War zuerst ein Kommentar zu Samsons Hinweis auf den Artikel bei den roten notizen.
„In den Medien wird die derzeitige Krise vor allem als eine Krise der Ökonomie, insbesondere der Finanzwirtschaft, dargestellt. Das verwundert aus zwei Gründen nicht. Zum einen steht in dieser Gesellschaft die Jagd nach dem Profit, also das ökonomische Interesse im Vordergrund, zum anderen haben die bürgerlichen Meinungsmacher kein Interesse daran, die Krise als eine politische Krise, oder gar allgemeine Krise des Kapitalismus erkennbar werden zu lassen. Sie müssen die Illusion aufrechterhalten, daß die bürgerliche Politik, der bürgerliche Staat, in der Lage ist, die Probleme zu lösen.“
Diese Illusion würden bürgerliche Medien auch aufrecht erhalten wollen, wenn es auch diesmal eine der „klassischen“ kapitalistischen Krisen wäre. Das Argument zieht also nicht. Zudem es ja nicht nur in bürgerlichen Kreisen sondern auch in der mehr oder weniger linken Linken eine Debatte um den Charakter dieser Krise gibt. Es geht also im Kern erst mal darum, was wirklich ist, und nicht darum, was wer warum gerne hätte.
„Was sich gegenwärtig in der kapitalistischen Welt abspielt, ist aber weit mehr als eine der sich periodisch wiederholenden ökonomischen Krisen, es ist die sich gerade rasant verschärfende allgemeine Krise der kapitalistischen Gesellschaft, die alle, sämtlich alle gesellschaftlichen Bereiche erfaßt hat.“
Der Begriff der „allgemeinen Krise“ ist erstaunlich unpräzise: Soll das heißen, dass für Proletarier schon immer Krise war und ist? Soll es heißen, dass jetzt (erst jetzt??) die kapitalistische Krise wirklich „allgemein“ also die ganze Gesellschaft umfassend geworden ist?
Denn was dann an Konkretem angeführt wird, sind bei Lichte besehen doch gar keine Spezifika dieser Krisensituation sondern schon immer Begleitumstände der kapitalistischen Entwicklung gewesen:
„Sie zeigt sich in der Zerrüttung der Staatsfinanzen, in den politischen „Fieberanfällen“, die zahlreiche bürgerliche Regierungen stürzen lassen und Politiker reihenweise zu Rücktritten veranlaßt (freilich ohne daß dadurch irgend etwas „besser“ wird), es zeigt sich im kulturellen und moralischen Verfall, die die bürgerliche Gesellschaft immer dekadenter erscheinen läßt, in der Zerstörung der inneren sozialen Zusammenhänge. Es zeigt sich in der immer hemmungsloseren Vernichtung der Lebensgrundlagen der Zivilisation im Wettrennen der imperialistischen Mächte um die noch zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen.“
Schon mit so hilflosen und zudem auch noch falschen Beschreibungen „immer hemmungsloser“ (wann hat es denn Hemmungen gegeben, unter Adenauer, unter Hitler unter Bismarck?) muß der Autor ja implizit zugeben, dass da nichts qualitativ Neues auftaucht, sonder nur die alte Scheiße wieder mal hochkocht.
„Nach uns die Sintflut ist zum Motto einer unübersehbar im Abstieg befindlichen kapitalistischen Gesellschaft geworden.“
Seit wann ist das denn „unübersehbar“ geworden (selber schon wieder blöd, denn außer dem Autor und meinetwegen 27 anderen seiner Genossen sieht das doch überhaupt niemand so), nicht schon seit der Somme-Schlacht, nicht schon in der großen Depression, nicht etwa bei der Befreiung von Bergen-Belsen usw.?
„Die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft tritt somit immer zwingender und dringender auf die historische Tagesordnung.“
Schon wäre es, wenn wenigstens ins Gewicht fallende Kerne der Arbeiterklasse, es „zwingend“ fänden, den Sturz dieser Gesellschaftsordnung auf die Tagesordnung zu setzen.
„Auch wer die inneren Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge der kapitalistischen Gesell-schaft und ihrer Auswirkungen noch nicht erkennt, spürt an den Erscheinungen, daß die Gesellschaft immer kränker wird. Es ist ja nicht zu übersehen, daß trotz aller Beteuerungen und heuchlerischer Bekundungen, „gegen die Armut“ hierzulande wie in der Welt etwas zu unternehmen, die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.“
Ausgerechnet dieses Grundprinzip der kapitalistischen Entwicklung, dass „die die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden“ soll nun was Neues sein, kommt von jemand, der sich für einen Kommunisten hält, doch um Jahrzehnte, ja fast schon Jahrhunderte zu spät.
„Die herrschenden Klassen waren schon immer der Ansicht, daß ein aufgeklärtes und gebildetes Volk für sie eine Gefahr darstellt und es daher möglichst dumm zu halten sei.“
So verkürzt ist das falsch. Für eine „Aufklärung“ / “Bildung“ / “Ausbildung“, die der Gewinnemacherei nützt, haben kapitalistische Staaten schon immer Geld ausgeben. Dafür wollen alle selbst jetzt in der Krise weiter Geld ausgeben und Leute beschäftigen, insoweit sie sich durch solche Exzellenz-Initiativen und Forschungsvorsprungkampagnen versprechen, ihre Konkurrenten auf den Weltmärkten besser schlagen zu können. Politisch-ideologisch hat sich aber seit Kaisers Zeiten und den Medien der damaligen Zeit bis heute in der Tat nichts großartig geändert. Nur die Medien sind halt jetzt moderner, statt Marlitt in der Gartenlaube gibt es jetzt eben Pilcher im ZDF.
„Der Imperialismus … kann die Völker, gegen die er Krieg führt, nicht auf Dauer unterjochen. Und obwohl das Beispiel Afghanistan zeigt, daß der Imperialismus diese Kriege letzt-lich nicht gewinnen kann, plant er bereits die nächsten und bedroht so z.B. den Iran, Venezuela, Kuba, die KDVR… „
Sowas klingt nach rund hundert Jahren imperialistischer Kriege und der Ausschaltung von fast allem staatlich organisiertem Willen, sich dem zu widersetzen, geradezu zynisch. Welt-umspannender war die Herrschaft des Imperialismus, der noch die letzte Hütte in Innerafrika bestimmt, noch nie in seiner schrecklich langen Lebenszeit.
„ist es wichtig, den Menschen zu erklären, daß die allgemeine Krise des Kapitalismus unter den heutigen Bedingungen zu einer Existenzkrise der Menschheit wird, wenn sich die antiimperialistischen Kräfte nicht zusammenschließen, um die untergehende kapitalistische Gesellschaft daran zu hindern, die Menschheit in eine vernichtende Barbarei zu stürzen.“
Warum muß es den gleich eine „Existenzkrise der Menschheit“ sein, um die Menschen gegen den Imperialismus aufbringen zu wollen? Gab es z.B. nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, den viele Menschen als eine solche Krise gesehen haben, etwa keinen Grund mehr, dem Imperialismus ein Ende bereiten zu wollen?