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Archiv für die Kategorie ‘(1) MG + GSP’

Aus der Seele gesprochen

12. Mai 2011 12 Kommentare

In den letzten Wochen konnte man bemerken, dass in der Welt so ungefähr alles an Widerwärtigkeiten zusammenkommt, was Kommunisten jemals den kapitalistischen Verhältnissen nachgesagt haben. Die Finanzmärkte drehen durch; es gibt eine Krise, die nicht zu Ende ist und mit Verelendung beantwortet wird; es wird ein Krieg angezettelt – die Imperialisten schreiten mal wieder zur Aktion, gleichzeitig feiern die USA die Hinrichtung von Osama bin Laden auf eine Weise, an der man endgültig merkt, dass Terrorismusbekämpfung nicht der Witz der Sache ist. In Arabien tobt ein Aufruhr, aus dem die Imperialisten versuchen, das Beste zu machen: prompt stehen europäische Soldaten mit Fliegern bereit, um jedenfalls eines nicht zu tun: Menschen zu schützen und Ordnung zu schaffen; es kommt zu einem Flüchtlingselend, das sich die Europäer mit brutalsten Mitteln vom Hals halten – darüber bekommt ein Nationalismus der widerlichsten Sorte, der sowieso in Europa wieder auflebt, noch mal einen richtigen Schub. Und mitten in diesem objektiven Desaster verschafft sich die Menschheit gute Laune durch eine Prinzenhochzeit und eine Seligsprechung. Das erweckt den fatalen Eindruck, als würden diese Ereignisse nicht bloß zufällig zusammenfallen, sondern als würden sie auch irgendwie zusammenpassen.
Dazu kommt noch der Atom-Unfall in Japan, der dermaßen heftige Folgen nach sich zieht, dass die US-Regierung sich herausgefordert sieht, zu beteuern, dass sie durchaus davon ausgehe, dass Japan auch in Zukunft eine Weltwirtschaftsmacht bleiben werde, woran man zumindest sehen kann, was da auf einmal alles auf dem Spiel steht. Also ziemlich gruselige Verhältnisse und um dem Ganzen im wahrsten Sinn des Wortes die Krone aufzusetzen, gibt es eine Prinzenhochzeit, die ganze Welt ist begeistert und das amtliche deutsche Fernsehen ist (zum Naserümpfen gewisser Kommentatoren) rund um die Uhr mit dabei.

so fängt der Jour fix des GegenStandpunkt in München am 2. Mai 2011 an. So sehen das leider bisher nicht sehr viele.

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26.05.11 ¦ Berlin¦ Wentzke zu „Kuba nach dem sechsten Parteitag“

11. Mai 2011 30 Kommentare

Vor vielen Jahren, 1997 um exakt zu sein, hat Theo Wentzke vom GegenStandpunkt schon einmal eine Veranstaltung zu Kuba in Berlin gemacht. Der Mitschnitt ist bei archive.org runterladbar.
Nun ist, wie der AK Klassenfrage angekündigt hat, folgende Veranstaltung angesetzt:
26.Mai: Referat & Diskussion „Kuba nach dem sechsten Parteitag
18:30 | Humboldt-Universität zu Berlin (Unter den Linden 6) | Raum 3038
Referent: Dr. Theo Wentzke“
Er schreibt zur Veranstaltung:

Zum VI.Parteitag der Kubanischen Kommunisten verkündeten Partei- und Staatsführung, dass wegen Dringlichkeit einzig das Thema Wirtschaft auf dem Programm stehe. Der letzte realsozialistische Staat geht Reformen an, um sich der „Schlacht auf dem Felde der Wirtschaft“ im internationalen Vergleich zu stellen, weil hiervon die Aufrechterhaltung des sozialen Systems auf Kuba abhänge. Damit wird der wirtschaftliche Öffnungsprozess gegenüber der kapitalistischen Ökonomie weiter fortgesetzt, den Betrieben weitere Rationalisierung und der Bevölkerung mehr Effizienz verordnet.
Unter dem Leitbild der sozialistischen Revolution werden die wirtschaftlichen Folgen von Weltwirtschaftskrise, Naturkatastrophen und überalterter Bevölkerung debattiert. Über den Kurs, den Kuba nun einschlägt, und welche Folgen dies hat, soll am 26.05. diskutiert werden.

Update:
Der Mitschnitt der Veranstaltung steht jetzt bei archive.org zum runterladen zur Verfügung.

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250 Bootsflüchtlinge aus Somalia und Eritrea sind an einem Tag im April 2011 gestorben

20. April 2011 1 Kommentar

• weil die EU mit ihren global überlegenen Unternehmen und subventionierten Waren die afrikanischen und arabischen Ökonomien erfolgreich kaputt konkurriert und den betroffenen Menschen damit ihre Lebensgrundlage nimmt,
• weil die Lebensmittel, die Fischfanggebiete, die Rohstoffvorkommen ihrer Heimat exklusiv der Verwertung westlicher Kapitale dienen und dafür kaum einheimische Arbeitskräfte gebraucht werden,
• weil mit ihnen im Normalfall schlicht überhaupt kein Geschäft zu machen ist, sie also schlicht überflüssig, d.h. Überbevölkerung sind, die stört, wo immer sie rumvegetiert,
• weil die den ehemaligen Kolonisierten gewährte Freiheit, sich selbstverantwortlich um den eigenen Gelderwerb zu kümmern, nicht das Recht einschließt, die eigene Arbeitskraft auswärts, in den Metropolen des Kapitalismus, anzubieten zu dürfen, nur weil man daheim nicht leben kann,
• weil Weltbank und IWF darauf bestehen, dass die afrikanischen Staaten die Ernährung ihrer Völker nicht subventionieren dürfen, wenn sie weiterhin vom Westen Kredit wollen,
• weil nicht geduldet wird, wenn sich die Überflüssigen in ihrer Not gegen ihre politische Herrschaft auf- oder anderen politischen Mächten zuwenden, sofern dies den Ordnungsvorstellungen europäischer und amerikanischer Mächte widerspricht,
• weil die in Nordafrika herrschenden, und von EU und USA unterstützten Diktatoren nun vom eigenen Volk bereits davon gejagt oder aber im Falle eines etwas antiwestlicheren Führers mit Nato-Bomben ausdauernd bekämpft werden, in jedem Fall aber ihre Gewalt momentan nicht mehr im Dienste und Auftrag der EU dazu einsetzen können, um eigene und fremde Afrikaner an der Flucht nach Europa zu hindern, zu kasernieren, massakrieren und zu deportieren,
• weil jede Hoffnung, auf legale und sichere Weise mit europäischen Fähren oder Fluglinien diesem Horror zu entgehen, um in den segensreichen Moloch deutscher, französischer oder britischer Slums zu gelangen, dort die Klos von Mc Donalds oder die Flure deutscher Ämter und Behörden zu putzen, auf den Strich zu gehen oder im Puff für die verkorksten Seelen des freien Westens zur Verfügung zu stehen oder auf den Plantagen spanischer Agrarkonzerne Pestizide zu inhalieren, durch ein hermetisches Grenzregime zunichte gemacht wird,
Der Tod von 250 Afrikanern an einem einzigen Tag kann in den Staaten der freien Welt jedoch nichts und niemand ernstlich erschüttern. Wenn durch die europäische Grenzschutzagentur Frontex mit ihren Booten, Hubschraubern, Satelliten und Nachtsichtgeräten das Mittelmeer überwacht wird, ist der jährlich tausendfache Tod im Mittelmeer als abschreckendes Risiko gleich mit einkalkuliert.
Ganz etwas anderes liegt für europäische Nationalisten selbstverständlich vor, wenn in 30 Jahren Berliner Mauer 98 Tote gezählt werden. Obgleich es den Toten herzlich egal sein kann, ob sie bei der Ein- oder bei der Ausreise gestorben sind, zählen die Maueropfer mit Sicherheit zu den am meisten zitierten und beweinten Toten der Weltgeschichte – schließlich standen und stehen sie für die Menschenfeindlichkeit des kommunistischen Regimes. Das gibt es ja Gott sei Dank nicht mehr.
Die tunesischen Flüchtlinge dagegen haben eine andere Lektion zu lernen. „Niemand will sie haben“ (Anne Will); „sie sollen zu Hause bleiben und dort beim Aufbau helfen“ (der bayerische Innenminister Hermann bei Anne Will). Die erste Pflicht der „jungen Demokratien“ in Nordafrika, über die „wir uns sehr freuen“, ist es also, ihr Volk wieder zuverlässig zu kasernieren – wer sich erinnern will: Das war einmal der zentrale Vorwurf an den kommunistischen Unstaat auf deutschem Boden. Und dieses Volk muss lernen, Demokratie weder mit Reisefreiheit noch mit einem Versprechen auf materiellen Wohlstand zu verwechseln. Es soll daheim bleiben und beim „Aufbau helfen“ – was immer man sich auch darunter vorstellen soll in einem Land, das ökonomisch zugerichtet ist auf die paar wenigen geschäftsträchtigen Interessen der EU an ihm.
[von vonmarxlernen, nur den umstrittenen Bezeichner für die Bewohner Afrikas habe ich neutralisiert, weil ich nicht schon wieder eine Debatte über korrekte Sprache haben will]

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7.5.11 ¦ Berlin ¦ ver.di – Peter Decker – LabourNet: Sechs Jahrzehnte DGB – Klassenkampf oder Kooperation?

