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Archiv für die Kategorie ‘(1) MG + GSP’

Karl Held: Neues vom Juglar (Konjunkturprognosen in KONKRET 1994)

12. August 2009 2 Kommentare

Zwar gibt es den folgenden Text von Karl Held aus der KONKRET 04/1994 schon im Web bei fortunecity, da Google aber eindringlich wegen Malware davor warnt, hier nochmal:

Karl Held: Neues vom Juglar
Wie beurteilen einschlägig spezialisierte KONKRET-Autoren die »gesamtwirtschaftliche Entwicklung« in der BRD? Die Redaktion hat Robert Kurz, Winfried Wolf, Jürgen Kuczinsky, Kurt Hübner und Karl Held um ein knappes »Jahresgutachten 94« gebeten. Obwohl sie in der Beurteilung des weiteren Krisenverlaufs sich nahezu einig sind, hätten ihre Beiträge doch kaum unterschiedlicher ausfallen können. Mehr…

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Georg Fülberth (DKP) 1991 in KONKRET zur Selbstauflösung der MG

8. August 2009 Kommentare ausgeschaltet

Manche Leute heben Zeitschriften lange auf, so hat mir jetzt jemand einen Artikel aus der KONKRET 7/91 geschickt, in dem Georg Fülberth von der DKP einen, gerade auch für DKP-Verhältnisse, einfühlsamen Nachruf auf die Marxistische Gruppe geschrieben hat. Im Rahmen der „allseits“ betriebenen Archivräumungen stelle ich den Artikel hier als Word-Doc zur Verfügung. Wer sich Karl Helds Statement beim KONKRET-Kongreß angesehen hat, wird sich vielleicht erinnern, daß der Fülberth einen Freund genannt hat. Das wird umgekehrt nicht so fürchterlich viel anders gewesen sein, so wie sich der Artikel liest.

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Freerk Huisken: Zum „Manifest gegen die Arbeit“ (Gruppe KRISIS) (1999)

8. August 2009 Kommentare ausgeschaltet

„Arbeitsmenschen aller Länder, Proletarier, Mittelständler, herrschende Klassen und geistige Eliten steigt in der Gesellschaft aus ihr aus und macht Schluß mit dem Austragen kleinlicher Gegensätze“.

Ungefähr so müßten Anhänger der Thesen von KRISIS (Robert Kurz et. al.) (und alle anderen, die auch wie die so total systemtheoretisch „fetischistisch“ argumentieren) eigentlich agitieren, wenn sie ehrlich und konsequent wären. Jedenfalls hört die Kritik von Freerk Huisken mit diesem recht zentralen Hinweis auf. Da der schon etwas ältere Text (von 1999) gerade bei crull wieder hochgestellt wurde, habe ich zum besseren Ausdrucken daraus wieder mal einen Word-Zweispalter gemacht, der hier in meinem Download-Bereich zur Vrfügung steht.

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Freerk Huisken zu Sandlebens Kritik am GS aus KALSCHNIKOW 1/99

6. August 2009 10 Kommentare

Ich hatte vor Kurzem auf ein meiner Meinung nach blödes Zitat von Eugen Varga, dem Kominternökonomen hingewiesen, das Günther Sandleben/Senftleben auf seiner Seite in den Vordergund gestellt hat. star wars hat dann auf die Kritik von Horst Schulz (aka David Tiger, jedenfalls im Roten Salon, wo auch Huisken zu finden ist/war) am Staatshaushaltartikel im GegenStandpunkt Heft 4-97 hingewiesen, die er in der Zeitschrift KALASCHNIKOW veröffentlich hatte. Ich habe nun in den Tiefen des Web doch noch die auch dort veröffentlichte Antwort von Freerk Huisken gefunden, die jetzt in meinem Download-Bereich als Word-DOC zur Verfügung steht.

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Backup von MPunkts Blog bei archive.org

3. August 2009 1 Kommentar

Der von MPunkt so überraschend aufgegebene und sogar gelöschte(!) Blog ist mittlerweile mit Stand vom 26.07.09, also weitgehend vollständig, bei archive.org als ZIP-Datei zu haben:

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„Wählen ist verkehrt“, war es 1994 auch schon

3. August 2009 1 Kommentar

Ich habe angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl ein schon etwas in die Jahre gekommenes Streitgespräch zwischen Karl Held (MG/GegenStandpunkt) und Gregor Gysi (SED/PDS) aus dem Jahre 1994 hochgeladen. Es ist damals in der KONKRET abgedruckt worden.

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MPunkt hat seinen Blog vom Netz genommen

3. August 2009 44 Kommentare

Seit gestern kriegt man beim Zugriff auf www.mpunkt.blogsport.de die Fehlermeldung „Hm, dieses Blog gibt es gar nicht. Geh doch zur Blogsport-Startseite und lege Dir eines an!

Ich habe daraufhin MPunkt gefragt, was der Hintergrund ist. Er hat mir darauf hin gemailed (und auch schon bei crull gepostet):

Also die Gründe der Wichtigkeit nach sortiert sind:

1.) ich sehe mich momentan und voraussichtlich auch in näherer Zukunft aus persönlichen Gründen nicht in der Lage, ausreichend Artikel auf dem Niveau zu schreiben, welches ich als Anspruch an mein Geblogge habe. Das hat man ja in letzter Zeit sicher auch schon gemerkt, dass ich sehr unregelmäßig und oft nur Hinweise geposted habe.

2.) sehe ich weder für mich noch für die Agitation einen ausreichenden Nutzen im Verhältnis zum Aufwand, die immer gleichen Debatten (Antifa, Antideutsche, Bewegungsidealismus, linke Moralismen, Staat-Willen) mit den immer gleichen Leuten immer wieder zu führen. Das hängt
selbstverständlich nicht nur mit denen zusammen, sondern auch damit, dass ich kaum neue Artikel, geschweige denn zu anderen Themen, geschrieben habe. Wenn ich aber die Plattform für solche Diskussionen biete, habe ich auch den Anspruch, mich an denen zu beteiligen und (meiner Ansicht nach) verkehrtes Zeug in denen zu korrigieren. Darauf will ich mich aber nicht mehr selbst verpflichten und auch nicht von anderen verpflichten lassen.

3.) habe ich es satt, ständig aus einem Hetzinteresse heraus als „GSP-Blogger“ sortiert zu werden, der für alles, was der GSP und andere „GSP-Blogger“ schreiben verantwortlich gemacht wird und umgekehrt umgekehrt der GSP und andere „GSP-Blogger“ für meinen Kram, so dass das alles als Material der gleichen Feindbildpflege des Verstoßes gegen korrektes Linkssein (undogmatisch, antiautoritär, immer auf der Seite der unterdrückten und der sozialen Bewegungen, Demokratie gegen Faschismus verteidigen, …) herhalten kann. Sei es nun durch libelle, sei es durch andere Linke wie bei der Diskussion um das Makss-Damage-Konzert, obwohl ich mich an der nicht mal beteiligt habe – um nur zwei aktuelle Beispiele zu nennen. Dass das oft noch auf eine persönliche Ebene verlagert wurde, verstärkt meine Genervtheit noch.

4.) um Gerüchten vorzubeugen: das Löschen meines Blog hat seinen Grund nicht in Druck seitens des GSP und/oder von „GSP-Bloggern“, Druck seitens blogsport.de oder staatlicher Repression. Und auch nicht darin, dass ich meine bisherige Kritik bleiben gelassen hätte und/oder nicht mehr für diese agitieren wollte. Wie ich dies zukünftig am Besten realisieren kann, werde ich mir noch überlegen.

Ich hoffe, er ist noch dazu zu bewegen, seinen Blog wenigstens als Archiv wieder einzuhängen, die x-berg-Leute haben das ja mit dem komfor auch so gemacht, ansonsten gibt es in der waybackmachine von www.archive.org wenigstens ein Backup des Standes der Seite von Anfang 2008, und wenn alle Stricke reißen, werde ich auch noch ein aktuelles Backup bei archive.org hochladen.

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Freerk Huisken beim Konkret-Kongreß 1993 beim Podium „„Come together“ (Rassismustheorien)

1. August 2009 Kommentare ausgeschaltet

Bei crull ist jetzt auch noch der Redebeitrag von Freerk Huisken beim Konkret-Kongreß 1993 bei der Podiumsdiskussion „Come together“ Rassismustheorien) gepostet worden:

„Ein neues Asylrecht wird verabschiedet, das Asylanten noch rücksichtsloser ausgrenzt. Neonazis und andere Freunde eines sauberen Deutschland zünden Unterkünfte von Asylbewerbern und Türken mit Inhalt an, und die schweigende Mehrheit guter Deutscher kann ihre Sympathie nicht für sich behalten. Grund genug, sich aufzuregen. Grund genug, sich die Frage vorzulegen, was in Deutschland los ist. Mehr…

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Ebel zum Imperialismus (konkret-Kongreß 1993)

31. Juli 2009 1 Kommentar

Der Blogger ofenschlot hat jetzt einen interessanten, bisher weitgehend ignorierten Beitrag von Theo Ebel vom Konkret-Kongreß 1993, der bisher in erster Linie wegen seines Mitstreiters bei der MG (und später beim GegenStandpunkt) Karl Held berühmt geblieben ist, ins Netz gestellt, in dem dieser „Gegenfunktionär des Spitzenstandpunkts“ mit einem „kurzen klaren Statement“ die Schwächen der marxistischen Imperialismustheorie beschreibt.

