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Archiv für April, 2009

„blogsport hottest shit“

30. April 2009 Kommentare ausgeschaltet

Die Macher des Blogs Banausenrepublik haben vor kurzem folgende Spielerei programmiert:

Mit diesem kleinen Gimmick gehört auch Ihr (!) bald zu den Obercheckern der community! Alles was Ihr tun müßt um dieses trendy web 2.0 feature in Euren Blog zu integrieren, ist folgenden code einzufügen:
!– BLOGSPORT MOST DISCUSSED–>
!– sorting the most frequently discussed blogsport posts by counting comments on comments.blogsport.de –>
script type=“text/javascript“ src=“http://www.banausenrepublik.de/blog/blogsport_hot.php?lines=5&list=y&link=y&count=y“ >
/script>
!– END —

Das lieferte am 3.5.09 folgendes Ergebnis:

* aka (9)
* dorfdisco (9)
* klarmann (7)
* all4one (4)
* aufenthalt (4)
* maedchenblog (4)
* futsalflingern (4)

Wenn sowas schon „hot“ ist, dann wäre eigentlich alle Hoffnung vergeblich. Jedenfalls auf die Entwicklung des Bloggertums. Jedenfalls für dessen linkes Spektrum. Aber wer tut sowas denn auch schon ernstlich?

KategorienBlog-technisches Tags:

Neuerscheinung: „Der Grund der Finanzkrise“ TB von H. Lueer

30. April 2009 Kommentare ausgeschaltet

Ich hatte vor einer Weile auf ein Taschenbuch von Hermann Lueer hingewiesen:
„Warum verhungern täglich 100.000 Menschen?“
Nun hat der Author im gleichen (Print-on-Demand-)Verlag einen weiteren Titel veröffentlichen können:
Der Grund der Finanzkrise: Von wegen unverantwortliche Spekulanten und habgierige Bankmanager
# Taschenbuch: 112 Seiten
# Verlag: Monsenstein und Vannerdat; Auflage: 1 (April 2009)
# Sprache: Deutsch
# ISBN-10: 3865827985
# ISBN-13: 978-3865827982
Bei amazon steht folgende Kurzbeschreibung:

»Unsere Arbeiter sind nicht weniger produktiv als vor der Krise. Unser Verstand ist nicht weniger erfinderisch, unsere Güter und Dienste werden nicht weniger gebraucht als letzte Woche, letzten Monat oder letztes Jahr. Unsere Kapazitäten sind unverändert.« (Barack Obama) Es könnte also alles so weitergehen wie bisher. Aber was ist dann der Grund für die Krise? »Zu wenig privater Konsum, um die verfügbare Produktionskapazität auszunutzen, ist in weiten Teilen der Welt ganz eindeutig zur Wohlstands­bremse Nummer eins geworden« (Paul Krugman) Eine absurde Krise. Offensichtlich gibt es von allem zu viel. Der Reichtum ist im Überfluss vorhanden, es gibt nicht zu wenig Produktionspotential, sondern Überkapazitäten. Wo soll man hin mit all den nützlichen Sachen, die produziert wurden. Arbeitnehmer werden entlassen und damit außer Lohn und Brot gesetzt, weil zu viel produziert wurde. Nützliche Gebrauchsgegenstände liegen auf Halde und funktionierende Produktionsstätten werden geschlossen wegen zu geringer Nachfrage bei gleichzeitiger Massenverelendung. Der physische Reichtum der Gesellschaft hat sich also nicht in Luft aufgelöst, er wird vom Standpunkt des Geschäfts nur nicht mehr gebraucht. Was ist das für ein komischer Reichtum, der – obwohl sich die materiellen Produktionsbedingungen gar nicht verändert haben, obwohl Lebensmittel, Unterkünfte und alle möglichen sonstigen Konsumartikel weiterhin vorhanden sind – plötzlich in einem zunehmenden Umfang für einen Großteil der Bevölkerung nicht mehr zur Verfügung steht? Warum regiert das Geld die Welt?

(dieser Hinweis geht auf eine Mail von Steffen Falk zurück, den wiederum HermannLueer selber darauf hingewiesen hatte.)
Nachtrag: Hermann Lueer hat auch eine eigene Homepage, wie ich bei contradictio gefunden habe:
http://www.whyhunger.com/deutsch/4,0,argumente,index,0.html

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Austausch über „An Exchange on Nestor Makhno“

30. April 2009 10 Kommentare

Neben der allseits bekannten Kronstadt-Debatte ist zwischen Anarchisten und Kommunisten in Bezug auf die Oktoberrevolution der Bolschewiki immer auch die Bewertung von Nestor Machno, dem ukrainischen Revolutionär hochgradig strittig gewesen. Nach dem anarchistischen Kongreß, der an Ostern 2009 in Berlin (unter Schwierigkeiten) stattgefunden hat, habe ich deshalb in alten Zeitungen gewühlt und einen Artikel im „Workers Vanguard“ der amerikanischen Trotzkisten Spartacist League /U.S., gefunden, in dem die Redaktion ausführlich auf einen Leserbrief eines amerikanischen Anarchisten eingeht. Diesen Artikel aus 1996 habe ich eingescannt und als PDF in meinen Downloadbereich gestellt.
Zudem habe ich ihn Amelie Lanier, die auf dem Kongreß einen Workshop gegeben hatte, zu lesen gegeben, die als nom de guerre unter „Nestor Machno“ firmiert, und mir jemand zu sein scheint, der auch was fundiertes zu dieser Streitfrage sagen kann.
Hier ihre prompte Antwort:

