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Arbeitszwang, in Ewigkeit, Amen (II)

5. April 2007 4 Kommentare

Ich bin darauf hingewiesen worden, daß Andreas Schmidt vom Sozialforum Hamburg Eimsbüttel seine Broschüre gegen Rainer Roth, einen bekannten linken Gegner des Bedingungslosen Grundeinkommens, merklich überarbeitet hat. Die neue Version, jetzt 42-seitig (statt bisher 32), kann man hier lesen (und dort zum Offline-Lesen auch als PDF downloaden). A.S. schreibt selber dazu:

Bei Diskussionen über den Text ergab sich, dass insbesondere der Anhang 14A (Wert der Ware Arbeitskraft) viel umfassender ausgeführt werden mußte, insbesondere wegen der Auswirkungen von Hartz 4 . Überhaupt machte der ganze Anhang 14 diverse Anmerkungen nötig, die schon die Dimension von längeren Artikeln angenommen haben. (spezifische auf den Mehrwert berechnete Lohnformen [73], die „Betriebsgemeinschaft“ [71] etc.). Zum Kapitel 11 über das das Geld wurde jede Menge Material [54a] beigefügt. Auch meine Anmerkungen zu Wert und „Wertkritik“ [3][12] haben eine breitere Basis erhalten.
Anlässlich der im Dezember stattgefundenen Aktionskonferenz findet sich unter 13.1 ein Epilog . Ich habe billigend in Kauf genommen, dass der Umfang nochmal deutlich zugenommen hat.

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Die Reichen werden immer reicher und die Armen werden immer ärmer

4. April 2007 Kommentare ausgeschaltet

Under the title: „Income Inequality and Capitalism in the UK“ David Miles has a few remarks on the Morgan Stanley – Global Economic Forum:

Income inequality in the UK is once again on the rise. Latest data show that on a range of different measures the distribution of household income — after tax and after the payment of social security benefits — became slightly less equal over the course of the past year or so. What is surprising, and perhaps worrying, about this is not that the scale of the increase was great — in fact it was rather small — but that it happened despite a prolonged and concerted series of policy measures to make the distribution of incomes more equal.
Let’s start with the facts, and then turn to the implications. Mehr…

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Engels und der Fortschritt (der Sklavenhalterei)

3. April 2007 2 Kommentare

Durch meine Referer browsend bin ich über Goggle auf folgende Blog-Geschichte gestoßen:
SPARTAKUS
Dort wiederum auf folgendes Engels-Zitat aus dem Anti-Dühring, das dort als Faksimile abgebildet ist, hier aber nach www.mlwerke.de zitiert wird:

Erst die Sklaverei machte die Teilung der Arbeit zwischen Ackerbau und Industrie auf größerm Maßstab möglich, und damit die Blüte der alten Welt, das Griechentum. Ohne Sklaverei kein griechischer Staat, keine griechische Kunst und Wissenschaft; ohne Sklaverei kein Römerreich. Ohne die Grundlage des Griechentums und des Römerreichs aber auch kein modernes Europa. Wir sollten nie vergessen, daß unsere ganze ökonomische, politische und intellektuelle Entwicklung einen Zustand zur Voraussetzung hat, in dem die Sklaverei ebenso notwendig wie allgemein anerkannt war. In diesem Sinne sind wir berechtigt zu sagen: Ohne antike Sklaverei kein moderner Sozialismus.
Es ist sehr wohlfeil, über Sklaverei und dergleichen in allgemeinen Redensarten loszuziehn und einen hohen sittlichen Zorn über dergleichen Schändlichkeit auszugießen. Leider spricht man damit weiter nichts aus als das, was jedermann weiß, nämlich daß diese antiken Einrichtungen unsern heutigen Zuständen und unsern durch diese Zustände bestimmten Gefühlen nicht mehr entsprechen. Wir erfahren damit aber kein Wort darüber, wie diese Einrichtungen entstanden sind, warum sie bestanden und welche Rolle sie in der Geschichte gespielt haben. Und wenn wir hierauf eingehn, so müssen wir sagen, so widerspruchsvoll und so ketzerisch das auch klingen mag, daß die Einführung der Sklaverei unter den damaligen Umständen ein großer Fortschritt war. Es ist nun einmal eine Tatsache, daß die Menschheit vom Tiere angefangen und daher barbarische, fast tierische Mittel nötig gehabt hat, um sich aus der Barbarei herauszuarbeiten. Die alten Gemeinwesen, wo sie fortbestanden, bilden seit Jahrtausenden die Grundlage der rohesten Staatsform, der orientalischen Despotie, von Indien bis Rußland. Nur wo sie sich auflösten, sind die Völker aus sich selbst weiter vorangeschritten, und ihr nächster ökonomischer Fortschritt bestand in der Steigerung und Fortbildung der Produktion vermittelst der Sklavenarbeit. Es ist klar: solange die menschliche Arbeit noch so wenig produktiv war, daß sie nur wenig Überschuß über die notwendigen Lebensmittel hinaus lieferte, war Steigerung der Produktivkräfte, Ausdehnung des Verkehrs, Entwicklung von Staat und Recht, Begründung von Kunst und Wissenschaft nur möglich vermittelst einer gesteigerten Arbeitsteilung, die zu ihrer Grundlage haben mußte die große Arbeitsteilung zwischen den die einfache Handarbeit besorgenden Massen und den die Leitung der Arbeit, den Handel, die Staatsgeschäfte, und späterhin die Beschäftigung mit Kunst und Wissenschaft betreibenden wenigen Bevorrechteten. Die einfachste, naturwüchsigste Form dieser Arbeitsteilung war eben die Sklaverei. Bei den geschichtlichen Voraussetzungen der alten, speziell der griechischen |169| Welt konnte der Fortschritt zu einer auf Klassengegensätzen gegründeten Gesellschaft sich nur vollziehn in der Form der Sklaverei. Selbst für die Sklaven war dies ein Fortschritt; die Kriegsgefangnen, aus denen die Masse der Sklaven sich rekrutierte, behielten jetzt wenigstens das Leben, statt daß sie früher gemordet oder noch früher gar gebraten wurden.
Fügen wir bei dieser Gelegenheit hinzu, daß alle bisherigen geschichtlichen Gegensätze von ausbeutenden und ausgebeuteten, herrschenden und unterdrückten Klassen ihre Erklärung finden in derselben verhältnismäßig unentwickelten Produktivität der menschlichen Arbeit. Solange die wirklich arbeitende Bevölkerung von ihrer notwendigen Arbeit so sehr in Anspruch genommen wird, daß ihr keine Zeit zur Besorgung der gemeinsamen Geschäfte der Gesellschaft – Arbeitsleitung, Staatsgeschäfte, Rechtsangelegenheiten, Kunst, Wissenschaft etc. – übrigbleibt, solange mußte stets eine besondre Klasse bestehn, die, von der wirklichen Arbeit befreit, diese Angelegenheiten besorgte; wobei sie denn nie verfehlte, den arbeitenden Massen zu ihrem eignen Vorteil mehr und mehr Arbeitslast aufzubürden. Erst die durch die große Industrie erreichte ungeheure Steigerung der Produktivkräfte erlaubt, die Arbeit auf alle Gesellschaftsglieder ohne Ausnahme zu verteilen und dadurch die Arbeitszeit eines jeden so zu beschränken, daß für alle hinreichend freie Zeit bleibt, um sich an den allgemeinen Angelegenheiten der Gesellschaft – theoretischen wie praktischen – zu beteiligen. Erst jetzt also ist jede herrschende und ausbeutende Klasse überflüssig, ja ein Hindernis der gesellschaftlichen Entwicklung geworden, und erst jetzt auch wird sie unerbittlich beseitigt werden, mag sie auch noch sosehr im Besitz der »unmittelbaren Gewalt« sein.
Wenn also Herr Dühring über das Griechentum die Nase rümpft, weil es auf Sklaverei begründet war, so kann er den Griechen mit demselben Recht den Vorwurf machen, daß sie keine Dampfmaschinen und elektrischen Telegraphen hatten. Und wenn er behauptet, unsre moderne Lohnknechtung sei nur als eine etwas verwandelte und gemilderte Erbschaft der Sklaverei und nicht aus sich selbst (das heißt aus den ökonomischen Gesetzen der modernen Gesellschaft) zu erklären, so heißt das entweder nur, daß Lohnarbeit wie Sklaverei Formen der Knechtschaft und der Klassenherrschaft sind, was jedes Kind weiß, oder es ist falsch. Denn mit demselben Recht könnten wir sagen, die Lohnarbeit sei nur zu erklären als eine gemilderte Form der Menschenfresserei, der jetzt überall festgestellten, ursprünglichen Form der Verwendung der besiegten Feinde.
Hiernach ist es klar, welche Rolle die Gewalt in der Geschichte gegenüber der ökonomischen Entwicklung spielt.

