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[update] 08.03.13 ¦ Berlin ¦ Freiheit … jetzt online

9. März 2013 Kommentare ausgeschaltet

Der Mitschnitt der Veranstaltung
Freerk Huisken vom GegenStandpunkt:
Freiheit: Was ist sie? Wozu taugt sie?
Ist sie Weg zur Mündigkeit und höchster Wert?
Oder ist sie Instrument demokratischer Herrschaftsausübung?

Freitag, 08.03.2013, in Berlin
steht bei archive.org zum runterladen zur Verfügung.

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08.03.13 ¦ Berlin ¦ Freiheit: Was ist sie? Wozu taugt sie?

5. März 2013 1 Kommentar

Am kommenden Freitag, dem 8.3.2013, wird Freerk Huisken vom GegenStandpunkt einen Vortrag in Berlin halten:
Thema: Freiheit: Was ist sie? Wozu taugt sie?
Ist sie Weg zur Mündigkeit und höchster Wert?
Oder ist sie Instrument demokratischer Herrschaftsausübung?

Zeit: Freitag | 08.03.2013 | 19:00 Uhr
Ort: Mehringhof (Großer Versammlungsraum)
Gneisenaustr. 2a, Berlin-Kreuzberg
Der Veranstaltungstext:

„Fast jede Auseinandersetzung über diese Gesellschaft, ihre Ökonomie, ihre Sozial- und Wirtschaftspolitik, Innen- und Außenpolitik läuft auf die gleiche Frage hinaus: Wie hältst du es denn mit der Demokratie?
Es gibt, das wird auch von den Verteidigern des Systems zugestanden, zwar hierzulande viel zu meckern und zu beschweren; aber der Verweis auf die Demokratie, der gilt als eine sichere Rückzugsbastion, vor der alle sonstigen Beschwerden klein werden. Gegen Demokratie gibt es kaum etwas Prinzipielles zu sagen. Da muss auch der Kritiker kapitulieren. Allenfalls will er ihr vorwerfen, dass sie noch nicht die wahre Demokratie, das Volk also noch nicht genug einbezogen ist. Aber auch diese Einschränkung des Lobs bestätigt nur, dass selbst den kritischsten Menschen Demokratie als ein Wert gilt, an der er die Freiheit zur Kritik schätzt.
Daher lautet das schlagendste Argument, das für die Demokratie aufgefahren wird: Wo darf man denn sonst schon seine Kritik so frei sagen?! Und: Welches System erlaubt seinen Bürgern schon so viele Freiheiten! Stimmt: Die reichen von der Meinungsfreiheit über die Versammlungsfreiheit bis hin zur Koalitionsfreiheit. Man darf zudem seine Religion frei ausüben und heiraten, wen man will; man darf einen Beruf nach eigener Wahl aussuchen und die Freizügigkeit auf dem hiesigen Territorium ist tatsächlich auch noch gestattet!
Aber spricht das eigentlich für die demokratische Form der Herrschaft, wenn sie – erstens – erlaubt, was doch ganz ohne staatliche Lizenz selbstverständlich sein sollte: Sich so seine Gedanken über die Welt machen, sich mit anderen privat oder politisch zusammenschließen, glauben, was man lustig ist und sich zwischen Bayrischem Wald und Ostfriesland frei bewegen! Und warum soll man – zweitens – einem System seinen Segen erteilen, nur weil es erlaubt, die Klagen zu äußern, für die die demokratisch regierte Gesellschaft offenkundig permanent Gründe liefert? Bemerkenswert zudem ist – drittens – dass ein ehemaliger Bundespräsident die Bürger mahnte, dass derjenige das Recht zur freien Meinung verwirkt, der es kritisiert! Selbstverständlich sind diese Freiheiten – viertens – also gerade nicht: Wenn es der Erlaubnis durch die staatliche Gewalt bedarf, dass man sagen darf, was einem durch den Kopf geht, dann steht fest, dass diese Freiheiten auch nur im Rahmen der hiesigen Rechtsordnung gelten und jede Erlaubnis zugleich mit einer staatlich verfügten Beschränkung einhergeht. Oder ist das alles ohnehin nur „falsche Freiheit“, wie einige linke Kritiker meinen? „

Hier der Ankündigungstext als PDF.

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Zum weitverbreiteten „Schmunzeln“ als Reaktion auf Kommunisten

1. März 2013 Kommentare ausgeschaltet

Das folgende ist die Abschrift der letzten 20 Minuten der Veranstaltung (ab 1:53) in Regensburg vom 20. Februar 2013 mit Rolf Röhrig vom GegenStandpunkt als Referenten zum Thema „Wohnungsnot und Mietpreisexplosion: Die Wohnungsfrage im Kapitalismus“ mit einem seltenen Fall von Eingeständnis einer in der Wolle gefärbten Demokratin, die wenigstens zur Kenntnis und teilweise Ernst genommen hat, was der Redner gegen Kapitalismus und Demokratie ihr hier vorgelegt hatte, daß das zu Ende gedacht dann ihr bisheriges politisches demokratisches Agieren nicht mehr viel Sinn macht und sie sich „machtlos“ fühlt.
Publikum: Da könnte man ja auch Hausbesetzungen machen.
Rolf Röhrig: Das könnte man schon machen. Aber dann hätte man sein Hauptbetätigungsfeld dahingehend ausgeweitet, dass man sich mit der Bullerei rumschlägt. Das kann man schon machen, aber das wäre ein schlechter Lebensberuf.