Ich spiegel den hier auch:

Die ganze Schwäche aller Imperialismustheorien liegt darin, daß das Verhältnis des Kapitalismus, dieser Reichtumsquelle der Nationen, die ja jetzt überall auf der Welt gilt, zu den Staatsgewalten einfach nicht geklärt ist. Es gibt die beiden Extreme: Entweder werden alle Manöver einer Staatsgewalt einschließlich des Kriegs unmittelbar mit dem Nutzen fürs Kapital erklärt, oder die politischen Manöver haben gar nicht mehr mit der Reichtumsquelle zu tun. Ich will verdeutlichen, was ich für falsch halte an diesen Extremen, die gerade das Verhältnis des Kapitalismus als der Reichtumsquelle der Staaten zur Außenpolitik der Staaten nicht mehr erklären können.

Ich erinnere mich an die 70er Jahre, an den Vietnamkrieg. Blöd, wie wir damals noch waren, haben wir uns gefragt, was gibt es denn da für einen Rohstoff, was kann man denn da holen, warum führen die denn den Krieg da? Was hat denn das Kapital davon? Schließlich ist ein Schlaumeier hergekommen und hat festgestellt, daß es tatsächlich vor der Küste von Vietnam Ölvorkommen gibt. Was waren wir begeistert. Es hat nur nicht gestimmt. Anderes Beispiel. Selbst beim Falklandkrieg ist mir eine Spartakistin untergekommen, die auch schon wieder Öl entdeckt haben wollte auf den Falklandinseln, dabei gibt es da nur Schafe. Völlig absurd war das beim Falklandkrieg, wo die Ehre der englischen Nation angekratzt war, wo die den Krieg geführt hat, weil sie sich das mit Blick auf ihre imperialistische Stellung in der Welt nicht leisten konnte, weil sie sich erpreßbar macht, wenn sie das durchgehen lässt. An dieser Stelle unmittelbar den ökonomischen Nutzen zu suchen, das ist die eine extreme Seite einer falschen Imperialismustheorie. Das andere Extrem besteht darin, den Bezug zur Ökonomie gar nicht mehr zu sehen, den Zusammenhang ganz zu kappen und beispielsweise zu sagen, die Deutschen sind halt so. Das sind Leute, die streben nach Großmacht und reiten sich dabei immer in die Scheiße, das hat mit dem Kapitalismus gar nichts zu tun. Noch extremer ist die im bürgerlichen Lager sehr verbreitete Theorie, derzufolge ausländische Abenteuer gemacht werden, um das Volk nach innen zusammenzuschweißen, um von Widersprüchen im Inneren abzulenken.

Wie ist der wirkliche Zusammenhang? Wie kriegt man heraus, warum Staaten bis zum Krieg sich außenpolitisch so aufführen? Ein kurzer Hinweis aufs Innen, weil sich bereits da die Bedeutung der Gewalt für diese Produktionsweise zeigt. Kein Geschäft würde gehen, die Kapitalisten könnten zumachen, wenn nicht der Staat mit seiner Gewalt sowohl das Recht auf Eigentum garantieren würde wie auch die Konkurrenz der Kapitalisten untereinander. Dieses freie Konkurrenzgeschäft wäre ohne die staatliche Gewaltgarantie unmöglich. Erst recht nach außen. Es gibt keine Ware, die über die Grenze geht beim Warenexport, es gibt keinen Kapitalexport, ohne daß die Staatsgewalt diese Möglichkeit eröffnet bzw. die Zustimmung des fremden Willens einer anderen Staatsgewalt dazu vorhanden ist. Selbst der freie Weltmarkt ist ein Ergebnis des Einvernehmens dieser verschiedenen Staatsgewalten; und auch einen Multi gäb’ es nicht, wenn nicht die Staatsgewalt dahinter stecken würde. Der Weltmarkt – dahinter lauert an allen Ecken und Enden Gewalt. Weiter noch: Wenn es auf dem Weltmarkt Gewinner und Verliere gibt, Nationen, deren Währung schlecht dasteht, die schlechte Außenwirtschaftsbilanzen haben, dann merkt man, daß sie schon wissen, wie man sich dagegen wappnen muß, als Verlierer dazustehen, nämlich mit seiner Gewaltmaschinerie.
Es muß einfach erklärt werden, warum es eine Selbstverständlichkeit aller dieser kapitalistischen Staaten ist, soundsoviel an Reichtum in ihr Militärpotential zu stecken. Es muß erklärt werden, warum die Nationen so viel Wert darauf legen, außenpolitisch sich andere Nationen gefügig zu machen. Hier ist der Knackpunkt. Wenn es bei internationalen Geschäften, bei Ausnutzung von Reichtum, Land und Leuten anderer Nationen so sehr auf die Gewalt ankommt, die das absichert, die das erst eröffnet, dann trennen sich tatsächlich Außen- und Militärpolitik völlig von jeglicher Nutzenkalkulation, die da besagen würde, daß es auf den Profit ankommt, der damit gesteigert wird. Das führt wirklich ein Eigenleben.

Es stimmt, daß Imperialismus so etwas wie Machtpolitik pur ist. Daß es nicht darauf ankommt, was das Militär kostet, daß es da nicht darauf ankommt, was dabei unmittelbar fürs Kapital herausspringt. Diese Trennung ist die ganze Schwierigkeit. Das ist implizit und explizit in sämtlichen Referaten hier so gewesen, daß man sich daran abarbeitet und nicht rauskriegt, wie das Verhältnis ist, daß man den Zusammenhang nicht erklären kann, warum sich denn außenpolitische Gewalt von der kapitalistischen Grundlage und dem Geschäftsmäßigem trennt. Der Grund ist die Ökonomie, die Reichtumsquelle; die Form ist das Ausüben von Gewalt, das Streben danach, Einfluß zu haben, zuständig zu sein, andere Länder erpressen zu können, abhängig zu machen. Nur wenn der Zusammenhang so gefaßt wird, läßt sich erklären, daß es tatsächlich auf diesem Felde der politischen Konkurrenz, der militärischen Konkurrenz, ein Ideal gibt: nämlich Weltmacht zu werden. Alle anderen Nationen sich unterzuordnen, damit über die Unterordnung diese anderen Nationen zu benutzen sind. Da sind wir wieder beim Reichtum. Nur so ist zu erklären, daß die USA es ja tatsächlich schon verwirklicht haben, als Weltmacht eine ganze Weltordnung zu bestimmen und lauter supranationale Institutionen einzurichten zum eigenen Nutzen.

Wenn man das hat, dann kann man auch die Frage beantworten – das geht jetzt auf den deutschen Imperialismus –, was wollen die denn mit Europa, was haben die denn da sich vorgenommen. Ja, klar: gegenüber den USA nicht einfach eine ökonomische konkurrenzfähige Macht aufzustellen, sondern eine politische Macht. Das ist das Ziel gewesen, von Anfang an, eine politische Weltmacht aufzubauen und die Unterordnung unter die USA zu beenden. Zweiter Punkt: Was wollen denn die Deutschen in Jugoslawien? Da ist von Nutzen ökonomischer Art hinten und vorne nichts zu sehen. Alle Staaten erklären sich zuständig, und was findet statt? Ein Kampf um diese Zuständigkeit zwischen Deutschland und den europäischen Nationen und den USA. Nur so ist zu erklären, was da gegenwärtig abläuft. Oder: Was wollen denn die Deutschen in Somalia? Gibt es da was zu holen? Das ist ein Schritt der Deutschen, um in dem Ding »Weltordnung«, das während der Existenz der Russen zustandegekommen ist, weiter zu kommen und diese Weltordnung mitzubestimmen.
Ein letzter Punkt: die Wichtigkeit des Rückzugs, des selbständigen, freiwilligen Rückzugs der Russen als Gegner des westlichen Imperialismus. Alles, was unter der Konkurrenz zwischen den Systemen zustandegekommen ist, die westliche Weltordnung, wird gegenwärtig in Frage gestellt. Während der Existenz der Sowjetunion war die Konkurrenz der Nationen im Westen sistiert. Das ist jetzt vorbei, man merkt, daß die Nationen gegenwärtig dabei sind, sich aus diesen Bündnissen zu emanzipieren. Es gibt sie noch, das ist ja auch das Problem, aber die Nationen, die Deutschen vor allem, arbeiten sich daran ab, sich aus diesen Bündniszusammenhängen, aus dieser Unterordnung unter die USA zu emanzipieren.

