft“, d.h. die Klassengesellschaft samt Staat, an dem er offenbar nichts auszusetzen hat, nicht zusammenbricht. Das Grundeinkommen ist für diesen Linken eine Garantie, dass die auf Ausbeutung beruhende Gesellschaft trotz zunehmender Armut auch weiterhin störungsfrei funktioniert! (siehe: http://www.kpoe.at/bund/GrundEink/MieseArbeit.htm).
Dabei ist mit der Frage nach dem „Arbeitengehen müssen“ die Antwort darauf, warum ein bedingungsloses Grundeinkommen in dieser Gesellschaft, noch dazu ein „Existenzsicherndes“, nicht möglich ist, schon gegeben. Die Antwort ergibt sich aus dem Status der Lohnarbeit. Der Zwang zur Arbeit resultiert aus dem Eigentumsmangel der Arbeiter. Weil die Arbeiter kein Eigentum resp. Kapital haben, aber trotzdem leben müssen und alle Güter nun mal Waren sind und Geld kosten, müssen sie dieses nötige Geld „erwerben“. Sie sind darauf festgelegt, von Erwerbsarbeit in Form von Lohnarbeit und nichts anderem leben zu müssen, auch wenn die KPÖ und alle anderen Grundeinkommensfanatiker das partout nicht wahrhaben wollen und von „Neudefinitionen des Arbeitsbegriffs“, etc. faseln. Die einzige Möglichkeit an Geld zu kommen, besteht für sie nur darin, für Kapitalisten zu arbeiten. Der Armut der Arbeiter entspricht der Reichtum der Kapitalisten. Ohne diesem Arbeitszwang müssten sich die Proletarier tatsächlich vieles nicht bieten lassen, aber dann wären sie auch keine Proletarier mehr!
Aber genau der Zwang zur Arbeit ist für die Proletarier vorgesehen – und nichts anderes! Erst dieser konstituiert die Arbeiterklasse. Der Zwang sorgt bei Strafe des sozialen Abstiegs dafür, dass die arbeitenden und arbeitslosen Proletarier jeden Tag in Fabrik, Büro, beim AMS, beim Sozialamt, usw. antreten – und er macht damit das Arbeiten so ungemütlich. Der einzige „Reichtum“, die einzige Ware, die die Proletarier anbieten können, ist ihre Arbeitskraft, welche sie Kapitalisten für einen Zeitraum gegen Lohn zur Verfügung stellen müssen. Kapitalisten haben Eigentum, das sich permanent durch die Arbeit der Proletarier vermehren soll, also als Kapital fungiert. Während der Arbeitszeit gehören Arbeiter den Kapitalisten, sie müssen für sie, für deren Reichtumsvermehrung arbeiten. Es ist von daher sachfremd, Arbeiter mit Geld ohne Arbeitsleistung zu versorgen. Die Sorgen der Arbeiter gehen Kapitalisten nichts an, weswegen sie immer möglichst wenig Lohn zahlen und dadurch der Lohn dafür sorgt, dass Arbeiter dauerhaft arm bleiben. Dass die Arbeiter mehr schlecht als recht vom Lohn leben können, dafür sorgt der Sozialstaat, indem er Lohnanteile von Verdienenden zu weniger oder gar nicht Verdienenden zwangsweise umverteilt und die Kontinuierlichkeit des Arbeitsprozesses aufrecht erhält. Die Höhe des Lohns soll dafür sorgen, dass die Reproduktionssorgen der Arbeiter wegen Kinderbetreuung, Ausbildung, Wohnung etc. nicht die Arbeitsleistung unnötig mindern. Der einzige Grund, dass hierzulande Arbeiter und ihre Angehörigen nicht so dahinvegetieren, wie etwa in der 3. Welt, liegt einzig und allein darin, dass ihre Arbeitskraft gebraucht wird. Die Aufrechterhaltung und Stärkung der Arbeitsfähigkeit ist die einzige Aufgabe des Sozialstaats!
Würden Staat und Kapital nun freiwillig – darauf zielt die Grundeinkommensidee der KPÖ ab – Geld an die Arbeiter abgeben, dann schneiden die sich ins eigene Fleisch, denn jeder Lohn, jede Sozialabgabe verursacht auf Kapitalseite Kosten und mindert den Profit – DER Zweck der Marktwirtschaft! Daran „scheitert“ die Finanzierbarkeit des Grundeinkommens.
Eine Kritik des Lohnsystems und den damit in die Welt gesetzten Klassengegensatz möchte die KPÖ aber nicht anzetteln und folgerichtig wird auch das Arbeiterdasein nicht in Frage gestellt. Am Arbeitslohn als Einkommensquelle und die dadurch vorausgesetzten eigentumslosen Arbeiter haben die Grundeinkommensfans nichts auszusetzen. Die Grundpfeiler der Ausbeutung sollen nicht wirklich angetastet werden und doch hat die KPÖ etwas an den notwendigen Effekten dieser Wirtschaftsordnung auszusetzen. Wenn man schon arbeiten muss, dann soll man dazu qua Armut nicht gezwungen werden, so in etwa die Vorstellung der KPÖ. Sie ignoriert, dass nur deswegen Lohnarbeit verrichtet wird. Lohnarbeit ja, gezwungen werden dazu nein; es wird dabei dezent übersehen, dass beides dasselbe ist!
Es hat den Anschein, als ob die KPÖ, ohne es zu wissen oder gar zu wollen, quasi versehentlich, eine beinharte Kritik an der Klassengesellschaft formuliert – und ist sich wieder einmal über die Implikationen nicht bewusst und schürt falsche Hoffnungen. Und falls doch, dann betreibt sie das, was gemeinhin Populismus genannt wird.
Darum wendet sie sich so folgerichtig, wie verkehrt, mit der Grundeinkommensforderung ausgerechnet an denjenigen, der die Verhältnisse genau so eingerichtet hat, welche die Arbeiter zum Arbeiten zwingen; den Staat. Die KPÖ ignoriert, dass der Staat diese bedrückenden Verhältnisse doch genau so will und über die Absichten, die mittlerweile auch das Arbeitslosendasein als Fulltimejob gestalten, lässt er auch niemanden im Unklaren. Zuerst führt der Staat bewusst die Schikanen für Arbeitslose ein und dann soll er ein Einkommen zahlen, um die gewollte Wirkung seiner Schikanen zu untergraben? Da könnte er die Schikanen gleich bleiben lassen. Der Arbeitszwang ist das Herzstück der Marktwirtschaft – die Reichtumsquelle des Kapitals. Ohne Staat keine organisierende zentralisierte Gewalt; ohne Staatsgewalt kein Eigentum; ohne Eigentum keine Eigentumslosen; ohne Eigentumslose kein Arbeitszwang. Und schließlich, ohne Arbeitszwang keine Arbeiterklasse!
Anstatt übers Grundeinkommen zu fabulieren und sich alles mögliche auszudenken, was man mit dem Geld alles machen könnte – so läuft die hauptsächliche „Theoriebildung“ darüber ab -, stünde es einer kommunistischen Partei gut an, sich über die Funktion der Arbeitarmut für den Kapitalreichtum im Klaren zu werden. Die notwendige Armut des Proletariats ist eine unausweichliche Folge der Lohnarbeit und kann nur mit ihr aus der Welt geschafft werden!