An solchen Überlegungen kann einem aber auch was klarwerden: Du würdest sofort von dem Gedanken zurücktreten, wenn du ihn dir verallgemeinert vorstellt. 250.000 Obdachlose, viele Millionen Menschen, die gar keinen bezahlbaren Wohnraum finden, denen die Empfehlung zu geben, „Macht mal eine Hausbesetzung!“, das wäre ungefähr das, was du belächelst: Aufruf zur Revolution!
Wenn Millionen Leute, die jetzt in Spanien wirklich aus ihren Wohnungen rausfliegen, weil die Banken den Daumen drauf legen und sagen, wie nehmen das jetzt für den Kredit, den ihr nicht mehr bedienen könnt, das wie eine ernsthafte Alternative in Erwägung gezogen, das wäre ein so grundsätzlicher Konflikt mit einer Staatsgewalt, die das Eigentum schützt, das wäre in der Tat vom Kaliber eines losbrechenden Bürgerkriegs. Wenn also umgekehrt in einem bürgerlich demokratischen Staat ein besetztes Haus oder zwei einmal Bestand hat (da in Hamburg an der Rutschbahn oder in Berlin in Kreuzberg), dann, weil der Staat ein paar Gesichtspunkte wusste, warum er diese Besetzung mit seinen eigenen Anliegen verträglich machen konnte:
Erstens, es hat nichts gekostet, die Leute haben in Eigenarbeit gewirtschaftet, zweitens konnte er dem Eigentümer, mit welchen Argumenten auch immer, oder auch mit Geld das Eigentum nehmen. Und er wusste drittens, die Erhaltung einer Bausubstanz, die aktuell sowieso nicht zu besseren Preisen vermietbar ist, ist ihm wichtiger als der Verfall eines Viertels. Da merkt man, da müssen schon so viele politische Kalkulationen auch noch mit einem Grundeigentümer verträglich gemacht werden, der dann auf seinen Leerstand und seine Durchsetzung nicht mehr pocht, das das ein absoluter Ausnahmezustand ist, der, würde man ihn anwenden auf die Millionen von Wohnungslosen in Spanien oder in Amerika, ein Riesenkrawall im Land wäre, wenn die alle ein Haus besetzen wollten, was sie brauchen.
(Längere Pause)
Vielleicht noch ein methodischer Hinweis, weil ich ja auch bei dir so ein Schmunzeln entdeckt habe, wenn z.B. ausgeführt wurde: Ja, das ist das ernstgemeinte Urteil, in der Welt des Kapitalismus muß das Wohnen die Gewinnansprüche von Grundeigentümern und Investoren befriedigen oder es findet nicht statt. Und der Staat, der die Marktwirtschaft und das Eigentum in ihr schützt, sorgt dafür, dass das auch so gilt. Und daraus folgt, das muß man gar nicht mehr ausdrücklich sagen, dass man diese Art der Marktwirtschaft und den Staat, der das installiert und beschützt, dass man die für Gegner des Wohnens hält und die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen. Klar, jetzt kommt Schmunzeln auf. Aber warum eigentlich? Das Schmunzeln kommt auf, weil man denkt, diese Schlussfolgerungen, dieser Gedanke, der ist doch nicht mehrheitsfähig, das ist doch bloß der Gedanke von wenigen Figuren hier am Platze.
Bloß: Der Wahrheitsgehalt eines Urteils entscheidet sich nicht nach der Kopfzahl derer, die ihm anhängen. Und drehe es mal um: In Spanien gibt es Millionen Menschen mittlerweile, die aus ihren Wohnungen und Häusern vertrieben wurden. Und die machen Demonstrationen und schlagen sich auch viel mit der Polizei, aktuell Demonstrationen, wo sie sich ein Kuvert auf die Stirn kleben, weil sie sagen wollen: Das sind die Kuverts, mit denen die politische Kaste in Spanien ihre Bestechungsgelder empfangen hat. (Es gibt einen Bestechungsskandal in Spanien, der hoch geht bis zum Ministerpräsidenten Rajoy. Diese Menschen, die sind jetzt millionenfach unterwegs, im Unterschied zu den paar Hanseln hier, die vielleicht an unserem Urteil Geschmack gefunden haben.
In Spanien sind jetzt millionenfach Menschen unterwegs, die sich sogar prügeln mit der Polizei, die aber ein Urteil auf die Straße tragen, das grundsätzlich verkehrt ist. Die sagen nämlich mit dem Kuvert, dass sie sich auf die Stirn kleben, über ihre Politiker, dass die deswegen Feinde der arbeitenden Klasse und Wohnbevökerung geworden sind, weil sie ihr politisches Handwerk verraten haben. Eben duch Geldbestechung vom richtigen Kurs abgebracht worden sind, um den Banken zu Diensten zu sein, sod aß sie in den Instanzen, mit denen sie sich jetzt schlagen, auf den Straßen in Spanien, eigentlich meinen, in einem Boot zu sitzen, wären die Brüder nicht angeblich oder wirklich von den Banken mit Geldtüten versorgt worden.
Jemand der so denkt, und wenn es Millionen sind, der ist für ein falsches Urteil aktiv geworden, mit dem er den wirklichen Grund seiner Misere nie mehr zu packen kriegt. Er hält nämlich nicht die Politik und die Wirtschaft, die die den Menschen aufdiktiert, für den Grund seines Übels, sondern der hält Verfehlungen des eigentlich geglaubten guten Handwerks für den Grund. Und das wird nicht dadurch besser, dass das millionenfach geglaubt wird. Wie umgekehrt das hier zitierte Urteil nicht dadurch schlechter wird, dass es nur von wenigen gesagt und ernst genommen wird.
Publikum: so wie ich das jetzt verstanden habe, dann könnten wir normalerweise auf die politischen Parteien verzichten in einer kapitalistischen Gesellschaft. Verzichten auf die Pseudodemokratie, in der wir leben und auf die wir so stolz sind, weil letztendlich – so wie ich dich jetzt verstehe – nur das System und alleine das kapitalistische System dafür verantwortlich ist. Es ist aber nicht so, ich bin absolut nicht dieser Meinung: Wir als Volk haben eine eingeschränkte Macht, aber die haben wir:
Ich kann als ich immer entscheiden, welche Partei ich wähle und zu welchem Programm ich dann stehe als Wähler. Und ich verlange dann von diesen Vertretern, die mich vertreten und alle anderen, also von den Politikern, dass sie das machen, was ich von ihnen verlange, was sie versprochen haben, was ich von ihnen erwarte. Und der Staat mit der Verfassung garantiert mir meine Grundrechte. Und Wohnen sollte ein Grundrecht sein, genauso wie Essen und Schlafen. Und ich als Bürger, Staatsbürger, habe das Recht, den Staat anzuklagen, die Politiker anzuklagen, und sagen, das wurde mir nicht gegeben, was mir nach der Verfassung zusteht. Und der Staat kann ja vieles, viele Gesetzesregelungen herauslassen, beispielsweise Überwachung der Versorgung, Überwachung der Grundversorgung, das haben wir schon alles in der Geschichte der Menschheit gehabt: Nach dem Krieg beispielsweise. Essen war knapp, Wohnungen waren knapp, der Staat hat das überwacht. Warum heute nicht? Wahrscheinlich allein aus dem Grund, dass die Lage sich noch nicht so zugespitzt hat bei uns in Deutschland, noch nicht so ernst ist, wie in den anderen Ländern, wie in Spanien beispielsweise.
Rolf Röhrig: Gut, da haben wir jetzt einfach einen grundsätzlichen Unterschied in unseren Auffassungen, über den man reden kann: Die Rechte von denen du sprichst, haben die denn wirklich den Charakter, den du ihnen zumisst? Ich stehe auf dem Standpunkt, ein Mensch, der keine Wohnung hat, braucht nicht das Recht auf eine Wohnung, sondern der braucht eine Wohnung. Ein Mensch, davon gibt es Milliarden auf der Welt, die keinen Zugang zu Wasser haben, die brauchen nicht das Recht auf Wasser, die brauchen Wasser. Das ist ein gewaltiger Unterschied,
Einwand: Das ist eine philosophische Auslegung:
Rolf Röhrig: Nein, das ist keine philosophische Auslegung: Das Recht, das in dieser Gesellschaft Menschen zugesprochen wird, das Recht auf freie Berufswahl, das Recht auf Bildung, das Recht auf Leben, all diese Rechte haben überhaupt nicht den Charakter, den du ihnen beilegst, dass nämlich damit der Staat ein Versorgungsversprechen geleistet hätte. Wenn ein Recht auf freie Berufswahl in unserer Verfassung steht, dann hat das überhaupt nicht den Inhalt, dass der Staat sich aufstellt und sagt, jedem der einen Beruf will gebe ich einen. Wäre es übrigens wirklich so, dann würde das Ganze sofort in den Verruf kommen, das ist ja planwirtschaftliche Versorgung, das ist ja von oben, das ist ja Planwirtschaft! Daß ein Staat für den Arbeitsplatz, für den Wohnraum, für die Ernährung eines Menschen Sorge trägt, dass würde sofort unter all den demokratischen Mitdiskutanten als unerwünschte Planwirtschaft gegeißelt.
Der Staat steht auf einem ganz anderen Standpunkt: Daß nämlich all dass, was du für die wichtigsten Bedürfnisse hältst, die gesundheitliche Versorgung, die Ernährung, das Wohnen, dass das überahupt nicht in einer staatlich angeleiteten, von den Gesellschaftsmitgliedern vereinbarten Art von gemeinsamer Produktion erwirtschaftet wird, sondern dass das alles auf einem Markt zustande kommen soll, wo lauter private Eigentümer gegeneinander auf einem Markt um den Gelderwerb konkurrieren. Und was einer auf diesem Markt an Geld in die Waagschale zu werfen hat, weil er ein solches verdienen konnte als Lohnarbeiter, das entscheidet darüber, ob ich gut oder schlecht wohne, habe ich das Geld in der Tasche, um den schönen Wohnraum zu bezahlen? Habe ich soviel verdienen können (bei Amazon z.B.), um in Urlaub fahren zu können oder nicht? Habe ich soviel Geld verdient, dass ich mein Kind auf eine Universität schicken kann und es zehn Jahre länger ernähren kann?
Alle diese Fragen, die sind in unserer Gesellschaft überhaupt nicht nach einem staatlichen Plan organisiert und den Menschen zugesprochen als eine Versorgungsleistung, die erbracht wird. Sondern alles ist und soll auch so sein, das Ergebnis eines allseitigen Konkurrierens auf einem Markt um Gelderlöse. Und wer dabei ein Geld erlöst, der kann mit dem, was er erlöst hat , sei es als Lohnarbeiter oder als Unternehmer, nach allen Gütern dieser Welt greifen. Wer dafür nicht genug erlöst, der kann nicht nach allen Gütern greifen, oder nur nach schlechteren. Undd wer gar keins erlöst, der hat die Arschkarte, und davon gibt es viele. Das ist das System der freien Marktwirtschaft.
Und die Politiker, die dieses System regieren, sie heißen ja auch Regierung, wenn sie gewählt sind, die haben durch die Art, wie die politische Herrschaft durch das Volk ernannt wird, eine Trennung vollzogen zwischen den Interessen, die ihr wichtig sind und der Herrschaft, die sie ausüben. Und zwar so: du kannst doch gar nicht in eine Wahlkabine gehen und auf deinen Wahlzettel schreiben, was die, die du ankreuzt, machen müssen. Dann wäre dein Wahlzettel ungültig. Wenn gewählt wird in einer Demokratie, dann wird überhaupt nicht über Interessen abgestimmt, da wird nicht zur Wahl gestellt, wollen wir, dass Hartz IV auf 2000 Euro angehoben wird oder wollen wir es lassen, wo es ist, sondern, was zur Wahl gestellt wird, ist das Personal, das in den nächsten vier Jahren regiert. Du kannst Steinbrück oder Merkel ankreuzen, oder Westerwelle, aber du kannst nicht eine bestimmte Maßnahme, die du dir wünschst, zum Auftrag der Gewählten machen und sie darauf verpflichten, das ist sogar ausdrücklich verboten in der Demokratie (ein imperatives Mandat heißt das). Leute auf etwas zu verpflichten, die man in eine Machtposition wählt, die sind frei dazu, nach eigenem Gutdünken zu entscheiden.
Und denk mal, ich merke an deinem Akzent, du bist vielleicht in dieser Zeit nicht in Deutschland aufgewachsen, aber als in Deutschland die Kernkraftwerke durchgesetzt wurden, gab es große Proteste in Brokdorf und in anderen Städten, da waren hunderttausende von Menschen unterwegs. Und die Politiker, die das damals beschlossen haben, da war noch Kohl am Ruder, das Kernkraftwerke gebaut werden, so gefährlich sie sind, die haben zu diesen Leuten gesagt: Das ist die Straße, darauf muß kein Politiker hören! Und sie hatten recht! Weil nämlich diese Leute, auf die sie nicht hören müssen, als Wahlbürger mit ihrem Kreuz die Zustimmung dazu gegeben haben, dass Leute in Amt und Würden nach ihren Vorstellungen Macht ausüben dürfen ohne dass sie an ein Interesse des Wählers gebunden sind.
Publikum: Dann meine letzte Frage dazu: Welchen reellen Nutzen haben wir heute aus dieser ganzen Diskussion herausbringen können? Weil, jetzt sitze ich da und denke mir, mein Gott wie machtlos und hilflos ich bin! Das ist aber kein gutes Gefühl, klar. Und dieses Gefühl nimmt mir auch den Glauben, dass ich doch irgendwas bewegen kann, und auch die Kraft weg, dass ich das vielleicht irgendwann, irgendwie mit uns allen und mit allen anderen, die was bewirken wollen, verändern wollen, schaffen werde!