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Auszug aus dem Protokoll des jf zu GS 1-09 und 2-09

25. Juli 2009 Kommentare ausgeschaltet

Fragen zum Gegenstandpunkt

— Im GS 1/09 wird in der Fußnote S. 56 Gretchen Binus wie folgt kritisiert: – „Die Politik der Verarmung breiter Schichten habe zwar die Renditen der Unternehmen gesteigert – und darum geht es ja wohl im Kapitalismus –, aber auf eine Weise, die die Produktion von Massengütern weniger rentabel gemacht und dadurch das Wachstum der Produktion beschädigt habe – als ob die Produktion Zweck der kapitalistischen Wirtschaft wäre.“ – Die Kritik des GS unterstellt also G. Binus die Behauptung, dass die Produktion Zweck der kapitalistischen Wirtschaft sei. Diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen.

Binus Behauptung ist, das Kapital mit seiner Akkumulation stürze in eine Krise, weil es zu viel Kapital, das es durch Verelendung akkumuliert, nicht mehr in die – unrentabel gewordenen – produktiven Sektoren steckt, sondern in das unproduktive Finanzkapital. Darin steckt die Unterstellung, dass eigentlich die Produktion von Waren und deren wachsender Absatz die krisenfreie Akkumulationsbedingung für das Kapital sei.

— Das ist doch eine funktionalistische Gleichgewichtsvorstellung: das Ganze funktioniert nur, wenn die Kapitalisten nicht zu sehr den Lohn drücken. Es ist also im ureigensten Interesse des Kapitals, auf ein ausgeglichenes Verhältnis von Kapital und Arbeit in der Realwirtschaft zu achten.

Es soll in seinem Interesse sein, auf ein Gleichgewicht zwischen Akkumulation und Absatz der Waren an die arbeitende Masse zu achten. Auf die Idee, dass das die Funktionsbedingung kapitalistischer Akkumulation sei, kommt man nur von einem Versorgungsidealismus her – um diese müsste es dem Kapital bei seiner Akkumulation gehen. Wenn das Wachstum des Kapitals daran scheitert, dass es diese Funktionsbedingung verletzt, dann steckt darin ein Urteil darüber, worum es dem Kapital bei seiner Akkumulation eigentlich gehe, wovon es abhängt und was es leisten muss, damit es auf seine Kosten kommt.

— Im GS 2/09 S. 51, steht: „In den Bilanzen des Finanzgewerbes stellt sich die Gesamtertragskraft eines kapitalistischen Geschäftslebens als die ökonomische Leistung des Geldkapitals dar.“. Das ‚Gesamt-’ ist mir nicht klar – das eine ist der Ertrag eines kapitalistischen Geschäftslebens, das andere sind die Bilanzen des Finanzkapitals, da ist die ganze Spekulation darauf noch mit drin. Das sind doch zwei verschiedene Sachen.

Das sind auch zwei verschiedene Sachen, sie stehen aber in einem bestimmten Verhältnis zueinander, weshalb man sie nicht als Gegensatz formulieren sollte. Was geben die Ziffern der Zeitungen wieder, die den Geldbesitzern als Informationsgrundlage dienen und die in eng bedruckten Seiten mitteilen, wie es um Aktien- und Rentenfonds, den DAX und einzelnen Aktienkursen steht? Sie geben immer schon die Kombination wieder aus den Erträgen, die irgendwo erwirtschaftet werden und die Spekulation auf die Firmen, die diese Erträge zu erwirtschaften versprechen – und daran orientieren sich Geldbesitzer. Das fängt im Börsengeschehen selber an, wenn Figuren im Auftrag ihrer Bank – und die Bank hat wieder Aufträge ihrer Kundschaft – auftreten und sagen, dass bei einem bestimmten Wert eine Aktie ge- bzw., verkauft wird. Inzwischen lässt sich ja per Computertechnik im voraus festlegen, dass bei einem bestimmten Stand einer Spekulation die (Ver)Kaufsorders in Kraft treten – das ist nur die Technisierung dessen, woran sich die Welt der Investoren orientiert. Was spiegelt der Kurs einer Aktie wider? Die Kursbestimmung einer Aktie enthält zwei Momente: Das eine ist, was ein Unternehmen erwirtschaftet, wie es in der Konkurrenz in der Vergangenheit dastand und zukünftig (voraussichtlich) dastehen wird, welche Umsatzrendite es erwirtschaftet – das ist immer die Grundlage für das, was der Aktienkurs ausdrückt. Das andere, das in den Aktienkurs eingeht, ist die Spekulation auf die zukünftige Entwicklung des Unternehmens, in die alle möglichen Umstände eingehen. Erst im Band III des „Kapital“ ist die Rede davon, dass der Verwertungsprozess eines Kapitals, der in irgendeinem Unternehmen passieren soll, selber spekulativ bewertet wird. Wenn eine Aktie auf das Dreifache hoch spekuliert wird, dann wird offensichtlich drauf gesetzt, dass sich das lohnt, man sie also um den dreifachen Preis noch verkaufen kann.

An der Börse werden durch die dortige Investoren-Mannschaft Verwertungsprozesse – von denen sie keine sonderlichen Kenntnisse zu haben braucht – bewertet, und zwar im Hinblick auf die Chancen, die dieser Verwertungsprozess im Vergleich zu anderen für die Zukunft verspricht. Die Aussage dieses Artikels über das Finanzkapital im GS soll gerade sein, dass in der fertigen kapitalistischen Welt die Bewertung kapitalistischer Verwertungsprozesse kein nebensächlicher Zusatz ist, den man der Spekulanten-Mafia überlassen und von dem sich ein ehrlicher Kapitalist fernhalten könnte. Die Bewertung, die diese praktisch durch das Kaufen und Verkaufen von Wertpapieren mit den tatsächlichen Verwertungsprozessen des Kapitals einer Nation oder auch Region vornimmt, ist das Entscheidende. Im KI hat man gelernt, dass der Verwertungsprozess durch Einsaugung unbezahlter Arbeit die Verwertung des Kapitals zustande bringt, aus der sich dann eine Rendite ergibt, die in der Marx’schen Nomenklatur Profitrate heißt. Die Behauptung ist jetzt, dass das alles im fertigen Kapitalismus dadurch relativiert ist, dass es vom Standpunkt des Finanzkapitals diese eigentlich entscheidende Bewertung erfährt.

Die Ausgabe von Aktien ist eine besondere Art der Kreditaufnahme: Das ist kein rückzahlbarer Kredit, sondern es wird Geld eingenommen, das unwiderruflich in der Firma selbst bleibt. Dafür bekommt der Geldeinleger einen Schein, den er weiterverkaufen kann – er verfügt also weiterhin über sein Eigentum. Die Trennung zwischen dem Eigentum des Aktionärs und dem Eigentum der Firma ist in der Aktie institutionalisiert. Das Kapital, mit dem die Firma wirtschaftet, ist die Grundlage für die Verwertungsprozesse, die sie anstellt. Der Aktionär seinerseits freut sich an der Dividende und deren Anwachsen und über das Anwachsen des Vermögens der Firma, mit dem der Anteilsschein darauf mit wächst. Dazwischen steckt allerdings immer das Urteil der Spekulantenwelt – u. U. sieht sie irgendwelche furchtbaren Schwierigkeiten für die Firma heraufziehen und gibt ein negatives Urteil ab über deren Wachstum und das schlägt durch auf die Aktie. Sie repräsentiert also den spekulativ bewerteten Verwertungsprozess der Firma, und zwar von Anfang, also vom Gründungsakt, an: Beim Börsengang stellt sich die spannende Frage, wie hoch der Aktienkurs überhaupt angesetzt wird, denn selbst wenn „50 Euro“ auf der Aktie steht, heißt das noch lange nicht, dass der erste Kurs an der Börse genau 50 Euro ist. (In der Fußnote 9 wird kurz beschrieben, wie so etwas läuft: Firmen machen Testverkäufe oder fordern die Banken auf, Angebote zu machen, was testet, wie die Geldanleger das Geschäftsvorhaben bewerten.)
Die spekulative Bewertung eines Unternehmens hat für dieses einige Konsequenzen bezüglich dessen, wie es in der Konkurrenz dasteht, mit wie viel Kapital es wirtschaften kann, wie kreditwürdig es ist, ob es überhaupt in der Lage ist, neue Aktien herauszugeben, mit denen es neue Vorhaben finanzieren kann oder eben auch nicht.

Es ist falsch, eine Trennung zu machen zwischen dem Gewinn, den ein Unternehmen erwirtschaftet, und dem durch Spekulation erreichten Wertzuwachs. Denn es gibt die in der Wirtschaft tätigen Firmen ausschließlich als Objekt einer Spekulation, die entscheidet über ihr Wirtschaften, angefangen von der Ausstattung mit Kredit bis zum Handel an der Börse, an der sich der Erfolg oder Misserfolg des Wirtschaftens einer ganzen Nation zusammenfasst. Deswegen wird tagtäglich an der Börse zwar auch gefragt, wie es um dieses oder jenes Unternehmen steht, aber im Prinzip geht es darum, ob der DAX steigt oder fällt, wie es also um das Wachstum der Nation bestellt ist. Das hat dann Konsequenzen für das Wirtschaften der Unternehmen. Das obige Zitat ist ein resümierender Satz, eine Zusammenfassung, die die ganzen Ausführungen, die jetzt noch mal gemacht worden sind, unterstellt.