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Dieser Mensch ist z.B. nur König, weil sich andre Menschen als Untertanen zu ihm verhalten

7. Juli 2007 93 Kommentare

Kaum schaut man mal ein paar Tage nicht nach, schon geht hier die Post ab! Ich habe deshalb jetzt im Nachhinein den ursprünglichen Verweis auf die drakonischen Bestrafungen von Sex unter Nichtvolljährigen in den USA hier rausgenommen. So bleibt es hier pur die Diskussion über das GSP-Staatsverständnis und dessen Kritik (und die Gültigkeit des obigen Marx-Zitats). Jedenfalls wenn man vom leider üblichen Gehacke, den Unterstellungen und Verdächtigungen und ähnlich unheimlich weiterführenden Meanderschleifen mal abstrahiert.
(Was noch im SPAM-Filter oder bei ungenehmigten Kommentaren hängengeblieben war, habe ich freigegeben. So fürchterlich streng ist das übrigens schon eine Weile nicht mehr eingestellt, 99 von 100 posts sortiert der seitdem trotzdem eigentlich richtig ein.)

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Dokumentiert: Krölls vs. konkret

29. Juni 2007 1 Kommentar

Antidemokratische Aktion hat folgendes hin und her geblogt, das ich hier gerne auch bringe, weil es leider nur recht wenig Auseinandersetzung mit Krölls harscher Kritik gegeben hat, jedenfalls soweit ich mitbekommen habe:

In der Ausgabe 06/07 der konkret befand sich … eine Rezension von Matthias Becker zu Krölls “Kritik der Psychologie“. Diese ist hauptsächlich von der Empörung darüber getragen, dass glatt auch Horkheimer und Adorno kritisiert werden, sowie vom Unverständnis, dass kritisiert wird, ein Menschenbild zu haben, statt ein anderes zu entwerfen. Aber genug der Vorrede, ich habe die Rezension nämlich eingescannt:
Albert Krölls:
Kritik der Psychologie.
VSA, Hamburg 2006,
160 Seiten, 12,80 Euro
»Das moderne Opium des Volkes« nennt der Sozialwissenschaftler Albert Krölls die Psychologie. »Ein Scheitern am Arbeitsmarkt oder bei der Liebeswerbung, Ärger in der Familie oder im Büro, Angst vor dem Atomkrieg oder dem Alleinsein lassen auf eine falsche Einstellung schließen«, schreibt er mit beißender Ironie. Als Alltagsreligion leiste die Psychologie heute einen unverzichtbaren Beitrag dazu, daß die Menschen sich den gesellschaftlichen Forderungen anpassen.
Krölls kritisiert die affirmative Leistung der Theorien von Behavioristen genauso wie die der Tiefenpsychologen, sein eigentlicher Gegner aber ist der »Psychomarxismus Adornos und Horkheimers«. Daß die beiden den Antrieb für Rassismus und Antisemitismus im sogenannten autoritären Charakter verorten, sei verharmlosend, weil so das Bild einer widerspruchsfreien Entsprechung von Unterwerfungswillen und Herrschaft entstehe.
Eine aktuelle Analyse des »Gebrauchswerts für die kapitalistische Konkurrenzgesellschaft« von Psychologie und Therapiegläubigkeit, wie sie Krölls verspricht, wäre verdienstvoll gewesen. Dazu allerdings hätte gehört, nach den Gründen zu fragen, warum den Mitgliedern der bürgerlichen Gesellschaft die entsprechenden Ansichten so plausibel erscheinen. Die Attacke auf den Psychologismus gerät leider zum Schlag insWasser, weil der Autor darauf besteht, deren methodische Grundlagen widerlegen zu wollen — und zwar ziemlich hausbacken. Gemeinsamer Kern aller psychologischen Theorien sei die Idee, daß der Wille der Kranken gestört sei und sie fremdbestimmt handelten. Krölls dagegen bezweifelt grundsätzlich, daß menschliches Verhalten »zumindest teilweise bedingt« sei. Wie dann eine Wissenschaft vom Menschen aussehen soll, behält er für sich. Verhalten auf nicht unmittelbar beobachtbare »Triebe« oder »Motivationen« zurückzuführen sei an sich tautologisch. Selbst wenn das der Fall wäre – die angebotene Alternative ist wenig überzeugend: Alle tun angeblich immer genau das, wozu sie sich entschieden haben.
Und obwohl er eigentlich beweisen will, wie die Psychologie durch ihr deterministisches Menschenbild entmündigt, endet der Autor schließlich selbst beim Biologismus: »Noch kein Forscher hat je den Todestrieb unter dem Mikroskop oder im Reagenzglas zu entdecken vermocht.« Diese Kritik der Psychologie führt nicht weit. Den Versuch war es wert.
Matthias Becker (konkret 06/07, S. 46)
Anlass fürs Einscannen war, dass Albert Krölls jetzt per Leserbrief in der konkret geantwortet hat und zwar wie folgt:
Psycho-logisch
KONKRET 6/07: Buch & Deckel
Das Motto der Rezension meines Buches: Kritik an der Psychologie als Herrschaftsideologie ja, aber bitte schön ohne Kritik der psychologischen Weltanschauung, auf deren Fehler die affirmativen Leistungen beruhen. Matthias Beckers Verteidigung der psychologischen Unart, die Gründe des Denkens und Handelns in Umständen jenseits von Wille und Bewußtsein der Akteure suchen zu wollen, macht sich fest an der Frage nach den Ursachen der geistigen Botmäßigkeit der lohnabhängigen Staatsbürger. Seine Unzufriedenheit gilt der Antwort des Buches, derzufolge die Befürwortung des Kapitalismus ihren Grund in den politischen Fehlurteilen der Subjekte besitzt. Für Fans politpsychologischer Erklärungen, die das falsche Bewußtsein als Werk von Einflußfaktoren zu deuten pflegen, ist diese Antwort natürlich keine. Daß sich umgekehrt die deterministische Erklärung von Willensinhalten in unauflösbare Widersprüche verstrickt, ist dem Rezensenten erklärtermaßen herzlich gleichgültig. Weil ihm unvorstellbar erscheint, daß der Mensch Subjekt seiner Entscheidungen ist, will er um jeden Preis am psychologischen Credo der (teilweisen) Bedingtheit des Denkens festhalten. Sonst müßte man sich ja von allen Theorien verabschieden, welche entschuldigend das verkehrte Bewußtsein der Lohnabhängigen auf den Zwangscharakter der Verhältnisse, den universellen Verblendungszusammenhang oder die Meinungsmanipulation zurückführen.
Albert Krölls
per E-Mail

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Theo Wentzke stellt an der Humboldt-Uni das neue „Geld“-Buch des GegenStandpunkts vor

21. Juni 2007 Kommentare ausgeschaltet

Die Berliner Gruppe Kein Kommentar hat auf ihrer Homepage folgenden Veranstaltungshinweis:
GegenStandpunkt & Diskussion
03.07.2007 (Dienstag), 18.00 Uhr,
Humboldt Universität, Hörsaal 2002,
Unter den Linden 6 (Nähe S+U Bahnhof Friedrichstraße), 10099 Berlin
Das Geld
Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons


Geld muss man nicht erklären, man muss es haben; das versteht sich für lebenskluge Zeitgenossen von selbst. Wenn es am Geld etwas zu erklären gibt, dann, wie man am besten an möglichst viel davon herankommt: Ohne Moos nix los!
Das ist fatal. Denn wer dem unausweichlichen Zwang, Geld zu verdienen, nur die Ermunterung entnimmt, ihm möglichst erfolgreich nachzukommen, der bleibt in ein Zwangsystem der gesellschaftlichen Arbeitsteilung verstrickt, das ihm nicht wenig Sorgen aufnötigt. Außerdem macht er den gar nicht so unvermeidlichen Fehler, sich dazu kritiklos affirmativ zu stellen. Da helfen dann auch kein Ärger und keine Beschwerden mehr über den Stress beim Geldverdienen, über das wenig zufriedenstellende Resultat, über die hohen Preise, und überhaupt über das wenige Geld hier und den vielen Reichtum dort.
Wer sich das Geld nicht erklären will, soll über dessen ungleiche Verteilung nicht jammern. Umgekehrt: Wer nicht immer nur über die Sorgen mit dem Geld und seine ungerechte Verteilung klagen will, der sollte sich lieber das Geld erklären – und die mit ihm gültig gemachte ganz und gar nicht so vernünftige und sachnotwendige Produktionsweise. Dazu will die Veranstaltung beitragen.