Rolf Röhrig:
Vielleicht kann ich dir ja in einer Hinsicht Trost spenden: Das Gefühl, „machtlos“ zu sein, wollte ich gar nicht verbreiten und verbreite ich auch nicht. Denn, wenn der ganze marktwirtschaftliche Reichtum, der bei uns Wachstum genannt wird, und von dem der Staat lebt, wenn er mit seinem Haushalt Steuergelder einnimmt, wenn man diesen wachsenden Berg an kapitalistischem Reichtum betrachtet, dann ist klar, der kommt nur dadurch zustande, dass die Menschen, die hier leben, ihn täglich erarbeiten. Dann sind die aber auch mit ihrer Arbeit die Quelle des Reichtums, des Geldreichtums, der ihnen am Lebensmittelmarkt, vom einem Lebensmittelskandal zum nächsten, am Wohnungsmarkt, das Leben schwer macht. Wenn sie den ganzen Reichtum erarbeiten, dann haben sie auch die Fähigkeit und die Macht, diese Quelle zum versiegen zu bringen. Und damit auch die Quelle für die, die als politische Macht darüber trohnen. Das nur als Trost.
Der Gedanke ist ein grundsätzlich anderer als die Machtlosigkeit, an die du jetzt denkst, dadurch dir vorzustellen, dass du sagst, wenn ich nicht mehr an die Macht der anderen glauben kann, dann fühle ich mich machtlos. Wenn ich nicht mehr an die Macht der herrschenden Politiker glauben kann, die in irgendeiner Hinsicht zu meinem Nutzen ein besseres Werk verrichten könnten, dann bin ich machtlos. Das wäre doch aber ein Erkenntnisgewinn, wenn die Einsicht stimmt, dass die fremde Macht, die die innehaben, gar nicht ein dienstbares Werkzeug für deine Interessen ist. Dann hätte man sich von einer Illusion verabschiedet, ohne dass der Trost gleich mitverschwunden wäre aus der Welt. Den habe ich im ersten Satz ja gleich mit angeboten.

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Zum Tode von Christian Semler

15. Februar 2013 23 Kommentare

Die taz hat in einen knappen Nachruf über den Tod ihres langjährigen Mitarbeiters Christian Semler berichtet. Leute seiner Generation werden ihn noch kennen als einen der Mitbegründer der maoistischen KPD, damals sozusagen „einer der stärksten der Parteien“ (der radikalen Linken).
Vor kurzem habe ich einen zeitgenössischen Artikel aus der Marxistischen Studentenzeitung (MSZ) der damaligen Marxistischen Gruppe wieder ausgegraben, d.h. digitalisiert. Man kann ihn hier im Online-Archiv der ersten MSZ-Ausgaben nachlesen. Das war sozusagen schon damals ein umfassender Nachruf auf Semler und die Seinen, als sie noch im linken politischen Leben zu stehen schienen.

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„Lincoln“, der Film vs. Der amerikanische Bürgerkrieg

6. Februar 2013 9 Kommentare

Es ist eine recht traurige Sache, wie heutzutage noch die jämmerlichste Unterstützung vom Chefimperialisten Barack Obama durchgeht als beachtenswertes ja geradezu fortschrittliches Kunstwerk. Jedenfalls im Fall des jüngsten Spielberg-Films, wo er den angeblich linksradikalsten US-Drehbuchschreiber (das sagt schon viel aus über die heutigen USA), Tony Kushner, mit dem er schon früher zusammengearbeitet hatte, das Drehbuch schreiben ließ, um selbst aus der blutig kontroversen Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit ein Pseudo-Biopic zu machen, das ernsthaft das hohe Lied von Abraham Lincoln und vor allem der parlamentarischen Ränkeschmiedereien singt und es dabei schafft über eine Epoche von Auseinandersetzungen über den Stellenwert der Schwarzen in der US-Gesellschaft praktisch völlig ohne sie auszukommen. Ja, es ist kein Remake des berühmten rassistischen „Meisterwerks“ „Birth of a Nation“ von Griffith geworden, aber der paternalistische Touch, das der weise demokratische Reformer den Schwarzen gnädig ein Stückchen (mehr ja erst mal nicht) der „Freiheit“ zugesteht (gut auf den Punkt gebracht, wenn der radikale Abolitionist Thaddeus seiner schwarzen Frau die Urkunde mit dem Thirteenth Amendment der US-Verfassung überreicht, ehe sie zur Feier darüber dann ins Bett gehen), mehr Message hat der Film ja gar nicht.
Da kann man dann wie in der neuesten Herr-Keiner-Geschichte von Uli Schulte („Lincoln – das Hohe Lied von der Sklavenbefreiung„) andererseits eine Sicht lesen, die zum Teil noch desinteressierter ist an den damaligen Ereignissen und dies so auf den Punkt bringt:

„Also sah die gewonnene Freiheit für die Schwarzen in der Realität wie folgt aus: sich entweder einzureihen in das Heer der Arbeitslosen oder das einzig vorhandene Angebot anzunehmen, das Verpflegung und Sold versprach: als Kanonenfutter im Dienst der Unionstruppen ihren Dienst zu tun. Davon haben Hunderttausende Gebrauch gemacht, und zig-Tausende sind daran verreckt.“

Da stellt sich ja dann schon die Frage, warum die Zerschlagung der Radical Reconstruction, die nach dem Sieg im amerikanischen Bürgerkrieg, in dem immerhin fast 200.000 schwarze Soldaten mitgekämpft haben, in den ehemaligen Confederate States für einige wenige Jahre den Schwarzen massiven sozialen und politischen Wandel eingebracht hatte, dann von der Jim-Crow-Reaktion so gnadenlos zurückgekämpft wurde.
Und nebenbei natürlich auch die Frage, warum denn dann alle zeitgenössischen Revolutionäre, Karl Marx ist ja nur deren Berühmtester, so eindeutig für den Sieg des Nordens eingetreten sind, wenn es so offensichtlich Jacke wie Hose gewesen sein soll, ob die Schwarzen weiter Sklaven bleiben oder Lohnsklaven werden (und ein paar, wie die Frau von Thaddeus Stevens sogar Unternehmerin!). Und da muß man auch nicht wie die IKL in ihrer Filmkritik im Workers Vanguard vom 11.01.2013 gleich zum ehernen Gesetz des historischen Fortschritts greifen.
Als eine der lesenswerteren Rezensionen zum Film ist mir etwas von einem mir ansonsten reichlich suspekten Ex-„Trotzkisten“ (dem die alle zu „sektiererisch“ gewesen sind, und der sein Glück dann mit den Sandinistas und dem ANC versucht hat) aufgefallen: „Horse-Trading Versus Struggle Paternalism and Ass-Covering in Spielberg’s “Lincoln”
Eric Foner, („the leading contemporary historian[1] of the post-Civil War Reconstruction period“) hat nur knapp in einem Leserbrief an die New York Times angemerkt:
„Slavery died on the ground, not just in the White House and the House of Representatives. That would be a dramatic story for Hollywood.“
Auch James M. McPherson, der das Standardwerk über den Bürgerkrieg geschrieben hat „Battle Cry of Freedom: The Civil War Era“ , scheint Kushner und Spielberg nichts gegeben zu haben, obwohl sie ihn auch für das Projekt zu Rate gezogen hatten.
Ich werde mir jedenfalls lieber mal wieder „Glory“ reinziehen, den Film über Robert. G. Shaw und sein 54th Regiment Massachusetts Volunteer Infantry . Denzel Washington gefällt mir eh meist besser als Daniel Day-Lewis.

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Freerk Huisken: Was hat das Waffenrecht mit Amokläufen zu tun?

25. Januar 2013 Kommentare ausgeschaltet

Freerk Huisken hat in seiner Gegenrede 26 Stellung genommen zu Amokläufen und dem Recht auf private Bewaffnung, das es zumindest in den USA einerseits als Verfassungsgrundsatz gibt, das andererseits aber seit Jahrzehnten von Staats wegen eingeschränkt werden soll und wurde, damit man auch dort einem Übergang näherkommt zu einem wirklichen Gewaltmonopol der Staatsmacht, wie es das in Deutschland seit eh und je gibt.
Er schreibt hier zur deutschen Politik:

„ … der bayrische Innenminister (SZ, 23.1.13). Er und seine Kollegen in den deutschen Landen und im Bund stehen nämlich ganz unabhängig von solchen Schulmassakern dem Waffenbesitz von Zivilisten generell sehr skeptisch gegenüber. Als Inhaber und oberste Vertreter eines staatlichen Gewaltmonopols wollen sie die erste und letzte Aufsicht über alles Gerät haben, mit dem von unbefugten Privatpersonen dieser in staatlichen Händen monopolisierten Gewalt Konkurrenz gemacht werden könnte: Sei es von Menschen, die mit der Waffe einen Eifersuchtsmord begehen, die angebliche Kinderverführer lynchen und damit das Recht in die eigenen Hände nehmen, oder die sich mit Waffengewalt Zugang zu Banktresoren verschaffen, weil ihnen diese Form von Geldbeschaffung weniger mühselig und riskant erscheint als unterbezahlte Lohnarbeit; sei es von welchen, die aus dem Untergrund heraus Ausländer abschießen oder Waffenlager anlegen, um gut gerüstet einen Aufstand gegen die herrschende Staatsmacht zuversuchen – wie das in gar nicht so fernen Weltgegenden an der Tagesordnung ist.“

Wie immer bei GSPlern fällt hier auf, daß ein wichtiger Kreis „unbefugter Privatpersonen“ erst mal nicht mal der Rede wert ist, nämlich die organisierte Arbeiterbewegung, die Linke und unterdrückte Minderheiten, wie z.B. die Schwarzen in den USA. Umso mehr hat es mich dann erstaunt, daß Freerk Huisken im folgenden dann doch ein klein wenig auf diesen zumindest für Revolutionäre ja alles andere als unwesentlichen Punkt eingegangen ist:

„In der Tat sind es die Gegensätze, die in der staatlich eingerichteten und bewachten friedlichen Marktwirtschaft immer wieder „Unfrieden“ stiften. Die sind mal materiell begründet: Jede Eigentumsübertretung durch Privatpersonen, die kein Eigentum als Geldquelle einsetzen können und deswegen vom hierzulande produzierten Reichtum ausgeschlossen sind, ist ein Bruch des Grundprinzips der herrschenden Wirtschaftsordnung und muss im Keim erstickt werden; mal sind es die psychologischen Konsequenzen der Konkurrenzgesellschaft, die innerhalb des Privatlebens der Bürger zu Gewalttätigkeiten aller Art führen und auch für „Jugendgewalt“ verantwortlich sind; mal ist es der organisierte Widerstand gegen „undeutsche Elemente“, mit dem enttäuschte braune Nationalisten wie der NSU sich mordend bemerkbar machen; und mal ist es der Widerstand gegen das ganze System, zu dem zuletzt die RAF angetreten ist. All dies hat dem Staat eines deutlich gemacht: Trotz des mit allen demokratischen Mitteln wie Gesetzeszwang und erlaubter konstruktiver Kritik hergestellten freiwilligen Gehorsams der Mehrheit des Staatsvolks muss er auf es acht gegeben werden. Denn Gründe für Protest, Widerstand und unerlaubte Gegenwehr schaffen die Regierungen in jeder Legislaturperiode genug. Und das wissen sie auch. Deswegen ist jede Verschärfung des Waffenrechts nichts als eine weitere Absicherung seines Gewaltmonopols und damit der politischen und ökonomischen Zwecke, für die es eingerichtet ist.“

Oder anders formuliert, man muß nun wirklich kein Neo-RAFler sein, um als Linker was gegen das Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates zu haben. Das was ich zu diesem Thema von GSPler gehört habe, konnte ich jedenfalls häufig nur schwer vom „gewaltfreien“ Gejammer von hiesigen liberalen Staatsfans unterscheiden.
Ich hatte vor einer Weile zum Thema schon mal einen Hinweis gemacht „Was bedeuten Waffen in „Privat“-Hand?