Das generelle Problem an dem Artikel über Machno ist das, daß Leute, die sich als Marxisten bzw. Kommunisten begreifen, oft ein parteiliches Verhältnis zu den Bolschewiken und zur Russischen Revolution haben. Irgendwie waren das doch aufrechte Kommunisten (obwohl man in der SU vor Stalin nicht von Kommunismus sprechen kann) und tüchtige Revolutionäre (was dann bei dieser Revolution für ein Scheißdreck herausgekommen ist, darüber schweigt man dann auch gerne taktvoll) und schon ist jeder, der gegen Lenin oder Trotzki was sagt, ein Antikommunist und Konterrevolutionär.
Es tritt irgendwie eine Usurpation des Begriffs Kommunismus durch die Sowjetpartie ein. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Frage der Beurteilung der Gewalt: Wenn die Bolschewiki recht haben, so ist die von ihnen ausgeübte Gewalt legitim, und ihre Gegner fallen zu Recht der Gewalt zum Opfer. Weil sie blamieren sich ja dadurch, daß sie Gegner der Guten sind.
Das ist also eine Argumentationslinie, die sich durch den ganzen Artikel zieht: Die Rote Armee vertritt das Proletariat, liegt also auf jeden Fall richtig, und die Machnowzy sind Kleineigentümer, die ihr Eigentum bewahren wollen. Bei allen Konflikten, die zwischen den beiden auftreten, haben daher immer die Bolschewiki recht.
Zur Eigentumsfrage: Die Ukraine war vor der Revolution durch den – größtenteils polnischen – Großgrundbesitz geprägt. Schon in der Revolution von 1905 war Machno bei einer Gruppe engagiert, die von einem tschechischen Arbeiter mit anarchistischer Literatur versorgt wurde und die Großgrundbesitzer enteignen wollte, und sich auch organisierte gegen die vom russischen und polnischen Grundherren ins Leben gerufenen Todesschwadronen. Dieser bewaffnete Widerstand von Machno und seinen Anhängern wird in der sowjetischen Historiographie so dargestellt, als sei er ein Wegelagerer gewesen, ein gewöhnlicher Krimineller also, der sich erst im Gefängnis eine politische Bildung zugelegt habe.
Nachdem er nach der Amnestie nach Guljaj-Polje zurückgekehrt war, fing er wieder dort an, wo er 1905 aufgehört hatte: Die Grundbücher wurden verbrannt, ein Dorfkomitee gegründet, das sich mit landwirtschaftlichen Fragen beschäftigte, und es wurde jedem freigestellt, Land in Eigenregie zu bestellen – die Zuteilung erfolgte durch das Dorfkomitee – oder gemeinschaftlich. Man muß hier ausdrücklich festhalten, daß Machno in der Ukraine kollektiviert hat, auf freiwilliger Basis, während Lenin mit dem Dekret über das Land Eigentum gesetzlich eingerichtet hat.
Den Machnowzy sozusagen zu unterstellen, sie seien eigentlich Kulaken gewesen, die sich auf Kosten des Proletariats bereichern wollten, nur weil sich die Bauern den Requirierungen widersetzt haben, ist halt auch eine recht tendenziöse Deutung der Ereignisse.
Der Höhepunkt der Auseinandersetzungen zwischen Großgrundbesitzern und Bauern – nicht nur den Anhängern Machnos – war während des Hetmanats. Skoropadski, selbst zaristischer Offizier und Grundherr, hat diese Kießling-Rolle deshalb angenommen, weil er sich damit der deutschen und österreichischen Truppen zur Niedermachung der aufrührerischen Bauern bedienen konnte. Die deutschen und ö. Truppen plünderten die Ukraine aus und das wiederum verlängerte den Weltkrieg, der sonst wegen Versorgungsengpässen der Mittelmächte schneller vorbei gewesen wäre. Guljaj-Polje wurde in dieser Zeit von den vereinigten deutsch-ukrainischen Truppen eingenommen und zwei von Machnos Brüdern hingerichtet. Er selbst überlebte nur, weil er nicht dort war. Machno hat es der sowjetischen Führung immer sehr verübelt, mit dem Friedensschluß von Brest-Litowsk die Ukraine an die Achsenmächte und die Grundbesitzer ausgeliefert zu haben und damit diese Repressionswelle und Massaker an ukrainischen Bauern ermöglicht zu haben.
Die Frage der Progrome gegen die Juden ist das beliebteste Motiv in der sowjetischen und prosowjetischen Geschichtsschreibung, um die Machnowzy als Judenfresser und Machno selbst als Antisemiten hinzustellen. Der Artikel legt noch dazu ein Schäuferl zu und bezeichnet ihn als verlogenen Antisemiten: tut judenfreundlich, in Wirklichkeit aber …
Arschynow, sein Mitarbeiter, leugnet gar nicht den unter den Machnowzy verbreiteten Antisemitismus, aber hält fest: “Antisemitismus gibt es in Rußland genauso wie in einer Reihe anderer Länder. In Rußland, und konkret in der Ukraine, trat er nicht auf als Resultat der revolutionären Epoche oder aufständischer Bewegungen, sondern als Erbe der Vergangenheit.“ Daß Machno und sein Mitarbeiterstab alles gemacht haben, um dem entgegenzutreten, gibt ja sogar der Artikel implizit zu. Noch etwas anderes ist zu bedenken: Die Machnowzy waren auf Grundlage völliger Freiwilligkeit organisiert. Von anderen Dörfern und Gegenden kamen Freiwillige, um sich entweder den kämpfenden Verbänden anzuschließen oder aus den Erfahrungen der Dorfkomitees etwas mitzunehmen an Erfahrungen. Ganze Dörfer deklarierten sich als Teil des “befreiten Gebietes“ und Anhänger Machnos. Und so ist es natürlich auch vorgekommen, daß Banden, die Pogrome veranstalteten und deutsche und jüdische Dörfer plünderten, sich als Machnowzy deklariert haben, ohne das geringste mit Machno zu tun zu haben.
Ein weiterer Punkt ist die Frage der Bildung: Machno und seine Anhänger werden gern als Primitivlinge, ungebildete Bauerntrampeln hingestellt, so auch in dem Artikel, die niedrige Instinkte bedient und spontane Entschlüsse gefaßt haben, ohne Nachdenken. Machno kam 1917 aus der Butyrka nach Hause mit nichts als einem großen Sack voller Bücher. Das war für ihn das Wichtigste, das er aus Moskau nach Guljaj-Polje bringen wollte. Während des Bürgerkrieges warben die Machnowzy aus den Städten Leute mit etwas Schulbildung an, um mit ihnen ein System von Dorfschulen nach dem Vorbild der Escuela Moderna von Francisco Ferrer einzurichten. Die Verbitterung Volins, Machnos und Arschynows über das mangelnde Interesse der russischen Anarchisten hat auch darin ihren Grund, daß ihnen Intellektuelle fehlten, die das Publikationswesen betreiben, bei schwierigen ökonomischen Entscheidungen helfen und die Volksbildung vorantreiben hätten können.
Die wechselnden Allianzen Machnos werden als Zeichen seiner Wankelmütigkeit hingestellt, dabei hat das halt seinen Grund im Verlauf des Bürgerkriegs in der Ukraine: Als die Machnowzy 1919 Jekaterinoslaw (heute Dnepropetrowsk) einnahmen, ergaben sich die verteidigenden Truppen Petljuras, und schlossen einen Waffenstillstand mit den Machnowzy. Dafür wurden sie nicht entwaffnet. Dann öffneten die Machnowzy das Gefängnis, und es kam zu Plünderungen. Daraufhin verbündeten sich die Bolschewiki in der Stadt mit den Petljura-Truppen und die warfen die Machnowzy wieder hinaus.
Zu mühsam wäre es jetzt, auf die ganzen militärischen Fragen einzugehen. Kein Teil der späteren Sowjetunion hatte mehr ausländische Interventionsarmeen zu bekämpfen als die Ukraine: Die Machnowzy kämpften gegen die Deutschen und Österreicher, gegen die Truppen Wrangels und Denikins. Ohne die militärischen Erfolge von ihnen hätte die Ukraine nicht der späteren Sowjetunion eingegliedert werden können. Gerade Trotzki hatte großes Interesse daran, die militärische Leistung der Machnowzy zu leugnen, weil die historische Wahrheit ihn eher alt ausschauen hätte lassen.

