Georg Fülberth, den man grob gesprochen sicher dem von Michael Heinrich als „Arbeiterbewegungs- und Weltanschauungsmarxismus“ gescholtenen Milieu zuordnen kann, hat in der Nummer 10-2011 der Zeitschrift konkret einen Artikel zur „Neuen Marx-Lektüre“ veröffentlicht und fragt sich und uns Leser: „Der Weltlauf bringt mit sich, daß wieder vermehrt Karl Marx gelesen wird. Doch wie? Und zu welchem Ende?“ Er gibt dabei aber erstaunlich wenig Antworten auf die ja sehr wohl wichtigen Fragen.
Michael Heinrich:
Die Wissenschaft vom Wert
Die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie zwischen wissenschaftlicher Revolution und klassischer Tradition
5. Auflage
2011 – 411 – € 29,90
ISBN: 978-3-89691-454-5
Erscheinen: Oktober 2011
„Mit dem Zusammenbruch des Realsozialismus wurde die Marxsche Theorie fragwürdig. Zwischen pauschaler Todeserklärung und trotziger Verteidigung schien kein Platz für eine wirkliche Diskussion Marxscher Texte und ihrer intellektuellen Zusammenhänge.
Michael Heinrichs inzwischen zum Klassiker avancierte Arbeit bildete hier einen Kontrapunkt. In seiner am „frühen“ wie am „späten“ Marx ansetzenden Untersuchung setzt er die Marxsche Ökonomiekritik sowohl zur Klassik wie zur Neoklassik in Beziehung und legt dabei tiefgreifende Ambivalenzen frei.
Das Standardwerk liegt in der 5. nunmehr Auflage vor.“
Per Zufall bin ich auf folgendes Veranstaltungsvideo bei YouTube gestoßen:
TZM präsentiert: Die bedürfnisorientierte Versorgungswirtschaft (Alfred Fresin)
Den Audiomitschnitt allein kann man sich bei archive.org runterladen oder anhören.
Das dem Vortrag zugrunde liegende Buch kann man auf Alfreds Blog http://stattkapitalismus.blogsport.de nachlesen oder runterladen.
Der GegenStandpunkt setzt seine Reihe zur (fortdauernden Weltfinanz-)Krise mit einem weiteren Vortrag von Margaret Wirth fort:
Jahr 5 der Weltfinanzkrise. Imperialistische Geldsorgen – und wie die Völker mit ihnen behelligt werden
Datum: Dienstag 25.10.2011
Beginn: 19:30 Uhr
Ort: Mehringhof, Versammlungsraum Gneisenaustrasse 2a, Berlin Kreuzberg
Der Ankündiger lautet:
„Seit einem halben Jahr bestimmt wieder die Weltfinanzkrise die Tagesordnung der Weltpolitik. Tagtäglich werden die Bürger von Presse und Fernsehen mit dem Tun und Treiben derer behelligt, die Finanzmärkte heißen und ihr Geschäft mit der Spekulation auf Finanztitel machen. Man erfährt, dass da gegen die Staatsanleihen europäischer Staaten spekuliert und ein Staat nach dem anderen an den Rand des Bankrotts getrieben wird; man wird mit den Aktivitäten von Ratingagenturen vertraut gemacht, die die Schuldtitel der USA herabstufen und damit eine Panik an den Börsen auslösen. Und man wird mit den Anstrengungen der Regierungen bekannt gemacht, mit denen sie die negativen Wirkungen dieses Treibens auf die Staatsfinanzen und auf das Geld der Nationen in den Griff bekommen wollen. Mehr…
Ich hatte im Oktober letzten Jahres schon mal auf folgendes Buch hingewiesen:
Marx »Kapital« lesen: Ein Begleiter für Fortgeschrittene und Einsteiger [Broschiert]
David Harvey (Autor), Christian Frings (Übersetzer)
Preis: EUR 24,80
Broschiert: 390 Seiten
Verlag: Vsa; Auflage: 1., Auflage (August 2011)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3899654153
ISBN-13: 978-3899654158
Nun ist es endlich im Buchhandel erhältlich, z.B. bei amazon
Was heißt hier eigentlich ‘Wir’?
