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Zum Krieg in der Ukraine

16. April 2022

Mitschrift eines Podcasts von Herbert Auinger beim österreichischen Radio Orange 94.0 vom 29. März 2022
„Die Wahrheit stirbt zuerst“ (3) Von den Vorzügen der Demokratie

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. 17. April 2022, 17:49 | #1

    Die Ukraine-Regierung und alle ihre Vertreter, z.B. deren Botschafter in Deutschland Melnyk, fordert ja schon einige Zeit, die NATO möge umgehend schwere Waffen liefern, also Panzer wie den Leopard, Panzerhaubitzen wie den deutschen Typ 2000 und Bomber, wenigstens Mig-29. Und es gibt reihenweise deutsche Politiker, allen voran die Grüne Spitze, die das vehement unterstützen.
    Nun sind das alles Waffen, die kann man nicht irgendeinem x-beliebigen Soldaten in die Hand drücken und los gehts. Für eine ordentliche Panzerausbildung braucht es z.B. 17 Wochen (Wehrmacht) bis 22 Wochen (US Army). bei den anderen Waffensystemen wird es ähnlich sein, bei Flugzeugen sicher am längsten.
    Wenn diese Waffensysteme also schnell, innerhalb der nächsten paar Wochen, an die Front gehen sollen (die NATO hofft bisher jedenfalls, daß die ukrainischen Streitkräfte noch wenigstens solange durch halten können), dann kann das nur „gut“gehen, wenn die Entsendenationen die ausgebildeten Crews gleich mitliefern, sonst könnte die NATO diese Waffen gleich selber sprengen.
    Damit wären diese NATO-Entsendestaaten aber nun wirklich ganz handfest Kriegspartei gegen Rußland. Das sagt aber bisher niemand von den Kriegsschreiern offen. Wann werden die deshalb den offenen Kriegsbeitritt fordern, oder denken die, das fällt den Russen schon nicht auf und übel nehmen werden die sich das auch nicht trauen?

  2. Krim
    18. April 2022, 15:15 | #2

    Es ist ja auch im Gespräch, dass die Ukraine an den westlichen Waffen ausgebildet werden. Vielleicht geht das dann nur mittelmäßig gut. Vielleicht schicken sie einen „Ausbilder“ mit, der die Waffen nicht bedient, aber sagt wie es geht. Wenn sie die Crews mitschicken, wäre die Nato Kriegspartei und dass die Russen das mitkriegen, wissen die Nato-Militärs. Vielleicht machen sie es trotzdem und lassen es drauf ankommen. Jedenfalls werden sie das vorher genau ausknobeln, wie sie am geschicktesten vorgehen.
    Zum Podcast:

    „Die Stärke unseres demokratischen Systems besteht darin, dass Bevölkerung und Regierung mehrheitlich dieselben Ziele verfolgen, weil Letztere von Ersteren in freien und fairen Wahlen gewählt wurde.“

    Die hier erwähnte besondere „Stärke“ der Demokratie liegt also nicht in der besonderen Berücksichtigung der Bürgerbedürfnisse, sondern dass sich durch das Wahlverfahren die Bevölkerung verlässlich hinter der Regierung einreiht.

    Im ersten stimmt das mit den gemeinsamen Zielen nicht, weil ja keine Ziele, sondern Parteien gewählt werden, die ganz frei die Ziele gestalten, die sie für die Stärkung der Nation für erforderlich halten. Beim zweiten stimmt die Reihenfolge nicht. In der Wahl muss sich keineswegs die Bevölkerung hinter die Regierung scharen. Sie können auch die Opposition wählen, die dann die Regierung wird. Hier wird der Eindruck erweckt, das Wahlverfahren würde garantieren, dass die Bevölkerung unterstützt, was die Regierung will. Dabei ist es umgekehrt. Die Mehrheit bestimmt die Regierung. Das heißt dann zwar nicht, dass die Regierung tut, was die Mehrheit will, aber warum muss man hier die Wahrheit verdrehen. Das Wahlverfahren garantiert, dass die Partei die die Mehrheit will, die Regierung übernimmt. Es ist also genau umgekehrt, die Regierungspartei reiht sich hinter dem Mehrheitswillen ein, wird von der Mehrheit bestimmt.

