Home > (1) MG + GSP > Zum Disput zwischen GSP und IKS

Zum Disput zwischen GSP und IKS

25. November 2010

Einige Anmerkungen zum Disput zwischen dem Genossen von farbeRot und der IKS:
Die Formulierung “ Als „Lohnarbeiter“ sind(!) die Proletarier die nützlichen Idioten des Kapitals“ ist für mich auch problematisch. Lohnarbeiter sind in der Tat überhaupt nur solche, solnage sie nützlich sind fürs Kapital also profitabel. Idioten sind sie insofern nicht, als sie in allzu großer fast überwältigender Zahl sich zu dieser Existenz bekennen und kommunistischer Kritik regelmäßig entgegenhalten, daß daß eben ihr Weg ins individuelle Glück sei, bzw. wenn sie „realistischer“ sind, sein müßte. Das diese Auffassung ihnen nichts Gutes tut, das wollen sie zumeist nicht zur Kenntnis nehmen. Und aus Verärgerung über diese Halsstarrigkeit kriegen sie dann von GSPlern den Vorwurf zu hören, sie seien Idioten, weil sie auf die „Lüge“ der kapitalistischen Sichtweise hereinfallen.
Es ist mir aufgefallen, daß der GSP-Genosse sehr beschränkt ist, in der Benennung falscher linker Kritik:

„Folglich kritisieren wir die falsche Kapitalismuskritik und die daraus folgende Praxis von Sozialdemokratie und auch von den meisten kommunistischen Strömungen (Revisionisten, Revis)“

. Gibt es da, vor allem bei jungen Linken außerhalb des Gewerkschaftsmillieus und selbst da nicht auch noch andere, vielleicht sogar einflußreichere (die SPDler und Linksparteiler mal ausgenommen, denn die stellen sicherlich insgesamt die meisten „Linken“)?
Zu den Gewerkschaften schreibt der GSPler:

„Wenn das z. B. die Forderungen des DGB sind, dann kann das für die Arbeiterklasse nichts Gutes bedeuten. Denn die berücksichtigen schon immer, dass die Gegenseite davon keinen Schaden nimmt“.

Schon immer habe ich da den GegenStandpunkt gefragt, seit wann denn das „immer“ gilt. Denn es gab ja nun länger Gewerkschaften als es den DGB gibt, der war in der Tat seit seiner Gründung 1949 eine Säule der imperialistischen BRD. Und immer wieder betonen Wortführer des GegenStandpunkt, daß „früher“ Gewerkschaften schon ein wenig anders aufgetreten sind. So wie sie das „heute“ ja auch anderswo ab und an tun.
Der Punkt

„Wenn man nicht genug Leute beisammen hat, um diesen Kampf [ein Kampf der „diese Verhältnisse angreift“] aufzunehmen, dann kann doch daraus niemals der Schluss folgen, dann alle Kämpfe sein zu lassen.“

der stimmt sicherlich. Und die Intervention in den Eisenbahnerstreik der GDL zeigte glaube ich am besten, wie der GegenStandpunkt das umsetzen will. Es ist damit aber immer noch nicht allzu viel Konkretes über diese begrenzten Abwehrkämpfe manchmal ja sogar Kämpfe für kleine Verbesserungen gesagt. Von daher finde ich es zwar grundsätzlich positiv, wenn die IKS antwortet, auch sie sei für Kämpfe mit
„Durchführung ohne Rücksicht auf die Verluste (des Kapitals) bis zur letzten revolutionären Konsequenz“, wenn sich bei den konkreten aktuellen berüchtigten „Kräfteverhältnissen“ sowas eben nur fordern aber nicht die Bohne umsetzen läßt, weil so gut wie niemand dabei mitmachen will.
Zentraler Streitpunkt ist unstrittiger Weise die berühmte Frage nach der Entstehung und Förderung des für einen Umsturz der Verhältnisse notwendigen revolutionären Bewußtseins. Die IKS schreibt dazu:

„Wir stimmen den Ausführungen des Genossen hier in zwei ganz wesentlichen Punkten zu. Erstens darin, dass die Unterschiede in der Auffassung darüber, wie proletarisches Klassenbewusstsein entsteht und sich entwickelt, eine der Hauptdivergenzen zwischen unseren beiden Gruppen darstellt. Zweitens darin, dass für die IKS dieser Prozess ganz entscheidend ein historischer und kollektiver Prozess ist, wobei diese beiden Dinge für uns unzertrennlich zusammen gehören.“

