„Buchland DDR“ – Slogan made in DDR
ofenschlot ist offensichtlich auch bienenfleißig. Jedenfalls hat er folgendes auf seinem Blog gepostet:
Texte, die schon länger an abgelegenen Orten des WWW vor sich hin mümmeln, scheinen den bienenfleißigen Internet-Archivaren nicht aufzufallen. Oder aber sie sind bereits kanonisiert, jeder kennt sie, jeder diskutiert sie, nur ich denke mal wieder: Mensch, warum redet eigentlich keiner über …
… über die Schwarzen Protokolle.
Die Schwarzen Protokolle sind – gerade auch in ihrer Verlaufsform – ein faszinierendes Dokument, einer marxistisch-libertären, anarchokommunistischen Strömung aus Westberlin. Sie waren ein schnell wirkendes Gegengift (man achte auf das Logo!) zum gruselig spießigen ML-Kult und zum ebenso unheimlichen RAF-Kult. Zwischen 1972 und 1977 erschienen 17 Ausgaben, von denen immerhin elf vom Papiertiger, einem real existierenden Berliner Archiv »der sozialen Bewegungen« (man kann da also richtig hingehen und recherchieren – irgendwie unfassbar im digitalen Zeitalter…), digitalisiert wurden.
Vorgängerblatt der Schwarzen Protokolle war das allzu kurzlebige Kompendium »Die soziale Revolution ist keine Parteisache« (erschien 1971 in bloß zwei Ausgaben), das sich ganz eng am klassischen Rätekommunismus (Cajo Brendel, Paul Mattick) orientierte. Der Titel der Zeitschrift nimmt Bezug auf eine gleichnamige antibolschewistische Polemik des Rätekommunisten Otto Rühle.
Die Schwarzen Protokolle knüpfen in ihren ersten vier Ausgaben unmittelbar an ihr Vorgängerblatt an, Schwerpunkt ist also die kommunistische Bolschewismuskritik, öffnen sich aber mit der fünften Ausgabe der bunten Welt des Libertären – zunächst in Form der Group Solidarity, einer situationistisch-linksradikalen Gruppe aus England um Maurice Brinton, von der sonst (leider!) kaum was nach Deutschland gedrungen ist.
Im Laufe der Jahre wurden die Protokolle hippiesker, feministischer, literarischer, surrealistischer, ausschweifender. Und man denkt sich so beim lesen: Es gibt vielleicht doch ein bisschen aus den westberliner 70er Jahren, was auch heute noch zu Rate ziehen könnte…
Dadurch bin ich wieder auf einen Artikel gestoßen, der mir lange in der Erinnerung geblieben ist, auch nachdem ich das Heft, in dem er damals erschienen ist, schon lange nicht mehr hatte:
„Buchland DDR“- Slogan made in DDR, erschienen in Heft 11, Mai 1975
Der reale Sozialismus war nämlich nicht mal auf dem Papier so gut, wie er immer von sich behauptet hat, um einen Kalauer zu benutzen.