Jedenfalls für Engels.

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Klassenkampf passé? Ein Streit über »Heuschrecken« und Antikapitalismus, über Nationalismus und internationale Solidarität

2. April 2007 Kommentare ausgeschaltet

„junge Welt“ vom 01.04.07

Jürgen Elsässers provokante Sichtweisen in seinem kürzlich erschienenen Buch »Angriff der Heuschrecken. Zerstörung der Nationen und globaler Krieg« haben jW-Autor Gerhard Hanloser animiert, in einen Briefwechsel mit dem Buchautor zu treten. Beide setzen sich mit wichtigen strategischen Problemen der Linken – im wahrsten Sinne des Wortes – auseinander und geben daher eine Momentaufnahme von der Linken ab: hin- und hergerissen zwischen Ankommen im Parlamentarismus und radikaler Kapitalismuskritik.

Hier Auszüge:
Lieber Jürgen,
Einige politische Wandlungen hast Du bereits durchgemacht. War es in Deiner antideutschen Phase verpönt, die Leute dort abzuholen, wo sie stehen – weil da angeblich nur der Nationa-lismus, Antisemitismus und Stumpfsinn grassierte–, willst Du heutzutage mächtig Gas geben, um da anzukommen, wo Du die Leute wähnst, um mit ihnen genau in diesem Zustand zu verweilen. Mittlerweile bist Du ein Fürsprecher eines neuen Populismus, propagierst Volks-fronten gegen »Heuschrecken« genannte Private Equity Fonds.
Lieber Gerhard,
Der Vergleich mit den »Heuschrecken« ist deswegen so zugkräftig, weil er in der Sache stimmt: Bestimmte Investmentfonds fallen doch tatsächlich wie eine biblische Plage rund um den Globus über stabile Volkswirtschaften und gesunde Betriebe her, saugen sie aus, spucken die darin enthaltene menschliche Arbeitskraft in die Gosse und lassen dann die industriellen Kadaver für irgendeinen Abdecker liegen.
Nun schreibst Du weiter, indem man den Protest auf diese Hedgefonds verenge, dränge man »die Eigentumsfrage und die Frage des Wohnens und allgemeiner des Lebens« in den Hinter-grund. Na und? Wo ist das Problem? Wenn die Linke immer alles mit allem vermengt und dann großartig die »Systemfrage« stellt, kann sie nicht gewinnen – die große Mehrheit in die-sem Land ist auf absehbare Zeit nicht für einen Systemwechsel hin zum Sozialismus. Aber wofür es Mehrheiten gibt, ist die Verteidigung des beziehungsweise die Rückkehr zum Sozial-staat, also für einen »rheinischen Kapitalismus« anstelle der Einführung des »angelsächsi-schen« Modells. Wenn die Linke hier der Bevölkerung hilft, ihren Willen gegen die Wirt-schaftseliten durchzusetzen, dann kann sie im zweiten Schritt mit den Leuten auch weiterfüh-rende Fragen – sagen wir: Verstaatlichung der Schlüsselindustrien – besprechen. Aber immer hübsch eines nach dem anderen, und immer in Kontakt mit den Menschen bleiben.
Lieber Jürgen,
Eine »Verteidigung des Sozialstaates« versuchst Du nicht nur mit Kumpel »Münte«, sondern auch mit waschechtem Nationalismus zu erreichen. … Kommt nach der Antiheuschrecken-kampagne zusammen mit Münteferings Vergleich nun eine Prorazziakampagne zusammen mit den Bullen der Sozis?
Lieber Gerhard,
offensichtlich hast Du den Unterschied zwischen öffentlichem und privatem Eigentum nicht ganz kapiert. Auch in städtischen Wohnungen steigen die Mieten, das ist schon richtig. Aber die Bevölkerung kann das ändern, indem sie für andere Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat sorgt– denn letzten Endes wird dort beschlossen, welche Mietpolitik gemacht wird, wie viele Sozialwohnungen zur Verfügung gestellt werden etc. … Wie will man denn hierzulande mini-male Lohnstandards verteidigen, wenn man nicht auf Baustellen und anderswo Razzien gegen diejenigen macht, die diese Standards unterlaufen? Die »Bullen der Sozis«, gegen die Du hetzt, verteidigen mit diesen Kontrollen die Tarifpolitik der Gewerkschaften, in der übrigens die Arbeitsmigranten einen wichtigen Teil ausmachen.
Lieber Jürgen,
Die Linke ist gespalten: Die einen folgen Deiner Sicht, wollen eine Politik der Absicherung sozialer Mindeststandards durch den Nationalstaat und verfolgen dabei eine Politik der Aus-grenzung. Die anderen sehen migrantische Arbeiter nur als Opfer und verlieren sich in parti-kularer Flüchtlingsunterstützung. Ist es so schwer, den Kampf für ein Aufenthaltsrecht, gegen Abschiebeknäste und gegen das Gesamtpaket der kapitalistischen Deregulierung zusammen zu führen – und zwar von unten?
Du gehst von vorneherein in die Defensive: auf den Staat hoffen, zur Polizei rennen, brav auf die repräsentative Demokratie setzen, minimale Lohnstandards mit Razzien verteidigen, das Kapital mit Protektionismus und Nationalismus abwehren. Inhalt und Wesen des reaktionären Populismus ist es, das lautstark und in kondensierter Form zu Gehör zu bringen, was der Al-lerweltsverstand so den lieben langen Tag in seiner ganzen Trübseligkeit ausbrütet.

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An sowas ist der Turmbau zu Babel gescheitert

16. März 2007 Kommentare ausgeschaltet

With a discussion on a Blog I have remembered one of few events with which to a representative of the opposite point of view more or less anti-Germans have walked. Here, therefore, the last pair minutes of this event from the year 2003 (, I believe, here still downgeloaded can become)

Das bekommt man, wenn man mit reverso2.com auf planet.kommunismus.net losgeht. Was auch immer reverso2 sein mag.

