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Zum „geregelten Übergang“ in Nordafrika a la Merkel

5. Februar 2011 Kommentare ausgeschaltet

Dieser Tage sind von den verantwortlichen Demokraten in Politik und Medien ungewöhnliche Bekenntnisse über Gehalt und Nutzen ihrer Liebe zur demokratischen Staatsform zu hören: Sonst belehren sie das Publikum, dass das Leben nicht lebenswert, Umsturz Recht und Pflicht der Unterdrückten ist, wo die Staatsgewalt nicht nach den Regeln der Demokratie über das Volk ausgeübt wird. Staaten, die ihnen nicht passen, wie Weißrussland oder China sprechen sie das Prädikat Volksherrschaft ab: Die dortigen Führer üben keine legitime Macht über das Volk aus. Dort entlarvt man Scheinwahlen, prangert Unfreiheit und politische Unterdrückung an, finanziert die Opposition, schürt Subversion und Aufruhr.
Wenn in arabischen Diktaturen die Massen sich gegen ihre Unterdrücker erheben, sieht die Sache anders aus: Da verursacht der Volkszorn über Foltergefängnisse, Hunger und Perspektivlosigkeit eher Sorgen. Westliche Politiker fürchten um die Stabilität der Region, um die Westorientierung der betreffenden Staaten, ihre Israel-Freundlichkeit und die Unterdrückung des politischen Islam, die sie bisher so zuverlässig geleistet haben. Die arabischen Diktaturen waren nicht nur nützlich, sie waren Geschöpfe der USA und der EU, von ihnen eingerichtet und ausgehalten; man hat sie mit Demokratie-Genörgel und Menschenrechts-Anklagen verschont, stattdessen mit dem Geld und den Waffen versorgt, die nötig waren, um Mubarak, Ben Ali und andere gegen Widerstände an der Macht zu halten. Deren Staatsterror hat nicht nur überhaupt Stabilität garantiert, sondern die Stabilität, die die USA in der Nachbarschaft ihres engsten nahöstlichen Verbündeten und die EU am Südrand ihres Machtbereichs brauchen.
Wenn die Kerle das aber nicht mehr hinkriegen, wenn ihnen die Unterdrückung ihrer Massen nicht mehr gelingt, dann ist Schluss mit der Dankbarkeit der großen Demokratien für ihre Diktatoren. Merkel, Sarkozy, Obama haben lange gewartet, ob die Regimes sich würden halten können. Seitdem aber klar ist, dass sie scheitern, wissen unsere Edeldemokraten, was für unfähige Bluthunde sie an ihrem Busen genährt haben.
Jetzt fordern sie, dass in den arabischen Ländern ein “geregelter Übergang” zu neuen nationalen Führern organisiert wird, die erstens Weltmarkt-orientiert, Israel-freundlich, anti-islamistisch sein müssen, und die zweitens “unsere” Stabilität besser gewährleisten, weil – jedenfalls solange – das Volk ihnen williger folgt als den alten Herren. Das ist dann Demokratie.
Abgesehen vom imperialistischen Problem, das die Umwälzungen in Nordafrika darstellen, wird sich der Vortrag mit der Ökonomie und den Lebensbedingungen befassen, die die Anbindung dieser Länder an den EU-Kapitalismus geschaffen hat; sowie mit der Sorte “Revolution”, die sich durch die Vorwürfe der Aufständischen an die alte Führung und ihre Ansprüche an eine neue charakterisiert.
Aus der Einladung zu einer Diskussionsveranstaltung in Nürnberg der SG Sozialistische Gruppe – Hochschulgruppe Erlangen Nürnberg
am Donnerstag, 17.2.11, 20 Uhr
Ort: Festsaal des K4, Nürnberg
Veranstalter: GegenStandpunkt-Verlag

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Unsere Medien und die Kämpfe für eine gerechte Herrschaft in Kairo und anderswo:

5. Februar 2011 Kommentare ausgeschaltet

Berechnende Grußadressen an die Aufständischen

Zunächst hat man die Unruhen in Tunis und dann in Kairo eher irritiert als Störung aufgenommen, die man noch nicht richtig ins eigene Weltbild einordnen konnte. Inzwischen kriegen sich die Berichterstatter aus Kairo, Tunis und anderen Schauplätzen in Nordafrika und Nahost gar nicht mehr ein, so klar und leidenschaftlich ist ihre Parteinahme für „Revolution“ und „Tyrannensturz“:

Ja, endlich wehren sich die Volksmassen gegen ein Leben in Armut, gegen ihre Unterdrückung durch finstere Herrscher, die sich in einem System von Günstlingswirtschaft und Korruption persönlich bereichert haben – auf Kosten der kleinen Leute! Eine Riesenheuchelei! All die Jahre haben unsere Meinungsprofis als landesübliche Normalität abgebucht, was sie jetzt, ab dem Moment, wo die Volkserhebung bereits eine neue politische Lage herbeigeführt hat, die nicht mehr so leicht rückgängig zu machen ist, als „unerträgliche Zustände“ qualifizieren, gegen die mit vollem Recht aufbegehrt wird. So lange diese Regime fest im Sattel saßen und ökonomisch und politisch nützlich waren, fanden sie es gut und sinnvoll, dass die hiesigen Regierungen mit den „Autokraten“ Handel und Wandel trieben, sie mit Geld und Waffen ausstaffiert und sie als Garanten von „Stabilität“ hofiert haben. Jetzt, wo alles ins Kippen kommt, sind sie unzufrieden und fordern entschiedenes und rasches Umdenken in Berlin, Paris oder Washington. Sie bringen es aalglatt fertig, ihre eigenes Bejahen der Regime im arabischen Raum im Nachhinein damit zu kaschieren, dass sie ihren Regierungen vehement Versäumnisse vorwerfen, mindestens einen Mangel an vorausschauender Außenpolitik attestieren oder gleich eine glaubwürdigkeitsschädigende Kumpanei mit unwürdigen Verbündeten nachsagen.

Bei alledem ist und bleibt die Parteilichkeit – nicht für die Aufständischen, sondern – für ihre Regierungen und deren Erfolgsaussichten in der aufgewühlten Region – der klare Maßstab ihres Nachdenkens. Dass das so ist, merkt man gerade auch an der Besprechung der Volkserhebungen. So sehr man sie neuerdings begrüßt und den gerechten Zorn des Volkes feiert, das sich seine alten Herrscher vom Hals schaffen möchte, so klar und deutlich wird die Sorge ausgedrückt, dass es beim Chaos auf den Plätzen nicht bleiben darf. Stattdessen muss schnell eine neue Ordnung errichtet werden, und zwar eine Ordnung, die im westlichen Sinne funktioniert. Arschklar ist unseren Revolutionsfreunden aus den Redaktionsstuben, in welche Richtung eine Volkskritik an verkehrter Herrschaft gehen soll und welche Überlegungen nicht aufkommen dürfen, wenn das Volk sich für einen Moment lang so benimmt, als sei es das Subjekt seiner Verhältnisse.

Hinter der Pose der Unterstützung einer gerechten Revolte steckt nichts als der Wunsch, sie im gewünschten Sinne zu beeinflussen. Fürs erste verlegt man sich darauf, sie im gewünschten Sinne zu interpretieren und die eigenen Forderungen an den Aufstand in diese Interpretation mit hineinzupacken. Was die Aufständischen denken und wollen sollen und was nicht, geben die Berichterstatter jederzeit kund und krallen sich jeden, dessen sie habhaft werden können, als Beleg dafür, dass die „Kämpfer für ihre Träume“ schon mehr oder weniger auf dem richtigen Weg sind.

• Keinesfalls dürfen die Massen aus ihren gerade in letzter Zeit immer elender werdenden Lebensumständen den Schluss ziehen, dass diese eine Folge der importierten Marktwirtschaft sind, deren Geltung inzwischen dafür gesorgt hat, dass in Nordafrika Gemüse für Europa angebaut wird und nicht mehr Getreide für den heimischen Bedarf, dass mit den wachsenden Geschäften europäischer Konzerne und der Bereicherung einiger Partner mit Firmensitz in Sfax oder Alexandria die Arbeitslosigkeit und die Lebensmittelpreise nach oben schießen. Gut gelitten hingegen ist die Deutung der Lage, nur den Kontrast zwischen der Verarmung der Leute und der Verschwendungssucht seiner Herrscherclique und der Günstlinge zum Skandal zu erklären. Diese Kritik am Elend und der Perspektivlosigkeit auch gut ausgebildeter Bürger hat den Vorteil, dass man nicht mehr verlangt als eine neue saubere Herrschaft, die kein Geld auf ausländische Konten schafft, sondern sich ernsthaft ums allgemeine Wohl, also um ihr Volk kümmert. Die Protestler sollen sich also partout den Irrglauben halten oder zulegen, ein Staatschef, der keine Millionen beiseite schafft, sondern wirklich alles in seiner Macht Stehende tut, um sein Land und die dort lebenden Menschen auf Vordermann zu bringen, würde unter den Bedingungen des kapitalistischen Weltmarkts etwas anderes zuwege bringen als die Bereicherung einiger und die bleibende Armut der vielen.

• Neben Gerechtigkeit sollen die Massen nach Freiheit und Demokratie streben, als wäre eine andere Regierungsform das Allheilmittel gegen alle ihre Sorgen. Dabei gäbe es jede Menge Anhaltspunkte für den Verdacht, dass die Demokratie, auf die sie die westlichen Unterstützer als Ziel aller Träume festlegen wollen, womöglich nur eine neue Herrschaftstechnik ist, um sie und ihre Interessen unterzuordnen. Sie sollen nicht argwöhnisch werden, auch wenn die hundertprozentig demokratischen westlichen Politiker bis gestern staatliche Repression gegen jede unerwünschte Opposition in ihrem Land politisch und materiell unterstützt haben. Es soll ihnen auch nicht zu denken geben, wie sich diese Demokraten aus den westlichen Hauptstädten demokratischen Fortschritt in Kairo und Tunis allenfalls vorstellen mögen: Falsche Fuffziger aus Sicht des Westens wie Islamisten oder Kommunisten dürfen ja wohl auf gar keinen Fall profitieren, egal, wie viel Wählerstimmen sie sich demnächst auf die Fahnen schreiben dürfen – von wegen Volkes Wille geschehe! Dass sich westliche Beobachter seit langem den Kopf zerbrechen, ob arabische Durchschnittsmenschen überhaupt „reif“ für eine Demokratie sind, in der man die gewählten Politiker zwar mit Vertrauen ausstatten, aber nie daran messen darf, ob ihre Taten nur der Nation oder auch den eigenen kleinlichen Interessen gut tun, wäre auch so ein Verdachtsmoment. Oder das gerade sehr im Kurs stehende Argument, die Demokratie dafür hochzuhalten, dass sie mit ihren Sitten und Gebräuchen, von der wohlorganisierten Meinungsfreiheit bis zur Betätigung des Volkswillens im staatskonstruktiven Sinn, die „stabilere“ Herrschaftsform darstellt – verglichen mit patriarchalischen Diktaturen: Nein, daraus hat man nichts zu lernen. Man soll umgekehrt froh und zufrieden sein, wenn einem mehr Demokratie die altbekannten Formen der Bespitzelung oder Schikanierung erspart, mit denen die bisherigen Statthalter der großen Demokratien im freien Westen den Alltag in Nordafrika versüßt hatten.