    Gerade diesbezüglich möge sich der eingefleischte Demokrat aber lieber nichts einbilden, von wegen der „Stärke unseres demokratischen Systems“, in dem „Bevölkerung und Regierung mehrheitlich dieselben Ziele verfolgen“ – also bitte, diese „Stärke“ haben der Kaiser und der Führer seinerzeit auch hingekriegt, bis zum bitteren Ende, bis wirklich nichts mehr ging.

    Fragt sich halt, was dann die Demokratie ausmacht, wenn bezüglich Gefolgschaft, Kaiser und Führer und Demokratie sich nicht unterscheiden. Anscheinend sieht der Autor tatsächlich keine Unterschiede.

    Das ist in allen Varianten einer stabilen Herrschaft so: Die Bevölkerung wird eingespannt und verfolgt insofern „dieselben Ziele“ als die Regierung; es bleibt ihr auch nichts anderes übrig.

    Na klar mit dem was die Bevölkerung will, hat der bürgerliche Staat natürlich nichts zu tun. Alles bloß Knechte, wie zuvor beim Kaiser und beim Führer auch schon. Böser Führer – Böser Kaiser – Böse Demokratie – Guutes Volk!
    Zum „Angriffskrieg“ fiel mir noch folgendes ein: Das ist wirklich ein sehr eigentümlicher Begriff, da es sich um einen Pleonasmus handelt – einen weißen Schimmel. Hat es jemals einen Krieg gegeben ohne Angriff? Einer muss angreifen, sonst ist es kein Krieg. Jeder Krieg ist ein Angriffskrieg. Welche Unterscheidung wird mit „Angriffskrieg“ also getroffen? Ein Angriffskrieg unterstellt auf der anderen Seite einen Verteidigungskrieg. Es soll also die Unterscheidung von gerecht und ungerecht, gut und böse, legitimer Schutz der Opfer und illegitime Gewaltanwendung getroffen werden und zwar ohne das weiter begründen zu müssen. Denn Angriff ist ja bekanntlich die beste Verteidigung. Und das ist im Fall von Russland sogar so. Russland wehrt sich aus seiner Sicht gegen die Einkreisung durch die Nato. Jede Partei kann seine Motive so darstellen, dass es sich um Verteidigung handelt. Was eben nur auf die Untauglichkeit solcher moralischer Kategorien verweist. Darauf verzichten will die Kriegspropaganda des Westens trotzdem nicht. Da muss natürlich die Parteilichkeit für die eigene Seite auch in der Sprache ausgedrückt werden.

    Die Gemeinsamkeit der von oben Regierten in all den erwähnten Staatsformen besteht darin, als Menschenmaterial für die Ziele der Herrschaft zu fungieren. Das wird im Krieg unübersehbar deutlich, wenn mit der Benutzung für wirtschaftliches Wachstum mal Schluss ist oder zumindest Pause gemacht wird, und der Reichtum und die Menschen für die gewaltsame Durchsetzung der jeweiligen Staatsräson benutzt und zerstört werden, einer Herrschaft, die auch noch als die „eigene“ gewürdigt werden will, auch wenn von einem Besitzverhältnis höchstens umgekehrt die Rede sein kann.

    Ja, ja. Immer der gleiche Käse. Die Menschen sind bloß die Knechte ihrer Regierung und die Herrschaft hat mit dem gesellschaftlichen Willen natürlich gar nichts zu tun. Und der Reichtum dieser Gesellschaft ist auch ein ganz unschulidiger, weswegen es auch ganz unerhört ist, wenn dieser für Krieg benutzt wird, statt für das Wohlleben der Leute. Und nein, von einem Besitzverhältnis kann überhaupt nicht die Rede sein – auch nicht höchstens.

    Kein Krieg in der jüngeren Geschichte ist am Ungehorsam des Menschenmaterials gescheitert,

    Woran das wohl liegt? Wahrscheinlich daran, dass die demokratischen Herren so erfolgreich beim Knechten ihrer Untertanen sind. Natürlich nicht daran, dass die angeblichen Knechte der Durchsetzung ihrer Gewalt die Daumen drücken.

    erst nach der Niederlage fühlen sich manche verarscht.

    Woran das wohl liegt? Vielleicht am selben Kriterium, das die Knechte an ihrer Herren anlegen? Sie haben die Durchsetzung der eigenen Nation gegen andere Nationen vergeigt und daher haben sie sich der Gefolgschaft ihrer Untertanen nicht für würdig erwiesen.