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Noch ein Schlußwort von Peter Decker

15. März 2007 1 Kommentar

Bei einer Diskussion auf einem Blog habe ich mich an eine der wenigen Veranstaltungen erinnert, bei denen einem Vertreter des GegenStandpunkt mehr oder weniger Antideutsche entgegengetreten sind. Hier deshalb die letzten paar Minuten dieser Veranstaltung aus dem Jahre 2003 (die, glaube ich, hier noch downgeloaded werden kann):

Peter Decker: Ihr spekuliert, und das ist ja wohl klar, ihr spekuliert deswegen, weil ihr programmatisch erklärterweise sagt: Der wirklich Zweck, der hier im Spiele ist, Amerikas politische Ziele als Eroberer des Landes, der wirklichen Nutzen den Amerika daraus ziehen will, alles das nehmen wir zur Kenntnis, interessiert uns aber nicht. Die imperialistische Logik wissen wir, schenken wir dem anderen, der darüber reden will. Wir aber haben eine andere Sicht: Wir begrüßen das als die Bedingung der Möglichkeit des Auftretens einer kommunistischen Partei in Bagdad. Das ist eine Sorte Parteilichkeit für eine kommunistische Partei, die finde ich gnadenlos, bedenkenlos. Die Einrichtung von Verhältnissen, die der kommunistischen Partei bestimmt nicht viel besser tut, als die Lage unter Saddam Hussein, bestimmt nicht! Wenn Amerika, wie übrigens im Heimatland auch, sich davon überzeugt, dass Kommunisten keine Chance haben, dann lassen sie sie in ihren Hinterzimmern wohlmöglich rumturnen. Wenn sie zum Schluss kommen, Kommunisten haben eine Chance, dann ist es in Amerika auch früher schon immer lebensgefährlich gewesen, Kommunist zu sein. Und in der Bundesrepublik ist es auch heute nicht harmlos, jedenfalls wir haben erlebt, daß es in einer gewissen Phase nicht harmlos war. Von wegen, das sind Bedingungen, da freut sich der Kommunist! Da hat er es gut! Was soll die ganze Überlegung, sich ausdrücklich nicht um das zu kümmern, was passiert und den Grund davon, sondern zu sagen, ich habe eine aparte Sicht, mir ist das alles wurscht, warum das alles passiert, was daran alles kritikabel sein kann, ich habe eine aparte Sicht: Ich begrüße alles, was ich als Bedingung der Möglichkeit der Kritik des Kapitalismus zu deuten vermag. Dann befreie ich mich von den Beweis, ob es überhaupt eine Kritik des Kapitalismus ist, ob es zu einer kommt, ob die Kritik eine Chance hat, ob die Kritik sich gar verwirklichen kann, von alldem befreie ich mich, denn ich bin ja schon zufrieden über die Bedingungen der Möglichkeiten der Kritik. Noch nicht einmal, ob es Kritik gibt, ist euch wichtig, ihr begrüßt Verhältnisse als günstig, bloß unter dem Gesichtspunkt, unter denen könnte es Kommunisten geben.
Publikum: aber du musst doch zugeben, dass Demonstrationen gegen die Machthaber jetzt möglich sind, vorher waren sie das nicht!
Peter Decker: Aber da merkt man, dass du ein gnadenloser Demokratieanhänger ist. Das Demonstrationen möglich sind ist Klasse, dass sie nötig sind ist schon wieder wurscht! Wozu soll denn eine Demo gut sein, wenn sie sowieso nichts bewirkt?
Publikum: Gab es da einen Fortschritt oder nicht?
Peter Decker: Keinen! Es gab einen Fortschritt des amerikanischen Imperialismus. Es gibt vielleicht einen Fortschritt der amerikanischen Beherrschung der Welt. Du meinst doch einen Fortschritt in menschlicher Hinsicht, einen Fortschritt der jenseits des Ami-Standpunktes ein Fortschritt wäre. Da sage ich: Null Fortschritt! Eine blutige Herrschaft wird durch eine ausländische Besatzung abgelöst, die setzt jetzt ihre Ziele durch, die haut jetzt auf die drauf, die sie für ihre Hindernisse hält. Jetzt habt ihr halt das Beispiel, die Kommunisten in Bagdad hält sie jetzt unter den Verhältnissen des Besatzungsregime es nicht für das wichtigste Hindernis. Wartet es ab! Wenn die etwas zu Stande bringen, dann halten es die Amerikaner für ein Hindernis. Wenn sie nichts zu Stande bringen, und die Amerikaner sich mit saddamgetreuen Terroristen herumschlagen müssen, dann lassen sie die Kommunisten demonstrieren, dann ist ihnen das wurscht.
Publikum: Wenn ich das ernst nehme, dann ist es also egal, ob ich einem Hitler oder einem Busch gegenüberstehe?
Peter Decker: Ach Gott, ob es praktisch egal ist, darüber könnte man vielleicht sogar noch reden, das dann aber der Kommunist den Übergang macht: Jetzt werde ich zum Freund Bushs, weil ich den als Vermeidung von Hitler betrachte, das ist die Tour, da kann man für alles sein. Ihr begrüßt einen Fortschritt in der Beherrschung der Welt durch Amerika, weil wir einen anderen Standpunkt anlegt, als den, zu beurteilen, welcher Zweck gewinnt hier, welcher Zweck regiert hier? Dieser Standpunkt ist euch gleichgültig, da sagt ihr, das wisst ihr schon, das ist aber wurscht, euch interessiert etwas ganz anderes: Ist das ein Fortschritt in Sachen Bedingung der Möglichkeit der Kritik des Kapitalismus. Und mit der Perspektive, meine Güte, da kannst du für alles sein. Wenn der französische Innenminister gegen türkische Mädchen die Kopftücher verbietet, dann kannst du dafür sein. Obwohl es auch bloß der Nationalismus der Franzosen ist, und nichts befreiendes an sich hat. Das war schon bei Marx nicht gut, dass er gesagt hat, er ist immer dafür, das die großen Staaten gewinnen und die Kleinen untergehen, dann findet der Kapitalismus wenigstens in großen Revieren statt. Das war schon nicht gut, was hat denn der parteilich zu sein für die Auseinandersetzung zwischen Zwecken, wo seiner in gar keiner Weise vorkommt?
Publikum: das müsste man erst einmal nachweisen, dass der Zweck von Marx da gar nicht vorkommt.
Peter Decker: Wenn der deutsche Kaiser gewinnt und der Fürst von Sachsen-Coburg-Gotha abtreten muss, wenn der bayerische König degradiert wird und der deutsche Kaiser der Staatschef von ganz Deutschland wird, wo ist denn da der Kommunismus? Dann kommt halt ein großer Staat zustande statt 15 kleinen. In der Konkurrenz mit anderen Staaten ist das vielleicht ein Fortschritt für den deutschen Staat. Aber wo da der Fortschritt des Kommunismus ist, da sehe ich nichts. Außerdem: man soll praktisch orientiert sein, man soll sich mit dem Ärgernissen und Feind Seligkeiten und Bedeutungen befassen, unter denen man leidet und man soll nicht so tun, als wenn man strategische Parteinahme in einer Welt verfolgen würde, bei deren Alternativen überhaupt nicht abzusehen ist, was die mit dem eigenen Anliegen zu tun haben. Mit dieser Art Argumentation, da hängen sich Leute, die links argumentieren, einmal an die amerikanische Durchsetzung in der Dritten Welt, ein anderes mal hängen sie sich an das Werden der Europäischen Union, das ist auch ein Fortschritt! Das dritte mal hängen sie sich an die Entlassung von Hunderttausenden durch die elektronische Revolution, das ist auch ein Fortschritt! Was ist denn das für ein Denken? Man muss das kritisieren, was einen stört und nicht sagen, finde ich einen Umweg zu einer Parteinahme für das störendes. Aber genau das machen sie.