Diese Ausführungen im Artikel hätte man gut auch als die praktischen Lehren aus der Krise darstellen können. Was bedeutet die ständig vorgebrachte Sorge, dass die Wirtschaft in eine Kreditklemme geraten könne, weil die Banken bei der Vergabe von Krediten so heikel sind? Man bekommt da doch täglich den Umstand serviert, dass der Akkumulationsprozess des realen Kapitals mit der Zuwendung des Finanzkapitals steht und fällt. Die Formen der Kreditvergabe mögen verschieden sein, aber auf jeden Fall wird der Satz von Marx anschaulich vorgeführt, dass im fertigen Kapitalismus jedes vorgeschossene Kapital geborgtes Kapital ist (Fußnote 6). Und dann ist nicht nur der Rechtsakt des Borgens dazwischen, sondern in diesem Rechtsakt ist der gesamte spekulative Eifer, auch die spekulative Kritik des Geldkapitals an seinen Investitionsgelegenheiten enthalten. Erst über die Spekulation bekommt die kapitalistische Gewinnemacherei ihre Bedeutung – das ist eine der fortgeschrittenen – aber sehr logischen – Verrücktheiten des Kapitals, wenn es bei allem Produzieren sowieso nur auf das Geld ankommt. Es ist nicht so, dass das Finanzkapital eine völlig neue Qualität in das kapitalistische Gewese bringt, sondern es ist die Realisierung der Absurdität, die im schlichtesten Kapitalismus im Sinne von KI schon enthalten ist. Wenn es im ganzen Lebensprozess einer Gesellschaft ausschließlich darauf ankommt, wie sich womit Geld verdienen lässt, dann ist es logisch, dass die, die über das Geld verfügen und es leihweise in diesen Prozess hineinstecken, darüber entscheiden, was in diesem Prozess wie viel wert ist; und dann ist die Frage, was die gesellschaftliche Reproduktion in kapitalistischer Form für die Spekulanten taugt, das Entscheidende.

Alle bürgerliche und linksbürgerliche Kritik hat den Mangel, dass die Bedeutung des Finanzkapitals nicht begriffen worden ist. Sie haben offensichtlich nicht mitbekommen, dass im Kapitalismus der Überbau den Unterbau regiert. Sie trennen zwischen den dienstbaren Leistungen des Kredits für die Produktion und der Spekulation, so verpassen sie, dass das Kreditgeben selber ein Teil der Spekulation ist, wenn alles Anlageobjekt ist. Das kommt davon, wenn man von dem Ideal einer krisenfreien Geldwirtschaft nicht lassen mag, in der die Produktion der Zweck ist und das Geld das Mittel (sofern nicht ‚übertrieben’ damit spekuliert wird).

Die Unterscheidung, was ordentlich erwirtschaftet und was nur spekulativ ist, kommt überhaupt erst auf, wenn das Spekulative zusammenkracht – bis dahin ist alles ganz normaler Beitrag zum Wachstum und wird in der Gesamtbilanz einer Nation nicht getrennt. Insofern kann das Schiefgehen durchaus lehrreich sein: Solange alles seinen normalen Gang geht, gehört die Illusion, der ganze Kapitalismus sei doch dazu da, damit die Gesellschaft sich ordentlich reproduziert, zum verkehrten Alltagsbewusstsein und schlägt sich in Auslassungen der Art: „Der Kapitalismus bereichert die Menschheit und ernährt sie“ nieder, und das ist nicht nur eine Grundweisheit aller VWL-Professoren, sondern der Standpunkt jedes mündigen Mitglieds dieser Gesellschaft. Die Krise könnte insofern aufklärend wirken, als da deutlich wird, dass der Reproduktionsprozess der Gesellschaft völlig subsumiert ist unter das Wohlergehen des Gewinnemachens und dieses wieder subsumiert ist unter die Selbstvermehrungsmacht des Geldes, wie sie im Geldkapital als Norm für alles Wirtschaften existiert. Aber lieber jammert man über die Gier der Banker, als dass diese Einsicht mal um sich greift. Und auch alles, was sich heutzutage als links begreift, ist nicht bereit zu der Einsicht, was für eine abgeleitete, x-fach funktionalisierte Größe der gesellschaftliche Reproduktionsprozess einschließlich der Erhaltung der Massen im Kapitalismus nur ist – stattdessen wird an dem Idealismus festgehalten, dass es eigentlich hierzulande darum ginge und dieses ‚eigentlich’ wird gegen alles gehalten, was einem an Ungutem so auffällt.

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Die „Evokation“ des Willens zur eigenen Nation. Oder so.

14. Juli 2009 36 Kommentare

Wieder mal ein Beispiel, daß ein elend langer, ausgeuferter Thread wie er bei MPunkt, der zu einem Seminar von junge Linke zum Antisemitismus angefangen hat, doch auch nach 180 Kommentaren was Brauchbares mit sich bringt: Ein sich diesmal „Willi“ nennender Mitdiskutierer hat dort folgendes gepostet:

„man ist mit der nation konfrontiert, zu der man sich stellen muss, und man stellt sich dazu in der regel bejahend. der wille zur nation wird evoziert.“

Ah, schau an. Haben wir noch ein weiteres Wort gefunden, mit dem man sich um die Entscheidung drücken kann, ob der Nationalismus nun dem Willen der Nationalisten entspringt oder nicht. Der GSP sagt dazu jain. Einerseits werden die armen gezwungen, indoktriniert, sozialisiert, kriegen einen Pass verpasst, andererseits wollen sie die Nation aber auch. Dieses Jain drückt sich dann in so schönen Wortschöpfungen aus, in denen man sich Zwang und freier Wille gleichzeitig denken kann. Und wie man sieht kommt alle Jahre wieder ein neues dazu. Vokabeln die ein jain ausdrücken sind: 1. zustimmen – zu etwas was dem Einzelnen zwangsweise aufgetischt wird), 2. nachvollziehen – Herrschaft denkt vor, Untertan vollzieht nach 3. akzeptieren, annehmen – Zwangsanträge des Staates werden akzeptiert vom Volk 4. opportun sein – Zustimmung aus einer Nutzen/Schadensabwägung heraus, nicht aus Überzeugung 5. sich zu eigen machen – von fremden Ansprüchen 6. evozieren (neu) – bedeutet hervorrufen, aufrufen – das geht noch stärker in Richtung Manipulation, ein Wille zur Nation wird quasi erzeugt. Man hat ihn gar nicht selbst.

Das sind alles Vokabeln, die sich um die einfache Tatsache herumdrücken wollen, dass eine Sache entweder gewollt wird oder nicht. Der Wille zur Nation kommt darin immer gleichzeitig mit einer Entschuldigung daher. Die Wollen zwar, aber (Entschuldigung) bloß weil der böse Staat sie zwingt, sie indoktriniert, sie sozialisiert, anstiftet, in ihnen Nationalismus hervorruft, sie abhängig macht usw. Ihr Wille ist demnach gar nicht ihr richtiger Wille. Das ist blöd. Nationalisten haben eigene Gründe für ihren Nationalismus und sie werden nicht halb gezwungen halb bequatscht und halb manipuliert.

Es wäre auch ein Zeichen bedenklich nachlassenden Interesses gewesen, wenn niemand sich des schönen neuen GSP-Wortes „Evokation“ angenommen hätte.

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Der Staat als Adressat von Forderungen

9. Juli 2009 4 Kommentare

Freerk Huisken hat am 30.06.09 in Leipzig einen Vortrag „Hochschulreform als Standortfaktor – Mit verschärfter Konkurrenz dem Denken Beine machen“ gehalten. Der steht mittlerweile zum download bereit steht, MPunkt hat darauf hingewiesen.

Einerseits hat er da der leider fast kompletten „Bildungsstreik“-Bewegung gehörig die Leviten gelesen. Aber auch wieder einen Punkt gebracht, der so, wie er und Seinesgleichen ihn regelmäßig formulieren, falsch ist: Wieso fordert ihr Studis eigentlich ausgerechnet von dem Staat, der euch all diese offensichtlichen Verschärfungen eingebrockt hat, und der das nicht aus Jux und Dollerei gemacht hat, sondern weil er damit was Bestimmtes bezweckt, der möge euch ein paar Gefallen tun? (Ist jetzt meine Version, nicht die von Freerk)

Da könnte man doch ganz einfach darauf kommen zu sagen, ja von wem denn sonst! Was Arbeiter fordern, richten die doch auch immer entweder direkt an „ihre“ Kapitalisten oder bei sozialen und politischen Forderungen an „ihren“ Staat, dessen Politik ihnen mißhagt. Auch wenn ich um einen Antagonismus weiß, z. B. in der Lohnfrage, sind doch Arbeiter, die ihre Position durch Kämpfe verbesserrn wollen, gezwungen, ihre Kampfziele an ihren Klassengegner zu richten. Wenn ihre Daumenschrauben hinreichend Druck ausüben können, kriegen sie vielleicht etwas, wenn nicht eben gar nicht.