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Statt Wechsel von Nescafé auf Nica-Kaffee: du weißt schon …!

15. Juni 2007 8 Kommentare

Heinz Scholler, Redakteur des GegenStandpunkt, bei der Frankfurter Diskussion zum G8-Gipfel (am 18.06.07?):

Das geht dann, übrigens, nicht nur mit Demonstrationen, sondern da muß man sich in der Tat damit anlegen, wo die Mächtigen dieser Welt, die G8, wo die überhaupt die Quellen ihrer Macht und ihrer Unverschämtheit her haben. Die Antwort darauf heißt: Sie verfügen über ein kapitalistisch eingespanntes und kapitalistisch mitmachendes Volk. Das ist die Quelle ihrer Unverschämtheit! Infolgedessen geht für die Aufgabenstellung nichts drum herum: Man muß hierzulande die zu ihrem eigenen Schaden bei diesem kapitalistischen demokratischem Zirkus mitmachenden Leute dazu bringen – oder erst mal den Versuch dazu unternehmen – die davon abzuhalten, diesen schädlichen Scheiß mitzumachen. Das ist ganz entschieden etwas anderes, als – wie diesen Gipfelleuten da – zu sagen, die Welt ist Scheiße, aber genau diese Welt, die so Scheiße ist, die könnte mit unseren Verbesserungsvorschlag wunderbar sein! Das ist der Menschheit Sand in die Augen gestreut, das ist die Verbreitung von ganz üblen Illusionen in die Verbesserungsfähigkeit von diesem blöden Laden und ist nach der Seite hin wirklich das Gegenteil der politischen Aufgabe, die gestellt ist – momentan, wo es keine Barrikadenkämpfe und Klassenkämpfe gibt – der Kampf ums Bewusstsein von jedem, der mir „vor die Flinte läuft“. Also Aufklärung! (Lachen und Erstaunen im Saal) Das nehme ich mit dem Ausdruck höchsten Bedauerns zurück, ist mir so rausgerutscht. …
Schluß mit diesen Zuständen! Diese Zustände verdienen politische Anstrengungen, die auf nichts anderes zielen als ihre Abschaffung! Diese Interessen, die da am Werke sind, mit ihren Gewaltmitteln, denen muß das Handwerk gelegt werden! …
Unsere 10 Gebote, die gehen ein klein wenig anders. Damit können wir nicht dienen zu sagen: Ich hab jetzt den Hebel und das Patentrezept des „Praktischen“ in der Hosentasche! Nein, unser Angebot, unser Vorschlag für Politisieren, der geht halt ein klein wenig anders:
Das Erste ist, man muß sich klar machen, worum es in der Welt überhaupt geht.
Das Zweite ist, man muß sich die eigenen Illusionen über die Vereinbarkeit [der eigen Ziele und Bedürfnisse] mit den wirklichen Gesetzen dieser Welt abschminken.
Und das Dritte ist: Man muß sich Rechenschaft ablegen über die Gründe dieses Systems und die Weisen seines Funktionierens.
Das Vierte ist: Man muß aus all dem den bestimmten politischen Willen fassen, daß es unter dem Ziel der Abschaffung von diesem Laden einfach nicht getan ist. Daß alles Andere sich was vormacht, was darunter hergeht. Das alles Andere eine verkehrte und politisch mindestens unwirksame und höchstens fatale wirkende einlullende Affäre ist, die sich davor drückt, sich einzugestehen, dass es unter Kapitalismuskritik einfach nicht geht.
Und Fünftens dann: Sollte man sich, wenn es geht, vielleicht haben wir da heute ein paar Angebote machen können, fit machen, argumentativ fit machen, für die Auseinandersetzung mit den Leuten, die das immer noch anders sehen.
Das wäre unsere Agenda. Wenn wir da genug Leute auf unserer Seite haben, dann kann man, du weißt schon …! (Lachen im Saal)

Aus dem Mitschnitt der Veranstaltung, die bei farberot downgeladen werden kann.

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Eine Demonstration, da zeigt man den Herrschenden hinter dem Zaun den Arsch

3. Juni 2007 6 Kommentare

Jonas Köper vom GegenStandpunkt hat am 31.05.2007 in Bremen seinen Vortrag zum Thema „Der G8-Gipfel und seine Gegner“ (download bei argudiss) mit folgenden Hinweisen eingeleitet, die ich deshalb hervorheben will, weil sein Verständnis vom Sinn und Zweck von Demonstrationen im allgemeinen und gerade jetzt der G8-Proteste so arg wenig verbreitet und geteilt ist.