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MG zur DDR-Ökonomie (Veranstaltungen Ende 1989 Anfang 1990), neu aufgelegt

14. März 2007 3 Kommentare

Auch die bei filesharing-Netzen vagabundierenden Mitschnitte der Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen der MG Ende 1989 bis Anfang 1990 mit Peter Decker (und Heinz Scholler) als Referenten und Diskussionsleitern zur Kritik des Realsozialismus bzw. im wesentlichen der DDR-Ökonomie habe ich – zu drei Paketen zusammengestellt – bei www.archive.org hochgeladen (nachdem ich die früher temporär bei RapidShare und GMX untergebracht hatte:
Die DDR-Ökonomie Teil 1 (1-5)
Die DDR-Ökonomie Teil 2 (6-10)
Die DDR-Ökonomie Teil 3 (11-14)

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GSP-Vortrag zu Kuba 1997 II

13. März 2007 2 Kommentare

Ich hatte vor einer Weile einen Vortrag aus dem Jahre 1997 in Berlin von Theo Wentzke, Redakteur des Gegenstandpunkt, ausgegraben und dessen Einleitung aufgeschrieben. Da hatte Theo unter anderem gesagt:

… die objektiven Abhängigkeiten und Mängel, die Kuba hatte, und die auf Kuba auch nie beseitigt werden konnten, das erklärt viel an der Entwicklung Kubas, entschuldigt aber keine Fehler. Deshalb wird da, wo nötig, auch Kritik geäußert. Der Nachdruck besteht aber immer darin, zu beurteilen, wo war Kuba wirklich Subjekt seiner Lage? Sind es wirklich Fehler der Partei oder der Bewegung, und wo sind es von außen aufgezwungene Notwendigkeiten, denen recht oder schlecht Rechnung getragen worden ist? Die Ironie der Geschichte liegt nämlich darin, ich habe vorhin bereits gesagt, der Anfang der kubanischen Revolution war noch kein Konsens einer sozialistischen Entwicklung, in der Bewegung, die Bewegung hat sich sogar gespalten nach der Revolution ist Rücktritte von Staatsfunktionen von bürgerlichen Kräften. Die kubanische Revolution ist sozialistisch geworden eigentlich in Antwort auf den ökonomischen Angriff der USA. Die USA haben Kuba und in Castro-Bewegung zum Sozialismus hingebracht, hin getrieben. Aber dann haben die sich aber auch entschlossen, es zu werden. Also, sie sind nicht einfach nur hin getrieben worden, Sie haben sich eben auch entschlossen, es zu werden, aber auf ihre Weise. Und haben auch manche Differenzen mit der Sowjetunion, in der Organisierung der Ökonomie, in der Art und Weise des Umgangs mit dem Volk, aufrechterhalten.

Da es damals sogar sowas wie eine Diskussion darüber gegeben hat, habe ich diesen Vortrag nunmehr auch dauerhaft bei archive.org hochgeladen (hier)

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Peter Decker: Marxismus — Anpassungslehre oder Kritik?

12. März 2007 Kommentare ausgeschaltet

Peter Deckers Kritik am traditionellen Marxismus-Leninismus (nicht Feminismus, ich weiß) und insbesondere am Historischen Materialismus kann man zwar schon eine Weile bei farbeRot downloaden (hier ), der Redundanz wegen habe ich den aber auch noch bei www.archive.org hochgeladen (hier).

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Peter Decker zur Kritik der Geschichtswissenschaft

11. März 2007 Kommentare ausgeschaltet

Ich hatte vor einer Weile hier geschrieben:

The_Red_Sparrow hatte vor auf MPunkts Blog auf drei bei RapidShare vor einer Weile downloadbare Vorträge aus den 80ern von Peter Decker zur Geschichte als “Orchideen”-Wissenschaft hingewiesen.

(Das mit den Orchideen war von mir natürlich grottenfalsch, denn um die Frage welche Schuhe römische Legionäre getragen haben, geht es Historikern ja nie.)
farbeRot hat nun den letzten Vortrag aus dem Jahre 1988 permanent zur Verfügung gestellt (ich hatte die drei nur bei RapidShare hochgeladen). Wen das Thema noch mehr interessiert, der kann sich jetzt bei www.archive.org die beiden früheren Vorträge auch noch holen:
Geschichtswissenschaft, Erlangen, Mai 1985
Geschichte als Argument Muenchen, Juli1987

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Armut kann man nicht verhaften

11. März 2007 Kommentare ausgeschaltet

Freerk Huisken hat – schon im November letzten Jahres – unter dem obigen Titel den folgenden Artikel bei der GEW Hamburg geschrieben (Der Hinweis stammt von MPunkt):

Der Tod des kleinen Kevin hat Fragen aufgeworfen, leider nur Schuldfragen. Nach den Ursachen der Häufung des Kindstods bei armen Leuten wurde weniger gefragt. Es interessierte – besonders wo der Kevin bereits unter Amtsvormundschaft stand – nur: Wer hat das Recht gebrochen, wer das Amt missbraucht, wer seine Kompetenzen überschritten, wer seine Pflichten verletzt, wo sind Behördenschlendrian und -eigensinn auszumachen? Und schnell wurden die staatlichen Kontrollorgane fündig: Der Vater wurde des Totschlags angeklagt und verhaftet, ein Amtsleiter wurde geschasst, gegen Mitarbeiter des Jugendamtes sind Disziplinarverfahren anhängig, eine Senatorin trat vom Amt zurück usw. So wird mit der Ausschaltung von Personen das gebrochene Recht wieder hergestellt, die in schlechtes Licht geratene Behörde gesäubert und die Glaubwürdigkeit des politischen Amtes gesichert. Denn an den Rechtsvorschriften, an den Dienstanweisungen der Behörden oder gar an der Politik, die für das Soziale zuständig ist, kann es ja wirklich nicht liegen, wenn Kinder in Familien, die unterhalb des Existenzminimums leben müssen, verwahrlosen und so oder so zu Tode kommen. Also bekommen alte Ämter neue Chefs und die legen gleich Zeugnis davon ab, dass neue Besen gut kehren. Sie ordnen „erste Maßnahmen“ an. Zu denen gehört, dass in allen „Problemfamilien mit gefährdeten Kindern“ Hausbesuche stattfinden würden; und dass, wenn es einen „begründeten Verdacht auf Vernachlässigung gebe“, Wohnungen unter Polizeiaufsicht geöffnet würden (WK, 14.10.). Elend und Verwahrlosung finden so weiter statt, aber unter vermehrter staatlicher Aufsicht. „Frühwarnsystem“ heißt das dann, wenn Kinder, bevor sie gestorben sind, erst mal ins Heim kommen und die Eltern ein Verfahren erwartet. Das ist gut – gut für das Ansehen der Ämter, für die Ordnung, für die öffentliche Ruhe und für den Ruf der Hansestadt.
Natürlich gibt es auch Kritiker, die in aller Öffentlichkeit keine Ruhe geben. So schreibt z.B. der H.Prantl von der SZ: „Am Boden einer wachsenden Unterschicht herrscht Verwahrlosung, die leider immer erst dann beklagt wird, wenn ein Kind daran gestorben ist.“(SZ, 16.10.) Stimmt! Doch was will er nun sagen? Will er sagen, dass nicht Amtspersonen gefehlt haben, sondern hierzulande etwas prinzipiell nicht stimmt. Will er seinem lesenden Publikum erklären, dass Kapitalismus – den man besser Marktwirtschaft nennen soll, obwohl er dadurch auch nicht besser wird – und staatliche Politik regelmäßig eine ganze „Schicht“ an armen Leuten hervorbringen, die sogar noch wächst; dass diese Leute ihr eigenes Leben und das ihrer Kinder nicht in den Griff kriegen, weil es ihnen am Nötigsten für den Lebensunterhalt fehlt; dass dies schließlich ein Zustand ist, den viele von ihnen überhaupt nur im Suff und unter Drogen und den ihre Kinder dann nicht mehr aushalten. Recht hat bzw. hätte der Zeitungsschreiber, wenn er es denn so gemeint hätte. Hat er aber nicht. Denn ausgerechnet die Verursacher dieses gesellschaftlichen Massenelends hält er für zuständig, sich seiner Abschaffung zu widmen: „Das ist eine Aufgabe für eine große Koalition; gut dass sie das Problem Unterschicht wenigstens sieht.“ So schreiben nur Zeitungsmenschen, die alle Übel dieser Gesellschaft immer wieder auf eine Politik zurückführen, die ihrem nationalen Auftrag nicht gerecht wird. Als überzeugte Vaterlandsfreunde wollen sie sich nicht vorstellen, dass Produktion und Verwaltung von Massenarmut zum Dienst an der Marktwirtschaft dazu gehört, ein Dienst, den alle großen und kleinen Koalitionen geleistet haben
Nicht dass die regierende Koalition dabei keine „Probleme“ sehen würde. Nicht dass sie sich für Armutsfragen nicht zuständig erklären würde. Doch worin besteht das Problem, das die Regierungen mit Massenverelendung nebst geistiger, physischer und sozialer Verwahrlosung von Eltern und Kinder haben? Wenn doch erstens seit geraumer Zeit das Primat der Politik in der Aufmöbelung des nationalen Standorts zum Weltmarktsieger besteht; wenn zweitens besonders das Arbeitsvolk dafür seinen Beitrag in Form von Lohnsenkungen und Leistungssteigerungen zu leisten hat; wenn das drittens einschließt, dass immer mehr auf Geldeinkommen angewiesene Leute überflüssig gemacht werden; wenn der Sozialstaat diese Menschen dann viertens zu „Langzeitarbeitslosen“ und „Unvermittelbaren“ erklärt und sie zusammen mit Sozialhilfeempfängern zu Hartz IV abschiebt; wenn diese Leute – inzwischen sind es so etliche Millionen – fünftens nicht wissen, wie sie mit einem Geld, oft unterhalb selbst des offiziellen Existenzminimums, überleben sollen; wenn der Sozialstaat sie schließlich sechsten noch zusätzlich mit weiteren Abzügen drangsaliert, sofern sie nicht die erstbeste Arbeit annehmen; wenn ihnen damit siebstens jedes Kind zwangsläufig zur Last wird; wenn achtens von der Politik an Verrohung und Verwahrlosung von ganzen Volksteilen als „Problem“ nur die Gefahr für den „inneren Frieden“, die „Hinwendung zum Extremismus“ und neuerdings auch eine zur „Apathie“ neigende Volksmoral (Beck) gesehen wird – , dann, ja dann kommt man um den Schluss einfach nicht herum, dass diese Politik das Leben unter der Armutsgrenze, zerstörte Familien und tote Kindern als das weder zufällige noch umkehrbare Resultat in Kauf nimmt, es nur noch kontrolliert – z.B. „Problemfamilien mit gefährdeten Kindern“ statt einmal ab sofort zweimal die Woche – , den Heimen zur Aufbewahrung und den zuständigen Ordnungsbehörden zur Observation überantwortet, damit solche Pannen (!) wie die mit dem toten Kevin möglichst nicht mehr passieren.
Dumm, dass man Armut weder verhaften noch aus dem Amt jagen oder in Pension schicken kann. Kritisieren kann man sie aber schon. Allerdings ganz und gar nicht konstruktiv.

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Diskussionskultur (oder eben auch nicht)

10. März 2007 3 Kommentare

Manche bringen ihre Herangehensweise schön auf den Punkt:

du hast mich da falsch verstanden: ich meinte mit der aussage “wo kein argument, da auch kein gegenargument” nicht, dass mpunkt keine argumente gebracht hat (das hat er natürlich, das ist ja seine spezialität), sondern genau andersherum, dass ich ich kein argument bringe, damit mir auch kein gegenargument entgegengesetzt werden braucht. deshalb habe ich mich ja auch nicht auf seinem blog dazu geäußert, weil ich einfach keinen nerv mehr habe, irgendwelchen typen die notwendigkeit von feminismus zu erklären.

So Bloggerin Kristi auf ihrem Blog bei einer „Diskussion“ über „das ist nicht mein feminismus“.

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Kann der Staat sein System wählen?

10. März 2007 2 Kommentare

Wie ist das mit dem Staat, der an die jeweils ökonomisch herrschende Klasse gebunden, eigentlich nur sie selbst ist bzw. nach Engels, ihr „geschäftsführender Ausschuss“? Oder kann der Staat sein System wählen?
(Wiederaufnahme eines Punktes, der auch schon ein Thema im MDF selig gewesen ist)
Wenn man von einem Staat sprichst, der sich überlegt, welche Klassenstruktur, welches Eigentumssystem, welche Produktionsweise ihm am Besten dienen könnte, dann sträuben sich bei mir als altem Leninisten natürlich die Haare. Erstmal weil das doch (regelmäßig) so gewesen ist, daß diese „Erkenntisse/Wenden“ nicht kontemplativ, sondern durch einen handfesten Umsturz gekommen sind. Worin Leninisten dann immer den Beweis gesehen haben, daß Staaten fest an „ihre“ Klassenstruktur gebunden waren, eben der bewaffnete Haufen von Leuten war, der eine bestimmte Klassenordnung, die Herrschaft einer bestimmten Klasse gegen den Rest der jeweiligen Gesellschaft verteidigt hat. Der also weggeräumt werden muß, wenn man die Ordnung loswerden muß und dies gegen ihre reformistischen Konkurrenten hochgehalten haben, die immer gar keine Probleme damit hatten, im jeweiligen Staat hochzusteigen, oder dies wenigstens zu versuchen und für einen prinzipiell möglichen Erfolgsweg zu verkaufen. Der berühmteste Spruch ist dazu sicher, daß die Arbeiter die alte Staatsmaschinerie zerschlagen müssen, wenn sie das Lohnsystem loswerden wollen.
Ich gebe zu, daß das mit dem Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus einerseits nicht überall so schön vorbildlich wie in Frankreich abgegangen ist (und ursprünglich ja selbst in England ja eine recht vermischte und sich länger hinziehende Geschichte gewesen ist, die letztlich noch nicht einmal die Monarchie als staatliche Überwölbung abgeschafft hat)
Und daß andererseits die VR China eine besonders harte Nuß ist, wenn man den „reformistischen Film nicht rückwärts“(Trotzki) ablaufen lassen will. Denn wenn man in der Sowjetunion/Rußland immerhin ansatzweise noch so was wie eine Konterrevolution im klassischen politischen Sinn ausmachen kann (einige Leninisten/Trotzkisten „schafften“ das auch erst mit hinreichendem zeitlichen Abstand), so sehe zumindest ich nicht, wie man den Cut bei China hinkriegen will. Auf jeden Fall kann ich mir nicht wirklich vorstellen, daß der Charakter von Staaten, klassischen Klassenstaaten wie Arbeiterstaaten so rein „idealistisch“ bei Regierungs- oder Polibürorunden entscheiden werden kann. Der „Ausweg“, den staatskapitalistische Gruppen machen, indem sie sagen, dann war das eben grundlegend nie was anderes als Kapitalismus, dann brauchte es eben auch keine handfeste politische Konterevolution und eine soziale eh nicht, das überzeugt aber auch nicht so recht, denn was „Anderes“ war es doch für sonst alle anderen Strömungen sowohl in der Sowjetunion nach der Oktoberrevolution als auch strukturell ähnlich in Osteuropa, der VR China und Kuba. Bei Kuba ist der Klassenhaß aus den USA auf Castro allein eigentlich schon ein Argument gegen solche Erklärungen.
Dazu folgende Erwägungen als Gegenrede/Antwort:
Politische Herrschaft als solche steht über den Standpunkten und Interessen in der Gesellschaft, die sie beherrscht – das gilt für die Könige der frühmodernen Zeit wie für die bürgerlichen und realsozialistischen Souveräne. Als Hoheit hat sie auch ein eigenes Interesse, das nicht von vornherein identisch ist mit dem der Grundherren, Handwerksmeister oder Kapitalisten. Am ehesten noch ist die feudale Herrschaft unmittelbar identisch mit dem Interesse der Lehens- und Grundherren, die ihr die Waffenträger stellen. Aber sogar da hat das Interesse an Macht, ihrer Selbsterhaltung und Erweiterung, also auch ihrer Ressourcen, beim höchsten aller feudalen Herren, dem König oder Kaiser, ein Interesse entstehen lassen, das ihn gegen seine feudalen Klassenbrüder (wenn man so unzeitgemäß reden will), gegen den Adel aller Ebenen – eingenommen hat. Das Mittelalter ist ein einziger Kampf um wahre Hoheit, souveräne Macht; die Spitze der feudalen Hierarchie führte ihn gegen diese Hierarchie, auf die sie sich zugleich stützte. (Dieser Kampf ging im 30-jährigen Krieg in Deutschland verloren; in anderen europäischen Staaten bes. England und Frankreich wurde er schon früher geführt und gewonnen.) Der Aufstieg der Handelsherren und Fabrikanten geht auf die Genehmigung und die Privilegierung durch den König zurück, der deren Erzeugnis – Geld – einfach viel attraktiver und für seine Hoheit nahrhafter fand als die Naturalablieferungen seiner feudalen Hintersassen. Das alles, das Niederringen des Adels, die Errichtung eines tatsächlichen Gewaltmonopols, das es im Mittelalter nicht gab, die Privilegierung der Kaufleute und die entsprechende Entrechtung anderer (ursprüngliche Akkumulation) war natürlich alles ein riesiger Kampf und Krieg; der Souverän löst sich ja auch nicht so leicht aus der Bindung an die Adelsschicht, auf der seine Macht beruhte.
Die modernen Verhältnisse kommen dadurch in die Welt, dass die Hoheit, weil sie den Dienst der Geldmacher an ihrer Schatulle haben will, sie dafür fördert und die Ausübung ihrer Macht deren Geschäftsbedürfnissen schrittweise unterwirft. Die Kaufherren sollen Erfolg haben und dem Schatzamt viel abliefern können. Das alles war im Frankreich Ludwigs IVX schon weit gediehen. Die Macht des Königs war von der bürgerlichen Produktionsweise längst abhängig geworden; sie hat die wirtschaftliche Tätigkeit der Nation schon bestimmt. Erst auf Basis des Bewusstseins, dass alles von ihnen kommt und von ihnen abhängt, fragen sich dann die Mitglieder des vierten Standes, warum sie die Privilegien des Adels, der für Wohlfahrt und Macht des Landes nichts leistet und den unfruchtbaren Luxus des königlichen Hofes noch tragen sollen. Sie machen Revolution im Namen der rechtlichen Grundbestimmungen der bürgerlichen Konkurrenzordnung: Gleichheit vor dem Recht, Freiheit des Privatinteresses, Brüderlichkeit der Staatsbürger.
Die Identität der Anliegen von Staat und Kapital erklärt sich etwas anders, als die guten alten Leninisten meinen: Nicht die Personalidentität beider Seiten, nicht – jedenfalls nicht mehr – die Herkunft oder Auswahl der Machtträger aus der besitzenden Klasse, nicht Bestechung – auch wenn es alles das geben mag – stiftet die zuverlässige Parteilichkeit der Staatsmacht für die Interessen der Kapitalisten, sondern die wechselseitige Indienstnahme. Der Staat dient den Profitinteressen und dadurch sich. Sein Ziel, die Förderung der Grundlagen seiner Macht, kommt zum Zug, wenn die Kapitalisten Erfolg bei ihren Geschäften haben; also setzt er seine Macht für ihren Erfolg ein, sorgt nicht nur für „Rahmenbedingungen“ der freien Konkurrenz, sondern glatt für den Erfolg seiner Geschäftsleute darin. Umgekehrt kommt es in jedem Staat zum Zerwürfnis zwischen der ökonomisch herrschenden Klasse und der politischen Herrschaft, wenn der Erfolg ausbleibt. Dann üben Politiker auch mal Kapitalismuskritik und Wirtschaftskapitäne werden anti-etatistisch; das Zerwürfnis kann bis zur Suche nach neuen Wegen der Indienstnahme des Kapitals durch den Staat gehen; Faschisten einerseits, Chavez etc. andererseits. Die Unzufriedenheit der Klasse, die sich im Besitz der ökonomischen Machmittel weiß und daher zur Beherrschung der Gesellschaft berechtigt sieht, mit einem „unfähigen“, falschen Interessen dienenden, unnütze Kriege vergeigenden Staat kann ihrerseits zu Versuchen von Umsturz und offener Obstruktion führen.
China und die SU, die beide einen Systemwechsel offensichtlich von oben durchgeführt haben und angesichts realsozialistisch gut erzogener Völker mit wenig Widerstand von irgend einem dadurch geschädigten Interesse fertig zu werden hatten, sind durchaus Beispiele für dieses Verhältnis von politische Hoheit und ökonomischen Rechten und Pflichten, die sie erlässt und mit denen sie ein ganzes System definiert. (A propos Genosse Fidel – der Hass seiner US-Gegner beweist nicht, dass es sich da um einen aufrechten Kommunisten handeln muss, sondern nur, dass er das, was sie von Kuba verlangen, verweigert. Dazu reicht ein unpassender, womöglich sozialer Nationalismus a la Chavez heute auch schon.)

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Notwendig falsches Bewußtsein

8. März 2007 324 Kommentare

MPunkt hat mal wieder einen OCR-Scan auf seinem Blog zur Verfügung gestellt. Decker und Hecker sind in Ihrem Buch „Das Proletariat. Die große Karriere der lohnarbeitenden Klasse kommt an ihr gerechtes Ende“ auf die so häufig falsch aufgelöste Formel vom notwendig falschen Bewußtsein der Arbeiterklasse eingegangen. Als Ergänzung noch ein Zitat aus Peter Deckers Marxismus-Vortrag:

Jetzt noch mal eine Zusammenfassung zu dem „Das Sein bestimmt das Bewußtsein“: Der Marx hat gesagt: Im Kapitalismus gibt es ein notwendig falsches Bewußtsein. Und ich habe den Eindruck, außer unserer Erklärung gibt es keine, die die Kategorie „notwendig“ und „falsch“ gleichzeitig aufrechterhalten kann. Der reale Sozialist, also der mißversteht das Wort „notwendig falsch“, daß „notwendig“ so sehr, daß das „falsch“ gestrichen wird: Ja wenn das Bewußtsein unvermeidlicherweise Ausdruck der Klassenlage ist, wo ist denn dann der Fehler? Dann drückt es das doch genau aus, was sein einziger Auftrag ist! Dann ist „falsch“ raus, dann mache ich auch gar nicht mehr den Anspruch, ihm das „falsch“ zu erklären. Sondern ich sage: Na ja, der hat halt eine Lage, die drückt sich halt so aus. Und es gibt die Umkehrung auch: Ich sage, der macht etwas falsch, und streiche „notwendig“ dabei. (Spontaneismus geht ein bißchen in diese Richtung.) Der bestreitet, daß es einen Grund für das falsche Bewußtsein gibt: Es ist bloß deine Ängstlichkeit, Schauder, Mutlosigkeit, bloß deine Borniertheit, also ein grundloser Grund für deine falsche Sicht.
Die Härte von „notwendig falschem Bewußtsein“ besteht darin: Im Kapitalismus ist jeder, der ein freier Lohnarbeit ist, gezwungen, sich zu arrangieren mit den Verhältnissen. Übrigens, das gilt auch für den Kommunist: Deine Brötchen bekommst du nicht, bloß weil du ein Kommunist ist und nicht ans Geld glaubst, deshalb bekommst du die Brötchen nicht ohne Geld. Also dieses Arrangement ist unvermeidlich. Zweitens: in den Verhältnissen, wo du gezwungen bist, dich nach deren Theorien zu richten, ist ein Bewußtsein deiner Freiheit nur als falsches Bewußtsein zu haben. Es ist ein Bewußtsein dessen, daß diese ökonomischen Einrichtungen – Lohnarbeit, Kapital, Geld – Mittel für dich sind, die Demokratie ein Mittel dafür, daß der Bürger auf den Staat einwirkt, und so zu, eben Gedanken meiner Freiheit, daß die Welt sich um mich dreht. Dieses Bewußtsein, der geistige Standpunkt des konstruktiven Mitmachens, der ist nur zu haben, durch Konstruktionen falscher Gedanken. In dem Sinn ist das falsche Bewußtsein im Kapitalismus notwendig. Nicht notwendig ist es – und so haben es die Vertreter des realen Sozialismus aufgefaßt – in einem gewissermaßen erkenntnistheoretischen Sinn: man kann nichts anderes erkennen! Natürlich kann man, man kann sich mit den Sachen befassen und fragen, worum es geht. Da ist der Gegensatz deutlich: notwendig ist das falsche Bewußtsein nicht aus theoretischen, sondern aus praktischen Gründen. Die sind natürlich keine theoretisch notwendigen Gründe. Es gibt keinen Grund, warum man sich nicht einen richtigen Gedanken machen sollte. Außer dem: Dann bekommt die eigene Praxis nicht mehr recht. Dann bricht das „ich bin Arbeiter, und verdiene mein Geld, und ziehen meine Kinder auf“, dann kriegt das nicht mehr recht. Das ist die einzige Notwendigkeit des notwendig falschen Bewußtseins. Aber das darf man nicht so radikal denken, daß man das „notwendig“ für erkenntnistheoretisch sozusagen unvermeidlich erklärt und dann damit natürlich auch das Wort „falsch“ quasi aus der Welt schafft.
Jetzt nur noch einen Nachtrag: Man kann den Gegensatz, den ich heute deutlich machen wollte, auch mit diesen Worten ausdrücken: Notwendig falsches Bewußtsein, da muß man beide Adjektive gleichermaßen unterstreichen können, obwohl sie einen Widerspruch ausmachen. Notwendig und falsch sind ein Widerspruch. Ich kann nicht gleichzeitig sagen, notwendig und getäuscht. Getäuscht heißt doch, du hast einen Fehler gemacht, einen Irrtum, einen vermeidbaren Fehler. Da sagt der Marx die Ungeheuerlichkeit: Im Kapitalismus herrscht notwendig falsches Bewußtsein. Ich habe versucht zu erklären, wie das zu erklären ist, und gezeigt, daß das „notwendig falsch“ falsch verstanden auch das „falsch“ streicht. Denn wenn das wirklich notwendig ist, dann ist es auch nicht mehr falsch. Das ist wie ein Ungewitter: wenn es wirklich notwendig und unvermeidlich ist, dann soll man es auch nicht kritisieren. Alles was notwendig und unvermeidlich ist, kann man auch nicht kritisieren. Kritisieren kann man nur, was auch nicht sein müßte. Aber so sind die Menschen: Was nicht sein müßte, daß kritisieren sie nicht, aber über das Wetter, daß kritisieren sie andauernd.

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Eine Stimme aus dem Off

28. Februar 2007 11 Kommentare

Ein ff, der vielleicht auch fischersfritz gewesen ist (jedenfalls im MDF) und der sich jetzt wohl wieder bei mir als ein fdgo (witzig, witzig) geoutet hat, hat hier einen Kommentar hinterlassen, der doch etwas hervorgehoben gehört:

Zur Schließung des Marxistischen Diskussionsforums sei noch angemerkt: Das Maß war einfach voll. Der Administrator hatte sein Forum nicht ordentlich geleitet. Er gab sich nicht einmal als Moderator zu erkennen. Er pflegte mehrere Nicknames, um seinen Standpunkt als eine verbreitete Meinung vorzutäuschen. Überdies fiel er immer wieder durch eine äußerst unflätigen Diskussionsweise auf. Er verbreitete insgesamt viel falsches Zeug und verteidigte dies auch noch vehement. Der Administrator wurde zur Besserung angemahnt. Da er keine Einsicht zeigte, mussten Maßnahmen zur Stilllegung des Forums ergriffen werden. Ähnlich kann es auch anderen Foren und Blogs ergehen, die sich nicht an die Mindeststandards einer vernünftigen und wohlgesonnenen Diskussionskultur halten.
Nicht in jedem Fall ist es produktiv, dass überhaupt diskutiert werden kann. Für des Kommunistischen Forums war der Hauptgrund seiner Selbstaufgabe, dass jedes noch so brisante Thema von Distinktionsgewinnabsichten und Platzhirschverhalten und nicht mehr von Neugier und Klärungsbedarf bestimmt war. Im Marxistischen Diskussionsforum spitze sich die Lage noch weiter zu, weil die Marschroute von einer Person allein diktiert war und allenfalls durch einige Speichellecker relativiert werden durfte. Die Erschließung des Wissens über die Funktionsweise des demokratischen Rechtsstaats und der sozialen Marktwirtschaft, über die Mechanismen des Weltmarkts und der Staatenkonkurrenz sollte nicht den Hirngespinsten abgedrehter Einzelcharaktere überlassen werden.

Da spricht also wieder einer von seiner anonymen hohen Warte als Inhaber des Pariser Urmeters der linken Politik: „das Maß ist voll“. Nein nicht für ihn (oder irgendwelchen bisher anonym gebliebenen Seinen), sondern überhaupt. Die „Ordnung“ stand auf dem Spiel. Wessen Ordnung eigentlich, aber das mag man ja schon gar nicht mehr fragen. Dann soll „er“ gleich mehrfach derselbe gewesen sein. Es mag sein, daß da einer oder vielleicht sogar mehrere mit Mehrfachnicks gearbeitet haben (woher will ff das eigentlich wissen), so what, da dort eh nur Argumente vorgetragen werden (können) ist es doch völlig wurscht, ob man das als der Einzige immer wieder macht oder als Vierlingspack. So was als Argument zu einem Forum vorzutragen, wo keine zehn Nicks überhaupt was geschrieben haben, ist gaga. „Vortäuschung „verbreiteter Meinungen“? Das ist doch der Lacher per se! Die Bandbreite der Meinungen, die sich im MDF getummelt haben, konnte man doch mit jedem besseren Geschirrhandtuch einpacken, minoritär ist da ja noch geprahlt gewesen.
Dieses bürokratische Passiv-Deutsch: mußte „man“, nicht entschloß „man“ sich zu „Maßnahmen der Stillegung“. Was verbirgt sich den hinter diesem schönen Euphemismus? Und was soll die großkotzige Drohung, „Ähnlich kann es auch anderen Foren und Blogs ergehen, die sich nicht an die Mindeststandards einer vernünftigen und wohlgesonnenen Diskussionskultur halten“? Mal abgesehn davon, daß ich davon nun wirklich nicht viel entdecken kann, als klassisch linken politischen Blog bei blogsport würde ich nur MPunkt zählen, der immerhin eine gewisse Austrahlung/Reichweite und ein modestes Maß an Diskussion vorweisen kann.
Daß ausgerechnet der selbst- oder von wem auch immer ernannte Blogwart ff was von „Neugier“ faselt und „Klärungsbedarf“, die die schönen guten Zeiten des komfor geziert hätten, wer hätte das gedacht.
Ausgerechnet im MDF soll sich die Lage „zugespitzt“ haben, weil es ein „Diktat“ einer Person gegeben haben soll? fischersfritz ist doch empört abgerauscht mit Faust auf den Tisch und Schaum vor dem Mund, Zensur und Diktat kann ich jedenfalls da nicht entdecken. Und das unser Strohfeuermarxist bisher in Wort, Bild und Tat nicht gerade der Vorzeigetyp für „Die Erschließung des Wissens über die Funktionsweise des demokratischen Rechtsstaats und der sozialen Marktwirtschaft, über die Mechanismen des Weltmarkts und der Staatenkonkurrenz“ möchte ich ihm auch noch zuschlechte halten.
Sowas geht zwar zumeist nur hier im Wasserglas der Internetstürme es schmeckt aber nach echter Gewalt, die die letztlich wirklich Bestimmenden hierzulande immer wieder gerne drauf haben.