(Freerk hat in diesem Zusammenhang auch auf den offensichtlichen Mißbrauch des Wortes Streik im Zusammenhang mit Schülern und Studenten hingewiesen: Deren ein paar Tage, oder eben auch ein paar Wochen oder Monate nicht Lernen stört regelmäßig die Schulverwaltung oder Univerwaltung herzlich wenig, denn damit schneiden sich die Streikenden ja regelmäßig eher ins eigene Fleisch, weil ihnen dann ihre credit points, ihre Scheine etc. flöten gehen, die sie als ja weiterhin als Studenten durch Leben gehen Wollende ja letztlich doch brauchen.

Wenn Arbeiter streiken kostet die das zwar auch immer was, solange fällt ja der Lohn aus, den man regelmäßig so bitter nötig hat, daß man ja gerade deshalb für bessere Entlohnung ins Feld zieht, aber immerhin fällt bei jedem Streik ja auch die Produktion aus, also das Geldmachen der Kapitalisten. Und nur, weil auch der Staat vom erfolgreichen Geldmachen seiner besitzenden Klasse abhängt, können Streiks auch den ab und an zu Konzessionen zwingen. Studenten können dies praktisch nie.)

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A. Lanier: Was ist Geld? und eine Kritik der Freiwirtschaftslehre von Gesell

8. Juli 2009 21 Kommentare

Amelie Lanier hat mittlerweile das Skript zu ihrem Geld-Workshop Ostern 2009 in Berlin online gestellt. Man kann es hier bei ihr nachlesen.

Ich habe mir den 2. Teil des Veranstaltungsmitschnitts der Leipziger Veranstaltung vom 11.06.2009 mit dem Titel „Erst krachten die Banken, jetzt die ganze Weltwirtschaft – Warum? Gegen das Hoffen auf und das Bangen um die baldige Gesundung „unserer“ Wirtschaft“ angehört, bei der Theo Wentzke vom GegenStandpunkt referiert hat. Nicht völlig überraschend hat sich dort auch wieder mal ein Gesellianer z uWort gemeldet. Zu meiner Überraschung hat Theo darauf so reagiert:

„Es gibt verschiedene Vorschläge (in der Nachfolge von Silvio Gesell, das ist der Theoretiker, der sich das ausgedacht hat), die der Meinung sind, daß man Planwirtschaft und Geldwirtschaft, beides machen könnte. Das wäre dann mal einen Abend wert, sich damit zu befassen.“(16:30 Minuten vor dem Ende des Mitschnitts)

Ich habe mich nun wirklich in meinen Leben in der Tat nicht sonderlich viel länger als einen Abend mit den gesellianischen Vorstellungen vom Schwundgeld befaßt. Eigentlich nur vor und bei dem Workshop von Amelie. Bisher ist da meine Erkenntnis, daß Gesell nun wirklich alles andere als ein Propagandist einer kommunistischen Planwirtschaft gewesen ist, sondern sozusagen neuproudhonistisch der Vorkämpfer für endlich von den Geldsorgen befreites Warenproduzieren. Also ein moderner Vordenker der klassischen Kleinbourgeoisie, der nur aus taktischen Gründen heraus, mit seinem Zeugs bei allem, was da so politisch gekreucht und geflogen ist, hausieren gegangen ist. Selbst die Bolchewisten hat er nach der Oktoberrevolution nicht in Ruhe gelassen, um die von deren unheilvollem Marxismus vielleicht doch noch abbringen zu können.

Sollte ich da den wahren Gesell so völlig verkannt haben? Oder habe ich nur wieder mal nur Theo Wentzke mißverstanden?

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Der historische Beruf des Proletariats: Verantwortungsbursche

6. Juli 2009 Kommentare ausgeschaltet

Normalzustand Rot hat so nebenbei auf ein Marxzitat hingewiesen:

Soweit solche Kritik überhaupt eine Klasse vertritt, kann sie nur die Klasse vertreten, deren geschichtlicher Beruf die Umwälzung der kapitalistischen Produktionsweise und die schließliche Abschaffung der Klassen ist – das Proletariat.

[Nachwort zur zweiten Auflage „Das Kapital“, Bd. I, MEW S.22]

Dazu paßt ganz gut eine Diskussion, die ich vor Jahren mit Genossen des GegenStandpunkts zum Thema geführt habe. Ich hatte vor Jahren im Internet Mitschnitte eines Arbeitskreises ausgegraben, bei dem Peter Decker und Heinz Scholler von der damaligen Marxistischen Gruppe in erster Linie für DDRler im Dezember 1989 in Berlin einen Arbeitskreis zur Kritik der DDR-Ökonomie abgehalten haben (hier verfügbar: http://neoprene.blogsport.de/2006/05/25/archiv-des-todes-revisited-iii/). Dabei hat Peter Decker folgendes gesagt:

Auch die Arbeiterklasse hat einen historischen Beruf. Die sollen die Revolutionen auch nicht einfach nur für sich machen, sondern weil sie den historischen Beruf haben, alle Klassengesellschaften zu überwinden. So spricht man nicht den Materialisten im Arbeiter an, sondern den Verantwortungsburschen, den verantwortlichen Staatsbürger, der für die Gesellschaft Verantwortung übernehmen möchte. Deswegen gibt es ja auch die im Westen immer wieder kolportierten Späße, dass der Osten ganze Generationen von Arbeitern einspannt, um in irgendeiner lichten Zukunft ein wunderbares Arbeiterparadies herzustellen. Ja klar, wenn man so denkt, wenn man den Arbeiter nicht als Materialisten anspricht, sondern als gesellschaftlichen Verantwortungstypen, dann soll er auch quasi Opfer bringen für den Fortschritt der guten Sache.

Ich habe daraufhin Peter Decker folgendes gefragt:

Mir scheint, daß hier – wie häufiger bei euch – damit die Situation der Arbeiter (und des Arbeiterstaates, wenn man diese Kategorie überhaupt nehmen will, du hast es dir damit immer einfach gemacht und das selbstgewählte Label von drüben, „Realer Sozialismus“ genommen) ausschließlich vom Ende her beurteilt wird. Und damit wieder mal die These bebildert wurde, daß da eine bruchlose jedenfalls nicht qualitative Entwicklung stattgefunden hat.

Denn soviel wirst du doch sicherlich auch konzedieren, daß der anfängliche enorme Einsatzwille von kommunistischen Arbeitern (und Bauern), der überhaupt erst den Sieg der Oktoberrevolution und ihre Behauptung im Bürgerkrieg möglich gemacht hat, nicht gleichzusetzen ist mit den matten Appellen meinetwegen eines DDR-BGLers für Sonderschichten, damit man planmäßig doch noch gerade so die Kurve kriegt (ein Fehler, der mir selber übrigens jüngst in einer Diskussion passiert ist).

Letzlich kommt es wohl darauf hinaus, daß ich den Mangel, die Eingeschränktheit der Situation am Anfang der damaligen Revolution betone und du dem einen erstmal inhaltslosen(?) „Materialismus“ entgegenstellst. Oder einen kurzsichtigen, engstirnigen, rückständigen Geist?

Peter hat mir darauf geantwortet:

Halte doch bitte folgenden Unterschied fest:

1. Dass die Arbeiterklasse, wenn sie über ihre schädliche Abhängigkeit vom Fortgang der Kapitalakkumulation im Klaren ist, sich aus wohlverstandenem Materialismus eine wahrhaft große Sache vornehmen muss, ist richtig und wird von mir weder damals noch heute kleingeredet. Sich einen Umsturz und den Aufbau einer neuen, den eigenen Bedürfnissen dienenden Gesellschaft vorzunehmen, verlangt eine Distanzierung von den eigenen, tatsächlichen, von der Eigentumsordnung aufgenötigten Gelderwerbsinteressen. (Diese Distanzierung fordern wir von unseren Adressaten stets in der theoretischen Auseinandersetzung – auch ein unvoreingenommenes Urteil über die eigene Lage ist nur unter dieser Bedingung zu haben -; und sogar daran scheitern wir schon. Die Leute sagen uns, sie müssten sich ums geldverdienen kümmern, dafür würden unsere kritischen Gedanken nicht bringen – und sie halten mit solchen Zurückweisungen für schlaue Materialisten und uns für Spinner) Um eines zukünftigen besseren Lebens willen müssen Leute, die die Ausweglosigkeit ihrer Lage im Kapitalismus kapieren, also zusätzlich zu dem Lebenskampf, in dem sie ohnehin stehen, Zeit und Kraft und Geld, wenn nicht noch mehr für ihre neue Sache opfern. Aber eben für ihre Sache. Opfer – des Arbeitsplatzes, der bürgerlichen Existenzgrundlagen, der Gesundheit und des Lebens – sind im politischen Umsturzgeschäft, so gut es irgend geht, zu vermeiden. Auf keinen Fall darf man sie verherrlichen. Das stellt nämlich das ganze Verhältnis des Revolutionärs zu seiner Sache auf den Kopf, macht den Träger des Willens zum Werkzeug – sozusagen zum Soldaten – einer historischen Mission, der er nur dient – und tilgt letzten Endes den einzig rationellen Grund, warum einer sich überhaupt zum Kampf gegen die Herrschaft des Kapitals aufmachen sollte. Der enorme revolutionäre Idealismus der russischen Massen, den du ansprichst, ergab sich daraus, dass sie nun eine neue Welt bauen wollten, die endlich ihnen ein anständiges Leben ermöglichen sollte. Ob das der wahre und ganze Zweck des revolutionären Aufbauwerks war, an dem sie sich beteiligten, ist damit nicht gesagt; das ließe sich nur anhand seiner Programmatik und ihrer Umsetzung entscheiden. Sie hielten’s eben dafür; und wurden zum Teil blutig auf den Realismus eines Staatsaufbaus gestoßen, der die revolutionären Massen tatsächlich zu seiner Machtbasis und zu Instrumenten seines industriellen, materiellen und rüstungstechnischen Fortschritts machte. Ob Stalin dabei der große Verräter besserer Intentionen war oder der würdige Vollender des Programms einer wahrhaft sozialen Staatmacht – die große Frage der Trotzkisten -, ist mir nicht besonders wichtig. Ganz sicher hat sich das Projekt des Realen Sozialismus erst über die Reihe der Entscheidungen der Partei und ihrer Führung präzisiert und herausgeschält; anfangs war Kommunismus und Arbeiterstaat sicher nur für Leute unterscheidbar, die es theoretisch sehr genau nahmen. Aber es genügt doch auch, wenn wir heute auf die Ansätze aufmerken, die schon bei Lenin in die falsche Richtung wiesen.