Die Massen, die jetzt gerade ihre Köpfe hin
halten, sollen – wenn es nach unseren Journalisten geht – einen interessanten Spagat hinlegen: Sie sollen sich ihre Wut und Unzufriedenheit aus dem Leib schreien. Sie sollen, falls unumgänglich, auch ihre Regierungen hinwegfegen, sich dann allerdings schnell und unauffällig wieder mit denselben sozialen Verhältnissen wie vorher zufrieden geben. Wenn Meinungsfreiheit und Wahlen dafür
taugen – okay! Wenn darüber aber Feinde der Freiheit (unserer, versteht sich!) ans Ruder kommen, geht das natürlich zu weit. Unsere Journalisten wissen da genau Bescheid und drücken den Völkern die Daumen, dass sie ihren komplizierten Part richtig machen.

Den Rest sollen ihrer Weltsicht zufolge eh die eigentlichen Zuständigen aus den freien Hauptstädten der zivilisierten Welt erledigen: Sie müssen den Volksaufstand zu Ende bringen, indem sie eine passende neue Herrschaft installieren helfen.

[gespiegelt von vonmarxlernen]

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Die Massen halten es nicht aus in Eurafrika

1. Februar 2011 42 Kommentare

Revolten in Algerien, Tunesien und Ägypten

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Angesichts des Aufstands in Nordafrika lernen wir täglich, dass Demokratie eine komplizierte Sache ist. Die Rede von der Herrschaft des Volkes heben sich europäische Politiker lieber für die heimischen Nationalfeiertage auf. Wenn die Massen, wie in Tunesien und Ägypten auf die Straße gehen, um ihre Regierungschefs zum Teufel zu jagen, hüten sich Merkel, Sarkozy und Obama vor falscher Parteilichkeit: Niemals würden sie den zornigen Massen einfach Recht geben und Ben Ali oder Mubarak ihrerseits auffordern, das Land zu verlassen. Denn diese Figuren sind ihre Kreaturen und Europas schöne demokratische Ordnung ist untrennbar verbunden mit dieser Herrschaft. Auch wenn sie das gar nicht so wahrnehmen, rennen die Aufständischen dort unten deshalb auch gegen europäische Interessen an. Deshalb steht für Europa und den Westen viel auf dem Spiel, wenn ein „Diktator“ wie in Tunesien die Staatsmacht einfach aus der Hand gibt – denn die ökonomischen und sozialen Verhältnisse in diesen Ländern sind in Absprache mit und unter Anleitung der EU zustande gekommen.
Mehr…

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03.02.11 ¦ Berlin ¦ Huisken: Schulnoten: Jeder kritisiert sie, keiner will sie abschaffen!

27. Januar 2011 Kommentare ausgeschaltet

Freerk Huisken vom GegenStandpunkt wird sich wieder mal in Berlin die Schule vorknöpfen und eine Vortrag an der FU in Berlin halten mit dem Thema:
Schulnoten: Jeder kritisiert sie, keiner will sie abschaffen!
Zeit: Donnerstag, 03.02.2011, 18:00 Uhr
Ort: Freie Universität, Silberlaube Seminarzentrum (Raum L115), Berlin
Veranstalter: Ini Lehramt und das Sozialreferat des AStA FU
Die Berliner GSP-Gruppe Kein Kommentar kündigt die Veranstaltung so an:

Notengebung: Jeder kritisiert sie, keiner will sie abschaffen! Was auch kein Wunder ist, denn alle gängigen Beschwerden über die Ziffernnoten in der Schule nehmen Partei für den Zweck, dem sie dienen:
– Wer Noten für wenig aussagekräftig hält, der will die schulische Herstellung von Unterschieden zwischen den Schülern nicht angreifen, sondern nur besser begründen.
– Wer die Ziffernnoten mit ihrem Raster von 1 bis 6 für zu grob erklärt, der möchte die Sortierung des Nachwuchses nach Gymnasium und Restschulen nicht kritisieren, sondern bis auf zwei Stellen nach dem Komma genau ausrechnen.
– Wer die Notengebung für ungerecht erachtet, der hat nicht etwa entdeckt, dass bei ihr die individuelle Leistung gar nicht für sich beurteilt wird, sondern der ist erst zufrieden, wenn jeder Schüler zufrieden ist, d.h. sich einbildet, seine Note würde seine Leistung gerecht ausdrücken.
– Und wer schließlich den durch Notengebung erzeugten Konkurrenzdruck beklagt, der hat sie wirklich nicht mehr alle: Wie soll denn ein Lernen für Noten, das jeden Schüler zwingt, besser zu sein als seine Mitschüler; das ihn dazu anhält, sie auszustechen, ihnen den Schulerfolg, den man selber erkämpfen will, zu bestreiten und zwar mit allen hässlichen, aber in der Konkurrenz üblichen Mobbing- und sonstigen Techniken;….wie soll das alles ohne Konkurrenz und den Druck, der nun einmal dazu gehört, veranstaltet werden?
Warum das so ist und warum sich daran bei allen Schulreformen nichts geändert hat, das lernen angehende Lehrer nicht. Sie werden eben nur darauf vorbereitet, es zu machen – per diagnostisch ausgefeilter Notengebung Schicksal spielen. Und dabei dürfen sie ganz fürchterlich auf die Notengebung schimpfen. Das haben sie im Studium gelernt. Im Job lernen sie dann noch die nächste Lehrerkritik an den Noten: Die Zensurengebung würde sie daran hindern, ihrer eigentlichen Profession, der Erziehung und Bildung, nachzugehen. Von wegen „hindern“!
Die Verteilung des Nachwuchses auf die ganz gegensätzlichen Karrieren der Klassengesellschaft ist zentraler Gehalt von Erziehung und Bildung in der hiesigen Staatsschule.

Diese Veranstaltung ergänzt Thesen, die Freerk Huisken z.B. letztes Jahr auch an der FU vorgetragen hat unter dem Titel: Wieso, wes­halb, warum macht die Schu­le dumm?
Nach- oder Vorlesen kann man Freerks Kritik in seinem Standardwerk
Erziehung im Kapitalismus
Von den Grundlügen der Pädagogik und dem unbestreitbaren Nutzen der bürgerlichen Lehranstalten

[Update: Bei archive.org kann man auch einen Mitschnitt mit besserer Tonqualität runterladen, die vom Sozialreferat veröffentlichte Version ist leider wieder mal sehr stark komprimiert worden.]

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Der Antikommunismus kommt auch ohne Kommunisten aus

24. Januar 2011 1 Kommentar

Mit diesem bitteren Wortspiel bringt vonmarxlernen.de die Gesine-Lötzsch-„Debatte“ treffend auf den Punkt:

Linken-Parteichefin Gesine Lötsch darf auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz eine Rede halten. Sie will die links-idealistische und gerade deshalb stets etwas enttäuschte Wählerschaft umwerben. Lötsch veröffentlicht im Vorfeld einen Artikel in der Jungen Welt und spricht da, wie jeder gute Parteivorsitzende bei einer solchen Gelegenheit, über die hochgesteckten Ideale, die der schnöden praktischen Politik – die bei allen möglichen, auch weltverbessernden Nuancen nun mal Verwaltung und Förderung des Kapitalismus und seiner Opfer heißt! – irgendwie zugrunde liegen und diese deshalb adeln sollen. Zwar ist es schon ein wenig komisch mit diesen Idealen, denn die sind ja qua Definition Ziele, die man nie erreicht – das soll aber nach allgemeinem Verständnis gar nicht gegen sie sprechen, sondern macht sie gerade so beliebt.
Was für Westerwelle der „Liberalismus“, für Seehofer die „christliche Werte“ sind, ist für die gute Gesine im Kontext dieser linken Konferenz der „Kommunismus“ – die über allem schwebende schöne Idee. „Wege zum Kommunismus“ seien es, die ihre Partei noch immer suche – das Treiben der Linken in Regierung und Opposition also „eigentlich“ als Weg in eine glücklichere Zukunft ohne Klassen und Herrschaft zu begreifen.
Der Zweck der Chose ist ebenso abgefeimt wie klar: Die Linkenchefin will ein Deutungsangebot liefern, das man sich zur Politik ihrer Partei dazu denken kann. „Seht es doch mal so, dass wir alle vom besten Willen zur Verbesserung der Welt beseelt sind. In diesem Ideal sind wir uns doch alle einig!“ Mit der Berufung auf die doch immer noch gültige schöne Idee will sie sich eine Art Generalabsolution einholen und so dafür werben, dass ein linkes Publikum ihre Partei auch dann wählt, wenn es sich über deren „Realpolitik“ in Berlin oder sonst wo erbost. Koalitionäres Gekungel, Regierungsbeteiligungen und das Mittragen „unsozialer“ Entscheidungen sind im Lichte eines höheren Ziels zu sehen, als mögliche (und unbedingt auszutestende) „Wege zum Kommunismus“ eben. Kritik daran verbaut diese interessanten Wege nur, ist falsch, dogmatisch, parteischädigend.
Genau so verlogen berechnend wie Gesine Lötsch daherkommt, fallen die Reaktionen der anderen Parteien und der freien Presse aus. Zwar wissen die gewieften Parteitaktiker und noch viel besser natürlich die professionellen Meinungsmacher sehr genau, dass die Linkspartei keine Systemkritik im Programm hat, sondern allenfalls an „neoliberalen“ (also für gar nicht systemnotwendig, sondern schlicht überflüssig gehaltenen) „Auswüchsen“ herumreformieren will und dass Lötsch parteiintern in diesem Spiel noch besonders für den „Realismus“ ihrer Mannschaft gegen alle linksmoralischen Phantasien kämpft. Voll gespieltem Entsetzen „entdecken“ sie aber alle mit viel Begeisterung eine Wölfin im Schafspelz. Hat man es nicht immer gesagt? Die Linkspartei tut nur demokratisch, marktwirtschaftlich und reformerisch – in Wahrheit aber glaubt selbst ihre biedere Vorsitzende an den Teufel.
***
Man könnte lachen über eine solche Geister-Debatte, die nun schon fast einen Monat lang mit schöner Regelmäßigkeit aufgewärmt wird. Das Lachen vergeht aber angesichts des totalitären Inhalts, mit dem da auf die Neuauflage der alten Tante SPD eingedroschen wird. Von wegen Gespenst! Kommunisten braucht es offenbar gar keine, um gegen sie zu kämpfen. Antikommunismus ist schlicht Staatsräson in Deutschland! Also kann man damit auch prima Stimmung machen gegen die „Linke“ und die lästige Konkurrenz, die überall partout verbessernd mitmachen will, nach Strich und Faden ausgrenzen. Über Kommunismus zu faseln, ohne ihn nach Strich und Faden zu verurteilen – das geht in der deutschen Bollwerk-Republik nicht. Das desavouiert ein für allemal, und wer das nicht begreift und sich auch noch auf Meinungsfreiheit oder ähnliche Mätzchen beruft, ist ein Fall für die Stasi, pardon: den Verfassungsschutz.

