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Nächste Ausfahrt: Peer Economy, commonistische Wirtschaft?

7. Januar 2011

Ich ziehe jetzt mal antikaps letzten Beitrag raus und mache einen neuen Thread auf.
Zum Thema „peer economy“/Commons hat antikap zwar bisher noch nichts Inhaltliches beigetragen (das wird hier kaum jemand überraschen), das sollte aber einer Diskussion über den von ihm jetzt ins Spiel gebrachten Ansatz, der ja von Siefkes bis in die Prokla getragen und kritisiert wird, Sabine Nuss hat sich da ja auch schon geäußert, nicht im Wege stehen.

AgneS: „Noch immer habe ich keine Ahnung, wie die Grundbestimmung der kapitalistischen Produktion in deinen Augen durch die „digitale Revolution“ denn verändert wird. Werden die digitalen Dinge, die produziert werden, denn nicht von den Profiten, die damit zu machen sind, bestimmt?“
Besonderes Merkmal dieser Produktion ist, dass in riesigem Umfang Güter ohne Wert produziert werden. Damit weist sie über den Kapitalismus hinaus. Die Commonsbewegung will sich diesen Umstand zur Systemtransformation hin zu einer wertfreien Produktion zunutze machen. Erstaunlich auch, dass hier noch immer nicht der Vorschlag für eine geplante selbstorganisierte Produktion diskutiert wurde. (Warum das Reden über diese kommunistische Zukunft, die GSpler angeblich alle anstreben und doch nicht kennen wollen, in GSp-Kreisen tabuisiert wird, weiß ich auch nicht. Ich vermute es hängt mit der Verklärung des Paradieses dieser Sekte zusammen. Eine Art Bilderverbot. Wer über das Paradies spricht, entzaubert es.) Trifft darauf immer noch AgneS‘ Kritik zu, dass es Märkte und Tauschwert gebe, bloß weil man ein Maß für Arbeitszeit hat? Wäre dieses Konzept mit Dillmanns Vision einer Gebrauchswertökonomie kompatibel? Wenn man mal ihre basisdemokratische Bedingung weglässt, dass sich „die Produzenten einig“ sein müssten – ein Zustand der niemals eintreten wird –, liest sich ihre Beschreibung wie eine unterspezifizierte Fassung der Peerconomy. Neoprene, vielleicht liegen die Deppen antikap, Renate, AgneS und Kohleofen gar nicht soweit auseinander. Nur aus unerfindlichen Gründen agitiert man beim GSp lieber für Untätigkeit, anstatt mal mit den „Geheimplänen“ für die neue Gesellschaft herauszurücken. Damit wir uns nicht missverstehen: Mit Plänen meine ich nicht, dass auch nur für ein Gut eine Arbeitsstunde eingeplant wurde. Die Peerconomy bezeichne ich als Plan, obwohl dort keine konkrete Planung bzgl. Menge und Art von Gütern vorweggenommen wurde. Im Unterschied zur GSpschen Planlosigkeit liefert sie jedoch ein Grundkonzept für die Organisation, das streikende Arbeiter für sich – und sei es nur in einem Betrieb – sofort übernehmen können. @Kohleofen: Dass Arbeiter auf so eine Produktion nicht in jedem Fall von selbst kommen, v.a. nicht, wenn sie von GSplern zu Untätigkeit oder gar Maschinensturm angehalten werden und ihnen mangels Planung der Produktion, die erst erlaubt sei, wenn die gesamte Menschheit für den Kommunismus agitiert sei und streike, ein revolutionäres Konzept für die Fortführung ihres Streiks fehlt, ist auch eine historische Tatsache. Sie sollen schön kapitalistisch weiterschuften bis der letzte Mensch Kommunist geworden ist (also nie), dann alles kaputtschlagen. Erst dann dürfen sie sich überlegen, was Kommunismus überhaupt heißt, und sich alle basisdemokratisch einigen, was sie produzieren sollen. Und das alles möglichst in drei Tagen, damit nicht so viele verhungern. Wenn das kein Ausrottungsprogramm für die Menschheit ist, dann zumindest die größtmögliche Verelendung.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. Ohr
    7. Januar 2011, 15:17 | #1

    Warum genau muss ich mich bei einem Artikel zur Peer Ökonomie durch dutzende Zeilen antikapscher GSP-Analyse lesen? Soll damit der fehlende Beitrag zum Thema wett gemacht werden?