Daran stört mich schon mal dieses inhaltsleere und deshalb diffuse „historisch“ und „kollektiv“. Stimmt es denn wirklich wenn sie sagen daß der Proletarier „erst durch den Zusammenschluss mit Anderen ein bewusster, zielgerichteter Kämpfer/In, ja im vollen Sinne ein menschliches Wesen wird“? Zusammenschluß per se ist doch völlig beliebig und beileibe nicht per se vernünftig/fortschrittlich/gar revolutionär. Die Arbeiter sind doch schon zusammengeschlossen in ihren jeweiligen Betriebsgemeinschaften, DGB-Gewerkschaften und nicht zuletzt als Staatsbürger. Und leider jeweils mit dem dazu passenden lausigen Bewußtsein. Das gibt der IKSler ja selber zu:

„wird unser Lohnarbeiter bereits in die Klassengesellschaft hineingeboren, wächst in einer Familie, in einer Nachbarschaft auf, die bereits von der Lohnsklaverei abhängig ist – oder eben in eine andere Familie und eine andere Nachbarschaft, wo er bereits die Furcht davor kennengelernt hat, proletarisiert zu werden. Kurzum: Unser Lohnarbeiter ist kein Einzelner, sondern wächst in der bestehenden Gesellschaft auf und wird davon entscheidend geprägt.“

(Das „entscheidend“ wäre übrigens noch weiter zu bereden, das sehen viele GSPlerja leider auch so.)
Wenn die IKS dem GSP entgegenhält:

„Damit die moderne Produktion überhaupt vonstatten gehen kann, muss er lernen, Teil eines Kollektivs zu werden, Bestandteil einer gemeinsamen Intelligenz und eines Zusammenhaltes“

dann scheint mir dabei erstaunliche Blindheit vorzuliegen, was die harten Konkurrenzbedingungen bis Ausschlußklauseln sind, die diesen „Kollektiven“ und „Zusammenhalten“ eigen sind. Ich erkenne in sowas jedenfalls nicht wie der GSPler „konsequente Ablehnung von Nationalismus“ sondern die Dummheit diesen Zwangskollektiven „Intelligenz“ zu unterstellen.
Herzlich wenig kann ich anfangen mit solch transzendenten Formulierungen der IKS wie:

„Es ist nicht so, dass das kollektive Bewusstsein „getrennt“ wäre von dem individuellen Bewusstsein der einzelnen Lohnabhängigen, sondern dass das Proletariat mehr ist als die Summe seiner Bestandteile, und dass sein Klassenbewusstsein weitaus mehr ist als das Bewusstsein der einzelnen ArbeiterInnen.“

Was ist denn bitte schön das „mehr“, wenn ich es bei einem einzelnen kommunistischen Arbeiter nicht in der Diskussion mitkriege?
Ähnliche Bauchschmerzen habe ich mit der These

„Die assoziierte Arbeit im Rahmen der kapitalistischen Ausbeutung ist gewissermaßen der Sockel, die permanente materielle Grundlage des Klassenbewusstseins“.

Wenn man nicht dazu sagt, daß da knallharte Konkurrenz diese Assoziation bestimmt, dann kriegt das leicht etwas total Beschönigendes, dann bleibt unverständlich wo gerade wegen der weltweiten Vernetzung der Grund für diese offensichtlich mörderische imperialistische Konkurrenz herkommt.
Wenn die IKS dem GSPler zustimmt:

„Dieses Klassenbewusstsein ist, wie der Genosse unsere Position richtigerweise beschreibt, „latent“ vorhanden, und findet seinen klarsten und dauerhaftesten Ausdruck im Vorhandensein der revolutionären Theorie und der revolutionären Organisationen.“

dann halte ich dagegen: Die Arbeiter haben das Bewußtsein, das sie haben. Das mag einem passen (wenn man Reformist ist) oder auch nicht. Es ist aber ein sich in die Tasche lügen, wenn man den Arbeitern, die sich ja aus für sie guten Gründen für ihre Haltung zu und sichtweise auf die herrschenden Verhältnisse entscheiden haben, damit kommt, daß sie „eigentlich“ ein ganz anderes Bewußtsein hätten. Nein, es ist einfach nur die zugegebenermaßen schwierige Aufgabe, die Lohnabhängigen dazu zu bewegen, ihr bisheriges Bewußtsein fallen zu lassen und sich ein revolutionäres zuzulegen. Dafür die Erkenntnisse und damit Gründe zu liefern, das muß kommunistische Agitation und Propaganda leisten.
Die IKS meint:

„Damit dieses Potential sich entfalten kann und zu einer materiellen Kraft wird, muss aber der Klassenkampf sich entfalten.“

Ich bin eher geneigt den Satz umzudrehen und zu postulieren, daß es zu Klassenkampf im revolutionärem Sinne, der uns die Revolution näher bringt, nur dann kommt, insofern dieser von Arbeitern mit revolutionärem Bewußtsein geführt wird. Wenn nicht dann nicht. Und deshalb halte ich auch für falsch, wenn die IKS meint:

„Für uns hingegen ist der Marxismus selbst ein Produkt des kollektiven Klassenkampfes. Die revolutionäre Organisation selbst ist ein Teil der Klasse, Ausdruck von und aktiver, vorantreibender Teil des Klassenkampfes.“

Das klingt danach, als wenn kollektiver Klassenkampf per se, automatisch das bis dahin noch fehlende Klassenbewußtsein hervorbringen würde. Das zumindest sollte doch die Geschichte der Arbeiterbewegung der letzten 150 Jahre gezeigt haben, daß Erfahrungen (im Guten wie auch im Schlechten) den Menschen überhaupt nicht Bestimmtes beibringen. Den Reim auf seine Erfahrungen macht sich doch jeder selber. Wenn er falsche Erklärungen annimmt, dann landet er überall, nur nicht bei den Kommunisten. Es ist eben Unsinn, wenn die IKS vollmundig behauptet „ist der Kampf selbst nicht die große Schule der Befreiung der Arbeit?“ Genausowenig, wie Niederlagen und Katastrophen die Menschen klüger machen, genausowenig führen erkämpfte Verbesserungen zu einer „Verbesserung“ des Klassenbewußtseins, wie der nachhaltige Erflog von Reformisten eigentlich zeigen müßte.
Besonders offensichtlich wird dieser Fehler in der These der IKS:

„Das Klassenbewusstsein ist nicht nur mehr als die Summe der einzelnen Bewusstseinszustände, es ist auch mehr als der Bewusstseinsstand einer einzelnen Generation der Klasse, ist somit ein kumulativer Prozess“.

Schön wäre es, wenn das revolutionäre Bewußtsein so schön anwachsen würde wie ein Sparbuch von Oma zur Erstkommunion.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. Richard
    25. November 2010, 19:49 | #1

    Du meinst, dass die affirmative Auf­fas­sung der Arbeiter „ihnen nichts Gutes tut, das wol­len sie zu­meist nicht zur Kennt­nis neh­men. Und aus Ver­är­ge­rung über diese Hals­star­rig­keit krie­gen sie dann von GS­Plern den Vor­wurf zu hören, sie seien Idio­ten, weil sie auf die „Lüge“ der ka­pi­ta­lis­ti­schen Sicht­wei­se her­ein­fal­len.“
    In dem Text des Diskutanten steht es aber anders: „Allgemein: Wir beschimpfen nicht das Proletariat. Als ‚Lohnarbeiter‘ sind(!) die Proletarier die nützlichen Idioten des Kapitals. Das ist mit dieser Rechtsordnung so festgelegt.“ Nützliche Idioten soll hier eine objektive Kategorie sein, die polemisch zum Ausdruck bringt, welch schäbige Rolle für die Lohnarbeiter in diesem System vorgesehen ist. Die Bezeichnung „nützlicher Idiot“ ist hier kein moralischer Vorwurf, sondern die angemessene Charakterisierung von der Funktion, die man als Lohnarbeiter erfüllen soll: Sich brav ausnutzen zu lassen und zum eigenen Schaden den kapitalistischen Reichtum zu mehren.
    Das will keiner sein. Deswegen sagt man denjenigen, die es sind, auch mal direkt hin, dass sie es sind, um mit Ihnen in ein Gespräch über ihre ökonomische Identität zu geraten.