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Das Grundgesetz – ein Grund zum Feiern? Das neue Buch von Albert Krölls

25. April 2009 92 Kommentare

Albert Krölls hat folgende Rundmail zu seinem neuen Buch geschrieben, die ich auch hier bekannt machen möchte:

Hallo Freunde der Wissenschaft,
wie einigen von Euch/Ihnen möglicherweise bereits bekannt, wird am 8. Mai punktgenau zum Tage der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches mein neues Buch „Das Grundgesetz – ein Grund zum Feiern? – Eine Streitschrift gegen den Verfassungspatriotismus“ erscheinen. Nähere Informationen wollt Ihr /wollen Sie bitte dem Werbeflyer im Dateianhang entnehmen. Dankbar wäre ich auch, wenn diese Mail an mögliche Interessenten aus Eurem/Ihrem Bekanntenkreis weitergeleitet werden könnte.
Das Buch wird im Laufe dieses Jahres im Rahmen einer Reihe von Vortragsveranstaltungen vorgestellt werden. Die ersten Termine stehen bereits fest:
> 26. Mai: Bochum Universität, Kulturcafe, 19.30
> 27. Mai: Bielefeld Universität, Hörsaal 6, 19.00
> 28. Mai: Bonn Universität Hörsaal 8, 20.00.
Weitere Veranstaltungen insbesondere in Darmstadt, Hannover, Erfurt und Berlin sind geplant.
Buchbestellungen erbitte ich ab 3 Exemplaren unmittelbar bei mir unter Angabe der Zustelladresse per Mail aufzugeben. Die Auslieferung erfolgt sofort nach Erscheinen versandkostenfrei. Einzelexemplare wollt Ihr/wollen Sie bitte über den Buchhandel erwerben.
Zur Werbung gibt es den bereits erwähnten 4-seitigen Flyer mit ausführlichem Inhaltsverzeichnis. Bei Bedarf könnte ich Euch/Ihnen eine entsprechende Anzahl von Exemplaren über den Verlag zusenden lassen. Auch insofern würde eine Mail an mich genügen.
Mit freundlichem Gruße und Dank für Eure/Ihre Unterstützung
Albert Krölls

Auf dem Buchumschlag des Buches (der ist im Flyer enthalten, der auch noch auf weitere Bücher beim VSA-Verlag von Autoren hinweist, die dem GegenStandpunkt nahestehen) heißt es zum Inhalt:

Unter der Fragestellung »Freiheit, Gleichheit, Eigentum, Sozialstaat, Demokratie -so gut wie ihr Ruf?« präsentiert Albert Krölls eine kritische Bilanz von 60 Jahren Grundgesetz und Verfassungspatriotismus.
Seine Antworten auf die Frage nach dem Gebrauchswert der staatlichen Ordnung fallen freilich anders aus als in den üblichen Festtagsreden:
■ 60 Jahre Grundgesetz: Alles in bester Verfassung?
■ Freiheit: ein politisches Herrschaftsverhältnis
■ Gleichheit: kein Ideal, sondern eine Methode politischer Herrschaft
■ Menschenwürde: die Bürde der nützlichen Staatsbürgerexistenz ist unantastbar
■ Eigentum verpflichtet: zu seiner Vermehrung
■ Armut verpflichtet: zum Dienst an Eigentum und Staat
■ Die Leistungen der Gewerkschaftsfreiheit für die kapitalistische Ordnung der Wirtschaft
■ Der Sozialstaat: aus lauter Sorge um die Dienstbarkeit des Arbeitsvolkes
■ Bankenverstaatlichung: aus Liebe zum System
■ Von der Nützlichkeit des freien Meinens für die politische Souveränität der Staatsgewalt
■ Demonstrationsrecht: die Freiheit der staatlichen Kontrolle abweichender Meinungen
■ Die Wahl: Generalermächtigung für die Politik
■ Das Asylrecht: ein außenpolitisches Kampfinstrument mit eingebautem Numerus clausus

