Archiv

Autor Archiv

Renate Dillmann in der jungen Welt: Großmacht China? Debatte

14. Dezember 2009 Kommentare ausgeschaltet

Den folgenden Artikel aus der jungen Welt vom 15.12.2009, ein erster Debattenbeitrag von Renate Dillmann zur VR China, hat Kozel als Kommentar bei mir eingestellt (Danke dafür), ich hieve ihn hier als Artikel hoch.
Am 17. Dezember 2009 findet in der jW-Ladengalerie ein Streitgespräch zu neuen Büchern über China statt. Eingeladen sind der ehemalige Botschafter der DDR in der Volksrepublik Rolf Berthold und der Sinologe Helmut Peters. Als dritte Diskutantin sitzt die freie Journalistin Renate Dillmann auf dem von jW-Chefredakteur Arnold Schölzel moderierten Podium. Sie formuliert in ihrem Buch »China. Ein Lehrstück« höchst provokante Thesen. So sieht Dillmann in der Volksrepublik eine aufstrebende Macht, die sich mittels imperialistischer Politik gegen Konkurrenten auf dem Weltmarkt durchzusetzen suche. Helmut Peters wird dieser These in der nächsten Woche auf den Thema-Seiten entgegnen.
Zu Beginn der 70er Jahre vollzog die sozialistische Volksrepublik eine weltpolitisch bedeutsame Weichenstellung: Sie nahm Verbindung zu den USA, der Führungsmacht des bis dahin nach Kräften attackierten imperialistischen Lagers, auf. In der Folge konnten die USA die Sowjetunion welt- wie rüstungspolitisch mehr unter Druck setzen. Vor allem aber war es den USA gelungen, China – das dem Weltkapitalismus mit seiner Doktrin von der »Unvermeidbarkeit des Krieges« zwischen Imperialismus und Sozialismus bis dahin trotzig und unberechenbar gegenüberstand und seit 1964 auch über die Atombombe verfügte – ein Stück weit in ihre »Ordnung« der Welt einzubinden. Mit der (Wieder-)Aufnahme bilateraler Beziehungen zu Washington mitten im Vietnamkrieg und trotz der militärischen Präsenz der USA in Südkorea, Japan, den Philippinen etc. signalisierte Mao seine Bereitschaft, sich mit einer führenden Rolle der USA in der Welt und im Pazifik zu arrangieren. Umgekehrt akzeptierten die Vereinigten Staaten dafür eine atomar bewaffnete Volksrepublik als Regional- und Großmacht und akzeptierten kurz darauf, daß »Rotchina« den (vorher dem US-Verbündeten Taiwan zugesprochenen) Sitz im Sicherheitsrat der UN besetzte.
Die USA haben der Volksrepublik China also das Angebot auf einen Platz in »ihrer« Welt gemacht – unter der Bedingung, daß die chinesische Parteiführung sich damit abfindet, wie es in dieser Welt zugeht: 1. freier Handel zwischen den Staaten der »freien Welt«, über welche die Vereinigten Staaten eine Art Oberaufsicht führen; 2. unversöhnliche Feindschaft zwischen dem westlichen und dem sowjetischen Lager, aus dem die Volksrepublik endgültig ausschert. Selbstverständlich war das Angebot des damaligen Nixon-Kissinger-Gespanns mit dem Wunsch verbunden, daß die Einordnung im Idealfall zur Unterordnung des Landes führen soll. Die USA haben deshalb die neu eröffneten Beziehungen mit ein paar ökonomischen Angeboten flankiert – in der Hoffnung, daß sich das wirtschaftlich nicht gerade gefestigte Land alsbald in ausnutzbare Abhängigkeiten hineinreiten würde.
China seinerseits hat sich entschieden, seine nationalen Interessen künftig in Kooperation mit dieser kapitalistischen Welt und all ihren – bis dahin vorwurfsvoll angeklagten – Gemeinheiten zur Geltung zu bringen. Die berechnende Anerkennung, die ihm die USA angeboten haben, hat es – bei allem gehörigen Respekt vor der nordamerikanischen Supermacht! – als Gelegenheit betrachtet, sich neu aufzubauen und einen anerkannten Platz in der Hierarchie der großen Nationen zu ergattern, sich also in der Konkurrenz der imperialistischen Staaten durchzusetzen und nicht im Kampf gegen sie. Dafür hat China die politische Wendung nach Westen in der Folgezeit um seine ökonomische Öffnung ergänzt.
Pferdefuß für den Westen
Das alte »Reich der Mitte« hat es dabei in den vergangenen 30 Jahren seines staatlich initiierten und gelenkten Kapitalismus geschafft, sich zu einer der wenigen wichtigen Wirtschaftsnationen auf der Welt hochzuarbeiten – ein durchaus bemerkenswerter Sonderfall gegenüber dem »normalen Schicksal« eines Entwicklungslandes. Während sonst nach der Logik von Geschäft und Gewalt die Aufnahme von Beziehungen mit den in jeder Hinsicht überlegenen kapitalistischen Nationen regelmäßig zu einseitiger ökonomischer Abhängigkeit und prinzipieller Beschränkung des politischen Handlungsspielraums führt, macht es offenbar einen entscheidenden Unterschied aus, als größtes Entwicklungsland der Welt in ein solches Unterfangen einzusteigen. Das entsprechend riesige Interesse der internationalen Geschäftswelt (und deren Konkurrenz) sorgte nämlich für eine ansonsten unübliche Bereitschaft, die von der kommunistischen Staatspartei erlassenen Zugangsvoraussetzungen zu akzeptieren. Einmal erfolgreich »angestoßen«, fand eine »ursprüngliche Akkumulation« statt – die durch viel staatliche Gewalt »flankierte« Schaffung einer allgemeinen Basis kapitalistischer Gewinnproduktion, deren Ergebnisse den Ausgangspunkt für die beständige Ausweitung und Ausbreitung rentabler Geschäfte bilden – und das in einem bisher unbekannten Ausmaß. Auch wenn der kapitalistische Boom bislang hauptsächlich Chinas Ostküste (und selbst die noch nicht durchgängig) erfaßt hat – die Menge der dort stattfindenden Produktion gewinnträchtiger Ware hat bis heute schon einiges durcheinandergebracht im etablierten Weltkapitalismus.
Das ist einerseits ideal für westliche Unternehmen, weil akkumulierendes chinesisches Kapital eine gute Basis für weitere und mehr eigene Geschäfte darstellt. Das ist andererseits nicht ganz so günstig, weil dieses Kapital inzwischen genauso agiert wie das westliche, also vor Ort zunehmend als Konkurrent auftritt und außerdem beileibe nicht in seiner angestammten Heimat bleibt, sondern längst in alle Welt ausschwärmt und die hiesigen Märkte angreift, die doch eigentlich für den Absatz »unserer« (China-)Waren reserviert waren.
So hat sich dasselbe, was China für den Westen so attraktiv gemacht und sich in Zeiten stagnierenden oder schrumpfenden Weltgeschäfts als riesiges, noch zu entwickelndes Potential für geschäftliches Wachstum dargestellt hat, seine Größe als Quelle von Bereicherung also, vom Standpunkt der westlichen Führungsnationen inzwischen gewissermaßen als Pferdefuß herausgestellt. Nicht in dem Sinn, daß die zahlreichen kapitalistischen Spekulationen auf das Reich der Mitte nicht oder nicht genügend aufgegangen wären. Ganz im Gegenteil: Westliche Unternehmer haben ein erfolgreiches Geschäft in China zustande gebracht und es deshalb immer weiter ausgeweitet. Genau das hieß aber umgekehrt: Wenn in einem so riesigen Land kapitalistisches Wachstum in Schwung kommt und eine Staatsführung wie die Kommunistische Partei es schafft, Land und Leute dafür ebenso zu mobilisieren wie unter ihrer Kontrolle zu halten, wird auswärtiges Kapital zum Mittel seines nationalen Aufstiegs. Der Einstieg in die imperialistische Weltordnung hat die Nation bereichert, macht sie damit zu einem potenten Konkurrenten und stärkt die politischen Verwalter der chinesischen Ökonomie, statt daß er sie schwächt und zunehmend politischer Erpressung und auswärtiger Kontrolle ausliefert.
Eine neue imperialistische Macht
Dabei haben Chinas Politiker in dem Bewußtsein agiert, allein schon wegen der schieren Größe ihres Landes über eine potentielle Weltmacht zu herrschen, der sie endlich wieder zu dem ihr »zustehenden« Platz verhelfen wollten. Daß sie mit diesem Anliegen in eine internationale Gewaltordnung eintreten, in der die USA das Sagen haben, hat sie genausowenig geschreckt wie die Aussicht, daß zur Behauptung in dieser Welt von Geschäft und Gewalt diverse Gemeinheiten nötig sind. Die Einladung der US-Amerikaner, in ihrer Weltordnung mitzumachen, haben diese Nationalkommunisten jedenfalls nie blauäugig mißverstanden. Von ihrem ansonsten nicht mehr so angesagten Exvorsitzenden Mao haben sie sich auf alle Fälle gemerkt, daß »die Macht aus den Gewehrläufen« kommt, die Rolle eines Landes in der Welt also vor allem anderen an den (Gewalt-)Mitteln hängt, die es mobilisieren kann, um anderen Staaten das eigene Interesse aufzwingen zu können.
Daß gerade der ökonomische Erfolg ihres Landes für einige neue Gegensätze und scharfe Töne im regional- wie weltpolitischen Szenario gesorgt hat, hat die Politikergarde in Peking insofern nicht überrascht. Ebensowenig die etablierten Weltordnungsmächte, welche die Unvereinbarkeit so mancher chinesischer Konkurrenzanstrengung mit ihrer Lesart der »globalen Spielregeln« festgestellt und die »Lösung« der so definierten »Konflikte« auf die Tagesordnung gesetzt haben. Sie finden es nämlich überhaupt nicht in Ordnung, wenn sich ein »armes« Land in einem solchen Tempo zur Export-, Gläubiger- und Kapitalexportnation hocharbeitet – auch einmal eine schöne Aufklärung darüber, wie der früher im Westen so beliebte Terminus Entwicklungsland auf alle Fälle nie gemeint war! US-amerikanische Politiker rechnen hoch, wie diese »Entwicklung« weitergehen soll, und sehen sich durch eine »kommende Weltmacht China« enorm gestört.
Dagegen macht die Volksrepublik selbstbewußt ihr »Recht auf friedliche Entwicklung« geltend. Neben den »Fortschritten«, die die politische Klasse des Landes im Inneren in Gang setzt, werden chinesische Politiker mit einer ganzen Latte außenwirtschaftlicher wie -politischer Aktivitäten, die einem »Lehrbuch Imperialismus« entnommen sein könnten, auf dem Globus aktiv: Sie nutzen die wachsenden ökonomischen Mittel, über die sie inzwischen verfügen, wie die Abhängigkeiten, die sich für andere Staaten in aller Welt aus dem Geschäft mit China bereits eingestellt haben, zielstrebig dafür aus, gegen die etablierten kapitalistischen Großmächte ökonomische Besitzstände auf- und auszubauen, ob in Asien, Lateinamerika oder Afrika. Sie bringen politische Kooperationen auf den Weg, die sich perspektivisch – und auf der Basis einer gesteigerten chinesischen Militärmacht, welche für die fälligen Schutzversprechen wie Erpressungsmanöver auch materiell einstehen kann – zu wertvollen Positionen in der strategischen Machtkonkurrenz ausgestalten lassen, etwa mit Rußland und den zentralasiatischen Staaten im Rahmen der Shanghai Cooperation Organization (SCO).
Hegemon USA herausgefordert