  2. 25. November 2010, 21:41 | #2

    Es gibt beim GegenStandpunkt eine ganze Bandbreite der Beurteilung der Charaktermasken im Kapitalismus: Mal wird zu Recht der Vorwurf zurückgewiesen, man werfe den Kapitalisten vor „böse“ zu sein, z.B. im Referenztext „Arbeit und Reichtum“, wo es heißt „Die Leute mit dem produktiven Eigentum, die dem weniger begüterten Rest der Gesellschaft in der Rolle des Arbeitgebers gegenübertreten, behandeln ihren lohnabhängigen Produktionsfaktor – ganz sachgesetzlich, ohne extra böse Absicht“, andererseits fallen dann auch schon mal klassische Beleidigungen wie „Arschloch“, was der Genosse von farbeROT ja ganz bewußt aufgegriffen und damit verteidigt hat. Zu so was gehört nun eben auch der Begriff „nützlicher Idiot“. Die meisten Menschen, denen man sowas an den Kopf wirft, werden das ungefähr so nehmen wie Wikipedia:
    „in neuerer Zeit wird der Begriff „Idiot“ als Schimpfwort benutzt, synonym zu „Dummkopf“, „Depp“, „Schwachkopf“ und „Narr“, um einen als töricht betrachteten Menschen abwertend zu bezeichnen. In der Medizin ist der Begriff „Idiot“ (bzw. Idiotie) als Bezeichnung für einen geistig behinderten Menschen mit einem Intelligenzquotienten unter 20 heute vollständig verschwunden.“
    Dann ist es also kein moralischer Vorwurf sondern „nur“ eine verärgerte Beleidigung und Verächtlichmachung.
    Es sollte jedenfalls nicht auf Verwunderung stoßen, wenn reihum die solcherart „Kritisierten“ das nicht als Anlaß nehmen, „um mit ihnen ins Gespräch zu kommen“, sondern als das, was es sonst auch gilt, als Übergang zu einem persönlichen Angriff, der jedes weitere inhaltliche Argument hinfällig werden läßt. Uns so blöd, daß die Genossen sowas nicht merken würden, sind die zumeist doch nicht, oder sind gar die Genossen selber die nützlichen Idioten?

  3. absolut-egal
    26. November 2010, 02:26 | #3

    Die Bezeichnung „nützlicher Idiot“ ist, so weit ich weiß, ein Zitat von Lenin (eine Quelle kenne ich nicht), die sowas bezeichnet wie: da macht sich einer aus seinen Gründen nützlich für die Gegenseite.
    Das ist keine Beschimpfung.

  4. Haddock
    26. November 2010, 13:35 | #4

    Der GS hatte m.W. weder mit dem früher weit verbreiteten Proletkult noch mit der mittlerweile eher üblichen Verwechslung von Beschimpfung mit Kritik je was am Hut. Ein Beispiel für den Gebrauch des Begriffs „nützlicher Idiot“.

  5. 26. November 2010, 14:11 | #5

    Ach gott, mit der Beschimpfung des Dalai Lama habe ich auch kein Problem, den will ich nun wirklich von Nichts überzeugen. Gegenüber katholischen Jugendlichen bei einer Veranstaltung, evangelischen Dritte-Weltlern, mit denen man es zutun bekommt usw., da macht es eben einen wichtigen Unterschied, ob man die eh recht schwierige Diskussion, die man mit denen anfangen will, gleich kaputt macht, daß man die beschimpft, oder ob man etwas kreidefressender vorgeht. GSPler haben doch sonst auch keine Probleme damit andauernd von der „Marktwirtschaft“ zu reden oder von „Arbeitgebern“, „Sozialstaat“ und ähnlichen traditionellen prokapitalistischen ideologischen Kampfbegriffen.

  6. Krim
    26. November 2010, 14:34 | #6

    Klar ist nützlicher Idiot eine Verächtlichmachung der objektiven Rolle des Lohnarbeiterdaseins. Die haben selbst lauter gute Gründe, warum sie ihre Arbeitskraft ans Kapital verhökern. Damit sagt man ihnen dann, dass das was sie denken, wofür sie ihren Job machen, nicht die objektive Bestimmung dieser Tätigkeit ist. Objektiv sind sie nützliche Idioten des Geldvermehrungszwecks. Mit ihren Kalkulationen werden sie eingespannt für einen Zweck, der ihnen schadet und der gar nicht ihnen, sondern dem Kapital nützt.
    Idiot insofern der Prolet gar nicht wissen will, wofür Lohnarbeit da ist. Dieses Verhältnis i s t ein jämmerliches Verhältnis. Achtung statt Verachtung würde den Tatbestand der Beschönigung erfüllen. Zweitens sollte man sich auch nicht bemühen die Verachtung mit schönen Umschreibungen zu verbergen. Im Schönreden sind die Proleten selbst Meister. Wenn man Agitieren will kommt man gar nicht drum herum ihren Standpunkt des zurechtkommen wollens anzugreifen. Die Lohnarbeiter fragen sich ständig, wofür ist die Lohnarbeit m i r Mittel. Und das ist eben die falsche Frage, hinter der ein falsches Interesse steht.
    Dieses Interesse muss man a n g r e i f e n. Das geht gar nicht anders. Da kommt man nicht drum rum. Man will das ja nicht stehen lassen, bestätigen oder drumrum argumentieren. Man will erreichen, dass die Leute das Interesse Zurechtkommen zu wollen nicht mehr als Beurteilungsmaßstab hernehmen. Das ist nunmal ein persönlicher Angriff.