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Von der Wissenschaft zur Utopie

24. April 2009 4 Kommentare

Amelie hat mich auf ein recht anspruchsvolles Unterfangen hingewiesen, was mittlerweile auch im Web zu begutachten ist, erstaunlicherweise sogar bei blogsport (http://stattkapitalismus.blogsport.de/)!
Ein östereichischer Genosse, Alfred Fresin, hat erst ein Buch geschrieben
Bedürfnisorientierte Versorgungswirtschaft (BVW) statt Kapitalismus
Eine Kritik der Marktwirtschaft und die Umrisse einer Alternative

(Taschenbuch: 304 Seiten, Verlag: Lang, Peter Frankfurt; Auflage: 1 (Oktober 2005),
ISBN-10: 3631544464
ISBN-13: 978-3631544464)
Dann hat jemand sich die Mühe gemacht, das ins Web zu stellen, so ist obiger Blog entstanden. Aber offensichtlich ist der bisher niemand aufgefallen, wenn man das anhand der ausgebliebenen Reaktionen beurteilen kann (Nur Nestor Machno aka Amelie Lanier hat sich dort mit dem Buch auseinandergesetzt).
So symphatisch mir prinzipiell jemand ist, der nach den Zusammenbruch des Realen Sozialismus wenigstens bei N. Bucharin und E. Preobraschensky „Das ABC des Kommunismus – Populäre Erläuterung des Programms der Kommunistischen Partei Rußlands (Bolschewiki)“ anknüpfen will, (das Buch kann man bei marxist.org übrigens online lesen, so problematisch sehe ich so ein Unterfangen schon ehe ich es überhaupt gelesen habe: Ich kann da nur Alfred selber zitieren:
„Der Modellentwurf ist nicht die Beschreibung bestehender Wirklichkeit und auch keine wissenschaftliche Prognose, wie eine zukünftige Gesellschaft aussehen wird. Sollte in mehr oder weniger ferner Zukunft die Marktwirtschaft durch eine andere Wirtschaftsform abgelöst werden, so liegt es an den Beteiligten, sich auf die Organisation einer menschenfreundlichen Ökonomie zu einigen“.
Zudem die wissenschaftliche Analyse und Kritik der Gegenwart schon genug zu sein scheint.

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„Es gibt keinen Plan B, es sei denn, wir veranstalten eine Revolution.“

23. April 2009 Kommentare ausgeschaltet

Folgende Reportage erschien diese Woche im Spiegel:

Ein Viertel ohne Arbeit
Global Village: Wie der Umzug des Computer-Giganten Dell die Iren verstört

Es ist erst halb zwölf Uhr mittags, aber so, wie die Dinge hegen, erwartet John Gilligan vom Rest des Tages nicht mehr viel.
Der Bürgermeister von Limerick umrundet seinen Schreibtisch. „Ich habe leider kein Fass Guinness in meinem Rathausbüro“, sagt er. „Darf es auch Guinness aus der Dose sein?“
Gilligan zeigt zu einer Balkontür. Im Hintergrund fließt der Shannon, der längste Strom Irlands. Vor mehr als tausend Jahren, berichtet der Bürgermeister, hätten die Einheimischen hier siedelnde Wikinger geschlagen. Erst als jene versprachen, 365 Fass Wein pro Jahr Tribut zu zahlen, habe man sie in Ruhe gelassen. „Kein Wunder“, sagt Gilligan, „dass die Jungs hier viele Partys feierten.“
Als Gilligan im letzten Juni zum Bürgermeister gewählt wurde, hatte er sich anscheinend auf ähnlich lustige Zeiten gefreut. Aber dann kam das, was der Bürgermeister jetzt eine „absolute, gigantische Katastrophe“ nennt. Der amerikanische Computer-Hersteller Dell beschloss, sein Werk in Limerick dichtzumachen und die Produktion nach Polen zu verlagern.
Limerick ist die viertgrößte Stadt Irlands. Als die Wirtschaft jährliche Wachstumsraten von über zehn Prozent („der keltische Tiger“) vorweisen konnte, wurde Limerick zum Vorzeigeort des grünen Wirtschaftswunders. Hier hatte ein amerikanischer Hightech-Riese alle irischen Vorteile auf einmal genutzt: die niedrige Unternehmensteuer von 12,5 Prozent, staatliche Zuschüsse und ein Lohnniveau, das zum niedrigsten im EU-Europa zählte. Die Stadt bebte, sogar das Rugbyteam von Limerick, die „Munsters“, waren auf einmal Spitzenklasse.
Der Aufschwung ließ Immobilienpreise, Lebenshaltungskosten und die Gehälter in die Höhe schießen und die Zuversicht wachsen, dass alles immer besser würde. Dabei wurde es vor allem teurer. Zu teuer angeblich auch für Dell, das sich einen billigeren Standort suchte, in Lodz. In Polen beträgt der Grundlohn nur ein Fünftel des irischen. Dort gibt es jetzt Plakate mit der Aufschrift: „Kommen Sie ins neue Irland!“
Bis zu 10000 Arbeitsplätze könnten der Region Limerick von April an verlorengehen. Aber die Wirkung reicht weit über die Region hinaus. Ganz Irland wird den Umzug zu spüren bekommen. Von der Weltkrise ist Irland getroffen wie kein anderes EU-Land, die Regierung hat die Steuern erhöht und die Haushaltsausgaben gekürzt, sie stemmt sich gegen einen Staatsbankrott.
Dells Abgang hat den Iren gerade noch gefehlt. Als zweitgrößter ausländischer Arbeitgeber des Landes erwirtschaftete Dell bislang rund fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Gilligan marschiert durch sein Büro, auf und ab. An der Wand hängt das Foto einer großen Yacht, die vor Australien schräg im Wind segelt. Limericks Beitrag zur Sydney-Hobart-Regatta im Jahr 2005.
Limerick ohne Dell, das kann sich Gilligan nicht vorstellen. Schon jetzt gibt es Viertel, wo in den Läden Zigaretten und Teebeutel einzeln verkauft werden und der Pyjama-Index besonders hoch ist: Noch nachmittags sieht man dort Menschen im Schlafanzug herumlaufen, weil sie keinen Grund haben, sich etwas anderes anzuziehen. Dell, sagt Gilligan, sei das industrielle Herz der Region.
Wenn Dell Anfang 2010 dichtmacht, droht Limerick eine Arbeitslosenquote von 25 Prozent. Gilligan hat die Regierung um Hilfe gebeten. Die Regierung hat eine Sonderkommission gebildet, die einen Plan für Limerick entwickeln soll. Es gibt Absichtserklärungen. „Aber wir brauchen keine Absichtserklärungen, wir brauchen Arbeit“, sagt Gilligan. Sein Handy klingelt. Es hat den Ton einer mächtigen Orgel. Er winkt ab. Wahrscheinlich wieder nur einer, der sich zum Trinken verabreden will. Man sei auf den Niedergang hier nicht vorbereitet. Die jungen Leute seien Doppelverglasung, Zentralheizung und Flachbildschirme gewöhnt. Die Weihnachtseinkäufe haben viele in New York und Boston erledigt. „In Zukunft müssen sie froh sein, wenn sie ein Dach über dem Kopf haben“, sagt Gilligan. Dort könnten sie sich dann dem Fernsehen und dem Alkohol widmen. „Viel mehr gibt es hier dann nicht mehr zu tun“, sagt er.
Der Bürgermeister tritt auf den Balkon, der den Shannon-Fluss überragt. Entlang des braunen Wassers stehen Glas- und Stahlbauten. „Das sind alles neue Hotels“, sagt Gilligan. „Zwei Clarion, ein Strand, ein Jurys, ein George, ein Marriott. Und sie sind alle jetzt schon leer.“ Wenn nicht ein Wunder geschehe, könnten demnächst Asylbewerber aus Nigeria in diese Vier-Sterne-Kästen einziehen, sagt der Bürgermeister.
Was gibt es sonst noch für Pläne für Limerick?
Gilligan schaut kurz auf, hilflos, wie ein Nichtschwimmer, der ohne Weste im Wasser versinkt.
„Es gibt keinen Plan B“, sagt er. „Es sei denn, wir veranstalten eine Revolution.“