Die etablierten Hüter der internationalen Konkurrenzordnung bemerken selbstverständlich, daß sich der Neueinsteiger ins kapitalistische Weltgeschäft überall unangenehm breitmacht. Vor allen anderen sehen sich natürlich die USA herausgefordert. Schließlich haben sie die Weltordnung zu ihrem Nutzen eingerichtet – und in diesem Sinne auch China zur Teilnahme eingeladen. Nicht erst seit heute steht man in Washington dem Resultat mit gespaltenen Gefühlen gegenüber. Daß chinesische Waren die US-Märkte »überschwemmen«, finden amerikanische Politiker unerhört – auch wenn es Amerikas eigene Global player sind, die diese Waren in China produzieren lassen, damit Gewinne einheimsen und diese Billigimporte die Inflationsrate niedrighalten. Daß chinesische Devisengewinne massenhaft US-Schatzbriefe kaufen, finden seine Finanzstrategen unheimlich – auch wenn China mit seinen Dollarkäufen letzten Endes ausgerechnet die Kriege finanziert, mit denen Amerika seine führende Rolle in der Welt sichern will, oder momentan verhindert, daß der Dollar noch einen ganz anderen Absturz hinlegt. Andererseits will man das Land weiterhin und sogar verstärkt als US-amerikanische Bereicherungsquelle benutzen; die damit verknüpften Wirkungen, ein stetig andauernder chinesischer Zuwachs an ökonomischen und militärischen Machtmitteln, sollen aber auf alle Fälle unter Kontrolle gehalten werden.
Dafür bringen die USA gegen den Newcomer in der Sphäre der Ökonomie alle »konventionellen« Mittel in Anschlag, die es sich in den supranationalen Organisationen zur Regelung seines Vorteils auf dem Weltmarkt geschaffen hat (Dumpingklagen, Beschwerden über den »künstlich« niedrigen Yuan etc.). Und nicht nur das. Auch in China beklagen die Vereinigten Staaten natürlich dauernd den Zustand von Menschenrechten und Demokratie – sprich: Die USA vermissen die Zulassung von regierungskritischen Stimmen, NGO und Oppositionsparteien, die sie für ihre Anliegen instrumentalisieren könnten. Und es sind, rein vorsorglich, auch deutliche militärische Schritte nötig, um die Aufholanstrengungen Chinas auf dem Felde der Waffen zum Scheitern zu verurteilen, sei es mit Raketenabfangprogrammen, sei es mit einer weit gediehenen geostrategischen Einkreisung.
Gleichzeitig aber enthält die US-amerikanische Stellung zu China immer auch ein – ausgesprochen zwiespältiges – Angebot: Peking möge sich, gerade angesichts der »drohenden Verschlechterung« der doch so nützlichen Beziehungen, lieber fügen, Rücksicht nehmen auf die Vorhaltungen der Weltmacht, sich einordnen in die pax americana und eine darin für Amerika nützliche, dann aber auch anerkannte Rolle spielen. Obama hat die chinesische Führung mit Angeboten in diesem Sinne geradezu bombardiert. Er hat den kommunistischen Führern in Peking seine Anerkennung für ihre ökonomische und politische Potenz ausgesprochen, um sie damit zur Ein- und Unterordnung in seine, die US-amerikanische Weltordnung, zu bewegen – ein recht anspruchsvolles Ideal imperialistischer Gewalt.1)
Es ist nämlich so, daß die USA China ebensosehr brauchen wie sie die Volksrepublik nicht aushalten. Ihr Geschäft braucht die Ausbeutung chinesischer Arbeitskraft, den Import billiger Waren, den Kapitalexport nach China und beklagen all das gleichzeitig als Verhinderung des US-amerikanischen Geschäfts und als Arbeitsplatzabbau; Washington braucht die Dollarkäufe Chinas und leidet unter dieser Abhängigkeit; es braucht selbst die Staatsgewalt in China, damit dort ein geregeltes Geschäftsleben stattfindet – und findet deren Macht zugleich unerträglich.
»Multipolare Welt«
Es ist also nicht verwunderlich, daß China den ziemlich »unilateralen« Weltordnungswillen der USA nicht nur allgemein als Einengung seiner Handlungsfreiheit zur Kenntnis nimmt, sondern ihn eindeutig auf sich und sein Aufstiegsinteresse bezieht, das damit angegriffen wird. Und China läßt keine Zweifel daran, daß es das nicht hinnehmen will. Früher haben die chinesischen Kommunisten die Welt einmal dafür angeklagt, daß in ihr der »US-« und später der »Sozial-Imperialismus« der Sowjetunion zu Unrecht die Interessen der »fortschrittlichen« Völker »dominierten«. Heutzutage stören sich ihre Nachfolger daran, daß China in seinem Recht auf »friedliche Entwicklung« behindert wird. In ihren »Weißbüchern« bedauern sie, daß die ansonsten auf der Welt bereits vorbildlich herrschenden »Haupttendenzen Frieden und Entwicklung« durch das Treiben »einer Macht« empfindlich gestört werden: Amerika »maße« sich »an«, die Welt »hegemonial«, »unipolar« zu beherrschen und jede Veränderung seiner Weltordnung strikt zu unterbinden. Dagegen setzt China sein »Konzept« einer »multipolaren Welt« – und kündigt mit dieser Formel, die harmlos und beschwichtigend klingen soll, nicht weniger als seinen Kampf gegen die Vormachtstellung der USA an. Die heutigen chinesischen Machthaber sind nicht gewillt, das »Kräfteverhältnis« auf der Welt als unveränderlich hinzunehmen. Auch in Sachen Machtkonkurrenz wollen sie also nur das eine: mithalten – und dafür nehmen sie alles Nötige in Angriff, ob die Modernisierung ihrer Marine oder entsprechende strategische Allianzen.
»Jetzt erst recht!«
Seit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise sieht sich die Volksrepublik mit der bitteren Wahrheit konfrontiert, daß der Weltmarkt, den sie bisher als Mittel ihres Aufstiegs genutzt hat, ihr eine Quittung präsentiert, die sie in mehrfacher Hinsicht sehr grundsätzlich schädigt.
– Ihre Devisenreserven entwerten sich. Die Summen, die der chinesische Staatsfonds in Geschäfte wie etwa, die der Investmentfirmen Freddie Mac und Fanny Mae gesteckt hatte, haben sich bereits in Luft aufgelöst. Der Rest ihrer Dollar-, Yen- und Eurobestände ist von noch gar nicht abzuschätzenden Wirkungen bedroht, die die Krise und die jeweiligen staatlichen Rettungsmaßnahmen auf die etablierten Weltwährungen haben.
– Gleichzeitig wächst erstmals seit vielen Jahren der das Staatsvermögen nicht mehr, da sowohl das Exportgeschäft als auch die ausländischen Direktinvestitionen im großen Stil wegbrechen. Zudem fließt angesichts unsicherer Aussichten des Geschäfts Kapital nach Hongkong ab.
– In der chinesischen »Realwirtschaft« macht sich die Abhängigkeit der Geschäfte von den ausländischen Märkten (USA, Japan, Europa) geltend: Ein großer Teil der Weltmarktfabriken ist in ungemein kurzer Zeit geschlossen worden; Millionen Arbeitskräfte werden ohne jegliche soziale Absicherung entlassen (bis Ende Januar 2009 allein 20 Millionen Wanderarbeiter), und die Perspektiven für die jährlich zusätzlich auf den Arbeitsmarkt strömenden Jugendlichen (davon allein 5,5 Millionen Studienabgänger) sind erbärmlich schlecht.
Der chinesische Staat, der seinen Erfolg wie das Leben und Überleben seines Volks praktisch davon abhängig gemacht hat, daß auf seinem Territorium ein kapitalistisches und auf den Weltmarkt bezogenes Geschäft stattfindet, sieht sich konfrontiert mit den »Naturgesetzen« dieser Marktwirtschaft. Wenn diese Wirtschaft nicht jedes Jahr erheblich wächst – in China müssen das mindestens acht Prozent sein –, kann die Gesellschaft nicht einfach auf dem bisherigen Niveau weiterexistieren. Ihr ökonomisches Leben hängt an diesen Profitrechnungen und bricht deshalb im großen Stil weg. Das ist nicht wie in vorsozialistischen Zeiten Folge von natürlichem Mangel oder Naturkatastrophen. Obwohl alle materiellen Mittel des Produzierens – qualifizierte Arbeitskräfte, natürliche Ressourcen, industrielle Technik – inzwischen im Überfluß vorhanden sind, herrscht dann »die Krise«.
Diese Notlage geht die chinesische Regierung mit einem entschiedenen »Jetzt erst recht!« an. Sie setzt alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel ein und verkündet, wie alle anderen imperialistischen Mächte auch, daß sie gestärkt aus der Krise herauskommen wird. Mit geldpolitischen Instrumenten und einem schnell verabschiedeten gigantischen Konjunkturpaket hat sie der Wirtschaft auf die Beine geholfen. Haushaltspolitische Erwägungen ebenso wie andere Staatsziele, etwa der Aufbau einer Sozialversicherung und die Durchsetzung der Arbeitsrechtsreform, hat sie fürs erste aufgeschoben. Auch in China zeigt sich auf diese Art und Weise drastisch, was inzwischen der Systemzweck ist, an dem alles hängt und von dessen erneutem Funktionieren alles andere abhängt – von wegen kapitalistische »Methoden« und den »Tiger reiten«.
Die Krisenkonkurrenz verschärft dabei alle schon bisher vorhandenen Widersprüche und Gegensätze der Staaten. Alle haben jetzt ihre guten, nationalen Gründe dafür, das Wachstum in ihrem Land gegen und auf Kosten der anderen zu sichern, und befürchten gleichzeitig, daß ihnen damit langfristig die Mittel ihres Gewinnemachens abhanden kommen – die globalen freien Märkte, weshalb sich alle gegenseitig vor »Protektionismus« warnen. Sie beanspruchen die Konjunkturmaßnahmen der anderen einerseits als Mittel für sich (»China soll die Welt retten«), machen andererseits eben deren Rettungsstrategien für ihre schlechten Aussichten verantwortlich (neue Attacken der USA gegen einen »unterbewerteten« Yuan). Amerika bekommt zu spüren, wie weit sein Dollar und damit seine gesamte schöne Finanzwelt inzwischen von einer konstruktiven Politik der Volksrepublik abhängig sind – ein ganz und gar unerträglicher Zustand für seinen Anspruch, auch ökonomisch die Welt zu führen. Umgekehrt müssen die Chinesen feststellen, daß eine Ablösung des Dollar-Regimes, an der ihnen gelegen wäre, jede Menge mögliche Schäden für ihre eigenen Interessen enthält. Deshalb kaufen sie zwar fürs erste weiter amerikanische Staatspapiere, verlangen aber – ganz als Eigentümer hart verdienter Dollars auftretend! – von den Amerikanern eine entsprechende Pflege ihrer Währung …
Ein Grund zur Schadenfreude etwa der Art, daß sich die Weltmacht USA da einen interessanten Widerspruch selbst herangezüchtet hat und jetzt an ihm herumlaboriert, ist das alles nicht. Denn jenes China, das den Nordamerikanern da in die Quere kommt, ist mitnichten eine Art Hoffnungsträger für eine alternative Weltordnung. Einmal abgesehen vom Unsinn eines solchen Bedürfnisses, nach einer »real existierenden« Kraft zu fahnden als Bedingung, Perspektive, Kronzeuge oder sonstwas für die eigene Gegnerschaft, um die es schlecht bestellt ist: Um zu glauben, daß man so etwas in China vor sich hat, muß man Ökonomie und (Außen-)Politik der Volksrepublik gegen alle Realität ziemlich umdeuten– nur so werden nämlich aus Konkurrenzerfolgen dieses Landes, das seit jetzt 30 Jahren mit aller nötigen staatlichen Gewalt und Umsicht eine erfolgreiche kapitalistische Wirtschaft etabliert, »Ansätze« oder zumindest »Bedingungen« für etwas »Anderes«. Zweitens führen die Widersprüche, in denen sich Staaten befinden, regelmäßig zu einem brutalen Bereinigungsprogramm – und das betreiben die Subjekte der Weltgeschichte, indem sie ihre Instrumente ins Rennen schicken, ihre loyalen Völker und ihre Gewalt- und Erpressungsmittel.
1 Vgl. dazu den Artikel »Obama bietet der aufsteigenden Großmacht China Mitverantwortung für die amerikanische Weltordnung an« in GegenStandpunkt 4/2009
————
Bei der Gelegenheit möchte ich nochmals auf die am 17.12.2009 anstehende Debatte hinweisen:
Veranstaltung mit den Autoren neuster Publikationen zur VR China mit Renate Dillmann, Rolf Berthold, Helmut Peters
Moderation: Arnold Schölzel (junge Welt)
Ort: jw-Ladengalerie, Torstraße 6, 10119 Berlin
Zeit: Donnerstag, 17.12.2009