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MSZ-Archiv jetzt bis Ende 1976

17. Januar 2013 Kommentare ausgeschaltet

Im Online-Archiv der digitalisierten frühen Ausgaben der „Marxistischen Studentenzeitung“ (MSZ) der „Hochschulzeitung der AK für die BRD und Westberlin“ sind nach Mühen nun die Ausgaben bis Dezember 1976 verfügbar (aus den ersten Ausgaben nur die Artikel, die im Sammelnachdruckband des ersten Jahrgangs aufgenommen worden sind.

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Komplette MEW als PDFs!!

19. Dezember 2012 18 Kommentare

Auf der Webseite „Marx wirklich studieren!“ wird auf ein Projekt des Verlags Olga Benario und Herbert Baum hingewiesen:

Es ist ein großes Anliegen des Verlages Olga Benario und Herbert Baum, die bisher nur gedruckt vorliegenden Werke von Marx und Engels („MEW“) nun digitalisiert als PDF-Dateien vorlegen zu können. Das wichtige Studium dieser grundlegenden Quellen des wissenschaftlichen Kommunismus wird dadurch erheblich erleichtert. Auch das rasche Auffinden einzelner Textpassagen kann durch die Suchfunktion in den PDF-Dateien stark erleichtert werden. Allerdings ist und bleibt das Studium selbst aus unserer Sicht unerläßlich.
Die MEW haben in den letzten Jahrzehnten eine sehr große Verbreitung gefunden. Jede wissenschaftliche Beschäftigung mit Marx und Engels ist damit konfrontiert, daß in der Regel aus diesen MEW zitiert wird. Daher wird in der Regel noch für viele Jahre auf die hier in digitalisierter Form vorliegende MEW zurückgegriffen werden müssen. Bei speziellen Forschungen kann und sollte jedoch auch auf die schon erschienenen Bände der ersten und zweiten MEGA zurückgegriffen werden.
Aber auch dort gilt, was wir auch zu den MEW feststellen müssen: Vorbemerkungen, Fußnoten, Anmerkungen und Informationen im Anhang über in den einzelnen Schriften vorkommende Personen und geschichtliche Ereignisse sind nur mit Vorbehalt zu empfehlen. Neben wichtigen Hintergrundinformationen und Fakten sind auch inhaltliche Färbungen, ja auch Verfälschungen des Ideengehalts der Schriften von Marx und Engels in diesem „Apparat“ enthalten. Der kritischen Leserschaft wird auffallen, daß gerade umstrittene theoretische Fragen wie etwa die Frage des sogenannten „friedlichen Weges“ oder die Frage der Fortsetzung und Verschärfung des Klassenkampfes im Sozialismus in den Vorwörtern im Sinne des modernen Revisionismus, im Sinne des revisionistischen Parteitags der KPDSU 1956 interpretiert wurden, also nicht im Sinne von Marx und Engels, sondern im Sinne der Chruschtschow-Breschnew-Revisionisten, im Sinne der revisionistischen Verfälschungen des ZK der SED interpretiert wurden.

Ich bin durch den Hinweis des Bloggers Anthraxit darauf gestoßen, den wiederum jemand bei Facebook gepostet hatte.
(Der maoistische Verlag (von Gegen die Strömung) ist manchmal schwer ereichbar. Es handelt sich um Image-over-Text-OCR-Scans der Dietzausgabe, also um „Bilder“ der Seiten mit einem per OCR umgewandelten suchbaren Text „dahinter“. Die korrekten links hat entdinglichung)

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Peter Decker: … in eigener Sache II