13. April 2011 24 Kommentare

Der AK Klassenfrage hat jetzt offenbar konkreteres klar. Sowohl im Selbstverständnis, als auch bei der Podiumsdiskussion, die mit Mag Wompel, Carsten Becker und Peter Decker laufen soll. Hier der „Teaser“ für die Veranstaltung:

Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist im Jahr 2011 längst eine anerkannte gesellschaftliche Größe, der gegenüber es staatliche Stellen und Unternehmerseite selten an nötigem Respekt mangeln lassen. Weit über sechs Millionen Lohnabhängige kann er zu seinen Mitgliedern zählen. Genügend starke Arme, die so einiges zum Stillstand oder auch in Bewegung bringen könnten.
Doch im 61. Jahr der Gründung des DGB, stehen die Lohnabhängigen überraschend schlecht da – während demgegenüber die Wirtschaft die Weltfinanzkrise erfolgreich überstanden hat. Dieser Umstand ist nur auf den ersten Blick widersprüchlich. Große Bemühungen um zu verschleiern, dass der nationale Aufschwung nicht unbedingt mit volleren Löhntüten und verminderten Anstrengungen, sondern eher mit dem berühmt-berüchtigten „Gürtel enger schnallen“ verbunden ist, werden heutzutage nicht mal mehr für nötig befunden. Hingegen bedankt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Neujahrsrede sogar bei den deutschen Lohnabhängigen für deren erbrachte Krisenopfer – sie weiß offensichtlich genau, was sie an ihnen hat.
Einschnitte beim Lohn bei gleichzeitiger Tendenz zur längeren Arbeit, Entlassungen, die Zunahme von zu Gunsten des Arbeitsgebers komplett „flexibilisierter“ Zeit- und Leiharbeit, der Abbau des Sozialstaats in den Bereichen Arbeitslosen- und Sozialhilfe, sowie Gesundheitswesen und Renten, das alles wurde ohne größere Reibereien geschluckt. In den Betrieben geschah dies häufig mit dem Einverständnis der Gewerkschaften – jede Vereinbarung mit der Unternehmerseite schien wie ein kleiner Sieg gegen deren vollkommene Willkür.
Schaut man heute auf die vergangene Krisenbewältigung in Deutschland zurück, scheint nur eines sicher;
für den durchschnittlichen Lohnabhängigen ist es noch schwieriger geworden, sich und gegebenenfalls seine Familie durchzubringen, dass merkt jeder, der dieses Kunststück Monat für Monat erneut vollbringen muss – oder auch daran scheitert.
Ist es für die Lohnabhängigen also Zeit, sich zu fragen, was sie an ihrer Standesvertretung überhaupt noch haben? Ist der jetzige Kurs der Gewerkschaften der richtige? Ist ein anderer Kurs überhaupt möglich?
An diesen Fragen entlang wollen wir diskutieren. Um einen Einstieg in die Diskussion wird sich der AK Klassenfrage und verschiedene Vertreter von Gewerkschaften und Wissenschaft bemühen.

Es referieren die Industriesoziologin Mag Wompel (LabourNet), Carsten Becker (ver.di-Charite) und Peter Decker (Redaktion GegenStandpunkt).
7. Mai 2011 | 16 Uhr | Statthaus Böcklerpark

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19.04.11 Bremen Quadfasel „Gegen Standpunktdenken“

29. März 2011 34 Kommentare

Lars Quadfasel (ja der Mann heißt wirklich so und redet nicht nur so) wird nun auch in Bremen seinen Vortrag wiederholen, den er schon in Hamburg (und Bielefeld) gehalten hat (contradictio hatte darüber berichtet, dort auch ein link zum Mitschnitt und eine kontroverse Diskussion darüber:)
Vortrag von Lars Quadfasel am Dienstag, den 19. April 2011 um 19.30 Uhr im Infoladen Bremen, St. Paulistrasse 10. Veranstaltet von der Antinationalen Gruppe Bremen
Gegen Standpunktdenken
Zur Kritik des Marxismus-Positivismus von MG und Gegenstandpunkt

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2. Streitgespräch Attac-GegenStandpunkt: Felbers Gemeinwohlökonomie

24. März 2011 10 Kommentare

Ein Veranstaltungshinweis:
Die Gemeinwohl-Ökonomie. (Vortrag und Diskussion)
Dienstag, 12. April 2011, 18:30
Veranstaltungsort: Universität Salzburg, HS 380. Rudolfskai 42
Einführungsvortrag: Christian Felber
Weitere TeilnehmerInnen:
Bettina Lorentschitsch (Chefin der Initiative „Frau in der Wirtschaft“)
Günter Hackmüller von GegenArgumente
Dazu paßt, daß ein anderer (ex-)ATTACler, der wertkritische Andreas Exner auf deren Webseite streifzuege.org eine ausführliche Kritik geschrieben hat unter dem Titel „Neue Werte im Sonderangebot
Ganz gegen die dortigen Sitten und Gebräuche gibt es darüber dort auch schon eine kleine Diskussionsrunde, sonst diskutiert mit diesen Wertkritikern ja praktisch niemand.
Das erste Streitgespräch mit Christian Felber liegt drei Jahre zurück. Es hatte das Thema
“Neo­li­be­ra­le Ge­gen­wen­de”? – Woran krankt der Ka­pi­ta­lis­mus?
Ich hatte hier darüber berichtet, der Mitschnitt ist hier zu haben.
(Damals war Krim der erste Kommentator, der gleich eine Butgrätsche gemacht hat, sozusagen: „Grausam, diese Veranstaltung“. Und leider hatte er in mancher Hinsicht recht, so daß man jetzt nur inständig hoffen kann, daß es diesmal etwas mehr bringt.)
Update:
„Ein Link zum Mitschnitt der Veranstaltung findet sich hier: http://www.gegenargumente.at/
(Podiumsdiskussion Gemeinwohlökonomie anklicken, rechts oben ist der weiterführende Link) „

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A. Krölls: Polemik gegen die freiheitlich-demokratische Diktatur des Privateigentums

24. März 2011 Kommentare ausgeschaltet

Jemand hat mich auf einen Mitschnitt aufmerksam gemacht, der schon eine Weile bei archive.org zu haben ist:
„Zur Kritik des linken Verfassungspatriotismus: Polemik gegen die freiheitlich-demokratische Diktatur des Privateigentums“
Vortrag von Albert Krölls (GegenStandpunkt) gehalten bei einem Symposium am 30.Oktober 2010 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, das die Rosa Luxemburg Stiftung Rheinland-Pfalz veranstaltet hatte zum Thema „Das Grundgesetz auf dem Prüfstand“

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Fukushima versus Bhopal: Pest versus Cholera?

24. März 2011 13 Kommentare

Auch dem Ankündiger für die Bremer Veranstaltung des GegenStandpunkt zum „Japan-Desaster“ ist die gleiche Verharmlosung aller nichtatomaren Technologien zu entnehmen, die sich durch die gesamte Propaganda der letzten Zeit zum Thema zieht. Nachdem (völlig korrekt) eine Reihe auf den ersten Blick rhetorisch klingende Fragen zum Gefährdungspotential der atomaren Stromerzeugung gestellt werden, die aber wirklich so Ernst genommen werden sollten, wie sie gestellt werden, kommt ein Übergang zum Rest der modernen Technologien: Was kann schon in einer Auto-Fabrik passieren oder in einem Chemiewerk? Und das ist für Freerk Huisken wohl wirklich nur eine rhetorische Frage, denn es heißt dann im Text weiter „Ihre technischen Anlagen jedoch funktionieren ohne selbstzerstörerische Tendenzen. Atomtechnologie im AKW ist dagegen unbeherrschbar.“
Das scheint mir angesichts der potentiellen Schäden, die moderne Großchemie wie in Bhopal, oder Gentechnik, um nur zwei krasse Beispiele zu nennen, auch hinkriegen (können), recht blauäugig zu sein. Und unnötig zudem. Das Verdikt über den Atomstrom wäre pur und allein darauf zu basieren, was damit passieren kann. Wenn des schlimm ist, und es ist schlimm, dazu hätte es nicht unbedingt die aktuellen Fernsehbilder gebraucht, dann gehörte das abgeschafft, jedenfalls wenn wir eine Wirtschaft hätten, bei der es um sowas überhaupt geht. Im Kapitalismus gibt es dazu nur ganz ernsthafte und hinreichend zurechtgeschönte Kosten- und Nutzenanalysen, bei der noch der schöne Kilowattstundenkostenvorteil gegen ein ganz kleines bißchen Leukemiebetreuung von den Kindern um die AKWs gegengerechnet wird.