Beginn: 19:00 Uhr
Eintritt: 5,00 € ermäßigt 3,00 €

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Heinrich Dieterich vor der Flinte des GSP!

14. Dezember 2009 8 Kommentare

Ein meiner ideologisch größten Herzenswünsche ist in Erfüllung gegangen!!
In seinem neuen Heft 4-09, das am 18.12.2009 im Handel erhältlich sein wird, bringt der GegenStandpunkt auch eine Kritik an Heinz Dieterichs „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“. Man kann diesen Artikel schon jetzt auf der Webseite des GegenStandpunkts lesen. Und ich dachte schon, es gibt niemand Vernünftigen sonst, der das Zeugs von dem für hanebüchen hält.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

junge Welt zum China-Buch von Renate Dillmann

13. Dezember 2009 9 Kommentare

In der jungen welt vom 14.12.2009 gibt’s eine Rezension von Vinzenz Bosse (sozusagen dem GegenStandpunkt-Fachmann der jW) des China-Buches von Renate Dillmann : http://www.jungewelt.de/2009/12-14/001.php?sstr=dillmann
Er geht dabei übrigens mit keiner Silbe darauf eingeht, daß Renate für den GegenStandpunkt auftritt und keine lonesome rider ist, er wird seine Gründe dafür gehabt haben, denn wissen tut er es ja nachweislich.
(Dank für den Hinweis an Klaus Unruh)
Neue Klassen
Analyse über Geschichte und Gegenwart der VR China vorgelegt

Von Vinzenz Bosse
Ist das moderne China schon kapitalistisch? Oder – entgegen dem ersten Anschein – doch noch sozialistisch? Ist es heute vielleicht sogar der brutalste kapitalistische Staat? Oder doch so etwas wie eine alternative Kraft, die das internationale Kräfteverhältnis hin zum Guten beeinflußt? Ist ein demokratisches China denkbar? Wird dann mehr Rücksicht auf das Volk genommen? Oder kann und muß man auf einen Aufruhr der chinesischen Arbeiter hoffen? – Fragen dieser Art bewegen die Linken, wenn sie sich mit der Volksrepublik China beschäftigen. Gegen die darauf folgenden Antworten und Mutmaßungen, die sich mit einer gewissen Notwendigkeit auf dem Feld subjektiver Einschätzungen tummeln, setzt Renate Dillmann, Autorin des gerade bei VSA erschienenen Buchs »China – Ein Lehrstück«, eine Analyse, die es in einiger Hinsicht in sich hat.
Soziale Widersprüche
Der Band, der zum China-Rummel der Frankfurter Buchmesse herauskam und jetzt bereits in der zweiten Auflage vorliegt, liefert eine umfassende marxistische Erklärung dessen, was heute ökonomisch und politisch in der Volksrepublik auf der Tagesordnung steht. Er untersucht die Subsumtion einer kompletten, vormals »realsozialistischen« Gesellschaft unter den Imperativ des Geldverdienens und die dazugehörende Scheidung der egalitären maoistischen Gesellschaft in neue soziale Klassen (Bauern, Lohnarbeiter und neue Kapitalisten). Er analysiert den ökonomischen Sonderfall, in dem – weltpolitisch einmalig – aus der Zulassung westlichen Kapitaltransfers ein Aufstiegsmittel der chinesischen Nation geworden ist. Er widmet sich den gesellschaftlichen Widersprüchen, die aus Deng Xiaopings Devise »Bereichert euch!« erwachsen sind und die 1989, mit dem staatlichen Zuschlagen am Tiananmen-Platz, zugunsten der neuen kapitalistischen Staatsräson »bereinigt« wurden. Und er geht den Konsequenzen nach, die das neue ökonomische Programm für die Kommunistische Partei, die politische Willensbildung und das Bewußtsein des chinesischen Volks hat. Dillmanns Fazit: »Die Partei ändert sich und ihren sozialistischen Staat – der neuen Ökonomie zuliebe«. Die Analyse des modernen China wird komplettiert durch ein Kapitel zur Außenpolitik und eine kurze, nicht auf Vollständigkeit abhebende Darstellung linker Literatur.
Die mit viel Material angereicherte (dem Buch ist eine CD mit Quellen, Grafiken und Zahlenmaterial beigegeben) und trotzdem ausgezeichnet lesbare Abhandlung zur modernen Volksrepublik ist aber nur die eine Hälfte der Publikation. In einem ersten, fast genauso langen Teil befaßt sich Dillmann mit Maos sozialistischer Volksrepublik. Ein kurzer Rückblick auf die imperialistische Vorgeschichte des Landes leitet die Auseinandersetzung mit der Kommunistischen Partei und ihrem Programm ein; es folgen Kapitel über die Durchsetzung Maos gegen die Guomindang-Partei (mit einer Untersuchung der unrühmlichen Rolle, die die Sowjetunion und die Komintern dabei gespielt haben), über die neudemokratische Etappe und ihre Widersprüche bis zum Aufbau der sozialistischen Planwirtschaft. Deren Anliegen – staatlich geplante Gebrauchswert- und Wertproduktion, die Anwendung des »Wertgesetzes« in einer Wirtschaft, die die Produktivkräfte entfaltet und Arbeitern und Bauern einen gerechten Anteil am produzierten Reichtum einbringt – wird vorgestellt und als halbherzige Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise ausführlich kritisiert. Am historischen Material (Verhältnis von Schwerindustrie und Landwirtschaft, Maos Massenkampagnen wie der »Große Sprung nach vorn« oder die Kulturrevolution) werden die daraus resultierenden Widersprüche und Schlußfolgerungen der chinesischen KP erörtert; ein Kapitel zur Außenpolitik macht den Leser mit dem Korea-Krieg und der Welt des Kalten Kriegs bekannt und analysiert »Freundschaft und Bruch mit der Sowjetunion«.
Nationale Frage
In einem für ihre Argumentation zentralen Exkurs über »Kommunismus und Nation« setzt sich die Autorin zudem mit einem prinzipiellen Problem auseinander, das die Geschichte der Arbeiterbewegung und gerade auch die antiimperialistischen Emanzipationsprojekte von ihren ersten Tagen an begleitet hat: mit der nationalen Frage. In der ungenügenden Kritik von Staat und Nation macht sie die entscheidenden »Sollbruchstellen« der chinesischen KP dingfest, die letztlich zur »historischen Wende« von 1978 geführt haben. »Daß sie mit ihrem Nationalkommunismus in dieser realen Konkurrenz nichts auszurichten vermochten und all ihre sozialen Errungenschaften dafür wenig hergegeben haben, hat ihnen dann so zu denken gegeben, daß sie nach nicht einmal dreißig Jahren lieber ihren Kommunismus für ihren nationalen Erfolg weggeworfen haben, als umgekehrt ihrer sozialistischen Volksfürsorge zuliebe das Programm einer weltweit erfolgreichen chinesischen Nation sein zu lassen.« Die anhand des maoistischen Chinas vorgelegte Kritik von halbherzigem Antikapitalismus, Staatsidealismus und nationalem Ehrgeiz kann tatsächlich als exemplarisch für eine ganze Reihe anderer sozialistischer Projekte gelten – entsprechend breit sollte die Auseinandersetzung mit diesem Buch ausfallen!
Renate Dillmann: China – Ein Lehrstück über alten und neuen Imperialismus, einen sozialistischen Gegenentwurf und seine Fehler, die Geburt einer kapitalistischen Gesellschaft und den Aufstieg einer neuen Großmacht. VSA Verlag, Hamburg 2009, 389 Seiten, 22,80 Euro * mit CD-ROM