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Peter Decker zur berühmt/berüchtigten „Alternative“

20. Januar 2011 18 Kommentare

Peter Decker hat in seiner Veranstaltung zum Proletariats-Buch 2002 in Frankfurt (wie eigentlich bei fast jeder Veranstaltung des GegenStandpunkts) auch die Frage nach der Alternative vorgelegt bekommen. Er hat damals wie folgt geantwortet:
„Man kennt das Argument, immer wenn jemand was kritisiert, kommt das Gegenargument: Wo bleibt das Positive, bitte, ein Rezept! Ich möchte dabei ein bißchen die Frage zurückweisen und erklären warum (und da steckt auch schon eine Menge von der Antwort drin):
Es ist eine merkwürdige Geschichte. Man hört sich eine Kritik an, ich weiß nicht, ob die Kritik einleuchtet oder nicht einleuchtet. Wenn sie nicht einleuchtet, könnte man doch sagen: Moment, wie du von hier nach da kommst, das stimmt doch nicht, oder: Ich verstehe das nicht. Dann würde man die Kritik zurückweisen dort, wo die Kritik sich äußert. Wenn jemand aber sagt: Wo bleibt das Positive, wo ist die Alternative, dann läßt er die Kritik stehen, wie wenn sie ihm auch schmecken würde, wie, wenn er sie einsehen würde und billigt: Ja, die Kritik ist schon ok, aber was nützt die ganze Kritik, wenn die Alternativen fehlen? Und das hat was Verkehrtes, das kann mal unehrlich sein, oder es ist irrig, aber auf jeden Fall hat es was Verkehrtes.
Denn in der Kritik ist doch eine ganze Menge über das, wie man es haben will, wofür man eintritt, auch schon ausgesagt. Es ist doch nicht so, daß ich eine Kritik sage und jemand danach so vollkommen im Unklaren gelassen worden ist, was ich meine, das es richtig wäre. Jetzt sage ich nochmal, was in der Kritik alles schon ausgesprochen ist:
Wenn meine Kritik heißt: die Arbeiterschaft ist die negative Größe des Wirtschaftens, ihr Lebensunteralt ist im Rechnungsbuch der Unternehmer – und weil dann sogar der Staat von den Ergebnissen der Unternehmerschaft abhängt – im Rechnungsbuch der gesamten Nation die leidige Unkost von der man möglichst wenig bezahlen will, und wenn man sie schon bezahlt, möglichst ausgiebig nutzen will. Wenn ich das so hin sage, dann muß doch deutlich geworden sein, was mein Aufruf ist, was da an Appell drinsteckt:
Man muß eine Gesellschaft schaffen, man muß eine Wirtschaft schaffen, in der das Erwirtschaften des Lebensunterhalts aller Beteiligten der Zweck des Wirtschaftens ist und nicht die leidige Unkost, die klein gehalten werden muß. Das ist doch raus zu hören gewesen.
Aus dem Publikum:
Hat es schon Versuche gegeben in diese Richtung?
Peter Decker:
Die Frage weiß natürlich, es hat sie schon gegeben. Und sie weiß auch, der Ostblock ist untergegangen, er hat sich selbst aufgegeben. In die Frage, ob die es richtig angefangen haben, ob die was verkehrt gemacht haben, in die Frage, ob sie nicht mehr haltbar waren, oder ob ihre Führungen das wirtschaften, nicht für dich und mich, für den kleinen Iwan, sondern für den Staat für unergiebig befunden haben und zum Schluß gekommen sind, sie wollen es anders machen, über all das will ich nicht reden. Denn das wäre ein neues Thema, dann müßte man sagen: Der Reale Sozialismus und seine Irrtümer oder was auch immer.
Man soll mich dann auch nicht darauf ansprechen: Ist das nicht ein Gegenbeispiel gegen dich? Ich möchte dann lieber die andere Seite haben, nämlich: Wenn jetzt verstanden ist, was ich meine, das es Not tut, dann muß man sagen, ob man das billigt, das man meint, das das not tut, oder nicht. Und wenn man sagt, man billigt es, dann reden wir darüber, was man dafür tun kann, was dafür zu tun ist. Oder jemand will sagen: Das kann nicht gehen. Dann braucht es aber mehr Argumente als, da gibt es aber noch kein Beispiel. Die ersten Sozialisten hatten auch kein Vorbild. (Und die ersten Christen hatten ja auch kein Vorbild.) Irgendwann ist jeder immer mal der Erste.
Wenn es also noch keinen guten Versuch gegeben hat, dann ist es der Aufruf: Leute, meint ihr, der Versuch ist nötig, oder meint ihr, ihr fahrt doch ganz gut mit den Kapitalisten? Ja, wenn ihr das meint, dann ist doch alles in Ordnung! Dann ist die Diskussion vorbei. Das Merkwürdige ist bloß: Man kriegt nie ein gescheites Ja oder Nein. Wer tritt denn dafür ein, ja er hat das jetzt verstanden, wenn wir das Wirtschaftssystem, die Rechnungsweise nicht abschaffen,dann geht es uns und unsereinem immerzu so wie jetzt, höchstens noch schlechter, ja, er hat es verstanden. Aber dann sagt, aber mir ist es so eigentlich recht. Das hört man nicht. Aber die Bereitschaft, zu sagen, gut, es ist mir nicht recht, dann befasse ich mich mit der Frage, was zu tun ist, um das zu beseitigen. diese Konsequenz kriegt man auch nichtgescheit. Es läuft in ein Gemecker raus: Ewige Unzufriedenheit und keine Konsequenz.
Da plädiere ich für: bitte Konsequenz. Daß die Menschen sich untereinander einig werden, die nötige Arbeit zweckmäßig einzurichten und nicht immer gegeneinander zu arbeiten, daß sie nicht eine ungeheure Verschwendung von Menschenkraft organisieren, sondern ihre Kraft so einsetzen, daß alle gut fahren und dabei viel weniger arbeiten müssen als jetzt. Das soll nicht möglich sein? Wieso eigentlich nicht? Ja, wenn es keiner will, dann ist es nicht möglich, das stimmt. Aber sonst noch Hindernisse? Ja: Der andere Zweck! Die Eigentümer, klar, die Lohnarbeiter, die an ihrem Lohn festhalten wollen. Klar, das bleibt einem Kräftemessen überlassen, das ist eine Auseinandersetzung, selbstverständlich.
Aber die Einwände sind viel zu grundsätzlich, so vom Kaliber, geht das überhaupt, die Einwände sind so grundsätzlich angesiedelt, als dass sie sich in die Frage überhaupt einlassen würden, meinst du, du gewinnst den Kampf? Die meinen, der Mensch taugt nicht dafür. Die meinen, der Mensch taugt zum Dienen, zum braven Nachrechnen, wie viel er verdient hat, zum Sparen, zu all dem taugt er. Aber zu einer rationellen Organisation seiner Lebensbedingungen sollten nicht fähig sein? Und das sagen die Leute, die sagen, die Kritik an den Verhältnissen, wie sie jetzt sind, die würden sie eigentlich unterschreiben. Die also behaupten, sie hätten schon eingesehen das alles nicht in Ordnung ist. Da kommt man dann schnell an die Grenzen der Philosophie. Irgendwann verzweifelt man an seinem eigenen Verstand.
Also, die Frage ist wirklich so einfach, unabhängig davon ob es den Versuch schon gegeben hat, unabhängig davon, ob der gut oder schlecht abgewickelt worden ist, wenn es ihn gegeben hat, die Frage ist, meinen die Angesprochenen, dass es den Versuch braucht. Dann müssen sie darüber reden, was sie dafür machen wollen. Das war jetzt die Geschichte zu der Frage nach der Alternative. Die Alternative muss man herstellen.
Vielleicht noch einen letzten Punkt: Es gibt auch unter Linken die Sehnsucht nach der Alternative. Den Gedanken, man müsste, um für das eigene gute Anliegen zu werben, den Menschen an die man sich wendet, Kommunikation theoretisch gesprochen dem Adressaten ein leuchtendes Tableau der Zukunft entwerfen und sagen: So schön könnte es werden! Willst Du nicht für die gute Sache sein? Da muss ich sagen, sogar das ist noch eine große Täuschung: denn alles hängt an der Frage, ob die Menschen die Erwerbsquelle, die sie besitzen, einsichtsvoll ablehnen und sagen, das ist nichts. Solange sie das nicht tun, gilt jeder, der eine bessere Zukunft ausmalt, und sagt, dass ginge, als Träumer. Er wird aufgefordert Realitätsbeweise seiner Träume abzuliefern, und kann sich nur blamieren. Warum: weil man sich blamieren muss! Weil jeder, der einen Realitätsbeweis seines es ginge anders sagt, wird überprüft an der Realität, wie sie jetzt ist. Wer sagt, eine höhere Rente im Alter das ginge doch, kriegt gleich gesagt, sag uns einen Finanzierungsvorschlag! Wo hast du im Staatshaushalt die Lücke entdeckt, oder den überflüssigen Posten?
Ja bitte, wenn ich auch noch den Staatshaushalt eines kapitalistischen Staates verwalten muss, um es den Leuten besser zu machen, der dann kommen schrittweise All die Systemnotwendigkeiten, die hier herrschen rückwärts wieder herein ich wollte ja gerade sagen: ich will den kapitalistischen Staatshaushalt genauso beseitigen, wie die Rechnungen der Unternehmer. Und dann möchte ich aber auch nicht geprüft werden daran, ob meine Idee dem Staatshaushalt und den Tabellen des Finanzministers gerecht wird. Das wird sie nicht. Man muss also darauf achten, kein Mensch, der glaubt, er braucht den Lohn, er braucht die Lohnarbeit, und darin hat der immerhin eine verlässliche Quelle seines Einkommens, kein Mensch lässt sich durch Träumereien in der Zukunft davon abschätzen. Außer, wenn er meint, er hat keine gescheite Erwerbsquelle in seiner Bereitschaft zu arbeiten. Soviel zu der immer wieder schwierigen aber interessanten Frage, wo ist denn die Alternative?“