2. Wenn also damals die Propagandisten der Revolution die Massen damit gewinnen wollten, dass sie ihnen erzählten, sie seien in historischer Mission zur Befreiung der ganzen Menschheit unterwegs, und sollten sich nur getrost der großen Sache der Zukunft zur Verfügung stellen, dann war das schon damals ein Fehler. Solche Propaganda trennt, wie gesagt, zwischen dem Revolutionär und seiner Sache, die damit für ihn einen verpflichtenden, gegenüber seiner Rechnung unbedingten Charakter annimmt: Die zum bürgerlichen Staat gehörige Trennung vom bloß partikularen Interesse des einzelnen und einem davon unterschiedenen, höheren und höherwertigen Gemeinwohl wird sozialistisch fortgeschrieben. Der Einzelne wird dadurch sowohl kleiner wie auch größer gemacht, als er wirklich ist. Kleiner, weil es um ihn und sein materielles Interesse nicht gehen, weil er nur Diener einer großen heiligen Sache sein soll; größer, weil der so verstandene Revolutionär selbst im Namen eines verpflichtenden höheren Gemeininteresses unterwegs ist, sich also zu so mancher Rücksichtslosigkeit gegen andere, bloß partikulare Interessen berechtigt weiß. (Wir kennen das übrigens auch aus den linken Debatten unserer Tage: So leicht begnügt sich da keiner damit, zu sagen, was er denkt, bloß für seine Auffassung zu stehen und zu werben: Am liebsten sprechen auch die Linken im Namen des großen, nun eben linken „Wir“, im Interesse der Menschheit , ihres Überlebens etc.)

Mögen diese Töne des Opferidealismus in den Zeiten der russischen Revolution und der ersten Aufbaujahre mehr oder weniger virulent gewesen sein, Marx‘ Sprüche vom historischen Beruf der Arbeiterklasse und von der sozialistischen Revolution als einer, die nicht eine neue herrschende Klasse an die Stelle der alten setzt, sondern das Interesse der Menschheit gegen die kapitalistische Ordnung vertritt, ist zum Ausgangspunkt für eine Lesart der Revolution geworden, die das Falsche vom Arbeiterstaat deutlich herausstellt – so sehr die Eroberung und Verteidigung der Macht im Land eine leidige, wegen der Reste der alten Gesellschaft und wegen des feindlichen Auslands auch für längere Zeit unvermeidliche Notwendigkeit sein mag.

Dem habe ich erwidert:

ganz so glatt will ich dir das dann doch nicht durchgehen lassen: Ein zentraler Satz in deinen Ausführungen lautet:
„Der enorme revolutionäre Idealismus der russischen Massen, den du ansprichst, ergab sich daraus, dass sie nun eine neue Welt bauen wollten, die endlich ihnen ein anständiges Leben ermöglichen sollte. Ob das der wahre und ganze Zweck des revolutionären Aufbauwerks war, an dem sie sich beteiligten, ist damit nicht gesagt; das ließe sich nur anhand seiner Programmatik und ihrer Umsetzung entscheiden.“

Wohl war. Und was hat diese Untersuchung ergeben? Das ist nicht nur eine rhetorische Frage. Freerk Huisken habe ich sie ähnlich formuliert vor einer Weile auch schon gefragt, um von ihm eine erstaunlich ähnlich vage, unentschlossene Antwort zu bekommen:

„Auch der Krieg gegen/mit der SU hat insofern „keine gerechte Seite“ – das mit dem „gerecht“ übersetze ich mal mit: „der man sich anschließen kann“- , als sich die SU längst als Staatsmacht aufgestellt hatte, der es nicht mehr darum ging, den Klassenkampf in den kap. Metropolen durch Stützung von KPs o.ä. voranzutreiben. Längst hatte sie sich zum Programm gemacht, sich als Staatsmacht innerhalb der imp. Konkurrenz und gegen sie zu behaupten. So ein Programm, das Diplomatie betreibt wie jeder bürgerliche Staat, der die zugeordneten KPs zu innenpolitischer Rücksichtnahme verdonnert, wenn es mit deren Heimatstaat „gute Beziehungen“ gab etc., der „verteidigt“ eben nicht mehr die Oktoberrevolution; wenn es da denn überhaupt noch was zu verteidigen gab.“

Ich hatte ihn dann zurückgefragt:

„“Längst“ ist, glaube ich, daß Schlüsselwort zu deiner Antwort zum „Klassencharakter der Sowjetunion“. Als Trotzkist bin ich traditionell jemand gewesen, der in der „Russischen Frage“ den Schlüssel zu revolutionärer Politik gehalten hat. Die „Verteidigung der Errungenschaften“ gegen innere Konterrevolution und imperialistische Angriffe von außen war da immer A und O jeglicher Politik. Verkürzt zu griffigen Parolen wie, „Die Verteidigung der SU beginnt in XXX“. Und für XXX habe ich dann El Salvador genauso genommen wie Afghanistan (oder die DDR, um etwas näher ran zu kommen). Und, wie du sicher auch weißt, war die Voraussetzung für diese Position der militärischen Verteidigung der gemeinhin „degenerierten“ (im Fall der SU) und „deformierten“ „Arbeiterstaaten“ (im Fall des Ostblocks nach 45, der VR China, Vietnams und Kubas) die Identifikation jener „Errungenschaften“ (im wesentlichen die Enteignung der jeweiligen Bourgeoisien, die Etablierung einer Planwirtschaft mit Außenhandelsmonopol). So richtig wohl dabei ist mir nicht mehr, die Auskramung auch alter trotzkistischer Kamellen, nämlich die politischen Auseinandersetzungen um die Einschätzung der Jahre nach dem 2. Weltkrieg, der die trotzkistische Bewegung durchgeschüttelt hat, wo der Streit darum ging, wie die entstandenen „Volksdemokratien“ einzuschätzen seien, ob „Arbeiterstaaten“ (deformiert, weil offensichtlich ohne proletarische Revolution, also aufgrund der bewußten politischen Intervention wenigstens der „fortgeschrittenen“ Arbeiter, sondern auf den Bajonetten der Roten Armee ins Land gebracht, respektive im Fall der VR China ganz und gar ohne Arbeiter) „gesund“ (weil wir im Fall Jugoslawien, die SU nicht Geburtshelfer war) oder „Staatskapitalismus“ oder sogar neuartige Klassenherrschaft? Pablo als Wortführer des offiziellen Nachkriegstrotzkismus in der IV. Internationale prägte ja die berühmt/berüchtigte Einschätzung daß die Stalinisten wohlmöglich für Jahrhunderte herrschen könnten, ehe es dann richtig abgeht in den Sozialismus.

Was also heißt für euch terminlich und vor allem natürlich inhaltlich „längst“?

Leider steht die Antwort darauf noch aus. Ich habe das Gefühl, als ob sie euch auch gar nicht wichtig wäre (So wichtig, wie ich diese Scheidelinie früher genommen habe, ist sie vielleicht auch gar nicht, aber selbst darüber bin ich mir nicht im Klaren). Als wenn die heute korrekte Indifferenz dem bürgerliche politischen Treiben bruchlos zurück in die Geschichte projeziert würde und ausnahmslos nur gegnerische Interessen und Fehler der ihnen Ausgelieferten auszumachen wären.