VHS Bielefeld (Murnau-Saal) | Ravensberger Park 1 | 33607 Bielefeld
6.10.2011 19:00 Uhr
Referent*innen: Ilka Schröder (Jungle World, Konkret), Thomas Ebermann (Konkret), Renate Dillmann (Gegenstandpunkt)
Mitschnitt
Ankündiger:
Deutschland ist angekommen. Nach NS-Faschismus, Krieg, und der darauf folgenden vierzigjährigen Teilung in BRD und DDR ist Deutschland nun mehr seit zwanzig Jahren nicht nur eine etablierte „souveräne“ Staatsnation unter vielen in Europa, sondern eine Weltmacht, ohne die in Europa nichts mehr läuft. Wie der für dieses nationale Projekt adäquate Nationalismus zu kritisieren sei, ist nicht nur in linksradikalen Debatten hart umstritten. Das vierte Reich, das Ende der 80er Jahre bis in die Sozialdemokratie hinein mit der „Wiedervereinigung“ erwartet wurde, blieb aus. Die Ansprüche auf die deutschen Ostgebiete wurden zurückgeschraubt und die DDR wurde mit freundlicher Unterstützung der Blockparteien an die BRD und damit an die Nato angegliedert. Damit einher gingen rassistische Pogrome, die nicht zuletzt durch verschärfte Asylgesetzgebungen in den frühen 90ern von Staatswegen geschürt wurden. Die Nazis bekamen mehr und mehr Zulauf, organisierten sich und zündeten Asylbewerberheime an. Die deutsche Bevölkerung schaute mehrheitlich zu oder bildete Menschenketten. Damals wurde dieser im Zuge der „Wiedervereinigung“ aufkommende Nationalismus und Rassismus von der antinationalen Linken als Beleg für die Kontinuität eines deutschen Vernichtungswahns gedeutet, der sich, wenn er erst die Gelegenheit dazu bekommen sollte, auch nicht halt machen würde vor Gaskammern und KZs. Gleichzeitig entwickelte sich die BRD zu einem in der NATO akzeptierten Einsatzpartner für Kriege in aller Welt. So wollte es die Ironie der Geschichte, dass gerade eine SPD-Regierung den dritten deutschen Kriegseinsatz auf serbischen Boden und den ersten Krieg mit deutscher Beteiligung seit 1945 zu verantworten hatte. Gerechtfertigt wurde er in der Öffentlichkeit durch die ‚historische Verantwortung‘, die Deutschland habe und wegen der nun in anderen Ländern Auschwitz verhindert werden müsse. Dieses positive Umdeuten des Holocaust zum ideologischen Bezugspunkt einer Rechtfertigung deutscher Interessen, bildete eine neue Basis für Diskussionen um den besonderen Charakter des deutschen Nationalismus: Da ein wesentliches Element des Nationalismus der positive Blick auf die eigene nationale Geschichte darstellt, musste in Deutschland jeder Nationalismus in eine Relativierung des Holocaust münden. Weil es in Deutschland keinen Bruch mit dem NS und dem völkischen Nationalismus gab, sondern nur einen militärischen Sieg über den Faschismus, legitimiere sich der deutsche Nationalismus nie ausschließlich über das republikanische Erbe, sondern deute jede deutsche Tat als deutsche Verantwortung. Dieses Verantwortungsbekenntnis bedeute jedoch nicht die Einsicht in die Gründe für Krieg, Rassenmord und Nationalismus, sondern gerade das reinwaschen der eigenen Geschichte.