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Marxistisches Diskussionsforum zugemacht?

28. Februar 2007 82 Kommentare

Das Marxistische Diskussionsforum bei forumromanum ist seit gestern nicht mehr erreichbar. Man erhält dort die Mitteilung „Die von Ihnen gesuchte Community/ Gruppe wurde gelöscht oder deaktiviert“. Das könnte ein technischer Fehler sein, schließlich ist das schon ein- zweimal passiert, es könnte aber auch sein, was bilbo z.B. vermutet, daß Müller-Lüdenscheid, der dortige Forumsbetreiber und webbekannter holzköpfiger Hitzkopf, dem manche GSPlertum vorwerfen und manche es bei ihm vermissen, den Laden dort tatsächlich endgültig zugemacht hat, nachdem die ursprünglichen „echten“ GSPler, die „Münsterer“, die das Forum früher betreiben haben, vor einiger Zeit ja schon mal zumachen wollten, weil sie die Diskussionen nicht mehr hinreichend betreuen zu lönnen meinten. Ironie bei der Geschichte wäre, daß kurz nach der Hatz auf alles GSP-nahe im sogenannten „kommunistischen Forum“ bei x-berg, bei der auch M-L in die Schußlinie gekommen war, die dortigen Macher entnervt aufgegeben haben.

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Peter Decker, ganz kurz

23. Februar 2007 7 Kommentare

Nachdem Peter Decker seinen Imperialismus-Vortrag in Nürnberg sogar auf zwei Abende ausdehnen mußte (der 2. Teil war am 15.02.07), ging es dann zum Schluß ganz kurz:

Zuhörer: Jetzt würde ich gerne vom Peter wissen, ob er eine Lösung hat, ob er sich eine Welt vorstellen kann ohne Nationalstaaten.
Peter Decker: Du bist gut: Jetzt sage ich „Ja“ und dann ist das vorbei! (schallendes Gelächter)
Zuhörer: Und wie sieht die dann aus? Und wie kommt man da hin?
Peter Decker: Das sind jetzt wieder zwei verschieden Fragen. Wie sieht die aus? Gemeinwe-sen, die nach innen den Lebensunterhalt der dort lebenden Menschen zum Zweck des Produzierens machen, die keinen maßlosen Bereicherungswillen nach innen einrichten sondern man will nicht mehr schaffen und hinstellen als man auch braucht, solche Gesellschaften haben nicht das Bedürfnis, sich an anderen Nationen zu bereichern. Also haben sie auch nicht das Bedürfnis, andere in jeder Hinsicht unter ihre Kontrolle zu bringen, damit sie sich für eine Bereicherung hergeben, die sie schädigt. Eine nichtkapitalistische Gesellschaft hat also erst-mal aus ihrem Innenleben heraus keinen Grund, über andere Gesellschaften Herrschaftsbedürfnisse zu entwickeln. Das reicht doch, oder?
Zuhörer: Da muß ich noch drüber nachdenken.
Peter Decker: Wir müßen das doch über das Argument machen, denn auf das hindeuten und zu sagen: Die machen es doch aber so schon, das können wir nicht, weil das in der Welt nicht vorhanden ist.

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Universeller Menschenbegriff

22. Februar 2007 Kommentare ausgeschaltet

Unter dem, jedenfalls für mich als Nichtphilosophen völlig unverständlichen, Titel „Universeller Menschenbegriff“ hat die „Junge Welt“ am 22.02.07 anläßlich des 80. Geburtstages eines, nun ja, marxistischen Philosophen, Manfred Buhr, einen Auszug aus dessen Band „Zukunft des Marxismus“, Köln 1995 gebracht. Diese Ausführungen hätten gut die Vorlage für Peter Deckers Ausführungen zum Marxismus als Anpassungslehre sein können, die ich hier als Abschrift zur Verfügung gestellt habe.
Ein paar Schmuckstücke:

Unsere Gegenwart ist nur mit angestrengter theoretischer Arbeit zu bewältigen. Ich meine eine theoretische Arbeit, die den Mut aufbringt, auf Kontinuität zu setzen wie auf Diskontinuität, die Bisheriges nicht ersatzlos streicht, in dem sie sich diesem unter dem Druck der unmittelbaren Gegenwart verweigert, die aber zugleich das Bisherige kritisch hinterfragt und sich dessen ganzer Geschichte in ihrer Komplexität versichert

Die Vergangenheit muß gedacht und bedacht werden. Aber sie kann nicht linear fortgeschrieben werden, auch wenn man die Vorzeichen vertauscht, weil man sich so von der Geschichte entfernen würde

Das Marxsche Denken ist ein Bestandteil der europäischen Theorie- und Gesellschaftsgeschichte und hat darüber hinaus in anderen Kulturen Einzug gehalten. Aus der Geschichte aber kann nichts gestrichen werden. Was in ihr einmal zur Wirkung gekommen ist, das kann nicht ungeschehen gemacht werden

Das Marxsche Denken gehört so unverzichtbar zur europäischen Kultur, es ist aus ihr nicht wegzudenken. Auf Marx verzichten zu wollen hieße, auf wesentliche Bestandteile der europäischen Kulturentwicklung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verzichten zu wollen

Das Marxsche Denken ist eine Theorie der Geschichte (eine Geschichtsphilosophie), die auf eine Weiterentwicklung des Geschichtsprozesses orientiert. Es kennt kein Ende der Geschichte. Wohl aber kennt es Rückschläge, Niederlagen, Umwege, Stagnationen, Sackgassen, auch zu früh Gekommenes, weil es Geschichte als einen Prozeß nimmt

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SpAD: Marxismus contra Anarchismus

21. Februar 2007 Kommentare ausgeschaltet

Die IKL hat mal eine sieben-teilige Artikelserie (auf deutsch 1996 bis 1998 im “Spartakist”), geschrieben von ihrem Chefhistoriker und Theoretiker Joseph Seymour, herausgegeben, in der ausführlich auf die diversen Kontroversen zwischen Marxisten und Anarchisten im Lauf der letzten 150 Jahre eingegangen wurde. Ich habe die PDFs mit Volltextindex als ZIP-Datei jetzt hier in den Downloadbereich gestellt.

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Schule und Konkurrenzverlierer

20. Februar 2007 Kommentare ausgeschaltet

Auf den Seiten von ArguDiss ist ein neuer Vortrag von Freerk Huisken veröffentlicht worden (leider vorerst ohne die anschließende Diskussion). Thema: Erfurt, Emsdetten: Der nächste Amoklauf kommt bestimmt – Über erwünschte und unerwünschte Behauptungsstrategien von Konkurrenzverlierern
Angesichts der Thesen von Freerk zur Funktion der Schule im Kapitalismus ist mir (wieder einmal erstaunlich passend) Bert Brecht eingefallen, bei dem es in den „Früchtlingsgesprächen“ heißt:

Kalle:
Ich erinner mich, daß wir gleich am ersten Tag eine gute Lektion erhalten haben. Wie wir ins Klassenzimmer gekommen sind, gewaschen und mit einem Ranzen, und die Eltern weggeschickt waren, sind wir an der Wand aufgestellt worden, und dann hat der Lehrer kommandiert: »Jeder einen Platz suchen«, und wir sind zu den Bänken gegangen. Weil ein Platz zu wenig da war, hat ein Schüler keinen gefunden und ist im Gang zwischen den Bänken gestanden, wie alle gesessen sind. Der Lehrer hat ihn stehend erwischt und ihm eine Maulschelle gelangt. Das war für uns alle eine sehr gute Lehre, daß man nicht Pech haben darf.
Ziffel:
Das war ein Genius von einem Lehrer

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