15. Dezember 2012 4 Kommentare

Peter Decker hat bei seiner letzten Veranstaltung zum Euro am 11.12.2012 in Berlin zum Schluß nach der praktisch immer aufkommenden Frage der Alternative, was „man“ denn überhaupt „tun“ könne, wieder eine Art Nachtrag vorgebracht, der in gewisser Weise anknüpft an das, was er neulich in Nürnberg bei der Veranstaltung zum Demonstrieren vorgetragen hatte:
„Zu deinem Satz, „Es gibt da keinen Übergang“, den du sagst, auch zum Satz, „Ja, was ist denn deine Antwort? Und dann ist die Antwort: Weltrevolution!“: Das hat wirklich etwas „Unpraktisches“. Das hat wirklich was von „Bis dorthin gar nichts und dann Alles? Wie soll man da hinkommen?“ Dieses Argument würde ich nicht empfehlen. Es muß schon irgendwie einen Weg „dahin“ auch geben. Es kann nicht sein, dass erst, wenn die allgemeine Stimmung (weißgott wodurch) und der allgemeine Wille (weißgott wie) soweit sind usw., dann löst sich Alles. So kann es nicht gehen. Daß waren jetzt aber nur Bemerkungen zu einer Art Antwort, die du da aus dem Saal gekriegt hast.
Anders rum: Der Stoff, mit den Wohnungen oder der Stoff mit Opel, an diesem Stoff zeigen: Dafür müsst ihr jetzt bluten, das sind die Zwecke, denen ihr geopfert werdet, das ist unser Gewerbe (mein Gewerbe jedenfalls). Das ist „Praxis“ an dieser Stelle. Das ist nicht dasselbe wie: „Leute, bleibt bei Opel drin und macht eine selbstverwaltete Fabrik“. Letzteres halte ich für keine Antwort, auch keinen Schritt in Richtung der Einsicht, dass der Kapitalismus weg muß. Fast wäre es ja eine „Einsicht“, „Es geht doch auch, ohne dass der weggeht!“ Aber die Hauptsache gegen die selbstverwaltete Fabrik ist doch, dass man selbstverwaltet ungefähr dasselbe machen muß wie bisher fremdverwaltet, weil man sich am Markt behaupten muß. Sonst hat man eben keine Chance als Gewerbetreibender.
Und da ist der Gedanke, betrachten wir Opel (die Bochumer Fabrik) doch mal als Gebrauchswert (das war vorhin in der Rede drin), den halte ich für ganz daneben: Den Gegensatz vom Gebrauchswert und dem Zweck, den es gibt, also den herrschenden ökonomischen Zweck (Wert vermehren, Geld machen), diesen Gegensatz darlegen, ist eine einfache Sache. Aber dann ein Element des Kapitals zu nehmen, (und man muß doch erst einmal sagen, dass diese Fabrik hinkonstruiert ist als Element in der Arbeitsteilung von Opel usw.), dieser Gebrauchswert ist überhaupt nichts außerhalb seiner kapitalistischen Nützlichkeit. Ja, dass wissen wir aus den anderen Städten ja auch: Da hört irgendeine Industrie auf und irgendwas (darum müssen wir uns als Linke nun wirklich nicht zu sorgen) findet die Stadt schon. Aber das macht dann die mit ihrer Überlegung und dann sind da halt Fitness-Center drin und alles Mögliche noch. Es findet eine neue Verwendung der Räume statt, aber die ist selbstverständlich wieder kapitalistisch kalkuliert usw. Das ist für Niemanden ein Ausweg. Und ich glaube noch nicht einmal, dass du im Ernst meinst, dass das ein Ausweg wäre.
Du denkst mehr an die Seite: Und da haben Leute mal gegen das Eigentum verstoßen. Dann sind sie mal in einer Wohnung sitzen geblieben, wo sie das eigentlich nicht mehr durften. Und das gibt es ja, dass Leute sagen: Meine Not ist jetzt so dringend, dass ich das Eigentum, dass ich ja sonst kenne und im Prinzip auch immer respektiert habe, an dieser Stelle nicht mehr respektieren kann. Das hat aber wirklich nichts mit Kritik der Eigentumsverhältnisse zu tun! Das ist der Standpunkt quasi des Mundraubs, den kennt sogar das bürgerliche Recht: Es gibt extreme Situationen, da wird anerkannt, dass das Recht des Eigentums nicht das einzige Recht ist, dass es im Land gibt. Jemand hat vorhin erzählt, dass die Spanier, die in ihren Wohnungen sitzen bleiben, und jetzt liest man, dass Gerichte sich sogar weigern, die Räumungsbefehle auszustellen. Dann hat man das Recht anerkannt, dass es in Situationen großer Not, dass aus dem Standpunkt, (der gar nicht menschenfreundlich ist), dass ein Staat ein Volk hat und dass das Volk die Grundlage der Staatsmacht ist, dass es da noch andere Gesichtspunkte gibt, als dem Eigentum immer recht zu geben, das gehört selber noch zur kapitalistischen Gesellschaft und ist in keinster Weise schon ein Schritt über sie hinaus!
Es ist wirklich etwas Anderes zu erläutern: Den Gegensatz (wenn ich so marxistisch rede) von Tauschwert und Gebrauchswert, den Gegensatz von Bedürfnis und Geldmachen. Und eine Organisation aufbauen, die diesen Gegensatz zu beseitigen zu ihrem Zweck macht. Das ist etwas ganz Anderes als in bestimmten extremen Situationen darauf zu bestehen, dass das Eigentum auch die Not, wenn sie ganz am Größten ist, anerkennen muß. Und den Unterschied, den würde ich auf alle Fälle hochhalten wollen. Der Übergang in Notbewältigung hat einfach nichts mit linkem Aufstand zu tun, es ist auch kein Schritt dorthin. Es gehört in die ganz normale Politik, in die Aufregungen, die der Kapitalismus in den Völker erzeugt – muß er ja –, wenn die Menschen verhungern, dann muß doch irgendwer mal sagen, „gibt es jetzt nicht mal was?“ Das ist völlig klar, aber das hat nichts tu tun mit Kritik an, Protest gegen und Angriff auf die Eigentumsordnung zu tun. Und diese Unterscheidung, die möchte ich auf jeden Fall hochhalten. Und da gebe ich noch immer jedem tausendmal recht, der sagt, „Die Weltrevolution fällt doch nicht vom Himmel“.
Nein, wir müßten dort, wo eine Macht (und das können übrigens nicht die Mieter sein), gegen das Kapital existieren kann, weil die Arbeitsleistungen der Lohnabhängigen gebraucht wird für die Gewinnemacherei, wo also welche eine Macht haben, dort das Bewusstsein schaffen, dass der Zweck, Geld zu machen, unverträglich ist mit dem Zweck, bequem zu leben. Und denen ausreden, dass sie als abhängige Variable des Geschäftsgangs ihre Chance haben. Das halte ich für eine Aufgabe, auch eine „praktische“. Und jeder Fortschritt an dieser Stelle ist ein Fortschritt. Aber das ist nicht zu verwechseln mit Notreaktionen in äußersten Notlagen.
[Einwand aus dem Publikum: Dann ist doch die Frage, wie man so was fortführt. Meine Begründung wäre, gesellschaftliche Produktion wird gesellschaftlich angeeignet, das würde ich dort so vertreten.]
Das hat doch den Charakter: Du interpretierst eine Notaktion von Mietern mit quasimarxistischem Hintergrund, du verschaffst einer Aktion, wo kein Schwein daran denkt, „Jetzt greife ich das Privateigentum an!“, (sie tun das übrigens objektiv), wo dieser Standpunkt uberhaupt nicht vorherrscht, eine Interpretation, und dann hält man sich nicht an die Sache sondern an die Interpretation, das wäre der Anfang vom nicht mehr Gelten lassen des Eigentums. Und da muß ich sagen: Das steckt in der Aktion nicht drin!
[Einwand aus dem Publikum: Das ist eine Frage davon, wie man das den Leuten nahe bringt. Dann begreifen sie, das sie in diesem Punkt die Eigentumsverhältnisse nicht mehr akzeptieren.]
Nimmst du nicht sogar dies zu hoch? Daß sie an diesem Punkt die Eigentumsverhältnisse nicht mehr akzeptieren, du nimmst sogar das noch zu hochwertig: Was akzeptieren sie denn? An diesem Punkt sagen sie, „Der Vermieter soll mal damit leben, dass ich die Miete nicht zahlen kann, die er fordert. Das gibt es im Geschäftsleben überhaupt: Es gibt ja den Standpunkt auch beim Schuldner-Gläubiger-Verhältnis, der Gläubiger soll mal einsehen, dass er einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen kann, er soll zu einer „Restrukturierung“ der Schuldverhältnisse bereit sein. Das ist doch kein Angriff auf den Kredit! Das gehört zum Kreditwesen dazu, dass es solche Restukturierungen von Schuldverhältnissen gibt. Und es gehört eben auch zum Mietwesen dazu, dass es – mit verschiedenen staatlichen Gesetzen ja ohnehin schon vorbedacht – Ausnahmen von der Pflicht, Mietzins zu zahlen gibt, wenn es gar nicht mehr anders geht.
[Publikum: Zu Opel, ist es möglich, dort etwas zu machen? Leute macht euch doch mal Gedanken, was könnte man mit dieser Fabrik denn Nützliches produzieren? Und dann schaut man mal, was dabei rauskommt. Das werden dann wahrscheinlich keine Autos sein, (davon gibt es ja schon genug!), aber vielleicht baut man dann Busse oder Gondelbahnen. Das ist doch das wovon wir träumen, von einer neuen Gesellschaft! …]
Ich finde, der Gedanke, die Opelaner, die Bochumer sollten sich überlegen, was man mit der Fabrik an Nützlichem anstellen könnte, den finde ich jetzt wieder gegenüber der Eigentumsfrage usw. naiv. Da fällt doch jedem irgendwas ein. Das ist doch überhaupt keine Kunst. Oder, drehen wir es um: Es wird ganz schwer sein, dass den Leuten was einfällt, denn für alles Nützliche ist im Kapitalismus schon vorgesorgt. Bloß für das, was keiner bezahlen kann, ist nicht vorgesorgt. Sonst gibt es ja Alles. Du wirst schlecht sagen können, machen wir halt keine Autos, machen wir Handys, oder machen wir keine Handys, machen wir Waschmaschinen. Mit allem wirst du dabei landen, dass es das schon Alles gibt. Das war die eine Seite. Am Schluß kommt ein Kinderspielplatz, weil es zuwenig Kindergärten gibt, und die Beiträge für die Kindergärten zu teuer sind.
Ich bin prima im Niederreden von solchen Hoffnungsideen. Ursprünglich habe ich diese Beiträge zu Opel und den Wohnungen aufgefasst in dem Sinne einer Empfehlung, da könnte man doch reinstoßen, da würde man doch praktisch was zu tun haben. Im weiteren Verlauf hat es sich mehr in die andere Richtung verschoben, da tut sich doch schon was, Leute, das Gute ist schon unterwegs! Man bräuchte es nur zu sehen. Nach der Seite hin, da sehe ich sowieso nicht, wieso man sich über so was Gedanken machen sollte: Wenn es schon unterwegs ist, umso besser! Damit brauche ich mich doch nicht zu befassen, ich muß mich doch damit befassen, dass viel zu wenig unterwegs ist. Das lohnt ja kaum zu streiten, ja ja, da ist was Gutes unterwegs! Jaja, bitte, bitte. Was macht’s mir?“

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Das Fest der Liebe – Weihnachten in liebloser Zeit (MSZ 14 1976)

9. Dezember 2012 4 Kommentare

Auf der Archivseite für Artikel, die in der „Marxistischen Studentenzeitung“ (MSZ) der Marxistischen Gruppe von 1974 bis 1980 erschienen sind, wurde jetzt sozusagen hochaktuell ein Artikel aus der Nr. 14 vom 13.12.1976 zu Weihnachten hochgeladen.

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[online] 11.12.12 ¦ Berlin ¦ Der EURO – ein Weltmachtprojekt nach innen und außen

5. Dezember 2012 196 Kommentare

Der GegenStandpunkt wird am Dienstag, dem 11.12.2012 eine weitere Veranstaltung zur Krise in Europa machen im Mehringhof mit Peter Decker als Referenten.
Thema:
Die beinharte Krisenkonkurrenz um die Rettung der Währungsunion wirft ein Licht auf das europäische Friedenswerk
Der EURO – ein Weltmachtprojekt nach innen und außen
Referent: Peter Decker
Datum: 11.12.2012
Beginn: 19:30 Uhr
Ort: Mehringhof, Versammlungsraum,
Gneisenaustr. 2a, Berlin-Kreuzberg
Im Ankündigungstext heißt es:

Nach drei Jahren Euro-Rettung steht mehreres fest:
Erstens ist nichts bewältigt und erledigt. Im Gegenteil. Das Misstrauen der Finanzmärkte in die dauerhafte Bedienung der Staatsschulden, das sich zuerst auf Griechenland gerichtet hatte, weitet sich immer mehr aus: Inzwischen haben auch viel größere und wirtschaftlich potentere Mitgliedsländer wie Italien und Spanien ihren Kredit beim Finanzkapital verloren. Sogar Frankreich wird als möglicher Problemfall gehandelt.
Zweitens wird die Verteidigung der Euro-Zone und die finanzielle Stabilisierung ihrer Wackelkandidaten sehr, womöglich unabsehbar teuer, so dass sogar die Kreditwürdigkeit des deutschen Stabilitätsankers der Währungsunion durch sie beschädigt zu werden droht.
Drittens muss die Euro-Rettung gleichwohl unbedingt sein. Sie ist „alternativlos“. „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“, sagt die Kanzlerin.
Viertens, darauf besteht besonders Berlin, ist die Rettung des Euro mit der heutigen Währungsunion nicht zu machen. Die ganze EU muss umgekrempelt, zum Teil neu konstruiert und beschlossen werden, um an die Stelle der existierenden eine „echte Wirtschafts- und Währungsunion“ zu setzen, in der die Mitgliedsländer nach der Hoheit über die Geldschöpfung auch die Hoheit über ihre staatlichen Haushalte aufgeben und sich ihre Steuer-und Schuldenpolitik von einem europäischen Finanzminister genehmigen lassen. Die Mitglieder, auch darauf besteht vor allem Berlin, können nicht den Euro haben und zugleich die souveränen Herren ihrer nationalen Haushaltsführung bleiben. Für das europäische Geld ist das Opfer des Allerheiligsten ihrer Nationen fällig.
Warum?
Was ist der Euro für ein Ding, dass er sich mit der Souveränität seiner 17 nationalen Eigentümer nicht verträgt?
Was hängt alles an den Zetteln der EZB in Frankfurt?
Und warum ist Deutschland, der mitgefangene Hauptgläubiger der Pleitestaaten, so entschlossen, das Abenteuer Euro nicht nur fortzusetzen, sondern zu radikalisieren und „Europa zu vollenden“?
Antworten auf diese Fragen werden auf der Veranstaltung gegeben und erörtert.

Update: Die Aufzeichnung der Veranstaltung steht im Audio-Archiv der KK-Gruppe zum Download bereit:
http://kk-gruppe.net/mp3/Decker%20Euro%20Berlin%2011.12.2012.mp3

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Zum Stellenwert des Demonstrierens für Kommunisten

2. Dezember 2012 8 Kommentare

Der GegenStandpunkt hat ja in letzter Zeit mehrere Veranstaltungen gemacht zu Blockupy gemacht. Und mich dabei in mehrfacher Weise überrascht: In Frankfurt hat der erste Genosse, der referiert hat, ähnlich jetzt im Artikel in der Nr. 42 von versus und damit in Anlehnung an den Artikel im GegenStandpunkt 3-12 S. 18, für mich erstaunlich positiv vom Demonstrieren geredet „Die [vorgebrachten] Argumente sind keine dagegen, dass man Demonstrationen macht. Man sollte sich nur im Klaren darüber sein, dass das ein sehr bescheidenes Mittel ist, und mit welchen Haken und Ösen es seitens des Staatsapparats verbunden wird. Also, vor welche Frage man da eigentlich gestellt wird. Aber, wie gesagt, kein Einwand dagegen, dass man Demos macht.“ (Es gibt im „Umkreis des GSP“ ja auch Genossen, die da strikt dagegen sind nach dem Motto „Also, an “Demos – nein danke“ würde ich nahtlos anschließen: “Revo – ja bitte!“. In der versus-Version (die sich nur leicht stilistisch vom Heftartikel unterscheidet), heißt es dazu:
„Die Aktivisten von Blockupy stören den demokratisch-kapitalistischen Normalvollzug, um mit ihrer Kritik in einer derartig hermetisch-affirmativen Öffentlichkeit wie der unseren überhaupt als abweichende Auffassung zur Geltung zu kommen. Diese Störung soll nachdrücklich ausfallen, weil die Demonstranten eines klarmachen wollen: Ihre Kritik am Finanzkapital und dessen staatlicher Protektion ist nicht bloß theoretisch gemeint, eine redliche aber praktisch belanglose Meinung eben, sondern sie gehört praktiziert als politischer Wille, der auf Unterbindung der kritisierten Machenschaften und Allianzen zielt. Die Bevölkerung soll sich dieser Kritik anschließen, damit diese praktisch wirksam wird.“
In Nürnberg hat den Peter Decker sozusagen wieder in die andere Richtung Schlußbemerkungen gemacht, ich habe sie abgeschrieben und hier gepostet
In Berlin hat wiederum Manfred Freiling dann recht pikiert reagiert, als ich Peter Deckers Bemerkungen nach seinem Vortrag auch noch nachgereicht habe, denn, wie ich das gerade vom ihm auch erwartet hatte, hat er die Argumente von Peter Decker nämlich nicht vorgetragen. Das war besonders irre, weil bei der Berliner Veranstaltung fast ausschließlich langjährige GSP-Unterstützer saßen, von denen wohl keiner in den letzten Jahren auf die Idee gekommen ist, es sei eine gute kommunistische Idee, den „den demokratisch-kapitalistischen Normalvollzug“ nicht nur stören zu wollen, sondern dies auch tatsächlich, wie symbolisch auch immer, in die Tat umzusetzen. (Immerhin hat dann ein junger „Militanter“ mit „Migrationshintergrund“ das hohe Lied der Randaledemos zur Rekrutierung von Kids angeführt, die man mit lahmen Flugblättern nicht erreichen könne, weil man deren Sprache und Lebensgefühl nicht treffe, sonst gab es null Diskussion).
Auf jeden Fall hätte ich es gern gehört, wenn neben dem Verriß des Demonstrationsrechts auch ein Verriß der Vorstellung gekommen wäre, ausgerechnet über die bürgerlichen Medien seinem minoritären (und vor allem natürlich von einem kommunistischen Standpunkt aus) „abweichenden Standpunkt“ Aufmerksamkeit verschaffen zu können. Um dann dranzuhängen, was eine Demoteilnahme für Kommunisten überhaupt leisten kann. Denn es ist ja nicht so, daß das immer ganz verkehrt wäre, selbst die Marxistische Gruppe hat ja schon mal mächtig aufgedreht (ich habe darauf ja auch extra hingewiesen).
Was bringt dann für Kommunisten das Demonstrieren? Mehr…

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Peter Decker: … in eigener Sache

21. November 2012 25 Kommentare

Die Schlußbemerkungen von Peter Decker bei der Veranstaltung zum Thema „Wie die Demokratie Protest unschädlich macht – Die Praxis des Demonstrationsrecht am Beispiel der Blockupy-Aktionstage in Frankfurt“ am 15.11.2012 in Nürnberg:

„Ein Nachtrag, der ein bißchen an Aktivisten des Demonstrierens hinredet. Es gibt unter den linken Organisationen eine ziemlich feste Meinung, daß Vorträge halten und Flugblätter produzieren und verteilen, Schriften produzieren und verteilen, daß das „Theorie“ ist. Das kann schon respektabel sein, aber es ist bloß „Theorie“. Demonstrieren ist „Praxis“, und zwar die Praxis.
Denen möchte ich gerne sagen, die heutige Besprechung der Demonstration als Mittel, für ein Anliegen Aufmerksamkeit zu erwecken, sollte ein bißchen gezeigt haben, daß diese Praxis – ohne daß ich jemandem deshalb den Vorwurf machen will, wenn er demonstriert, das ist nicht verkehrt – bedeutet, sich den Organen der Öffentlichkeit ausliefern, damit die was aus der eigenen Sache machen. Und die machen dann daraus, was sie wollen. Das ist unvermeidlich, das ist kein Fehler.
Dann sollte man verstehen: Praxis im Sinne eines politischen Kampfes um „Macht“, um die Fähigkeit, den Lauf der Dinge zu bestimmen, ist etwas ganz anderes als Demonstrieren. Wer das will, der muß an die Grundlagen der Macht gehen, der muß dran gehen, worauf beruht denn dieses Gemeinwesen? Das ist ein ganz anderes Feld. Letzen Endes ist das das Feld, wo die Arbeiterschaft den Reichtum dieser Gesellschaft produziert. Wenn die sich verweigern, das ist ein wirklicher Hebel, das ist ein wirkliches Mittel der Macht. Demonstrieren ist dann selber bloß das Demonstrieren von praktischem Willen. Das hat was, ja, und das soll man auch nicht leugnen. Es ist wie auf dem Feld des Theaters das Dementi, daß es bloße Meinung sei. Das ist nicht unrespektabel. Aber es ist doch bloß auf dem Feld des Theaters das Dementi, daß es bloße Meinung sei. Die sagen, Demo ist doch die Praxis! Reden ist Theorie, Demo ist Praxis! Jetzt will ich sagen, aber Leute, vergeßt bitte dabei nicht: Praxis ist bloß Demo! Und das ist nicht dasselbe als wenn ich sagen wollte, man soll nicht demonstrieren. Daß soll man. Aber man soll wissen, auf was man sich einläßt. Daß man da bloß ein Mittel hat, dessen fragwürdige Seiten wir heute durchgenommen haben, ein Mittel der Verbreitung eine kritische Auffassung betätigen, daß sich durchaus vergleichen muß mit: Was ist besser, 10 000 Flugblätter mit ein paar Argumenten oder 10 000 Demonstranten mit einer Parole? Da kann man für beides was anführen, aber man soll nicht so tun, daß das eine „Politik“ wäre und das andere „Theoriewichserei“.
Das jetzt an die – sind wahrscheinlich nicht da, wie immer – Aktivisten des Demonstrierens: Einfach mal überlegen: Ist das, was sie für die Praxis halten, ist das wirklich was anderes als auch nur ein Mittel, einen Standpunkt bekanntzumachen? Wem das klar ist, der ist dann auch bereit, praktisch die Vergleichbarkeit der Mittel ins Auge zu fassen und auch den Riesenaufwand, den es kostet eine nationale Demo irgendwo zu organisieren, ins Verhältnis zu dem Nutzen zu setzen, der damit verbunden ist. Das war jetzt mal hinzugesetzt von mir, von uns, das Moment des Praktischen an diesen Überlegungen.“

Zur Erinnerung, was die eigene Sache mal war:
http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/81/81_6/demo.htm
So deutlich haben das die Genossen in Frankfurt übrigens nicht vorgetragen, da klang das stellenweise so, als wenn die Demokratie es so hinorganisiert habe, daß das Demonstrationsrecht einem Demonstranten den Schneid per se unvermeidlich abkaufen müßte.

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Fundgrube MSZ: Zum Tode Mao-Tse-Tungs

8. November 2012 Kommentare ausgeschaltet

Anläßlich des obligatorischen aktuellen „Machtwechsels“ in der VR China, also der Auswechslung der führenden Kader von Partei und Staat, was dort so alle 10 Jahre organisiert wird, möchte ich hier einen alten Grundsatz-Artikel aus der MSZ hervorholen, der zum Tod von Mao Zedong im Oktober 1976 erschien. Er wird demnächst auch auf der Archivseite für die alten MSZ http://msz1974-80.net zu lesen sein.
Update: Der Artikel ist im Archiv jetzt hier online.