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Wikileaks: Gähn! (Selbst Wundertüten waren überraschender)

19. Januar 2011 1 Kommentar

Mehr müßte man eigentlich nicht sagen zur aktuellen Welle, die durch die Medien schwappt:

Julian Assange und seine Leute halten ihre Hacker- und „Whistle Blowing“-Aktivitäten nicht für ein modernes Robin-Hood-Spiel, mit dem sie die Mächtigen ein wenig ärgern, sondern für einen wahren Akt der Befreiung von Herrschaft und Unterdrückung. Sie kennen keine andere Unterdrückung als die Unterdrückung von Information und keine andere Herrschaft als die Herrschaft über die elektronischen Kommunikationskanäle. Wenn sie Regierungsakten ans Licht des Internet zerren, meinen sie, den Machthabern die entscheidende Säule ihrer Herrschaft zu entziehen – die Geheimhaltung und die Kontrolle des Informationsflusses. Bei der Auswahl des Materials sind die Freiheitshelden des Internet kriterienlos; sie veröffentlichen, was immer sie an Material in die Finger kriegen, das nicht mal unbedingt geheim, aber eben nicht zur Veröffentlichung bestimmt ist. Sobald die Texte, Tabellen, Videos im Netz stehen, ist der Kampf von Wikileaks fertig und vorbei: Gegen ein Volk, das die Akten lesen kann oder lesen könnte, kann nicht mehr regiert werden. Was Regierungen aber vor aller Augen und erklärtermaßen treiben, das kann ja wohl nichts Schlechtes sein.
Aus dem Teil des veröffentlichten Materials, das sich dafür überhaupt eignet, machen dann andere ihr Stück Kampf um die öffentliche Meinung. Enthüllungsjournalisten decken Fakten auf, die ihnen für Skandale gut sind, und prangern die dafür Verantwortlichen an: Mit vermeintlich oder wirklich unbekannten hässlichen Fakten wollen sie die offizielle positive Sicht der Kriege, der sozialen Verhältnisse, der Gesundheits- und Umweltsituation etc. unserer freiheitlichen Heimatländer widerlegen und den Menschen die Augen über Versäumnisse und Missstände öffnen. Auch sie täuschen sich. Fakten – auch hässliche – sind keine Argumente: Im Wesentlichen ist in den westlichen Demokratien alles bekannt, auch die schlimmsten Brutalitäten der Kriegführung; und wenn doch einmal nicht, dann hängt Billigung oder Kritik der Taten der Regierung nicht am neuen Faktum, sondern daran, wie es erklärt und verstanden wird. Das aber ist gerade nicht die Sache der Enthüller: Sie wollen Fakten sprechen lassen.
Gegen den populären Kampf um Information und Informationsfreiheit gibt es etwas klarzustellen: Moderne Herrschaft funktioniert nicht darüber, dass Informationen unterdrückt und Bürger über die Taten der Regierung im Dunkeln gelassen werden. Das ist gerade die Stärke der kapitalistischen Demokratie, dass sie nichts verheimlichen muss, um die Regierten auf die Staatsräson und ihre Konsequenzen zu verpflichten.

So hat der GegenStandpunkt z.B. eine Veranstaltung zum Thema in Nürnberg

angekündigt

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25.01.2011 ¦ Berlin ¦ Decker zum Proletariat

17. Januar 2011 1 Kommentar

Peter Decker (nach dem Tod von Karl Held nun verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift GegenStandpunkt) wird wieder einmal einen Vortrag zu dem Proletariat-Buch halten, das er 2002 zusammen mit Konrad Hecker veröffentlicht hat:
Das Proletariat
Der Aufstieg des Arbeiters zum Bürger ist ans Ende gekommen

Zeit: Dienstag, 25.01.2011, 18:30 Uhr
Ort: Humbold Universität (Hauptgebäude, Raum 3094/3096 ), Unter den Linden 6, Berlin
Veranstalter: GegenStandpunkt Verlag
Das Buch hatte übrigens noch den Unterrtitel:
„Die große Karriere der lohnarbeitenden Klasse kommt an ihr gerechtes Ende“
Die Berliner GSPler kündigen die Veranstaltung jetzt so an:

Wer heute vom Proletariat redet, disqualifiziert sich als unverbesserlich gestrig. Sozialwissenschaftler können ein Proletariat vom sonstigen Volk längst nicht mehr unterscheiden, Arbeiterparteien, die es einmal organisiert haben, sind verschwunden oder zu Volksparteien mutiert; und die Leute, die damit gemeint waren, die abhängig Beschäftigten, halten die Bezeichnung für eine Beleidigung des ehrbaren Arbeitnehmers. Kein Zweifel: Das Proletariat gibt es nicht mehr.
Dafür gibt es anderes:
Einen Niedriglohnsektor zum Beispiel, in dem ein paar Millionen Leute arbeiten, ohne dass sie vom dort gezahlten Lohn leben können.
Hartz-IV, eine soziale Grundsicherung, die weitere Millionen mittelloser Menschen vor Hunger und Verhungern bewahrt.
eine verarmte und perspektivlose Unterschicht, die ihre Kinder verwahrlosen lässt.
eine Rentenversicherung für Leute, die durch Arbeit nicht reich werden, und deren vom Lohn abgezogene Beiträge nie reichen, um die versprochenen Leistungen zu bezahlen.
eine Krankenversicherung, die für die Arbeitgeber immer zu teuer ist und immer weniger das medizinisch Notwendige finanzieren kann, so dass ausgerechnet hier das böse Wort von der „Zwei-Klassen-Medizin“ die Runde macht.
Vor allem aber gibt es eine deutsche Republik, die gerade einen glänzenden Aufschwung nach der größten Wirtschaftskrise seit 60 Jahren hinlegt und offen damit angibt, worauf dieser Aufschwung beruht: Deutschland ist mit seinen Industrieprodukten konkurrenzfähig wie nie, weil es im Jahrzehnt vor und während der Krise das nationale Lohnniveau heruntergedrückt und mehr als die europäischen Nachbarn und andere Konkurrenten die Lohnstückkosten gesenkt hat. Wirtschaft, Politik und Medien sind zufrieden und stolz darauf, dass der Reichtum der Nation durch die Armut der arbeitenden Massen so schöne Fortschritte macht.
Der Lohn, das Geld, von dem die große Mehrheit der Bevölkerung lebt, ist eben nicht Ziel und Zweck dieser Wirtschaft, sondern ein leidiger Kostenfaktor für sie: Je billiger sie die Arbeit einkauft und je mehr Leistung sie aus den Arbeitskräften herausholt, desto mehr Ertrag bringt die Arbeit für die, die sie sich kaufen. Das ungefähr ist es, was MARX vor 150 Jahren gemeint hat mit dem Lehrsatz, dass das Dasein als „Ware Arbeitskraft“ das Leben einer ganzen gesellschaftlichen Klasse definiert. Ökonomisch hat sich daran nichts geändert.
Verschwunden ist etwas anderes: Der ärgerliche und rebellische Stand, der sich diese Rolle nicht mehr gefallen lassen will. Was dafür alles nötig war, und was an die Stelle des einstigen proletarischen Klassenbewusstseins getreten ist – davon handelt der Vortrag

Peter Decker hatte dazu bei YouTube mal ein Interview gegeben. Vor Jahren gab es einige Veranstaltungen zum Thema. Von der Diskussion in Freiburg 2004 z.B. gibt es eine Abschrift. Einen Artikel in der jungen Welt haben die Autoren damals auch unterbringen können.
Update:
Der Mitschnitt der Veranstaltung steht jetzt zur Verfügung: http://kk-gruppe.net/mp3/Proletariat_B_20110125.mp3

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Nächste Ausfahrt: Peer Economy, commonistische Wirtschaft?

7. Januar 2011 16 Kommentare

Ich ziehe jetzt mal antikaps letzten Beitrag raus und mache einen neuen Thread auf.
Zum Thema „peer economy“/Commons hat antikap zwar bisher noch nichts Inhaltliches beigetragen (das wird hier kaum jemand überraschen), das sollte aber einer Diskussion über den von ihm jetzt ins Spiel gebrachten Ansatz, der ja von Siefkes bis in die Prokla getragen und kritisiert wird, Sabine Nuss hat sich da ja auch schon geäußert, nicht im Wege stehen.