Als ich zu diesem Thema neulich in einer anderen Stadt referiert habe, gab es eine Bestürzung, wie man so was überhaupt machen: In dieser Situation die Bewegung gegen an G8 mit kritischen Anmerkungen zu versehen. Deshalb hierzu eine schlichte Vorbemerkung: Wir würden es vom GegenStandpunkt überhaupt für überflüssig befinden, eine eigene Veranstaltung zu dem Thema zu machen, wenn wir mit allem einverstanden wären, was diese Bewegung so denkt und macht. Das machen wir überhaupt bloß deswegen, weil wir zu der Auffassung gelangt sind, da gibt es politische Fehler bei denen. Und diese politische Diskussion zum Zwecke der Klärung, die wollen wir mit so einer Diskussionsveranstaltung anrichten. Mehr…

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Antiimperialismus heute, (slight return)

1. Juni 2007 Kommentare ausgeschaltet

Nachdem sich die Redakteure des GegenStandpunkts schon viel Mühe mit dem G8-Gipfel und vor allem mit seinen Kritikern gemacht haben, den Artikel aus dem nächsten Heft kann man ja schon vorab lesen, und nachdem mancher Vortragsredner dies in den letzten Tagen auch ans mehr oderweniger geneigte Publikum zu bringen versucht hat, gibt es nun auch noch einen Medienwechsel:
Die rürigen Stuttgarter mit ihrer Serie „Kein Kommentar“ im Freien Radio für Stuttgart haben den Artikel nun auch noch buchstäblich vorgelesen.
Man kann ihn sich in sechs Häppchen downloaden oder anhören, Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil6.

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GSP-Vorab: Zu den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm

29. Mai 2007 Kommentare ausgeschaltet

Der GegenStandpunkt 2-07 erscheint am 15. Juni 2007. Daraus online bereits jetzt verfügbar:
Zu den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm
(Radikale Anklagen, bescheidene Alternativen, verwegene Anträge:)
Antiimperialismus heute – und wie der Rechtsstaat damit umspringt

Die Chefs der großen Nationen, die den Weltmarkt und die Weltpolitik bestimmen, treffen sich wie jedes Jahr; diesmal unter deutscher Leitung an der Ostsee. Und eine breite Protestbewegung macht demonstrativ klar, was sie von der Ordnung” hält, die diese Mächte dem Globus aufnötigen: Gar nichts. Gegen diese Ordnung setzen die G8-Kritiker ihr eigenes Sittenbild. Das wirft allerdings auch einige Fragen auf.

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Peter Decker zu den G8-Kritikern, Fortsetzung B

24. Mai 2007 Kommentare ausgeschaltet

Hier noch ein anschließender Auszug aus Peter Deckers Argumentation in Nürnberg:

Nun zu B: wer immerzu darauf rum reitet, dass die etwas Gutes unterlassen, der sagt etwas über diese Staaten. Nicht über ihre wirkliche Rechnung, sondern über das, was er für deren Aufgabe hält. Es ist ein Riesenbekenntnis dazu, dass sie daran glauben, dass diese imperialistischen Monster, von denen sie sagen, sie wollen sie versenken, von denen haben sie selber die unverwüstlich gute Meinung, die hätten lauter gute Aufgaben, an denen sie scheitern. Wer immer sagt, die unterlassen das Gute, der unterstreicht, daß sie eine Aufgabe hätten. Und zeigt sich enttäuscht. Mehr…

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Peter Decker zu den G8-Kritikern

21. Mai 2007 1 Kommentar

Aus Peter Deckers Vortrag in Nürnberg am 10. Mai 2007 „Nachtrag zum Motto „Eine andere Welt ist möglich“ – Was wollen die Radikalen?“:

Nehmen wir einmal die Beschreibung: „Die von der Dominanz der G8 geprägte Welt ist eine Welt der Kriege, des Hungers, der sozialen Spaltung, der Umweltzerstörung und der Mauern gegen Migrantinnen und Flüchtlinge.“ Ja, das kann man sagen, dagegen ist nichts einzuwenden. So ist es. Wer mit so etwas anfängt, steht ein aber wenig in der Pflicht, zu sagen warum das so ist. Denn für sich deutet er bloß auf Fakten. Auf Fakten, übrigens, und das ist ganz wichtig, die kein Schwein bestreitet. Es gibt niemanden, der das Gegenteil sagt. Wenn man die Kanzlerin nimmt, und von ihr die Liste der Aufgaben, die sie behandeln will, sieht, dann steckt in dieser Liste der Aufgaben das Bekenntnis zu all diesen Beschreibungen. Wenn die Kanzlerin sagt, wir brauchen friedensfördernde Maßnahmen, wir brauchen friedenserhaltende Interventionen, was ist das anderes, als ein Bekenntnis dazu, dass in dieser Welt Kriege herrschen? Wenn sie sagen, wir müssen uns um Afrika kümmern, Armutsbekämpfung ins Auge fassen, ist das etwas anderes, als zu bekennen, Hunger ist millionenfach? Natürlich, das ist denen doch klar, die leiten doch daraus gerade ihre Aufgabe ab! Die soziale Spaltung, ja, die kennen sie auch. Das ist jetzt mehr nach innen gedacht, also bei uns gibt es jetzt das Problem der „Unterklasse“. Umweltzerstörung, ja die Kanzlerin setzt das auf die Tagesordnung des Gipfels. Daß die Umweltzerstörung existiert und fortschreitet, ist denen klar, ist der Öffentlichkeit klar, ist den Protestlern klar.
Wenn man das als Faktum so hinsetzt, dann wird schon die Frage, wir protestieren dagegen, zu einer heiklen Frage. Gegen einen Faktum protestieren, dass niemand bestreitet, ist eine heikle Geschichte. Was soll das denn eigentlich überhaupt heißen: Ich protestiere gegen den Hunger? Man hört schon raus: Der sollte nicht sein. Aber das sagt ja nun doch wirklich jeder, dass der nicht sein sollte. Wen gibt es denn, der sagt, ich bin dafür, daß mehr gehungert wird (außer im Augenblick der deutsche Ernährungsminister, aber das ist wieder etwas anderes)? Gegen Fakten, die niemand bestreitet, kann man eigentlich auch nicht protestieren. Protestieren kann man doch bloß gegen den Zweck, das Interesse, den Standpunkt, der das, was alle für das Übel halten, verursacht. Protestieren kann man eigentlich bloß gegen den Verursacher, gegen den Zweck, der diese negative Wirkung hervorbringt. Aber man kann nicht gegen die Wirkung protestieren. Man merkt also, das ist schon windschief wenn jemand sagt, dagegen wollen wir protestieren.
Das liest sich dann weiter (ich habe da jetzt etwas ausgelassen): „Alle 5 Sekunden stirbt in der Welt ein Kind an Hunger, mehr als 800 Millionen Menschen sind unter. Verantwortlich dafür ist eine ungerechte Welthandelspolitik der G8. Trotz vollmundiger Versprechungen vom G8- Gipfel in Glenneagles wurde den Ländern des Südens bislang nur ein geringer Teil ihrer Schulden erlassen. Die G8-Staaten sind die größten Klimazerstörer, sie sorgen für 41% des weltweiten CO2-Ausstoßes. Die G8-Staaten sind verantwortlich für 90% der weltweiten Waffenexporte und für eine neue Ära von Rohstoffkriegen.“ Und so zu, da gibt es noch viel. Aber es ist immer eine Liste von Übeln, die im Grunde jeder für ein Übel hält und dann fügen sie den Verursacher hinzu.
Warum die G8 das macht, ist nicht ihre Sache. Man merkt das auch, die sagen nicht, wir wollen gegen das protestieren und die Gründe dafür sagen, sondern sie wollen Alternativen aufzeigen. Sie wollen sagen, das müsste doch nicht sein. Sie wollen nicht sagen, warum es so ist. Jetzt ist es eh schon eine komische Botschaft über Großmächte, von denen man zu erzählen weiß, dass die so unglaublich zerstörerischen Waffen haben, daß die die ganze Welt zwingen können, wenn sie es wollen, von Großmächte in dieser Art zu sagen, sie tun in der Welt Schlechtes und nicht Gutes. Ja, wozu haben Sie denn Ihre Waffen, doch nicht um Geschenke zu machen? Man redet doch von Mächten, von Staatsgewalten. Und das alles ist doch gar kein Geheimnis. Und das alles wird hingesetzt, um dann zu sagen, und mit all diesen Mitteln tun sie Schlechtes und Nicht Gutes. Wie gesagt, man ist in der Pflicht zu sagen, warum sie das tun, aber das interessiert sie gar nicht, im Gegenteil: In dem negativen Urteil, das gute, was sich die Kritiker vorstellen können, tun die Großmächte nicht, in diesem negativen Urteil sind sie zufrieden, bei diesem negativen Urteil bleiben sie stehen, und es ist sogar aktiv der Konsens der Bewegung, daß nur das negative Urteil eine gemeinsame Position ist.
Um diesen Punkt noch etwas auszuführen: die breite Bewegung verspricht sich untereinander, sie ist solidarisch. Und sie ist solidarisch dadurch, dass nicht irgendeiner seine Ursachenforschung den anderen aufzwingen will. Einig ist sich die Bewegung bloß in der Benennung der Übel. Kaum fängt einer an zu sagen, das ist die Ursache, sagen Sie untereinander, du magst das so sehen, aber das macht nicht die Bewegung aus, die Bewegung ist einig nur in der Benennung der Übel. Es gibt sogar Aufrufe, dasteht drin, „manche nennen das Kapitalismus“, und da weiß ich jetzt gar nicht genau, ob daß einer von denen war, die selber nicht Kapitalismus sagen wollen, sondern sagen, es gibt welche, die sehen das so, aber uns macht das nichts, denn wir sammeln alle, die sich zum negativen Urteil bekennen, die die Abwesenheit des Guten beklagen wollen. Oder ob es welche waren, die auf eine ganz pluralistische Art und Weise ihre Deutung mal zum Angebot machen wollten: Manche nennen das Kapitalismus, wir nämlich! Es ist schon wurscht, ob es solche oder solche waren, in beiden Fällen ist es die Trennung der Erklärung der Ursache von dem Übel. Die Anprangerung des Übel ist die Gemeinsamkeit der Bewegung. Die Zurückführung auf die Ursache ist quasi Privatsache des einzelnen Demonstranten, das kann jeder halten wie er will. Umgekehrt: Ein Streit über die Ursachen, da finden die, das wäre eine Schwächung der Belebung, eine Spaltung der Bewegung, und dann wäre die breite Mobilisierung wieder beschädigt. Damit allerdings, und das ist jetzt ganz wichtig, dass sie beim negativen Urteil stehen bleiben, und wirklich der Welt sagen, die tun Schlechtes und nicht Gutes, und mehr noch, die tun Schlechtes und nicht das Gute, das wir für nötig hielten und uns wünschen würden, mit diesem Satz tun sie so, als wenn sie eine Aussage über die Staaten und ihre Zwecke geboten hätten, dabei ist es immer noch bloß ein negatives Urteil. Das Feststellen einer Abwesenheit und nicht das Feststellen, was passiert, und worum es dabei geht. Das war A.