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Antifa, nationalism and democracy (Interview with F.Huisken in „Weekly Worker“, CPGB)

27. Oktober 2012 5 Kommentare

Die meisten stalinistischen Parteien sind nicht mehr das, was sie mal waren und für die die Communist Party of Great Britain (Provisional Central Committee) (CPGB-PCC) gilt das allemal. Sie ist bekannt für ihre „Zeitung“, den „Weekly Worker“, über die Wikipedia schreibt: „The paper is well known on the left for its polemical articles, close attention to Marxist theory and the politics of other Marxist groups. It claims an online readership averaging over 20,000 a week[1] but only prints 500 copies per week.“
Und so verwundert es dann doch nicht, daß der Weekly Worker im April 2012 in seiner Ausgabe 911 ein Interview mit Freerk Huisken unter dem Titel „Antifa, nationalism and democracy“ gebracht hat (habe ich bei Facebook gefunden):
In last week’s issue of the Weekly Worker, we looked at the institutional anti-fascism of the German state.[1] But what about the anti-fascism of the German left? Surely, in a country that has seen an exponential rise of far-right activity following reunification, the left has developed a thorough political analysis of neo-fascism, coupled with a scathing anti-capitalist critique?
Unfortunately, nothing could be further from the truth. On the left, the “German neurosis” that we described last week finds its expression in abstruse phenomena such as the pro-imperialist, pro-Zionist ‘anti-German’ movement. Peddling slogans which, at their most extreme, wish death and destruction upon the German masses, the ‘anti-German’ movement is based on a simple political error: it conflated the imperialist project of ‘reunification’ with the confused, resentful and often murderous far-right reaction to its material effects in the former German Democratic Republic. It must have somehow escaped the ‘anti-Germans’, who attribute neo-Nazism to some defect in the German national DNA, that the entire former Soviet bloc, including Russia and Poland, has seen very much the same sort of developments since 1989.
Elsewhere on the German left, things do not look a lot better. Though taking its name from the Communist Party of Germany’s street fighting squad of the 1930s, the present day Antifaschistische Aktion (Antifa) is a somewhat ramshackle alliance of anarchists, leftists and – let us be honest – left liberals who regard fascism as the central threat facing humanity today. Divided into mutually hostile ‘anti-German’ and more traditionally anti-fascist camps, Antifa’s programmatic propensity to treat mere symptoms at the expense of proposing a cure is reflected in the broader anti-fascist discourse that dominates the Left Party (‘Die Linke’) and the publications close to it.[2]
The German writer and academic, Freerk Huisken is that rare thing on the German left: a Marxist voice critical of left anti-fascism. In his new book, Der demokratische Schoss ist fruchtbar (‘The democratic womb is fertile’), he argues that the left’s anti-fascist critique is in a poor state and, furthermore, that “democrats of all stripes” are incapable of criticising fascism.[3]
Much as comrade Huisken’s book is refreshingly provocative, I would argue with some of his views. In the course of this email interview, I felt Huisken had a tendency to blur the distinction between democracy under capitalism and fascism, misinterpreting any objective evaluation of the different conditions of class struggle under these two forms of bourgeois rule as apologia for the latter. Then there is his idiosyncratic understanding of ‘democracy’, which, in my view, has more to do with Bordigist and various other left communist interpretations than it does with the actual, radically democratic programme espoused by Marx and Engels. However, I decided to leave further discussion around the dictatorship of the proletariat for another time. Mehr…

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Kritik des linken Antifaschismus (Huisken im Interview beim Freien Radio Potsdam)

8. Oktober 2012 2 Kommentare

Freerk Huisken (vom GegenStandpunkt) hat am letzten Wochenende in Berlin sowohl einen Vortrag mit Diskussion zur Kritik des linken Antifaschismus gehalten (am 5.10.2012 im Mehringhof, der Mitschnitt ist bei argudiss erhältlich), als auch am einen Workshop dazu (am 6.10.2012).
Jobst vom Freien Radio Potsdam hat für seine regelmäßige Sendung „Salatschatten“ am Samstag ein Interview mit Freerk Huisken gemacht. Ich habe das reine Interview aus seiner Sendung vom 8.10.2012 rausgeschnitten und hier hochgeladen, Jobst hat angekündigt, daß die Sendung demnächst auch dort runterladbar sein wird.

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Briefwechsel mit Herrn Keiner

22. September 2012 Kommentare ausgeschaltet

Ulrich Schulte hat jetzt auf seiner Herr-Keiner-Web-Seite auch einige Briefwechsel zu seinen Geschichten veröffentlicht.

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05./06.10.12 ¦ Berlin ¦ Vortrag und Workshop des GegenStandpunkt mit Freerk Huisken

21. September 2012 Kommentare ausgeschaltet

Referent: Freerk Huisken
Datum: 05.10.2012 / 06.10.2012
Beginn: 18:30 Uhr / 16:00 Uhr
Ort: Mehringhof, Gneisenaustr. 2, U-Bahnhof Mehringdamm
Bundespräsident Gauck: „Unsere Heimat kommt nicht in braune Hände!“
Die Antifa: „Kein Fußbreit den Faschisten!“
Eine Allianz antifaschistischer Reinigungskolonnen?

Dem Gehalt der Parolen nach schon. Mit gleichen Absichten? Die politische Elite will sich einer unerwünschten politischen Konkurrenz entledigen. Und die linken Antifaschisten? Träumen sie weiter von einer wahren Demokratie, in der Faschisten nichts zu suchen haben? Gibt es deswegen bei ihnen auch Beifall, wenn regierende Demokraten gegen Neofaschisten ihre Machtmittel einsetzen? Wo sie doch selbst regelmäßig ins Visier der Staatsgewalt geraten. Für den demokratischen Staat gibt es diese Allianz nämlich nicht. Er kennt nur Extremisten — rechte und linke.
Demokraten aller Couleur können (Neo-)Faschisten nicht wirklich kritisieren, lautet Freerk Huiskens provokantes Fazit in seinem Buch „Der demokratische Schoß ist fruchtbar…“ Das Elend mit der Kritik am (Neo-)Faschismus: Verfassungsschutz, Bundeszentrale für politische Bildung, viele der Volksparteien, aber auch Gewerkschaften und einige Antifa-Bündnisse stellen bei ihrem Kampf gegen Neonazis deren Kleidung vor, decodieren Zahlencodes und benennen rechtsextreme Musiklabels. Es wird enttarnt, was sie offen zeigen, wenn sie sich präsentieren. Diese Art der „Auseinandersetzung“ lebt von der Vorstellung, Jugendliche würden sich abwenden, wenn sie nur erkennen könnten, wie Neonazis sich kleiden und welche Mucke sie hören. Weit gefehlt, denn diese sind vor allem enttäuschte Nationalisten, die die Verschwendung nationaler Ressourcen durch undeutsche Unternehmenspolitik anprangern, am globalen Kapitalismus gerade nicht den weltweiten Siegeszug eines Ausbeutungssystems kritisieren, sondern beklagen, dass sich gute deutsche Unternehmen in internationale Konzerne verwandeln. Damit kommen gute Demokraten in Schwierigkeiten, entdecken sie doch bei der unerwünschten Konkurrenz Einvernehmen mit dem eigenen höchsten politischen Ziel: Dem Erfolg der Nation, um Deutschland ökonomisch und politisch voran zu bringen. Und so verkommen Verbotsdebatten, Enttarnungen und Steckbriefe sowie die Warnung, dass der Schoss noch fruchtbar sei, zu einer Ehrenrettung von Nationalbewusstsein zum Segen des demokratisch regierten Kapitalismus. Daran sollte man sich wirklich nicht beteiligen.

Der Mitschnitt ist bei argudiss erhältlich

Sonnabend 06.10.2012 Beginn: 16:00 Uhr
Workshop mit Freerk Huisken zum Thema: Wie man Nationalismus und Rassismus kritisiert und wie lieber nicht.

Es häufen sich die Publikationen über „Argumente gegen Stammtischparolen“ (Hufer u.a.). Ihnen ist zu entnehmen, wie man auf rechte und rechtsextreme Reden hereinfällt. Dagegen soll exemplarisch erarbeitet werden, wie man nationalistische und rassistische Reden richtig kritisiert.
(siehe auch http://www.kk-gruppe.net/)

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Klarstellungen über die sozialistische Revolution