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Die vielen engagierten Bildungsstreiker und ein einziger Kommunist

13. Dezember 2009 Kommentare ausgeschaltet

contradictio hat auf einen podcast hingewiesen, bei dem es um eine Diskussionsveranstaltung mit Sigrid Maurer (Bundesvorsitzende der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschülerschaft, politisch PUFL-GRAS „Die PUFL-GRAS versteht sich als basisdemokratische, feministische, alternative, nachhaltige und solidarische bunte Truppe, die sich in erster Linie der Studierendenvertretung widmet“ ) und Freerk Huisken im Rahmen der Besetzung der SOWI-Aula an der Uni Innsbruck im November 2009 geht.
Diese Diskussion zeigt exemplarisch, wie schwierig es ist, die zum Teil ausgesprochene Reform-der Reform-Ideologie dieser zum großen teil recht selbstbewußten Eliteaspiranten anzukratzen oder gar aufzubrechen. Vom klassischen „Mißverständnis“, daß Kommunisten Studenten nur das „Nichtstun“ anzuempfehlen hätten, bis zum Hinweis, daß man als Realpolitiker eben von der Regierung nimmt, was man da sio kriegen kann. So frei ist man als Studierender eben.
Also eher ein trauriges Event, aber leider wohl für den Stand der Bewegung nicht untypisch, wie Freerk Huisken auch vorsichtig vorgetragen hat. Also wirklich anhörenswert für Leute, die sich Gedanken machen wollen, wie man da einen ideologischen Fuß in die Tür des bei aller Kritik und Selbstkritik recht beinharten Selbstverständnis kriegen will.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Neue Texte von Hermann Lueer

3. Dezember 2009 9 Kommentare

Hermann Lueer hat mir zwei neue Texte als PDFs zukommen lassen, einen zur Finanzkrise und einen grundsätzlicheren, die ich beide in meinem Downloadbereich zur Verfügung gestellt habe:
„Ein Jahr Fi­nanz­kri­se – Ar­gu­men­te gegen die Markt­wirt­schaft“

„Eine bes­se­re Welt ist mög­lich!“

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Kommunismus und Nation (Rest)

2. Dezember 2009 438 Kommentare

Erst durch Entdinglichungs Verweis auf Maos frühe Schrift „Über die Klassen der chinesischen Gesellschaft“ (1926) ist mir aufgefallen, daß ich Renates Passus zu Kommunismus und Nation nur in den Punkten 1 bis 3 zitiert hatte, hier der Rest, die Punkte 4 und 5, in denen eben auch auf dieses Dokument verwiesen wird. (Wie schon so oft, habe ich es wieder mal nicht hingekriegt, den layoutreuen Scan auch hier in HTML korrekt rüberzuziehen, es sind also alle von Renate Dillmann gemachten Betonungen per Kursivierung leider verloren gegangen, wer weiß, wie das besser geht, möge es mir stecken.): Mehr…

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Widersprüche geplanter Wertproduktion

29. November 2009 42 Kommentare

Ein zentrales summary des Buches von Renate Dillmann zu China, das sicher für alle „Übergangsregime“ Gültigkeit beansprucht, steht bei ihr auf S. 89:

Zur Klarstellung: Eine »Ökonomie der Zeit« in Planungsüberlegungen einzubeziehen, ist etwas anderes, als das »Wertgesetz zu praktizieren«. Wenn die rationelle Planung einer arbeitsteiligen Wirtschaft hier ab und an verkürzend als »Gebrauchswertökonomie« bezeichnet wird, ist damit Folgendes gemeint: Die Produzenten einigen sich darüber, was sie produzieren wollen. Dabei werden Überlegungen fällig, wie viel Zeit sie auf die Herstellung der benötigten Produktions- und erwünschten Konsumgüter verwenden und wie viel an natürlichen Ressourcen sie in einem Arbeitsprozesses verbrauchen wollen, der die Produzenten möglichst schonend behandelt und die Konsumenten mit wirklich brauchbaren Gütern versorgt. Ein zweites Mal kommt die Arbeitszeit bei der Verteilung der Gebrauchswerte vor. Wer sich Konsumwünsche über eine entsprechend ordentliche Grundversorgung hinaus erfüllen will, hat dafür mit einem Einsatz zu zahlen, der ebenfalls über die von allen zu leistende (und gegenüber heutigen Verhältnissen deutlich minimierte) Arbeit hinausgeht.

Interessensunterschiede und -gegensätze sind in einer solchen Ökonomie durchaus vorhanden, deshalb existiert auch ein entsprechender Streit über die gesamtgesellschaftlichen Planungsziele. Eine sozialistische Gesellschaft ist insofern keineswegs die Realisierung einer Utopie von steter Harmonie. Im Gegensatz zur kapitalistischen Produktionsweise gehen in ihr die Interessen der einen allerdings nicht nur unter der Bedingung auf, dass die Interessen der anderen notwendig und systematisch scheitern.

All das sind nicht die Fragen und nicht die Überlegungen der realsozialistischen Planbehörden. Sie beschäftigen sich schlicht mit einem anderen Programm. Sie sollen staatlich getroffene Entscheidungen über das planmäßige Wachstum und die Entwicklung einer nationalen Ökonomie umsetzen in volkswirtschaftliche Kategorien. Das staatliche Interesse an Wachstum wird übersetzt in Preise, Gewinnvorgaben etc., wobei darauf geachtet werden muss, dass alles zusammenpasst und es obendrein auch noch gerecht zugeht. Vgl. dazu Charles Bettelheims Ausführungen zum »System der Arbeitsnormen« im Anhang.

Den Anhang des wahrscheinlich renommiertesten „westlichen“ Maoisten werde ich noch nachreichen.

Zu klären ist jetzt noch, z.B. wie das denn organisiert werden soll: „Wer sich Konsumwünsche über eine entsprechend ordentliche Grundversorgung hinaus erfüllen will, hat dafür mit einem Einsatz zu zahlen, der ebenfalls über die von allen zu leistende (und gegenüber heutigen Verhältnissen deutlich minimierte) Arbeit hinausgeht“ Also doch „Lohn“, Konsumgüter“preise“, oder „nur“ Bezugscheine, Arbeitszeitzettel als Geldsurrogat? Ich weiß ehrlich nicht, wie das nach einer GSP-Revolution gehen sollte (wie das die Realsozialisten gemacht haben, beschreibt und kritisiert das Buch in dem Kapitel 4, aus dem das Zitat ist, ja ausführlich.)

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Berlin 17.12.09 junge Welt Gespräch über China mit Dillmann, Berthold und Peters

27. November 2009 31 Kommentare

Die junge Welt kündigt folgende Veranstaltung an:

Veranstaltung mit den Autoren neuster Publikationen zur VR China

mit
Renate Dillmann,
Rolf Berthold
Helmut Peters
Moderation: Arnold Schölzel (jW)

Eintritt: 5,00 € ermäßigt 3,00 €
19:00 Uhr
jW – Ladengalerie
Torstraße 6
10119 Berlin

(wikipedia:
Rolf Berthold (* 4. August 1938 in Chemnitz) ist ein deutscher Politiker und China-Experte. Er war von 1982 bis 1990 Botschafter der DDR in der Volksrepublik China. Bei den Ereignissen auf dem Tiananmen-Platz 1989 in Peking war er unmittelbarer Augenzeuge. Rolf Berthold lebt heute in Berlin. Auch heute ist Berthold noch politisch aktiv, u.a. in dem die Monatszeitschrift „RotFuchs“ herausgebenden Förderverein. Dort führt er seit 2005 den Vorsitz. Außerdem ist er für das Blatt als Publizist tätig. In zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen referiert er über seine Tätigkeit als China-Botschafter sowie über aktuelle Entwicklungen in dem Land.