  7. 26. November 2010, 14:53 | #7

    Ich will die gar nicht widersprechen, Krim, wenn du sagst:

    „Die Lohnarbeiter fragen sich ständig, wofür ist die Lohnarbeit m i r Mittel. Und das ist eben die falsche Frage, hinter der ein falsches Interesse steht.
    Dieses Interesse muss man a n g r e i f e n. Das geht gar nicht anders. Da kommt man nicht drum rum. Man will das ja nicht stehen lassen, bestätigen oder drumrum argumentieren. Man will erreichen, dass die Leute das Interesse Zurechtkommen zu wollen nicht mehr als Beurteilungsmaßstab hernehmen. Das ist nunmal ein persönlicher Angriff.“

    Und deshalb ist es ja auch so schwer die Freunde der Lohnarbeit auch nur an einen Diskussionstisch zu bringen, geschweige dazu ihr „falsches“ Interesse fallen zu lassen. Ich habe das bewußt in Anführungszeichen gesetzt, weil es eigentlich reicht, aufzuzeigen, daß es, nun ja, „vernünftiger“ wäre, sich was anderes auf die Fahne zu schreiben.
    Nur bleibe ich dabei, daß man es sich als Kommunist noch schwerer macht als es eh ist, wenn man den erhofften Disput gleich kaputtmacht mit einer fetten Beschimpfung. Das man auch dann häufig früher als später bei Beschimpfungen landet, das wissen wir beide ja nun hinreichend.

  8. Krim
    26. November 2010, 17:36 | #8

    Erstmal handelt es sich ja nicht um eine Beschimpfung und das kann man durchaus erkennen. Man kann auch sagen der Lohnarbeiter sei ein Werkzeug des kapitalistischen Ausbeutungszwecks, ohne sich über seine Lage ein Urteil bilden zu wollen. Das ist auch nicht viel schmeichelhafter. Wenn sich einer durch „nützlicher Idiot“ angegriffen fühlt, fühlt er sich auch angegriffen, wenn man ihn als ahnungsloses bis borniert intetressiertes Werkzeug bezeichnet. Es ist eben der Inhalt, der den Arbeiter persönlich angreift und nicht die Form.
    Die Kritik am iks teile ich. Es mag ja sein, dass das Klassenbewusstsein etwas anderes ist, als das Bewusstsein individueller Klassenangehörigen. Die stellen sich das aber so merkwürdig vor, dass sich ein Klassenbewusstsein unabhängig vom Einzelbewusstsein in der Praxis des Kampfes entwickelt und das schlägt dann irgendwie durch auf das Bewusstsein des Einzelnen.
    Die Bildung dieses ominösen Klassenbewusstseins erfolgt, indem es irgendwie aus einem Kollektivprozess herauswächst. Die tun so als sei der Arbeiter sowas wie eine Borgdrohne. Tatsächlich Teil einer kollektiven Intelligenz. „Damit die moderne Produktion überhaupt vonstatten gehen kann, muss er lernen, Teil eines Kollektivs zu werden, Bestandteil einer gemeinsamen Intelligenz und eines Zusammenhaltes.“
    „Dieses Klassenbewusstsein ist, wie der Genosse unsere Position richtigerweise beschreibt, „latent“ vorhanden, und findet seinen klarsten und dauerhaftesten Ausdruck im Vorhandensein der revolutionären Theorie und der revolutionären Organisationen.“ Das ist ein Satz für nestor. Da merkt man wie die ticken. Nicht die Einzelnen bestimmen mit ihrem Einzelbewusstsein durch ihre Gemeinsamkeiten was das Klassenbewusstsein ist, sondern das Einzelbewusstsein wird bestimmt durch das Klassenbewusstsein.
    Das ist den Arbeitern dann offensichtlich vorausgesetzt und in obigem Zitat steht dann auch wie es zu stande kommen soll. Nämlich durch revolutionäre Organisationen wie den IKS. Was die machen, ist dann per se das Klassenbewusstsein und das Klassenbewusstsein in Form der IKS sagt dann den Arbeitern, wo’s lang geht. Das ist ein Herrschaftsprogramm.