AgneS: „Noch immer habe ich keine Ahnung, wie die Grundbestimmung der kapitalistischen Produktion in deinen Augen durch die „digitale Revolution“ denn verändert wird. Werden die digitalen Dinge, die produziert werden, denn nicht von den Profiten, die damit zu machen sind, bestimmt?“
Besonderes Merkmal dieser Produktion ist, dass in riesigem Umfang Güter ohne Wert produziert werden. Damit weist sie über den Kapitalismus hinaus. Die Commonsbewegung will sich diesen Umstand zur Systemtransformation hin zu einer wertfreien Produktion zunutze machen. Erstaunlich auch, dass hier noch immer nicht der Vorschlag für eine geplante selbstorganisierte Produktion diskutiert wurde. (Warum das Reden über diese kommunistische Zukunft, die GSpler angeblich alle anstreben und doch nicht kennen wollen, in GSp-Kreisen tabuisiert wird, weiß ich auch nicht. Ich vermute es hängt mit der Verklärung des Paradieses dieser Sekte zusammen. Eine Art Bilderverbot. Wer über das Paradies spricht, entzaubert es.) Trifft darauf immer noch AgneS‘ Kritik zu, dass es Märkte und Tauschwert gebe, bloß weil man ein Maß für Arbeitszeit hat? Wäre dieses Konzept mit Dillmanns Vision einer Gebrauchswertökonomie kompatibel? Wenn man mal ihre basisdemokratische Bedingung weglässt, dass sich „die Produzenten einig“ sein müssten – ein Zustand der niemals eintreten wird –, liest sich ihre Beschreibung wie eine unterspezifizierte Fassung der Peerconomy. Neoprene, vielleicht liegen die Deppen antikap, Renate, AgneS und Kohleofen gar nicht soweit auseinander. Nur aus unerfindlichen Gründen agitiert man beim GSp lieber für Untätigkeit, anstatt mal mit den „Geheimplänen“ für die neue Gesellschaft herauszurücken. Damit wir uns nicht missverstehen: Mit Plänen meine ich nicht, dass auch nur für ein Gut eine Arbeitsstunde eingeplant wurde. Die Peerconomy bezeichne ich als Plan, obwohl dort keine konkrete Planung bzgl. Menge und Art von Gütern vorweggenommen wurde. Im Unterschied zur GSpschen Planlosigkeit liefert sie jedoch ein Grundkonzept für die Organisation, das streikende Arbeiter für sich – und sei es nur in einem Betrieb – sofort übernehmen können. @Kohleofen: Dass Arbeiter auf so eine Produktion nicht in jedem Fall von selbst kommen, v.a. nicht, wenn sie von GSplern zu Untätigkeit oder gar Maschinensturm angehalten werden und ihnen mangels Planung der Produktion, die erst erlaubt sei, wenn die gesamte Menschheit für den Kommunismus agitiert sei und streike, ein revolutionäres Konzept für die Fortführung ihres Streiks fehlt, ist auch eine historische Tatsache. Sie sollen schön kapitalistisch weiterschuften bis der letzte Mensch Kommunist geworden ist (also nie), dann alles kaputtschlagen. Erst dann dürfen sie sich überlegen, was Kommunismus überhaupt heißt, und sich alle basisdemokratisch einigen, was sie produzieren sollen. Und das alles möglichst in drei Tagen, damit nicht so viele verhungern. Wenn das kein Ausrottungsprogramm für die Menschheit ist, dann zumindest die größtmögliche Verelendung.

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Theo Wentzke und die „kritische Masse“

3. Januar 2011 156 Kommentare

Bei der Veranstaltung des GegenStandpunkts zu Stuttgart 21 am 16.12.2010 in Stuttgart hat Theo Wentzke en passant eine kleine Annäherung dazu präsentiert, wie er und die Seinen sich die Annäherung an eine wirkliche Umwälzung vorstellen (Bei rund 1:27 des Mitschnitts):

Da muß man halt schauen, ob man nicht genügend Leute zusammen kriegt, die dagegen vorgehen, gegen den Grund. Und nicht bloß den Opfern helfen wollen. Sondern gegen den Grund, warum es Opfer gibt, etwas tun. Aber dafür braucht man sehr viele. Mindestens sowas Ähnliches wie Stuttgart 21 und selbst das ist wahrscheinlich viel zu wenig, denn bei einmal im Monat Rumdemonstrieren, da merkt man ja, wie wenig das bewirkt. Dann wird halt die Polizei, Abteilung Verkehrspolizei, etwas verstärkt und leitet den Verkehr um und die Ampeln werden anders programmiert und schon funktioniert alles wieder ganz gut. Denn so furchtbar viel „blockiert“ wird da ja gar nichts, weil der Staat ja schon seine Mittel hat, um das um die Demonstranten rumzudirigieren. Diese Störung wäre zu wenig, zu wenig Störung für das Getriebe, die ist ja schon zuwenig für so etwas Bescheidenes wie K21.
Geschweige denn, gegen die Ursache des sozialen Übels vorzugehen. Und dafür versuchen wir in unserem Heft Argumente zu machen, und dann in Veranstaltungen, kleineren Publikationen, Flugblättern, – auch beim 1. Mai verteilen wir Flugblätter an die Dortigen -, daß sie schon mal Schauen sollten, nicht bloß am 1. Mai, es steht alles Mögliche schlecht. Sondern sich mal überlegen, woher das kommt und nicht nur am 1. Mai demonstrieren und ansonsten brav weiterarbeiten. Sondern an den anderen 200 Arbeitstagen, an denen wäre der Hebel anzusetzen und nicht nur an dem einen freien Tag, um etwas zu ändern.
Bloß dazu sind die paar Leute die sich hier versammeln und in unseren Lesezirkeln das machen, zu wenig. Deshalb tun wir folgendes dafür: Wir schreiben es auf, versuchen es, publizistisch unters Volk zu bringen – auch internetmäßig – und dann möchten wir die Leute dazu bringen, mizutun „dabei“: Erstens, sich das mitzuerklären und dann auch Handeln daraus folgen zu lassen, Konsequenzen daraus zu ziehen.
Bloß die Konsequenzen, die wir vorschlagen, die erfordern eine gewisse kritische Masse. Und deshalb lohnt es sich nicht, mit 50 Leuten durch die Innenstadt Stuttgarts zu ziehen, und zu sagen, damit wäre was getan gegen das soziale Übel, den Kapitalismus. Sondern dafür bräuchte man vielleicht 50.000 Leute. Aber nicht welche, die durch Stuttgart ziehen, sondern die in den Fabriken sagen, „Schluß damit!“

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11.01.2011 ¦ Berlin¦ Wentzke: Der Streit um Stuttgart 21

20. Dezember 2010 Kommentare ausgeschaltet

Am 11.01.2011 plant die Berliner GegenStandpunkt Gruppe Kein Kommentar eine Veranstaltung zum Thema
„Der Streit um Stuttgart 21
Ein Bahnhof wird zur demokratischen Prinzipienfrage“

mit Theo Wentzke, einem Redakteur der Zeitschrift GegenStandpunkt als Referenten
Beginn: 19:30, 11. Januar 2011
Ort: Mehringhof, Versammlungsraum Gneisenaustrasse 2a, Berlin Kreuzberg
Als Lesehinweis: Das am 23.12.2010 erscheinende Heft 4-10 des GegenStandpunkt wird folgende Artikel zum Thema enhalten, der auch schon hier vorab online erhältlich ist, hier als PDF.
Ein paar Thesen zum Thema sind hier zu haben.

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GegenStandpunkt Heft 4-10 erscheint am 23.12.2010

16. Dezember 2010 1 Kommentar

GegenStandpunkt 4-10 erscheint am 23.12.2010
zum Inhalt:
Nationalismus global
Der Ausländer und das Problem, das er darstellt

Überall gibt es Ärger mit den Ausländern – mehr als lange üblich: In Deutschland, Österreich, den USA (dazu die Artikel in GegenStandpunkt 4-10), in Frankreich, das rumänische Roma deportiert, in England, wo eine British National Party Streiks gegen die Beschäftigung osteuropäischer EU-Bürger organisiert; in einer ganzen Reihe weiterer EU-Staaten, wo ausländerfeindliche Parteien Wahlen gewinnen. Immer wieder und immer massiver stören sich politische Parteien und Regierungen am Vorhandensein, an der Zahl oder der Verfassung von Bevölkerungsteilen, die als nicht dazugehörig identifiziert und vom Hauptvolk abgegrenzt werden. Diese Ab- und Ausgrenzung lebt von der Scheidung zwischen zwei Sorten von Menschen, welche niemand anderer als die Staatsmacht in die Welt setzt: Zwischen solchen, die zu ihr gehören, ganz und gar ihrer exklusiven hoheitlichen Gewalt unterworfen sind, also nicht umhinkommen, ihre Ansprüche zu bedienen – sie genießen als Inländer das interessante Recht, im Bereich dieser Hoheit leben zu dürfen. Und all denjenigen, die anderen Staaten angehören und im Land nichts verloren haben, es sei denn, der Staat hat besondere Gründe, ihnen den Aufenthalt dennoch zu gestatten – weil und solange die Fremden ihm von Nutzen sind. Ob und wann sie stören, hängt also auch nicht von ihnen ab.
Thilo Sarrazins großer Wurf
„Deutschland, erwache!“ – reloaded 2010

Das Buch wird zum Bestseller, der nicht nur großen Teilen des Volkes aus dem Herzen spricht. Auch den politisch Verantwortlichen im Land bietet er die gern ergriffene Gelegenheit, den wahren Gehalt ihrer Verantwortlichkeit zur Sprache zu bringen und auch, wie sie praktisch der „Problematik“ zu begegnen gedenken, die der Autor ausbreitet. Der meinungsbildenden demokratischen Öffentlichkeit gibt er gleichfalls viel zu denken. Nach ausgiebiger Prüfung tendiert sie überwiegend dazu, einem mutigen Tabubrecher Anerkennung entweder wegen seines Mutes zu zollen, einmal gesagt zu haben, was Sache ist in Deutschland. Oder deswegen, weil seinetwegen endlich eine „Diskussion“ in Gang gekommen ist, in der diese Sache im Zentrum steht. Der GegenStandpunkt behandelt das Buch und die Debatte.
Der Kampf um „Stuttgart 21“: Ein Bahnhof wird zur Staatsaffäre!
Ein demokratischer Dialog in 5 Akten