Helmut Peters (* 1930 in Berlin) ist ein deutscher Sinologe. Peters arbeitete als Forschungsbereichsleiter an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften der SED und als Leiter der Forschungen zur VR China in der DDR. Seit den 1950er Jahren verbrachte er mehrere Studienaufenthalte und übte die Tätigkeit als Diplomat der DDR in der VR China aus.)

Renate Dillman (eine „China-Expertin“ des GegenStandpunkt) ist die Autorin des Buches
CHINA
Ein Lehr­stück

Alter und neuer Im­pe­ria­lis­mus
So­zia­lis­ti­scher Ge­gen­ent­wurf und seine Feh­ler
Ge­burt einer ka­pi­ta­lis­ti­schen Ge­sell­schaft
Auf­stieg einer neuen Groß­macht
400 Sei­ten (Sep­tem­ber 2009)
EUR 22.​80 sFr 39.​40
ISBN 978-​3-​89965-​380-​9

Die erste Auflage ist schon fast vergriffen, die nächste ist in Vorbereitung.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Hitzefrei bei jedem Wetter

26. November 2009 1 Kommentar

Die Gruppe Redical (M) Göttingen (genauer deren AG „Hitzefrei bei jedem Wetter“), die zum Bündnis …ums Ganze! gehört, hat einerseits ein „Flugbuch“ zum Zusammenhang von Erziehung und kaptialistischer Verwertung erstellt und macht nun folgende

Diskussionsveranstaltung
24.11.2009 | 20 Uhr (pünktlich!)
im ZHG 002 der Uni Göttingen
mit: Freek Huisken (emeritierter Professor für Pädagogik / Uni Bremen)

unter dem Titel „Wieso? Weshalb? Warum? Macht die Schule dumm?“ „…Oder: Dummheit,eine schulisch produzierte Produktivkraft in der Demokratie. „

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Amelie hat nun auch einen Blog!!

25. November 2009 2 Kommentare

Amelie Lanier (die anarchistischste GSPlerin, die ich kenne!), die die Vortragsdokumentationen beim Wiener Radiosender ORANGE94.0 inder Reihe VEKKS betreut, in der aktuelle Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen mit zumeist Referenten vom GegenStandpunkt, aber auch alte MG-Sachen zum Download zur Verfügung gestellt werden, hat nun ihrer Webseite auch noch einen Blog zur Seite gestellt mit dem Titel „Der ganz normale Wahnsinn — Nachrichten aus der Marktwirtschaft und von der Ideologie-Front.“ Dort will sie versuchen, kurze Kommentare zu aktuellen Themen zu bringen, während ausführlichere und genau recherchierte Arbeiten der Webseite vorbehalten bleiben sollen. Mal sehen, wie sich das umsetzen läßt.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Streiken für veredelte Konkurrenz in Schule und Hochschule

24. November 2009 1 Kommentar

Bildungsstreik 2009:
Streiken für veredelte Konkurrenz in Schule und Hochschule
und wie sich Studierende damit zu nützlichen Idioten der Reform der Bolognareform machen
Ein Text von Freerk Huisken

Schüler und Studierende protestieren gegen „Zustände und Entwicklungen im Bildungssystem“, die sie als „nicht weiter hinnehmbar“ verurteilt haben. Sie machen „auf die Missstände im Bildungswesen aufmerksam“. Den Studierenden stoßen – zu recht – besonders die Konsequenzen des Bologna-Prozesses auf. Allerdings täuschen sie sich, wenn sie darauf insistieren, dass hässliche Verhältnisse an Schulen und Hochschulen, die ihnen das Leben schwer machen, eigentlich unpassend seien für das deutsche Bildungswesen, wie es hierzulande vom Staat betrieben wird.

Da gibt es die Forderung nach „kostenloser Bildung für alle“ bzw. nach „gesetzlich verankerter Gebührenfreiheit von Bildung“. Woran ist dabei gedacht? Wenn arme Familien ihren Kindern keinen Computer, kein Arbeitszimmer oder keine Nachhilfe finanzieren können, wenn sie nicht in der Lage sind, die Studienkosten aufzubringen, dann stehen deren Chancen im Bildungswesen schlecht. In der Tat, so ist es. Man weiß also – wie zuletzt PISA gezeigt hat –, dass Kinder aus unteren Schichten der Gesellschaft nach ihrer Ausbildung mehrheitlich wieder in den „bildungsfernen“ Lebensverhältnissen landen, aus denen sie stammen. Man weiß also um die „sozial ungerechte“ Sortierung dieser Gesellschaft nach Arm und Reich, die im Bildungswesen ständig bestätigt wird. Doch was greift die Forderung nach „kostenloser Bildung für alle“ an? Geht es darum, dass Notebook, Klassenfahrt und Studienmaterialien kostenlos sind – wogegen es wirklich keinen Einwand gäbe –, oder wird dafür plädiert, dass der Geldbeutel der Eltern wenigstens nicht schon in der Schule den Kampf um Erfolge und Misserfolg entscheidet – wo sich am Geld doch sonst alles entscheidet. Soll es darum gehen, dass über den Zugang zu weiterführender Bildung und Studium nicht die Einkommensdifferenzen, sondern nur die Resultate der Leistungskonkurrenz entscheiden? Soll diese Leistungskonkurrenz weiterhin, nur eben durch keinerlei soziale Unterschiede verzerrt, den Nachwuchs nach Siegern und Verlierern sortieren? Wäre es denn wirklich „sozial gerechter“, wenn Kindern aus „bildungsfernen Schichten“ der Zugang zu besser gestellten Positionen eröffnet würde, dafür sich aber umgekehrt Akademikerkinder vermehrt mit der Perspektive der Fabrikarbeit oder Hartz IV anzufreunden hätten? Bei Bildungspolitikern würde man damit offene Türen einrennen. Die möchten, dass das Bildungswesen für alle Jobs der Gesellschaft den passenden Nachwuchs bereitstellt. Dabei wollen sie weder Arbeiterkinder vom Studium ausschließen, noch halten sie es für grob ungehörig, wenn etwa per Studiengebühren bestehende Einkommensunterschiede in der Konkurrenz um Studienplätze und -abschlüsse wirksam werden. Für sie zählt letztlich allein das Resultat der Bewährung im groß angelegten Leistungstest im Bildungssystem: Die Besten für Deutschlands Elite. Will man sich wirklich dafür stark machen?

Der Druck, den sie mit ihren Reformen dafür Schülern und Studenten machen, ist ebenfalls Gegenstand von Beschwerden. Gegen die „Schulzeitverkürzung – wie das G-8-Abitur“, gegen „Kurzstudium und Dauerprüfung“ bei der Einführung des Bachelor-Master-Studiums wird protestiert und die „Aufstockung des Lehrpersonals“, „mehr Lehrer und kleinere Klassen“ gefordert. In der Tat, unter Leistungsdruck wird das Lernen und Studieren immer stressiger. Doch exakt das ist gewollt: Schneller und kostengünstiger soll der Nachwuchs durch das Bildungssystem geschleust werden, früher soll er sich nach Gymnasium und Restschulen sortieren, eher, flexibler, länger und billiger soll er dann den Arbeitsmärkten zur Verfügung stehen. Genau das ist der Beitrag, den die deutsche-europäische Politik vom Bildungswesen für nationale und europäische Erfolge in der Standortkonkurrenz gegen andere „Industriestaaten“, besonders gegen die USA und Japan erwartet. Und die Verschärfung des Konkurrenzdrucks ist dafür ein probates Mittel. So wird dem Nachwuchs, der hier nur als das Material dieser neuen globalen Konkurrenzveranstaltung vorgesehen ist, Beine gemacht! Deswegen fragt sich auch hier, was die Schüler und Studenten mit ihren Forderungen angreifen wollen: Die Empörung über zunehmenden Leistungsdruck scheint wenig wissen zu wollen von den unschönen Zwecken, die mit ihm verfolgt werden. Wer „kleinere Klassen und mehr Lehrer“ fordert, sich dabei auf „unhaltbare Zustände“ beruft, wie sie auch Lehrer- und Hochschullehrerverbände beklagen, der entdeckt allenthalben immer nur ein Versagen der Schulbehörden, die doch „das mit uns nicht machen können!“. Aber dieses Versagen liegt nicht vor. Die Reformer haben ihre politischen Gründe und die Reformen haben Sinn und Zweck – nur eben nicht jene freundlichen, die Schüler und Studenten den Bildungspolitikern unterstellen möchten.

Außerdem fragt sich, was mit „mehr Lehrpersonal“, „längerer Lernzeit“ und eigentlich gewonnen wäre. Es mag ja sein, dass Lehrer und Hochschullehrer dann mehr Zeit für den auszubildenden Nachwuchs haben – was immer sie auch in dieser Zeit mit ihnen anstellen. Und es mag sein, dass der dann mehr lernt – was auch immer. Doch bleibt unter dem Strich kaum mehr als eine Arbeitserleichterung für das Lehrpersonal, das sich dann gut gerüstet und ohne Burnout-Syndrom an die Verteilung des Nachwuchses auf die Bildungskarrieren machen kann. Es ist nämlich eine Milchmädchenrechnung, wenn sich Schüler und Studenten von kleineren Klassen und zusätzlichem Lehrpersonal verbesserte Chancen, also gute Noten oder bessere Abi-Zeugnisse zu versprechen. Wenn sich die Lernbedingungen für alle Lernenden verändern, dann funktioniert Leistungskonkurrenz wie eh und je und verrichtet ihr selektives Werk weiter – nur vielleicht auf neuem „Lernniveau“. Ist das gewollt?