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Noch was zum G8-Gipfel: „Kriegsmotor Konkurrenz“

21. Mai 2007 Kommentare ausgeschaltet

MPunkt weist auf seinem Blog auf einen lesenswerten Artikel hin (und hat ihn sinnvollerweise auch gleich gespiegelt):

In der Jungen Welt befindet sich ein m.E. sehr gelungener Artikel von Theo Wentzke, welcher sich mit den imperialistischen Gegensätzen zwischen USA und EU innerhalb der NATO bei deren “Krieg gegen den Terror” in Afghanistan beschäftigt. Am Ende nimmt er sich zudem noch die Ideologie vom “friedliebenden Deutschland” vor. Am Rande bemerkt sei noch, dass schon diese innerimperialistischen Konflikte schwer dagegen sprechen, dass die G8 sich gemeinsam an die Unterwerfung des Rests der Staatenwelt samt der Leute machen, wie es von deren Kritikern ja oft unterstellt wird.

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Was ist am G8-Gipfel zu kritisieren?

21. Mai 2007 6 Kommentare

Anfang Juni treffen sich die Staats- und Regierungschefs der G 8 in Heiligendamm. Es ist für niemanden ein Geheimnis, dass es sich dabei um die Repräsentanten der mächtigsten und wirtschaftlich stärksten Staaten handelt, deren weltweites Wirken etliches an Verelendung und Schäden anrichtet. Mit gutem Grund mobilisieren daher verschiedene Organisationen zum Protest.
Unter den vielen Aufrufen finden sich Vorwürfe wie die folgenden:
„Die GipfelteilnehmerInnen repräsentieren die acht mächtigsten Staaten der Welt, die daran teilhaben, die globalen Probleme erst zu produzieren, für die sie dann vermeintliche Lösungen beschließen. Sie sprechen von ‚Global Gover-nance‘ und ‚humanitärer Intervention‘, ‚Stärkung der Zivilgesellschaft‘ und ‚friedensbildenden Maßnahmen‘, doch in Wirklichkeit nutzen sie gnadenlos das Recht der Stärksten, um eine Weltordnung zu schaffen, die ihrem Machterhalt und kapitalistischen Profitinteressen dient.“ (G 8 blockieren, Kriege verhindern! Aufruf zum Aktionstag am 5.6.2007 in Rostock-Laage.)
Wer seine Kritik an den G 8 so anfängt, rechnet mit den Mächtigen ab. Wer so argumentiert, ist mit ihnen fertig und erteilt ihnen eine Absage, weil ihm klar ist, dass das, was die G 8 alles anrichten, kein „kurzsichtiges Handeln“, keine Pannen, keine Versehen sind, sondern Resultate ihrer Politik und des Wirtschaftssystems, das sie weltweit durchgesetzt haben.
Dann verbietet sich aber jede Forderung, jeder Antrag an die G 8, sie sollten ihre Politik ändern. Dann ist jede Alternative fehl am Platze, die diesen 8 Staaten die Zuständigkeit für die Besserung der Welt zuspricht. Zu einer solchen Einsicht passen keine Verbesserungsvorschläge mehr, sondern dann folgen daraus andere Fragen:
Woher haben die G 8 ihre Macht und wer kann was gegen diese Macht tun?
Leider setzen die meisten Aufrufe die Aufzählung dessen, was die G 8 anrichten, fort mit der Anklage:
„Die ‚Gruppe der 8‘ (G8) ist eine Institution ohne Legitimation. Dennoch trifft sie als selbsternannte informelle Weltregierung Entscheidungen, die die gesamte Menschheit betreffen.“ (Aufruf zur Internationalen Großdemonstration am 2.6.2007.) „Die Regierungschefs von nur acht Staaten maßen sich an, über die ganze Welt zu bestimmen.“ (Aufruf von Attac Deutschland zu den Aktionen gegen den G8-Gipfel 2007.)
Damit ist man weg von der Frage, warum diese Staaten die allgemein bekannte Spur von Ausbeutung, Elend, Seuchen, Flüchtlingsströmen usw. hinterlassen. Statt der Frage nach der Quelle der Macht der Gruppe der 8 wirft man die Frage auf: Dürfen die das? Wer hat sie dazu legitimiert? Als ob denjenigen, die unter den Schädigungen leiden, mit der Frage nach dem Dürfen geholfen wäre! Konsequent fordert man dann die Einbeziehung der ausgeschlossenen Mehrheit der Staaten und fragt sich noch nicht einmal, ob diese Staatenmehrheit überhaupt das Interesse hat, an der herrschenden Weltwirtschafsordnung Grundlegendes zu ändern, so dass dann Elend, Krieg, Vertreibung und Raubbau an Mensch und Natur aufhören würden. Und schon gelangt man über den Vorwurf, die G 8 handelten „verantwortungslos“, ganz konstruktiv dazu, sie an „ihre Verantwortung“ zu erinnern: Ausgerechnet die Staaten, die das ganze aufgezählte Desaster angerichtet haben, sollen in sich gehen, ihr Verhalten ändern, endlich ihre „Verantwortung“ übernehmen: Man entdeckt ausgerechnet in der Macht der Mächtigen, die man gerade noch als Ursache allen Elends beklagt hat, das Mittel zur Besserung der Welt.
Damit schlägt die ganze Kritik und der Protest um: Von der Anklage, was sie alles anrichten, zum Appell an die Einsicht der G 8, ihre Macht nicht mehr zum Schaden, sondern zum Nutzen der Menschheit zu gebrauchen.
Man tut also gut daran, Fragen wie:
-Warum zieht die Weltwirtschaftsordnung, die die G 8 repräsentieren, Kriege, Elend, Seuchen, „Natur“-Katastrophen usw. nach sich?
-Woher haben die G 8 ihre Macht?
-Wer kann was gegen diese Macht tun?
nicht in einen Topf zu werfen mit solchen Fragen:
-Sind die G 8 ausreichend legitimiert?
-Verdankt sich ihre Politik einer „neoliberalen“ Verblendung, so dass mit etwas „Sinnesänderung und öffentlichem Druck“ alles auch anders ginge?
-Sind sie kurzsichtig und verantwortungslos?
(aus dem Einladungstext des GegenStandpunkts für die Veranstaltung zum G-8-Gipfel in Stuttgart und Tübingen am 22. und 24. Mai)