  2. 7. Januar 2011, 16:42 | #2

    Nein, Ohr, müssen mußt du hier eh nichts. Ich habe seinen (nunmehr zweiten) Verweis auf diese Commons-Sachen nur zum Anlaß genommen, da buchstäblich auch mal abzuzweigen. Und nein, das soll wahrlich kein Ersatz für einen fehlenden Beitrag meinerseits sein, den werde ich noch nachschieben. Denn auch wenn das sicherlich nicht das heißeste Eisen der Linken ist (ist es überhaupt ein linkes Projekt?), so scheint es mir doch eine gewisse Ausstrahlung auch in linke Kreise zu haben, die erwähnten Namen zeigen das ja an. Und da ich auch schon vor antikaps Begeisterung dafür aus dem Bauch dagegen war, hab ich mir gedacht, das aus Tapet zu setzen.

  3. antikap
    7. Januar 2011, 16:47 | #3

    Neoprene, ich habe was Inhaltliches beigetragen, nämlich 168 Seiten voll Inhalt. Du hast nur den Link dahin gelöscht/nicht mitkopiert. Wäre auch nett, wenn du meinen anderen Kommentar noch freischalten würdest. Man sieht wieder, wie notwendig ein unzensiertes Forum ist. Ich mach jetzt mal nen Thread in meinem auf, sonst wechselt hier nie einer in ein Forum. Auch dafür braucht’s wohl eine „kritische Masse“.

  4. 7. Januar 2011, 17:58 | #4

    antikap, selbst in so einer konkreten Sache wie einem link bist du ein blöder Hund: Was zum Teufel ist den der link, auf welche 168 Seiten hast denn verwiesen? (Ich hatte einfach deinen Kommentar rübergezogen, was da an Formatierungen und links verlorengegangen sein mag, müßtest du schon nachliefern, wenn es dir darum wirklich geht)

  5. antikap
    7. Januar 2011, 18:32 | #5

    http://forma.forumfree.it/?t=53172743 [antikap/nobbis Forum, das bisher aber keine Besucherpostings vorweisne kann]

  6. 7. Januar 2011, 18:53 | #6

    Zur peer economy gibt es eine wiki-Seite auf Deutsch:
    http://peerconomy.org/wiki/Deutsch
    Zu Commons/Gemeingütern gibt einen blog
    http://commonsblog.wordpress.com/was-sind-commons/
    Dort wird auf einen Reader „Gemeingüter – Wohlstand durch Teilen“ von Silke Helfrich, Rainer Kuhlen, Wolfgang Sachs und Christian Siefkes verwiesen, denn man downloaden kann:
    http://www.boell.de/downloads/Gemeingueter_Report_Commons.pdf
    Den Artikel von C. Siefkes „Ist Commonismus Kommunismus?“ in Prokla Heft 155 gibt es hier:
    http://peerconomy.org/text/prokla-commonismus.2.pdf
    Wie man sieht, geht das Interesse an diesem Konzept bis hin in die Ränder der Partei Die Linke, jedenfalls bis in die Rosa Luxemburg Stiftung.

  7. Urbsproll
    8. Januar 2011, 15:08 | #7

    …finde, dass diese Themen durchaus heiße Eisen wären, legten die vielen aufs Land verzogenen und in Kreativnetzwerken schuftenden Linken wert darauf, ihre Praxis noch auf einem theoretischen Niveau zu rechtfertigen. Die Älteren tun das wohlweislich nicht, da sie es meiner Erfahrung nach schon noch besser wissen, aber unerfahrenen Aktivist_innen und auch arbeitslosen Freund_innen die ideologische Motivation für die schlecht oder garnicht bezahlte Arbeit auf ihren verschuldeten Biohöfen, in Werkstätten, Tagungstätten usw. nicht nehmen wollen. Da ist stumme Idiotenharmonie angesagt, echt stumpfer Patriarchalismus. Die Not zwingt gemeinsam an den Tisch und beim abendlichen Bookdropping sticht Rudolph Steiner schließlich immer die Exit!, die sich der ex-Berliner Ex-Ad´ler in Leipzig gekauft hat, wo er zusätzlich noch einer Schwarzarbeit nachgehen muss.
    Es wundert mich etwas, dass diese Stadtflucht-Linke bislang so wenig wahrgenommen wird. Sie ist die Trägerin dieser Ideologien und sie ist verdammt scheußlich.

  8. 8. Januar 2011, 16:42 | #8

    kannst du konkreter namen & adressen nennen?

  9. Urbsproll
    8. Januar 2011, 21:47 | #9

    Danke, hab´ schon genug Probleme. Aber eine Ahnung vermittelt vielleicht diese Seite: http://betahaus.de/

  10. Samson
    9. Januar 2011, 18:22 | #10

    @ Urbsproll
    Wieso soll ein Verein, dem es ausdrücklich um Wertschöpfung geht, gegen kapitalistisches Produzieren sein, resp. eine Ahnung wovon soll auf der Seite vermittelt werden??