Neben den Fragen der spezifischen Besonderheit des deutschen Nationalismus soll auf dem Podium auch über die Funktionsweisen des Nationalismus als notwendig falsches Bewusstsein diskutiert werden, als welches er in der bürgerlich kapitalistischen Gesellschaft zutage tritt. Nationalismus als die vom Standpunkt des Staatsbürgers aus begründete Parteilichkeit für die eigene Nation, die die Widersprüche zwischen Kapital und Arbeit dem höheren Ideal des nationalen Gemeinwohls unterstellt. Aber was macht ihn dabei notwendig? Wie vermittelt sich dieses Bewusstsein? Sind die Staatsbürger*innen per se Nationalisten, weil ihr individuelles Fortkommen im Hauen und Stechen der kapitalistischen Konkurrenz vom nationalen Erfolg des Staates in der Weltmarktkonkurrenz abhängt, oder ist Nationalismus ein viel weniger auf ökonomischen Erfolg schielendes Bedürfnis nach quasi natürlichen Rechtfertigungen, weil die ökonomischen Zwänge den Individuen wie Naturgewalten entgegenstehen? Inwiefern ist mittlerweile, auch im Zusammenhang der EU, eine „gemeinsame“ europäische oder allgemein westliche „Kultur“ ein entscheidender Bezugspunkt zur Rechtfertigung nationaler Interessen und Identitäten?
Die taz hat die Veranstaltung am 2.9.11 so beschrieben:
BERLINER WAHL
Alternative sind keine Alternative
Im Kreuzberger Mehringhof fragt sich die linke Szene, wann genau eigentlich die Grünen unwählbar wurden.
VON ALISSA STARODUB
„Was uns eint, ist, dass wir alle links sind. Mehr oder weniger extrem. Die Grünen wählen wir nur mit Schmerzen“, sagt der Mann vom Fahrradladen. Das Thema der Veranstaltung, die am Donnerstagabend im Kreuzberger Mehringhof stattfindet, trifft er damit auf den Punkt: „Wählen ist verkehrt! Alternativ wählen auch.“ Der Untertitel macht die Entfremdung noch deutlicher: „Die Grünen: Endlich ,Volkspartei‘! Ökologisch. Sozial. Prokapitalistisch. Herrschaftsfähig.“ Organisiert hat den Vortrag mit Diskussion die Redaktion vom Gegenstandpunkt, einer marxistischen Vierteljahreszeitschrift.
Im linken Spektrum, das der Fahrradverkäufer anspricht, stehen die Menschen vom Gegenstandpunkt wiederum ganz links. Zwar wird in Internetforen spekuliert, ob das Medium noch „marxistisch“ oder nur „kapitalismuskritisch“ ist. Dennoch wird es heute noch vom Verfassungsschutz beobachtet.
Die rund sechzig Menschen, die im Versammlungsraum den Vortrag von Redakteur Manfred Freiling erwarten, erinnern rein optisch an die Anfänge der Partei, über die hier diskutiert wird: strubbelige Haare, Turnschuhe, Thermoskannen. Aber als Freiling über die Wahl am 18. September spricht, stellt er nicht die Frage, ob es die Ökopartei doch noch schafft, die SPD abzulösen. Er erklärt, warum Wählen verkehrt ist: „Nicht wählen ändert nichts. Wählen ändert auch nichts.“ Für Freiling bedeutet die Teilnahme an der Wahl ein Bekenntnis zum Staat und zur kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Bei den Grünen vermisst er jegliche Systemkritik, ihr „Angriff von innen“ sei gescheitert.
Später fragt man sich im Publikum, wann genau der Sündenfall stattgefunden hat: vor oder nach den von Grünen befürworteten Militäreinsätzen? „Künast ist Juristin“, schildert einer seine Entfremdung, „heute sind da Leute, die ihre Karriere darauf ausgerichtet haben, Volksvertreter zu werden. Früher waren bei den Grünen viele Lehrer.“ Anstatt den Kapitalismus als Ursache der Umweltzerstörung zu erkennen, hätten die Grünen versucht „Ökologie und Ökonomie zu versöhnen“, heißt es.
online hier
Der Mitschnitt der Veranstaltung vom 01.09.2011 | Berlin | „Wählen ist verkehrt! Alternativ wählen auch. Die Grünen: Endlich „Volkspartei“! Ökologisch. Sozial. Prokapitalistisch. Herrschaftsfähig“ mit Manfred Freiling vom GegenStandpunkt als Referenten ist von Kein Kommentar / Berlin hier online gestellt worden.