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Der Kapitalismus ist scheiße, aber alternativlos

3. Juli 2009 Kommentare ausgeschaltet

Ich war etwas verwundert, daß der Spiegel-Leitartikel „Das Prinzip Gier“ vom 11.05.2009, den ich hier selber kommentiert hatte, so gar kein Echo hervorgerufen hat. Dem hat sich nun der GegenStandpunkt erbarmt und im Heft 2-09 folgenden Kommentar veröffentlicht:

Der Kapitalismus ist scheiße, aber alternativlos
„Die Krise“ – zum neuen Sprachdenkmal gewordene Bezeichnung dafür, dass diverse Profitansprüche momentan nicht aufgehen – frisst sich inzwischen ein gutes halbes Jahr durch alle Abteilungen unserer Wirtschaft. Jedem ist bekannt, dass noch eine ganze Reihe mehr oder weniger spektakulärer Einbrüche in der so genannten Realwirtschaft bevorstehen und mit noch mehr Arbeitslosen zu rechnen ist. Das abhängig beschäftigte Volk hält still – durchaus zur Verwunderung der politischen Klasse, die es verwaltet. Die weiß offenbar sehr gut, mit welchen Zumutungen sie ihre Massen momentan konfrontiert, und erlaubt sich den Spaß, über die Möglichkeit von „sozialen Unruhen“ zu räsonieren, die keiner wollen kann, das Volk, das sie allenfalls anzetteln könnte, zuallerletzt.
Die Krise „herrscht“ also auf unabsehbare Zeit und ihre Wirkungen entfalten sich in schöner Negativität in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft – ein beredtes Zeugnis dafür, dass und wie hierzulande alles davon abhängt, dass die Geldrechnungen der Finanz- und sonstigen Kapitalistenklasse aufgehen. Angesichts dessen stellen die öffentlichen Vordenker der Nation anscheinend eine gewisse Verlegenheit fest: Ihre Textbausteine von gestern, die die kapitalistische Marktwirtschaft als „effizientestes“, „innovativstes“ „produktivstes“ und überhaupt einfach bestes System lobpreisen, lassen sich nicht mehr wie gewohnt einfach ausschneiden und einfügen. Natürlich kann man auch stur bleiben: „Sie können sicher sein: Der moderne Kapitalismus ist garantiert auch in seiner größten Krise dem Sozialismus überlegen. Turmhoch.“ (BILD, 20.5.09) Dem gehobenen Journalismus ist diese Tour einfach zu durchsichtig. Klar – das Ergebnis soll schon so rauskommen, aber irgendwie doch ein wenig reflektierter, begründeter, nicht so plump apologetisch. Also führt man in einigen deutschen Schreibstuben eine herrliche Debatte auf hohem Niveau. In der geht es um nicht weniger als „die Systemfrage“, die sich jetzt angeblich allen stellt. Mit Verve tut man selbst in ,Zeit‘ und FAZ so, als befinde man sich gerade in einem Werbespot der „Gesellschafter“. Künstlich naiv, so als gäbe es keine durch staatliche Gewalt gültig gemachten Interessen, denken Mitglieder und Eliten dieser kapitalistischen Gesellschaft allen Ernstes darüber nach: „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?“
Insbesondere legt sich der SPIEGEL kritisch ins Zeug. „Warum der Kapitalismus nicht aus seinen Fehlern lernen kann“ (SPIEGEL, 11.5.), titelt das Blatt und überrascht seine Leser zunächst einmal damit, alle möglichen Erklärungen, die seine Redakteure selbst ein ums andere Mal aufgetischt haben, in einem großen Rundumschlag zu widerlegen. Gier lässt sich demnach gar nicht von Profit trennen – nachdem man genau das in den letzten Monaten erbittert durchkonjugiert hat! Die Real- gegen die Finanzwirtschaft auszuspielen, ein Standardgedanke des bisherigen Krisenjournalismus – grober Unsinn, überall dasselbe Prinzip am Werk, das in die Krise führt! Den Grund für die Krise den Amis zuschustern, auch da war der SPIEGEL ganz vorne dabei – absolut ignorant gegenüber den allgemeinen Gesetzen der Marktwirtschaft! Also nicht Einzelphänomene, sondern, man denke nur, „System“, und was für eines: „Wer im Kapitalismus ein System sieht, das eine schöne Idee ist, die von Gierigen leider missbraucht wird, der ist ungefähr so weltfremd wie ein Marxist, der glaubt, Sozialismus sei eine gute Idee, die leider von Lenin, Stalin und Fidel Castro missbraucht worden sei.“ Selbst „die Kapitalisten wundern sich am lautesten über ihren Kapitalismus“, und eigentlich sei schon jetzt allen klar, dass der Versuch des Staates, die Krise zu bekämpfen, höchstens „ein Problem löse, indem er zwei neue produziere, mehr Staatsverschuldung und drohende Inflation“.
Mit einer in diesem Stil seitenlang aufgeblasenen Tirade , die völlig abgeklärt mit allem abrechnet, was man bis gestern behauptet hat und demnächst sicher auch wieder steif und fest behaupten wird, steuert der Artikel zielstrebig darauf hin, dass sich der Kapitalismus diesmal nicht in einer seiner üblichen Verwertungskrisen befindet, die dann die Restwelt auszubaden hat. Es ist viel schlimmer: „Die systemische Erkenntnis dieser Krise ist nicht, das der Markt systemisch zu Krisen führt, das wusste man vorher; die Erkenntnis ist, dass die ideologische Hülle der Marktwirtschaft zerstört ist, wohl für immer.“ Mein Gott! Keine Ideologien mehr zur Marktwirtschaft – das ist natürlich wirklich grässlich, nicht auszudenken und schon gar nicht auszuhalten. Wie soll es da weitergehen? „Nackt steht die Marktwirtschaft da, ein kaltes Gerüst, dem Gespött ausgeliefert.“ Schon entdeckt der SPIEGEL fürchterliche Tendenzen: „SAP-Gründer Hasso Plattner hat bemerkt, dass es so eine Stimmung im Land gibt, dass wir Kapitalismus eigentlich gar nicht mehr wollen, sondern was anderes, Netteres“. Bei der bisher „anachronistisch“ in der Ecke stehenden Sarah Wagenknecht ist ein Lächeln der „Genugtuung“ zu sehen angesichts der „antikapitalistischen Schlagzeilen der vergangenen Wochen“, und das Ami-Magazin „Newsweek“ behauptet „We are all socialists now“. Die Lage ist also wirklich ernst.
Aber dann doch: Entwarnung!, der Artikel biegt auf die Zielgerade ein. „Ein schlüssiges Gegenkonzept zum Kapitalismus gibt es nicht“ – das sagt ausgerechnet seine Gegnerin Wagenknecht, und die muss es ja wissen. Sonst nimmt ein Spiegel-Redakteur den „Spinnern von links“ ihre Einsichten und Kritiken zwar nicht ab, aber in diesem Fall? Eine Kommunistin als Kronzeugin dafür, dass es zum Kapitalismus keine Alternative gibt – bingo! Das ist es doch, wonach man in der Krise verzweifelt gesucht hat: Legitimation ohne den Umweg über eine momentan unglaubwürdige Schönfärberei! Der Kapitalismus steht mit seiner Krise vielleicht „nackt“ da, muss aber einfach sein – ohne aufwendige Begründung, ohne großartige Versprechen, ohne lateinische Adjektive. Das System ist große Scheiße, mangels Alternative aber unumgänglich und notwendig – wenn das mal nicht ein geradliniger Schluss ist und eine Werbung für den Laden, die überzeugender nicht ausfallen kann.

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GSP 2-09: Das „fiktive“ Kapital als PDF

29. Juni 2009 6 Kommentare

Im Downloadbereich steht jetzt der Artikel „Finanzkapital II. Die Entfaltung der Kreditmacht des Finanzkapitals: Die Akkumulation des „fiktiven“ Kapitals“ aus dem aktuellen GegenStandpunkt Heft 2-09 als PDF eingescannt zur Verfügung.

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Bildungsstreik IV: Ein paar ernste Fragen an alle Freunde eines „besseres“ Bildungssystems

18. Juni 2009 1 Kommentar

Normalzustand Rot hat einen Text zum aktuellen Bildungsstreik veröffentlicht, aus dem auch ich hier einen Absatz zitieren möchte, in denen er „ein paar ernste Fragen an alle Demonstranten für ein „besseres“ Bildungssystem“ stellt:

Wenn also der wahre Zweck dieser Schule der Wissenserwerb gar nicht ist und dafür auch gar nicht vorgesehen ist, fordert man dann vom Staat „Bildung für alle“? Wenn zu dem auch noch die Bildung falsche Inhalte vermittelt, wie man sich dieser Ordnung freiwillig unterzuordnen hat, will man dann so einen Scheiß lernen? Wenn man kostenlose Bildung für alle fordert, weil alles andere an den dünnen Geldbeutel erinnert, ist es dann okay, dass man trotzdem so wenig Geld hat? Wenn sowas von Arsch klar ist, dass der Zweck dieser ganzen Schule die Selektion ist, die allein dafür da ist, dass jeder seinen Platz in der Lohnhierarchie „findet“, fordert man dann „Weg mit dem dreigliedrigen Schulsystem“? Fordert man dann Gesamtschulen? Ändert es wirklich etwas, wenn auf einem Lauti-Wagen eine Frau von der GEW fordert, dass Selektion nicht zu früh stattfinden soll? Macht es das alles wirklich besser? Soll man sich wirklich für so ein Schulsystem einsetzen und danach, wenn jeder sich in der Klassengesellschaft zurecht gefunden hat, ist alles okay? Ist es denn nicht so, dass die Schule ihren klaren Auftrag für diese Gesellschaft hat? Soll man diese Schule wirklich für einen Fehler im System halten und es bedauern, dass eine Frau Schavan wenig Verständnis für diese Proteste hat und sie dabei noch zur Toleranz aufruft? Ist es richtig, wie einer auf einem Plakat stehen hatte, zu demonstrieren, um sich bei den Politikern zu beschweren und damit doch gerade den Staat meint, dass er doch gefälligst im Interesse seiner wilden Jugend regieren soll? Ist es nicht eine Dummheit, wenn man enttäuscht ist, dass die Politiker ganz andere Sachen machen und Banken retten oder das kapitalistische System retten, wie es im Karlsruher Aufruf heißt, statt Geld in die Bildung zu stecken? Sollte man sich an der Stelle nicht einfach mal fragen, was es eigentlich mit dieser Schule und diesem System auf sich hat? Warum empört man sich, wenn die Wirtschaft zu sehr in der Schule eingreift, aber sich nach der Schule komplett den Interessen der Wirtschaft unterwirft? Was ist denn, wenn es sich eben doch alles bloß um das Wohl der Wirtschaft dreht und Privatinteressen da nichts zu melden haben? Macht man dann Revolution oder macht man dann Bildungsstreik? Wenn die Schule wegen dem Kapitalismus also so scheiße ist, dann muss der Kapitalismus weg oder man führt eben einen Kampf um veredelte Konkurrenz in der Schule!

Ich möchte auch auf die bei ihm angeführte weiterführende Lektüre hinweisen:

Bildungsstreik 2009: Wie aus einem Bildungsstreik ein Einsatz für veredelte Konkurrenz in der Schule wird Und dort im Anhang (PDF) der Flyer (Argumente gegen Schule und Hochschule)

Von Freerk Huisken: Zum Bildungsstreik 2009: Wieso? Weshalb? Warum? Macht die Schule dumm? (Thesen zu einer Podiumsveranstaltung in Berlin mit gleichem Titel)
Siehe auch das Buch von Freerk Huisken: Erziehung im Kapitalismus

Und ansonsten gerade zur rechten Zeit erschienene Seite: Argumente zur Schule – Kritische Gedanken zur Schule und ihrem Stoff

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Fundstelle des Tages (bei DgA)

10. Juni 2009 Kommentare ausgeschaltet

Schade, ich dachte ja, als noch nicht auf der Website stand, dass Freerk referiert – Maxim wäre der RAP-Name von Freerk. So was wie maximale Kritik oder so. Ich hab mich offenbar getäuscht. 🙁

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17.06.09 Wien: Der Reale Sozialismus

8. Juni 2009 6 Kommentare

Der Seite von Amelie Lanier entnehme ich auch folgenden aktuellen Veranstaltungshinweis:

Nächste Veranstaltung Gegenstandpunkt/Gegenargumente Wien:

Der Reale Sozialismus
Eine verkehrte Kapitalismuskritik, die immer noch in Mode ist

Mittwoch, 17. Juni 2009, 19 Uhr
Amerlinghaus, Stiftgasse
1070 Wien

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Nachtrag zur Europawahl (von Amelie Lanier)

8. Juni 2009 Kommentare ausgeschaltet

Auch wenn fürs Erste wieder mal alle Messen gesungen sind, möchte ich doch zur Europa-Parlamentswahl der letzten Woche auf folgenden schönen öffentlichen Brief von Amelie Lanier hinweisen, der man inhaltlich so auch an manch andere kandidierende linke bis linksradikale Partei hätte richten können:

Liebe Herren X, Y, Z!

Ich nehme Ihre Aufforderung, eine Unterstützungserklärung für die KPÖ abzugeben, zum Anlaß, Ihnen meine grundlegenden Einwände gegen den ganzen Wahlzirkus mitzuteilen.

Meine vorherige Unterstützungserklärung für die Nationalratswahl ist so zustandegekommen, daß mich mein früherer Studienkollege A. B. angerert hat: Wir haben so wenig Zeit und die Nationalratswahl steht vor der Tür und bitte bitte! und so hab ich ihm den Gefallen getan und ihm geschrieben, ok, solang ich nicht wählen gehen muß wegen dir, so mach ichs, damit die arme Seel eine Ruh hat.

Ansonsten ist meine Einstellung zu Wahlen:
NUR DIE DÜMMSTEN KÄLBER WÄHLEN IHRE SCHLÄCHTER SELBER.

Es gab ja einmal in den Anfangszeiten der KPÖ eine Debatte darüber, ob sich diese Partei an Wahlen beteiligen soll. Die Argumente waren ungefähr so: Der bürgerliche Staat ist ein Instrument der Klassenherrschaft, seine Institutionen dienen der Aufrechterhaltung der Scheidung in Arme und Reiche und sorgen dafür, daß die Armen für die Reichen arbeiten gehen müssen und dabei selbst immer arm bleiben. Sollen wir das unterstützen, indem wir in diese Institutionen irgendwelche Leute hineinwählen – und dadurch die Institutionen bestätigen?
Die Debatte ist dann per Komintern-Beschluß beendet worden, und alle kommunistischen Parteien wurden auf die Wählerei verpflichtet.
Heute kommt kein KPÖler auf die Idee, sich zu fragen, was eine kommunistische Partei – die doch in ihrem Namen irgendwie andeutet, gegen das Privateigentum und den ganzen darauf aufbauenden Kapitalismus zu sein – eigentlich auf einem Wahlzettel verloren hat?
Ihr Brief ist ein schönes Beispiel dafür: Sie begründen überhaupt nicht, warum Sie sich an der Wahl fürs Europäische Parlament beteiligen wollen und warum ich Sie dabei unterstützen soll – nein, sie nehmen selbstverständlich an, daß ich auch das Wählen für eine feine Sache halte und Ihr Anliegen daher unterstützen werde und man mir nur gut zureden muß, damit ich die Mühe auf mich nehme, auf die Gemeinde zu traben und den Wisch bestätigen zu lassen. Als einzigen Grund, es nicht zu machen, vermuten Sie also Bequemlichkeit. Daß es Einwände gegen das Wählen-Gehen geben könnte, kommt Ihnen gar nicht in den Sinn. Und das ist auch konsequent. Müßten Sie nämlich begründen, warum ich Sie bei der Bemühung, sich für die Europa-Parlamentswahl aufstellen zu lassen, unterstützen sollte, so täten Sie sich schwer. Es ist nämlich weder einzusehen, wofür ich das Europäische Parlament brauche, noch, was die KPÖ dort zu suchen hätte.

Jahraus, jahrein tritt die KPÖ zu Nationalratswahlen – und jetzt auch Europa-Parlamentswahlen – an, wohl wissend, daß sie Null Chancen hat hineinzukommen. Während es auf Gemeinderatsebene noch hin und wieder möglich ist, ein Mandat zu ergattern, ist es auf nationaler Ebene oder EU-weit unmöglich. Dafür stürzt sich die KPÖ in Unkosten und strapaziert ihr schon arg geschrumpftes Vermögen. Ihre Mitglieder beteiligen sich an der Wahlkampagne und opfern ihre Freizeit dafür.
Man nimmt diese Partei überhaupt nur in Vorwahlzeiten wahr. Ansonsten sieht und hört man kaum etwas von ihr.
Sie macht auf jeden Fall keine Propaganda gegen den Kapitalismus. Sie klärt die Arbeiterschaft nicht über den Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit auf. Stattdessen nervt sie das Publikum regelmäßig mit moralischer Empörung über irgendwelche Bösewichte, Sündenböcke, also Personengruppen, die unser angeblich so wunderbares Gesellschaftssystem darin hindern, seinen Segen über die weniger betuchten Gesellschaftsschichten auszuschütten: Politiker, die sich vom Kapital kaufen lassen und dafür dann wieder den Unternehmern die Steuergelder des kleinen Mannes in die Taschen stecken. Klagen über Ungerechtigkeit und menschliche Schlechtigkeit. Und dann wendet man sich an genau die miesen Subjekte, denen man gerade alles mögliche Schlechte nachgesagt hat, und fordert von ihnen lauter Dinge, die doch eigentlich gegen ihre Interessen sein müßten.

Man fragt sich wirklich, wofür Marx seine „Kritik der politischen Ökonomie“ geschrieben hat und warum er den Sozialismus wissenschaftlich begründen wollte, wenn nicht einmal eine Partei, die sich auf ihn beruft, sich die Mühe macht, in seine Werke hineinzuschauen und sich das eine oder andere Argument zu Gemüte zu führen.
Und überhaupt, die Forderungen der KPÖ! Wenn man ihr glaubt bzw. ihre Sicht der Dinge übernimmt, so gibt es Armut und Elend überhaupt nur deshalb, weil noch nicht der richtige Steuersatz für die verschiedenen Bevölkerungsschichten gefunden worden ist!

Schließlich, zum Abschluß: Marx schreibt in der „Kritik des Gothaer Programms“ über die Demokratie, sie sei die „letzte Staatsform der bürgerlichen Gesellschaft“, in der „der Klassenkampf definitiv auszufechten ist.“

Er meinte damit nicht das Antreten zu Europa-Parlamentswahlen.

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