  11. n0b0dy
    10. Januar 2011, 13:57 | #11

    Wenn jemand nähe München wohnt, sei schon mal auf dieses Tagesseminar mit Hermann Lueer und Christian Siefkes(Peerconomy) am 21. Mai verwiesen: Kapitalismuskritik schön und gut – „Aber was sind eure Alternativen?“
    http://www.dgb-bildungswerk-bayern.de/pdf/bw_tagessem_2011_einz.pdf
    Ich würde wirklich gern mal ne vernünftige Kritik an dem Konzept lesen. Ist bisher afaik das einzige Modell, das ne einigermaßen praktikable Idee zur Kopplung von Geben & Nehmen jenseits Warentausch bietet. Was mir selbst noch unklar ist, ist die Rolle und das Verhältnis von Konkurrenz & Kooperation.

  12. bla
    10. Januar 2011, 15:26 | #12

    nobody: Ich denke die Kritik würde ähnlich aussehen, wie jene, die an der Buch gewordenen Systembastelei von Alfred Fresin bereits geübt wurde.

  13. 10. Januar 2011, 15:57 | #13

    bla, ich glaube, daß eine Auseinandersetzung mit Siefke & Co. seitens des GegenStandpunkts zumindest schon was anderes wäre als das, was ein Genosse aus deren Umkreis Alfred auf dessen Webseite entgegengehalten hat. Nach nur oberflächlichem Überfliegen beider Seiten scheinen die mir schon mal unter einer Planwirtschaft jeweils was anderes vorzustellen.

  14. n0b0dy
    11. Januar 2011, 18:24 | #14

    Wenn die Kritik SO aussehen würde, will ich sie wohl doch nicht lesen. Diese inhaltslose Polemik is ja grausam, vor allem wenn man Elbe & Heinrich gewohnt ist. In der Phase 2 wurde Siefkes letztens auch erwähnt, aber die Kritik war imho ziemlich schwach. Vor allem wenn der Autor dann noch an der Zentralplanung festhält, obwohl er für die richtig erkannten Probleme absolut keinen Lösungsansatz hat:
    „Ein anderes Modell ist das der »Peer-Ökonomie«, vertreten z.B. von Christian Siefkes.(9) Gesellschaftliche Koordination findet hier im Wesentlichen über Mausklicks statt. Die Menschen erfassen – und das muss man sich wohl als erstmal individuellen Akt vorstellen – ihre Wünsche in Form einer Bedarfs- und Aufgabenliste. Sie arbeiten ausgehend davon an öffentlichen ToDo-Listen mit, die ihrerseits autonom abgearbeitet werden. »Per Selbstauswahl« sollen sich zu diesem Zweck »Projekte« bilden, »die sich grundsätzlich für die Erfüllung bestimmter Wünsche zuständig fühlen«. Das Problem, wie Leute unter einem gemeinsamen Zweck versammelt werden, ohne sich aufzugeben, ist hier gelöst, indem es als Problem geleugnet wird. Die Einzelnen machen einfach das, was sie spannend und wichtig finden. Nun wäre gegen eine solche Art der Aufgabenverteilung im Rahmen eines gesamtgesellschaftlichen Planes, der diesen Namen auch verdient, wenig zu sagen. Um das Problem, wie ein solcher Plan zustande kommen soll, drückt Siefkes sich jedoch einfach herum. Zwar gesteht er an mehreren Stellen zu, dass über viele Fragen eine im engeren Sinne »gesellschaftliche Entscheidung« getroffen werden müsste. Wie das geschehen soll, handelt er aber mit einem abstrakten Hinweis auf Rätemodelle ab.“
    http://phase2.nadir.org/rechts.php?artikel=801&print=

  15. Xaver
    6. September 2011, 14:07 | #15

    Anderes Thema …
    Podiumsdiskussion zur Kritik der Nation am 6. Oktober 2011 in Bielefeld : Was heißt hier eigentlich ‘Wir’?>
    Referent*innen: Ilka Schröder (Jungle World, Konkret), Thomas Ebermann (Konkret), Renate Dillmann (Gegenstandpunkt)

  16. bürgerxx
    16. Dezember 2011, 20:49 | #16

    die gesellschaftlichen Entscheidungen dürfen ja weiterhin durch die gewählten politischen Vertreter demokratisch getroffen werden, bzw. Bürgerentscheide oder Petitionen. Vielmehr geht es um die gerechte Ressourcen-Verteilung. Jedem gehört schließlich unser Planet und alles sollte den gleichen Wert haben.

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