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[online] 21.3.11 ¦ Berlin ¦ Freiling: Volksaufstand in Tunesien und Ägypten

23. März 2011 13 Kommentare

Tunesien, Ägypten:
Das Volk stürzt seine alten Machthaber. Der Westen ruft nach „Stabilität“ und „Demokratie“. Was ist da los?

Referent: Manfred Freiling
Zeit: Montag, 21.03.2011, 19:30 Uhr
Ort: Haus der Demokratie, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin
Veranstalter: GegenStandpunkt Verlag
Der Mitschnitt ist jetzt online bei archive.org.

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Grenzwerte sind eine Spitzenleistung des Rechtsstaats

18. März 2011 6 Kommentare

Was die Umstände erfordern

„Um weiterhin Arbeiten auf dem Gelände des AKW zu ermöglichen, wurde die zulässige Strahlenbelastung für die Belegschaft deutlich erhöht: Die Erhöhung des Grenzwerts von 100 auf 250 Millisievert pro Jahr sei `unter den Umständen unvermeidbar´, teilte das Ministerium für Arbeitsgesundheit mit.“ (tagesschau.de, 16.03)

Es zeigt sich hier überdeutlich, dass Grenzwerte kein Ergebnis wissenschaftlicher Einsicht, sondern politischer Entscheidung sind. Sie definieren den Grad an Schädigung, der aus der Warte gesamtpolitischer Verantwortung für Land und Leute als tolerierbar gilt. Grenzwerte sind eine Spitzenleistung des Rechtsstaats: Erstens findet nur immer so viel Gesundheits-schädigung statt, wie es das Gesetz erlaubt. Und wenn das einmal nicht reicht, dann werden die Grenzwerte erhöht, ansonsten handelte es sich ja um eine unrechtmäßige Belastung Die verbliebene Restmannschaft am havarierten AKW Fukushima kann nach der Hochsetzung der Grenzwerte, auch wenn die immer noch viel zu niedrig sind gemessen an der tatsächlichen Emission vor Ort, getrost ihrem Job nachgehen und für die Politik und das mitbangende Volk wenigstens den Schein aufrechterhalten, man könne die Lage wieder in den Griff bekommen.
Eine andere gerade heiß diskutierte Frage ist die, ob man in einer Demokratie Leute verpflichten kann, sich für die Gemeinschaft zu opfern. Herr Höglund von Vattenfall hat in der Sendung „Hart, aber fair“ (16.3.) anklingen lassen, dass es die Sowjetunion zum Glück leichter gehabt habe mit der Zwangsverpflichtung zum Heldentod. Bisher kann man nicht feststellen, dass die Nation Japan wegen ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung auf die Rechte jedes Einzelnen handlungsunfähig wäre in Sachen Havariebekämpfung. Letzteres liegt schon eher daran, dass beim Stand der Dinge nicht wirklich was zu machen ist, nicht am Personalmangel. Wenn demnächst auch in Fukushima die ganze strahlende Anlage zugeschüttet werden muss, erhalten sicher noch mehr japanische Bürger die Gelegenheit, sich für ihr Land auszuzeichnen. Und sei´s auf militärischen Befehl.
{übernommen von vonmarxlernen.de}

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Atomenergie: Wahnsinn mit Methode

13. März 2011 6 Kommentare

Nicht sonderlich originell, aber wohl bittere „Realität“, was ein anläßlich der Atomkatastrophe(n) in Japan frisch hingestellter Blog zum Thema zu sagen hat:
„Was kann man aus der japanischen Atomkatastrophe lernen?“

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Hermann Lueer: Der Sozialismus des 21. Jahrhunderts

4. März 2011 71 Kommentare

Den folgenden Text habe ich aus einem PDF von Hermann Lueer via Word in HTML konvertiert.

Hermann Lueer
Der Sozialismus des 21. Jahrhunderts

»Ich bin jeden Tag mehr der Überzeugung, und daran habe ich nicht den geringsten Zweifel, dass es notwendig ist, den Kapitalismus zu überwinden. Aber ich füge hinzu: Den Kapitalismus kann man nicht innerhalb des Kapitalismus überwinden. Nein, der Kapitalismus muss auf dem Weg des Sozialismus überwunden werden.«1) »Wir sind entschlossen, die Bolivarianische Revolution direkt in Richtung Sozialismus zu führen und einen Beitrag zu leisten auf dem Weg zum Sozialismus, einem Sozialismus des 21. Jahrhunderts, …«2) Hugo Chavez

Fünfzehn Jahre nach Ende des »Kalten Krieges«, nachdem mit der Auflösung des Ostblocks der »Reale Sozialismus« als Alternative zur Marktwirtschaft verschwunden ist, zeigt der Präsident Venezuelas dem »Freien Westen« und seiner globalisierten Marktwirtschaft die Stirn und verkündet auf dem fünften Weltsozialforum 2005 den Beginn des Kampfes für den »Sozialismus des 21. Jahrhunderts«. Das gleichnamige Buch von Heinz Dieterich dient hierbei, mit der »auf dem Gebrauchswert und der Werttheorie basierenden nicht-marktwirtschaftlichen, demokratisch von den unmittelbar Wertschaffenden bestimmten Äquivalenzökonomie«3), als theoretische Grundlage für die diesem Kampf zugrundeliegende Kritik am Kapitalismus. Mehr…

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Neues Buch von Hermann Lueer: Warum sterben täglich Menschen im Krieg?: Argumente gegen die Liebe zur Nation

4. März 2011 Kommentare ausgeschaltet

Hermann Lueer hat mich darauf aufmerksam gemacht, daß jetzt sein neues Taschenbuch (auch bei Monsenstein und Vannerdat, dem Books-on-Demand-Verlag erschienen) erhältlich ist:
Warum sterben täglich Menschen im Krieg?: Argumente gegen die Liebe zur Nation
Er hat noch geschrieben:

Zudem gibt es auf meiner homepage einen Text, der vielleicht für eure Diskussion zur berühmten Frage nach der Alternative nützlich ist: http://www.whyhunger.com/deutsch/assets/sozialismus-des-21–jahrhunderts.pdf
Der Text ist auch als zusätzliches Kapitel in die ebenfalls gerade neu erschienene 4. erweiterte Auflage meines ersten Buches eingeflossen. (Warum verhungern täglich 100.000 Menschen?)

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KoKa Augsburg: Die bittere Seite des Sieges eines Volksaufstands

24. Februar 2011 Kommentare ausgeschaltet

Interessante Fragen (jedenfalls für die winzige Handvoll von Leuten dort wie hier, die das imperialistisch/kapitalistische Joch abwerfen wollen) stellt KoKa Augsburg (die Webseite Kommunikation und Kaffee):

„Da haben Ägypter und Tunesier also ihre Diktatoren verjagt. So erfreulich das einerseits ist – so ist es andrerseits so, daß sie damit ihre ureigentlichen Unterdrücker gar nicht erwischt haben. Die residieren nämlich in den Hauptstädten des »freien Westens«, welche sich ihre Herrschaften anderswo halten. Und kaum sind ihre Statthalter dort weg, stehen sie schon wieder auf der Matte, um sich den dortigen neuen nationalen Sprechern als unentbehrlich zu empfehlen. Mit ihrer Riesenheuchelei, sie würden die Umstürze begrüßen, sie seien ja schon immer auf Seiten des Volkes gewesen etc. wollen sie den sich neu zu konstituierenden Regierungen gleich eine Verpflichtung in die Schuhe schieben. Die würden ja sowieso nur mit ihnen, mit ihrer »Hilfe« und unter ihren Maßgaben weiterkommen! Ganz schön frech und unverschämt!
Die wahre Seite daran ist, daß der »freien Westen« dort wie überall in der »Dritten Welt« solche Zustände eingerichtet hat, die sich nicht ohne weiteres und schon gleich nicht von heute auf morgen revidieren lassen. Wie auch sollte eine auf den Export ausgerichtete Land- und Rohstoffwirtschaft so einfach auf eine Lebensmittelproduktion für die heimische Bevölkerung umgestellt werden? Wie sollte ein unproduktiver Militär- und Polizeiapparat in eine produktive Beschäftigung überführt werden? Wagt man es, die Schuldscheine zu zerreißen, die bislang das Letzte aus der Erde dieser Länder herausgesogen haben? Wagt man es, die Abkommen mit der EU zu zerreißen als die nichtswürdigen Erpressungen, die sie darstellen? Wagt man es, Billiglohnklitschen europäischer Konzerne einfach zu enteignen? Welche Feindschaft würde man sich bei all solchen im eigenen Interesse durchaus zweckmäßigen Aktionen allenthalben erst zulegen! Oder soll man tatsächlich zurückstecken und im Prinzip so weitermachen wie bisher?
Die richtigen Herausforderungen stehen genaugenommen also erst noch bevor. – Etwas anders verhält es sich im Iran, dort würde der »freien Westen« einen Umsturz vorbehaltlos begrüßen, weil sich die Herrschaft dort ihm widersetzt. Auch keine rosigen Aussichten für die Opposition, zumal ihr jener ja Umsturzhilfe anbietet, also sie dazu verleitet, schon vor einer Machtübernahme »korrupt« zu sein. Nicht daran zu denken, welcher Preis nach einer Machtübernahme zu zahlen wäre….
Kurzum, ohne den Imperialismus und seine Absichten einer Kritik zu unterziehen, wird es eher alten Wein in neuen Schläuchen geben als irgendetwas, was das Leben lebenswerter macht.“

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Update zur GegenRede von Freerk Huisken zum Fall Guttenberg

23. Februar 2011 95 Kommentare

Freerk Huisken hat seine GegenRede zum Fall Guttenberg nochmal überarbeitet („Habe … Text … noch mal überarbeitet: Sortiere jetzt genauer zwischen Geist und Materie und dem Eigentumscharakter von beidem.“
Er ist jetzt als PDF bei ihm abrufbar. Hier gespiegelt:
Der Fall Guttenberg: Geistiges Eigentum oder der Unfug der Privatisierung von Erkenntnis

Wer von den Kritikern und Spöttern, die sich über die Plagiate in der von K.F.von Guttenberg vorgelegten Dissertation hermachen, weiß eigentlich wie die Arbeit betitelt ist?(1) Wer kennt die Thematik, wer hat zwecks inhaltlicher Auseinandersetzung einen Blick in die leicht per Internet zugängliche Doktorarbeit geworfen? Und wer von denen hat sich die Mühe gemacht, die Thesen dieser Arbeit einmal getreu dem Motto des Verlags, bei dem die Dissertation neu publiziert worden ist, zu überprüfen: Vincit veritas – die Wahrheit siegt?
Natürlich sind das rhetorische Fragen. Wer auf Plagiatssuche ist, wer fehlenden An- und Ausführungszeichen, unterlassenen Fußnoten mit Quellenangaben auf der Spur ist, muss das nicht. Dem geht es um etwas anderes als um die Frage, inwieweit die vom Verteidigungsminister abgelieferte Arbeit neue und zutreffende Erkenntnisse geliefert hat. Der prüft vielmehr, ob sie auch den „strengen Standards wissenschaftlichen Arbeitens” entspricht, von denen Professoren in der SZ vom 22.2. berichten. Und zu denen gehört nun einmal der Unfug mit dem geistigen Eigentum. Doch was ändert es eigentlich an einem zu Papier gebrachten Urteil über einen verfassungsrechtlichen oder sonstigen Sachverhalt, wenn er aus einer Mischung von Selbsterdachtem und bereits publizierten Gedanken besteht – und zwar ohne dass der Erstdenker des übernommenen Gedankengebäudes genannt worden und die Quelle minutiös nachgewiesen worden ist? Am inhaltlichen Urteil ändert das nichts. Es kann wahr oder falsch sein. Mit der Angabe der Quelle oder ihrer Unterlassung wird ja der Gehalt der übernommenen Passage sachlich gar nicht verändert. Überdies kommt kein Schreiberling um die Beantwortung der Frage herum, ob eine Textstelle, auf die er sich berufen will, wenigstens so weit stimmig ist, dass sie zum eigenen Argumentationsgang passt. Davon kann keine Quellenangabe entbinden. Die Differenz zwischen denken und nachdenken, d.h. die Gedanken anderer zu überprüfen, hebt sich auf; der Fremdtext ist wie jeder eigene Gedanken zu prüfen. Es kommt nur darauf an, dass sie stimmen – sollte man wenigstens meinen.
Doch mit den im akademischen Wissenschaftsbetrieb brutal eingeforderten Zitataufweisen und Quellenangaben, ändert sich schon etwas.(2) In der Zuordnung von Gedanken zu seinem jeweiligen Erstschöpfer, der Wissenschaftlerperson äußert sich die Personalisierung und Privatisierung von Erkenntnis. Dies hat Konsequenzen: An die Stelle der Prüfung von wissenschaftlichen Urteilen tritt dann schon mal der Autoritätsbeweis. Da werden Kant und Habermas, Hegel und Popper, Keynes, M.Weber und andere sogenannte Giganten des Geisteslebens weniger deswegen zitiert, weil ihre Theorien jeder kritischen Überprüfung standhalten würden und sich deswegen auf ihnen aufbauen ließe. Sie als Quelle zu benennen soll den Schreiber vielmehr als jemanden ausweisen, der die gültigen Geistesgrößen studiert hat, und der bereits darüber den Bonus kassieren kann, im Fahrwasser dieser wissenschaftlichen Riesen, mithin auf richtigem Kurs zu segeln. Da ersetzt dann der gute Name so eines Wissenschaftlers die Prüfung seiner theoretischen Absonderungen.
Das bedeutet umgekehrt, dass sich derjenige, der als erster eine bestimmte These publiziert hat, als ihr Erfinder rühmen darf. An ihm hängt sie ein für alle mal dran, mit seinem Namen ist sie verbunden, von der Größe seiner Person zeugt sie – wenn sie etwas gilt.(3) Und wer sie nach ihm benutzt, hat das Copyright des Erstverfassers zu beachten, ihm als Urheber einer Theorie die entsprechende Referenz zu erweisen. Darauf hat er ein Recht. Und das kann er sogar einklagen. Erkenntnis wird auf diese Weise mit Hilfe der staatlichen Rechtsprechung wie ein Eigentum seines Autors behandelt. Die Erkenntnis darf zwar – wenigstens im Bereich der Geisteswissenschaften -benutzt, sozusagen ausgeliehen werden, sie „gehört” aber weiterhin dem Erstermittler. Deswegen können Plagiate, also nicht mit dem Hinweis auf die Quellperson gekennzeichnete Textpassagen auch Strafen nach sich ziehen: die Aberkennung des akademischen Titels oder für den Fall, dass ein Eid gebrochen worden ist(4), sogar Haftstrafen.
Verlangt ist in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften also etwas anderes als offenen Fragen aus dem Bereich von Politik und Ökonomie, Recht und Familie, Staatsformen und Rassismus etc. mit der Absicht nachzugehen, sie einer zutreffenden Klärung zuzuführen und damit das richtige Wissen über Gesellschaft zu erweitern. Da ist zum einen der Kotau vor den Großen der jeweiligen Disziplin verlangt. Ihnen hat man durch ausgewiesene Bezugnahme auf ihr Werk zu huldigen. Das darf durchaus auch schon einmal kritisch ausfallen, wobei die Grenzen des wissenschaftlichen Pluralismus und seine Logik – „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!” – zu beachten sind. Zum anderen kommt es gerade umgekehrt auf Originalität im Wissenschaftsbetrieb an. Verlangt werden gerade von Dissertationen neben allen Devotionalien mutige, von Kreativität zeugende neue Hypothesen, Ansätze und Modelle, die ohnehin niemand im akademischen Reich mit richtigen Gedanken verwechselt. Aber genau deswegen bedarf es der albernen Prüfung, inwieweit ein formulierter Gedanke nicht bereits einen Eigentümer hat, der unbedingt benannt werden muss.
Dass diese Prüfung mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden ist – deswegen ist von „strengen Standards” die Rede – liegt daran, dass wissenschaftliche Erkenntnis, sei sie richtig oder falsch, ein geistiges und kein materielles Ding ist. Gegenständliche Güter – etwa ein Fahrrad, die Stereoanlage oder eine PC – lassen sich eben zu einer Zeit immer nur von einer Person benutzen. Dass der jeweilige Benutzer hierzulande der Eigentümer zu sein hat, liegt allerdings nicht an der materiellen Qualität von Gebrauchsgegenständen. Die rechtliche Absicherung einer Verfügung über Produkte, die andere solange von ihrem Gebrauch ausschließt, bis sie die (Geld-)Interessen des Eigentümers bedienen, ist die Absicherung eines ganzen Produktionsverhältnisses, in welchem Produkte überhaupt nur als Waren das Licht der Welt erblicken. Deswegen ist in der hübschen Marktwirtschaft die Benutzung jedes materiellen Guts an Eigentumsübertrag gebunden, mit dem den Interessenten, die nur als personifizierte Kaufkraft von Interesse sind – egal ob sie es nötige Geld haben und egal, wie schwer sein Verdienst auch fällt -, erst nach dem Austausch von Geld und Ware die freie Verfügung über das Produkt, das nun ihr Eigentum sind, gestattet wird. Bei Gedanken verhält es sich anders: Sie sind – einmal publiziert – allgemein zugänglich, und verwendbar. Da bedarf es nicht des Händewechsels, um sich seiner zu bedienen. Diese Zeilen etwa kann sich der Leser aneignen, ohne dass ihr theoretischer Gehalt dadurch aus meinem geistigen Arsenal verschwände; nicht einmal blechen muss er dafür! Geistiges Gut kann eben im Unterschied zu materiellen Gütern zur gleichen Zeit von vielen angeeignet und verarbeitet werden, weil es beliebig zu vervielfältigen ist. Mit der Etablierung von geistigem Eigentum(5) wird dieser immense Vorteil geistiger Güter glatt zu ihrem Nachteil erklärt. Und Erkenntnis, die einmal ersonnen überall und zu jeder Zeit und von jedermann an zueignen und zu benutzen ist, ohne dass sie damit dem ursprünglichen Entdecker verloren geht, wird rechtlich in den ökonomischen Kategorien des gegenständlichen Eigentums gefasst. So absurd und so skandalös das ist – ihrer Natur nach allgemeine Erkenntnis wird so seiner allgemeinen und damit allgemein nützlichen Natur beraubt -, so hat es doch seine kapitalistische Räson. Die wird besonders in den Naturwissenschaften deutlich, aber eben nicht nur dort.
Beim Dr.-Titel, dem Staatsexamen oder jedem anderen universitären Grad handelt es sich in erster Linie um Mittel in der und für die akademische(n) Konkurrenz.(6) Nur deswegen wird aus der nicht gekennzeichneten Abschrift einer Textpassage aus einem vorliegenden Werk, die dem „Plagiator” vielleicht nur schlicht eingeleuchtet hat, ein Vergehen, ein unzulässiger Konkurrenzvorteil, der mit Rückstufung in der Konkurrenz oder gar Ausschluss aus ihr geahndet gehört. Der Ruf des Abschreibers ist auf jeden Fall ruiniert. Was dem sachlichen Gehalt nach gar nicht vom Selbsterdachtem zu unterscheiden ist, wird dann per besonderer Fahndung(7) nach sprachlicher und stilistischer Übereinstimmung von Textpassagen als Diebstahl ermittelt – das geht nicht anders, denn dem ursprünglichen Verfasser ist ja durch die Abschrift nichts abhanden gekommen. Wenn sich jetzt Professoren in offenen Briefen und TV-Statements um das Niveau des akademischen Betriebs sorgen(8), dann gilt diese ihre Sorge allein der Sicherung dieser Standards ihres Konkurrenzbetriebs. In ihren Olymp darf nur dem Einlass gewährt werden, der ihre geistige Autorität achtet und in jenen Maßen Originalität aufzuweisen hat, wie sie von einer Dissertation erwartet wird, mit der die jeweilige Disziplin „um neue Gesichtspunkte”, um einen „Beitrag zum Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnis” erweitert werden soll.(9) Ob der da Jahr für Jahr angelieferte Geistesmüll zutreffende neue Einsichten in gesellschaftliche Phänomene einhält, steht nicht zur Debatte. Wie auch!
Für die Naturwissenschaften gilt all dies einerseits ebenfalls, andererseits schlägt hier die kapitalistische Konkurrenz mit ihrer Eigentumslogik ungleich härter zu. In der Kategorie des Patents, das durch eine ganze Rechtsabteilung definiert und geschützt wird, fasst sich der Versuch von Unternehmen zusammen, sich die Benutzung neuer, Gewinne versprechender Entdeckungen und Erfindungen ausschließlich, d.h. gegen die Konkurrenz zu sichern. Auf diese Weise werden nützliche naturwissenschaftliche Erkenntnisse – die übrigens und ganz im Gegensatz den gesellschaftswissenschaftlichen Forschungsresultaten nur dann anwendbar sind, wenn sie stimmen – um ihre allgemeine Anwendbarkeit gebracht und ganz dem Kapitalinteresse an Vermehrung von Geld durch Entwicklung neuer Produkte und neuer Verfahren zur Steigerung der Produktivität des Unternehmens subsumiert. Der Betrieb, der als erster ein neues Antriebssystem, einen noch schnelleren Prozessor oder ähnliches auf den Markt bringt, kassiert im Verhältnis zur Konkurrenz Extraprofite, schafft damit Konkurrenzverlierer – nebst all dem, was an menschlichem Elend an der Schließung von Unternehmen hängt. Daraus ergibt sich umgekehrt, dass hierzulande keine neue naturwissenschaftliche Entdeckung praktisch nutzbar wird, wenn sich nicht ein Kapital findet, das in ihr eine neue Gewinnquelle sieht. Die Frage, ob so eine Entdeckung den Menschen nützen könnte, ihr Leben gesünder, die Arbeit leichter oder ihre Freizeit länger machen könnte, ist kein das Kapital umtreibender Gesichtspunkt. Und so ein Kapital findet sich nur, wenn die – wenigstens vorübergehend – exklusive Nutzung von Wissen als Patenteigentum gesichert ist. Naturwissenschaft im Kapitalismus wird nach Rechtskategorien per Staatsgewalt ganz dem Eigentum an Kapital nützlich gemacht. Und in der Fabrik werden die Produkte von Naturwissenschaft in ihrer vergegenständlichten Form als Maschinen und Automaten dafür hergenommen, immer mehr Arbeit für immer weniger Geld aus immer weniger Arbeitskräften herauszupressen. Deswegen stellen Naturerkenntnis und Technologie hierzulande keinen Segen, sondern umgekehrt in ihrer privatisierten Kapitalform einen Schaden für den einkommensabhängigen Teil der Menschheit dar.
Um all das geht es beim Plagiieren. Und nichts davon wird zum Thema, wenn sich die Menschheit einerseits um Glaubwürdigkeit ihres strahlenden Kriegsministers und andererseits um die Seriosität ihres akademischen Konkurrenzbetriebs sorgt.
1) ”Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU”, Berlin 2009
2) Studierende, die in ihren wissenschaftlichen Arbeiten Passagen nicht „belegt” haben, werden von ihren Professoren nicht selten mit der Frage konfrontiert, woher sie denn diese Gedanken hätten. Der Hinweis, sie hätten sich erlaubt, einmal selbst nachzudenken, wird als unwissenschaftlich zurückgewiesen. So etwas steht Studierenden nicht zu. Man denke diese geforderte geistige Entmündigung einmal zu ende: Wenn ein Gedanke nur gelten würde, wenn er sich über zuvor bereits Gedachtes absichert hat, dann würden schwerlich neue Gedanken auf die Welt kommen können.
3) Da gibt es dann den Kant’schen Imperativ, Habermas‘ Theorie des kommunikativen Handelns, Luhmanns Systemtheorie usw.
4) Bei der Vorlage von Prüfungsarbeiten aller Art muss in der Regel beeidet oder erklärt werden, dass alle fremden Quellen gekennzeichnet worden sind.
5) Ausgerechnet an der Uni Bayreuth, an der Guttenberg promoviert hat, gibt es einen Lehrstuhl, der sich mit geistigem Eigentum befasst; besetzt von einem Professor, der eine Zeitschrift gleichen Namens heraus gibt. (SZ, 23.2.)
6) Bei Guttenberg ist der Titel Mittel, um sein Renommee zu heben: Sein kometenhafter politischer Aufstieg, darf man denken, verdankt sich nicht allein dem Adelsprädikat, sondern auch seinem schlauen Kopf..
7) Siehe die gut dokumentierte Arbeit von „GuttenPlag.Wiki”, die diesen Wahnsinn zur Methode macht.
8) So mancher von ihnen wird sich allerdings mit Beklemmung fragen, wann man ihm auf seine Schliche kommen wird.
9) So in etwa lauten Qualitätskriterien für Dissertationen.
PS 1: Guttenberg wird hier natürlich nicht verteidigt. Seine Dissertation, für die er sich inzwischen „entschuldigt” hat und auf dessen Dr.-Zierrat er verzichtet, wollte nun wirklich nicht mit ausufernder Abpinselei die Maßstäbe des herrschenden Wissenschaftsbetriebs kritisch aufs Korn nehmen. Wie auch: Ist er doch oberster Chef jener nationalen Behörde, die mit Krieg am Hindukusch kapitalistisches Privateigentum und Konkurrenzwirtschaft verteidigt.
PS 2: Der vorstehende Text beansprucht wie alle anderen GegenReden kein Copyright. Wem er einleuchtet, der soll ihn benutzen wie er mag. Wem er nicht einleuchtet, der soll sich melden bei: info@fhuisken.de. Denn so unwichtig bis störend beim Vortrag von einem Argument der Verweis auf den Autor ist, so interessiert es diesen doch, wenn ihm jemand einen Fehler in seinen Gedanken aufzeigt.

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Zu Guttenberg: Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?

23. Februar 2011 104 Kommentare

Freerk Huisken vom GegenStandpunkt hat (im folgenden „abgedruckt“, man kann den Text man auf seiner Webseite unter „Lose Texte“ finden, contradictio hat darauf hingewiesen) zum Hauptproblem des Skandals um Guttenbergs Doktorarbeit Stellung bezogen:
Der Fall Guttenberg: Geistiges Eigentum oder
der Unfug der Privatisierung von Erkenntnis

Wer von den Kritikern und Spöttern, die sich über die Plagiate in der von K.F. von Guttenberg vorgelegten Dissertation empören, weiß eigentlich wie die Arbeit heißt?(1) Wer kennt die Thematik, wer hat zwecks inhaltlicher Auseinandersetzung einen Blick in die leicht per Internet zugängliche Doktorarbeit geworfen? Und wer von denen hat sich die Mühe gemacht, die Thesen dieser Arbeit einmal getreu dem Motto des Verlags, bei der die Dissertation neu publiziert worden ist, zu überprüfen: Vincit veritas – die Wahrheit siegt?
Natürlich sind das rhetorische Fragen. Wer auf Plagiatssuche ist, wer fehlenden An- und Ausführungszeichen, unterlassenen Fußnoten mit Quellenangaben auf der Spur ist, muss das nicht. Dem geht es um etwas anderes als um die Frage, inwieweit die vom Verteidigungsminister abgelieferte Arbeit neue und zutreffende Erkenntnisse geliefert hat. Der prüft vielmehr, ob sie auch den „strengen Standards wissenschaftlichen Arbeitens” (SZ, 22.2.) entspricht. Und zu denen gehört nun einmal der Unfug mit dem geistigen Eigentum. Was ändert es eigentlich an einem zu Papier gebrachten Urteil über einen verfassungsrechtlichen oder sonstigen Sachverhalt, wenn er aus einer Mischung von Selbsterdachtem und bereits publizierten Gedanken, die nachgedacht und für stimmig befunden worden sind, besteht – ohne dass der Erstdenker des übernommenen Gedankengebäudes genannt worden und die Quelle minutiös nachgewiesen worden ist. Am inhaltlichen Urteil ändert das nichts. Es kann wahr oder falsch sein; und keine Quellenangabe entbindet einen Schreiberling von der Frage, ob die übernommene Textstelle, sofern er sich auf sie beruft, stimmig ist. Zu prüfen hat er sie wie die eigenen Gedanken – sollte man wenigstens meinen.
Doch ändert sich schon so einiges mit Zitataufweis und Quellenangabe. In der Zuordnung von Gedanken zu seinem jeweiligen Erstschöpfer, der Wissenschaftlerperson äußert sich die Personalisierung und Privatisierung von Erkenntnis. Das hat seine Konsequenzen: An die Stelle der Prüfung von wissenschaftlichen Urteilen tritt dann der Autoritätsbeweis. Da werden Kant und Habermas, Descartes und Popper, Keynes, Weber und andere Giganten des Geisteslebens weniger deswegen zitiert, weil ihre Theorien jeder kritischen Überprüfung standhalten würden und sich deswegen auf ihnen aufbauen ließe. Sie als Quelle zu benennen soll den Schreiber vielmehr als jemanden ausweisen, der die gültigen Geistesgrößen studiert hat, und der bereits darüber den Bonus kassieren kann, im Fahrwasser dieser wissenschaftlichen Riesen, mithin auf richtigem Kurs zu segeln. Da ersetzt der gute Name des Wissenschaftlers die Prüfung seiner theoretischen Absonderungen.
Und wer als erster eine bestimmte These formuliert hat, an dem hängt sie ein für alle mal dran, der darf sich rühmen, der Erfinder gewesen zu sein; und wer sie nach ihm benutzt, hat das Copyright des Erstverfassers zu beachten. Erkenntnis wird auf diese Weise mit Hilfe des Rechts, also mit staatlicher Gewalt, wie ein Eigentum seines Autors behandelt. Die Erkenntnis darf zwar – wenigstens im Bereich der Geisteswissenschaften – benutzt, sozusagen ausgeliehen werden, sie „gehört” aber weiterhin dem Erstermittler. Deswegen können Plagiate, also nicht mit dem Hinweis auf die Quellperson gekennzeichnete Textpassagen auch Strafen nach sich ziehen: die Aberkennung des akademischen Titels oder für den Fall, dass ein Eid gebrochen worden ist(2) , sogar Haftstrafen. Verlangt ist in den Geisteswissenschaften also etwas anderes als offenen Fragen aus dem Bereich von Politik und Ökonomie, Recht und Familie etc. mit der Absicht nachzugehen, sie einer zutreffenden Klärung zuzuführen. Originalität ist verlangt, d.h. mutige, von Kreativität zeugende neue Gedanken und Modelle, die ohnehin niemand im akademischen Reich mit richtigen Gedanken verwechselt. Genau deswegen bedarf es der albernen Prüfung, inwieweit ein formulierter Gedanke nicht bereits einen Eigentümer hat, der benannt werden muss.
Dass diese Prüfung mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden ist – deswegen ist von „strengen Standards” die Rede – liegt daran, dass wissenschaftliche Erkenntnis, sei sich richtig oder falsch, ein geistiges und kein materielles Ding ist. Gegenständliches Eigentum – etwa ein Auto, die Stereoanlage oder eine Fabrik – steht dem Eigentümer per Rechtsverhältnis zu seinem ausschließlichem Gebrauch zu und geht in ein anderes Benutzungsverhältnis nur per Eigentumsübertrag über. Der bestimmte Gegenstand hat dann die Hände gewechselt, an ihm darf sich der neue Eigentümer, der dafür Geld losgeworden ist, erfreuen. Mit der Etablierung von geistigem Eigentum wird dagegen der Versuch unternommen, Erkenntnis, die einmal ersonnen überall und zu jeder Zeit und von jedermann an zueignen und zu benutzen ist, ohne dass sie damit dem ursprünglichen Entdecker verloren geht, rechtlich in den ökonomischen Kategorien des gegenständlichen Eigentums zu fassen. So absurd das ist – diese Zeilen etwa kann sich der Leser aneignen, ohne dass ihr theoretischer Gehalt dadurch aus meinem geistigen Arsenal verschwände – und so skandalös das ist – ihrer Natur nach allgemeine Erkenntnis, beliebig reproduzier- und anwendbar, wird per Recht seiner allgemeinen und damit allgemein nützlichen Natur beraubt -, so hat es doch seine kapitalistische Räson. Die wird besonders in den Naturwissenschaften deutlich, aber eben nicht nur dort.
Beim Dr.-Titel, dem Staatsexamen oder jedem anderen universitären Grad handelt es sich in erster Linie um Mittel in der akademischen Konkurrenz. Nur deswegen wird aus der nicht gekennzeichneten Abschrift einer Textpassage aus einem vorliegenden Werk – nehmen wir einmal an, sie habe dem „Plagiator” nur schlicht eingeleuchtet – ein Vergehen, ein unzulässiger Konkurrenzvorteil, der mit Rückstufung in der Konkurrenz oder gar Ausschluss aus ihr geahndet gehört. Der Ruf ist auf jeden Fall ruiniert. Was dem sachlichen Gehalt nach gar nicht vom Selbsterdachtem zu unterscheiden ist, wird dann per Fahndung – „GuttenPlag.Wiki” – nach sprachlicher und stilistischer Übereinstimmung als Diebstahl ermittelt. Wenn sich jetzt Professoren in offenen Briefen und TV-Statements um das Niveau des akademischen Betriebs sorgen , dann gilt diese ihre Sorge allein der Sicherung dieser Standards ihres Konkurrenzbetriebs. In ihren Olymp darf nur dem Einlass gewährt werden, der ihre geistige Autorität achtet und in jenen Maßen Originalität aufzuweisen hat, wie sie von einer Dissertation, in der die jeweilige Disziplin „um neue Gesichtspunkte” erweitert werden soll, erwartet wird. Ob der da Jahr für Jahr angelieferte Geistesmüll zutreffende neue Einsichten in gesellschaftliche Phänomene einhält, steht nicht zur Debatte. Wie auch!
Für die Naturwissenschaften gilt all dies einerseits ebenfalls, andererseits schlägt hier die kapitalistische Konkurrenz mit ihrer Eigentumslogik ungleich härter zu. In der Kategorie des Patents, das durch eine ganze Rechtsabteilung definiert und geschützt wird, fasst sich der Versuch von Unternehmen zusammen, sich die Benutzung neuer, Gewinne versprechender Entdeckungen und Erfindungen ausschließlich, d.h. gegen die Konkurrenz zu sichern. Auf diese Weise werden nützliche naturwissenschaftliche Erkenntnisse – die übrigens und ganz im Gegensatz den gesellschaftswissenschaftlichen Forschungsresultaten nur dann anwendbar sind, wenn sie stimmen – um ihre allgemeine Anwendbarkeit gebracht und ganz dem Kapitalinteresse an Vermehrung von Geld durch Entwicklung neuer Produkte und neuer Verfahren zur Steigerung der Produktivität des Unternehmens subsumiert. Ein Betrieb, der als erster ein neues Antriebssystem, ein noch schnelleren Prozessor oder ähnliches auf den Markt bringt, kassiert im Verhältnis zur Konkurrenz Extraprofite, schafft damit Konkurrenzverlierer – nebst all dem, was an menschlichem Elend an der Schließung von Unternehmen hängt. Daraus ergibt sich umgekehrt, dass hierzulande keine neue naturwissenschaftliche Entdeckung praktisch nutzbar wird, wenn sich nicht ein Kapital findet, das in ihr eine neue Gewinnquelle sieht – die Frage, ob so eine Entdeckung den Menschen nützen könnte, ihr Leben gesünder, die Arbeit leichter oder ihre Freizeit länger machen könnte, ist kein das Kapital umtreibender Gesichtspunkt. Und so ein Kapital findet sich nur, wenn die – wenigstens vorübergehend – exklusive Nutzung von Wissen als Patenteigentum gesichert ist. Naturwissenschaft im Kapitalismus wird nach Eigentumskategorien per Staatsgewalt ganz dem Eigentum an Kapital nützlich gemacht. Und in der Fabrik werden die Produkte von Naturwissenschaft in ihrer vergegenständlichten Form als Maschinen und Automaten dafür hergenommen, immer mehr Arbeit für immer weniger Geld aus immer weniger Arbeitskräften herauszupressen. Deswegen stellen Naturerkenntnis und Technologie hierzulande keinen Segen, sondern umgekehrt in ihrer privatisierten Kapitalform einen Schaden für den einkommensabhängigen Teil der Menschheit dar.
Um all das geht es beim Guttenberg-Plagiat. Und nichts davon ist Thema!
Fußnoten:
1)„Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU“, Berlin 2009
2) Bei der Vorlage von Prüfungsarbeiten aller Art muss in der Regel beeidet oder erklärt werden, dass alle fremden Quellen gekennzeichnet worden sind.
PS 1: Guttenberg wird hier natürlich nicht verteidigt. Seine Dissertation, für die er sich inzwischen „entschuldigt” hat und auf dessen Dr.-Zierrat er verzichtet, wollte nun wirklich nicht mit ausufernder Abpinselei die Maßstäbe des herrschenden Wissenschaftsbetriebs kritisch aufs Korn nehmen. Wie auch: Als oberster Chef jener nationalen Behörde, die mit Krieg am Hindukusch kapitalistisches Privateigentum und Konkurrenzwirtschaft verteidigt.
PS 2: Der vorstehende Text beansprucht wie alle anderen GegenReden kein Copyright. Wem er einleuchtet, der soll ihn benutzen wie er mag. Wem er nicht einleuchtet, der soll sich melden bei: info@fhuisken.de. Denn so unwichtig bis störend beim Vortrag von einem Argument der Verweis auf den Autor ist, so interessiert es diesen doch, wenn ihm jemand einen Fehler in seinen Gedanken aufzeigt. Den will er korrigieren.

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21.03.2011: Veranstaltung des GSP zu Tunesien und Ägypten in Berlin

22. Februar 2011 Kommentare ausgeschaltet

Tunesien, Ägypten:
Das Volk stürzt seine alten Machthaber. Der Westen ruft nach „Stabilität“ und „Demokratie“. Was ist da los?

Referent: Manfred Freiling
Zeit: Montag, 21.03.2011, 19:30 Uhr
Ort: Haus der Demokratie, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin
Veranstalter: GegenStandpunkt Verlag
Der Ankündigungstext lautet:
1. Bei aller Unterschiedlichkeit der Motive und sozialen Lage: Die Massen protestieren gegen ihr „korruptes Regime“ und stellen die Machtfrage; nach Hause gehen sie erst als die alte Staatspartei abtritt. Sein Ziel erreicht hat die Aufruhr bekanntlich deshalb, weil sich das Militär diesmal „an die Seite des Volkes“, jedenfalls nicht gegen es, gestellt hat und nun den „friedlichen Übergang“ zur nächsten Staatsführung sichern will. Was ist das für eine „Revolution“, die – fürs erste – damit beendet ist, dass die Demonstranten auf eine neue Herrschaft hoffen dürfen, die das Land besser regiert?
– Was waren und sind das für soziale Verhältnisse, in denen die Leute da unten ihr Leben fristen müssen?
– Gegen was für eine Sorte Herrschaft haben sie aufbegehrt? Worin bestand das „System Mubarak“ oder „Ben Ali“?
– Welche Rolle spielte und spielt das Militär in diesen Nationen?
2. Es steht hier in jeder Zeitung: Die Regierungen in Amerika oder Europa haben die Revolte weder bestellt noch vorbehaltlos begrüßt; denn es waren „ihre“ Regime die angegriffen wurden. Die Mubaraks der Region sind klassische Kreaturen der Freien Welt und haben die Dienste, für die man sie ausstattete, vorbildlich erledigt: Der „innere Friede“ wurde mit der Unterdrückung von Hungeraufständen und jeglicher Opposition sowie dem Bau von Flüchtlingslagern sachdienlich durchgesetzt. Jetzt sorgt sich der Westen um „Stabilität” in Nordafrika: Was ist damit gemeint?
– Für welche „vitalen Interessen“ des Westens waren unsere Diktaturen in der „Krisenregion“ eigentlich gut?
– Was sind das für weltpolitische Dienste, deren „Stabilität“ ihre Nachfolger verlässlich(er) garantieren sollen?
– Wofür steht die Forderung Obamas oder Merkels nach „Demokratie“ und „freien Wahlen“?

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Peter Decker: Das bringt nichts! (mit den Linken)

20. Februar 2011 5 Kommentare

Bei der Diskussionsveranstaltung am 17.02.2011 in Nürnberg über Tunesien und Ägypten hat es (seit längerem mal wieder, sowas ist bei GegenStandpunktveranstaltungen extrem selten) eine Intervention von klassischen sagen wir mal Partei- und Antiparteilinken gegeben. Und ganz gegen Peter Deckers berühmte didaktische Langmut, noch auf jeden bürgerlichen liberalen Freiheitsfreund einzugehen, hat er diese zwei Mitdiskutanten brüsk und geradezu verärgert kurz abgebürstet:

Peter Decker: … Daß eine Meinungsbildung darüber, woran es eigentlich liegt, daß es einem schlecht geht, fehlt.
„Parteilinker“: Diese Bewegung kann sowieso nicht viel erreichen im Sinne, die Verhältnisse zu ändern. Das wird es nur geben, wenn die Arbeiter sich richtig organisieren. („Antipartei-linker“:Und Massenstreiks und Generalstreiks organisieren). Wenn es Besetzungen von Betrieben von Produktionsmitteln gibt und Fabrikkomitees.
Peter Decker: Ihr denkt euch das immer so mit dem Formalismus: Arbeiter, Arbeiter, Arbeiter! Denn wenn die das machen, dann ist das schon richtig. Aber auch die machen jede Menge Blödsinn. Es werden in Ägypten auch eine Menge Arbeiter bei den Massenprotesten dabei gewesen sein. Also liegt es nicht daran, ob es Arbeiter sind, sondern was die Leute meinen, was die Ursachen des Übels sind, mit denen sie konfrontiert sind. Und was sie deshalb meinen, was an dessen Stelle muß.
„Parteilinker“:Es geht um die Produktionskräfte. Es geht nicht um „Volksbewegung“, dann kannst du 1989 auch toll finden, wo auch Millionen auf der Straße waren. Was haben die erreicht? Der Gravitationspunkt liegt in den Betrieben. Und das ist keine Aufklärungsgeschichte, sondern das ist kollektive Erfahrung, wo Arbeiter miteinander kämpfen, anfangen zu kämpfen, Schritt für Schritt sich radikalisieren mit Hilfe auch der radikalen Arbeiter, der revo-lutionären Arbeiter, die mitten drin in den Streiks und der Bewegung versuchen, diese nach vorne zu tragen. Und nicht Veranstaltungen da organisieren und sagen, kommt zu uns, wir klären das alles auf.
„Antiparteilinker“: Und es ist schon ein Unterschied, fremd- oder selbstorganisert. Weil gerade, wenn man für eine klassenlose und herrschaftsfreie Gesellschaft kämpft, gerade deswegen muß doch von Anfang an die Bewegung selbstorganisert sein, weil Partei heißt ja logischerweise wieder nichts anderes als in die politische Sphäre zu gehen, an die Staatsmacht, statt die Staatsmacht zu zerschlagen. Da hat er schon recht: Das kann nur von unten kommen! Weil, wenn es wirklich mit Generalstreiks anfängt wie 1917 in Rußland, wo wirklich Fabrikkommittees da waren, dann ist es schon wieder eine ganz andere Situation, als wenn die Leute nur auf der Straße herumlaufen, da kann es nur so eine Ein-Punkt-Volksbewegung sein, wie in Stuttgart 21 heute. Das kann ja dann nur scheitern.
Peter Decker: Mir ist das jetzt zu phrasenhaft. Ich hab das jetzt irgendwann auch mal satt, dass man immer gesagt bekommt, dass muß von „unten“ kommen und nicht von „oben“. Es muß von den Arbeitern kommen und nicht von sonst wem. Das ist langweilig.
„Parteilinker“: Na klar, für Nichtarbeiter ist so was immer „langweilig“!
Peter Decker: Jaa, Jaa, lassen wir den Punkt, das bringt nichts, das ist öde.
„Parteilinker“: Wie sollen die Menschen die zukünftige selber Gesellschaft gestalten, wenn die nicht lernen? Mitten drin in dem Prozeß die Leute aufklären, das soll es sein?
Peter Decker: Lassen wir den Streit, es bringt nichts. Hör einfach auf, das taugt nichts! Das bringt deswegen nichts, weil außer dem Moralismus, von „unten“, die „echten Arbeiter“, „man muß das alles im Prozeß erlernen“, usw, außer diesem Zeugs kommt da nichts.

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Volksaufstände gegen Diktatoren des freien Westens

11. Februar 2011 1 Kommentar

Der folgende Artikel ist gespiegelt von vonmarxlernen.de und massiv nachformatiert

Im Maghreb und rund um die arabische Halbinsel versuchen die Völker, ihre alten Machthaber zu verjagen. Ihre Lebensumstände, bei meist kargem Verdienst und steigenden Preisen über die Runden kommen zu müssen, haben sie satt. Die Herrschaft, die ihnen diese Lebenslage auferlegt und sie gewaltsam absichert, die seit Jahrzehnten regierende Staatspartei und deren Repräsentanten, wollen sie loswerden. Die soziale Frage eskaliert damit zur Machtfrage.
Objektiv haben es die Rebellierenden mit gleich zwei Adressen zu tun: Direkt mit ihrer Staatsgewalt, die ihr Land kapitalistisch „modernisiert“, die Bevölkerung dafür eingespannt und wegen der daraus resultierenden Verarmung und Unzufriedenheit unterdrückt hat; indirekt aber auch mit jenen auswärtigen Mächten, die in und an diesen Staatswesen „vitale Interessen“ haben. Deutsche Firmen nutzen Billiglöhne für ihren Profit, Multis aus USA oder Frankreich widmen sich geschäftsmäßig den reichhaltigen Rohstoffvorkommen, die nordafrikanische Landwirtschaft wird ganz nach den Maßgaben europäischer Importbedürfnisse hergerichtet, die „Festung Europa“ schätzt die Hilfe lokaler Potentaten zur Unterbindung unerwünschter Flüchtlingsströme nach Spanien und Italien. Auf den Dienst an diesen weltmächtigen Interessen haben sich die Präsidenten in Tunis und Kairo aus eigenem Kalkül, zur Stärkung ihrer jeweiligen Nation, festlegen lassen. Aus ihm beziehen die Ben Alis und Mubaraks, ergänzt um Milliarden Dollar oder Euro für Militärhilfe, die Ressourcen für ihren nationalen Aufbruch und die Pfründe ihres Machtsystems. Die Regierungen in Tunesien und Ägypten wollen ihre Staaten zu regionalen Machtbastionen ausbauen, an denen keiner vorbei kommt.

***

Jetzt ist die ganze Region in Unordnung. Die Massen fordern nicht nur „Gerechtigkeit“, sie rufen auch nach „Freiheit und Demokratie“, weil ihr Leben und Überleben in allen Fragen von der persönlichen Macht eines „Diktators“ abhängig war. Sie eint in ihrem Protest die Parole „Verschwinde!“ (mit der sie nicht die Person allein meinen) – über all ihre politischen und sozialen Unterschiede und Gegensätze hinweg.

Mehr…

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Revolution in „unseren“ arabischen Diktaturen

9. Februar 2011 Kommentare ausgeschaltet

Noch ein GSP-Text zu Nordafrika:
„Im Maghreb und auf der arabischen Halbinsel versuchen die Völker, ihre alten Machthaber zu verjagen. Das Leben, bei meist kargem Verdienst und steigenden Preisen über die Runden kommen zu müssen, haben sie satt; die Herrschaft, also die seit Jahrzehnten regierende Staatspartei, die diese Lebensumstände gegen sie durchsetzt, wollen sie loswerden; die soziale Frage eskaliert zur Machtfrage. Dabei haben es die Demonstranten mit gleich zwei Adressen zu tun:
Direkt mit der Staatsgewalt, die ihr Land kapitalistisch „modernisiert“, innenpolitisch „stabilisiert“ und ihre Leute dafür eingespannt und unterdrückt hat; indirekt aber auch mit jenen auswärtigen Mächten, die in und an diesen Staaten „vitale Interessen“ haben. Die gesamte Region ist als Bollwerk gegen den sog. „Islamismus“ hergerichtet, Ägypten als pro-israelische Friedensmacht aufgerüstet, deutsche Firmen nutzen afrikanische Billiglöhne für ihren Profit, Multis aus USA oder Frankreich widmen sich geschäftsmäßig den reichhaltigen Rohstoffvorkommen, die tunesische Landwirtschaft wird ganz nach den Maßgaben europäischer Importbedürfnisse hergerichtet, die „Festung Europa“ schätzt die Hilfe lokaler Potentaten zur Unterbindung unerwünschter Flüchtlingsströme nach Spanien und Italien usw. usf. Auf diese Dienste an diesen weltmächtigen Interessen haben und wollten sich die Präsidenten in Tunis und Kairo festlegen lassen. Daraus, ergänzt um Milliarden Dollar oder Euro für Waffenimporte und Militärhilfe, beziehen die Ben Alis und Mubaraks die Pfründe ihrer Macht.
Jetzt ist die ganze Region in Unordnung. Die Massen rufen nach „Freiheit und Demokratie“, weil sie sich von einer anderen Herrschaft ein besseres Leben versprechen; sie erzwingen den Regierungswechsel in Tunesien und verlangen den sofortigen Rücktritt Mubaraks; die alten Chefs und ihre Cliquen reisen aus oder kleben am Amt; in letzter Instanz hängt alles daran, wie sich das Militär entscheidet. Und diese Entscheidung fällt nicht nur vor Ort, sondern auch im „freien Westen“, nicht zuletzt hierzulande.
Die Antwort der kapitalistischen Führungsmächte des Westens ist bezeichnend. Sie ergreifen Partei: gegen „Diktatur“ und „Korruption“, also gegen ihre eigenen Kreaturen; für „Bürgerrechte“ und „Gemeinwohl“, also eine Herrschaftsform nach hiesigem Muster; v.a. aber gegen Anarchie und für Stabilität im „arabischen Krisengürtel“. Mit einer Parteinahme für die Anliegen des Protests ist das nicht zu verwechseln. Erst recht nicht mit dem Eingeständnis, dass ihre Interessen auf genau diese Weise bedient wurden: Die Rolle pro-westlicher und anti-islamischer Marktwirtschaften in Nordafrika war ohne Hunger, Elend, Gleichschaltung und Staatsterror nicht zu haben, mit aber lange sehr gut! Diese Gleichung funktioniert jetzt nicht mehr; deshalb distanzieren sich die Paten in Europa und USA von den alimentierten Statthaltern ihrer Interessen und plädieren für den „Wandel“: Die Sorge um das „Pulverfass Nahost“ gilt erklärtermaßen der Sicherung der Dienste, die Regierende wie Regierte für die Metropolen der Freien Welt zu erfüllen haben; und dafür ist die „Gewähr von mehr Freiheit“ offenbar gerade recht. Im Angesicht eines Aufruhrs gegen ihre „Autokraten“, den sie nicht bestellt haben, empfehlen Obama, Sarkozy oder Westerwelle Demokratie – nicht als Alternative, die Leute besser zu behandeln, sondern als alternative Herrschaftsmethode, „Ruhe & Ordnung“, also einen Übergang zu neuen, stabilen Verhältnissen für die Bedienung ihrer ökonomischen und strategischen Interessen herzustellen.“
[der Ankündigungstext für eine Veranstaltung in Marburg am 16.02.2011]

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