Von THOMAS HÜETLIN, abgedruckt in der Print-Ausgabe von DER SPIEGEL 17/2009.
Für jemand, der „vor allem durch seine Sportreportagen, u. a. über Beckham und Kahn bekannt“ wurde (Wikipedia), ein erstaunlich treffend gebrachtes Zitat.

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Podiumsdiskussion zu Pro-Reli am 20.04.09 in Berlin

19. April 2009 8 Kommentare

Mo. – 20.04. – 19.00 – JUP (Florastr. 84, nahe U- und S-Bahnhof Pankow)
Extra Antifa-Café: „Pro Reli“: Ausweitung der Kreuzzone?
Wenn die Berliner Initiative „Pro Reli“ mit ihrem Volxentscheid am 26. April Erfolg hat, könnten theoretisch über 70 Religionsgemeinschaften Anspruch auf eigene Unterrichtsstunden an öffentlichen Schulen Berlins anmelden – plus dem Angebot „Ethik.“ Multikulti pur? Jeder nach ihrer Fasson? Den Intitiator_innen geht es offensichtlich eher um die Hegemonie religiöser – vor allem christlicher – Anschauungen im Schulalltag. Also, was will „Pro Reli“? Was steckt hinter Ethik? Und, was geht mich das an? Darum gehts an diesem Abend.
Auf dem Podium: Ein Vertreter der Gruppe „jimmy boyle berlin“ (www.junge-linke.de) sowie Klaus Lederer (Die Linke-Landesvorsitzender Berlin)
Eine Veranstaltung der Emanzipativen Antifaschistischen Gruppe
(diesen Hinweis habe ich von junge linke bekommen)

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Peter Decker zu Lohn, Arbeitslosigkeit und Lohnkampf (und Diskussion zu Freiheit/Wille/Nationalismus …)

18. April 2009 1.081 Kommentare

Folgenden Abschrift eines Ausschnitts aus dem Vortrag von Dr. Peter Decker „Was von Marx zu lernen wäre. Alles Nötige über Arbeit und Reichtum im Kapitalismus) habe ich gefunden bei Normalzustand Rot. (In den Kommentaren wird auch auf die MP3-Mitschnitte der diversen Veranstaltungen zu diesem Thema hingewiesen.)
Peter Decker:
Man muss da bloß die Reihenfolge einhalten. Die Unternehmer entlassen die Menschen nicht, damit es hinterher Arbeitslose gibt. Die Unternehmer entlassen die Leute, weil sie ihre eigene Lohnsumme reduzieren wollen. Und wenn das hinterher für gar nichts gut ist, dann haben die immerhin noch ihre Lohnsumme reduziert. Also wenn einer, der heute 1000 Leute einstellt, 200 entlässt, dann hat er 20% seines Lohnes gespart. Und wenn er dieselben Produkte auf den Markt bringt mit 20% gesenkten Lohnkosten, ist das für ihn eine Steigerung des Gewinns. Da kann er ruhig weiterhin den Leuten denselben Lohn zahlen in der Fabrik, aber weil er 20% weniger Leute bezahlt, hat er seine Kosten gesenkt und das ist die Leistung für ihn – erst mal. Dann gibt’s die Arbeitslosen, die er nicht gemacht hat, damit es Arbeitslose gibt, dann gibt sie’s. Und dann kommt das Argument. Dann drücken die Nicht-Beschäftigten auf die Löhne der Beschäftigten. Erst mal, dann bieten sich die Nicht-Beschäftigten für „n’ Appel und n’ Ei“ an, weil sie ja ums Verrecken Arbeit brauchen. Und das drückt dann wieder auf die Löhne der Beschäftigten, weil jetzt die Beschäftigten Konkurrenz durch diese „Billiglöhner“ kriegen. Und das drückt den Lohn insgesamt im Land. Und so bleibt durch die Notwendigkeit des Systems der Lohn immer innerhalb der Grenzen dessen, dass er für den Unternehmer Gewinn abwirft. Das kann gar nicht passieren, dass die Leute, dass die Lohnarbeiter den Lohn so weit erhöhen, dass sie dem Unternehmer keinen Gewinn mehr abliefern. Würden sie es an irgendeiner Stelle tun, würde der Unternehmer das Geschäft einstellen und dann würden sie wieder am Arbeitsmarkt als Arbeitslose sich billig anbieten müssen. So ist die Arbeitslosigkeit, der Arbeitsmarkt, der Regulator, der den Lohn notwendigerweise immer innerhalb der Grenzen der Profitabilität hält.
Außer die Leute stürzen das Ganze. Außer sie kämpfen um Lohn und wissen darum, dass die Rücksicht auf die Zukunft des Betriebs ihre Unterordnung unter das feindliche Interesse ist. Und natürlich stürzen die den Kapitalismus auch nur durch Lohnkämpfe. Niemand wird sagen: „Ach, lassen wir das mit dem Lohn und stürzen wir ihn gleich.“ Ja so geht das nicht, so gibt’s das nicht. Aber das ist der entscheidende Unterschied, ob ein Lohnkampf das gegnerische Interesse als „das ist mir prinzipiell feindlich, wenn es meine Forderungen nicht verträgt, ist es mir gerade recht, wenn es untergeht“. Ob man so dazu steht oder ob man so dazu steht, wie die deutschen Gewerkschaften, die sagen „wir müssen unsere Lohnforderungen natürlich so einrichten, dass sie die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft, die deutschen Konjunktur, die Gewinnsituation, die Investitionsfähigkeit deutscher Unternehmer nicht beschädigen. Die also in ihrem gegnerischen Interesse unters Unternehmen schon das Unternehmerinteresse als das wichtigere von den zweien schon vorwegnehmen und einkalkulieren. Das letztere muss nicht sein. Das ist keine Selbstverständlichkeit.
Frage:
Aber es sind ja Gesichtspunkte – ist das Unternehmerinteresse nicht schon mit drin in dem Kampf um Lohn?
Peter Decker:
Nein. Es ist so: Man kann so sagen, der Arbeiter steht in einem blöden Widerspruch mit seinem Interesse im Kapitalismus. Er muss um Lohn kämpfen und er will vom Unternehmer auch morgen Lohn gezahlt kriegen. Er kämpft eigentlich um die Fortsetzung des Verhältnisses. Und das ist ein Widerspruch: Denn indem wir dem Unternehmer – wir bekämpfen ihn, wir schädigen ihn – was abzwingen, ist das natürlich auch schon eine Schwäche der Gegenseite. Man erzeugt auch eine Schwäche der Gegenseite. Geld, das man ihm wegnimmt, hat er nun wirklich nicht mehr zum Investieren, so dass der Arbeiter, wenn er daran denkt, er will morgen und übermorgen auch noch vom Unternehmer beschäftigt werden, er nahe gelegt kriegt, dann ordne ich mein Interesse eben der Zukunft des Betriebs unter; dann muss ich aber darauf verzichten was durchzusetzen. In dem Widerspruch steht er. Wie er sich in dem Widerspruch entscheidet, ist nicht vorweg ausgemacht. Und verkehrt finde ich all die Linken, die sagen „Na wenn schon einer Lohn will, dann ist er schon beim DGB gelandet“. Wenn schon einer Lohn will, dann will er die Unterordnung unter die Kapitalrendite. Dann will er abhängige Variable des Gewinns sein. Nein, so ist es nicht. Erst mal, wenn einer sich überhaupt aufstellt und Lohn fordert, dann stellt er sich als Interessensgegner auf. Hält er an der Seite des Interessensgegners fest, dann darf er halt keine Rücksicht auf die Gesundheit der Gegenseite nehmen. Will er Rücksicht auf die Gesundheit der Gegenseite nehmen, muss er gegen sein eigenes Interesse sein. Also muss er sich entscheiden in diesem Widerspruch. Aber nicht richtig ist: Wer Lohn will, der ist doch eh schon „verratzt“. Oder der ist doch eh schon systemimmanent und damit ist doch alles für alle Ewigkeit entschieden. Das stimmt nicht. Es ist ein Widerspruch Lohn zu wollen, ja. Und in dem Widerspruch muss man sich so oder so entscheiden. Die deutschen Gewerkschaften haben sich sehr klar entschieden. Und man merkt, wenn dann mal eine Gewerkschaft mal was Unerwartetes tut, wie die GDL jetzt, – wirklich das muss ja gar nicht anders sein als das, was die anderen Gewerkschaften machen, bloß dass es einfach nicht gleich das ist, was die anderen machen – ist im Land der Teufel los nach dem Muster, „kann denn unsere Gesellschaft überhaupt überleben, wenn wir solche Gewerkschaften dulden“. Also dann merkt man, wie auf einmal dieser ganze Laden sich zum Klassenkampf von oben bekennt, bloß wenn mal irgendwer, irgendeine kleine Mannschaft, sagt, jetzt sieht sie mal nicht mehr alles ein. Also insofern, das ist eine Frage des Kampfes und es ist eine Frage, ob man ins eigene Fordern das gegnerische Interesse, das gegen einen steht – das gegen den Lohn, den man will steht –, ob man das gleich ins eigene Fordern aufnimmt. Wenn man das tut, dann will man abhängige Variable sein. Aber den Widerspruch wird man ja nicht los: Es ist ja kein Glück abhängige Variable zu sein. Es ist ja das Bekenntnis, dass man keinen eigenen Lohn fordern kann. Oder kaum einen.

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Sternstunde der MG-Kritik

18. April 2009 4 Kommentare

Ich hatte schon befürchtet, daß diese Gemme der MG-Kritik in den unendlichen Weiten des Internet verschwunden sei, aber hier ist sie in all ihrer, wenn auch schon etwas in die Jahre gekommenen Pracht:

Ich bin auch ein Opfer! P. Decker 23.03.2006 – 17:47
Vor einigen Jahren – mittlerweile sind es mehr als zwei Jahrzehnte – klingelten diese Gegenstandpunktler – damals noch „Marxistische Gruppe“ – auch an meiner Tür, wollten mir eine Tütensuppe schenken. Man bekam sie aber nur geschenkt, wenn man sich mit ihnen über den Staat unterhält. Das Ende vom Lied war, dass ich für ein lebenslanges Abonnement unterschrieb. Außerdem wurde ich gezwungen, überall in Deutschland (wirklich „überall“ natürlich erst ab 1990) zu agitieren. Um mich vom Ausstieg abzuhalten, köderten sie mich mit einem braunen Saab und Bananen.
Das Belohnungssystem dieser Sekte ist wirklich sehr ausgeklügelt: man wird irgendwann vom „Prüfer“, zum „Sympathisant“, zum „Kandidat“ und letztlich zum „Mitglied“ und wird mit 72 Miezen belohnt. Zur Zeit bin ich Kandidat und ich kann nicht mehr weiter. Mein leben liegt in Scherben. USA, hilf uns doch, GSP gibts immernoch! Scheiß Politsekte!

Wieder gefunden bei Normalzustand Rot.
Lang lebe Peter Decker!!

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Freerk Huisken, 09/12.08 STAAT UND RELIGION

18. April 2009 Kommentare ausgeschaltet

Als kritischer Nachtrag zum gerade von mir geposteten Artikel der jungen Linken zur Auseinandersetzung mit den Kirchen und ihrer Moral hier ein grundsätzlicherer Artikel zum selben Thema von Freerk Huisken, der hierzu auch schon einen Vortrag bei einem Workshop auf dem Antifa-Kongress in Köln vom 5.-7.9.08 gegen die Anti-Islam-Konferenz der „Rechtspopulisten“ vom 20.09.08 gehalten hatte. (Der Artikel basiert auf den Thesen zu diesem Workshop, die hier zu haben sind.)
I. Religion
Wenn Menschen glauben, gläubig sind, dann ist das immer nur eine „ideelle Zutat“ zu ihrem normalen praktischen Leben, in welchem andere „Gesetze“ herrschen, als diejenigen, die in ihrem Glauben verkündet werden. Ihr praktischer Alltag wird von ihrem Willen und Verstand regiert: Jeder Handgriff bei der Essensvorbereitung, in der Freizeit und im Beruf zeugt davon, dass hier ein individuelles Interesse am Werk ist, das bemüht ist, mit dem verständigen Einsatz zur Verfügung stehender Mittel bestimmte Lebensziele zu erreichen.
Im Glauben werden die Resultate des alltäglichen Wirkens jedoch einer Deutung unterzogen, die nicht mehr von dieser Welt ist. Wer eine Krankheit, eine Entlassung oder ein vergeigtes Examen ernsthaft als Prüfung durch einen Allerhöchsten oder gar als Strafe durch denselben deutet, der verabschiedet sich in dieser Bewältigung nicht aufgegangener irdischer Lebensziele von all dem, was ihm in seinem Alltag selbstverständlich war: Wo im Alltag sein Wille regiert – mag er auch noch so sehr eine Reaktion auf Sachzwänge sein -, wo er seine frei gewählten Interessen verfolgt und dabei überlegt, wie er sie am besten realisieren kann, steht in der Deutung der Resultate durch den gläubigen Menschen alles auf dem Kopf: Nicht sein Wille, sondern der Wille eines erfundenen Allerhöchsten regiert; nicht er verfolgt seine Interessen, sondern ihre Verfolgung wird nach Prüfung durch einen Gott zugelassen oder verworfen, weil nämlich dessen Wille im Himmel und auf Erden geschehe. Die Frage, was er falsch gemacht hat, an welchen irdischen Verhältnissen seine Interessen zuschanden werden, legt sich der gläubige Mensch nicht zur klärenden Beantwortung vor. Er hat bereits die Antwort auf alle Fragen fix und fertig in seinem Glauben. Mehr…

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Das Kreuz mit der Moral (junge linke zur Berliner Volksabstimmung)

17. April 2009 Kommentare ausgeschaltet

(aus meiner Mail) pls circulate:
Am 26. April 2009 ist es soweit: „Es geht um die Freiheit“, lässt uns die Initiative „pro reli“ wissen. Das ganze Volk von Berlin ist aufgerufen, abzustimmen, weil es um nichts Geringeres als die Religionsfreiheit geht.
Was ist geschehen? Hat der Staat plötzlich beschlossen, den Kirchen nicht mehr — vollständig kostenlos — ihre Mitgliedsbeiträge einzuziehen und ihr Mitgliedsregister zu führen („Kirchensteuer“)? Hat der Berliner Senat etwa die Finanzierung all der kirchlichen Krankenhäuser, Seniorenheime, Kindergärten, und Schulen eingestellt? Müssen die Kirchen gar allen ihren Mitarbeitern alle gewerkschaftlichen Rechte einräumen — und dürfen nicht mehr auch noch vom letzten Krankenpfleger Glaubenstreue fordern? Haben die Landesregierungen am Ende gar die Konkordate (1) gekündigt, und bilden die Universitäten nicht mehr den Priesternachwuchs aus (Theologiestudium) oder haben sie den Bischöfen und anderen Popen das Recht weggenommen, Professoren und anderen Universitätsarbeitern in der Theologie, die Lehrerlaubnis zu entziehen?
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auch als gelayoutetes PDF

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Peter Decker: Was ist Staat und wie organisiert er das kapitalistische Wirtschaften? (ARAB-Referat als PDF)

17. April 2009 2 Kommentare

Mir ist erst jetzt aufgefallen, daß es Peter Deckers Referat beim Theorietag von ARAB vom letzten Oktober, daß bei www.archive.org erstaunlicherweise schon mehr als tausend mal runtergeladen wurde, auch als PDF-Version einer Mitschrift vorliegt.
Man kann sie entweder bei mir oder bei der Berliner Gruppe Kein Kommentar runterladen.