Baden-Württembergs Regierung besteht auf dem Neubau eines Durchgangsbahnhofs unter der Erde, ein Teil der Bevölkerung will den alten Kopfbahnhof behalten. „S 21“ oder „K 21“: Darüber geraten Staat und Volk ungewöhnlich heftig aneinander. Beide Seiten werden prinzipiell: Die Kanzlerin erhebt den Ausgang zum Test, ob man „in Deutschland Großprojekte durchbringen kann“, und auch die Kritiker erklären, es gehe um die „Zukunft des Landes und der Demokratie“. Die Obrigkeit richtet Wasserwerfer auf ihre Bürger; der Protest sieht sich in seiner Empörung über „bürgerferne Politik“ bestärkt. Der gerufene „Mediator“ Geißler spricht von einem „unüberbrückbaren Gegensatz zwischen Befürwortern und Gegnern“ und empfiehlt zur Schlichtung sein Modell „Stuttgart 21 PLUS“. Und die Öffentlichkeit macht sich Sorgen um eine grundsätzliche „Entzweiung“ zwischen Politik und Bürgern…
Die Nazis passen nicht zu Deutschland – ihre Parolen schon
Neonazis marschieren mal wieder auf. Antifaschisten demonstrieren dagegen, dass die Rechtsradikalen undemokratische, ausländerfeindliche, rassistische oder nationalistische Parolen grölen: „Ausländer raus!“, „Volksgemeinschaft statt Globalisierung!“ oder „Arbeitsplätze für Deutsche!“
Sie finden das öffentliche Auftreten von Neonazis mindestens unwürdig für Stadt und Land. Ein „brauner Aufmarsch“ hätte in München, Dresden oder Hamburg nichts verloren, er würde zu dem demokratischen Deutschland von heute nicht passen, weshalb kritische Bürger den Nazis ein „buntes Bündnis“ entgegenstellen. Nur: Haben sie sich eigentlich schon mal ernsthaft gefragt, was da nicht passen soll? Haben sie sich wirklich schon mal Rechenschaft darüber abgelegt, was an dem politischen Programm von Rechtsradikalen, denen die „rote Karte“ gezeigt werden soll, so grundsätzlich unverträglich mit dem offiziellen deutschen Staatsprogramm der Regierung Merkel sein soll?
Inhaltsverszeichnis des Heftes 4-10

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Aus den Archiven des Marxismus (vor mehr als 25 Jahren)

13. Dezember 2010 4 Kommentare

Aus Leserkreisen erreicht uns immer wieder mal die Frage, wer die MG eigentlich finanziert. Anläßlich einer diesbezüglichen Anzeige in der „TAZ“ vom 27. Mai:
„KNOW – HOW Marxistische Gruppen. Für eine Dokumentation / Gegenstrategie suchen hamburger Studenten von Dozenten, ASten, Hochschulgruppen und Gewerkschaftlern Informationen und Analysen über Struktur, Finanzierung und alle Erscheinungsformen der MG. Kontake vandull- ART, 2000 Norderstedt, Postfach 2026.“
haben sich relevante Teile der MSZ-Redaktion gefragt ob wir nicht einen massenfeindlichen Fehler begangen haben, wenn wir uns diese Fragerei bislang so erklärten: Sie zeugt vom demokratieverdorbenen Charakter eines Interesses, eine politische Aussage nicht nach dem Inhalt, sondern nach ihrer Herkunft zu beurteilen; jedes Eingehen auf dieses Interesse ist daher konterrevolutionär. Der in der Redaktion ausgebrochene Streit, ob ein Massenblatt mit „dem Anspruch auf Veränderung des Bewußtseins seiner Adressaten“ (Redaktionstheoretiker Wolfgang Staub) nicht auch „vorübergehend auf falsche Interessen eingehen“ müsse (Chefredakteur L. Fertl), um sie überhaupt zu erreichen, wurde mit folgendem Vorschlag beigelegt: Gemeinsam mit allen Lesern wollen wir die Beantwortung obiger Frage endlich einer Klärung zuführen. Dazu rufen wir zu unserem PREISAUSSCHREIBEN auf, wobei wir folgende Lösungsvorschläge anbieten:
1. Die MG wird über Spenden finanziert.
2. Die MG wird von der CDU resp. ihr nahestehenden Wirtschaftskreisen finanziert (offener Verdacht linker Kreise).
3. Die MG wird aus Leipzig finanziert (offener Verdacht rechter Kreise).
4. Die MG wird vom Verfassungsschutz finanziert (offener Verdacht des MSB).
Teilnahmebedingungen: Schreiben Sie DM 10,- oder mehr auf einen Überweisungsschein Ihrer Bank oder Sparkasse und senden Sie ihn an: Verein zur Förderung des studentischen Pressewesens e.V., PSchKto. Nr. 10609-800, PSchA München, Stichwort MSZ. Gehen mehrere richtig ausgefüllte Scheine ein, ist Lösung 1 richtig! Sind welche von der CDU dabei, stimmt 1 und 2! Kommen Überweisungen von drüben, blicken wir überhaupt nicht mehr durch, behalten das Geld aber trotzdem. Überweist der Verfassungsschutz, behalten wir das Geld auch, müssen ihn dann aber darauf hinweisen, daß er damit dem MSB leichtfertig zu einem Sieg verholfen hat!

gefunden bei DEA

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[online] 3.12.2010 ¦ Berlin ¦ Jonas Köper: Worum geht es beim sogenannten Sparpaket der Regierung?

5. Dezember 2010 Kommentare ausgeschaltet

Der Mitschnitt des „Roten Freitag“ der Berliner GegenStandpunkt-Gruppe Kein Kommentar vom 3.12.2010 mit Jonas Köper als Referenten zum Thema „Worum geht es beim sogenannten Sparpaket der Regierung?“ ist jetzt bei archive.org zum runterladen verfügbar.

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Freerk Huisken zum Buch der Lehrerin Czerny in der SZ vom 28.11.10

2. Dezember 2010 14 Kommentare

Ein Genosse aus dem, sagen wir mal, „Umkreis von Freerk Huisken“ hat mir einen Artikel von Freerk gemailed, der von ihm in der letzten Wochenendausgabe vom 27./28.11.2010 in der Süddeutschen Zeitung erschienen ist. Freerk setzt sich mit dem gerade erschienenen Buch „Was wir unseren Kindern in der Schule antun: …und wie wir das ändern können“ von Frau Czerny auseinander, jener Lehrerin aus Bayern, die bundesweit in die Schlagzeilen geriet, weil sie wegen zu guten Unterrichts strafversetzt wurde. Diesen Artikel kann man jetzt hier runterladen.
Freerk hat sich zudem auch schon in der „Fachzeitschrift AUSWEGE – Perspektiven im Erziehungsalltag“ zu diesem Buch geäußert. Diese Rezension ist hier auf deren Webseite runterladbar.

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Kritik am China-Dialog von Renate Dillmann mit Ingo Nentwig

1. Dezember 2010 32 Kommentare

Nach Anhören der Veranstaltung mit Renate Dillmann und Ingo Nentwig (grob von der Partei Die Linke) zum Charakter der VR China am 1. 7. 2010 in Köln habe ich mich wieder mal geärgert, daß sowas nicht auch in Berlin veranstaltet wurde/wird. Denn ich hätte mit Sicherheit nicht ruhig auf meinem Zuhörerzustuhl gesessen, wenn solch ein antisozialistischer „Linker“ (früher wäre er von Rechts und von wirklich Links als Fellow Traveller beschimpft worden) mit unverhohlener Freude über die blutig hergestellten Fakten der Geschichte erzählt, um damit deren Alternativlosigkeit damals genauso zu bemänteln wie seine Bejubelung der kapitalistischen Gegenwart (natürlich nur ganz, ganz kritisch, schließlich ist er beinahe einer von der Partei Die Linke, da aber einer von den ganz linksradikalen!) .
Natürlich weiß auch jemand wie Nentwig, der sich ja zynisch und stolz in die Tradition der stalinisierten Dritten Internationale stellt, um den erbitterten Streit sowohl in der frühen Komintern als auch drum herum mit anderen Kommunisten und Anarchisten um die Fragen, welches Programm Revolutionäre brauchen, um den von Lenin ja nicht zu Unrecht „Sozialchauvinisten“ genannten mehr oder weniger linken Nationalisten die Massen abspenstig zu machen. Das gerade in einem Gebiet (ich vermeide jetzt mal ganz bewußt die Begriffe Staat/Land/Nation, weil die ja gerade kontrovers gesehen werden) mit vom Kapitalismus bis dahin wenig entwickelten Produktivkräften wie dem Machtgebiet der Bolschewiki schon die Verteidigung gegen des Wiederabräumen durch die imperialistischen Mächte nicht leicht von der Hand ging, daß im eigenen Gebiet nicht allzuviel vorhanden war, um den Massen, vor allem den Massen der noch auf und vom Land lebenden Menschen eine unmittelbar einleuchtende Perspektive der Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse liefern zu können, genau dieser nicht gerade ermutigende Ausgangspunkt war doch einer der Hintergründe für die dann erbittert ausgefochtenen politischen Kämpfe um „Sozialismus in einem Land“ versus „Kampf für die proletarische Weltrevolution“ zuerst nur in der Sowjetunion, aber dann natürlich auch in der ganzen 3. Internationale.
Natürlich weiß Nentwig auch darum, daß die Stalin-Fraktion nach einigen Jahren des weltweiten Kampfes in den nationalen Sektionen der Komintern das nationale Projekt Sowjetunion/“Sozialismus“ nur in einem Land durchgesetzt hat, was gerade für China von Anfang an katastrophale Folgen gehabt hat. Es ist doch eine stalinistische Fälscherlüge, daß sich das weltweit also auch und gerade in China niemand anders habe vorstellen können als so wie das Stalin auch der chinesischen KP an“empfohlen“ hat, Wer natürlich immer noch den „Kurzen Lehrgang der KPdSU/B“ als Bibel der Dokumentation der politischen Entwicklungen ansieht, von dem kann man auch nichts anderes erwarten. Kurz: alle Anhänger anderer Vorstellungen in der Komintern wurden doch ausgeschaltet und in der Sowjetunion buchstäblich umgebracht in den Großen Säuberungen der 30er Jahre.
Um den letztlich desaströsen Kurs des Blocks der vier Klassen in China ist doch schon in den 20ern politisch gekämpft worden, selbst nach dem 2. Weltkrieg gab es z.B. noch vereinzelt z.B. trotzkistische Kritiker am Kurs von Maos KP (übrigens auch in Indochina, wo Ho Tschi Minh deren Anhänger blutig zusammenschießen ließ, weil die die Rückkehr der französischen Imperialisten nach der Niederlage Japans nicht mit „friedlicher Koexistenz“ bemänteln wollten.)
Letztlich ist Nentwig ein durch und durch bürgerlicher Apologet der Verhältnisse, so wie sie eben sind, und da die kapitalistisch sind, nun schon eine ganze Weile auch in China, das gibt er unumwunden zu, ist das eben gut, weil so gekommen. Weil schon seit Stalin die Hauptfraktion aller, die sich für Kommunisten ausgegeben haben, einen stramm nationalistischen Kurs gefahren hat, ist das das unumstößliche Urteil der „Geschichte“, daß es eben anders nicht ging. Es ist eine lächerliche Ausflucht von Nentwig gewesen, eine Kritik daran abzutun mit dem Argument, Nationalismus, „progressiver“ Nationalismus zudem, das war die Vergangenheit, jetzt hat die „Geschichte“ eben was anderes auf die Tagesordnung gesetzt, was auch immer das bei Nentwig sein mag, eine internationalistische antinationalistische proletarische Perspektive wird das wohl kaum sein, da steht selbst der angebliche ultralinke Flügel der Linkspartei doch mächtig weit rechts von. Für die VR China ist er so großzügig, den dortigen „Genossen“ schon hoch anzurechnen, daß die die „Übergangszeit“ der für den Sozialismus leider notwenigen kapitalistischen Schinderei auf „nur“ zwei drei Jahrhunderte ansetzen. Schließlich rechnen die in Jahrtausenden, genauso wie die Historiker des kaiserlichen China.
Das wäre ja schon schlimm genug aber Nentwig bekräftigt sein Lob auf die Nation(en) ja noch, weil er ganz klipp und klar behauptet, daß es jetzt auch nur so weitergehen kann. Das blödeste Argument dabei ist sein Verweis auf die Massenunterstützung, die nationalistische kapitalistische und im Falle Chinas wie Deutschlands ja sogar ausgewachsene bzw. angestrebte imperialistische Politik jeweils haben. Das wird schon so sein, daß die chinesischen KP-Führer sich auch ganz demokratisch in ihrer Macht bestätigen könnten wie Frau Merkel oder Herr Schröder hier. Und es war auch nach dem Sieg der KP Chinas so, daß sie sich in ihrem Programm der nationalen Erhebung auf breiteste Zustimmung in der Bevölkerung berufen konnte, schließlich hatte sie diesen Nationalismus jahrzehntelang selber gepflegt in einem Land wo der eh schon vorherrschend war.. Das hat durch den großen Sprung nach vorn z.B. sicher schon einen großen Knacks bekommen, aber bis heute hatte die KP die Macht letztlich so sehr in der Hand, daß diese nie ernsthaft gefährdet war, nicht mal in der Kulturrevolution. Die Menschen sind leider bis heute Nationalisten geblieben, die sich zum Dank des Regimes jetzt an so schönen Sachen wie einer erfolgreich durchgeführten Olympiade erfreuen dürfen.
Renate Dillmann hat Nentwig entgegengehalten, daß sie gar nicht einsieht, warum nicht die erfolgreichen Revolutionäre einfach nur eine vernünftige Planwirtschaft für die Bedürfnisse der chinesischen Massen hätten hinkriegen können. Wieso es zur Entfaltung der Produktivkräfte denn ausgerechnet kapitalistische Zwangsverhältnisse bräuchte. Sehr passend kam dazu ein Einwurf aus dem Publikum der ex post Thomas Müntzer die Daumen gedrückt hat, stellvertretend für all die Menschen, die vielleicht nicht schon immer, aber schon recht lange, sich die jeweiligen Klassenverhältnisse nicht mehr gefallen lassen wollten. Das ist nun eine Frage, die ich mir (und GSPlern) auch schon länger stelle. Peter Deckers Antwort hierzu habe ich ja schon veröffentlicht.
Auf jeden Fall gehört dann aber in die bejahende Antwort hinein, daß damit aber ne ganze Menge Zwänge und Notwendigkeiten einhergehen: Die Verteidigung des eroberten Gebiets ist unumgänglich, weil sozialistische Inseln schon aus Prinzip von den imperialistischen Mächten der Welt nicht toleriert werden, das kostet buchstäblich ne ganze Menge an Ressourcen, die eigentlich für was Besseres gebraucht werden. Daraus dann aber ein explizites Projekt der nationalen Stärke zu machen ist der Fehler, ein Programm der Stärkung ist war und ist immer überlebensnotwendig. Ein bewußt nationales Projekt aufzumachen ist auch deshalb ein Fehler, weil die letztlich einzig helfende Strärkung der beschränkten Insel eines befreiten Gebietes/Staates die Ausweitung der ersten Revolution ist, zentral in der Höhle des Löwen, den imperialistischen Großmächten.
Nur als Nebenpunkt: Andere Genossen des GegenStandpunkt haben regelmäßig eine andere Sichtweise, für Rolf Röhrig jetzt wieder in Frankfurt zu Sarrazin ist der Kapitalismus durch Überfluß an allem gekennzeichnet. Ich habe ihm als Punkt, den ich für falsch, da BRD-borniert halte, dafür kritisiert, dass er gesagt hat:
„Das Alles da sei, was das Arbeiterherz nur begehren könne, daß da überall nur immer die Preisschilder dran hängen, die es ihm dann doch verwehren: Wenn überhaupt, dann ist/wäre das eine Situation, die nur in der jüngsten Geschichte des Kapitalismus und da auch nur für ein paar handverlesene Staaten gelten würde. Für ganze Kontinente wie Afrika schon mal nicht. Ich bezweifele ja schon immer, daß selbst nach einer Weltrevolution in Null-Komma-Nichts wirklich Alle Alles bekommen könnten. Da müßten schon einige wirklich ehrgeizige 5-Jahrespläne erfolgreich umgesetzt werden, damit wirklich auch jeder Inder oder Chinese ein ordentliches Dach über dem Kopf und einen Hausarzt in Reichweite hat, um nur zwei Grundbedürfnisse anzusprechen, bei denen es jetzt für ein bis drei Milliarden Menschen hapert.“
Ein wesnetlicher Mangel an der Kölner Diskussion war, daß nicht angesprochen wurde, daß die self fullfilling strategy der KP Chinas „Auf die eigene Kraft vertrauen“ als deren Variante der Programmatik des Sozialismus in einem Lande erheblich dazu beigetragen hat, daß die Argumente der KP, wir sind allein, nur unsere eigene nationale Stärke zählt, die Chinesen auch überzeugt haben. Der Untergang der indonesischen KP in den 60ern, der größten KP der nichtrealsozialistischen Welt wäre z.B. ein solcher „Beweis“ für die Richtigkeit der Politik der KP Chinas.
Der grundsätzliche Mangel der Veranstaltung war also, nicht gleich vorwegnehmend bzw. voraussetzend, was Nentwig als Verfechter der Linie „nur so ging und geht es, alles andere war nicht denkbar und wenn dann jedenfalls illusionär“ vortragen würde, viel grundsätzlicher in die Parade gefahren zu sein. Der Erfolg hat ihm und der KP Chinas eben nicht Recht gegeben, denn es war kein Erfolg für uns sondern für die.

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online ¦ Köln 1.7.2010 ¦ China-Dialog Dillmann vs. Nentwig

30. November 2010 2 Kommentare

Der Mitschnitt der Veranstaltung zur VR China in der Alten Feuerwache in Köln am 1. Juli 2010 ist jetzt bei archive.org runterladbar:
Auf dem Podium waren Renate Dillmann vom GegenStandpunkt und Ingo Nentwig von der Bildungseintichtung SALZ, der Partei die Linke nahestehend.
Angekündigt worden war die Veranstaltung von http://www.gegeninformation.net so:

„Die Rolle der VR China in Weltpolitik und Weltwirtschaft ist hierzulande umstritten – speziell in der linken Szene. So hat das Buch „China – Ein Lehrstück“ von Renate Dillmann (2009) eine Diskussion darüber ausgelöst, ob an der chinesischen Politik die Weichenstellung zu Kapitalismus und Imperialismus zu kritisieren ist oder ob das Land als sozialistischer Hoffnungsträ¤ger zu gelten hat. Diese und andere aktuelle Fragen sollen Thema der Podiumsdiskussion sein.“

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Zum Disput zwischen GSP und IKS

25. November 2010 15 Kommentare

Einige Anmerkungen zum Disput zwischen dem Genossen von farbeRot und der IKS:
Die Formulierung “ Als „Lohnarbeiter“ sind(!) die Proletarier die nützlichen Idioten des Kapitals“ ist für mich auch problematisch. Lohnarbeiter sind in der Tat überhaupt nur solche, solnage sie nützlich sind fürs Kapital also profitabel. Idioten sind sie insofern nicht, als sie in allzu großer fast überwältigender Zahl sich zu dieser Existenz bekennen und kommunistischer Kritik regelmäßig entgegenhalten, daß daß eben ihr Weg ins individuelle Glück sei, bzw. wenn sie „realistischer“ sind, sein müßte. Das diese Auffassung ihnen nichts Gutes tut, das wollen sie zumeist nicht zur Kenntnis nehmen. Und aus Verärgerung über diese Halsstarrigkeit kriegen sie dann von GSPlern den Vorwurf zu hören, sie seien Idioten, weil sie auf die „Lüge“ der kapitalistischen Sichtweise hereinfallen.
Es ist mir aufgefallen, daß der GSP-Genosse sehr beschränkt ist, in der Benennung falscher linker Kritik:

„Folglich kritisieren wir die falsche Kapitalismuskritik und die daraus folgende Praxis von Sozialdemokratie und auch von den meisten kommunistischen Strömungen (Revisionisten, Revis)“

. Gibt es da, vor allem bei jungen Linken außerhalb des Gewerkschaftsmillieus und selbst da nicht auch noch andere, vielleicht sogar einflußreichere (die SPDler und Linksparteiler mal ausgenommen, denn die stellen sicherlich insgesamt die meisten „Linken“)?
Zu den Gewerkschaften schreibt der GSPler:

„Wenn das z. B. die Forderungen des DGB sind, dann kann das für die Arbeiterklasse nichts Gutes bedeuten. Denn die berücksichtigen schon immer, dass die Gegenseite davon keinen Schaden nimmt“.

Schon immer habe ich da den GegenStandpunkt gefragt, seit wann denn das „immer“ gilt. Denn es gab ja nun länger Gewerkschaften als es den DGB gibt, der war in der Tat seit seiner Gründung 1949 eine Säule der imperialistischen BRD. Und immer wieder betonen Wortführer des GegenStandpunkt, daß „früher“ Gewerkschaften schon ein wenig anders aufgetreten sind. So wie sie das „heute“ ja auch anderswo ab und an tun.
Der Punkt

„Wenn man nicht genug Leute beisammen hat, um diesen Kampf [ein Kampf der „diese Verhältnisse angreift“] aufzunehmen, dann kann doch daraus niemals der Schluss folgen, dann alle Kämpfe sein zu lassen.“

der stimmt sicherlich. Und die Intervention in den Eisenbahnerstreik der GDL zeigte glaube ich am besten, wie der GegenStandpunkt das umsetzen will. Es ist damit aber immer noch nicht allzu viel Konkretes über diese begrenzten Abwehrkämpfe manchmal ja sogar Kämpfe für kleine Verbesserungen gesagt. Von daher finde ich es zwar grundsätzlich positiv, wenn die IKS antwortet, auch sie sei für Kämpfe mit
„Durchführung ohne Rücksicht auf die Verluste (des Kapitals) bis zur letzten revolutionären Konsequenz“, wenn sich bei den konkreten aktuellen berüchtigten „Kräfteverhältnissen“ sowas eben nur fordern aber nicht die Bohne umsetzen läßt, weil so gut wie niemand dabei mitmachen will.
Zentraler Streitpunkt ist unstrittiger Weise die berühmte Frage nach der Entstehung und Förderung des für einen Umsturz der Verhältnisse notwendigen revolutionären Bewußtseins. Die IKS schreibt dazu:

„Wir stimmen den Ausführungen des Genossen hier in zwei ganz wesentlichen Punkten zu. Erstens darin, dass die Unterschiede in der Auffassung darüber, wie proletarisches Klassenbewusstsein entsteht und sich entwickelt, eine der Hauptdivergenzen zwischen unseren beiden Gruppen darstellt. Zweitens darin, dass für die IKS dieser Prozess ganz entscheidend ein historischer und kollektiver Prozess ist, wobei diese beiden Dinge für uns unzertrennlich zusammen gehören.“

Daran stört mich schon mal dieses inhaltsleere und deshalb diffuse „historisch“ und „kollektiv“. Stimmt es denn wirklich wenn sie sagen daß der Proletarier „erst durch den Zusammenschluss mit Anderen ein bewusster, zielgerichteter Kämpfer/In, ja im vollen Sinne ein menschliches Wesen wird“? Zusammenschluß per se ist doch völlig beliebig und beileibe nicht per se vernünftig/fortschrittlich/gar revolutionär. Die Arbeiter sind doch schon zusammengeschlossen in ihren jeweiligen Betriebsgemeinschaften, DGB-Gewerkschaften und nicht zuletzt als Staatsbürger. Und leider jeweils mit dem dazu passenden lausigen Bewußtsein. Das gibt der IKSler ja selber zu:

„wird unser Lohnarbeiter bereits in die Klassengesellschaft hineingeboren, wächst in einer Familie, in einer Nachbarschaft auf, die bereits von der Lohnsklaverei abhängig ist – oder eben in eine andere Familie und eine andere Nachbarschaft, wo er bereits die Furcht davor kennengelernt hat, proletarisiert zu werden. Kurzum: Unser Lohnarbeiter ist kein Einzelner, sondern wächst in der bestehenden Gesellschaft auf und wird davon entscheidend geprägt.“

(Das „entscheidend“ wäre übrigens noch weiter zu bereden, das sehen viele GSPlerja leider auch so.)
Wenn die IKS dem GSP entgegenhält:

„Damit die moderne Produktion überhaupt vonstatten gehen kann, muss er lernen, Teil eines Kollektivs zu werden, Bestandteil einer gemeinsamen Intelligenz und eines Zusammenhaltes“

dann scheint mir dabei erstaunliche Blindheit vorzuliegen, was die harten Konkurrenzbedingungen bis Ausschlußklauseln sind, die diesen „Kollektiven“ und „Zusammenhalten“ eigen sind. Ich erkenne in sowas jedenfalls nicht wie der GSPler „konsequente Ablehnung von Nationalismus“ sondern die Dummheit diesen Zwangskollektiven „Intelligenz“ zu unterstellen.
Herzlich wenig kann ich anfangen mit solch transzendenten Formulierungen der IKS wie:

„Es ist nicht so, dass das kollektive Bewusstsein „getrennt“ wäre von dem individuellen Bewusstsein der einzelnen Lohnabhängigen, sondern dass das Proletariat mehr ist als die Summe seiner Bestandteile, und dass sein Klassenbewusstsein weitaus mehr ist als das Bewusstsein der einzelnen ArbeiterInnen.“

Was ist denn bitte schön das „mehr“, wenn ich es bei einem einzelnen kommunistischen Arbeiter nicht in der Diskussion mitkriege?
Ähnliche Bauchschmerzen habe ich mit der These

„Die assoziierte Arbeit im Rahmen der kapitalistischen Ausbeutung ist gewissermaßen der Sockel, die permanente materielle Grundlage des Klassenbewusstseins“.

Wenn man nicht dazu sagt, daß da knallharte Konkurrenz diese Assoziation bestimmt, dann kriegt das leicht etwas total Beschönigendes, dann bleibt unverständlich wo gerade wegen der weltweiten Vernetzung der Grund für diese offensichtlich mörderische imperialistische Konkurrenz herkommt.
Wenn die IKS dem GSPler zustimmt:

„Dieses Klassenbewusstsein ist, wie der Genosse unsere Position richtigerweise beschreibt, „latent“ vorhanden, und findet seinen klarsten und dauerhaftesten Ausdruck im Vorhandensein der revolutionären Theorie und der revolutionären Organisationen.“

dann halte ich dagegen: Die Arbeiter haben das Bewußtsein, das sie haben. Das mag einem passen (wenn man Reformist ist) oder auch nicht. Es ist aber ein sich in die Tasche lügen, wenn man den Arbeitern, die sich ja aus für sie guten Gründen für ihre Haltung zu und sichtweise auf die herrschenden Verhältnisse entscheiden haben, damit kommt, daß sie „eigentlich“ ein ganz anderes Bewußtsein hätten. Nein, es ist einfach nur die zugegebenermaßen schwierige Aufgabe, die Lohnabhängigen dazu zu bewegen, ihr bisheriges Bewußtsein fallen zu lassen und sich ein revolutionäres zuzulegen. Dafür die Erkenntnisse und damit Gründe zu liefern, das muß kommunistische Agitation und Propaganda leisten.
Die IKS meint:

„Damit dieses Potential sich entfalten kann und zu einer materiellen Kraft wird, muss aber der Klassenkampf sich entfalten.“

Ich bin eher geneigt den Satz umzudrehen und zu postulieren, daß es zu Klassenkampf im revolutionärem Sinne, der uns die Revolution näher bringt, nur dann kommt, insofern dieser von Arbeitern mit revolutionärem Bewußtsein geführt wird. Wenn nicht dann nicht. Und deshalb halte ich auch für falsch, wenn die IKS meint:

„Für uns hingegen ist der Marxismus selbst ein Produkt des kollektiven Klassenkampfes. Die revolutionäre Organisation selbst ist ein Teil der Klasse, Ausdruck von und aktiver, vorantreibender Teil des Klassenkampfes.“

Das klingt danach, als wenn kollektiver Klassenkampf per se, automatisch das bis dahin noch fehlende Klassenbewußtsein hervorbringen würde. Das zumindest sollte doch die Geschichte der Arbeiterbewegung der letzten 150 Jahre gezeigt haben, daß Erfahrungen (im Guten wie auch im Schlechten) den Menschen überhaupt nicht Bestimmtes beibringen. Den Reim auf seine Erfahrungen macht sich doch jeder selber. Wenn er falsche Erklärungen annimmt, dann landet er überall, nur nicht bei den Kommunisten. Es ist eben Unsinn, wenn die IKS vollmundig behauptet „ist der Kampf selbst nicht die große Schule der Befreiung der Arbeit?“ Genausowenig, wie Niederlagen und Katastrophen die Menschen klüger machen, genausowenig führen erkämpfte Verbesserungen zu einer „Verbesserung“ des Klassenbewußtseins, wie der nachhaltige Erflog von Reformisten eigentlich zeigen müßte.
Besonders offensichtlich wird dieser Fehler in der These der IKS:

„Das Klassenbewusstsein ist nicht nur mehr als die Summe der einzelnen Bewusstseinszustände, es ist auch mehr als der Bewusstseinsstand einer einzelnen Generation der Klasse, ist somit ein kumulativer Prozess“.

Schön wäre es, wenn das revolutionäre Bewußtsein so schön anwachsen würde wie ein Sparbuch von Oma zur Erstkommunion.

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Berlin, 3.12.10 – J. Köper: Worum geht es beim sogenannten Sparpaket der Regierung?

25. November 2010 3 Kommentare

Beim nächsten Roten Freitag der Berliner GegenStandpunktler geht es um das Thema
Worum geht es beim sogenannten Sparpaket der Regierung?
Referent: Jonas Köper
Termin: 3. Dezember 2010
Uhrzeit: 18:30
Ort: »BAIZ«, Christinenstraße 1 (Ecke Torstraße, Nähe U-Bhf Rosa-Luxemburg-Platz), Berlin
Es wird um folgende Fragen gehen:
– Warum kürzt der Staat die sozialen Zuwendungen an Leute, die sonst nichts als Lebensgrundlage haben?
– Warum ist dem Staat die Rettung der Banken Milliarden wert?”
Weiteres unter http://www.kk-gruppe.net/
Vgl. dazu auch das Flugblatt
“SO NICHT! Für soziale Gerechtigkeit zu demonstrieren ist jämmerlich!”

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Veranstaltung 8.12.2010 in Freiburg zu R. Dillmanns China-Buch

18. November 2010 7 Kommentare

Diesen Veranstaltunghinweis habe ich auf der Seite der Rosa Luxemburg Stiftung Baden-Württemberg gefunden:
Renate Dillmann: „CHINA. Ein Lehrstück. Alter und neuer Imperialismus. Sozialistischer Gegenentwurf und seine Fehler. Geburt einer kapitalistischen Gesellschaft. Aufstieg einer neuen Großmacht“
Mittwoch, 08.12.2010, 20.00 Uhr
Freiburg | Kollegiengebäude I, Hörsaal 1228, Platz der Universität 3
Veranstaltung des Rosa-Luxemburg-Club Freiburg

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