Die Forderung „Weg mit dem mehrgliedrigen Schulsystem“ stößt sich daran, dass die Schule von vornherein sehr unterschiedliche Ausbildungskarrieren organisiert. In der Tat. Mehrheitlich wird in der Schule dieser „reichen Industrienation“ über Noten und Punkte dafür gesorgt, dass sich die Mehrheit des Nachwuchses schon nach vier Schuljahren jeden Gedanken an ein Leben ohne größere Geldsorgen abschminken kann. Auch das verdankt sich nicht einer Bösartigkeit von Politikern, sondern ihrer Kalkulation mit Bildungskosten und Anforderungen der kapitalistischen Berufswelt. Für jene Dienste, für die Haupt- und Realschulabsolventen vorgesehen sind, braucht es kein Studium, wäre folglich jede Schulzeitverlängerung unnötig und rausgeworfenes Geld. Und selbst am Studium lässt sich ja, wie die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen nebst der Erhebung von Gebühren zeigt, noch einiges sparen. Andere Kriterien fallen ihnen bei der Organisation ihres Bildungswesens erst einmal nicht ein. Doch was wäre, wenn alle Schüler in ein und derselben Schule nach denselben Grundsätzen behandelt würden? Wäre das nicht dennoch Lernen im Leistungsvergleich, bei dem es auf eine hierarchische Differenzierung der Lernenden durch Punkte und Noten ankommt? Wenn aber Schluss wäre mit der Selektion nach vier Schuljahren, wenn gar allen der Weg zum Abitur offen stünde? Dann fände, wie gehabt, ein Hauen und Stechen um den Abi-Schnitt statt, und in der Uni ginge es nahtlos so weiter. Was wäre, wenn dort, wie gefordert, wirklich „Master für alle“ gälte? Dann würde weiter konkurriert und zwar um die Qualität des Abschlusses. Und danach? Dann geht doch die Konkurrenz erst so richtig los und fordert von allen Absolventen des Bildungswesens lebenslang Anstrengungen auf dem Arbeitsmarkt und im Beruf: Da wird nach Lohn- und Gehaltsgruppen sortiert, da wird zwischen Beschäftigten und Unbeschäftigten sortiert, da wird zwischen Existenzminimum und Prekariat sortiert, da wird zwischen unbrauchbaren Alten und noch brauchbaren Jungen sortiert, zwischen Billigstlöhnern aus dem Ausland und Mindestlöhnern aus dem Inland und da wird zwischen Gesunden und Frühinvaliden sortiert usw. Dem kann sich in der hübschen Marktwirtschaft niemand entziehen. Wie steht es damit? Sollte man sich nicht darüber mal den Kopf zerbrechen.

„Beendet den Einfluss der Wirtschaft auf Schule und Hochschule“, lautet eine weitere Forderung. „Die Wirtschaft“, da sitzen irgendwie die Bösen, die im Bereich der Bildung nichts zu suchen haben. Gemessen daran gehört „der Staat“ dann doch irgendwie zu den Guten, obwohl ihm die ganze Kritik der Schüler und Studenten gilt. Aber ist es nicht so, dass es gerade das staatliche Bildungswesen ist, das große Teile des Nachwuchses auf nichts als auf den Berufseinsatz in eben dieser Wirtschaft vorbereitet? Und wird nicht immer wieder von Lernenden „Praxisnähe“ gefordert, die doch auch nichts anderes ist als die noch engere Unterwerfung des Studiums unter ständig wechselnde Anforderungen „der Wirtschaft“? Wer also dem Einfluss der Wirtschaft auf Schule und Hochschule dort entgegentritt, wo sie auch noch penetrant als Lobby und Sponsor auftritt und wo sie schon mal durchrechnet, ob nicht aus dem Bildungswesen auch noch ein Geschäft zu machen ist, der kommt etwas spät. Oder wären Schüler und Studenten zufrieden, wenn sie sich dem geschmähten Einfluss der Wirtschaft erst nach der Ausbildung unterwerfen müssten?

Es passt schon so manches nicht zusammen in den Streikaufrufen: Da stellten die Komitees eine Reihe von Forderungen auf, in denen ihre Kritik an der staatlichen Schulpolitik zusammengefasst ist, um dann am Ende doch wieder mit Forderungen an die gerade kritisierten Bildungspolitiker aufzuwarten. Im Schoß des Staates scheinen sie sich letztlich doch besser aufgehoben zu fühlen als in dem der Wirtschaft – als ob man hierzulande zwischen Staats- und Geldmacht wählen könnte! Das scheint ein wenig auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Denn die positiven Reaktionen von Seiten der Bildungsverantwortlichen auf die Demonstrationen und Aktionen der Schüler und Studenten sind – natürlich bei aller Mahnung vor unerlaubtem Protest – nicht zu überhören. Inzwischen sind sich so ziemlich alle Bildungspolitiker darin einig, dass der Bologna-Prozess nach gebessert werden muss: Ist nicht zu viel in das Bachelorstudium hinein gestopft worden? Muss der Prüfungsstress diese Ausmaße annehmen? Sind die Barrieren vor dem Master-Studium wirklich so hoch anzusetzen? Will „unsere Wirtschaft“ wirklich Akademiker, die nur stur pauken, statt sich jenes Maß an Selbständigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Flexibilität und Kreativität an zueignen, mit dem sie dann ihrer Funktion als vielfältig und eigenständig einsetzbare Elite noch besser ausüben können? Die Reform der Bologna-Reform steht längst an und der Protest aller Lernenden passt dazu: Einem kritischen Nachwuchs, dem es sehr konstruktiv vor allem um ein wenig Veredelung der Konkurrenz in Schule und Hochschule, um ein bisschen weniger Leistungsstress geht und der sich zudem mit seinen Forderungen beim Staat gut aufgehoben fühlt, dem können die Verantwortlichen in den Bildungsinstitutionen und die öffentlichen Meinungsbildner selbst beim Streiken und Besetzen schon mal bildungspolitisches Verantwortungsbewusstsein attestieren. Soll’s das gewesen sein, dass sich Schüler und Studierende als nützliche Idioten einer von oben angesetzten Reform der Bildungsreform betätigen, die dabei von ihrem Anliegen, Deutschland und Europa als „wissenschaftsbasierten Wirtschaftsstandort“ gegen den Rest der Welt aufzubauen, kein Jota abgeht?

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Maos Sozialismus – Weder Elektrifizierung noch Sowjets

22. November 2009 Kommentare ausgeschaltet

In Zusammenhang mit dem Lesen von Renate Dillmanns China-Buch (worüber es am nächsten Donnerstag, dem 26.11., an der Humboldt-Uni eine Veranstaltung geben wird) habe ich noch einen alten trotzkistischen Artikel zur Kritik des Maoismus zum Downlod zur Verfügung gestellt, der die Geschichte der Volksrepublik China vom Großen Sprung nach Vorn bis zur Rebellion auf dem Tien-An-Men-Platz behandelt.

Kategorien(2) Trotzkismus Tags:

Seid nicht so konstruktiv! (GSP zum Bildungsstreik)

19. November 2009 Kommentare ausgeschaltet

Warum es nichts taugt, der Bildungsreform ein „humanistisches Bildungsideal“ entgegenzuhalten

Der Staat hat seine Kritik an seinem Bildungswesen, die Ausbildung deutscher Hochschulabsolventen dauere im europäischen Vergleich zu lange, koste ihn zu viel und sei zu wenig auf die spezifischen Bedürfnisse der Arbeitswelt zugeschnitten, in die Praxis umgesetzt. Die gymnasiale Schulzeit wurde auf 8 Jahre verkürzt und dabei das Lernpensum verdichtet. Die universitäre Bildung wurde modularisiert, die Zwischenprüfung zum eigenständigen Universitätsabschluss (Bache lor) erklärt, das weitergehende, vertiefte Studium stark beschränkt und den Studenten ein Beitrag zur Finanzierung ihrer Ausbildung abverlangt, in die auch „die Wirtschaft“ verstärkt einbezogen wird.

Sehr deutlich wird also klargestellt, wozu in dieser Gesellschaft Bildung da ist: Erklärtermaßen soll sie kapitalistischen und öffentlichen Arbeitgebern junge und für ihren Bedarf passend qualifizierte Arbeitskräfte liefern. Insofern interessiert das Wissen als Qualifikation:vermittelt wird, was den jeweiligen Arbeitgebern dient und die Lernenden diesem Bedarf dienstbar macht. Die Vermittlung dieses Wissens ist in der Form des Leistungsvergleichs organisiert, d.h. an seiner Aneignung pro Zeit sollen sich die Lernenden unterscheiden. Bezwecktes Resultat dieser Konkurrenzveranstaltung ist die Auseinandersortierung der Schüler und Studenten in eine differenzierte Hierarchie von Bildungsabschlüssen. Die sind ihrerseits Zulassungsvoraussetzungen für die Hierarchie der Arbeitsplätze, die die Welt der Arbeitgeber zur Verfügung stellt – die ganz nebenbei die Hierarchie der Lebensverhältnisse in der Klassengesellschaft bestimmt.

Mit dem erfolgreichen Durchlaufen der schulischen Selektion ist für diejenigen, die der Aussortierung in die unangenehmen und schlecht bezahlten Berufe fürs erste entgangen sind, der Durchsetzungskampf gegen andere im Leistungsvergleich am Wissen nicht vorbei. Für die Selektion an der Universität reicht die erfolgreiche Aneignung von „Lernstoff“ nicht mehr aus; zu bewähren haben sich die Studenten nun daran, sich – relativ erfolgreicher als ihre Kommilitonen, versteht sich – als selbstbewusste Vertreter ihres Fachs darzustellen. Der Staat will in seiner Elite nicht Mitmacher, sondern Überzeugungstäter. Auch wenn der Staat aktuell meint, dass dafür einiges an Zeitaufwand ökonomisiert werden kann: Führungsqualitäten sollen die zukünftigen Führungskräfte unbedingt erwerben.