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Huisken zu „Kritik – Wie geht das?“ (MP3)

15. Mai 2007 3 Kommentare

Freerk Huisken hatte am 24.04.07 an der Freien Uni Berlin in der Silberlaube einen Vortrag gehalten:
KRITIK – WIE GEHT DAS?
Der ist jetzt bei Kein Kommentar / Berlin als MP3-Mitschnitt zu haben.

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Bundesverwaltungsgericht zu Hartz IV

15. Mai 2007 Kommentare ausgeschaltet

Im GegenStandpunkt 1-07 ist in der Chronik ein längerer Kommentar zu einem Urteil des BVerwG zu Hartz IV veröffentlicht worden, das als besser ausdruckbares DIN A4 hier downgeloaded werden kann. Dieses Urteil ist sozusagen die ökonomische Variante der Absage, die in dem Verfassungsschutzurteil politisch erteilt wurde.

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Der Gipfel der G8-Staaten und seine Gegner

14. Mai 2007 Kommentare ausgeschaltet

Der GegenStandpunkt hat folgendes Flugblatt zum G-8-Gipfel und seinen Gegnern veröffentlicht (unter anderem hier)
Die Regierung auf der einen, Globalisierungskritiker auf der anderen Seite rüsten zum großen Ereignis Anfang Juni im Seebad Heiligendamm. Deutschland ist Gastgeber der anderen großen 7 Weltmächte und eine Saison lang ihr Sprecher, der die Tagesordnung des Treffens vorgeben und nachher dessen Kommuniqué vorlesen darf. Grund genug für die Macher, die 2 Tage im Luxushotel für den wichtigsten weltpolitischen Termin des Jahres zu nehmen und ihn zum Erfolg für die Gastgeberin zu machen, und für die Gegner, alles daran zu setzen, einen solchen Erfolg demonstrativ zu verhindern. Mehr…

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Karl Held zu Rosa Luxemburg

12. Mai 2007 Kommentare ausgeschaltet

Der Genosse, der hier als Kommentar den Scan der editorischen Einleitung von Karl Held zu Rosa Luxemburg „Einführung in die Nationalökonomie“ gepostet hat, hat mir freundlicherweile auch noch die RTF-Dateien geschickt, die hier und hier bei mir downgeloaded werden können (der hier gepostete Komentar hat einige Auslassungen).
Dazu hat er folgendes geschrieben:

Weil es … zu Rosa Luxemburg, die von einigen Linken gern gelesen
wird, kaum kritische Anmerkungen gibt, die auf ihre Schwächen hinweisen,
kann die uralte Einleitung von Karl Held vielleicht doch ein wenig
Klarheit stiften. Mehr…

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»Normaler« Kapitalismus — Beispiel NXP Böblingen

11. Mai 2007 Kommentare ausgeschaltet

In der „jungen Welt“ vom 08.05.2007 ist eine überarbeitete Fassung des Artikels zu NXP Semiconductors erschienen, der zuerst in Radio Lora München vom 30. April 2007 und im Freien Radio für Stuttgart vom 2. Mai 2007 veröffentlicht wurde.
Werksschließungen und Entlassungen sind keinesfalls ein besonderes Merkmal sogenannter Heuschrecken Mehr…

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