19. September 2012 51 Kommentare

Ein Genosse hat mir die folgende Abschrift der Einleitung des Vortrags von Konrad Hecker von der damaligen Marxistischen Gruppe aus 1987 „70 Jahre Oktoberrevolution – Der Weg der KPdSU – Von der Verwirklichung einer Kritik an Staat und Kapital zum Bekenntnis, keine Revolution mehr zu wollen“ geschickt:
„Eine sozialistische Revolution, wie sie vor 70 Jahren durchgeführt worden ist von den Bolschewiken, ist alles andere als ein Machtwechsel, so sehr bürgerliche Begutachter die Oktoberevolution immer nach dem Muster eines Regierungswechsels zu deuten bemüht sind. Es hat jetzt im deutschen Fernsehen zum ersten Mal die interessante Kritik an der Oktoberrevolution gegeben, sie wäre eigentlich viel weniger blutig verlaufen, als die Kommunisten das immer darstellen im Nachhinein zum Zwecke einer verwerfliche Legendenbildung. Das zielt in die Richtung der einen Schule der bürgerlichen Interpretation dieses Ereignisses, die deren Bedeutung runterspielen will. Das geht aus von dem Urteil, ein bedeutendes Ereignis, das ist eine Sache, vor der man irgendwo auch Ehrfurcht haben kann, und weil man der Oktoberrevolution diese Ehrfurcht versagen will, soll sie gar kein große Revolution gewesen sein, sondern so etwas der Übergang vom Zaren zum Lenin. Der neue rote Zar saß dann von da an im Kreml. Es gibt neuerdings auch die Deutung, die Kommunisten hätten in letzter Minute noch die einzige historische Chance der Demokratie in Russland verhindert. Das wird dem, was damals passiert ist und was eine Revolution eben ist und was die damals war, nicht so ganz gerecht.
Eine Revolution ist kein Machtwechsel, sondern ein Umsturz, der bedeutet, dass alles was in der Gesellschaft bisher gegolten hat, nicht mehr gilt.
Angesichts der öffentlichen Interpretationen, die jetzt zur Oktoberrevolution in Umlauf gesetzt werden und unter denen die zweifellos originellste, die jetzt kürzlich im Fernsehen mitzuerleben war, in der interessanten Kritik bestand, die Oktoberrevolution wäre längst nicht so blutig gewesen, wie die Kommunisten sich dessen immer rühmen. Es ist ein seltsamen Anliegen, diese Revolution zu verkleinern; und vielleicht ist es nicht umsonst gerade deswegen und wegen vielfältiger sozialkundlicher Missverständnisse dieses Ereignisses, einmal darauf hinzuweisen, was eine sozialistische Revolution eigentlich ist und will.
Sie ist nämlich etwas gründlich anderes, als dass „die Macht“ – eine Abstraktion, die leider nicht bloß in der Politikwissenschaft sehr beliebt ist – vom einen auf den anderen, vom alten auf den neuen Zaren, vom Nikolaus auf den Lenin übergegangen wäre. Eine Revolution ist kein Machtwechsel, sondern das ist eine Aktion in der mit der Macht, die es gibt, aufgeräumt wird. Sie zeichnet sich auch nicht dadurch aus, das überhaupt Gewalt passiert, sondern sie zeichnet sich durch eine Gewalt aus, die alles bisherige auf den Kopf stellt, die sämtliche in der Gesellschaft verankerten Verhältnisse aufhebt. Die natürlich im Zuge dieser Aufhebung auch ans Tageslicht bringt, wie viel Gewalt diesen alten Verhältnissen innewohnt; weil all die so scheinbar selbstverständlichen Einrichtungen dieser Gesellschaft alle nicht ohne den Schutz und die Deckung durch staatliche Gesetze und eine beträchtliche Polizeigewalt auskommen. Die Aufhebung all dieser Verhältnisse verlangt eine Gewalt, die sie aufhebt.
Das geht weder durch die Eroberung der Bundesdruckerei, so das fortan in roten Buchstaben sozialistische Gesetze von dort verkündet würden – das kann der Inhalt einer Revolution sowieso nie sein. Es ist andererseits auch kein Großereignis menschlicher Interaktion oder so etwas ähnliches. Es ist auch kein Parteitag, sondern es ist die an jedem Ort, wo die alte Gewalt sich hält, sich betätigende, das alles aufhebende Gewalt.
Und das nicht nur so überhaupt, sondern aus einem guten Grund. Der Grund liegt darin, dass alles, was auch ohne kommunistische Hinweise als ziemlich blöd, ziemlich ärgerlich und ziemlich schädlich in dieser Gesellschaft bekannt ist, nicht einfach mit dem moralischen Wunsch quittiert wird, es möchte doch besser sein. Sondern das eine Analyse vorgelegt wird, die erklärt, inwiefern das alles systemnotwendig ist. Ein Programm, das ernst macht mit dem, was ja irgendwo auch in den Zeitungen zu lesen ist: dass es z.B. in unserem System ohne Verarmung, ohne Arbeitslosigkeit als eine ihrer Formen, ohne Steigerung der Arbeitsproduktivität – um nur ein paar Hinweise auf das weite Feld des Arbeitslebens zu geben – nicht geht. Einer Revolution liegt eine Kritik zugrunde, die die die Feststellung, das reich und arm sich so ein bisschen tendenziell auseinanderentwickeln, nicht mit Anträgen an eine bessere Steuerreform begegnet, sondern mit der Erkenntnis, das und inwiefern das diesem System, das wir haben, immanent ist. Eine Kritik auch, die angesichts dessen, was in der Politik passiert, der inneren wie der äußeren Gewalt, nicht mit Friedensidealismus daherkommt, oder mit dem billigen Ideal, man möchte die Steigerung der Gewalt doch lieber lassen, angefangen vom Kindergarten bis zur Startbahn West netter miteinander umgehen. Sondern es ist eine Kritik, die die Notwendigkeit auch der Gewalt in diesen ganzen Verhältnissen kennt, sie nicht leiden kann und deswegen abschaffen will; und sich überhaupt nicht zufrieden gibt mit solchen Hinweisen wie dem, man müsste doch hier und heute, jetzt und sofort irgendetwas ändern – das ist für das Anliegen einer sozialistischen Revolution in der Tat zu billig. Unter dem, das man die Verhältnisse, wie sie nun einmal sind, außer Kraft setzt, sind diese Verhältnisse nun einmal auch nicht außer Kraft zu setzen – diese schlichte Einsicht beflügelt Revolutionäre zu ihrem Tun.
Was sie damit außer Kraft setzen, wenn sie gewinnen – das muss allerdings passieren –, das ist nicht wenig. Das ist über die Eroberung der politischen Macht, eben um es nochmal zu sagen, nicht einfach ihr alternativer Gebrauch, den man in einem ununterscheidbaren und sowieso von niemandem zur Kenntnis genommenem Partei- oder Wahlprogramm vorher angekündigt hätte; sondern das ist das außer Kraft setzen, vermittels der neuen Gewalt, die sich an die Stelle des bisher regierenden Gewaltmonopols setzt, so fundamentaler Einrichtungen wie des Eigentums. Das ist mehr als eine Korrektur des bürgerlichen Gesetzbuches. Das setzt außer Kraft, was in dieser Gesellschaft mit dem Eigentum anzufangen ist: die Privatmacht des Geldes über die Verteilung der Arbeit in dieser Gesellschaft. Es setzt außer Kraft eine Arbeitsteilung in Abhängigkeit von den Entscheidungen der Geldbesitzer. Es setzt außer Kraft eine Armut in Abhängigkeit vom Geldbesitz und von der Notwendigkeit es immer wieder zu verdienen. Also kurzum: den Gegensatz der Klassen, die es gibt, auch wenn kein Demokrat sie zugeben will. Es setzt außer Kraft die schöne abgetrennte Sphäre der politischen Gewalt, die immer so tut, als würde sie nur die Spielregeln sichern und darüber vergisst, dass es die Spielregeln der Klassengesellschaft sind, die da gesichert werden. Diese abgetrennte Sphäre mit ihrem abgetrennten Betätigungsfeld des Parlaments hat ebenfalls keinen Stellenwert mehr, wenn die revolutionäre Gewalt sich der Hoheit über die Gesellschaft bemächtigt. Es wird außer Kraft gesetzt der ganze Kosmos privater Vorkehrungen und Einrichtungen, mit denen die Individuen in dieser Gesellschaft, mit den gesellschaftlichen Verhältnissen zurechtkommen. Das lässt weder die Familie unberührt, noch das Ausbildungswesen; die Hierarchie die Berufe überlebt eine Revolution sowieso nicht. Die Moral irritiert weder einen Revolutionär, noch überlebt sie seinen Erfolg, weil sie ohnehin nichts anderes als das subjektive „Ja“ zu dieser ganzen Gesellschaft ist, ein „Ja“, mit einigen „Abers“ noch hinterher. Am Ende wird sogar die Psyche des modernen Individuums ein bisschen anders.
So dass am Ende, wenn die Revolution Erfolg hat, dann muss sie an viele Stellen hin und dafür sorgen dass sich dieses Ergebnis einstellt, in der Gesellschaft fortan nichts anderes passiert als das, was die revolutionäre Partei will; und das, was sie will, ergibt sich aus überhaupt nichts anderem als aus ihrem Programm; und dieses Programm aus der Einsicht in die gesellschaftlichen Verhältnisse, die sie vorher gewonnen hat und ihrem Willen, den sie an dessen Stelle setzt. Der, und sonst nichts, wird nach einer Revolution zum Zusammenhang der gesellschaftlichen Lebensverhältnisse. Das ist nämlich überhaupt ihr Witz, dass alles das, wovon der Marx gesagt hat, es spielt sich ab „hinter dem Rücken“ der Menschen, als ein Zwangsgesetz, dem sie Rechnung tragen, ob die es wissen oder nicht. Dass dieses Zwangsgesetz verschwindet und fortan die Mitglieder in dieser Gesellschaft ihren Zusammenhang nach ihrem Interesse und zu ihrem Vorteil inszenieren, selber ins Werk setzen und das eben nichts mehr passiert wie von selbst, aus Sachzwang. Die Kategorie des Sachzwangs hat nach einer Revolution ihr Recht verloren.
Es gibt überhaupt nur zwei Bedingungen auf die eine Revolution achten muss, unabhängig von dem, was sie selber will. Das ist zum einen das Überkommene, was man vorfindet, was man damit anfangen kann, wie z.B. die Produktivkräfte der Gesellschaft beschaffen sind und wie sie noch zu entwickeln sind. Das andere ist das Ausland, das sozialistische Revolutionen nicht bloß 1917 höchst ungern gesehen hat. Beides sind Hindernisse, die eine revolutionäre Partei einkalkulieren muss, aber es sind keine Argumente, die das Programm relativieren. Das ist ein sehr wesentlicher Unterschied, weil sehr viele Parteien, die ähnliches sagen könnten, wie ich es hier vorgetragen habe, dieser kleinen logischen Unterscheidung zwischen Hindernis und Argument nicht recht fähig sind, sondern immerzu das Kräfteverhältnis, dem sie im eigenen Land und im Bezug auf das Ausland gegenüber gestanden sind, als Argument dafür genommen haben, dann von ihrem Programm abzulassen und nur noch das zu machen, was gerade geht. Das ist – ohne Kompromiss diesmal zu sagen – ein Abschied vom Willen zur Revolution, dann macht man eben etwas anderes.
So etwas ist allerdings zu unterscheiden von der Notwendigkeit, Schwierigkeiten zu überwinden, deswegen ist eine Revolution auch nicht gleichbedeutend mit der Ankündigung, das morgen das Paradies ausbricht. Deswegen haben andererseits revolutionäre Parteien auch anderes als Notwendigkeit und als Grund für ihre Revolution anzubieten, als solche billigen Verheißungen, die man sich lieber bei jedem Pfaffen holen sollte.“
Ich habe beim Überarbeiten den Anfang aber mehr oder weniger versehentlich von der Version des gleichen Vortrags in Bochum genommen, der auf der CD „Diverse Vorträge 2“ zu finden ist, und hier als Download.

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Freerk Huiskens bitter sarkastischer Kommentar zu Gaucks Rostock-Rede

28. August 2012 Kommentare ausgeschaltet

Freerk Huisken (vom GegenStandpunkt) hat einen bitter sarkastischen „Offenen Brief an den Bundespräsidenten“ geschrieben:
„Vielen Dank für die mutige Rede zu Rostock-Lichtenhagen, Herr Bundespräsident! Sie haben allen deutschen Nationalisten, pardon: guten deutschen Patrioten aus dem Herzen gesprochen.“
Man kann ihn hier lesen.

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