Gute Gründe und schlechte Begründungen für Protest

Schüler und Studenten bekommen „Leistungsdruck“ zu spüren; sie erfahren, dass ihre Studienzeit mit „Verschulung, Regelstudienzeit und Dauerüberprüfung“ ungemütlicher wird – und diese Unzufriedenheit ist absolut verständlich. Leider ist weit und breit nichts davon zu sehen, dass die Betroffenen aus ihrer Unzufriedenheit Überlegungen folgen ließen, mit was für einer Veranstaltung sie es da zu tun haben, welchem Zweck also ihr Ärgernis geschuldet ist. Anstatt das Bildungswesen zu kritisieren, stellen sich die Verfasser des Aufrufs zum Bildungsstreik neben die schlechte Realität des Bildungswesens und halten ihr einfach die eigene Idealvorstellung von einem guten Bildungswesen entgegen, in der sie vom real existenten alles abgezogen haben, was sie stört. Ihre Gegnerschaft zum wirklichen Bildungs- wesen führen sie mit dem Vorwurf, dass es höhere Werte missachte, denen Bildung eigentlich zu entsprechen hätte. Die beklagte Wirklichkeit nehmen sie nur zur Kenntnis als Abweichung von einem jahrhundertealten, von ihnen selbst so genannten Bildungs-Ideal – also von etwas, das eingestandenermaßen noch niemals irgendwann als Leitfaden für die Praxis der Bildung Gültigkeit hatte.

Wogegen die wirkliche Bildung demnach verstößt, ist „das humanistische Ideal einer zur kritischen Reflexion befähigenden, gemeinwohlorientierten Bildung“ (bildungsstreik.net), ein Ideal, welches seit jeher zum Bildungswesen dazugehört und gegen dessen Missachtung sich nicht nur kritische Studenten, sondern auch die Organe der kritischen Öffentlichkeit wen- den:

„Für Studenten heißt die neue Bologna-Wirklichkeit: Zielstrebigkeit ohne Umwege und Sackgassen. Neugier, Erkenntnisinteresse, selbständiges Denken – also alles, was höhere Bildung ausmacht – bleiben auf der Strecke.“ (FAZ, 19.6.09)

Mit diesem Ideal ist keinerlei Einwand gegen irgendeinen Lehrinhalt formuliert, sondern alles gebilligt, was zum Studienstoff gehört. Damit soll auch keinerlei Kritik am Zweck des Ausbildungswesens geübt sein. Dieser Mahnung zufolge hat die Aneignung des zu erlernen- den Wissenskanons so lange einen Mangel, solange er nur „auswendig gelernt“ und „nachgebetet“, anstatt selbstbewusst und überzeugt vertreten wird. Zwar geht „Denken“ sowieso nicht anders als „selbstständig“, aber was die rechte „Zeitung für Deutschland“ meint und womit sie den Demonstranten mal recht geben will ist klar: Damit sich die Studenten ihr Fachwis sen aktiv zueigen machen, brauchen sie Gelegenheit für „Umwege und Sackgassen“. Anstatt zum etablierten Wissenskanon geführt zu werden, sollen die Studenten selbstständig den Weg zu ihm finden. Das gehört unverzichtbar zur Qualifikation des Führungspersonals, das als gesellschaftliche Elite in der Lage sein soll, am Interesse der zukünftigen Arbeitgeber die gewünschten Dienste zu verrichten: Die Aneignung von Wissen auf dieser Ebene sollte sich unbedingt mit dem Standpunkt und dem Selbstbewusstsein verbinden, das alles aus freien Stücken zu tun! Das erst macht „höhere Bildung“ aus. Wer mit diesem affirmativen Ideal nichts zu tun haben und statt dessen wirklich „kritisch sein“ und „richtig kritisieren“ möchte, dem bleibt es nicht erspart, das dann auch zu machen, anstatt einen Antrag bei der Kultusbehörde zu stellen, endlich eine Lehreinheit „kritisches humanistisches Reflektieren“ einzurichten.

Kritische Studenten und Jungpolitiker Hand in Hand?

Die Verfasser des Streikaufrufs, die die eigentliche, „gemeinwohlorientierte Bildung“ von „der Wirtschaft“ usurpiert sehen – an deren Zweck sie auch nichts weiter kritisieren wollen –, haben keinerlei Berührungsängste mit den Argumen ten der Kommilitonen, die „mehr Bildung“ fordern mit dem Argument, von ihr hänge die Zukunft der ganzen Nation, insbesondere der nationalen Wirtschaft, ab. Die werfen der Politik vor, vergessen zu haben, dass „Bildung unser einziger Rohstoff“ sei, machen Vorschläge, welche Posten des Staatshaushalts einer sinnvolleren Verwendung im Bildungssektor zugeführt werden sollten, und verfassen Petitionen an Politiker, in denen es heißt:

„Angesichts des herrschenden Fachkräftemangels halten wir es für äußerst kontraproduktiv, talentierte junge Menschen von einem Studium abzuhalten.“ (Petition der LandesAstenKonfe- renz (LAK) Bayern, studiengebuehrenbayern.de)

Diesen ideellen Ressourcenverwaltern ist es offensichtlich selbstverständlich, dass Wissen für keinen anderen Bedarf da ist als den der heimatlichen kapitalistischen Wirtschaft und sei- ner Verwaltung. Bildung braucht es in dem Maße, wie sie dem nationalen Standort nützt!

Wer diesen Standpunkt einnimmt, muss den wirklichen Ressourcenverwaltern zugestehen, dass ein gemütliches „Bum mel studium“ natürlich auch nicht nützlich, sondern „äußerst kontraproduktiv“ ist; dass die Wirtschaft nicht nur hoch qualifizierte Masters, sondern auch halb qualifizierte Bachelors brauchen kann; und dass es dem Standort nützt, wenn sich an den Kosten zur Ausbildung der Ressource ‚Fachkraft‘ auch Sponsoren und Studenten beteiligen, ist auch nicht von der Hand zu weisen. Dass die Organisation nützlicher Ausbildung für den Standort Deutschland verbessert werden könnte – sollte das alles gewesen sein, was der studentische Protest mitteilen will?

[Flugblatt der Sozialistischen Gruppe Erlangen Nürnberg]

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Zur Diktatur des Proletariats: „für längere Zeit unvermeidlich“?

18. November 2009 59 Kommentare

Ich bin erst jetzt auf eine Diskussion bei crull gestoßen, die von einem Satz von Ofenschlot ausging: „Man muss das Kind schon beim Namen nennen: Diktatur des Proletariats“ und dessen Aufforderung „In diese Richtung bitte weiterdenken“ für einige kurze Beiträge tatsächlich aufgenommen hat.

Leider hat gegen einen GegenStandpunktler selbst der Verweis von Ofenschlot auf Peter Deckers zwar algebraische aber trotzdem richtige Einschätzung, dass »die Eroberung und Verteidigung der Macht im Land eine leidige, wegen der Reste der alten Gesellschaft und wegen des feindlichen Auslands auch für längere Zeit unvermeidliche Notwendigkeit sein mag.« »Rest der alten Gesellschaft … für längere Zeit unvermeidlich …« nicht gefruchtet. Der brach die Diskussion mit dem bekannten Argument ab, „Ob Luxus oder nicht, BEVOR man sich visionär und zukunftsstrategisch eine herrschende Arbeiterschaft ausdenkt, sollte man vielleicht einmal auf die real-existierende Bezug nehmen. Das Schwelgen in künftigen Möglichkeiten von proletarischer Organisation ist sogar etwas blind angesichts gegenwärtiger Aussichten“. Schade eigentlich. Jedenfalls für mich interessanter als Luxuskameras oder Luxusautos. Und, im engeren Sinne eben alles andere als ideologischer Luxus.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Die Lüge von der „Grenzenlosen Freiheit! “

18. November 2009 Kommentare ausgeschaltet

Bei den Jubelfeiern zur Auflösung des Ostblocks vor 20 Jahren wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Zum Beispiel vom alten Genscher, der bei jeder Gelegenheit, etwa am Brandenburger Tor in Berlin, behauptet, es sei darum gegangen, „Menschen zusammenzubringen, die vorher getrennt waren“. Dafür also der jahrzehntelange Kalte Krieg, dafür das „Niederreißen von Mauern und Auflösen von Grenzen“?

• Zunächst könnte schon ein simpler Blick in den Atlas eines Besseren belehren: Wer sich etwa die aktuelle Europakarte anschaut und mal mit der Lage vor 1989 vergleicht, wird locker doppelt so viele Grenzen zählen können. Und Genschman hat wesentlich dazu beigetragen: vor allem durch die Anfang der neunziger Jahre verkündete Anerkennung der separatistischen Bewegungen im alten Jugoslawien. Die von Deutschland verkündete Unterstützung für Slowenien und Kroatien hat dort den Bürgerkrieg erst so richtig in Schwung gebracht und nach jahrelangen Massakern zu neuen Demarkationslinien geführt.

• Nicht nur mehr Grenzen gibt es – die sind sogar um einiges undurchdringlicher für „die Menschen“ geworden: Man frage nur die Hungerleider aus Afrika, sofern sie überhaupt ihre Versuche überleben, via Mittelmeer nach Europa zu gelangen – übrigens dahin, wo die Länder sind, die ihnen die Existenzgrundlagen daheim kaputt gemacht haben. An der in keinem Atlas verzeichneten Seegrenze von Gibraltar bis Sizilien hat sich die EU ein ziemlich tödlich-perfektes Grenzregime ausgedacht, an dem jedes Jahr Tausende scheitern beziehungsweise im Meer ersaufen.

• Es ist also gar nicht so, dass demokratische Außenpolitiker wie früher Kohl/Genscher oder heute Merkel/Westerwelle prinzipiell etwas gegen Grenzen haben. Es müssen bloß die richtigen sein, an passender Stelle und von Mächten gesetzt, die sich den deutschen Ansprüchen unterordnen. Von denen können sie gar nicht genug kriegen.

[Quelle: von Marx Lernen]

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

GSP: Zum Bildungsstreik 2009 — Argumente gegen Schule und Hochschule

18. November 2009 2 Kommentare

Anlässlich des Bildungsstreiks 2009 gibt es zahlreiche Demoaufrufe, Blogs und FlashMob-Aktionen, die darauf aufmerksam machen, dass, wer heute eine Schule oder Hochschule besucht, konfrontiert wird mit ständig steigendem Leistungsdruck, der Verschärfung der Konkurrenz, eben mit dem ganzen Stress, den Schule und Studium mittlerweile mit sich bringen. Über die Gründe dafür, warum es so zugeht, gibt es zwei besonders prominente Auffassungen: die, welche den Grund in mangelnden Mitbestimmungsrechten ausmacht und die, welche ihn darin sieht, dass die Bildungspolitik auf dem falschen, weil von ökonomischen Interessen geleiteten Weg sei.