  9. 28. November 2010, 21:15 | #9

    contradictio hat folgenden Hinweis gebracht:
    „Das Elektronische Archiv DEA stellt die komplette Ausgabe (Band 1 – 43) der Marx-Engels-Werke (MEW) zur Verfügung!
    [Das Marx Engels Werke Archiv wurde nach der Ausgabe vom Dietz Verlag Berlin erstellt]“
    Da habe ich gleich mal geschaut, wie häufig Karl Marx oder Friedrich Engels den Begriff „nützlicher Idiot“ benützt haben: Kein einziges mal. Und die sind nicht gerade für eine allzufeine Wortwahl bekannt. Nicht mal Lenin, der gerne drastisch wurde in seinen unzähligen Polemiken, hat diesen Begriff je verwendet.

  10. Krim
    29. November 2010, 12:21 | #10

    Dann war das damals vielleicht noch kein gebräuchlicher Begriff.
    Zudem ist das auch wurst, weil wie gesagt der Inhalt des Begriffs einen persönlichen Angriff darstellt und den will man ja nicht zurücknehmen. Der persönliche Angriff auf das Interesses sich die Lohnarbeit als Chance zurechtzulegen, ist der Zweck dieser Ausdrucksweise.

  11. K.M.
    29. November 2010, 17:14 | #11

    „Glücklicherweise wurde diese Intrige der Grenville-Partei durch ein sofortiges Eingreifen – besser gesagt, durch einen Befehl Georgs III. – vereitelt, der zwar ein notorischer Idiot war, aber dennoch genug Verstand besaß, um das Genie seines Sohnes zu erkennen.“ (MEW12,9)

  12. 29. November 2010, 17:37 | #12

    K.M., soll das nun ein Argument für mich sein (weil du trotz langem Suchens sonst auch nichts gefunden hast) oder wolltest du mannhaft Krim zur Seite stehen mit deinem Nachweis, das tatsächlich auch Karl Marx schon solch eines Wortes mächtig war?

  13. K.M.
    30. November 2010, 14:02 | #13

    Keins von beidem. Marx hat wohl nicht allzuoft „Idiot“ gesagt, „nützlicher Idiot“ ist also kein Marx-Zitat. Ist der Inhalt der Beschimpfung deswegen verkehrt? Marx hat auch nie vom „notwendig falschen Bewusstsein“ geredet und trotzdem wissen die meisten Marxkenner, dass man den Inhalt dieses Kürzels im Fetischkapitel nachlesen kann.

  14. 30. November 2010, 14:22 | #14

    Das ist doch unehrlich und lächerlich, K.M.: entweder die Beschimpfung ist ok, wie du jetzt noch mal betont hast, könnt ihr ja eh halten wie ihr wollt, ich bin nicht für Netiquette zuständig. Dann ist es aber pup-egal, ob irgendwer sonst, wohlmöglich gar die Lichtgestalt Karl Marx, auch so agiert hat. Und dann war dein historisches Zitat völlig überflüssig.
    Oder man sucht eben doch, sich für seine heutige drastische Wortwahl den Mantel der Referrenz umzulegen. Bei der trotzkistischen iST hat es sowas mal vor Jahrzehnten gegeben als der große Vorsitzende bei einer öffentlichen Veranstaltung eine klassische Beleidigung in Bezug auf Balkanbewohner benutzt hat.

  15. K.M.
    30. November 2010, 19:09 | #15

    OK, dann zurück auf Los:
    „Da habe ich gleich mal geschaut, wie häufig Karl Marx oder Friedrich Engels den Begriff „nützlicher Idiot“ benützt haben: Kein einziges mal. Und die sind nicht gerade für eine allzufeine Wortwahl bekannt.“
    Der Spaß, bei Marx nicht ein Argument nachzuschauen, sondern nach einer Beschimpfung zu suchen, sei dir gegönnt. Aber welche Erkenntnis soll uns das Ergebnis vermitteln? Es gibt viele Menschen mit unfeiner Wortwahl, wofür steht denn das FEHLEN des Ausdrucks „nützlicher Idiot“ bei Marx?

Kommentare sind geschlossen