  3. 19. April 2022, 12:18 | #3

    Zum Hin und Her von Regierung, Opposition und Wählerwillen nochmal ein Hinweis von mir:
    Eine Demokratie mit Wahlen und abwechselnden Regierungen in Lauf der Zeit funktioniert, bzw. nur so lange, wie in der Gesellschaft weitestgehende Übereinstimmung herrscht, welche grundlegende Politik von der jeweiligen Regierung gemacht werden soll. Wenn diese Übereinstimmung wegfällt oder gar nicht erst zustande gekommen ist, dann gibt es auch keine Basis für Demokratie und dementsprechende Wahlen. Die Ukraine ist dafür ein „gutes“ Beispiel: Ob die Staatsräson sein soll, ein Frontstaat der NATO gegen Rußland zu sein oder ob sich der Staat eher wirtschaftlich und politisch mit Rußland einlassen sollte spaltet die Bevölkerung in zwei große Lager, zudem auch noch regional weitgehend getrennt. Kein Wunder, daß es dort seit der Abtrennung von der Sowjetunion und Wiedereinführung kapitalistischer gesellschaftlicher Verhältnisse so gut wie keine normalen Wahlen gegeben hat.

  4. Krim
    20. April 2022, 09:40 | #4

    Ja. Danke. Die Ukraine ist wirklich ein gutes Beispiel dafür, dass Demokratie und Wahlen eine Gemeinsamkeit, eine gemeinsame grundlegende Staatsraison unterstellen, die die unterschiedlichen politischen Lager eint. Erst diese Gemeinsamkeit führt dazu, dass sich die Minderheit der Mehrheit nach der Wahl auch unterordnet und die Wahlschlappe akzeptiert. Das macht sie, um der grundlegenden Gemeinsamkeit willen. Sie akzeptiert die Niederlage, weil sie auch dem Gewinner zutraut die grundlegende Staatsraison zu verfolgen und voran zu bringen. Die gemeinsame Staatsraison legt den Willen der Staatsgewalt grundlegend fest. Die Ausrichtung der Staatsgewalt Richtung Nato und EU oder Richtung Russland ist ein gutes Beispiel. Die Höhe der Pendlerpauschale wäre keine tragende Gemeinsamkeit.

  5. Leser
    23. April 2022, 08:01 | #5

    „Anti-Kriegs-Jugendkonferenz am 23.04.2022 in Frankfurt/Main
    Auf der Antikriegsjugendkonferenz wollen wir gemeinsam über die Gründe für Aufrüstung und Militarisierung, über die Strategien der Militaristen, die Politik der Europäischen Union, die Doppelmoral bei den Geflüchteten, über den Kampf um eine Zivilklausel, Jugendoffiziere in der Schule, den Kampf für Frieden, Gewerkschaften und vieles mehr diskutieren.
    Gemeinsam wollen wir uns erarbeiten wie wir gegen Krieg und Aufrüstung aktiv werden können!“
    Vorträge:
    Jörg Kronauer: Verfasstheit des deutschen Imperialismus
    Jürgen Wagner: 100 Milliarden Euro Aufrüstung
    Horst Schmitthenner: Rüstungskonversion
    Renate Dillmann: Folgen der Aufrüstung für Innen- und Sozialpolitik
    https://www.jugendgegenkrieg.info/programm/
    https://www.heise.de/tp/features/Was-die-Zeitenwende-von-Bundeskanzler-Scholz-bedeutet-6665130.html?seite=all
    https://www.jungewelt.de/artikel/425101.antimilitarismus-da-stehen-wir-vor-einer-großen-aufgabe.html
    —-
    Zur Positionierung des dt. Militarismus vgl. auch:
    https://www.contradictio.de/blog/archives/8938/comment-page-1#comment-10309
    —-
    Zu Thesen, hier wiedererstehe der dt. Faschismus
    http://www.fhuisken.de/downloadable/lose-texte/ThesenHannover09.pdf

    In den neunziger Jahren, anlässlich der Jugoslawienkriege, gab es in der damaligen linken und alternativen Szene massenweise Enttäuschung über die Partei „Die Grünen“. Heute betreffen entsprechende Gegenargumente leider fast die komplette deutsche Linke.
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/enttaeuschte-gruene#section2
    https://wissenundkritik.de

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