Butter bei die Fische! (Rüdiger Mats zur Debatte um einen neuen Sozialismus)
Von Rüdiger Mats, er ist Mitglied der kommunistischen Gruppe The future is unwritten in Leipzig, erschien in der Zeitschrift konkret 9/15 folgender Artikel:
Eine nachrevolutionäre Gesellschaft soll den Kapitalismus ablösen, und der ist eine Produktionsweise. Deshalb gehört zu einer Debatte um einen neuen Sozialismus, wie sie in konkret l, 3,4 und 6/15 geführt wird, auch die Frage, wodurch der Kapitalismus denn eigentlich abzulösen ist.
Wenn ich Sozialismus höre, muss ich an Büroklammern denken. Sozialisten schlagen sich, wenn es darum geht, Kapitalismus abzulösen, üblicherweise auf die Seite des »Machbaren«, des scheinbaren Realismus, so dass bei ihnen viel zu verbuchen und abzuheften ist – aber vom Übergang in eine befreite Gesellschaft nichts übrigbleibt. Diese verengte Perspektive des »Machbaren«, der »Sachzwänge«, hat nie zu etwas Gutem geführt und wird es auch in Zukunft nicht.
Doch auch wenn man als Konsequenz daraus die nachrevolutionäre Gesellschaft vor allem als Negation des Kapitalismus denkt und den Bruch mit den derzeitigen Verhältnissen schärfer fasst, als Sozialisten das tun, muss man sich doch mit einigen ökonomischen (und daraus folgend politischen) Zwängen beschäftigen.
Zwischen befreiter Gesellschaft und »Übergangsgesellschaft« zu unterscheiden sollte man sich dabei sparen. Denn trotz aller Erblasten des Kapitalismus muss bereits die nachrevolutionäre Gesellschaft einen guten Grund für die Revolution abgeben. Sonst würden wieder »Opfer« gerechtfertigt mit dem Verweis auf die Glückseligkeit zukünftiger Generationen – und dann sollte man es mit der Revolution besser seinlassen.
Eine nachrevolutionäre Gesellschaft soll den Kapitalismus ablösen, und der ist eine Produktionsweise. Deshalb gehört zu einer Sozialismusdebatte auch die Frage, wie das gehen soll, wodurch der Kapitalismus denn eigentlich abzulösen ist. In den bisherigen Beiträgen standen Themen wie Geschichtsbezug, Ideologie oder Zweck-Mittel-Relation im Mittelpunkt, während drei zentrale Fragen eine Leerstelle blieben, die zu den Dauerbrennern linksradikaler Theoriebildung gehören:
• Was kann man heute bereits über die Grundlagen einer Ökonomie der befreiten Gesellschaft sagen?
• Was kann man heute bereits über die politische Organisation der befreiten Gesellschaft sagen?
• Und was folgt daraus für die politische Praxis?
Wenn die radikale Linke diesen Fragen nicht (weiter) nachgeht, kann sie nur hoffen, dass der Kapitalismus noch möglichst lange weiterwütet, denn sinnvoll zu beerben ist er dann nicht. Mehr…