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Neuer K1-Kurs in Berlin ab 20.04.09

17. April 2009 34 Kommentare

Die Berliner GegenStandpunkt-Gruppe Kein Kommentar hat folgenden Hinweis gebracht:
Das Kapital lesen!
Einladung zum regelmäßigen Studium des Klassikers

Wir treffen uns jeden Montag um 18:00 Uhr.
Beginn: 20. April 2009
Ort: TU, Franklinstraße 28/29, Franklingebäude, Raum 3001, (über U2 Ernst-Reuter-Platz zu erreichen)
ausführliche Ankündigung als pdf-Datei —> hier

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Thesen vom „Gegenstandpunkt“ zur Weltwirtschaftskrise 3/09

14. April 2009 Kommentare ausgeschaltet

1. Die Krise besteht darin, dass das Geschäft mit Kredit eingebrochen ist. Der Handel mit Kapital ist zum Erliegen gekommen. An eintretenden wie befürchteten Wirkungen stellen unmittelbar Beteiligte wie interessierte Beobachter fest, dass die Dienstleistung des Finanzgewerbes eine andere Bedeutung hat als die Gastronomie und die Gebäudereinigung. Das Versagen dieser Branche unterbindet alles Geldverdie-nen, legt also die „Marktwirtschaft“ lahm.
2. Die Krise demonstriert ihren Opfern, in welchem Gemeinwesen sie – natürlich jeder nach seiner Facon – es sich gemütlich gemacht haben. Und zusätzlich zur nachdrücklichen Belehrung darüber, dass Geld die Welt regiert – einen entsprechenden Verdacht hatte es immer wieder gegeben –, bietet die ökonomische Katastrophe die nähere Auskunft hinsichtlich der Verwaltungsarbeit, die mit der Herrschaft des Geldes verbunden ist. Die wird von Fachkräften verrichtet, die sich auf die Verwendung des Geldes zum Zwecke seiner Vermehrung verstehen.
3. Wie sie das tun, welche Techniken das Finanzgewerbe zum Einsatz bringt, welch riskante Rechnungen da in Anschlag gebracht werden – darüber und über die elaborierte Terminologie wird jeder zeitungslesende Bürger ausführlich aufgeklärt. Und doch erfüllt die Informationsflut den Tatbestand der Gegenaufklärung, da sie samt und sonders mit dem Interesse am Funktionieren befrachtet ist. Die grundlegenden Leistungen des Handels mit der Ware Kapital werden nicht einmal erwähnt, jede Menge anderer – vermeintlicher wie wirklicher – Leistungen gnadenlos gewürdigt.
4. Dem Staat ist aufgrund der Zerstörung von Kapital aller Art, von dessen Geschäftserfolgen er und wir alle leben, eines klar: Die durch Misswirtschaft stornierten Dienste der Geldinstitute sind eine, wenn nicht die Säule des Allgemeinwohls. Die ökonomischen Potenzen des Finanzgewerbes sind zu erhalten bzw. wiederherzustellen; sie sind zum Gebrauch ihrer Finanzmacht zu befähigen, weswegen sich alle moralische Kritik an den Verfehlungen der Branche bricht an der Schlüsselrolle im „System“ = der ökonomischen Staatsraison. Ihre Rettung erfolgt durch hoheitliche Bereitstellung von Mitteln, zu deren Erwirtschaftung sie ermächtigt sind und gewöhnlich auch fähig, jetzt aber nicht. Darüber hinaus kommt die Erhaltung der „realen“ Reichtumsquellen in den Blick; am Umfang dieser Opfer der Bankenkrise entscheidet sich die Tauglichkeit des Standorts für unseren Wohlstand auf dem Weltmarkt: „Wie gehen wir aus dieser Krise heraus?“ u.ä.
5. Als wären die Widersprüche, die sich im Rettungsprogramm auftun und in Güterabwägungen der grundsätzlichsten wie kleinlichsten Art niederschlagen, nicht Prüfung genug für die Regierenden, leisten die sich mitten in der Katastrophe eine Runde Globalisierung. Sie befrachten die Bewältigung ihrer nationalen Not mit der Tugend, ihren Standort für die internationale Konkurrenz zu rüsten. Die Kosten, Risiken und Wirkungen ihrer Maßnahmen unterwerfen sie dem zusätzlichen Gesichtspunkt, was sie für den Weltmarkt taugen. Außenpolitische Begegnungen – ob turnusgemäß oder extra veranstaltet – stehen unter dem Motto „gemeinsame Bewältigung der Krise“, worüber dann eine offene Auseinandersetzung stattfindet. Die Einheit Europas erfährt eine weitere Absage, jedoch nicht ohne die Perspektive, dass sich mit der sortierenden Wirkungen der Krise auf die Nationen die Einsicht in die Notwendigkeit einheitlicher Regie durchsetzt.
In Rechnung zu stellen sind hier ideologische Übertreibungen, ebenso aber das nationale Schutz- und Rechtsbewusstsein, das sich gegen die „kapitalistische Vernunft“ behauptet. Der Gemeinspruch von den nationalen Alleingängen, Protektionismus etc., die alles nur noch schlimmer machen (1929ff!!), ist schließlich mit gutem Grund das geläufige Wort – eine ökonomische und/oder politische Kenntnis stellt er nicht dar.
entnommen dem Protokoll des Jour fix in München vom 30.03.2009

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welt der wunder heft 3/09 zum lesen

1. April 2009 Kommentare ausgeschaltet

Mit dieser schönen Google-Suche kann man auch auf meinem Blog landen! (Nur leider kann ich hier auch keine Wunderdinge versprechen.)

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