Was das Bildungswesen mit wirtschaftlichen Interessen zu tun hat und warum wir es für einen Fehler halten, über dieses Bildungswesen mitbestimmen zu wollen – dazu im Folgenden einige Argumente:

Nachwuchs für die Nation

Das Schul- und Hochschulsystem haben einen ungemütlichen Auftrag: Sie sorgen über die Selektion mittels Noten dafür, dass die Masse des gesellschaftlichen Nachwuchses von den besseren Berufen ausgeschlossen wird! An den Noten entscheidet sich, wer welchen Bildungsweg einschlagen darf. Schul- und Hochschulabschlüsse sind Zugangsvoraussetzungen für die Konkurrenz um die besseren und schlechteren Arbeitsplätze. Weil die deutsche Wirtschaft davon lebt, dass die allermeisten Jobs viel Leistung abfordern und schlecht bezahlt sind, ist für die meisten Leute mehr als Fabrikarbeit oder eine „Karriere“ bei Lidl oder im Callcenter nicht vorgesehen.

Was es bedeutet, als Ressource für die Wirtschaft und ihre Verwaltung zu dienen, bekommt zu spüren, wer sich auf einer Schule oder Hochschule befindet: Das Bildungswesen ist für den Bedarf der nationalen Geschäftemacherei eingerichtet und wird entsprechend deren Gegebenheiten angepasst. So gibt es Bildungsoffensiven, wenn ein höherer Bedarf an (Hoch-) Schulabgängern ausgemacht wird und Zulassungsbeschränkungen, wenn es mehr als genug von ihnen gibt. Schule und Uni hat der Staat dafür eingerichtet, Voraussetzungen am gesellschaftlichen Nachwuchs für dessen künftige Benutzung durch Unternehmer und Staat herzustellen – seine Funktionalität ist also der ganze Zweck der Veranstaltung. Dass das so ist, kann man der Art und Weise, wie die Wissensvermittlung stattfindet, entnehmen:

Wie lernt man in der Schule?

Dem Zweck der Selektion entspricht die Art Lehrens und Lernens in der Schule. Der Lehrplan sieht vor, dass Wissensvermittlung in der Schule an einen vorgegebenen Zeitrahmen gekoppelt ist: Wer langsamer lernt, hat Pech gehabt. Es wird nicht so lange erklärt, bis alle den Stoff verstanden haben, sondern nur so lange, wie der Lehrer sich laut Rahmenplan Zeit dafür nehmen kann. Danach ist die Leistungskontrolle angesetzt und es entscheidet sich, wer welche Noten be- kommt. Wer ein „Ungenügend“ bekommt, den Stoff also noch nicht begriffen hat, erhält nicht etwa mehr Unterricht, sondern muss sich Sorgen um seine Versetzung machen. Häufen sich mit den Wissenslücken die schlechten Noten, dann wird die weitere Wissensvermittlung abgebrochen! So schafft es die Schule, massenhaft Schulabgänger hervorzubringen, die später kaum lesen können, aber ja auch nur Anweisungen und Lohnzettel lesen können müssen. Schüler, die zu Hause wenig bis keine Nachhilfe bekommen, die kaum die einheitliche Unterrichtssprache Deutsch verstehen, geschweige denn schreiben können, die länger brauchen, um sich die angebotenen Wissensbruchstücke anzueignen: diese Schüler fallen früher oder später dem zielgerichtet gesteigerten Bildungsstress zum Opfer. Gerade die Gleichbehandlung von Schülern, deren familiäre Voraussetzungen höchst unterschiedlich aussehen, bringt die erwünschten Ergebnisse: Misserfolge und Erfolge in der Schule, die das weitere Leben bestimmen!

Die Hochschule – Kosten und Konkurrenz sollen Beine Machen

Weil die Bildung abhängig ist von dem Bedarf, den der Staat ausgemacht hat, wird sie entsprechend hergerichtet. Hierbei dienen auch die Studiengebühren als ein Sortierungsinstrument: Sie sind dafür da, für viele den Besuch der Uni teurer, für manche nicht mehr bezahlbar zu machen, wodurch die Anzahl der Hochschulabgänger gesteuert und das gesamte Uniwesen verbilligt werden soll. Dem Gesichtspunkt, den Nachwuchs möglichst kostengünstig zu sortieren, dient auch die Umstellung auf Bachelor und Master. Weil die Uni dafür eingerichtet ist den Nachwuchs für dessen künftige Benutzung herzustellen, deshalb scheint eine Verkürzung der Studierdauer vielversprechend: Bachelorabsolventen, die ihren Abschluss künftig früher machen, stehen dem Arbeitsmarkt früher zur Verfügung. So steigt der Teil der Lebenszeit, der für die Arbeit verausgabt werden kann, bei gleichzeitig sinkenden Unikosten für die Haushalte der Länder. Der Gegensatz, dass, was vom Standpunkt der Bildungspolitik aus gut, vom Standpunkt der davon Betroffenen schlecht ist, findet sich auch bei den verschärften Studienanforderungen: Der benotete Test am Ende jeder Vorlesung schafft den Zwang, ständig den Beweis an sich herzustellen, dass man der Richtige ist für die elaborierten Ansprüche der anderen Seite.

Bildungspolitik und Mitbestimmung

Es ist also der Zweck der Bildungspolitik, den Nachwuchs in Gewinner und Verlierer zu sortieren. Der wird deshalb bei bildungspolitischen Reformen auch nicht gefragt. Der Staat macht seine Selektionskriterien weder von den Vorstellungen derer abhängig, von denen er einen Teil vom Zugang zu besser bezahlten Berufen ausschließen will, noch von seinen Eliteanwärtern. Was ist denn dann „Mitbestimmung“? Da darf der Nachwuchs Zeugnis ablegen, dass er in Schule und Hochschule nicht nur tut, was er muss, wenn er vorankommen will, sondern dass er das auch will; dass ihm das staatliche Bildungswesen so am Herzen liegt, dass er sich für dessen Gelingen engagiert. Dafür räumt die Politik glatt Mittel und Gremien ein – und überwacht die Grenzen des „Mandats“ der jungen Schul- und Hochschulmitverwalter.

Hier als PDF-Flugblatt

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Luckyjumper zur MG(-Auflösung)

18. November 2009 334 Kommentare

Ich habe die Kommentare von Luckyjumper zur ehemaligen MG, deren Auflösung und deren Auswirkungen auf die damaligen Unterstützer im Thread „Methodik bei der politischen Agitation — Am Beispiel Theo Wentzke“ hierher rausgezogen.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Michael Horn vom GSP zum BGE bei Radio Lora

16. November 2009 Kommentare ausgeschaltet

Michael Horn von der Redaktion GegenStandpunkt wird am 3. Dezember 2009 in Augsburg eine Veranstaltung zur Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen machen (hier der Hinweis von contradictio). Diese Forderung hat sich ja mittlerweile zu einem One-Size-fits-All-Projekt entwickelt, jeder bessere Linksradikale hat das genauso auf seiner Liste wie am anderen Ende selbst ausgesprochene Marktradikalinskis, der GegenStandpunkt hingegen – zu Recht – nicht.

Im Vorgriff auf die jetzt angekündigte Diskussionsveranstaltung hat Michael Horn am 9.11. mit Radio Lora-Redakteur Walter Haindl ein Radiointerview über das „Bedingungslose Grundeinkommen“ gemacht; das Gespräch kann man hier nachhören. (gefunden bei TODO EL MUNDO)

Kategorien(1) MG + GSP Tags:

Der Mythos vom Keynesianismus als Erfolgsstory während der Großen Depression

11. November 2009 4 Kommentare

Den folgenden Auszug habe ich einer Rede von Ed Clarkson entnommen, ZK-Mitglied der Spartacist League/U.S. (IKL), der in „Workers Vanguard“, der Zeitung der SL/U.S. No. 945, 23 October 2009, erschienen ist und auch auf der Webseite der IKL veröffentlicht wurde:

I happened to grow up in the heyday of American imperialism. Unfortunately, I now lose my rights as a geezer to tell people “I had it harder than you did.” It’s simply not true. And so in the last three or four decades of considerable economic decline, we see the erosion of living standards of ordinary people, with occasional huge gouges (for example, the “end of welfare,” orchestrated by Bill Clinton); the ratcheting up of attacks on rights (the “war on drugs,” the “war against terror”); a goodly percentage of the black population now finds its “housing” in prisons. In general, things look pretty grim for people.

But one might ask, “With all this rot, why are we better off today than we were in the Great Depression?”—which we are, it must be frankly said. Let me go back for a minute to where we started. The presidency since Lincoln has generally been a succession of nonentities. What did Calvin Coolidge do, what did Chester Alan Arthur do, what did Grover Cleveland do, what did Woodrow Wilson do? Nobody did anything, because they operated within the confines of the system, and the office has never been used, nor will it ever be used, to challenge those confines. There’s one putative exception: Franklin D. Roosevelt. FDR was known as some combination of Lenin and Satan by the right wing, and as the guy, for the liberals, who really proved that capitalism can be decent. Both because of the similarities between the Great Depression and now, and because of the sainthood of FDR, it’s useful to examine this question. I hope to refute it. Mehr…

Kategorien(2) Trotzkismus Tags:

Kommunismus und Nation (aus dem China-Buch von R. Dillmann)

1. November 2009 13 Kommentare

Als längeres Argument im Sinne des GegenStandpunkts zu gleich zwei Threads hier, nämlich der schon buchstäblich in die Jahre gekommenen Volksdebatte und der Frage nach dem „Klassencharakter“ der Volksrepublik China habe ich den Punkt „Kommunismus und Nation“ aus Renate Dillmanns neuem China-Buch eingescannt und im Download-Bereich als DIN A4-MS-Word-Datei (und als RTF) zur Verfügung gestellt.

Kategorien(1) MG + GSP Tags: