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Wendy zu PEGIDA

21. Dezember 2014

Auf dem Blog „Wendy. Diskurshooliganismus seit 2007“ wurde ein Artikel „Das „Skandal-Interview“ des Prof. Dr. Stöcker / Kommunistische Argumente gegen Pegida“ veröffentlicht.
Hierzu hat es auf diesem Blog Kommentare gegeben, die ich hier rausgezogen habe.

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  1. dazu
    21. Dezember 2014, 14:35 | #1

    Wendy selbst fasst ihre Argumente dann noch einmal
    in einer Antwort an einen PEGIDA-Anhänger so zusammen:
    „Und warum es schlichtweg verkehrt ist, wenn S i e und Ihre Freunde ausgerechnet Flüchtlinge oder andere Einwanderer für I h r e Misere verantwortlich machen:
    S i e reden von niedrigen Löhnen. Wer entscheidet denn darüber, welche Löhne deutschen Arbeitern gezahlt werden? Flüchtlinge? Oder ausländische Arbeiter, die genauso wie Sie schauen müssen, dass sie über die Runden kommen? Nein, es sind deutsche Unternehmer, die mit Deutschen UND Ausländern ihre Berechnungen anstellen – und dabei sehr viel gleichmacherischerer umgehen als Sie und andere Pegida-Anhänger.
    DIE (Unternehmer) kennen in der Sache nämlich nur ein Unterscheidungsmerkmal: Wie billig kommt sie eine Arbeitskraft bei einer bestimmten Qualifikation zu stehen. Wie gering fällt der Abzug von ihrem Gewinn aus, den sie für Lohn aufwenden müssen. Diese Folgen dieser Rechnungsart schlägt wieder ziemlich un-national gegen Arbeiter jedweder Nationalität aus. Bis auf vielleicht die Tatsache, dass viele ausländische Arbeitnehmer sich aus purer Not und weil die Wirtschaft in ihren Ländern von den Unternehmen der „Ersten Welt“ gründlich kaputt konkurriert wurde, für noch weniger Geld anbieten müssen als ihre deutschen Klassengenossen.
    S i e haben sich dazu entschieden, ausgerechnet die Leute anzugreifen, die für die miese Lage, in der S i e sich befinden, gar nicht verantwortlich sind. Diese Entscheidungen machen deutsche Politiker (bspw. Rückbau der Sozialsystem) und deutsche Unternehmer (Löhne so günstig wie möglich). Diese Ihre Entscheidung, ausgerechnet in der Einwanderung ausländischer Staatsbürger den Grund für das, was Ihnen an Ihrem Leben nicht gefällt, auszumachen, ist verkehrt. Selbst wenn man „die“ von heute auf morgen alle aus dem Land werfen würde, wie es Ihnen vielleicht gefiele, daran, wie Politik und Wirtschaft hierzulande mit den Leuten umspringen, änderte sich dadurch überhaupt gar nichts.
    P.S.: Die Kriegseinsätze westlicher Nationen werden angefangen, um die Interessen dieser Nationen in anderen Ländern zu vertreten. Wenn so ein Kriegseinsatz endet, dann ausschließlich deshalb, weil die Entscheidung gefallen ist, dass mit ihm den Interessen (bspw. der deutschen) Nation nicht mehr gedient ist. Sind Sie wirklich so naiv zu denken, dass ein von der westlichen Welt kaputt gebombten Land wie Afghanistan, das durch die Alliierten einem Konglomerat aus Warlords, Islamisten und Politikanten überlassen wurde, ohne dass irgendein übergeordneter gesellschaftlicher, politischer oder ökonomischer Zusammenhang besteht, jetzt im „Friedenszustand“ ist? Afghanistan war einmal ein wohlhabendes, modernes und recht säkuläres Land. Dann wurde es zum Spielball der imperialistischen Staaten, die gegen „den Kommunismus“ in Gestalt der Sowjetunion die Mudschahedin unterstützten, aus denen später die Taliban wurden. Das Beispiel, das Sie wählten, belegt vor allem eines: Wie die Länder, die alle Verantwortung für Elend in der Welt von sich weisen, auch außerhalb des ökonomischen Bereiches in der Tat für dieses Elend verantwortlich sind.“

  2. once more
    21. Dezember 2014, 15:46 | #2

    „Sie täuschen sich, wenn Sie glauben, dass man da überhaupt mit Vernunft etwas machen kann. Ich habe das früher auch gemeint und immer wieder gegen die ungeheure Schmach protestiert, welche Antisemitismus heißt. Aber es nutzt nichts. Es ist alles umsonst. Was ich Ihnen sagen könnte, was man überhaupt in dieser Sache sagen kann, das sind doch immer nur Gründe, logische und sittliche Argumente. Darauf hört doch kein Antisemit. Die hören nur auf den eigenen Hass und den eigenen Neid, auf die schändlichen Instinkte. Alles andere ist ihnen gleich.“
    (Theodor Mommsen, 1894)
    zitiert nach: https://www.taz.de/Islamfeindliche-Pegida-Proteste/!151328/
    Das scheint mir in dieser Gegenüberstellung damals so falsch wie heute falsch zu sein.
    Auffällig ist ja, dass Pegida geradezu eine Abneigung gegen das Argumentieren zelebriert. Die wollen sich in ihrer Gefühligkeit versammeln. Falsch ist, dass diese Gefühligkeit weiter keinen Inhalt hätte. Das sind, logo, falsche Verstandesurteile. Solcher Fremdenhass ist also vor allem ein Urteil über sich selbst. Über die eigene Staatsgläubigkeit und bornierte Dummheit, derzufolge der ‚eigene‘ Staat eigentlich für einen selber mehr sorgen müsste. (Anstatt dass der Staat angeblich und stattdessen anderen Interessen dienstbar wäre…) Das ist solch ein Verstandesurteil.
    Und solch staatstreues Verstandesurteil scheint im Osten reichlich weit verbreitet zu sein: Staatsgläubig als Deutscher war man dort anscheinend ununterbrochen die letzten 80 Jahre lang, von diversen Regierungen so herausgebildet und benutzt.

  3. Paco
    21. Dezember 2014, 16:16 | #3

    Die inhaltliche Nähe der PEDIGA-Demonstranten zur hiesigen Politik,
    um deren stärkere Zuneigung sie betteln,
    die aber vor allem durch die bösen Medien
    in die Irre geleitet worden sei,
    ist frappierend.
    Anlässlich von Sarrazins erstem Buch
    hatte Freerk Huisken damals
    die inhaltliche Identität solcher Rechtsaußen-Vorschläge
    mit der Agenda der offiziellen nationalen Politik betont:
    http://www.fhuisken.de/Sarrazin.pdf
    Ob das heute auch noch so gilt,
    das würde ich aber eher bezweifeln.
    (Klammheimliche oder offene Zustimmung gibt es ja nur
    von Seiten der AFB und NPD.)

  4. Moritz
    22. Dezember 2014, 12:34 | #4

    Dienstag, 6. Januar 2015, 19:00 Uhr in der erreichbar, Reichenberger Str. 63 A 2. Hinterhaus Kellereingang, Berlin 10999
    Jimmy Boyle Berlin (?) zu: „Pegida – wenig origineller Auswuchs patriotischen Staatsbürgerbewusstseins“
    „Nationalismus raus aus den Köpfen“ ist ein beliebter Slogan bei antifaschistischen Demos. Gute Idee, leider aber alles andere als Realität. Mit Deutschlandfahnen und das deutsche Volk lobende Reden begibt sich deutscher Nationalismus mit „Pegida“ derzeit auf die Straße. Sie treten an gegen die angebliche Islamisierung ihres hochgeschätzten Landes. Die Reaktionen sind zahlreich. In Politik wie Öffentlichkeit ist ein Bezugspunkt die Ablehnung von Nationalsozialismus: Da sind Nazis unter den Demonstranten, ergo sind die eigentlich gar nicht so nazi-mäßig auftretenden BürgerInnen auch mindestens halbe Nazis, ergo muss sich nun aber wirklich mal deutlich davon distanziert werden, schließlich sei das schädlich („eine Schande‟) für Deutschland. Daraus resultiert die Forderung nach einer Ächtung dieser Bewegung. Auf der anderen Seite sollen die Sorgen dieser BürgerInnen ernstgenommen werden. Das ist der positive Bezug auf den Nationalismus. Zwischen diesen Positionen dreht sich der Streit um Pegida zwischen und in den Parteien.
    So werden mal wieder die nationalistischen Vorstellungen in ihrem Gehalt ignoriert. Diese finden sich nicht erst bei Pegida auf der Straße, sondern sind das staatlicherseits erwünschte und in verschiedenen Ausprägungen verbreitete Bewusstsein zum Mitmachen in diesen Verhältnissen. Dabei gilt, dass Deutschsein nicht als Unterordnung unter die staatliche Herrschaft gesehen wird, sondern als Wesensmerkmal der Menschen. Das ergibt dann das große „Wir‟, von dem landauf-landab ständig die Rede ist. Die Nation ist in der Vorstellung eine arbeitsteilige Gemeinschaft, zu der man einen Beitrag zu leisten habe, und der Gemeinschaft sind die realen Gegensätze untergeordnet. Dieses Wir wird laut Pegida von der Regierung verraten, und in dieser Überzeugung unterscheiden sie sich von Mainstream-Patriotismus derzeit. Ansonsten folgt ihre deutschtümelige Empörung im Grundsätzlichen den üblichen nationalistischen Maßstäben. Wo der deutsche Staat ungefähr 999 von 1000 Asylbewerbern zurück ins Elend schickt, sehen die besorgten Nationalisten in dem Einen, der hier bleiben darf, einen Verrat am deutschen Wohl.
    Das wird in der Veranstaltung ausgeführt und zur Diskussion gestellt. Daran schließt sich eine Kritik verschiedener auch linker Umgangsweisen mit Pegida bzw. Nationalismus an.

  5. dazu
    23. Dezember 2014, 09:16 | #5

    Die falsche Stamokap-Theorie ist nach wie vor Hauptbestandteil der DKP-Ideologie, auch anlässlich PEDIGA:
    „Die DKP vertritt jedoch die Position, dass es Aufgabe von Antifaschistinnen und Antifaschisten in dieser Situation vor allem ist, die Nutznießer dieser reaktionären Entwicklung in den Blick der Öffentlichkeit zu rücken: deutsche Banken und Konzerne. Alle Sonntagsreden von Unternehmerverbänden und ihren Politikern für Toleranz und gegen Ausländerfeindlichkeit können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es diese Teile des Kapitals sind, denen es nutzt:
    Wenn die arbeitende Bevölkerung sich immer mehr spaltet in Deutsche und Nicht-Deutsche.
    Wenn berechtigte soziale Ängste und Wut, in Bahnen gelenkt werden, die sie aus der Verantwortung nehmen für forcierte Ausbeutung, Massenerwerbslosigkeit und einen sich ausweitenden Niedriglohnbereich.
    Wenn Rassismus die Bereitschaft in der Bevölkerung erhöht, deutsche Waffen und deutsche Soldaten in den „Kampf gegen den Terror“ zu schicken, während es in Wahrheit darum geht, dem deutschen Monopolkapital den Zugriff auf Rohstoffe, Absatzmärkte und billige Arbeitskräfte zu sichern.
    http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2014/12/wer-rassismus-krieg-sozial-und-demokratieabbau-saet-erntet-pegida/
    ——
    Wendy führt auf ihrem Blog als Antwort auf einen linksliberalen Beitrag aus:
    „Es mag sein, dass ein Großteil der linken Bewegung sich in Gegnerschaft zu Rassismus sieht. Doch diese Gegnerschaft ist in der Regel sehr schlecht begründet. So liest man im Zusammenhang immer wieder Nonsensargumente, die fehlendes „Mitgefühl“ oder „Unmenschlichkeit“ ankreiden. Dabei haben die Pegida-Anhänger doch Mitgefühl im Übermaß: Für ihre „deutschen Volksgenossen“ allemal, für „ihren“ deutschen Staat, der angeblich durch die „massenhafte Einwanderung“ von Betrügern und Schmarotzern so in die Bredouille gebracht wird.
    Viele linke „Antirassisten“ können sich wiederum den rassistischen Argumenten der Pegida vollends anschließen: Übermäßige Zuwanderung IST schlecht, es IST ein unhaltbarer Zustand, wenn der deutsche Staat Geld für fremdländische Menschen aufwendet, es GIBT eine deutsche Leitkultur, die schützenswert ist, kriminelle Ausländer SIND aus irgendwelchen Gründen schlimmer als kriminelle Deutsche. Die „Kritik“ setzt hier nur an der falschen Faktenlage an: Soviele Ausländer wandern nun doch nicht ein, sie produzieren dem Staate Mehreinnamen in Milliardenhöhe und dass das Weihnachtsfest in Winterfest umbenannt würde, muss man wirklich nicht fürchten. Eine erbärmliche Entgegnung, zumal für Pegida nach eigener Aussage JEDER Ausländer ein Problem darstellt, fremde Kultureinflüsse GENERELL zu verhindern sind und man am Besten JEDWEDE Asylbewerber wieder dahin schickt, wo sie krepieren oder verelenden können, ohne „uns“ zu nerven – „Man kann eben nicht allen helfen“…
    Eine weitere peinliche Art, Pegida und Anti-Asyl-Demonstranten zu kritisieren, fasst sich in den Parolen „Rassismus aufdecken“ und „Wer mit der NPD marschiert, ist ein Nazi“ zusammen: Mit dem „Nachweis“, dass hier „vermeintlich besorgte Bürger“ rassistisch argumentieren würden oder die Abgrenzung zu Neonazis fehlen lassen, ist die ganze Auseinandersetzung schon abgeschlossen. Ganz nach der bundesdeutschen, antifaschistischen Nachkriegsmoral, nach der Patriotismus, Nationalismus, Ausländerfeindlich in Ordnung gehen – auch wenn man das nicht so nennen darf –, Faschismus sich jedoch „nicht gehört“, tut man so, als wäre mit der Benennung dessen, was dort unterwegs ist, schon der Kampf gewonnen. Dabei ist es erstens hochumstritten, ob Pegida rassistisch ist oder nicht – die Demonstranten verneinen das – und wer so tut, als wäre das, was dort geäußert wird, für den bundesdeutschen Diskurs so anrüchig, dass man schon mit dem Hinweis auf Rassismus die Sache vom Tisch wissen könnte, hat offensichtlich seit der Veröffentlichung von „Deutschland schafft sich ab“ unter einem Stein gelebt.“
    http://wendy.blogsport.de/2014/12/20/das-skandal-interview-des-prof-dr-stoecker-kommunistische-argumente-gegen-pegida/#more-580

  6. Paco
    23. Dezember 2014, 09:36 | #6

    Anmerkung zur DKP:
    Eine b i t t e r e ‚Ironie‘ liegt doch darin, dass nicht der bei Wendy angegriffene Herr Unternehmer 17000 mal in Dresden herumläuft, sondern eher der „kleine Mann“, dessen (‚eigentliche‘) Interessen die DKP ansonsten hochhält – und die bundesdeutsche Unternehmerschaft ganz im Gegenteil Rufschädigung für ihre Produkte befürchtet und gerne billige Ausländer als Arbeitskräfte benutzt, also gegen PEDIGA ist.
    (Und von wegen ‚Sonntagsreden‘ (DKP): so reden sie sonntags wie alltags.)
    Schon 1933 lagen die Stalinisten mit ihren Theorien über den Faschismus total daneben.
    Nach den Wirrnissen über die Ukraine scheint PEDIGA die Restlinke noch weiter ideologisch zu zerrütten. Am weitesten sind inzwischen die GRÜNEN im Arsch der BRD angekommen: Kriegshetze beim Thema Ukraine und Dialog suchen mit PEGIDA.

  7. dazu
    25. Dezember 2014, 20:58 | #7

    Beispiele für eher kritische „Volksversteher“:
    „Die Menschen in Dresden sind aufgestanden … prügeln auf die Falschen ein.
    Man muss ihnen die Frage an den Kopf werfen: „Warum demonstriert ihr eigentlich gegen die Flüchtlinge und nicht gegen die Kriegstreiber, die diese Vertriebenen bewirken? Warum demonstriert Ihr gegen die mittellosen Flüchtlinge und nicht gegen die Weltbänker, die wo immer möglich Menschen ausbeuten?
    Warum demonstriert ihr nicht gegen die, die mit ihrer Politik die Umverteilung von unten nach oben hier im Land befördert haben?“
    Mit der Verdammung der aufmuckenden Woorking-Poor als „Rassisten“, ohne die sozialen Ursachen zu benennen, wird man gar nichts erreichen. (…)
    Es kommt m.E. aber noch ein psychologisches Moment hinzu, das man nicht unterschätzen sollte:
    Die Verachtung der Armen durch den gehobenen Mittelstand und die Oberschicht. Diese Verachtung und die völlige Ignoranz der Lebenssituation der Armen spüren die Armen – und das erzeugt Hass.
    Dieser Hass wird auf andere gelenkt: das ist die Funktion von Pegida.“
    Variante 2:
    „Euch gehts schlecht, ihr müsst jeden Euro zweimal umdrehen, für Hedgefonds mit Steuergeldern zahlen, eure Rente ist knapp über Harz4 Niveau, ihr werdet von der Politik übergangen und dürft nur alle 4 Jahre mal ein Kreuzchen machen, ihr haltet nix von CETA, TTIP, ihr sollt für die Energiewende zahlen nachdem die Jahre lang Milliarden damit verdient haben und den Atommüll zahlt ihr ja eh schon, ihr habt kein Bock auf noch mehr Aufrüstung in der EU, ihr wollt eure Kinder nicht in Kriegsgebiete schicken, ihr wollt nicht das die Infrastruktur an Private Firmen verhökert wird, usw, usw usw.
    Ja eins kann ich euch mit Sicherheit sagen. Die Ausländer, der Islam, die Terroristen sind daran nicht Schuld.
    Last euch hier nicht wieder das billigste aller Feindbilder verkaufen, die Verantwortung haben andere und man muss kein Genie sein um zu wissen wem man das alles zu verdanken hat.
    Hört auf immer den anderen die Schuld zu geben. Wenn ihr wollt das sich was ändert müsst ihr auf die Straße gehen und gegen die demonstrieren die die Verantwortung dafür tragen und sie nicht alle vier Jahre wieder wählen.“
    Zwei Leserbriefschreiber zum taz-Artikel
    http://www.taz.de/Kolumne-Macht/!151607/
    Ein (vermutlich) ‚linksliberaler‘ SPDler:
    http://frank-stauss.de/index.php/wutburger-der-aufklarung/

  8. Obskure_Ecke
    26. Dezember 2014, 09:15 | #8

    „In Dresden können wir erkennen, wie eine Öffentlichkeit aussieht, die ihre Informationen nur noch aus obskuren Ecken im Netz bezieht. An die Stelle der Statistik tritt die Dunkelziffer. Diskutieren mit Pegida? Unmöglich.“
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/jan-fleischhauer-ueber-die-demonstrationskultur-von-pegida-a-1010093.html
    – sagt es und stellt es in die obskure Ecke von Spiegel-Online…
    Diese von ihm bevorzugte Ecke ist wirklich finster:
    „Wer Politiker als „Volksverräter“ bezeichnet, von den im Bundestag vertreten Parteien nur als „Systemparteien“ spricht und den Kampfbegriff der „Lügenpresse“ wiederaufleben lässt, ist nicht gleich ein Nazi, aber er benutzt Nazi-Sprache. Man muss deshalb nicht in Panik geraten. Die Demokratie hält auch wöchentliche Versammlungen aus, in denen die Bundeskanzlerin des Landesverrats bezichtigt wird, aber niemand, der an so etwas teilnimmt, sollte erwarten, dass man ihn noch ernst nimmt.
    Für alles Weitere ist der Verfassungsschutz zuständig und, bei Zuwiderhandlung gegen das Demonstrationsrecht, der Wasserwerfer. So war es schon in den Achtzigerjahren, als in Hamburg, Berlin und Frankfurt der linke Pöbel durch die Straßen zog. Auch diese Proteste hat unser Land ausgehalten, ohne größeren Schaden zu nehmen.“
    – Immerhin erklärt uns so „DER SPIEGEL“, was er selber unter Diskussionskultur versteht: respektvoll dem Guten im Politiker huldigen, Sprachregelungen von NATO und Regierungsämtern direkt übernehmen und immerzu auf die angesagte Wortwahl achten.
    (S o fasst sich die bevorzugte „Gelassenheit“ beim Umgang mit den Protestlern zusammen: Ignorieren. Ein Hochlied auf die demokratische Toleranz und die Sinnlosigkeit jeden Protestes anstimmen.
    Und die fällige Drecksarbeit lieber den grauen Männern mit Schlapphut und Mantel überlassen. Die wissen nämlich, wie man bürgerliche Existenzen zerstören kann.
    Gegebenenfalls kennt man natürlich durchaus weitere Eskalationsstufen. Sehr gebildet und wenig obskur, was ein Spiegel-Schreiber da über sich und seine ‚Toleranz‘ ausplaudert.)

  9. Linke_Ecke
    27. Dezember 2014, 11:37 | #9

    »Der deutsche Spießbürger fühlt sich stark in der Masse«
    Wer weiter an PEGIDA-Demos teilnimmt, muss es sich gefallen lassen, Nazi genannt zu werden. Ein jw-Gespräch mit Jürgen Repschläger
    Jürgen Repschläger ist aktiv im Koordinierungskreis des antifaschistischen Bündnisses »Bonn stellt sich quer« und Mitglied der Linksfraktion im Bonner Stadtrat
    Frage (jw): Nur etwa 200 Personen haben am Montag abend an Protesten des rechten BOGIDA-Netzwerks (»Bonn gegen die Islamisierung des Abendlandes«) in der ehemaligen Bundeshauptstadt teilgenommen. Warum gelingt es den Rechten in NRW nicht, an die Mobilisierung des PEGIDA-Zusammenschlusses in Dresden anzuknüpfen, wo zugleich rund 17.500 Personen auf der Straße waren?
    Repschläger: Ich kann nur für Bonn, bestenfalls für das Rheinland antworten. In anderen Regionen von NRW haben es die Rechten ja noch nicht versucht. Wir waren durch Dresden gewarnt und deshalb gut vorbereitet. Es war ja nur eine Frage der Zeit, dass »Pro NRW« und Nazistrukturen auf den PEGIDA-Zug aufspringen würden. So konnten wir die Initiatoren direkt nach Bekanntwerden von BOGIDA als eindeutig neonazistisch und rassistisch outen. Das hat mit Sicherheit Rechtskonservative, die in Bonn eh nicht gern auf die Straße gehen, von einer Teilnahme abgehalten. Als der erste BOGIDA-Aufmarschversuch in Bonn mit gerade mal 100 Leuten kürzlich von 3.000 Antirassisten eingekesselt wurde, war klar, dass sie auch an diesem Montag keine Chance haben würden.
    (…) Sachsen und Islamisierung? In der Sahara demonstriert ja auch niemand gegen Schnee und arktische Temperaturen. (…)
    Es sind viele Menschen verunsichert, leben in prekären Verhältnissen und haben Abstiegsängste. Dazu kommen die undurchsichtigen Verhältnisse an den Finanzmärkten, NSA-Überwachung und die Politik zugunsten der Banken und Konzerne, zu Lasten der Besitzlosen. In solch einem Klima haben krude Ideen wie Verschwörungstheorien, Antisemitismus, Esoterik und extrem rechte Apologeten Konjunktur.
    Wer auf diese Demonstrationen geht, statt seinen Sorgen mit antikapitalistischer Politik zu begegnen, der war auch schon vorher für rechte Thesen ansprechbar. Und selbst diejenigen, die vielleicht leichtgläubig an einer PEGIDA-Demo teilgenommen haben, müssen schnell gemerkt haben, in welche Kreise sie da geraten sind. Wer dennoch weiter teilnimmt, muss es sich gefallen lassen, als Rassist oder Nazi bezeichnet zu werden.
    https://www.jungewelt.de/2014/12-24/042.php

  10. Bürgerrechts_Ecke
  11. bei _KOKA
    29. Dezember 2014, 09:48 | #11

    Bei „KOKA“ Augsburg finden sich interessante Bemerkungen zur Geschichte der Betrachtung und Behandlung rechtsextremer Bestrebungen in der BRD wie zur Geschichte sozialistischer Theoriebildung:
    Eine demokratische Republik gerät ins Diskutieren — über:
    Die braune Brut der Bildungsrepublik Deutschland
    Auf den ersten Blick muten die »abendländischen« Demonstranten in ihrer Hochburg Dresden und sonstwo an wie ein Haufen Hinterwäldler: Wirrköpfe eben, wie sie seinerzeit ein Adolf Hitler verstand, unter seiner Hakenkreuzfahne einzusammeln und zu einer schlagkräftigen politischen Bewegung zu formen.
    Auf den zweiten Blick fällt sofort auf, daß die Sprüche dieser Bewegung genau das offenbaren, was die Friedrich-Ebert-Stiftung schon vor einigen Jahren ermittelte: Etwa 10% der Deutschen verfügten nach wie vor bzw. wieder über ein geschlossen faschistisches Weltbild mit unverhohlenen Sympathien für eine starken Staat, ja eine Diktatur. (…)
    http://koka-augsburg.net/braunes-deutschland_2014/

  12. Pirat
    29. Dezember 2014, 23:30 | #12
  13. Autonome_Dresden
  14. Zu_Dresden
  15. Zu_Dresden
    30. Dezember 2014, 09:39 | #15

    das doppelt gemoppelte …
    bitte first version löschen

  16. max beer
    30. Dezember 2014, 18:47 | #16

    Was hat eine Gegendemo gegen Pegida eigentlich mit links und rechts zu tun? Das Kapital sucht billige Arbeitskräfte, diese Einwanderer betteln darum, billig fürs deutsche und internationale Kapital arbeiten zu dürfen. Mich haben schon immer die Einwanderer genervt, die mir erzählt haben, wie toll alles bei uns sei. „Flüchtlinge“ früher aus Polen, Rumänien oder der VR China, auch der eine oder andere aus Kuba, die vom Kapitalismus schwärmten und Linke ob ihrer Kapitalismuskritik ausgelacht haben. Das habe ich selbst erlebt. Da waren nicht wenige Leute dabei, die Linke am liebsten ins Gefängnis geworfen hätten. Inzwischen kommen sie meist aus verarmten Staaten, die kaum jemand kennt und wenn da Demos vor ihrem Heim sind, haben die meisten genauso eine Angst vor der rechten Demo wie vor der linke Anti-Demo. Darunter Sunniten-Schiiten-Affiliten-Christen usw., die sich selbst im Heim über religiöse und nationale Fragen streiten und gelegentlich den Kopf einhauen.

  17. Paco
    30. Dezember 2014, 18:59 | #17

    „Mich haben schon immer die Einwanderer genervt, die mir erzählt haben, wie toll alles bei uns sei.“ (max beer)
    Wenn du so jemanden ächt Nervigen von seinen verkehrten Einstellungen abbringen willst, nur zu; – Weitere 80 Millionen staatstreue Deutsche zum proletarischen Klassenkampf zu bewegen, da hast du dir ja was Großes vorgenommen…
    Die religiösen Deutschen und die paar Zuwanderer wirst du unterwegs ja auch überzeugen können, das kann dann für dich ja nur ein winziger Klacks nebenbei sein…
    (Denn wenn dich ausgerechnet die paar Zuwanderer genervt haben, die hier alles so toll gefunden haben sollen – hast du mal deinen deutschen Nachbarn zugehört??? – Das sind alles linksradikale Kritker!???
    – Ächt jetzt???)
    Nervt dich also, dass diese Burschen so dicke für die BRD waren?
    (Das ist nämlich hierzulande weit verbreitet! Z u weit verbreitet!)
    Oder nervt dich, dass das – Ausländer – waren?
    Das ist ein leider gleichfalls weit verbreiteter W a h n.
    „Einer imperialistischen Regierung ist dieser Wahn recht.
    S i e trifft Maßnahmen, um Ausländer ins Land zu holen oder fernzuhalten, wie sie gerade gebraucht werden; sie schließt sie von manchen arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen aus oder stellt sie schlechter und verleiht so ihrem sozialstaatlichen Einsatz den Charakter eines Privilegs für Eingeborene. Sie schenkt ihren angestammten Untertanen nichts – außer, daß sie deren Rassismus recht gibt, ihn dadurch bestärkt und das als ihre schönste Sozialleistung hinstellt. Zufrieden stellt sie ihre Inländer damit zwar nie; die arbeiten sich ja an einer Weltsicht ab, die jede Härte ihres Daseins in die mangelhafte Respektierung ihres Inländer-Status übersetzt, und damit werden sie, der Logik der Sache gemäß, nie fertig. Das sollen sie aber auch gar nicht. Schließlich ist eine moderne Ausländerfeindschaft die bequemste Garantie dafür, daß ein Volk von seiner Herrschaft nur will, was diese selber will, nämlich immer noch mehr und machtvolleren Einfluß auf den Lauf der Weltpolitik und das Schicksal fremder Untertanen.“
    http://www.gegenstandpunkt.com/gs/10/4/gs20104055h1.html
    http://www.gegenstandpunkt.de/radio/2011/ga110124.html
    http://www.gegenstandpunkt.de/radio/2012/ga120116.html

  18. dazu
    30. Dezember 2014, 21:39 | #18

    „Ein elitärer Saftsack malt mit einer anti-islamischen Hasspredigt den Untergang Deutschlands an die Wand – und avanciert darüber bei einem Publikum zum Star, das er selber wegen dessen Bildungsferne und sonstigen ‚moralischen Minderwertigkeit‘ zum Großteil zutiefst verachtet. (…)
    Sarrazins Traum von Deutschland, in dem die Deutschen unter sich sind, ist – das ist die Frohe Botschaft für den Rest der guten Deutschen, die denselben Traum bei jeder Gelegenheit abrufen, bei der ihnen ein Türke störend auffällt – überhaupt kein Traum. Alle echten Verantwortungsträger für Deutschland arbeiten daran, dass das allererste Lebensbedürfnis deutscher Volksgenossen praktisch bedient wird: Um die Einwanderer, auf die sich ihr Hass auf alles Fremde konzentriert, wird sich speziell gekümmert, das Glücksgefühl, einfach nur mit ihresgleichen unter sich zu sein, können sie auch dann genießen, wenn diese Migranten ordentlich unter den Zwang gestellt werden, sich Deutschland passend zu machen.“
    http://www.gegenstandpunkt.com/gs/10/4/gs20104077h1.html

  19. dazu
    31. Dezember 2014, 08:01 | #19

    Sachsen und Islamisierung? In der Sahara demonstriert ja auch niemand gegen Schnee und arktische Temperaturen.
    Dass der Ausländerhass ein idiotischer Wahn ist, bemerkt man auch an der Willkürlichkeit, mit der er bebildert wird.
    Passt „der Ausländer“ sich zu wenig an, dann lebt er in einer „typisch“ ausländermäßigen Parallelgesellschaft. Passt „der Ausländer“ sich zu viel an, dann ist er „typisch“ ausländermäßig ein Duckmäuser und Anpasser.
    Hauptsache, ein hier Eingeborener kann seinen Hass auf Fremde ausleben. (Auf Teneriffa verlangt er natürlich, dass ihm sein Sauerkraut auf Deutsch serviert wird. Das findet er natürlich nur natürlich.)
    Oder bei den Grünen: Hierzulande empfehlen sie sich als Nachfolgepartei der FDP, indem sie den Reichensteuerplänen der Linken eine Abfuhr erteilen. Und was fällt ihnen zu Griechenland ein: D o r t müssen die Reichen geschröpft werden.
    So geht Ausländerfeindschaft Marke Grün.
    Ähnlich der DGB. Hierzulande wird jede „Reform“ und jede Verschärfung der Ausbeutung abgesegnet. Aber wehe, wenn er i m A u s l a n d Ausbeutung entdeckt. Dann wird er aber fuchsig…

  20. Karl
    31. Dezember 2014, 10:56 | #20

    @dazu
    „Sachsen und Islamisierung? In der Sahara demonstriert ja auch niemand gegen Schnee und arktische Temperaturen.“
    Das halte ich für ein schlechtes Argument, den nationalen Wahn an absoluten Zahlen blamieren zu wollen. Soll man etwa von „Islamisierung“ sprechen, wenn ausreichend andersgläubige Ausländer gezählt werden können? Ist der Nationalismus dann kein Wahn mehr? Offensichtlich reicht den Pegida-Leuten doch schon die Vorstellung von Überfremdung – nachzuzählen, ob für den völkischen Anspruch wirklich genug Ausländer Grund zur Beschwerde sind, ist blöd.

  21. dazu
    31. Dezember 2014, 11:25 | #21

    Dass der Wahn gegen Ausländer dort am größten ist,
    wo es gar keine gibt.
    Dafür kann ich doch nichts.
    Das ist doch nur ein komisches Faktum.
    Und dass „die Vorstellung von Überfremdung“
    dann am kräftigsten wuchert,
    wenn es dort gar keine Fremden gibt;
    Eine komische Merkwürdigkeit ist das doch.
    (Zugegeben ist das eher eine Art von Titanic-Scherz,
    der die Blödheit aufspießt.)
    „Grund“ dafür sind sowieso nicht die Fremden,
    ob nun viele oder wenige vorhanden sind,
    sondern der Enthusiasmus für die eigene Nation.
    Und wie bescheuert der ist,
    das fällt einem dann vielleicht ja auch auf.
    (Dass solche Parteilichkeit für die eigene Nation idiotische Argumente notwendig beinhaltet, das möchte ich schon behaupten!
    [Logisch argumentiert: wie sollen die Angehörigen von 190 Nationen denn sonst ausgerechnet ihre eigene Zwangsgemeinschaft als „ihre eigene Heimat“ sich bebildern?
    Da werden idiotische Urteile geradezu tonnenweise gefällt.]
    Das wurde im Beitrag versucht, an der Willkürlichkeit/Parteilichkeit der Urteile zu zeigen.)

  22. Wurzelloser_Standpunkt
    31. Dezember 2014, 14:37 | #22

    (aus der Rezension eines Buches über Brecht)
    In den »Flüchtlingsgesprächen« läßt Brecht ausgerechnet zwei aus Deutschland Vertriebene über die Vaterlandsliebe sich kritisch äußern, wo der unbefangene Leser doch meinen könnte, gerade Flüchtlinge hätten eine große Sehnsucht nach irgendeinem Vaterland, mit dem sie »identisch« sein könnten – so wie die zitierten Exilanten in den USA: »Ziffel: Es ist mir immer merkwürdig vorgekommen, daß man gerade das Land besonders lieben soll, wo man Steuern zahlt… Kalle: Die Vaterlandsliebe wird schon dadurch beeinträchtigt, daß man überhaupt keine richtige Auswahl hat. Das ist so, als wenn man die lieben soll, die man heiratet, und nicht die heiratet, die man liebt… Sagen wir, man zeigt mir ein Stückel Frankreich und einen Fetzen gutes England und ein, zwei Schweizer Berge und was Norwegisches am Meer und dann deut ich drauf und sag: das nehm ich als Vaterland, dann würd ichs auch schätzen. Aber jetzt ist’s, wie wenn einer nichts so sehr schätzt wie den Fensterstock, aus dem er einmal heruntergefallen ist.«
    Mit der Metapher des Fensterstocks, aus dem man falle und den man daraufhin lieben solle, verweist Brecht auf den Widersinn, daß die Zufälligkeit des Geburtsortes eine lebenslange, nie auflösbare Bindung an diesen einen Staat bewirke.
    Die fehlende Auswahlmöglichkeit des Vaterlands und die Tatsache, daß man die Zugehörigkeit durch einen individuellen Entschluß auch nicht einfach kündigen kann, verweisen auf den Zwangscharakter des Staates.
    »Liebe« wird von Brecht richtig mit der gefühlsmäßigen Entscheidung für einen Menschen oder mit dem Genuß an einer oder einer Vor»Liebe« für eine Landschaft bebildert. Der damit ausgesprochene Vergleich zur »Vaterlandsliebe« demonstriert den Widerspruch: Um »Liebe« kann es sich nicht handeln. Was aber ist es dann?
    Jedes Sonderinteresse an der staatlichen Zugehörigkeit – wie das von den abfällig betitelten »Wirtschaftsflüchtlingen« heute – zieht sich den Verdacht zu, nicht zuverlässig oder ehrlich, also nicht selbstlos oder »staatstragend« zu sein; in der Vaterlandsliebe akzeptiert man also sein Land ohne Vorbehalt und der Bürger demonstriert mit seiner »nationalen Identität« nicht nur seine Bereitschaft, für das Land einzutreten, sondern auch eine selbstbewußte Unterwerfung unter dessen Politik.
    http://neoprene.blogsport.de/2007/08/17/von-brecht-und-wendula-dalhle-lernen/
    (nachgetragen aus dem damaligen Thread:
    Die Metapher, dass man aus dem Fenster herunterfällt, das ist bei Brecht auch ein Hinweis auf den Schaden, den einem der Staat einbrockt.
    Desungeachtet kultiviert der Bürger dazu eine lebenslange Heimatliebe.)

  23. Karl
    31. Dezember 2014, 22:37 | #23

    „Das wurde im Beitrag versucht, an der Willkürlichkeit/Parteilichkeit der Urteile zu zeigen.“
    Mir war schon klar, dass du nicht „die Fremden“ für einen Grund der Ausländerfeindschaft hältst, aber das, was du als Willkür zeigen willst, ist doch für Nationalisten keine. Wenn schon die Vorstellung eines „fremden“ Subjekts auf heimischen Territorium zum (Un-) Zufriedenheitskriterium erhoben wird, muss gar kein Moslem in der Nähe wohnen.
    „Islamisierung“ ist dabei der Titel, der gegen die herrschende Politik gerichtet wird. Diese gefühlte Überfremdung kann man nicht an realen Einwanderungszahlen blamieren, weil der Sachse offensichtlich sein eigenes Barometer hat, wann der sich gegen den Islam wehren muss.
    Kurz: Die Konstruktion der Fremdheit ist im Ausgangspunkt schon wahnhaft, weil die Sachsen sich doch untereinander auch gar nicht kennen oder sich gar wechselseitig nach ihrer Religiosität beurteilen würden. Da sollte man nicht wirklich nachzählen, wie viele Moscheen Sachsen verträgt …

  24. dazu
    1. Januar 2015, 06:46 | #24

    „das, was du als Willkür zeigen willst, ist doch für Nationalisten keine.“ (Karl)
    Da hast du schon auch tw. insofern recht: M a n c h e Nationalisten glauben an so was.
    (Manche aber ja nicht.)
    Manche Leute, die sich einem Wahn verpflichten wollen, glauben dann natürlich auch felsenfest daran. Manche aber nicht.
    Und dass „der Sachse offensichtlich sein eigenes Barometer hat“,
    mag für den einen oder anderen dort gelten.
    Sicherlich aber nicht für jedermann, der dort als „d e r Sachse“ herumläuft.
    (Gibt ja auch ordentlich Protest und Missmut dort.)
    „Sachsen und Islamisierung? In der Sahara demonstriert ja auch niemand gegen Schnee und arktische Temperaturen.“
    Und wer felsenfest glaubt, es gibt demnächst den drohenden Kältetod, mag auch in der Sahara in brüllender Mittagshitze dagegen demonstrieren, schon recht.
    Leuten, die einem Wahn anhängen, kann man die Unangemessenheit ihres Wahns aber auch mal sagen. Ob das dem Reinlichkeitszwang, der sich 1000 mal am Tag wäscht, damit ihn keine Bakterien killen, dann als unsinnig einleuchtet, steht vielleicht in den Sternen. Aber die Unangemessenheit seines Wahns zur Realität ist ein objektives Faktum, wurscht, ob es ihm einleuchtet oder nicht.
    Ich glaube, wir sind nicht einig darin,
    dass Fremdenhass ein Wahn ist,
    wo jemand die staatlichen Einsortierungen
    zu einem persönlichen Wahnbild sich ausgemalt hat.
    (Der Staat sortiert „nur“ nach Brauchbarkeit,
    stachelt damit den Fremdenhass an.
    PEGIDA aber ist der GroKo nicht nützlich.)
    „Die Konstruktion der Fremdheit ist im Ausgangspunkt schon wahnhaft, weil die Sachsen sich doch untereinander auch gar nicht kennen oder sich gar wechselseitig nach ihrer Religiosität beurteilen würden.“ OK.
    Aber nicht jedes Gefühl der Fremdheit zu einem Unbekannten gestaltet jeder Mensch zu dem Wahn eines Bedrohungsszenarios aus.
    (Und auch nicht jeder, der eine farblich andere Wolke am Himmel erblickt, verkündet anschließend den Wahn, die Jungfrau Maria habe ihm gesagt, dass die Menschheit von der Sünde ablassen müsse, wolle sie nicht ins Verderben rennen.)
    Dass da nur eine rote Wolke war, zu sagen, das ist trotzdem richtig.
    Wurscht, ob die Kirche die arme Seele dann heilig spricht oder der Volkszorn sie ins Irrenhaus wegsperrt, ein Wahn ist es desungeachtet. Ob dem nun viele anhängen, oder ob er geheiligt wird, ist also völlig wurscht.
    Und ob bei PEGIDA 10 mitlaufen oder 17000 tut dem keinen Abbruch, dass in Sachsen sich vor islamistischer Überfremdung schützen zu müssen, ein Wahngebilde ist.

  25. dazu
    1. Januar 2015, 09:33 | #25

    „Der Ausländer“, wie er als Gespenst in Sachsen halluziniert wird, mag auch einem Frankfurter oder Stuttgarter als Bedrohungswahn einfallen. Da ein Wahn aber eine verrückte Realitätsverdrehung ist, tut man sich in Bockenheim schon etwas schwerer damit, den Gemüsehändler um die Ecke und den Vorstand im eigenen Sportverein zu einem bedrohlichen Ausländer zu dämonisieren.
    (Gehen täte es aber ja schon. Da hast du recht.
    Wahnvorstellungen kann der Mensch desungeachtet ausbilden,
    und Rechtsradikale gibt es auch in Bockenheim
    – aber es gibt dort keine faschistische Massenkultur.
    Die braucht nämlich den kollektiven Wahn.)
    Dieser Wahn kann sich natürlich auch abschotten gegen jegliche Realitätserfahrung. Die meisten Juden waren ja vorbildliche Deutsche, Ritterkreuzträger etcpp., und auch derzeitig ist schwer nachvollziehbar, wieso der Wahn sich das harmlose Völkchen der Sorben als undeutsch rauspickt, weil es slawischen Ursprungs sei.
    (‚Ausrechenbar‘ sind solche Wahngebäude also nicht.)

  26. Karl
    1. Januar 2015, 11:10 | #26

    dazu:
    „wer felsenfest glaubt, es gibt demnächst den drohenden Kältetod, mag auch in der Sahara in brüllender Mittagshitze dagegen demonstrieren“
    Nationalisten erfinden nicht einfach einen Kältetod in der Sahara, wenn sie sich z.B. von Islamisierung bedroht fühlen. „Islamisierung“ drückt eine Ausländerfeindschaft aus, die den Titel einer verlorenen Moral- bzw. Religionskonkurrenz (die CSU hat mit der Sprache punkten wollen) vor sich herträgt, so dass j e d e r Moslem potenzielle Gefahr fürs „Abendland“ ist – nämlich als Vertreter feindlicher Ansprüche. Dann zu sagen, dass in Sachsen doch gar nicht so viele zum falschen Gott beten, fällt auf den Titel der „Islamisierung“ sogar herein: ab wie viel Moslems soll man denn von „Islamisierung“ sprechen? Der Maßstab ist doch von Haus aus keiner, der sich aus einer zu großen Anzahl von Leuten ergibt, sondern einen in Mitleidenschaft geglaubten Anspruch formuliert. Dann ist es aber auch blöd anzuzweifeln, dass die Feindschaft genug Belege für ihre Ideologie finden könne. Die kann man nicht dadurch entkräften, dass sie gegen eine (in Sachsen besonders kleine) Minderheit gerichtet ist.
    Also: Wahn, ja. Aber der lässt sich nicht dadurch entkräften, dass man ihn als Übertreibung entlarvt. Immerhin handelt es sich um den prinzipiellen Verdacht, die Nation nehme bereits Schaden aufgrund zu großzügiger Einwanderungsgesetze …

  27. dazu
    1. Januar 2015, 13:18 | #27

    „Der Maßstab ist doch von Haus aus keiner, der sich aus einer zu großen Anzahl von Leuten ergibt, sondern einen in Mitleidenschaft geglaubten Anspruch formuliert.“
    Kannst du das noch etwas ausführlicher darstellen? Neben der Satzkonstruktion kapiere ich auch den genauen Inhalt nicht.

  28. Karl
    1. Januar 2015, 17:46 | #28

    Der Inhalt von „Islamisierung des Abendlandes“ ist doch der Vorwurf (an die Politik), zu viele Ausländer ungehindert rein zu lassen, was den regionalen Bio-Deutschen ungerechtfertigterweise mit ausländischen Leuten konfrontiere. In dem Standpunkt ist JEDER (potenziell illoyale) Fremde ein Beleg fürs „zuviel“. Also bemerkt man das Wahnhafte etwas spät, wenn man argwöhnt, dass die Nationalisten sich mit ihrer Überfremdung bloß verschätzen würden!
    Nochmal ganz deutlich: Wenn Sachsen angeblich nicht genug Ausländer hat, um Pegida recht zu geben, wären dann 500 Moscheen und 100000 Moslems eher ein Problem, über das man als Gefahr nachdenken sollte? Das ideologisch Wahnhafte zeigt man doch nicht, indem man Nationalisten vorrechnet, dass ihre Bebilderung zu dünn seien. DIE erfinden doch das Problem von „zuviel“, dem sollte man nicht hinterhersteigen!

  29. dazu
    1. Januar 2015, 17:50 | #29

    PEGIDA sieht in jedem Moslem einen Nicht-Deutschen, einen Inhaber mit falschem Pass, der im Zweifels- bzw. Normalfall deswegen ein Schädling für Deutschland sein wird. Notwendigerweise; „denn“: er ist ja kein Deutschblut. (So ähnlich haben ja auch CSUler gegen den Doppelpass argumentiert – hier wird aus Sicht der Rechten das deutsche Volk quasi vom Fremdvolk unterwandert und sein Zusammenhalt beschädigt.)
    Meinst du das so?
    Und was ist der „in Mitleidenschaft geglaubte Anspruch“?

  30. Karl
    1. Januar 2015, 18:10 | #30

    Zur verquasten Formulierung:
    Mit dem „beschädigten Anspruch“ ist der Nationalismus der „Wutbürger“ gemeint. Die gehen auf die Straße und berufen sich aufs „Abendland“, weil sie meinen, ihre Nation nehme Schaden angesichts von Flüchtlingswellen und Einwanderungspolitik. Die müssen für den Standpunkt gar nicht mit Ausländern in Kontakt kommen, deswegen ist es blöd nachzählen zu wollen, ob es genug wären.

  31. Moritz
    2. Januar 2015, 00:03 | #31

    Ankündigung einer Veranstaltung am 12. Februar 2015 in Nürnberg: PEGIDA – Böse und gute Patrioten im Clinch
    Im vorweihnachtlichen Deutschland lassen sich Null-Komma-Nichts zehntausende „europäische Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes“ mobilisieren. Im eher atheistischen Dresden und anderswo bekennen sie sich mit dem massenhaften Absingen von Weihnachtsliedern zur christlichen Leitkultur und wehren die Ausbreitung der falschen Religion oder gleich die Machtübernahme durch Imame und Scharia-Gerichte ab. Man fragt sich, ob diese Leute, die die schweigende Mehrheit repräsentieren wollen, noch alle Tassen im Schrank und ob sie keine anderen Sorgen haben.
    Die politischen Parteien sind aufgescheucht: Da meldet sich ein Massenbedürfnis, das sich im Spektrum der politischen Angebote nicht untergebracht und durch Wahlen nicht bedient findet und das den Verwaltern des Volkswillens aus dem Ruder zu laufen droht. Die obige Frage stellen Politprofis daher gleich ein wenig anders und respektvoller: Über den Streit, ob sie die Demonstranten in die rechte Ecke stellen und aus dem Kreis respektabler Meinungen ausgrenzen, oder sie als Fälle irrationaler Phobien (Xenophobie, Islamophobie etc.) abtun sollen, arbeiten sie sich zur dritten Option vor: Um „die Menschen“ wieder einzufangen und sie von ihren zwielichtigen Anführern zu trennen, wollen Politiker die „Sorgen der Demonstranten ernst nehmen“. Eine Schwierigkeit, die Angst vor Islamisierung und entsprechende „Wehret den Anfängen!“-Rufe ernst zu nehmen, kennen sie nicht. Politiker und Medien wälzen zwar die Rätselfrage: „Was wollen die Pegida-Anhänger wirklich?“ Im Grund aber wissen sie immer schon die Antwort – und nur die wenigsten von ihnen machen sich die Mühe, den Demonstranten ernsthaft zu versichern, dass eine Islamisierung des Abendlands aktuell nicht zu befürchten sei. Schnurstracks übersetzen sich die politischen Volksbetreuer die demonstrierte Islamphobie in „soziale Bedrohungsängste von Modernisierungsverlierern“, „Globalisierungsgegnern“ und „Euroskeptikern“. Ihrem fachkundigen Urteil zufolge leiden solche Leute an „der „Unübersichtlichkeit“ der Weltlage, am Verlust konservativer Werte, ja der Heimat. Der verrückte Übergang von Unzufriedenheit aller Art zur Diagnose der Überfremdung, zum Gefühl, dass das Volk daheim nicht mehr daheim ist und seine nationale Identität nichts mehr gilt, sowie zum Bedürfnis nach nationaler Selbstbehauptung ist den Politikern ebenso geläufig wie den Pegida-Demonstranten. Irgendwie verstehen sie ihre Wähler und sehen sich gefordert, ausgerechnet dieses ehrenwerte Bedürfnis ihrer Kundschaft ernst zu nehmen.
    Die Gegendemonstranten mit ihren Lichterketten halten die fremdenfeindliche Bewegung aus der Mitte der Gesellschaft für eine Schande. Sie haben eine andere Vorstellung von dem Gemeinwesen, dem sie angehören, und machen sich mit ihrem Fremdschämen zu Repräsentanten eines besseren, weltoffenen und humanen Deutschlands, das Zuwanderer und Hilfsbedürftige nicht ausgrenzt. Dem „christlichen Abendland“ setzen sie wahrhaft christliche Mitmenschlichkeit und Solidarität entgegen und möchten diese Werte für Deutschland und seine Bürger verbindlich machen.
    Drei Fragen wirft diese immer wieder aufflammende nationale Erregung auf:
    1. Wie kommen deutsche Bürger, die mit Einigem zurechtkommen und manches Unerfreuliche schlucken müssen, darauf, sich ausgerechnet vor der Islamisierung ihrer Heimat zu fürchten.
    2. Wie kommen Politiker darauf, diesen Wahn ein bedingtes Verständnis zu zollen?
    3. Besteht die Kritik, die dieser nationale Wahn braucht und verdient, darin, dass seine Gegner ihm alternative Werte und Pflichten vorhalten, die sich für die Deutschen viel besser ziemen würden?
    Eine These dazu wollen wir aufstellen und auf der Veranstaltung begründen:
    Nationalismus mündet allemal in Fremdenfeindlichkeit, mit ihr beginnt er aber nicht.

  32. schnee
  33. Frage
    2. Januar 2015, 08:08 | #33

    „Der verrückte Übergang von Unzufriedenheit aller Art zur Diagnose der Überfremdung, zum Gefühl, dass das Volk daheim nicht mehr daheim ist und seine nationale Identität nichts mehr gilt, sowie zum Bedürfnis nach nationaler Selbstbehauptung…“ (…)
    „Nationalismus mündet allemal in Fremdenfeindlichkeit, mit ihr beginnt er aber nicht.“
    Und womit „beginnt“ der Nationalismus?

  34. Karl
    2. Januar 2015, 11:11 | #34

    @Frage
    Ich schätze mal, das „beginnen“ ist nicht als Urgrund gemeint, sondern weist Theorien zurück, die Nationalismus als Folge psychischer Defekte deuten (Xenophobie usw.). In einem alten Artikel wird behauptet, der Nationalismus ginge mit einer produktiven Lüge los:
    „Bei der kollektiven Auffassung, die eigene Nation verdiene und kriege Unterstützung, weil in ihren Erfolgen die Interessen und Bedürfnisse des Bürgers zum Zuge kämen, handelt es sich um eine produktive Lüge. Diese Lüge läßt sich einerseits mit einem unvoreingenommenen Blick in den Alltag der politischen Großtaten, auf die Praxis der nationalen Reichtumsvermehrung in heimischen und ausländischen Betrieben, auf die vergangenen und gegenwärtigen Ansprüche der Volksvertreter nach innen und außen und die Mittel und Methoden ihrer Durchsetzung widerlegen. Andererseits ist dem verbreiteten Wahn damit überhaupt nicht beizukommen, beruht und beruft er sich doch auf eine Interpretation dieser allenthalben mit Händen zu greifenden Gegensätze zwischen Herren und Untertanen, in welcher die politische Gewalt mit ihren Ansprüchen an die Bürger in einem verständlichen und notwendigen Licht erscheint. Vorgestellt wird sich da nämlich die Gesellschaft samt ihrer gewaltsamen politischen Klammer als ein arbeitsteiliges Verhältnis von lauter Diensten an einer gemeinsamen Sache, zu der jeder seinen Teil beizutragen hat und in der jeder soweit auch seinen gebührenden und zufriedenstellenden Platz finden kann.“
    Plausibel?

  35. Moritz
    2. Januar 2015, 14:30 | #35

    Aus dem GS 4-14
    Die deutsche Öffentlichkeit entlarvt „Hooligans gegen Salafisten“: unpolitisch, gewalttätig, rechtsradikal, also undeutsch!
    Im Herbst erlebt die BRD eine Demonstration neuen Typs. 5000 folgen dem Aufruf „Hooligans gegen Salafisten“ und liefern der Polizei eine Straßenschlacht. Die Öffentlichkeit fragt entsetzt: Woher kommen bloß die vielen Menschen? Und woher rührt deren enorme Gewaltbereitschaft? (…)
    und
    Rechtsdemokratischer Alternativ-Wahlkampf der AfD in Thüringen und Brandenburg: Mutiger Tabubruch für die Meinungsfreiheit des gesunden Volksempfindens
    Im Kampf darum, die in der neuen Partei versammelte Unzufriedenheit mit Europa in Wählerstimmen zu verwandeln, macht die AfD bei den Landtagswahlen deutlich: Ihr Gründungsthema, die Gefährdung der deutschen Erfolgsgeschichte durch die hochriskante Bindung an den Euro und die Haftung für konkurrenzuntüchtige und reformunwillige Südländer, ist nur eine Seite der Bedrohungen, denen wir alle ausgesetzt sind. Die in wirtschafts- und finanzpolitischen Angelegenheiten von der AfD kritisierte Verantwortungslosigkeit hat ihre bevölkerungs- , näher ausländerpolitischen Entsprechungen, von denen – gerade angesichts der Krisen ringsherum – nicht minder Gefahren für den Bestand des Gemeinwesens ausgehen. So greift die Wahlwerbung der Partei Zuwanderungsprobleme und Ausländerkriminalität als ihre originären Themen auf, mit der Berechnung, dass deutliche Worte dazu in den östlichen Bundesländern besonders erwünscht sind. (…)

  36. Buendnis
    3. Januar 2015, 09:23 | #36

    3 Jahre alt, aber noch aktuell:
    Die bremenweit verteilte Broschüre „Auflösen“
    zum Bündnis gegen die 1. Mai Demo der NPD in Bremen
    https://gegen-kapital-und-nation.org/sites/default/files/broschre.auflsen.web_.pdf

  37. linkes_buendnis
    3. Januar 2015, 10:06 | #37

    Da jetzt überall „Bündnisse“ gegen die Rechten geschmiedet werden,
    sei an den relativ singulären Fall eines explizit linken Bündnisses anlässlich des 1. Mai-Aufmarsches der NPD erinnert (vor 3 Jahren).
    Diese Bündniszeitung, voller Argumente von GSP-Vertretern,
    bzw. „Kritik im Handgemenge“ (Bremen),
    aber auch von Roter Hilfe etc. wurde damals wohl bremenweit verteilt.
    https://gegen-kapital-und-nation.org/sites/default/files/broschre.auflsen.web_.pdf
    bündnis – nun bitte vorheriges post löschen

  38. dazu
    8. Januar 2015, 07:03 | #38
  39. 8. Januar 2015, 10:59 | #39

    Peter Schadt hat auf seiner Webseite „Keinort (Kommentare aus dem Niemandsland“ einen Artikel zum Attentat gegen Charlie Hebdo, Pegida und die Presse geschrieben:

  40. Moritz
    8. Januar 2015, 14:07 | #40

    Zur Sortierung des Anschlags auf „Charlie Hebdo“:
    Viel Lärm um ein paar Zeichnungen zum Thema ‚Mohammed‘ und ein Kreuzzug für die Meinungsfreiheit (GS 1-06)
    Eine Riesenaufregung und Randale mit Toten in der islamischen Welt – bloß wegen ein paar Karikaturen in einem dänischen Journal? Und umgekehrt: Mit der Lizenz, ein paar Zeichnungen zu drucken, stehen gleich die Grundprinzipien der Aufklärung, der demokratischen Weltordnung und der europäischen Völkersolidarität auf dem Spiel? Das kann ja wohl beides nicht ganz wahr sein. (…)
    Ein Grundsatzstreit um ein paar Karikaturen: „Meinungsfreiheit und Aufklärung gegen Fanatismus und religiöse Intoleranz“ (GS-Analyse vom 13. Februar 2006)
    Eine Riesenaufregung und Randale mit Toten in der islamischen Welt – bloß wegen ein paar Karikaturen in einer dänischen Zeitung? Und hierzulande sollen gleich die Grundprinzipien der Aufklärung, der demokratischen Weltordnung und der europäischen Völkersolidarität auf dem Spiel stehen, wenn das Erscheinen der Karikaturen behindert wird? (…)
    Die Meinungsfreiheit – ein demokratischer Höchstwert (GS-Analyse vom 20. März 2006)
    Da gab es kürzlich ein paar Karikaturen, in denen der Prophet Mohammed als Terrorist dargestellt und damit Muslime überhaupt verdächtigt werden, ein „Sumpf“ des Terrorismus zu sein. Starker Tobak, das sagten nicht nur viele Islamgläubige, sondern auch viele Meinungsmacher hier. Unisono heißt es, „religiöse Gefühle“ solle man nicht mutwillig „verletzen“. Andererseits, so dieselben Meinungsmacher, muss sich die Religion aber auch gefallen lassen, dass sie keinen unbedingten Artenschutz genießt: Der Gläubige mag zwar seinen Gott für das Höchste halten, aber er kann nicht verlangen, dass sich alle anderen auch daran halten – in der Demokratie gilt die Meinungsfreiheit, und die stellt jedem frei, sich unter anderem auch über die Religion kritisch und bis zu einem gewissen Maß sogar abfällig zu äußern. Wenn die Muslime nun gegen „Blasphemie“ der Karikaturen Sturm laufen, so ist ihnen Einhalt zu gebieten, weil sie damit ihre religiösen „Werte“ über die grandiose Errungenschaft der Meinungsfreiheit stellen. Bei der handelt es sich nämlich um einen Höchstwert, mit dem „die Freiheit“ und „die Demokratie“ steht und fällt. Da stellt sich auch die europäische Öffentlichkeit auf einen unversöhnlichen Standpunkt, ruft einen „Kampf der Kulturen“ aus und lässt keinen Zweifel daran, dass sie im Namen dieses „Kulturkampfes“ ebenfalls jede Menge gewaltsamer Übergänge ihrer Staatsgewalten für gerechtfertigt und angebracht hält. Das Ganze hat etwas Lächerliches: So viel Gift und Galle und Aufrufe zur mannhaften Verteidigung der Freiheit, bloß damit man mal über einen Abgott fremder Gläubiger grinsen kann? – Aber offensichtlich geht es um mehr als das: Die Demokratie behandelt den „Wert“ der Meinungsfreiheit als Höchstwert, weil er dafür unverzichtbar ist, wie hierzulande – und gerade im Gegensatz zur Verfasstheit islamischer Staaten – Herrschaft ausgeübt wird. Dazu ein paar kritische Anmerkungen. (…)
    Der islamische Fundamentalismus (GS 1-95)
    Der Islam kommt ins Gerede als der neue Feind von „uns“. Nach dem „Krieg der Ideologien“, so hört man, drohe nun ein „Krieg der Zivilisationen“. Gedacht ist vor allem an die morgenländische, die sich mit dem christlichen Abendland nicht vertragen soll. Tatsächlich bedrohen „Islamisten“, wie sie selbst sich nennen, die Stabilität der eingerichteten Staaten vom Maghreb bis zur Türkei – also eine Region, die die EU zu ihrem Hinterland rechnet und auf deren wunschgemäßes Funktionieren „wir“ ein Recht haben – und darüber hinaus viele Länder des näheren und weiteren Ostens. Der deutsche Entwicklungshilfeminister macht die islamistische Regierung im Iran verantwortlich für weltweiten Terror; radikale Moslems untergraben in Frankreich und womöglich auch schon in Deutschland die Duldsamkeit „unserer“ Ausländer. „Uns“ stört an den Umtrieben der radikalen Gruppen ihr Ungehorsam, der Aufstand, den sie gegen deutsche, europäische, westliche Verhältnisse versuchen. Die Schuld daran geben „wir“ der falschen Religion, auf die sich die Islamisten berufen. Da denken moderne Christen fundamentalistisch.
    Besonnene Politiker warnen vor einem neuen Feindbild und vor Religionskriegen; [1] sie fühlen sich zu einer Ehrenrettung des islamischen Bekenntnisses herausgefordert, und beweisen mit ihren Ermahnungen nur, wie fertig das Bild vom falschen Glauben schon ist, der mit unserer Lebensweise und unseren Werten nicht zusammengeht, der uns bedroht, also bedroht gehört. Die ganz Gebildeten wissen anzuführen, daß Allah und seine Lehre nicht nur denselben Respekt verdienen wie andere religiöse Wahngebilde auch, sondern daß der Islam sogar Vorbild sein könnte mit der Toleranz, die er jahrhundertelang gegen Juden und Christen hat walten lassen – was die letzteren von sich nicht gerade sagen können. Die gleiche Anerkennung der Weltreligionen als verschiedene Ausdrücke des Höchsten macht andererseits gerade auf diese höfliche Tour das Feindbild fertig: Den Unterschied zwischen christlicher Religiosität und islamischem Fanatismus schreiben sie nicht den religiösen Gehalten des Koran, sondern dem Umstand zu, daß die islamische Welt die „schmerzhafte Erfahrung“ der europäischen Aufklärung nicht durchgemacht und die Trennung zwischen den höchsten Werten und der Realität noch nicht kapiert hat. Die Kenner der Religionen und Kulturen siedeln den Gegensatz nicht zwischen den Jüngern Jesu und denen Mohammeds an, sondern zwischen der aufgeklärten Privatreligion des Abendlands und der vor-aufgeklärten Religiosität von Moslems, die fanatisch werden, weil sie meinen, die guten Gebote Allahs müßten auch wirklich gelten. Ein feines Zeugnis stellen die Hüter der Aufklärung da ihrem Wertehimmel aus; das Schimpfwort, das sie für angebracht halten, heißt nicht Islam sondern Fundamentalismus. Diesen freilich führen auch sie völkerpsychologisch auf besondere Denkweise und Traditionen bzw. auf deren Fehlen zurück. Das rassistische: Die sind eben so – wir müssen uns dagegen wappnen!, kommt auch gebildet zustande.
    Der Einheitsfront der abendländischen Zivilisations- und Glaubenskrieger seien hier einige Thesen über Herkunft, Zweck und Resultate des islamischen und sonstigen Fundamentalismus entgegengesetzt. (…)

  41. dazu
  42. dazu
    9. Januar 2015, 15:29 | #42

    Eine prinzipiellere Darlegung – lange vor den
    Zeiten des islamistischen Terrorismus:
    TERRORISMUS – DIE GEGENGEWALT DER OHNMACHT
    MSZ 1985 Ausgabe 9
    http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/85/85_9/terror.htm

  43. No_Charlie
    10. Januar 2015, 07:39 | #43

    „Ich bin nicht Charlie,
    und die nationale Einheit,
    die kann mich mal…“
    (… meinen französische Anarchisten …):
    http://www.kommunisierung.net/spip.php?article31

  44. No_Pediga
    10. Januar 2015, 11:51 | #44

    Pegida und das Elend ihrer Kritiker
    „Die Identifizierung und Diffamierung der Kritik von Hogesa, Pegida etc. als ‘rechts’, ‘diskriminierend’ oder gar ‘faschistisch’ mag zutreffen oder nicht – nimmt aber – wie das ‘Lob der Kritik’ – den Inhalt nicht ernst und sucht ausgerechnet jenseits des Inhalts ein Kriterium, warum gerade diese Kritik nicht erlaubt sein sollte. So wird nicht widerlegt, was ‘das Volk’ sich zusammengereimt hat, sondern die Persönlichkeit des Kritikers zum Thema – weswegen jeder Zuschauer der ‘Heute-Show’ und ‘der Anstalt’ sowie zig anderer Sendungen weiß, dass der Initiator der Pegida-Demonstrationen ein verurteilter Verbrecher ist, der sich schon einmal selbst nach Südafrika flüchtete.
    Diese Verwechslung von Identifikation mit Kritik – ‘Der hier ist ein Rassist / hat rassistische Slogans’ ist eben keine Kritik des Rassismus, sondern setzt beim geneigten Zuhörer oder Leser bereits voraus, dass dieser Rassismus ungebührlich findet – ist schädlich fürs eigene Anliegen: Selbst der letzte bürgerliche Vollpfosten mit Deutschlandfahne merkt noch, wo er nicht widerlegt sondern stigmatisiert wird.
    Wer sich nicht abfinden will mit 15.000 Volksfreunden, der muss die Argumente lernen gegen Volk und Vaterland. Eine Linke, die ihre Gegner nicht mehr widerlegen sondern nur noch markieren kann, wird endgültig ohnmächtig wo die Stimmung im Lande kippt, und Rassist zu sein kein Makel mehr ist, für welchen man sich in den meisten Kreisen zu schämen braucht. Eine Antifa, welche nichts mehr kann als ‘Nazis outen’ ist schon heute ohnmächtig gegen die Propaganda eines Makss Damage, der stolz dazu steht: “Ich bin Rassist.”
    http://keinort.de/?p=638

  45. 12. Januar 2015, 08:50 | #45

    Es geht nicht um Islamisierung und es geht auch nicht um Flüchtlinge. Das sind nur Kampfbegriffe zur Mobilisierung des faschistischen“ oder „antifaschistischen“ Kartoffelgemüts.
    Es geht um die beständige Zuwanderung und die Konkurrenz um Arbeitsplätze und um Transferleistungen.
    Die Sozialausgaben werden nicht erhöht, bloß weil da „Flüchtlinge“ kommen. Das bedeutet notwendigerweise:
    Die Transferleistungen (Sozialleistungen) für die hier etablierte Bevölkerung müssen sinken. Die Zuwanderung geht auf Kosten der etablierten Bevölkerung, zunächst selbstverständlich auf Kosten derer, die überwiegend von Transferleistungen leben (das heißt der Ärmsten), aber damit auch auf Kosten der lohnarbeitenden Bevölkerung allgemein.
    (Wenn ich von den Erfahrungen aus den neunziger Jahren ausgehe, ist es auch so, dass die Integration mit ihren Sprach- und Berufsbildungskursen direkt aus den Sozialkassen bezahlt wird.)
    Es ist heute möglich, dass die Arbeiter aus der ganzen Welt mit den Arbeitern aus Deutschland konkurrieren können. (Und wir brauchen sie nicht mal anwerben, wir können sogar Eintrittskarten verkaufen.)
    Es ist dadurch möglich, die Löhne der Dritten Welt mit der Infrastruktur der Industriegesellschaft zu verbinden. Die Anpassung der Löhne geschieht notwendigerweise zum Nachteil der hier ansässigen Bevölkerung. (Das sind keineswegs „die Deutschen“.)
    Die Einwanderung hat große Vorteile gegenüber dem Export von Produktionsanlagen in Billiglohnländer. Denn billige Arbeitskraft allein nützt nichts, wenn man erst Straßen und eine Infrastruktur bauen muss.
    Die Zuwanderer sind der Hebel zur Senkung des Lohns und der Sozialstandards. Deswegen ist auch der Bund der deutschen Industrie für Zuwanderung. Genau deswegen ist auch Dresden ein Schwerpunkt der „PEGIDA“, obwohl es dort laut SPIEGEL-online fast keine Muslime gibt und vielleicht die Mehrheit von PEGIDA noch nie eine christliche Kirche von innen gesehen hat.
    Das ist eben keine ethnische Spaltung, denn sogar in Dresden fragt niemand nach dem Stammbaum. Und es geht dabei nicht um Aufrechterhaltung von Privilegien. (Es sei denn, man betrachtet den Bezug von Arbeitslohn oder Sozialhilfe schon als Privileg.)
    Vielleicht sind manche Leute bei PEGIDA nicht weil sie dumm sind, sondern weil sie zu genau wissen, wie unsere Gesellschaft funktioniert. Diese Dumpfbacken sind halt der Meinung, dass ihr Konkurrenzinteresse mindestens ebenso berechtigt ist wie das der Industrie. Die Politik hat jede Menge Verständnis dafür, wenn Leute sich „überfremdet“ fühlen. Und es ist doch schön, wenn die fehlgeleiteten Staatsbürger dazu die schwarzrotgoldenen Fahnen schwingen und Weihnachtslieder singen. Sie rennen schließlich offene Türen ein: Auch die Wirtschaft ist nicht dafür, dass jeder „zu uns kommt“, bloß weil er zwei Beine hat; er muss schon verwertbar sein.
    Leute aber, die sagen, dass es in Deutschland 300 000 Obdachlose gibt, für die keine Wohnungen gebaut werden (nicht einmal Heime), das sind Nazis, gegen die nur Polizeiknüppel helfen.
    Lower Class Magazine hat vor ein paar Wochen einen „Offenen Brief an die HogeSa“ veröffentlicht. Von einem toleranten, weltoffenen und klugen Hooligan namens Eric. (Von „Hooligans gegen Dummheit“!) „Geht doch mal einen Kaffee trinken bei Ali und Fatma, anstatt den ganzen Tag vor Internetrassisten-Blogs zu sitzen.“ (Ich will mich jetzt nicht über dieses rhetorische Wundertier lustig machen. Es soll hier nur als Beispiel herhalten.)
    Zu den wenigen inhaltlichen Kommentaren gehörte derjenige eines gewissen „Max“, der darauf hinwies, dass die „refugees“ vor allem der Industrie „welcome“ sind:

    Die Linken haben in ihrem Ziel einer ungesteuerten und ungebremsten Zuwanderung in den Wirtschaftsnahen Verbänden und Interessenvertretern einen interessanten Verbündeten. Denkt mal darüber nach, wer hier der größte Profiteur dieser Masseneinwanderung ist.

    Antwort von LowerClassMag:

    Das ist zutreffend. Aber da gibts zwei Optionen: Entweder, wie du wohl vorschlägst, mittels nationalistischer Spaltung den ‚deutschen Arbeiter‘ in Zusammenarbeit mit der ‚deutschen‘ herrschenden Klasse vor dem ‚fremden Arbeiter‘ ’schützen‘ – die klassische Lösung der ’nationalrevolutionären‘ faschistischen Strömung. Oder die internationalistische: Die migrantischen und ‚deutschen‘ Teile der Arbeiterklasse gemeinsam organisieren und den Klasssenkampf ohne schwachsinnige ethnische Spaltungen führen.

    Die Replik jenes „Max“ wurde nicht veröffentlicht. Sie landete im Spam–Ordner, sagte LowerClassMag. Vermutlich deshalb, weil sie kein Spam war.
    Die „internationalistische Option“ besteht darin, freiwillig und freudig die Arschkarte zu ziehen. Wer das nicht will, ist ein Nazi. Wenn das so ist, wie es LowerClassMag darstellt, dann ist der Faschismus die einzige Alternative.
    Es gibt noch eine dritte Option:
    Man könnte ja die Sache erklären. Man könnte erklären, warum das Kapital Einwanderer braucht. Man könnte auch erklären, dass an dem sozialen Elend in der Bundesrepublik nicht die Einwanderer schuld sind.
    Man sollte aber darauf verzichten, im Chor mit Regierung und Industrie „Weltoffenheit“, „Toleranz“ und „Willkommenskultur“ zu fordern.

  46. 12. Januar 2015, 09:37 | #46

    @Gulliver

    „Die Transferleistungen (Sozialleistungen) für die hier etablierte Bevölkerung müssen sinken.“

    Aber für wen, wofür und warum? Ganz offensichtlich hat das gemeinsame Projekt von Staat und Kapital herzlich wenig mit Zwanderung zu tun. Umso mehr mit dem Bestreben, die Lohnkosten (zu denen die Transferleistungen als Lohnnebenkosten letztlich eben mitzählen) zu senken, um dadurch die Gewinne steigern zu können. Weil dem Staat an florierenden Unternehmen liegt, weil er davon profitiert, hat die Schröder-Regierung das bekanntlich offensiv umgesetzt, so sehr daß noch jeder bürgerliche Politiker davon faselt, daß die Nebenkosten zu hoch wären.

    „Die Zuwanderung geht auf Kosten der etablierten Bevölkerung“

    Auch die etablierte Bevölkerung steht in Konkurrenz mit sich selber: Der erfolgreiche deutsche Kapitalismus hat eine derart große relative Überbevölkerung aus der vorhandenen Bevölkerung erzeugt bis hin zum Wiederaufleben des klassischen „Pauperismus“, daß mittlerweile der deutsche Niedriglohnsektor der „vorbildlichste“ der ganzen EU ist. Insofern stimmt sogar, wenn gulliver schreibt

    „Die Anpassung der Löhne geschieht notwendigerweise zum Nachteil der hier ansässigen Bevölkerung“

    Nur daß das auch in Zeiten oder Staaten geht, in denen es gar keine ins Gewicht fallende weitere Zuwanderung gibt. Es ist dabei übrigens (noch) nicht möglich, die Löhne der Dritten Welt mit der Infrastruktur der Industriegesellschaft zu verbinden. Der Erhalt der Arbeitskraft an vielen Arbeitsplätzen in der BRD wäre mit echten Hungerlöhnen nämlich gar nicht mehr möglich.
    Deshalb ist es auch eine typische „links“nationalistische Verdrehung, wenn Gulliver behauptet:

    „Die Zuwanderer sind der Hebel zur Senkung des Lohns und der Sozialstandards.“

    Ebenso ist es auch Unfug, wenn dann kommt.

    „Vielleicht sind manche Leute bei PEGIDA nicht weil sie dumm sind, sondern weil sie zu genau wissen, wie unsere Gesellschaft funktioniert.“

    Genau das wissen Gulliver und PEGIDA eben nicht. Kein Wunder daß er der deutschnationalen Behauptung beipflichtet, die Linken hätten als Ziel eine „ungesteuerte und ungebremste Zuwanderung“. Es stimmt schon, es gibt ne Menge Linke, die „Open Borders“ als Losung haben. Und dann gibt es daneben Linke, die für die Abschaffung der Verhältnisse eintreten, in denen es konlurrierende kapitalistische Nationen gibt, was viele Menschen auf der Welt dazu bringt, keinen anderen Ausweg mehr zu sehen, als sich auf den Weg ins jeweils vermeintlich bessere Nachbarland oder gar übers Meer in die Höhle des Löwen zu wagen.
    Kein Wunder, daß Gulliver über lowerclassmagazins „Option“ gegen „die klassische Lösung der ‚nationalrevolutionären‘ faschistischen Strömung“ „Die migrantischen und ‚deutschen‘ Teile der Arbeiterklasse gemeinsam organisieren und den Klasssenkampf ohne schwachsinnige ethnische Spaltungen führen.“ nur Hohn und Spott aufbringen kann.

  47. Frage
    12. Januar 2015, 11:42 | #47

    Es gehe bei PEGIDA vor allem um „die Konkurrenz um Arbeitsplätze und um Transferleistungen“, wird behauptet.
    1.) Das stimmt gar nicht. Das ist nicht deren Hauptargumentationslinie.
    2.) Das Argument sei trotzdem mal ernst genommen:
    Hier wird der Bock zum Gärtner gemacht:
    Die Kapitalisten richten Arbeitsplätze ein und stellen die Leute ein, mit denen sie ihren Reichtum vergrößern wollen.
    (Wenn die Arbeiter dazu untereinander in Konkurrenz geraten, dann ist das allerdings erfreulich für die Unternehmer. Es ist aber nicht der Grund für Lohnsenkung und Abgruppierung.)
    Der Staat verfolgt ebenfalls mit den Transferleistungen seine eigenen staatlichen Interessen. Es ist nicht so, dass die Rentner nun den Arbeitslosen die Wurst von der Stulle wegnähmen, wenn es eine Rentenerhöhung gibt. So die „Gruppen des sozialen Netzes“ gegeneinander auszuspielen, und zu behaupten, die eine Gruppe verlange zu viel, deswegen könne man der anderen nichts mehr geben, das ist billige Klassenkampf-Rhetorik von oben. Der Fehler liegt hier darin, dass dem Staat ein Geldmangel fürs Soziale unterstellt wird, wo der doch ganz frei Milliarden sonstwohin ausgibt.
    http://www.gegenstandpunkt.de/radio/2013/ga130415.html
    Leider fällt mancher „kleine Mann“ regelmäßig auf solches Gegeneinander-Ausspielen-von-oben herein, wie man übrigens letztens bereits an der Hetze gegen den GDL-Streik sehen konnte, wo oft auch derart krumm ökonomisch argumentiert wurde.
    Dagegen gab es hier in diesem Blog schon damals bereits (gegen „Corpus“ Argumentationsfiguren) etliche Einwände:
    http://neoprene.blogsport.de/2014/11/06/der-streik-der-gdl-ueber-die-argumente-gegen-den-streik/#comment-115327
    („Corpus“ hat damals sich auch nicht auf die Kritik an seinen falschen Rechnungen mit „Kuchen und so“ reagiert, sondern einen Gegenstandswechsel vollzogen, und sich lieber allgemein mit linken Programmen und Parteien befasst.).
    – Eine bessere Darlegung des Profitsystems findet sich aber stattdessen hier:
    https://www.youtube.com/watch?v=jVVNVwcWlic
    Aber wie oben gesagt, d a r u m geht es gar nicht primär bei PEGIDA. Sondern um deren Verwandlung in puren Nationalismus.

  48. dazu
    12. Januar 2015, 13:07 | #48

    „Die Zuwanderer sind der Hebel zur Senkung des Lohns und der Sozialstandards. (…) Genau deswegen ist auch Dresden ein Schwerpunkt der „PEGIDA“, obwohl es dort laut SPIEGEL-online fast keine Muslime gibt und vielleicht die Mehrheit von PEGIDA noch nie eine christliche Kirche von innen gesehen hat. Das ist eben keine ethnische Spaltung, denn sogar in Dresden fragt niemand nach dem Stammbaum. Und es geht dabei nicht um Aufrechterhaltung von Privilegien. (Es sei denn, man betrachtet den Bezug von Arbeitslohn oder Sozialhilfe schon als Privileg.)“ (Gulliver)
    Gulliver behauptet also hiermit, PEGIDA sei eine Bewegung deutscher Sozialhilfe-Empfänger (davon gäbe es zufällig in Dresden halt viele) gegen die Kürzung von Sozialhilfe und Hartz IV.
    Das stimmt aber gar nicht.
    PEGIDA ist eine nationale Bewegung, die beim Staat bettelt, dass der Staat doch wissen müsse, wer seine treuesten Vertreter seien. Und deswegen müsse der Staat sich doch um seine eigenen Untertanen mehr kümmern.
    Die einzige Form von „Materialismus“, die diese Bewegung noch kennt, ist, nach oben um Verständnis zu buckeln (deswegen schweigt man vor sich hin, singt Weihnachtslieder, und will keinesfalls als Protest sich definieren) und nach unten hin zu trampeln.
    Aber dass sich deutsche Arbeiter und Arbeitslose als Nationalisten aufstellen, das ist manchem Linken wohl peinlich, denn der hätte doch lieber seine bessere Meinung über das deutsche Proletariat weiterhin geglaubt und kultiviert bekommen.
    Herrn Gysi schmerzt besonders, dass ihm sein sozialer Titel, dass der Osten in Deutschland der bessere, weil sozialere, Teil sei, abhanden zu kommen droht…
    http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/5969904/warum-der-pegida-zulauf-in-sachsen-so-stark-ist.html

  49. dazu
    12. Januar 2015, 13:21 | #49

    „Man könnte auch erklären, dass an dem sozialen Elend in der Bundesrepublik nicht die Einwanderer schuld sind.“ (Gulliver)
    Nur zu! Gute Idee!
    Bei einem verständnisvollen Blick auf PEGIDA
    landet man bei solcherlei Erklärung aber jedenfalls garantiert nicht.

  50. Szial_Erklär
    12. Januar 2015, 14:24 | #50

    Die Bürger, die nicht aus der Verwendung ihres Eigentums ein Einkommen beziehen, sind auf einen für die bürgerliche Gesellschaft charakteristischen Gebrauch ihrer persönlichen Freiheit angewiesen; sie müssen nützliche Dienste für das Eigentum anderer verrichten, sei es unmittelbar in Produktion und Handel oder mittelbar in staatlichen Einrichtungen: Lohnarbeit. Ob sie damit ein Einkommen erzielen und wie groß dieses ist hängt davon ab, wieviel sie für ihren Arbeitgeber leisten (was nicht heißt, daß sie für ihre Leistung bezahlt werden). Sie konkurrieren als Anbieter ihrer Dienste um die vorhandenen Arbeitsplätze und die mit ihnen verbundenen Einkommen; sie vergleichen die Berufe an den Einschränkungen. die das Arbeitsverhältnis selbst und die Größe des Einkommens beinhalten, versuchen also in der Hierarchie der Arbeiten, die dem doppelten Maß von Anstrengung und Verdienst entspringt, einen möglichst hohen Rang einzunehmen. (…)
    Der Staatsbürger, der auf die neben die Gesellschaft getretene öffentliche Gewalt angewiesen ist, um sich in der Konkurrenz g e g e n andere durchzusetzen, wäre keiner, wenn er nicht den Nutzen des Staates für s e i n e Interessen als die eigentliche Aufgabe desselben ansähe. Daß er die Beschränkungen, die der Staat ihm als Pflicht auferlegt, wenn er anderen ihr Recht zubilligt, als u n s o z i a l e Maßnahmen geißelt und seine erwünschten V o r t e i l e zu einem Ideal des Sozialstaats formt, ist die notwendige Konsequenz seines Bezugs auf den Staat als p o s i t i v e s Mittel s e i n e r gesellschaftlichen Existenz, sooft ihm dieses Mittel die Dienste versagt und ihm praktisch beweist, daß es nicht sein Mittel ist. Und auch die moralische Überhöhung dieses falschen Bewußtseins, das Ideal der s o z i a l e n G e r e c h t i g k e i t , mit der entsprechenden Überzeugung, s e i n N u t z e n sei der a l l e r , wird bei dieser Stellung des Bürgers nicht ausbleiben.
    http://www.gegenstandpunkt.com/vlg/staat/staat_05.htm

  51. Soz_gerecht
    12. Januar 2015, 14:45 | #51

    Ist es „gerecht“, wenn Migranten vom Staat Geld kriegen?
    Was ist denn eigentlich überhaupt „Gerechtigkeit“?
    Was sind da die staatlichen und die öffentlichen Kriterien?
    „Jeder will sie – Keiner kriegt sie
    – Gerechtigkeit, was ist das?“
    https://www.youtube.com/watch?v=D9L6e8mc3-U
    Zum Sozialstaat gab es übrigens hier auch schon mal
    eine kleine Kontroverse, scheint mir
    http://Neoprene.blogsport.de/2013/09/14/der-kapitalistische-reichtum-ist-nicht-zum-fairteilen-da/#comment-89488

  52. 12. Januar 2015, 15:00 | #52

    Als ich mit dem Suchwort „Gerechtigkeit“ eben meinen Blog durchforstet habe, gab es als erste Fundstelle ein Interview mit Freerk Huisken vom GegenStandpunkt, daß er vor seiner Veranstaltung „Das Elend der Kritik am (Neo-)Faschismus“ am 14. November 2013 in Hamburg-St. Georg der elektronischen Zeitschrift Schattenblick gegeben hat. Paßt gut auch hier rein:
    http://neoprene.blogsport.de/2014/01/19/es-gibt-kein-richtiges-leben-im-falschen-interview-mit-freerk-huisken/#more-950

  53. Volksverraeter
    12. Januar 2015, 16:35 | #53

    „An erster Stelle sollten nationale Interessen stehen.“ (PEGIDA)
    Und hier aus dem bloßen Wort „Interesse“ zu schlussfolgern, dann müsse es wohl um Lohnfragen oder um die Sicherung der Höhe des Hartz IV-Satzes gehen, das ist reichlich verkehrt.
    Als stünde dort gar nicht: „n a t i o n a l e Interessen“!
    (Und wenn die maßgeblichen „nationalen Interessen“ auf so was Billiges wie ein erträgliches Leben für Arbeitslose scheißen???)
    Genauso könnte man die Lohnfrage ja auch aus solchen Sätzen herauslesen:
    „Es sei richtig, dass die Bundeswehr in Afghanistan deutsche Interessen verteidigt habe.“ (FAZ) Auch hier kommt das Wort Interesse vor.
    Und vermutlich sorgt sich auch die FAZ dabei irgendwie irgendwo um das Interesse der Lohnabhängigen, „denn“: sie benutzt ja durchaus auch das Ramsch-Wort „Interesse“…
    (Da macht das Herz des Arbeiterfreundes doch gleich einen Hupfer.)

  54. dazu
    13. Januar 2015, 00:11 | #54

    Dass es massenweise deutsche Lohnarbeiter sind,
    die solche Übergänge zum Nationalismus machen,
    das ist kaum bestreitbar.
    Welche Verrenkungen man dafür machen muss,
    illustriert z.B. dieser Bericht aus dem Tagesspiegel:
    http://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/pegida-demonstrationen-geballte-wut-in-dresden/11118834.html

  55. 13. Januar 2015, 10:30 | #55

    @Neoprene
    Die Verkäufer der Ware Arbeitskraft stehen immer zueinander in Konkurrenz. Durchweg zu ihrem Schaden, daher haben sie dereinst Gewerkschaften gegründet.
    Gewerkschaftliche Tätigkeit besteht wesentlich in der Einschränkung dieser Konkurrenz durch Bildung von Koalitionen (Kartellen).

    „Es ist dabei übrigens (noch) nicht möglich, die Löhne der Dritten Welt mit der Infrastruktur der Industriegesellschaft zu verbinden. Der Erhalt der Arbeitskraft an vielen Arbeitsplätzen in der BRD wäre mit echten Hungerlöhnen nämlich gar nicht mehr möglich.“

    Woher willst du das wissen, ohne es probiert zu haben?
    Woher willst du wissen, was echte Hungerlöhne sind, und bei welchen Hungerlöhnen der Erhalt der Arbeitskraft noch möglich ist? Das kann nur die Praxis zeigen.
    @ alle
    PEGIDA sind Nationalisten, die die sozialen Forderungen der Massen aufgreifen.
    Die „Antifa“ ist dazu keine Alternative. Darauf wollte ich nur hinweisen.

  56. 13. Januar 2015, 10:57 | #56

    Ich war früher ein Mitleser der USENET-Gruppe alt.politics. socialism.trotsky. Einer der Dispute, der sich über Jahre hinzog, ging um Globalisierung und die Antwort die die Arbeiterklasse darauf geben sollte. Dort trat als typischer Vertreter des „linken“ Nationalismus ein „vngelis“ auf der besonders drastisch gegen die „Globalisierungslinke“ zu Felde zog und zieht. Ich nehme an daß er mit V.N. Gelis identisch ist, einem griechisch-britischen „Linken“, der aus dem Trotzkismus kommen jüngst z.B. ein Buch mit dem Titel „How the IMF broke Greece: eyewitness reports and role of the fake left“ geschrieben hat, das glatt den Nationalstaat von „links“ verteidigt.
    Dazu gab es auf apst eine Krtik von David Walters, dem Direktor des Marxist Internet Archive (marxist.org]:

    „…I have not read VN Gelis’s book. He developed his views largely from polemics with myself on the rather useless Usenet news group. In some ways VN Gelis parroted the views of French Trotskyist Daniel Gluckstein in his 1990s book, Globalisation and class struggle. The book describes how imperialism, under the guise of a kind and gentle ‘globalisation’, seeks to roll back the gains of our class, all won within the traditional borders of the capitalist nation-state, by going after that very nation-state. The thesis argues that such violations of national sovereignty go against the interests of the working class on an international basis. This, of course, can be debated, and should be.
    On one level, VN Gelis’s thesis is a contribution to this same discussion from a similar, but by no means congruent, point of view.
    Gelis, and his neo-Nazi protégé and ex-Healyite whose internet name is ‘Dusty’, argue that if you defend immigrant rights you are part of the ‘globalist left’. On another level, VN Gelis represents a reactionary, rightwing nationalist response to this same crisis. He bounces off and adopts, for example, holocaust denialism bordering on anti-Semitism.
    He started veering from the traditional Marxist view on immigrant rights and immigration by calling immigrants “scabs”.
    While Dave Douglass in his review noted his anti-immigrant views inpassing, VN Gelis’s pure hatred of immigrants is beyond even the British National Party – basically calling on the unions to expel all foreigners from the working class and the country.“

  57. dazu
    13. Januar 2015, 11:18 | #57

    „PEGIDA sind Nationalisten, die die sozialen Forderungen der Massen aufgreifen.“ (Gulliver)
    Irgendwie greifen auch LINKE, SPDler, und vermutlich sogar die CSU in diesem oder jenem Punkt, mal „die sozialen Forderungen der Massen“ dahingehend auf, dass sie drei Vorzeigeproleten in ihre Politikermannschaft stellen und Punkte in ihre Wahlprogramme reinschreiben, von denen sie erwarten, dass sie damit auch Arbeiterstimmen kriegen.
    Ja, auch Nazis schielen auf Zustimmung für ihr nationales Programm. Damals wie heute. „Wutbürger“ auch.
    Und mit solcher Banaliät willst du uns langweilen?
    (Aus Neoprenes Post habe ich entnommen, dass sich da Leute gestritten haben, ob man diese oder jene Richtung oder Forderung noch irgendwié als ‚links‘ labeln kann.
    Auch da wird mir nicht recht klar, was dabei das Anliegen ist.)
    Kömmt mir so vör,
    als seien dies „Ehrfragen“ angesichts des hohen ehrfurchterzwingenden Titels einer sich revolutionär vorkommenden heiligen Gemeinde „der Linken“
    – mit der Fragestellung: müssen wir sie fiktiv aus unserer fiktiven Gemeinde fiktiv ausschließen?
    (Vielleicht bin ich aber auch noch zu verpennt?)

  58. 13. Januar 2015, 14:30 | #58

    Es gibt in der „Linken“ Strömungen, für die steht zumindest dieser V.N.Gelis/vngelis, die zum „Schutz“ der Arbeiter gegen Billgkonkurrenz aus dem Ausland gegen Zuwanderung auftreten. Grob gesprochen, wie in angelsächsischen Staaten Gewerkschaften den closed shop verteidigt haben. Damit sind sie offensichtlich mit rechten „sozialrevolutionären“ Strömungen anschlußfähig.

  59. dazu
    13. Januar 2015, 16:40 | #59

    Selbst f a l l s Gulliver aus dieser Ecke stammen sollte,
    so ist damit, ihn als Teil dieser Ecke zu outen,
    noch nicht das klitzekleinste Argument von ihm widerlegt worden.
    (F a l l s.)
    Mhm.

  60. 13. Januar 2015, 18:24 | #60

    Ja, das weiß ich schon auch.

  61. dazu
    14. Januar 2015, 00:01 | #61

    Und das soll eine (rechte) „sozialrevolutionäre“ Strömung sein?
    Leute, die darüber enttäuscht sind,
    dass ein Schlagersänger, den sie mögen,
    sie überhaupt gar nicht mag?
    „Das sind die sechs Punkte, auf die Pegida offiziell nun besonderen Wert legt: 1. Unkontrollierte Zuwanderung soll gestoppt werden. 2. Zuwanderer sollen verpflichtet sein, sich zu integrieren. 3. Islamisten sollen ausgewiesen werden. 4. Bürger sollen in Volksabstimmungen direkt über Bundespolitik entscheiden können. 5. Die angebliche „Kriegstreiberei“ gegen Russland soll beendet werden. 6. Die innere Sicherheit soll finanziell gestärkt werden.“
    http://www.n-tv.de/politik/Gegen-100-000-und-einen-Schnulzenkoenig-article14308446.html

  62. Paco
  63. Paco
    14. Januar 2015, 21:45 | #63

    aus der Onlinezeitung „Trend“ – Kommentare zum Zeitgeschehen:
    „PEGIDA und die Linke“
    von Michael Prütz (NaO Berlin)
    http://www.trend.infopartisan.net/trd0115/t250115.html
    Auch die antideutschen „Bahamas“-Redakteure sind am Ball:
    http://szenespaltung.blogsport.de/2015/01/14/zweites-offenes-vernetzungstreffen-gegen-pegida/
    „Solid“ (Die Linke) hat diese Gegenargumente parat:
    http://linksjugendsolidaachen.blogsport.de/2015/01/13/ich-hab-ja-nix-gegen-auslaender-aber/
    In Dresden:
    http://namf.blogsport.de/2015/01/14/khaled-wurde-getoetet-solidaritaet-mit-den-von-rassismus-betroffenen-menschen-in-dresden-statt-dialog-mit-pegida/

  64. dazu
    16. Januar 2015, 08:04 | #64

    Zum Text im Tagesspiegel, 15.12.2014
    http://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/pegida-demonstrationen-geballte-wut-in-dresden/11118834.html
    Dresdner, die ansonsten Roland Kaiser hören und sich Gartenzwerge in den Vorgarten stellen, und die sich dann darüber aufgeregt haben, dass ihre bei einer Busreise nach Prag massenweise in der Tschechischen Republik billig erworbenen Gartenzwerge ihnen bei Einreise in die BRD von den Zöllnern wieder abgenommen wurden, und dafür, dass der Staat im Auftrag von sonstwem auf dem Copyright und Nachahmeverbot für Gartenzwerg-Typen bestanden hat und darauf, dass diese obendrein versteuert werden müssen, sind als neue Bundesbürger letztlich auch nicht doofer als „Piraten“ aus Westberlin, die nicht einsehen mögen, dass ihre schwarz downgeloadeten Musiktitel vom Staat und vom Produzenten versilbert werden wollen. Man täuscht sich also über die Härte des Eigentums, welches nicht nur Zugriff bedeutet, sondern erlaubten Zugriff (und damit auch Ausschluss vom Zugriff durch Unberechtigte) und darüber, dass der Staat sich darüber auch finanziert. (Und so ist das auch, wenn der Sprössling in den Ferien arbeitet, da rechnen dann Sozialressort und Finanzamt peinlichst genau laut ihren Tabellen die Summen und staatlichen Eckwerte entsprechend neu zusammen.)
    (Nebenscherz: PEGIDA will für Spenden an ihren Laden nun für ihre Anhänger Steuerersparnisse durchsetzen:
    http://www.tagesspiegel.de/politik/dresden-pegida-hat-steuerbeguenstigung-als-verein-beantragt/11210938.html )
    Rechte Nationalisten wie Piraten täuschen sich gemeinsam nicht nur über diesen „Umgang“ mit dem Eigentum (hier passt der Marx-Satz von dem falschen Bewusstsein“: sie wollen die Härte des Eigentums nicht zur Kenntnis nehmen, weil sie, das akzeptierend, daraus nur noch das Beste für sich herausschlagen wollen, und nicht beleidigt sind, wenn man sie als „Schnäppchenjäger“ tituliert), sondern die Rechten haben sich obendrein einen Generalschlüssel dafür erfunden, warum ihre eigenen Schnäppchen-Rechnungen immer nicht so recht aufgehen: die Ausländer oder die anderen Mickermänner des „sozialen Netzes“, die strapazieren den Sozialstaat so sehr, dass der Staat zu deren Rettung ausgerechnet bei uns doch brav arbeitenden Schnäppchenjägern zuschlägt, und uns glatt besteuert.
    Darauf sind sie nicht zufällig gekommen: so rechtfertigen die Staatsagenten selber immerzu ihre „Reformen“ und Kürzungsorgien: Wegen der arbeitslosen Laumänner müssen wir Hartz IV einführen, und müssen nicht nur „fördern“, sondern auch „fordern“. Wegen der Überalterung und der Prothesen für die Senioren können wir den jungen Beitragszahlern weniger Zahnbehandlungen und Brillen finanzieren etc.
    Und deswegen gehöre sich, aus Sicht des Staates, wie der Rechten, mal ordentlich aufgestellt gegen „Volksschädlinge“. So werden alle Naselang Hetzkampagnen durchgeführt gegen Leute, die sich als „Nutznießer“ des sozialen Netzes, darin zu viel herausnehmen, z.B. Arbeitslose auf Mallorca. Das ist ein Übergang zu faschistischer Argumentation: der Staat könnte für mich besser tätig werden, wäre er nicht für die Ansprüche der ‚Volksschädlinge‘ so offen. (Ähnlich faschistische Untertöne waren auch gegen die GDL-Lokführer-Streiks zu hören: da nehmen sich Leute was raus, aufgrund von deren Löhnen dann für uns Arbeiter a) die Fahrkarte teurer wird, b) der Staat das Wohngeld kürzen „muss“.) Die Generalvokabel dafür lautet dann: diese Volksschädlinge richten noch mehr „Chaos“ an. Wäre mehr „Ordnung“ und würde mal gegen die Chaoten durchgegriffen, dann könnte der Staat sich mehr um mich kümmern – und nicht um diese „Schmarotzer“ am sozialen Netz…
    Migranten werden als erste als solche angeblichen „Volksschädlinge“ verhetzt – von der Regierung wie auch von den Rechten: „denn“ die haben den falschen Pass, sind keine Deutschen.
    (Mit dem historischen NS hat das übrigens vor allem den Begriff des „Volksschädlings“ gemein – aber den Begriff kennen alle europäischen Rechten, z.B. gern benutzt gegen Sinti und Roma, auch von der Front Nationale, und gegen Pakistanis generell in GB.
    Regierungschefs benutzen solch Vokabular strategisch – also mal stärker gewichtet, und derzeit in D auch mal weniger.
    Letztens war die ‚Hetze‘ aber noch deutlicher:
    https://www.youtube.com/watch?v=Xuq0Bnw1DzQ#t=32
    (Volkes Stimme in den Kommentaren drunter
    ist übrigens dort auch nicht zu überhören.)
    Für Rechte Nationalisten hingegen ist das sowieso d e r zentrale Schlüsselbegriff für ihr ganzes komplettes Weltbild.)
    http://Neoprene.blogsport.de/2014/12/21/wendy-zu-pegida/#comment-115807
    http://neoprene.blogsport.de/2014/11/06/der-streik-der-gdl-ueber-die-argumente-gegen-den-streik/#comment-115327

  65. Dazu
    16. Januar 2015, 16:03 | #65

    Die „Titanic“ darf noch lange nicht satirisch tätig werden,
    das ist doch logo …
    http://www.titanic-magazin.de/news/bitte-keine-vorurteile-7019/

  66. Paco
    19. Januar 2015, 22:03 | #66

    Der Chefredakteur der „Welt“:
    „Pegida bringt 25.000 Demonstranten aus ganz Deutschland zusammen und glaubt, damit vertrete sie „das Volk“ gegen „die Politik“. Die DKP brachte im Westen mehr auf die Straße und wurde ignoriert.“
    http://www.welt.de/debatte/kommentare/article136547294/Der-peinliche-Groessenwahn-der-Pegida-Bewegung.html
    … Verkehrte „Welt“…
    Arnold Schölzel interpretiert in der jw die Versuche, Teile von Pegida wieder auf den Kurs der Altparteien zu bringen, als ideologische Begleitmusik zur Kriegshetze gegen den gesamten islamischen Raum.
    http://www.jungewelt.de/2015/01-20/062.php
    Hm.
    In der arabisch-islamischen Welt kracht es gerade zwischen zwei großen Blöcken der islamischen Welt – den Saudis und dem Iran:
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/jemen-huthi-rebellen-gegen-praesident-hadi-a-1013699.html

  67. Paco
    20. Januar 2015, 20:59 | #67

    Dass Pegida die ideologische Begleitmusik zum Krieg sei,
    wie oben von Arnold Schölzel interpretiert, ist wohl soo gemeint:
    „Wenn Rassismus die Bereitschaft in der Bevölkerung erhöht, deutsche Waffen und deutsche Soldaten in den „Kampf gegen den Terror“ zu schicken, während es in Wahrheit darum geht, dem deutschen Monopolkapital den Zugriff auf Rohstoffe, Absatzmärkte und billige Arbeitskräfte zu sichern…“ (DKP)
    Oh je; die olle Stamokap-Theorie.
    (Wie ML-gläubig muss man denn sein, um ausgerechnet bei diesen wild gewordenen Dresdnern auf das „Monopolkapital“ zu kommen???)

  68. 21. Januar 2015, 06:55 | #68

    zu Neoprene, v. 12. Januar:
    Du mühst dich vergebens, nachzuweisen, dass die Senkung der Lohnkosten in Deutschland nichts mit der Einwanderung zu tun hat. Schon die Tatsache, dass der BdI, natürlich neben den bekannt weltoffenen und toleranten Antifaschisten, zu den schärfsten Befürwortern einer Willkommenskultur gehört, beweist ja, in wessen Interesse die Einwanderung stattfindet.
    zu Neoprene v. 13. Januar:
    Der Name V. N. Gelis sagt mir nichts. Ich bin aber nicht der Meinung, dass die Migranten „scabs“, also „Streikbrecher“ sind.
    Ich habe den Eindruck, dass V. N. Gelis spiegelverkehrt dasselbe macht wie die Antifa: Genau wie die Antifa das Interesse der Migranten über das der Einheimischen setzt, genauso setzt V. N. Gelis das Interesse der Einheimischen über das der Migranten.
    Richtig wäre es, in dieser Frage keinen Standpunkt einzunehmen. Die Einwanderung lässt sich nicht verhindern, sie wird (von irgendwelchen Weltkatastrophen abgesehen) erst zum Stillstand kommen, wenn die Lebensverhältnisse überall auf der Erde gleich schlecht sind. Diese Spaltung der Arbeiterklasse kann nicht aufgehoben werden, man kann aber darauf verzichten, sie zu vertiefen.
    Es gibt jedenfalls keine bessere Werbung für den Faschismus als eine Antifa, die im Schulterschluss mit der Regierung und der Industrie „Toleranz“ und „Weltoffenheit“ fordert. (Und noch dazu vor allem von jenen, die sich solche Tugenden gar nicht leisten können.)

  69. Paco
    21. Januar 2015, 07:13 | #69

    „Genau wie die Antifa das Interesse der Migranten über das der Einheimischen setzt“
    Erstens: Es ist der Staat, der solche Interessen ins Recht setzt – und dass die Migranten hierzulande besser gestellt wären als die Einheimischen, das ist gar nicht Staates Zweck und gar nicht die hiesige Realität (sondern die Meinung von Dresdner Dumpfbacken, die noch nie ein Flüchtlingsheim von innen gesehen haben).
    Zweitens: ist es ein Fehler, als Betroffener sich mit anderen armen Bevölkerungsgruppen zu vergleichen. Dabei kommt, wie man sieht, nur schäbiger Neid dabei heraus, weil der eine mehr Wohngeld kriegt und der andere einen Zuschuss für die Straßenbahn, den man selber nicht kriegt, und man selber muss vielleicht auf einem Amt wegen eines neuen Kleiderschrankes streiten. Oder einem wird dies oder jene Leistung gekützt, weil der Sprössling zwischendurch auch mal minimales Geld hinzuverdient. Stattdessen sollten Proleten sich mal mit dem hierzulande gigantisch vorhandenem Reichtum vergleichen – und sich nicht immer gegen die anderen armen Schlucker aufhetzen lassen!
    (Debatten über andere Leute und Positionen anzuzetteln, wie Neoprene das oben mit seinem lockeren Vergleich gemacht hat, empfinde ich als nicht hilfreich, man gerät dann vom Hundertsten ins Tausendste.
    Mir wäre also nützlich, du würdest deine Gegenposition zu meinen zwei Punkten mal aufschreiben. Antworten kan ich aber erst später, ich muss gleich los…)

  70. Paco
    21. Januar 2015, 07:41 | #70

    „Es gibt jedenfalls keine bessere Werbung für den Faschismus als eine Antifa, die im Schulterschluss mit der Regierung und der Industrie „Toleranz“ und „Weltoffenheit“ fordert. (Und noch dazu vor allem von jenen, die sich solche Tugenden gar nicht leisten können.)“

    Das ist v e r k e h r t ! Werbung für den Faschismus machen Leute, die sich herbeihalluzinieren, ausgerechnet der deutsche Staat würde von armen Schluckern „ausgebeutet“ und damit der deutsche Staat für einen selber tätig würde, müsste er erst einmal viel stärker werden, müsste auf „Ordnung“ achten, damit er gegen diese „Undeutschen“ vorgehen könne.
    Werbung für den Faschismus machen die Rechten.
    Also Leute, die die Sarrazin-Thesen nachbeten.
    Und nicht irgendwelche Linken oder Antifas.
    (Merkt man übrigens auch daran, dass die seltsame Beschwerde, der Staat könne nichts für einen machen, w e i l er „Opfer von Undeutschen“ geworden sei, sich auch anders formulieren lässt.
    Auch wer mehr Geld für Theater, Bildung, Kindergärten fordert,
    „gefährdet“ deswegen nicht „unseren Staat“ und ist auch überhaupt gar nicht ein Wegbereiter der Rechten…)
    (Dass mir die Antifa auch nicht gefällt,
    das steht auf einem andere Blatt.
    Und das Einfordern von „Toleranz“ und Multikulti
    ist wirklich kein gutes Gegenargument gegen die Rechten,
    sondern ein dickes Lob für die angeblich viel bessere BRD…)

  71. Karl
    21. Januar 2015, 09:41 | #71

    „Richtig wäre es, in dieser Frage keinen Standpunkt einzunehmen.“

    Es ist ein bemerkenswerter Standpunkt, keinen einnehmen zu wollen. Schon die Beurteilung von Einwanderung als Problem (z.B. „Spaltung der Arbeiterklasse“) verrät den nationalen Standpunkt, von dem aus „die Erde“ interpretiert wird:

    „Die Einwanderung lässt sich nicht verhindern, sie wird (von irgendwelchen Weltkatastrophen abgesehen) erst zum Stillstand kommen, wenn die Lebensverhältnisse überall auf der Erde gleich schlecht sind. Diese Spaltung der Arbeiterklasse kann nicht aufgehoben werden, man kann aber darauf verzichten, sie zu vertiefen.“

    Warum soll Einwanderung überhaupt zum Stillstand kommen, mit Katastrophen verglichen werden oder verhindert werden? Wessen Sorge ist denn sowas?
    Und woher kommt die Vorstellung, dass die eine Arbeiterklasse durch eine andere gespalten würde? Soll man sich etwa eine schwarz-rot-goldene Arbeiterklasse denken und deren „Interesse“ als „einheimisches“ einsortieren?

  72. Kim B.
    21. Januar 2015, 14:05 | #72

    Gulliver: „Du mühst dich vergebens, nachzuweisen, dass die Senkung der Lohnkosten in Deutschland nichts mit der Einwanderung zu tun hat.“
    Und wenn. Entscheidend ist doch nicht, ob sie möglicherweise wegen den Einwanderern gesenkt werden, sondern dass sie – ob mit oder ohne Einwanderer – überhaupt gesenkt werden und dass dieser Angriff auf die Reproduktion der Lohnarbeiter ein immerwährender sein wird, solange sich die Menscheit kapitalistisch reproduziert.

  73. 21. Januar 2015, 14:29 | #73

    Ja, einzelne Firmen, ja ganze Branchen haben ein Interesse an noch niedrigeren Löhne als eh nur noch gezahlt werden müssen. Und nutzen dann maximal die besonders erpressbare Lage von „Illegalen“ aus. Ganze blühende Landstriche wie Südkaliforniens Landwirtschaftsindustrie leben davon.
    Das ist aber beileibe nicht deckungsgleich mit den Interessen der Staaten. Wenn die ebenfalls auch nur an maximal gesenkten Löhnen interessiert wären, würden die doch versuchen, die bisher als Staatsbürger zur Lohnarbeit gezwungenen Menschen durch Einwanderer zu ersetzen, die keinen legalen Status haben. Das drakonische Grenzregime der EU und der USA, das schon zehntausenden das Leben gekostet hat, zeigt doch, das die etwas anders „rechnen“. Schröder hat z.B. vorgemacht, daß man auch ohne weitere Einwanderer, die den Druck auf den Arbeitsmärkten sicherlich hätten vergrößern können, aus dem Stand heraus mit einer massiven politischen Kampagne bei einem wesentlichen Teil der in Deutschland Beschäftigten auch ins Gewicht fallende Lohnsenkungen hinkriegen kann. Und das mit dem Zusammenstreichen der „Lohnnebenkosten“ alle europäischen Staaten ebenfalls ganz ohne Immigration den Gesamtlohn der Klasse drücken, kommt noch hinzu.

  74. dazu
    21. Januar 2015, 15:41 | #74

    Übrigens: lustig – oder auch weniger lustig.
    Wie verkommen der ML als Wissenschaft ist,
    kann man daran ersehen, dass mit allerlei
    klassenkämpferischen Allerweltsphrasen
    a) PEGIDA als eigentlich nachvollziehbare Reaktion
    der deutschen Arbeiterklasse auf dit oder dat interpretiert wird.
    PEGIDA sei also eine Aktion der Arbeiterklasse
    (wie das Gulliver gerade vorbuchstabiert);
    b) im Gegentum sei PEGIDA raffiniert vom Monopolkapital
    herbeiinszeniert, um die Arbeiterklasse an zukünftige deutsche Kriege wegen Öl im islamischen Raum heranzuführen.
    PEGIDA sei also eine Aktion des Kapitals.
    (Das versteht die DKP unter Aufklärung).
    Beide wollen die Welt (zum ML hin-) interpretieren,
    lustigerweise völlig gegensätzlich.
    Dass man sich mit solch Zeug herumschlagen muss,
    das hat einem beim Analysieren gerade noch gefehlt.

  75. Paco
    21. Januar 2015, 18:26 | #75

    „Die Gegendemonstranten mit ihren Lichterketten und gemeinschaftlichem Lärmen halten die fremdenfeindliche Bewegung aus der Mitte der Gesellschaft für eine Schande. Sie haben eine andere Vorstellung von dem Gemeinwesen, dem sie angehören, und machen sich mit ihrem Fremdschämen zu Repräsentanten eines besseren, weltoffenen und humanen Deutschland, eines menschenfreundlichen München, Dresden …, das Zuwanderer und Hilfsbedürftige nicht ausgrenzt. Dem „christlichen Abendland“ setzen sie demonstrativ den Ruf nach wahrhaft christlicher oder bajuwarischer oder sonstwie weltoffener Mitmenschlichkeit und Solidarität entgegen, möchten diese Werte für Deutschland und seine Bürger verbindlich machen und ‚ihr München oder ihr Bremen‘ als Hort eines solchen besseren Patriotismus hochhalten – im Verein mit Politik– und Parteivertretern, die wählerwirksam die gute Gesinnung demonstrieren, die ihre praktisch betriebene Asyl– und Ausländerpolitik jeder Kritik entziehen soll. (…)
    Was ist von einer Kritik an Pediga zu halten, die Pegida alternative Werte und Pflichten entgegenhält, die sich für gute Deutsche viel besser ziemen würden? Geht es eigentlich in Ordnung, als Repräsentant eines vorgestellten besseren Deutschlands demonstrativ für die Güte eines Gemeinwesens einzutreten, das mit all seinen politischen Berechnungen und Maßnahmen und den gültigen ökonomischen Interessen dem vorstellig gemachten Bild einer guten, für alle wohnlichen Heimat, laufend Hohn spricht?“
    http://www.farberot.de/text/details/152-Pegida.html GSP 18.01.2015
    Kein besseres Deutschland vertritt diese Satire:
    http://feynsinn.org/?p=2540
    Diese auch nicht:
    http://www.titanic-magazin.de/news/ist-ihr-arbeitskollege-ein-terrorist-7-todsichere-anzeichen-7026/

  76. Carlitos
    21. Januar 2015, 22:49 | #76

    AK 601 analysiert die „neue Qualität, örtlich begrenzt“ von PEGIDA:
    „… ist darauf hinzuweisen, dass PEGIDA eine Massenattraktion ausübt und auch eine Massenpublizität erfährt, die der außerparlamentarischen Rechten in der Bundesrepublik sonst nicht in diesem Maße zukommt. Das ist die neue Quantität.
    Die neue Qualität ist, dass PEGIDA offensichtlich ein Milieu zu repräsentieren vermag, das bisher ideeller Art und lebensweltlich kaum zu fassen war. Dass es sich jetzt zusammenfindet, ist die eigentliche, die buchstäbliche Bewegung. Sie mag von Beständen der extremen Rechten, vom Neonazismus und von dort her lancierten Kampagnenthemen zehren, aber sie hängt längst nicht von ihnen, vermutlich nicht einmal vom Standort Dresden ab.
    Anlass zur Sorge bereiten nicht die Versammlungen an sich, sondern das zu diesem montäglichen Anlass versammelte Spektrum und dessen über Monate anhaltendes Wachstum. Daraus ward PEGIDA in Dresden: Die Bewegung entsteht in einem Prozess der Selbstwiederholung, der in dem Maße, wie er weitere Personen mitreißt, eine zunehmende Selbstermächtigung darstellt und eine Politik der Akklamation ermöglicht. Die Versuche, PEGIDA auf andere Städte zu übertragen, scheitern womöglich deshalb, weil sie keinen solchen Prozess durchlaufen, sondern das fertige Ergebnis nachahmen wollen.“
    http://www.akweb.de/ak_s/ak601/18.htm

  77. Paco
    22. Januar 2015, 07:09 | #77

    Das ist einerseits die Anwendung alter KB-Sprüche
    – nun auf eine rechte Bewegung.
    („Hauptsache Kampf“ hieß der Artikel der MSZ über den KB:
    http://msz1974-80.net/KB.html)
    Der hierzulande durchaus verbreitete Rechtsradikalismus wird dadurch, dass er öffentlich wird und zeigt, dass er mit dem normalen bürgerlichen Milieu vermischt ist, nicht länger als private Randmeinung empfunden, sondern als Mainstream empfunden, traut sich daher immer weitere Schritte zu.
    Die unterstellte rechtsradikale Gesinnung bildet sich dadurch aber nicht erst heraus, sondern ist diesem Prozess schon vorausgesetzt.
    Allerdings passiert so etwas wie eine wechselseitige Bestätigung und Stabilisierung – was über Mechanismen der „Anerkennung“ läuft.

  78. Paco
    22. Januar 2015, 21:05 | #78

    Theo Wentzke: Argumente gegen PEGIDA
    Jena 20. Januar 2015
    Erfurt 19. Januar 2015
    Der Vortrag in Jena am 20.1. scheint im Ablauf am Schluss möglicherweise durch einen größeren Abgang von Antideutschen etwas gestört worden zu sein, jedenfalls haben sich wohl etliche Diskutanten verdrückt.
    (Diese Aufzeichnung ist 106 Minuten lang).
    Der Vortrag in Erfurt vom Vortag hingegen war mit immerhin 139 Min. doch sehr viel länger.

  79. Karl
    23. Januar 2015, 14:32 | #79

    + Di, 03. März 2015 | 19:30 | Mehringhof, Berlin
    http://kk-gruppe.net/pegida-boese-und-gute-patrioten-im-clinch/

  80. 23. Januar 2015, 15:52 | #80

    @Karl

    „woher kommt die Vorstellung, dass die eine Arbeiterklasse durch eine andere gespalten würde?“

    Es gibt nur eine Arbeiterklasse, zu der die Migranten ebenso gehören wie die Einheimischen. Diese Arbeiterklasse ist gespalten. Das Interesse der Migranten wird nicht „vom Staat ins Recht gesetzt“, sondern entspringt ihrer sozialen Lage als Lohnarbeiter. Ich kann nicht finden, dass das Konkurrenzinteresse der Migranten besser ist als das der Einheimischen.(„Die Einheimischen“ — das sind auch längst nicht mehr „die Deutschen“; Deutschland ist seit 1963 Einwanderungsland.) Deswegen bin ich dagegen, eines dieser Konkurrenzinteressen zu unterstützen. Wer hier eine Seite unterstützt, der vertieft die Spaltung.
    Den „nationalen Standpunkt“ hast du dir hinzuphantasiert.
    @Dazu

    „PEGIDA sei also eine Aktion der Arbeiterklasse“

    Wenn ich die Ausländerfeindlichkeit der einheimischen lohnabhängigen Bevölkerung nachvollziehen kann, dann heißt das doch nicht, daß ich PEGIDA für eine Aktion der Arbeiterklasse halte.

    „Beide (sc. die DKP und ich) wollen die Welt (zum ML hin-) interpretieren“

    Jetzt bin ich entlarvt. Ich versuche in ermüdender Einseitigkeit in jedem gesellschaftlichen Problem den zugrundeliegenden Klassengegensatz herauszuarbeiten. Fragen der Moral, der Humanität, der Gerechtigkeit, der Emanzipation usw. interessieren mich ansonsten nur, wenn ich sie mit Spott und Hohn übergießen kann. So eine Sau bin ich.
    @Neoprene
    Toleranz und Weltoffenheit sind natürlich Forderungen des Kapitals an die einheimische Arbeiterklasse, keine Handlungsmaxime für das Kapital selbst. Wir wollen Einwanderer, die uns nützen, nicht solche, die uns ausnützen, wie ein CSU–Politiker sagte. Andererseits ist es natürlich wahr, dass jemand, der trotz Grenzregime zu uns gelangt, an Intelligenz und Tatkraft den bio-deutschen Hartz-IV–Verrecklingen überlegen ist.
    „Die Erfahrung zeigt, daß alle auswandernden Elemente eher aus den gesündesten und tatkräftigsten Naturen bestehen, als etwa umgekehrt.“ (Adolf Hitler, Mein Kampf. Kommentierte und vollständige Ausgabe …, S.19 auf http://www.bklevenz.de)

    „Schröder hat z.B. vorgemacht, daß man auch ohne weitere Einwanderer, die den Druck auf den Arbeitsmärkten sicherlich hätten vergrößern können, aus dem Stand heraus mit einer massiven politischen Kampagne bei einem wesentlichen Teil der in Deutschland Beschäftigten auch ins Gewicht fallende Lohnsenkungen hinkriegen kann.“

    Du hast die Einwanderungswelle der Russland– (und anderen) Deutschen (und die Flüchtlinge aus dem Jugoslawienkrieg etc.) vergessen, die der Agenda 2010 vorausging. Niemand kann sagen, dass das nichts miteinander zu tun hat.

  81. Carlitos
    23. Januar 2015, 19:17 | #81

    „Es gibt nur eine Arbeiterklasse, zu der die Migranten ebenso gehören wie die Einheimischen. Diese Arbeiterklasse ist gespalten.“
    Diese Formulierung, die Arbeiterklasse sei „gespalten“, zeigt bereits bei Lenin, dass ihn das Ideal einer klassenbewussten Arbeiterklasse umtrieb – und daran, an diesem Ideal, gemessen, entdeckte er davon abweichende Gruppen als bloße Gewerkschafter, Sozialdemokratisten, Opportunisten etc. So ist bei Lenin die Arbeiterklasse „gespalten“.
    Was meinst du nun also mit der Formulierung:
    „Diese Arbeiterklasse ist gespalten“?

  82. 23. Januar 2015, 19:53 | #82

    @ Gulliver

    „Ich kann nicht finden, dass das Konkurrenzinteresse der Migranten besser ist als das der Einheimischen.“

    Nicht nur das, ich kann zudem nicht finden, daß Konkurrenzinteressen überhaupt was Gutes wären. Es ist natürlich offensichtlich, daß solange alle in den unterschiedlichsten Weisen der Konkurrenz ausgesetzt sind sehr schnell Überlegungen aufkommen, auch noch den kleinsten ja eh nur relativen Konkurrenzvorteil daurch zu verteidigen, daß man es irgendwie, meist natürlich durch dementsprechende Apelle an den „eigenen“ Staat, schafft, die „Anderen“ wegzudrängen, von der Konkurrenz ausschließen zu lassen, oder sonstwie nicht zum Zuge kommen zu lassen.
    Der zentrale Fehler aller solcher Gedanken ist die gerade bei den nicht so Erfolgreichen der Konkurrenz umso festsitzendere Überzeugung, daß diese Konkurrenz wie geschaffen für sie sei, die dadurch bewirketen traurigen Lebensverhältnisse nicht nur ein aufgezwungenes Los, sondern eine alternativlose Lebenschance seien.

    „Wir wollen Einwanderer, die uns nützen, nicht solche, die uns ausnützen, wie ein CSU–Politiker sagte.“

    Ich bin mir hier nicht klar geworden, wen Gulliver hier mit dem „wir“ beschrieben haben wollte: Den Staat (den offensichtlich hat das ja ein Politiker gesagt und kein Unternehmer) oder die Arbeitgeber. Mal abgesehen davon, daß jede Firma natürlich immer nur die einstellt, die ihr und ihren Gewinnen nützen, unabhängig davon, ob sie für den Staat auch als nützlich gelten. Denn der rechnet ja offensichtlich schon anders und insbesondere mit der Aufrechterhaltung eines nationalbewußten Volkskörpers. Der Staat würde eben nicht alle bisherigen Niedriglöhner durch frisch hereingelassene Einwanderer ersetzen, auch wenn reihenweise Firmen das ganz toll finden würden. Um diesen Punkt ging es offensichtlich Hitler viel mehr als um den Stundenlohn, den man bei Immigranten noch niedriger ansetzen kann.

  83. 23. Januar 2015, 20:02 | #83

    Den Punkt, den Carlitos wieder rausgenommen hat, möchte ich doch wieder reinbringen (mein Feedreader hebt sowas glücklicherweise auf, bis ich wieder an meinen Blog komme):

    „Vom Standpunkt eines klassenbewussten Arbeiters her gedacht mag man feststellen, dass die Kollegen nicht an einem Strick ziehen, dass es Streikbrecher gibt, etc.
    Meiner Erinnerung zufolge waren letztens türkische Metallarbeiter auch mal aufsässiger als die IG Metall-Ortsleitung das leiden konnte und haben einen „wilden Streik“ angezettelt.“

    Als Arbeiter, also als überzeugte Konkurrenzler, sind die lohnabhängigen Menschen eh nicht homogen mit einem inhaltlich gleichen Willen. Jeder will (und muß erst mal) für sich den Erfolg in der Konkurrenz. Erst wenn die Arbeiter zum Bewußtsein kommen, daß sie dieses erbitterte Gegeneinander durch gemeinsamen Kampf um Verbesserungen ihrer Lage zurückdrängen sollten, kann man überhaupt von einer Klasse mit Klassenbewußtsein sprechen, vorher ist das nur eine soziologische Kategorie. Und wirklich zu einem politisch homogenen Subjekt werden sie nur, wenn sie den kollektiven Willen fassen, mit ihren Arbeiterexistenzen Schluß zu machen, indem sie das System der Lohnarbeit wegräumen. Insofern gebe ich Carlitos recht, daß der Begriff der „Spaltung“ der Arbeiterklasse einen hochgradig kontroversen Inhalt hatte (und hat).

  84. Carlitos
    23. Januar 2015, 20:23 | #84

    „Andererseits ist es natürlich wahr, dass jemand, der trotz Grenzregime zu uns gelangt, an Intelligenz und Tatkraft den bio-deutschen Hartz-IV–Verrecklingen überlegen ist.
    „Die Erfahrung zeigt, daß alle auswandernden Elemente eher aus den gesündesten und tatkräftigsten Naturen bestehen, als etwa umgekehrt.“ (Adolf Hitler, Mein Kampf.)
    Faschisten denken so.
    „Wahr“ ist daran überhaupt g a r n i c h t s.
    Und warum zitierst du das?
    Denkst du auch so?
    Soll das irgendeine Wahrheit sein?
    Oder was soll uns dieses Zitat aus deinem Munde sagen?
    (Ich frag mal lieber vorsichtig nach.)

  85. 23. Januar 2015, 20:53 | #85

    Der Hitler bringt damit doch nur eine Bebilderung, daß man „solche“ „hier“ nicht reinlassen darf, nicht nur prinzipiell nicht, weil die nicht zu „uns“ gehören. Denn obendrein verschlechtern die auch noch die Konkurrenzsituation, nicht durch ihre schiere Zahl, sondern sie verdrängen zudem noch durch ihre (verfabelte) Überlegenheit in der Konkurrenz die „Unsrigen“ von ihrem angestammten auf jedenfall berechtigt eingenommen lausigen Platz noch weiter nach unten. Die „unsrigen“ davor zu beschützen, dafür tritt der eingefleischte Nationalist, in seiner extremsten Form der Faschist, dann auf.

  86. Karl
    23. Januar 2015, 21:14 | #86

    „Ich kann nicht finden, dass das Konkurrenzinteresse der Migranten besser ist als das der Einheimischen.“

    1. Welches Konkurrenzinteresse haben denn Migranten? Oder andersherum: Wenn ohnehin alle konkurrieren müssen, was hat das mit Migration zu tun? Wie kommst du auf den Zusammenhang zwischen Flüchtenden und z.B. Arbeitsplatzkonkurrenz oder Konkurrenz um Transferleistungen? Wenn die Pegida-Leute nämlich auf Ausländer losgehen, betrachten sie die ja nicht bloß als Konkurrenten (dann müssten sie sich auch gegenseitig bezichtigen), sondern als unrechtmäßige Zumutung für ihre Fassung der Nation! Die dafür bejammerten Transferleistungen oder Arbeitsplätze sind bloß Belege, dass die Heimat vor lauter Überfremdung in Gefahr gerate.
    2. Du willst Konkurrenzinteressen nicht für besser oder schlechter halten, scheinst aber die Sortierung in einheimische und migrierende Konkurrenzinteressen irgendwie relevant zu finden. Die nationalistische Empörung sieht allerdings nur aus wie eine „Spaltung“, wenn man den Pegida-Leuten unterstellt, sie würden als Arbeiter demonstrieren – das tun sie weder explizit noch implizit, die warnen vor Islam und Überfremdung im Namen der Nation!

  87. Paco
    24. Januar 2015, 07:39 | #87

    „Als Arbeiter, also als überzeugte Konkurrenzler, sind die lohnabhängigen Menschen eh nicht homogen mit einem inhaltlich gleichen Willen. Jeder will (und muß erst mal) für sich den Erfolg in der Konkurrenz. Erst wenn die Arbeiter zum Bewußtsein kommen, daß sie dieses erbitterte Gegeneinander durch gemeinsamen Kampf um Verbesserungen ihrer Lage zurückdrängen sollten, kann man überhaupt von einer Klasse mit Klassenbewußtsein sprechen, vorher ist das nur eine soziologische Kategorie. Und wirklich zu einem politisch homogenen Subjekt werden sie nur, wenn sie den kollektiven Willen fassen, mit ihren Arbeiterexistenzen Schluß zu machen, indem sie das System der Lohnarbeit wegräumen.“ (Neoprene)

    Und, wie Neoprene schon gesagt hat, bei so einer rein soziologischen Kategorie wie „Arbeiterschaft“ kann man alle möglichen soziologischen Differenzen entdecken. (Die mögen dann auch zwischen sonstigen soziologisch einsortierten Gruppen existieren.)
    Ob und wie Differenzen in einer revolutionär gesinnten Gemeinschaft dann zu einer „Spaltung“ der Organisation führen, mag dann bei denen eine Frage unterschiedlicher ideologischer Überzeugungen oder politischer Differenzen werden. (Bekanntlich war das zwischen Bolschewiki und Menschewiki im Detail und im Innern der Partei oft weniger klar.)
    „Spaltung der Arbeiterk l a s s e“ – zeigt als Begriff nur, dass Lenin das Ideal des klassenkämpferischen Proletariats hochhielt, sich also eine seinem Klassenkampf-Ideal entsprechende eigentliche Klasse zurechtzimmerte und Abweichung davon als Spaltungen dieser (Vorstellung von) Klasse denunzierte.
    Garantiert aber hat diese von Lenin stammende Kategorie der „Spaltung der Arbeiterklasse“ gar nichts mit den von Gulliver angeführten Kategorien der Staatsangehörigkeit zu tun.
    (Diese Idee muss man dem alten Lenin ächt nicht antun.)
    Die alten Schriften werden hier erklärt:
    http://www.gegenstandpunkt.com/msz/register/1klasike.htm
    (NestorMachno hat auf seinem Blog dazu auch einiges
    aufgeschrieben, 2010 eine ganze Reihe von Artikel zu Lenin (gibts davon eine neuere Version? Führt nun reichlich vom rechten Weg der PEGIDA ab.)
    http://NestorMachno.blogsport.de/2010/08/20/staat-und-revolution-teil-6/

  88. 24. Januar 2015, 17:08 | #88

    Von Gullivers Homepage:

    „Deutsche Arbeiter haben (wie alle Arbeiter) ein Interesse an einer Einschränkung der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt. Wer „schon immer da war“, will wenigstens bevorzugt behandelt werden. Da sie ihr (Konkurrenz-) Interesse als Rassismus ideologisieren (wie sonst?), kaufen sie sich für teures Geld Sarrazins Rassistenfibel. Natürlich gibt es auch eine sozialistische Methode zur Verteidigung des Lohns — aber bei der VVN (und überhaupt bei der Antifa) ist davon nicht die Rede.“

  89. Paco
    24. Januar 2015, 19:21 | #89

    Das Interesse an einer „Einschränkung der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt“ ist in der Tat das Interesse an einer Gewalt, die dies erst bewerkstelligen könnte.
    Darauf zielt dann auch ihr Interesse: der Staat soll für sie als Staatsbürger tätig werden. Deswegen haben sie ein Interesse, dass a) mit „Volksschädlingen“ kräftiger aufgeräumt wird, damit b) der Staat dann angeblich endlich für seine besten Bürger tätig werden könne.
    So haben sie ein Interesse an einem starken Staat entwickelt.
    Falsch ist, sie hätten dies gar nicht, sondern dies wär nur ihre Tour, als Konkurrenten sich zu betätigen.
    Das ist also k e i n e „Methode zur Verteidigung des Lohns“.
    Das tuen sie da nämlich gerade nicht, sondern klotzen sogar noch eine Stunde früher ran und hauen im Job voll rein, damit sie abends auch rechtzeitig zu PEGIDA rennen können. (So hat es der oben dargestellte Typ im Tagesspiegel beschrieben.)

  90. 24. Januar 2015, 20:13 | #90

    „Das Interesse an einer „Einschränkung der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt“ ist in der Tat das Interesse an einer Gewalt, die dies erst bewerkstelligen könnte. Darauf zielt dann auch ihr Interesse: der Staat soll für sie als Staatsbürger tätig werden.“

    Nicht unbedingt der Staat. (Letztlich natürlich doch immer.) In angelsächsischen Staaten haben Gewerkschaften früher häufig mit der „Closed Shop“-Politik versucht, die Konkurrenz „selber“ einzuschränken, also mit erfolgreichen Arbeitskämpfen, die die Arbeitgeber ihrer Branche zur Annerkennung dieser Politik gezwungen haben.
    Letztlich ist auch die Politik von Gewerkschaften, bei ihren Streiks notfalls mit Gewalt gegen Streikbrecher vorzugehen, ein Mittel zur Konkurrenzeinschränkung.
    Oder noch höher aufgehängt: Wenn denn Arbeiter in einem beschränkten Gebiet gegen Kapital und Staat gewonnen haben, dann werden sie sich gegen die Konkurrenz, die der Weltmarkt und die verbliebenen kapitalistischen Staaten bedeuten, zur Wehr setzen müssen, wenn sie nicht wieder von dieser kapitalistischen Konkurrenz zurückgeworfen werden wollen.

  91. Carlitos
    24. Januar 2015, 20:57 | #91

    Ja, das Führen eines Arbeitskampfes schränkt das Gegeneinander der einzelnen Arbeiter ein, die nehmen sogar zusätzliche Einbußen in Kauf, damit sie den Unternehmer als Gesamtbelegschaft besser erpressen können und eine größere Lohnerhöhung für eine befristete Periode herausschlagen. Anschließend dreht der Unternehmer dann in dieser Periode an der Leistungsschraube, verschärft die Ausbeutung, und das Karussell geht bei der nächsten Tarifrunde wieder von vorne los.
    Machen tut das der Arbeiter, weil er nach dem Arbeitskampf sich besser stellen will und er tritt dann auch wieder als Konkurrent gegen seine Kollegen auf.
    (Über zukünftige Szenarien nachzudenken bringt nur Verwirrung, weil dabei zig andere Sachen eingetreten sein werden.)
    Und was hat das mit Pegida zu tun?

  92. Carlitos
    24. Januar 2015, 21:05 | #92

    „Nicht unbedingt der Staat. (Letztlich natürlich doch immer.)“
    Wenn es hier um PEGIDA geht,
    dann geht es – unbedingt! – um den Staat.

  93. 24. Januar 2015, 21:05 | #93

    „Und was hat das mit Pegida zu tun?“

    Nicht sehr viel, aber mit Paco, denn auf den war das ja eine Antwort bzw. Entgegnung.

  94. Carlitos
    24. Januar 2015, 22:01 | #94

    Aus einer Debatte über Arbeiterbewegungsprinzipien klinke ich mich aus, ich dachte nämlich, du hättest GULLIVERS Homepage-Zitat als Ergänzung zu seiner Einschätzung von Pegida hier hereingestellt.
    (So hat sich nämlich auch Paco auf GULLIVERS Sätze bezogen.)
    Schließlich war Pegida hier auch das Thema.

  95. dazu
    25. Januar 2015, 18:03 | #95

    KeinOrt 47 präsentiert „Schland-Watch“:
    #47 Des wär ammal a Witz
    Schland-Watch,
    https://www.facebook.com/schlandwatch.original?fref=ts
    schon länger als Kritiker aufgefallen, welche den eigentlich Witz des Nationalismus nicht begriffen haben, sind völlig zum Witz als Agitationsmittel übergegangen:

    “Ein Bankier, ein Asylsuchender und einer, der sich für “das Volk” hält, sitzen an einem Tisch. Auf dem Tisch liegen 3 Kekse. Der Bankier und der Asylsuchende nehmen sich je einen Keks. Der Dritte ruft: “Die schmarotzenden Asylanten und die gierigen Bankster nehmen dem Volk alle Kekse weg!”

    So stellen sich also Deutschlandkritiker 2015 die BRD vor: Drei Kekse auf einem Tisch, die netterweise gleich verteilt werden an Bänker, Lohnabhängige und Asylanten.
    Ein wirklicher Witz wäre es, sich einmal zu erklären, warum Banken mit riesigen Kapitalmengen hantieren und spekulieren. Erklärungswürdig wäre es, warum kein kapitalistischer Betrieb ab einer gewissen Größe ohne Kredit profitabel wirtschaften kann und Banken deswegen zum Kapitalismus notwendig dazugehören. Dafür aber interessieren sich Schland-Watch nicht. Auf den Hinweis, dass Bänker eine etwas andere Keks-Auslastung als Asylanten haben, kommt die Antwort: “Der Hass auf “die Banker” […] ist verkürzte Kapitalismuskritik und strukturell antisemitisch.”
    Weil man Banken falsch kritisieren k a n n, gehen diese auf Nummer sicher und stellen sie wider besseren Wissens als arme Schlucker dar, die gleich ärmlich abgespeist werden wie die Asylsuchenden. Wer darauf besteht, dass Bänker doch in einer etwas anderen Liga spielen und eine andere gesellschaftliche Rolle einnehmen, ist dann irgendwie schon “strukturell antisemitisch” oder zumindest ziemlich verkürzt.
    Den Lohnabhängigen wird mit dem Witz deshalb auch nicht der Fehler gezeigt, der im nationalen Kollektiv angelegt ist. “Das Volk” ist doch gerade kritikabel, weil es keinen Unterschied macht zwischen Lohnabhängigen und Kapitalisten, zwischen Mietern und Vermietern. Genau wegen dieser Sicht als “Volk” kommen Pegidas & Co auch auf die Idee, dass es wohl kaum an ihrer Klassenlage liegen kann, wenn sie hier schlecht wegkommen: Schuld sein müssen Leute, die nicht zum “Volk” gehören: Asylanten oder eben “gierige” Bänker, Pflicht vergessene Laumänner oder Schädlinge.
    Diese Verhältnisse zu erklären, ‘des wär ammal a Witz’. Statt dessen pflegt Schland-Watch das Bild einer Gesellschaft, in der alle das Gleiche bekommen und nur die Ewig-Gestrigen und die notorischen Antisemiten sich noch beschweren.
    Was für ein Witz!
    http://keinort.de/?p=691

  96. dazu
    26. Januar 2015, 10:24 | #96

    WENDY schreibt auf ihrem Blog:
    So liest man im Zusammenhang immer wieder Nonsensargumente, die fehlendes „Mitgefühl“ oder „Unmenschlichkeit“ ankreiden. Dabei haben die Pegida-Anhänger doch Mitgefühl im Übermaß: Für ihre „deutschen Volksgenossen“ allemal, für „ihren“ deutschen Staat, der angeblich durch die „massenhafte Einwanderung“ von Betrügern und Schmarotzern so in die Bredouille gebracht wird.
    Manche „Antirassisten“ können sich den rassistischen Argumenten der Pegida durchaus anschließen: Übermäßige Zuwanderung IST schlecht, es IST ein unhaltbarer Zustand, wenn der deutsche Staat Geld für fremdländische Menschen aufwendet, es GIBT eine deutsche Leitkultur, die schützenswert ist, kriminelle Ausländer SIND aus irgendwelchen Gründen schlimmer als kriminelle Deutsche. Die „Kritik“ setzt hier nur an der falschen Faktenlage an: So viele Ausländer wandern nun doch nicht ein, sie produzieren dem Staate Mehreinnahmen in Milliardenhöhe und dass das Weihnachtsfest in Winterfest umbenannt würde, das muss man wirklich nicht fürchten. Eine erbärmliche Entgegnung, zumal für Pegida nach eigener Aussage JEDER Ausländer ein Problem darstellt, fremde Kultureinflüsse GENERELL zu verhindern sind und man am Besten JEDWEDE Asylbewerber wieder dahin schickt, wo sie krepieren oder verelenden können, ohne „uns“ zu nerven – „Man kann eben nicht allen helfen“…
    Eine weitere peinliche Art, Pegida und Anti-Asyl-Demonstranten zu kritisieren, fasst sich in den Parolen „Rassismus aufdecken“ und „Wer mit der NPD marschiert, ist ein Nazi“ zusammen: Mit dem „Nachweis“, dass hier „vermeintlich besorgte Bürger“ rassistisch argumentieren würden oder die Abgrenzung zu Neonazis fehlen lassen, ist die ganze Auseinandersetzung schon abgeschlossen. Ganz nach der bundesdeutschen, antifaschistischen Nachkriegsmoral, nach der Patriotismus, Nationalismus, Ausländerfeindlichkeit in Ordnung gehen – auch wenn man das nicht so nennen darf –, Faschismus sich jedoch „nicht gehört“, tut man so, als wäre mit der Benennung dessen, was dort unterwegs ist, schon der Kampf gewonnen. Dabei ist es erstens hochumstritten, ob Pegida rassistisch ist oder nicht – die Demonstranten verneinen das – und wer so tut, als wäre das, was dort geäußert wird, für den bundesdeutschen Diskurs so anrüchig, dass man schon mit dem Hinweis auf Rassismus die Sache vom Tisch wischen könnte, hat offensichtlich seit der Veröffentlichung von „Deutschland schafft sich ab“ ‚unter einem Stein gelebt’…
    http://wendy.blogsport.de/2014/12/20/das-skandal-interview-des-prof-dr-stoecker-kommunistische-argumente-gegen-pegida/#comment-29712

  97. 26. Januar 2015, 10:52 | #97

    Ähnlich hatte Wendy auch schon vor zwei Jahren zu einer IL-Broschüre zu Krise und Rassismus argumentiert:

    „… Offensichtlich richtet sich die IL an ein Szene-Publikum – in der Broschüre zumindest fällt die Kritik an Rassismus, speziell im Zusammenhang mit der Krise völlig flach. Ich kann mir vorstellen, dass die Macher ganz klassisch denken, dass das Aufzeigen, dass es Rassismus gibt, völlig ausreichend ist. Schließlich besteht die anvisierte Leserschaft aus Menschen, die Rassismus moralisch verurteilen. Da reicht die bloße Mitteilung. Die Argumentation bewegt sich ungefähr in diesem Dreieck: Krise (doof), Rassismus (doof) = Krise + Rassismus doof (siehe erster Teil der Gleichung).
    Dabei ist es doch überhaupt nicht klar auf der Hand liegend, warum die Leute sich massenhaft anstatt gegen die Verursacher der Krise und ihrer persönlichen Misere in Wirtschaft und Politik ausgerechnet gegen Menschen wenden, die überhaupt nicht die Subjekte der Vorgänge sind, sondern sich wie sie selbst in der beschissenen Lage befinden, sich irgendwie auf die veränderten wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse einzustellen. Wie ist denn eine (nationalistische!) Einstellung beschaffen, die trotz mannigfaltiger gegenteiliger Hinweise bei militärischen, energie- und umweltpolitischen oder eben wirtschaftlichen Krisen sofort das Schimpfen auf Ausländer, andere Nationen oder eben inländische Schädlinge am nationalen Gemeinwohl wie „Sozialschmarotzer“ und übermäßig gierige Unternehmer losgehen lässt. Für den Großteil der deutschen Bevölkerung und ganz besonders die Medien und Politik unseres unwirtlichen Fleckens Erde ist weder ein zu verurteilender Zusammenhang zwischen Krise und Rassismus gegeben. Im Gegenteil das ist ihre bevorzugte Art der Reaktion auf „die Krise“. Welchen Sinn macht ein Positionspapier, dass das Zustandekommen und den Inhalt der Ideologie sowie damit natürlich auch die radikale Kritik jener völlig ausblendet? Wie soll man dagegen ankommen, wenn man sich nicht die Mühe macht oder unfähig ist, eine solche Kritik anzustellen?“

  98. dazu
    26. Januar 2015, 18:40 | #98

    Wie schnell manche moralisch aufgeblasenen Argumente von Antifas
    postwendend dann von den Bürgern und von den Rechten
    in ihren Ruf nach ‚mehr innerer Sicherheit‘ umgemünzt werden können,
    weil Antifas nicht die ordinäre Normalität der Demokratie
    sondern nur ihre Skandale und ‚Ausrutscher‘,
    hier einen vermeintlich rassistischen Mord, angreifen,
    das zeigt dieses Posting nach dem Dresdner Mord an einem Asylbewerber…
    http://endofroad.blogsport.de/2015/01/20/spontane-demo/#comment-33808

  99. Paco
  100. Carlitos
    28. Januar 2015, 21:38 | #100

    Zur aktuellen Entwicklung der PEGIDA zwei LINKS:
    http://www.sueddeutsche.de/news/politik/demonstrationen-analyse-zerlegt-pegida-sich-selbst-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-150128-99-08525
    und genau dazu die Kritik von „kein Ort“
    (50.) Pegida und das Elend ihrer Kritiker III
    http://keinort.de/?p=705

  101. Jobber
    30. Januar 2015, 09:45 | #101

    In diesem Text von KoKa Augsburg vom Herbst 2014 geht es um den „subjektiven Faktor“ vor allem in der Mittelschicht, dem „Stehkragenproletariat“, der angesichts der Krise befürchtet, dass sein individuelles Aufstiegsprogramm zuschanden gehen könnte…
    http://koka-augsburg.net/liberalismus-und-nationalismus-2014/

  102. Carlitos
    31. Januar 2015, 07:13 | #102

    PEGIDA-Anhänger gibt es natürlich auch bei Kirchens.
    Beim Leitungspersonal vor Ort. Den Pastoren.
    https://www.taz.de/Poebelnder-Gottesmann/!153865/

  103. dazu
    3. Februar 2015, 19:09 | #103

    Die Gruppen gegen Kapital und Nation (gkn) haben die Fortsetzung ihres Briefwechsel mit einem Alt-Anarchisten veröffentlicht:
    „In unserem Beitrag thematisieren wir Nationalismus und Rassismus anhand von Zitaten von Pegida-Anhängern“.
    https://gegen-kapital-und-nation.org/fortsetzung-briefwechsel-alt-anarchistgkn-nationalismus-und-rassismus-anhand-pegida

  104. Carlitos
    3. Februar 2015, 21:47 | #104

    PEGIDA und die Aufgaben der LINKEN
    PEGIDA ist ein Alarmsignal für Schwächen der Partei DIE LINKE.
    Von Volker Külow, Ekkehard Lieberam und Dietmar Pellmann
    (Beitrag aus der Antikapitalistischen Linken
    in der Partei ‚Die Linke‘)
    http://www.antikapitalistische-linke.de/?p=793

  105. Paco
  106. dazu
    4. Februar 2015, 12:25 | #106

    Falsche, aber häufig gebrauchte Argumente der Antifa spießt ‚KeinOrt‘ auf:
    1.) „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“:
    http://keinort.de/?p=332
    2.) Faschisten muss man als Personen denunzieren und ihre persönlichen Macken outen:
    http://keinort.de/?p=323

  107. dazu
    5. Februar 2015, 12:03 | #107

    Literatur- bzw. Diskussionshinweis zu Pegida
    Aus dem neuen Protokoll zum Jour Fixe München vom 26.01.15:
    Pegida – Was ist das für ein Verein, was will er?
    http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2015/jf150126.html#pegida

  108. Hinweis
  109. Paco
    14. Februar 2015, 17:03 | #109

    Vortragsaufzeichnung von:
    Peter Decker: PEGIDA – Böse und gute Patrioten im Clinch
    Nürnberg, Donnerstag, 12. Februar 2015
    http://www.argudiss.de/node/314
    http://www.argudiss.de/sites/default/files/doku/gesamtaufnahmen%28mp3%29/pegida_nbg_0215_ges.mp3

  110. dazu
    16. Februar 2015, 08:42 | #110

    Anlässlich der Debatte um Sarrazin wurde von F. Huisken einige zentrale Sätze formuliert, die auch heute noch als Scheidelinie der Politik gegenüber ‚Pegida‘ gelten können:
    ‚Das unterscheidet die regierenden Politiker von Pegida: Die Herstellung eines in allen Teilen nützlich einsetzbaren Staatsvolkes mag zwar Ideal der Regierenden sein, ist aber für sie nicht das praktische Maß aller Dinge. Als Politiker sind sie Realisten, die wissen, dass es gerade die erfolgreiche Benutzung des eigenen Staatsvolks – angereichert um Teile fremder Völker – als Ressource ist, die immer wie der jene „Probleme“ her vorbringt, von denen aus Pegida seinen nationalen Untergang konstruiert.
    Und die Aufregung um Pegida erklärt sich wohl daraus, dass die Kalkulation, was und wie viel die Benutzung auswärtigen Volkes kosten darf, in die Hände kühl kalkulierender Politprofis und nicht in die aufgeregter Urdeutscher gehört, von denen so einige vielleicht mal wieder auf Idee kommen könnten, mangelnder Ausreisewilligkeit „integrationsunwilliger Fremdstämmiger“ durch das Anzünder derer Unterkünfte nachhelfen zu müssen.
    Dieses könnte u.a. bei der Anwerbung dringend benötigter ausländischer Fachkräfte hinderlich sein.‘
    (Huisken; der Text ist leicht variiert)
    Hinzu kommt, dass Deutschland als Exportweltmeister und europäische Führungsnation darauf bedacht ist, wie seine Selbstdarstellung in der Welt bewertet wird.
    Der gesamte Text von Freerk Huisken:
    http://www.fhuisken.de/Sarrazin.pdf

  111. 16. Februar 2015, 09:11 | #111

    Peter Decker hat in Nürnberg auch ausführlich zur Parole „wir sind das Volk“ geredet. Der Wahn, daß das Volk gar nicht das ist, was es wirklich ist, eine nur von der Klammer der nationalen Staatsgewalt zusammengehaltene Gesellschaft von Konkurrenzler, sondern ein wenn auch nur potentielles Gemeinschaftswerk, führe schnurstracks dazu, alles, was dann zu diesem unterstellten Idyll nicht paßt, „volksfremden“, ja „volksfeindlichen“ Kräften zuzuschreiben. Solch ein Standpunkt führe dann eben zu „Alle Ausländer raus!“ und nicht zur feinsäuberlichen Trennung in begrüßenswertem Zuzug von „Leistungsträgern“ und rigoroser Abschiebung von „nur“ „Wirtschaftsflüchtlingen“.

  112. 16. Februar 2015, 09:19 | #112

    Decker hat übrigens seinen Vortrag damit angefangen, daß bürgerliche Sozialpolitiker, die sich die Proteste gleich übersetzt haben in die Interpretation, daß da Unzufriedenheit über die soziale Situation geäußert werde, der man sich selbstverstandlich anzunehmen gedenke, den Kern diese Bewegung gar nicht treffen. Das hätte er seinem Genossen und Mitreferenten Theo Wentzke übrigens auch sagen können, der bei seinen letzten Vorträgen in Erfurt und Jena nämlich genauso angefangen hat.

  113. 16. Februar 2015, 14:57 | #113

    Aus meinem Postkasten:
    Frager: Hast du Texte auf dem Schirm, die an Ausländerfeinde adressiert sind? MG-Flugblätter oder was weiß ich was?
    Antwort: Aus dem Stegreif muß ich leider nein sagen. Aber weil mich das auch interesiert (Überraschung!) werde ich da noch nachwühlen.
    Frager: Danke, es geht mir da grad nämlich eher um die Herangehensweise. Den Adressaten als Ausländerfeind anzusprechen, bringt ja die Schwierigkeit mit sich, dass er sich dem Ganzen gleich verschließt.
    Antwort: Ja und nein: Die meisten „Ausländerfeinde“ verschließen sich dem Prädikat doch überhaupt nicht, sondern vertreten offensiv, daß diese Feindschaft genau richtig sei für Deutschland. Daß Ausländer erstmal und ganz grundsätzlich hier nichts zu suchen haben, das regelt schließlich schon die Gesetzeslage, die in den letzen Jahrzehnten ja immer restriktiver geworden ist. Asyl gibt es seit 1991 praktisch nicht mehr, wirtschaftliche Zuwanderung wird nur noch für handverlesene Spitzenarbeitskräfte zugelassen, usw. Daß die EU-Außengrenzen mit Frontex verteidigt gehören (was bekanntlich schon Zehntausenden das Leben gekostet hat) ist auch demokratisches Allgemeingut.
    Wentzke hat doch jetzt erst bei seinen PEGIDA-Veranstaltungen explizit das Gespräch mit deren Anhängern gesucht und hätte nicht große anders argumentiert, wenn tatsächlich welche in die Diskussion eingegriffen hätten.
    Frager: Ja stimmt, den Pegidavortrag wollte ich mir noch anhören
    Antwort: Wentzke macht da den recht wichtigen Fehler, die Politik und das Selbstverständnis dieser Bewegung darauf zu konzentrieren, daß die einen Grund für ihr schlechtes Zurechtkommen suchen würden. Mir scheint es noch schlimmer zu sein: der pure abstrakte Nationalismus ist die Haupttriebfeder von solch populistischem Unmut. Was sich ja schon daran ablesen läßt, daß gutsituierte Wutbürger, denen es nun wirklich an herzlich wenig mangelt in dieser Konkurrenzwelt, genauso mitmarschieren und mitskandieren wie der berüchtigte Hartz IVler.
    Es reicht, sich zu denken, daß es der Nation schlecht geht, einem selber muß es überhaupt nicht schlecht gehen. Die Hochburg der Nazis in Berlin Anfang der 30er Jahre waren die Uni-Fakultäten der Volkswirte und Juristen, die waren damals schon fast geschlossen bei der NDDAP. Und das waren alles Leute, die es noch weit bringen wollten und es ja in vielen Fällen auch geschafft haben, im Warthegau und anderswo.
    Frager: Ja aber Moment mal. Wie kommen denn solche Leute darauf, dass es der Nation schlecht geht? Die halten diese doch für die Bedingung des Zurechtkommens und entdecken jetzt, bei sich oder anderen, dass es damit nicht allzu weit her ist. Dabei nehmen sie nicht Abstand von ihrem Vorurteil, sondern schließen darauf, dass es schlecht um die Nation steht.
    Ich bin in Sachen Faschismus nicht der Brüller, meine aber, dass im Faschismusbuch der Gedanke, die Nation befinde sich in der Krise SO abgeleitet wurde. Erschien mir beim Lesen zumindest richtig
    Antwort: In der Tat gewinnen faschistisch/nationalistische Gedanken immer dann Anhang, wenn es in der Nation irgendwelche „Mißstände“ gibt. Insbsondere natürlich in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Und umgekehrt, in einem Land, dessen Firmen prosperieren, das seine Konkurrenten niederkonkurrieren kann, das allgemein außenpolitisch „Erfolg“ hat, bleiben die meisten Menschen ganz normal-national demokratisch. Und du hast natürlich recht, daß man auch als Justizassesor mit Beamten-Sorgen um Deutschland haben kann, wenn jeder Achte keine Arbeit hat. Aber eben aus Sorge um Deutschland, nicht aus Sorge um die Arbeitslosen.
    Frager: Das streicht aber doch nicht durch, dass er in der Nation ein Mittel für sich sieht – also ich versteh den Punkt nicht ganz, den du dem Theo da als Fehler ankreidest.
    Aber besser, ich hör mir das jetzt erstmal selbst an, vielleicht kann ich das dann nachvollziehen.
    Antwort: Ja, aber dieser Gesichtspunkt, daß die Nation und deren Erfolg ein Mittel für das eigene Zurechtkommen und den eigenen Erfolg sie, der wird doch regelmäßig bei Nationalisten (Demokraten genauso wie Faschisten) verabsolutiert, sonst würde es doch keine Freiwilligen bei Kriegsbeginn geben oder Selbstmordatentäter bei Möchtegernnationen. Das meine ich mit Absolutsetzen versus Schadenanalyse.
    Frager: Was meint denn verabsolutieren? Dass sich das trennt von jedem privaten Nutzen, den sich die Nationalisten erwarten ?
    Antwort: In der Tat erwarten sich Selbstmordattentäter oder Verdun-Soldaten keinen privaten Nutzen. Denn sie gehen ja davon aus, daß sie sterben werden. Und opfern sich regelmäßig auch ohne Offiziere, die hinter Front auf „Feiglinge“ schießen.
    [Ein paar Tage später:]
    Antwort: Ich habe heute morgen auf dem Weg zur Arbeit angefangen, mir den Mitschnitt der Pegida-Veranstaltung in Nürnberg vom 12.02.2015 anzuhören. Schon in diesen ersten Minuten kommt von Peter Decker eine harsche Kritik an der Sichtweise von bürgerlichen Sozialpolitikern, die sich diese Proteste gleich übersetzen in Beschwerden von zu kurz Gekommenen. Das hätte er eigentlich Theo Wentzke auch entgegen halten müssen.

  114. Krim
    16. Februar 2015, 19:04 | #114

    „Der Wahn, daß das Volk gar nicht das ist, was es wirklich ist, eine nur von der Klammer der nationalen Staatsgewalt zusammengehaltene Gesellschaft von Konkurrenzler, sondern ein wenn auch nur potentielles Gemeinschaftswerk, führt schnurstracks dazu, alles, was dann zu diesem unterstellten Idyll nicht paßt, „volksfremden“, ja „volksfeindlichen“ Kräften zuzuschreiben.“
    Ich dachte wir seien uns darin einig, dass das Volk eben keine Zwangsveranstaltung der Staatsgewalt ist, sondern die Selbstsicht der Untertanen zu einer nationalen Gemeinschaft zu gehören. Wahn trifft das nicht, denn Wahn bedeutet ja nicht wirklich, sondern bloß im Kopf existent. Und das ist natürlich Quatsch. Denn der Glaube zu einer bestimmten Gruppe zu gehören, macht diese Gruppe wirklich. Es gibt dann eben Zwecke und Interessen dieser Gruppe, wenn sich Leute zu ihr zählen. Das ist bei jeder Gruppe so. Hierin ist durchaus ein Gegensatz zu den tatsächlichen Vertretern des Volkes erkennbar. Wenn die wirklichen Volksvertreter zwischen Leistungsträgern und Wirtschaftsflüchtlingen unterscheiden. Pegida Leute das aber nicht machen mit dem Verweis, dass sie das Volk sind, so ist das nicht ein Wahn oder ein Irrtum, sondern eine Kampfansage an die wirklichen Herren. Sollte sich die Sichtweise von Pegida durchsetzen, dann bedeutet das Ablösung der Volksvertreter durch genehme.

  115. 16. Februar 2015, 21:24 | #115

    Krim, das war ja wohl bittere Ironie, als du die vermeintliche Einigkeit angeführt hast, denn zumindest Peter Decker hat in der Volksfrage ja bisher kein Jota Abweichung von der jahrelang gerade von ihm vorgetragenen Linie verlauten lassen. Decker erwähnt so en passant, daß das offizielle Berlin diemal offensichtlich deshalb etwas aufgeregter reagiert habe, weil Leute mit der Geisteshaltung von Pegida auf einmal auf die Straße gegangen sind. Denn ihre Auffassungen hätten die ja gar nicht geändert, das sagen den Politikern ja alle naselang die Demoskopen. Nur war das bisher eben Stammtischgerede und keine Bewegung die vergleichsweise Massen auf die Straßen gekriegt hat.

  116. Krim
    16. Februar 2015, 23:08 | #116

    Das war eigentlich an dich gerichtet, weil du das so neutral zitierst als würde es stimmen. Ok. Wahrscheinlich hast du doch nur referiert, was Decker meint. [Neo: ja, habe ich]
    Ich wollte nur nochmal in Erinnerung rufen, dass „Wahn“ eine total falsche Einschätzung des nationalen Bewusstseins ist. Der Inhalt ist: Die bilden sich eine Gemeinschaft ein, die nicht real ist, weil es lauter Gegensätze zwischen den Eigentümern oder den Teilnehmern in der ökonomischen Konkurrenz gibt. So als seien sie einem Irrtum aufgesessen.
    Dabei ist Volk ein Zweck, den sie sich vornehmen. Nämlich eine Gemeinschaft, die sich als Volk gegen andere Völker durchsetzen will, was sich ja ganz unmittelbar bei Pegida artikuliert. Europäer gegen den Islam. Formuliert als Freiheitsgedanke.: Wir Europäer wollen uns nicht vom Islam unterdrücken bzw. vereinnahmen lassen. Das Abendland muss islamfrei bleiben. Gemeint ist: Wir wollen uns durchsetzen gegen den Islam. Wir sind die Untertanen erster Klasse der Nation, nicht die Ausländer. Das soll dem Staat beigebogen werden.

  117. Karl
    18. Februar 2015, 21:21 | #117

    „Denn der Glaube zu einer bestimmten Gruppe zu gehören, macht diese Gruppe wirklich.“
    Das ist blanker Unsinn. Die Wirklichkeit von Nationalstaaten ist kein Produkt von Glaubensbekenntnissen. Der Glaube an den lieben Gott macht den eben nicht wirklich. Dass Gläubigengruppen real sind, lässt keinen einzigen Gott erscheinen.
    In die andere Richtung geht die Gleichung genausowenig auf: Was eine Nation ist, welche Ziele die verfolgt oder wen sie zu Gruppenangehörigen macht, bestimmen eben nicht die, die erobert werden. Das Rekrutieren von Staatsangehörigen ist ein Gewaltakt, der sich nicht von irgendwelchen Bekenntnissen abhängig macht – lange vor der bürgerlichen Staatsform wurden bereits Menschen unter die territorialen Ansprüche ihrer Herrscher subsumiert. Da war deren Glaube offensichtlich nicht einmal der Frage wert, ob sie lieber dem preussischen oder bayrischen König dienen wollen. Staatsangehörigkeit ist kein Produkt des feste-dran-glaubens, sondern immer schon ein Kriegsergebnis.
    Das Postulieren von Nationalstaaten als Ergebnis gläubiger Gebete ist ein ähnlich folgenloses Glaubensbekenntnis. Weil ihr an den Staat als Steigbügelhalter glaubt, wird der jedoch auch nicht zum Diener seiner personellen Mittel.

  118. 19. Februar 2015, 08:15 | #118

    Karl läßt (wie immer, möchte ich bezüglich seiner Ecke hinzufügen) aus, daß das Nationalist Sein eine Entscheidung ist, die dann, wenn sie gefällt wurde, in der Tat „wirklich“ ist.

    „Die Wirklichkeit von Nationalstaaten ist kein Produkt von Glaubensbekenntnissen.“

    Das ist zwar ein wohl bewußt recht vages Statement, nichtsdestotrotz „blanker Unsinn“: Wieder einmal steckt da ja die These drin, daß es den Nationalismus in Nationalstaaten nur deshalb gibt, weil es der Staat so wollte und will. Die Entwicklung des IS zeigt andersherum, daß es sehr wohl möglich ist, daß genügend überzeugte (und hinreichend bewaffnete) Nationalisten in der Lage sind, aus bestehenden Nationalstaaten ihren eigenen Staat herauszuschneiden. „Das Rekrutieren von Staatsangehörigen ist ein Gewaltakt“, das ist kaum zu bestreiten. Es geht aber um das „Rekrutieren“ von Nationalisten und das geht überhaupt nur durch Überzeugung, durch ideologischen Kampf.
    Von daher ist der Rekurs in die Geschichte des Mittelalters mit ihren „Glaubenskriegen“ und den staatlicherseits festgelegten Konfessionszuweisungen auch ohne Belang. Denn erstens waren das keine Nationalstaaten mit national gesinnten Bevölkerungen und bei den Menschen, die mit ihrer christlich-konfessionellen Umwidmung keine Probleme gehabt haben, war offensichtlich Glaubensstärke eh nicht ihre Stärke. Und umgekehrt: die religiösen Menschen, denen ihr jeweiliger Gott wirklich am Herzen gelegen ist, haben sich der Umwidmung ja auch widersetzt bis hin zur Auswanderung, wenn das möglich war.
    Kein Wunder, daß Karl dann auch gar nicht mehr über Nationalismus und Nationalisten redet sondern die in diesem Zusammenhang ja erst mal unerhebliche Binsenwahrheit bringt, „Staatsangehörigkeit ist kein Produkt des feste-dran-glaubens, sondern immer schon ein Kriegsergebnis.“ Wir reden hier doch nicht darüber, welchen Paß jemand mit sich rumträgt, sondern welche Ideologie er vertritt.
    Weil Karl an die Allmacht des bürgerlichen Staates „glaubt“, attestiert er ihm sogar, er könne die Menschen nicht nur zur Zustimmung zu ihm bringen sondern sogar zwingen. Wie schon häufiger gesagt,“Das ist blanker Unsinn“!

  119. Karl
    19. Februar 2015, 14:13 | #119

    “ … haben sich der Umwidmung ja auch widersetzt bis hin zur Auswanderung, wenn das möglich war.“
    Du sagst es: welche Möglichkeiten einem Staatsbürger zur Verfügung stehen, bestimmt ganz offensichtlich nicht sein Glaube. Und was IS-Untertanen dürfen, wird ebenfalls gewaltsam festgeschrieben. Da ist nicht einmal Auswanderung vorgesehen: wer sich nicht anpasst, stirbt – Umfragen zur gewünschten Obrigkeit für dieses Programm kontraproduktiv.
    Dass die Protagonisten einer Staatsgewalt IHRE Vorstellung anderen zum Maßstab machen, ist eine Widerlegung der Behauptung, die Staatlichkeit ginge von den Beherrschten aus – dann wäre die Gewalt ja auch obsolet.
    „Wir reden hier doch nicht darüber, welchen Paß jemand mit sich rumträgt, sondern welche Ideologie er vertritt.“
    Das ist lustig: IHR behauptet doch den verdrehten Zusammenhang, dass der Pass eines Menschen letztlich sein eigenes Werk sei, indem der ideologisch opportun denkt.
    „Weil Karl an die Allmacht des bürgerlichen Staates „glaubt“, attestiert er ihm sogar, er könne die Menschen nicht nur zur Zustimmung zu ihm bringen sondern sogar zwingen.“
    Soll das ein Argument sein? Ich nehm’s mal als missglückte Retourkutsche …

  120. 19. Februar 2015, 14:58 | #120

    Weiterhin weigert sich Karl den für Kommunisten eigentlich zentralen Unterschied auch nur als existent anzuerkennen, daß Staatsbürger von X zu sein nicht identisch ist mit dem Bekenntnis dieses Menschen zu X, also dem X-Nationalismus. Bzw. seine begriffliche Ignoranz macht nur dann Sinn, wenn man die per (Staats-)Gewalt erzwungene Unterworfenheit unter einen Staat als das Bestimmende ansieht, und das Nationalbewußtsein der (meisten?) Staatsbürger als automatisch davon abgeleitet bzw. durch den Staat hergestellt ansieht.

  121. Neues_Protokoll
    19. Februar 2015, 15:01 | #121

    Protokoll zum Jour fixe vom 09.02.2015
    Fortsetzung zum Thema „Pegida“
    „Der Ausgangspunkt, von dem aus dieses Sammelsurium sich auf die Straße stellt und sagt: „Wir sind das Volk“, ist sehr abstrakt und Ergebnis einer gedanklichen Leistung, einer affirmativen Stellung zu den Verhältnissen. Dies zu klären schließt eine ganze Abfolge von Erklärungen ein. Was wie selbstverständlich als deren Ausgangspunkt daherkommt, ist überhaupt nicht selbstverständlich, sondern eine vollständige Deutung der kapitalistischen Welt. Es ist wie immer das Rätsel, wie Mitglieder der Klassengesellschaft, die als Lohnarbeiter ausgebeutet werden, dazu kommen, dieses sachliches Verhältnis der Beschäftigung durch das Kapital, das lauter Gegensätze einschließt, offensichtlich ganz anders zu sehen. Ihre Beschwerde hat diesen anderen Inhalt.“ (…)
    http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2015/jf150209.html

  122. Karl
    19. Februar 2015, 17:08 | #122

    „weigert sich Karl“
    Lass doch mal diese Überheblichkeitstour weg, Leute, die deine Widersprüche nicht mitmachen, als Verweigerer Neoprenscher Vernunft zu brandmarken. Das ist äußerst nervig und erinnert an Eltern, die meinen, mit der Vernunfts-Rute punkten zu können. Bezieh dich halt auf irgendein Argument, stehen doch ein paar da, dann musst du dir auch keine falschen Unterstellungen ausdenken, ist viel einfacher.
    „den für Kommunisten eigentlich zentralen Unterschied auch nur als existent anzuerkennen, daß Staatsbürger von X zu sein nicht identisch ist mit dem Bekenntnis dieses Menschen zu X, also dem X-Nationalismus.“
    Du deutest auf einen Unterschied, den IHR als Zusammenhang ausgebt. Der tautologische Inhalt eurer Botschaft: Nation X sei Folge von X-Nationalismus. Wer wollte das bestreiten? Ein Gewaltapparat muss schon von irgendwem gewollt werden, sonst gibt’s den nicht.
    Meine Kritik richtet sich aber gegen die theoretische Vereinnahmung ALLER Untertanen als Erfinder und Macher ihrer Obrigkeit. Es ist ganz einfach kontrafaktisch zu behaupten, Staaten seien die Erfüllung der inexistenten Wunschzettel ihrer Untertanen – auch wenn Bürger das behaupten, lügen sie, um ihre Unterwerfung als souveränen Akt zu zeichnen. Die tun bloß so, als wären sie Bundeskanzler, sie sind es nicht und wissen das auch.

  123. Krim
    19. Februar 2015, 17:36 | #123

    „wer sich nicht anpasst, stirbt – Umfragen zur gewünschten Obrigkeit für dieses Programm kontraproduktiv.“ Oder er organisiert ebenfalls eine Gewalt und killt die Gegenseite. Dass irgendwas durch Umfragen entschieden werden würde, ist ein reiner Popanz. Der gewaltbereite Wille ist es, der zählt. Wenn eine Opposition nicht Willens ist Gewalt anzuwenden, dann wird sie gemeuchelt.
    „Meine Kritik richtet sich aber gegen die theoretische Vereinnahmung ALLER Untertanen als Erfinder und Macher ihrer Obrigkeit.“ Wer denn nicht? Du und ich und neoprene? Alle Nationalisten halt. Reicht dir das nicht?
    „Es ist ganz einfach kontrafaktisch zu behaupten, Staaten seien die Erfüllung der inexistenten Wunschzettel ihrer Untertanen “
    Bloß behauptet das ja niemand. Du behauptest, wir würden das behaupten.
    „Dass die Protagonisten einer Staatsgewalt IHRE Vorstellung anderen zum Maßstab machen, ist eine Widerlegung der Behauptung, die Staatlichkeit ginge von den Beherrschten aus – dann wäre die Gewalt ja auch obsolet.“ Die Protagonisten s i n d die Beherrschten. Was glaubst du denn was Pegida sind? Das sind Protagonisten einer Staatsgewalt, die Europäer bevorzugt und die Islamisierung aufhält. Wenn das genug sind gründen sie eine Partei, gewinnen die Wahl und dann ist die Staatsgewalt eine, die den Islam höchstens noch duldet, wenn er sich konform aufführt.

  124. Karl
    19. Februar 2015, 18:17 | #124

    „Der gewaltbereite Wille ist es, der zählt.“
    Diese Differenzierung finde ich richtig, aber es entscheidet ja nicht die Bereitschaft, sondern die siegreiche Durchsetzung eines gewaltgestützten Willens.
    „Alle Nationalisten halt. Reicht dir das nicht?“
    Du ahnst es: Nein, der Nationalismus von Untertanen ist nicht identisch mit dem ihrer Obrigkeit. Das liegt daran, dass die einen vorgeben, auf welche Wirklichkeit sich ihre Ideologie bezieht und die anderen sich danach richten müssen.
    „Bloß behauptet das ja niemand.“
    „der Glaube zu einer bestimmten Gruppe zu gehören, macht diese Gruppe wirklich“
    Wenn mit der „Wirklichkeit“ einer (nationalistischen) Gruppe gar nicht der nationale Wille gemeint ist, wenn es also den nationalen Willen neben dem Glauben an die Nation gibt, was soll dann der Hinweis auf die „Wirklichkeit“? Dass es nationalistische Gruppen gibt, weil sie sich als solche zusammenfinden, erklärt doch nicht die Nation, der sie huldigen möchten.
    „Die Protagonisten s i n d die Beherrschten.“
    Aha. Herrscher sind bloß ehemalige Beherrschte? Und welche Auskunft ist das?
    „Wenn das genug sind gründen sie eine Partei, gewinnen die Wahl und dann ist die Staatsgewalt eine, die den Islam höchstens noch duldet, wenn er sich konform aufführt.“
    Hm, du möchtest eine Staatsgewalt dadurch erklären, dass es Leute braucht, die sie durchsetzen. Das ist aber doch nicht der Inhalt von Herrschaftsverhältnissen, dass dafür Personal nötig ist, was sich aus den Beherrschten rekrutiert. PEGIDA richtet offensichtlich an eine bestehende Staatsgewalt und es gäbe sie gar nicht, wenn die Obrigkeit Produkt des PEGIDA-Glaubens wäre. Deren Nationalismus ist also schon mal nicht identisch mit dem nationalen Willen, über dessen Walten sie sich beschweren.
    Zu klären wäre also, worin die Identität zwischen der Ideologie von Herrschern und Beherrschten besteht und worin nicht. Dass es sich immer um Nationalismus handelt (der IS fällt da übrigens raus, die wollen was anderes), ist bei dem Stand der Diskussion eine Grobschlächtigkeit.

  125. 19. Februar 2015, 18:44 | #125

    Wen Leute wie Karl ihr Geschimpfe weglassen würden und einfach nur sauber ihr Zeugs runterargumentieren würden, wäre auch hier sicherlich einiges gewonnen.
    Also zurück zu der Replik von Karl:

    „Die Wirklichkeit von Nationalstaaten ist kein Produkt von Glaubensbekenntnissen. Der Glaube an den lieben Gott macht den eben nicht wirklich. Dass Gläubigengruppen real sind, lässt keinen einzigen Gott erscheinen.“

    Dieses semireligiöse Wirrzeugs (von jemand, der wahrscheinlich so stockunreligiös ist wie die meisten, die hier lesen und posten, vermute ich) versuche ich mal in etwas Themennäheres zu übersetzen:
    These 1: Es gibt Nationalstaaten. (Ganz genau eigentlich erstmal überhaupt Staaten, ob die es zu einem Nationalstaat schaffen, müssen die eh erst sehen). Wohl wahr, wer wollte das bestreiten, die Welt ist flächendeckend voll davon.
    These 2: Die sind „wirklich“. Alles andere sind „Glaubensbekenntnisse“. Damit kann er ja wohl nicht meinen, daß es die gibt, also daß die real sind, denn das merkt noch jeder Separatist im Verhörraum. Damit soll irgendwas, aber was, darüber hinaus Gehendes behauptet werden.
    These 3: Diese in diesem Falle zumeist nationalen „Glaubensbekenntnisse“ (Im Fall des IS übrigens auch mal wieder sogar fast rein religiöse Glaubensbekenntnisse) haben mit der „Wirklichkeit“ der Staaten nichts zu tun, insbesondere braucht es für das Entstehen eines Staates (das meint Karl wohl mit Wirklichkeit) keinerlei ideologisches Fundament, da reicht wohl jedes zusammengekauftes Söldnerheer.
    These 4: Nationalisten können an ihre „Nation“ „glauben“ so viel sie wollen, daß interesiert niemand, sowas braucht es überhaupt nicht für irgendein Staatsprojekt, dafür braucht es nur genügend Sturmgewehre und Toyota-SUVs.
    These 5: „Dass Gläubigengruppen real sind, lässt keinen einzigen Gott erscheinen“ übersetze ich mal mit: da können sich im Untergrund Separatistengruppen wie die Fliegen vermehren, da kann meinetwegen die ganze Bevölkerung einer Gegend fast geschlossen hinter den stehen, daß ändert kein Jota daran, daß deren Staatzugehörigkeit ausschließlich eine Polizeifrage/Gewaltfrage ist und bleibt. Und auf die kann man sich als Staat natürlich verlassen, ganz ohne daß die dafür eine nationalistische Ideologie bräuchten.
    Trifft das ungefähr seinen Kern, oder bin ich als „Gläubiger“ so sehr verblendet, daß ich mich da glatt vertan habe?

  126. Karl
    19. Februar 2015, 20:11 | #126

    Nein, Neo, das sind deine Thesen und Deutungen. Meine Argumente erfasst du damit nicht:
    1. „Es gibt Nationalstaaten.“
    Die gibt es, aber das ist keine These, sondern eine Tatsache. Du unterstellst mir das als Theorie – den Grund dafür lassen wir besser raus. Womöglich ist derselbe Grund für deinen Dialog in der 3.Person Singular verantwortlich.
    2. „Die sind „wirklich“. […] Damit soll irgendwas, aber was, darüber hinaus Gehendes behauptet werden.“
    Mein Bezug auf „Wirklichkeit“ erklärt sich aus der Kritik an Krims Behauptung:
    „der Glaube zu einer bestimmten Gruppe zu gehören, macht diese Gruppe wirklich“
    Dein Philosophieren über den Begriff ist also ein Themenwechsel.
    3. „Diese nationalen Glaubensbekenntnisse […] haben mit der „Wirklichkeit“ der Staaten nichts zu tun“
    Und welche Passage deutest du so? Wie Ideologie mit Herrschaft zu tun hat, darum geht der Streit, nicht gemerkt?
    4. „Nationalisten können an ihre „Nation“ „glauben“ so viel sie wollen, daß interesiert niemand, sowas braucht es überhaupt nicht für irgendein Staatsprojekt, dafür braucht es nur genügend Sturmgewehre und Toyota-SUVs“
    Interessanterweise beschreibst du den Zusammenhang inzwischen selbst als „brauchen“ und nicht als Kausalkette. Dass es für Nationen Nationalisten braucht, ist wie schon erwähnt eine Tautologie, die nicht den jeweiligen nationalistischen Bezug erklärt, sondern die Abhängigkeiten Beteiligter als Begründung unterstellt.
    5. „daß deren Staatzugehörigkeit ausschließlich eine Polizeifrage/Gewaltfrage ist und bleibt. Und auf die kann man sich als Staat natürlich verlassen, ganz ohne daß die dafür eine nationalistische Ideologie bräuchten.“
    Nun, die Ausschließlichkeit ist wieder mal deine Zutat, bei mir steht davon nichts. Und dass sich Staaten nicht auf die Ideologie ihrer Unterworfenen verlassen, ist doch nicht meine Erfindung. Staatsgewalten sind souverän (ein Beleg, keine „These“), geben also vor, an welchem Gebaren sich die untergeordneten Ideologen abarbeiten.
    „glatt vertan“
    So isses.

  127. 19. Februar 2015, 20:59 | #127

    Karl, schon bei seiner ersten These schludert er:
    „Es gibt Nationalstaaten.“
    Ja, aber – und darauf hatte ich doch hingewiesen, ohne daß das ihm auch nur einen Halbsatz wert war – sind die nur eine wenn auch wichtige Untergruppe aller Staaten. Es wundert mich aber nicht, denn seine Logik geht ja Staat>Nation=Nationalismus.
    (Der Grund, warum ich „Karl“ in der dritten Person anspreche ist blogtechnisch offensichtlich: Ich kenne keine Person, die so heißt, ich kenne nicht mal die Fake-Emailadresse, ich nehme nur die Sachen zur Kenntnis, die er oder sie hier posten. Nicht mehr und nicht weniger. Wieso ausgerechnet diese(r) „Karl“ einen auf persönlich macht, ist zudem besonders schräg. GSPler zum Beispiel reden regelmäßig selbst übereinander in der dritten Person, so what.)
    Wenn Karl gegen Krims These „der Glaube zu einer bestimmten Gruppe zu gehören, macht diese Gruppe wirklich“ angeht, dann will er (ich nehme das der Einfachheit halber als Anredeform) das offensichtlich bestreiten. Das macht nur Sinn, wenn die Entscheidungen von Nationalisten als unerheblich für die „Wirklichkeit“ nationalistischer Bewegungen deklariert werden soll.
    Nun betont Karl, daß sein Startsatz, „Die Wirklichkeit von Nationalstaaten ist kein Produkt von Glaubensbekenntnissen“ nicht bedeuten soll, was ich da reingelesen habe, „„Diese nationalen Glaubensbekenntnisse […] haben mit der „Wirklichkeit“ der Staaten nichts zu tun“. Ja, was denn?
    Sein 4. ist zentral: Die „Abhängigkeit“ der „Beteiligten“ ist der Grund für ihren Nationalismus. Verkürzt ist damit die Existenz des Staates der Grund des Nationalismus seiner Untertanen, denen er schließlich die bekannten Abhängigkeiten aufzwingt. Wenn er nicht meint, daß ich sowas meinen würde, ich werde aus dem Satz nicht schlau, insbesondere was das „unterstellt“ hierbei soll.
    5. Der Terminus „untergeordnete Ideologen“ ist ein Widerspruch in sich selbst: Die auf einem Staatsgebiet lebenden Menschen werden unstrittig diesem untertan gemacht. Die Gesetze werden gegen alle durchgesetzt. Aber die Köpfe der Menschen, ihre „Ideologien“, werden ihnen überhaupt nicht aufgezwungen bei allem Aufwand, den die Staatsorgane machen, daß den Menschen die Staatsdoktrinen einleuchten und sie sich zu eigen machen.

  128. Karl
    19. Februar 2015, 21:36 | #128

    Dann eben in der 3. Person – wenn’s hilft:
    „Sein 4. ist zentral: Die „Abhängigkeit“ der „Beteiligten“ ist der Grund für ihren Nationalismus.“
    Soweit Neoprenes Interpretation. Die formulierte Kritik an Neoprenes vorgetragenen Abhängigkeiten als Begründungszusammenhang hat Neoprene erfolgreich mit der falschen Deutung eliminiert. Wer sich für den Inhalt interessiert, liest unter 4.:
    „Dass es für Nationen Nationalisten braucht, ist wie schon erwähnt eine Tautologie, die nicht den jeweiligen nationalistischen Bezug erklärt, sondern die Abhängigkeiten Beteiligter als Begründung unterstellt.“
    Neoprene lässt sich eben nicht dafür kritisieren, Nationen als Verlängerung des zugehörigen Nationalismus zu erklären. Die langweilige Tatsache, dass es für Menschenwerk Menschen „braucht“ (Zitat), hält Neoprene für ein Argument. Das wurde kritisiert.
    „ich werde aus dem Satz nicht schlau“
    Für solche Fehldeutungen (s.o.) muss man offensichtlich nicht schlau werden, aus dem, was man deutet. Aufschlussreich! Mein Tipp: wenn man etwas nicht versteht, erfragt das Unverstandene.
    „die Köpfe der Menschen, ihre „Ideologien“, werden ihnen überhaupt nicht aufgezwungen“
    Erzwungene Ideologien sind Neoprenes Zerrbild, dass Ideologen sich auf eine fertige Staatenwelt beziehen, der sie untergeordnet sind, kann aber auch Neoprene nicht leugnen.
    (Zitat: „Menschen werden unstrittig diesem untertan gemacht“)

  129. 19. Februar 2015, 22:03 | #129

    Was soll denn das nun schon wieder heißen:

    „Erzwungene Ideologien sind Neoprenes Zerrbild, dass Ideologen sich auf eine fertige Staatenwelt beziehen, der sie untergeordnet sind, kann aber auch Neoprene nicht leugnen.“

    Ja, auf was denn sonst, möchte ich verblüfft antworten. Jeder Mensch, der sich politische Gedanken macht (übrigens auch alle Kommunisten, selbst GSPler), „bezieht“ sich auf die existierende Welt, so „fertig“ die nun sein mag oder mancherorts auch nicht, aber was sich all diese Menschen dann für Gedanken machen, ist doch überhaupt nicht determiniert von dieser fertigen Welt. Die Erklärung des Massenbewußtseins ist mit dem Verweis auf die „fertige Welt“ in keinster Weise fertig.

  130. jana
    19. Februar 2015, 22:40 | #130

    wenn gewollt: „berufsnationalisten“
    http://tomgard.blog.de/2011/02/11/politiker-berufsnationalisten-archiv-10567494/
    nebst beiden kommentaren…

  131. Karl
    19. Februar 2015, 22:56 | #131

    „Die Erklärung des Massenbewußtseins ist mit dem Verweis auf die „fertige Welt“ in keinster Weise fertig.“

    Das Massenbewusstsein wurde auch „in keinster Weise“ versucht zu erklären. Zurückgewiesen wurde Neoprenes Zerrbild, dass Ideologien als erzwungene Gedanken charakterisiert werden. Dass Ideologien falsche Theorien über die national hergestellte Welt der Ideologen sind, scheint ja unstrittig.

  132. Krim
    20. Februar 2015, 01:52 | #132

    „Der Glaube an den lieben Gott macht den eben nicht wirklich.“ Der liebe Gott ist auch keine Gruppe. Die Gruppe der Gläubigen heißt Kirche. Der Glaube an die Gruppe der Gläubigen macht die Kirche wirklich, weil die Kirche eben nichts anderes ist als lauter Individuen, die sich zu ihr zählen.
    „die siegreiche Durchsetzung eines gewaltgestützten Willens.“ Der gewaltbereite Wille besorgt sich Gewaltmittel. Wer letztendlich gewinnt entscheidet der Ausgang der Gewaltkonkurrenz. Eines ist aber klar. Je mehr gewaltbereite Willen es gibt, desto zahlreicher die Gewaltmittel und das Personal, das sie anwendet.
    „Das liegt daran, dass die einen vorgeben, auf welche Wirklichkeit sich ihre Ideologie bezieht und die anderen sich danach richten müssen.“ Das stimmt nicht. Genau deshalb gibt es nämlich den turnusmäßigen Abgleich des Nationalismus in Wahlen. Die Regierung stellt derjenige Nationalismus, der eine Mehrheit hinter sich vereinen kann. Also gibt es das Verhältnis nicht, das du anführst, dass die einen sagen wo’s lang geht und das Fußvolk dann folgt.
    „Dass es nationalistische Gruppen gibt, weil sie sich als solche zusammenfinden, erklärt doch nicht die Nation, der sie huldigen möchten.“ Also erstens war das von dir angeführte Zitat gegen die Ansicht gerichtet Nationalismus sei ein bloßer Wahn. Es ist ein gemeinsamer Zweck und alle, die ihn wollen gehören eben zur Gruppe, die diesen Zweck will. Das hat nichts wahnhaftes. Zweitens doch. Leute die den Zweck Nation verfolgen, schaffen sich eine Nation. Nation ist das Resultat ihres betätigten nationalen Willens.
    „Und welche Auskunft ist das?“ Die Auskunft, dass es die Trennung von Protagonisten und Beherrschten als zwei getrennte Gruppen gar nicht gibt. Die Beherrschten sind Nationalisten und aus der Gruppe der Nationalisten rekrutieren sich die Protagonisten und die Herrscherfiguren.
    „Das ist aber doch nicht der Inhalt von Herrschaftsverhältnissen,“ Der Inhalt ist zum Beispiel „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands.“ Ist doch ein Inhalt. Und wenn sich Leute mit diesem Herrschaftsinhalt durchsetzen, dann ist es der Inhalt der Nation.
    „PEGIDA richtet offensichtlich an eine bestehende Staatsgewalt“ Das sind keine Bittsteller. Die wollen, dass ihr Antiislamismus Inhalt der Staatsgewalt wird.
    „Deren Nationalismus ist also schon mal nicht identisch mit dem nationalen Willen, über dessen Walten sie sich beschweren.“ Wer hätte das auch behauptet.
    „Zu klären wäre also, worin die Identität zwischen der Ideologie von Herrschern und Beherrschten besteht und worin nicht.“ Das ist keine Ideologie, sondern ein gemeinsamer Zweck. Außerdem muss man unterscheiden zwischen Nation und Staat.

  133. 20. Februar 2015, 01:54 | #133

    Nochmal, was sollte die folgende Entgegenung denn gesagt haben:
    „Ideologen [beziehen] sich auf eine fertige Staatenwelt, der sie untergeordnet sind“?

  134. Karl
    20. Februar 2015, 08:35 | #134

    „Nation ist das Resultat ihres betätigten nationalen Willens“
    Diese Tautologie habe ich schon kritisiert: Menschenwerk ist von Menschen gemacht, wer hätte das gedacht!
    „Die Beherrschten sind Nationalisten und aus der Gruppe der Nationalisten rekrutieren sich die Protagonisten und die Herrscherfiguren“
    Erst sagst du, es gebe keine Trennung, dann fällt dir eine Voraussetzung dafür ein. Was stimmt denn jetzt?
    „Und wenn sich Leute mit diesem Herrschaftsinhalt durchsetzen, dann ist es der Inhalt der Nation.“
    Der Inhalt einer Nation ist also das, was sich national durchsetzt? Tautologien kann man nicht bestreiten – aber kritisieren.
    „Das sind keine Bittsteller. Die wollen, dass ihr Antiislamismus Inhalt der Staatsgewalt wird.“
    … und wenden sich dabei fordernd an ihre Herrscher:
    Schutz der Kultur
    Änderung des Zuwanderungsgesetzes
    dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen
    Reformation der Familienpolitik
    Volksentscheide
    usw. usf.
    http://www.i-finger.de/dresdner-thesen.jpg
    „Das ist keine Ideologie, sondern ein gemeinsamer Zweck“
    Dann so: erklär mal den Unterschied zwischen nationalen und nationalistischen Zwecken Dass es nationalistische Ideologien gibt, willst du doch nicht bestreiten, oder?

  135. 20. Februar 2015, 09:26 | #135

    Der Hauptgrund, warum ich mich mit Leuten wie Karl immer wieder so schwer tue, liegt daran, daß er einfach gar nicht auf das eingeht, was er kritisiert. Er setzt einfach nur eine Aussage über was anderes entgegen. Und das ist immer nur Gewalt, Gewalt. Staat.
    So hat es ja hier auch angefangen:
    Zu Krims Begründung „Denn der Glaube zu einer bestimmten Gruppe zu gehören, macht diese Gruppe wirklich.“ entgegnet er (ganz ohne Überheblichkeit, will ich ihm zugute halten, bzw. eigentlich vorwerfen)

    „Das ist blanker Unsinn. Die Wirklichkeit von Nationalstaaten ist kein Produkt von Glaubensbekenntnissen.“

    Nur ging es Krim (und mir) überhaupt nicht um die herrschenden Gewaltverhältnisse mit ihrem Staatsbürgerrecht, sondern um die ideologische Gemeinschaft der Nationalisten. Entweder Karl interessiert das überhaupt nicht oder, und das ist dann ja eine naheliegende Vermutung, er hält wirklich einen Verweis auf die „Wirklichkeit“ also auf die vorherrschende Staatsgewalt für einen Beweis dafür, daß alle abweichenden ideologischen Spinnereien eh ohne Belang sind, weil sie im Zweifelsfall per Gewalt niedergemacht werden.
    Wenn er schreibt

    „welche Möglichkeiten einem Staatsbürger zur Verfügung stehen, bestimmt ganz offensichtlich nicht sein Glaube“

    redet er auch wieder von den per Verfassung und Gesetzeswesen eines Staats vorgegebene straffreie Handlungsweisen, aber offensichtlich nicht über seinen „Glauben“, seine ideologische Stellung zu diesem System.

    „Dass die Protagonisten einer Staatsgewalt IHRE Vorstellung anderen zum Maßstab machen, ist eine Widerlegung der Behauptung, die Staatlichkeit ginge von den Beherrschten aus – dann wäre die Gewalt ja auch obsolet.“

    Tatsächlich ist die Gewalt in den meisten Staaten (z.B. der BRD) wirklich obsolet bzw. nur potentiell oder noch genauer nur gegen die Staatsgegner gerichtet, weil sich die Staatsgewalt eben auf die in der Bevölkerung vorherrschende Ideologie stützen kann. Die „Protagonisten“ sind eben regelmäßig nicht nur die Handvoll Staatsagenten (das Personal des Gewaltapparats macht in keinen Staat einen größeren Teil der Bevölkerung aus) sondern das Staats“volk“. Damit meine ich die nationalistischen Bürger, nicht die vom Staat mit Paß ausgestatteten Staatsbürger. Dieses nationalistische Staatsvolk ist der herrschende Wille, der sich gegen die konkurrierenden externen Staaten (und Willen) sowieso und gegen Minderheiten im eigenen Staat nach Bedarf durchsetzt, ab und zu auch mit Gewalt.
    Zu meiner Feststellung

    „Wir reden hier doch nicht darüber, welchen Paß jemand mit sich rumträgt, sondern welche Ideologie er vertritt.“

    Hat er dann auch nur ein „Das ist lustig“ anzubieten. Wieder redet er vom Paß als dem edelsten Körperteil des Menschen, wo das nun wirklich im logischen Sinne das Letzte ist, was erklärt werden muß.
    Wenn er schreibt,

    „Meine Kritik richtet sich aber gegen die theoretische Vereinnahmung ALLER Untertanen als Erfinder und Macher ihrer Obrigkeit. Es ist ganz einfach kontrafaktisch zu behaupten, Staaten seien die Erfüllung der inexistenten Wunschzettel ihrer Untertanen – auch wenn Bürger das behaupten, lügen sie, um ihre Unterwerfung als souveränen Akt zu zeichnen. Die tun bloß so, als wären sie Bundeskanzler, sie sind es nicht und wissen das auch.“

    dann verdreht er schon mal meine/unsere Aussagen zur Stellung der einer Staatsgewalt unterworfenen Menschen. Wo soll das denn jemand geschrieben haben, daß ganz und gar alle Untertanen „Erfinder und Macher ihrer Obrigkeit“ seien. Mal abgesehn davon, daß „Erfinder“ und „Macher“ es eh nicht genau treffen. Daß der Massenwille zu einem Staat bestimmter Verfassung der Grund für ihn ist, bestreitet er ja.
    Selbst da, wo er ein wenig Zugeständnis zeigt, nimmt er es gleich wieder zurück:

    „es entscheidet ja nicht die Bereitschaft, sondern die siegreiche Durchsetzung eines gewaltgestützten Willens“

    Als wenn es den Sieg geben könnte, ohne daß da eine ideologische und im Kampf ja handfest organisierte „Volksbewegung“ geben könnte. Das geht mal gerade bei Staaten, bei denen die Menschen, die auf seinem Staatsgebiet leben, eh in jeder Hinsicht marginal sind. In Afrika können sich deshalb Militärdiktaturen recht lange halten.
    Wenn er überhaupt von Ideologie und nicht von Einwohnermeldeämtern redet, dann ist es natürlich falsch:

    „Nein, der Nationalismus von Untertanen ist nicht identisch mit dem ihrer Obrigkeit. Das liegt daran, dass die einen vorgeben, auf welche Wirklichkeit sich ihre Ideologie bezieht und die anderen sich danach richten müssen.“

    Nein ideologisch, in ihrem Denken, müssen Untertanen überhaupt nicht die Ideologie der Obrigkeit übernehmen. Wie immer möchte ich hier nur auf die Handvoll Kommunisten verweisen, die dafür ein schlagender Beweis sind. Das sich „danach richten“ kann sich ja nur auf die Befolgung der durch die Staatsräson vorgegebenen Gesetzt beziehen. Die müssen natürlich auch Kommunisten einhalten, wenn sie nicht schon deswegen im Knast landen wollen.

    „Dass es nationalistische Gruppen gibt, weil sie sich als solche zusammenfinden, erklärt doch nicht die Nation, der sie huldigen möchten.“

    Ich bin mir nicht sicher, was er damit bestritten haben will: Daß der Begriff der Nation für Nationalstaaten ein ideologischer Rechtfertigungsgrund für ihr Tun ist, ist das eine. Wenn es aber keine ideologisch wenigsten grob damit deckungsgleiche Massenideologie gibt, dann fällt die „Nation“ nur zusammen mit Staatsbevölkerung. Wuchtig wurde und wird der Begriff doch immer dann, wenn er das bekundete Zustimmen, die massenhaft vorgetragene Übereinstimmung eines hinreichend großen Teil der Menschen in seinem Staatsgebiet bedeutet. Nur wenn „Nation“ ungefähr das ist, was „Christenheit“ bedeutet, kann man ernsthaft davon sprechen.

    „du möchtest eine Staatsgewalt dadurch erklären, dass es Leute braucht, die sie durchsetzen. Das ist aber doch nicht der Inhalt von Herrschaftsverhältnissen, dass dafür Personal nötig ist, was sich aus den Beherrschten rekrutiert.“

    Hier werden wieder verschiedene Fragen durcheinandergeworfen: Wie kommt ein Staat zustande, was ist der Inhalt von Herrschaftsverhältnissen und nicht mal erwähnt, was ist der Grund für den bürgerlichen Staat.

  136. Krim
    20. Februar 2015, 11:54 | #136

    „Diese Tautologie habe ich schon kritisiert: Menschenwerk ist von Menschen gemacht, wer hätte das gedacht!“ Nein, das ist keine Tautologie. Es ist zwar evident, dass Menschenwerk von Menschen gemacht wird, aber du bestreitest das ja. Du sagst ja, Nation gibt es nicht, Nation ist ein Wahn. Dagegen richtet sich die Selbstverständlichkeit, dass Nation das Resultat eines Zwecks ist, den sich Menschen setzen und eben nicht die Einbildung einer Gemeinsamkeit, die es in einer konkurrierenden Klassengesellschaft gar nicht gibt.
    „Erst sagst du, es gebe keine Trennung, dann fällt dir eine Voraussetzung dafür ein.“ Es gibt eine begriffliche Trennung, aber der begrifflichen Trennung entsprechen nicht zwei getrennte Bevölkerungsgruppen. Auch die Merkel muss ein Strafzettel zahlen, wenn sie falsch parkt. Auch die Protagonisten sind unterworfen. Umgekehrt sind die Beherrschten eben nicht bloß Beherrschte, sondern auch Protagonisten. Was man daran sieht, dass sich eine Regierungsmanschaft immer aus den Beherrschten rekrutiert. Also taugt es nichts so zu tun als sei das arme, unschuldige, beherrschte Volk geknechtet von einer Clique von Führungsfiguren.
    „Tautologien kann man nicht bestreiten“ Wenn du das für eine Tautologie hältst, weißt du nicht was eine Tautologie ist. Was ist denn daran tautologisch, dass eine nationaler Inhalt in turnusmäßigen Wahlen entschieden wird. Da gibt es Parteien, die für einen nationalen Inhalt Werbung machen und dann werden sie gewählt oder halt nicht. Und mit dieser Methode wird garantiert, dass der nationale Inhalt der Regierung mit dem nationalen Willen des Volkes mehrheitlich übereinstimmt. Was soll daran tautologisch sein?
    „und wenden sich dabei fordernd an ihre Herrscher:“ Ja, weil sie wollen, dass ihre Vorstellungen von Nation zum offiziellen Inhalt der Nation wird. Also umgesetzt wird. Und dass sowas durchaus eine Bedrohung ist, haben die Zuständigen längst geschnallt.
    „Dass es nationalistische Ideologien gibt, willst du doch nicht bestreiten, oder?“ Nein, will ich nicht, aber ich will bestreiten, dass das schon alles war. „Nation“ ist nicht nur die Ideologie, die es zu ihr gibt. Nation ist eben nicht nur ein Wahn (Ideologie), sondern ein existenter Zweck und zu diesem Zweck gibt es dann noch zusätzlich ein paar Ideologien.

  137. 20. Februar 2015, 12:26 | #137

    Es wundert mich eh, wieso Karl (et al.) beständig darauf pocht, daß Nation ein „Wahn“ ist. Das ist nämlich eine grundlegend andere Kritik, als Nationalisten vorzuhalten, welcher blöder Zweck sie zu diesem Zeugs zusammengebracht hat. Fußballhooligans braucht man schließlich auch nicht vorzuhalten, daß sie einem Wahn anhängen, wenn sie vor oder nach dem Spiel das Schlägern für ihren Verein anfangen. Nicht mal bei religiösen Menschen jeglicher Coleur paßt dieser Begriff wirklich. Die unvernünftige Stellung zur Welt, die man schon als Wahn bezeichnen kann, führt ja zu ganz handfester religiöser Organisierung. Die Macht der Kirchen beruht doch darauf, daß der von ihnen eifrig gepredigte Unsinn von Menschen in Unmengen als ihr „Glaube“ angenommen wird. Oder, daß sich neue Kirchen entwickeln, wenn sich neue Glaubensrichtungen halbwegs verbreitet haben.

  138. Krim
    20. Februar 2015, 12:36 | #138

    „Tatsächlich ist die Gewalt in den meisten Staaten (z.B. der BRD) wirklich obsolet bzw. nur potentiell oder noch genauer nur gegen die Staatsgegner gerichtet, weil sich die Staatsgewalt eben auf die in der Bevölkerung vorherrschende Ideologie stützen kann. „ So kann man das nicht sagen. Richtig ist, dass es spezielle Abteilungen innerhalb des Staates gibt, die den Rechtsstaat vor seinen Gegnern schützt, indem er sie im Vorfeld unschädlich macht. Aber das erklärt ja die Staatsgewalt nicht. Diese braucht es, weil der ökonomische Zweck der hierzulande gilt ein gegensätzlicher ist, der ganz ohne Staatsgegner Gewalt notwendig macht. Die Staatsgewalt ist also alles andere als obsolet. Richtig ist wieder, dass der Staat den nationalen Willen der Bevölkerung nicht unterdrücken muss, sondern sich mit ihm einig weiß.
    „Nur wenn „Nation“ ungefähr das ist, was „Christenheit“ bedeutet, kann man ernsthaft davon sprechen.“ Genau.
    „Die Wirklichkeit von Nationalstaaten ist kein Produkt von Glaubensbekenntnissen.“ Doch, genau das sind sie. Nationalstaaten sind das Resultat des Glauben, besser des Willen, zu eben dieser nationalen Gemeinschaft zu gehören. Nationalstaaten sind die Realisierung des Zwecks, den sich Nationalisten setzen, gegen andere nationale Gemeinschaften sich durchzusetzen. Dass es neben dem Willen auch die Mittel braucht, eine Gewaltkonkurrenz zu gewinnen, ist ein nachrangiges Argument. Erstmal braucht es den Willen, den nationalen Zweck der Durchsetzung gegen andere Nationen sich zu eigen zu machen. Darin, also in diesem Willen, sind die Nationalisten tatsächlich eine Gemeinschaft, das ist ihr gemeinsamer Wille und eben kein Wahn.

  139. 20. Februar 2015, 12:43 | #139

    Ja, gegen Kaufhausdiebe gibt es immer noch Polizeistationen. Das ganze Rechtswesen mit allem Drum und Dran gibt es natürlich schon noch, nämlich wegen dem Eigentum und der Konnkurrenz der Eigentümer, insofern war dein Einwand korrekt. Aber daß die Straßenpolizisten ausgerechnet in erster Linie Kommunisten jagen müßten oder sollten, kann man hierzulande nicht sagen. Die Drogenfahndung dürfte mehr Mitarbeiter haben als die Staatsschutzabteilungen für/gegen Kommunisten.
    Umgekehrt umgekehrt: In Staaten, in denen der nationale Zweck eben nicht von den meisten Untertanen geteilt wird, in denen es einen ins Gewicht fallen Teil der Bevölkerung gibt, der entweder den bestehenden Staat wirklich „anders“ haben will und nicht nur einen anderen Regierungschef oder einfach nur das Gleiche wie bisher als abgetrennter eigener Staat machen will, sich also aus der Nation bewußt ausklinkt, in solchen Staaten setzt die Staatsgewalt regelmäßig Himmel und vor allem Hölle ein, um den Laden zusammenzuhalten.

  140. jana
    20. Februar 2015, 14:40 | #140

    (edit: ausschneid und zu mir nehm…link bleibt)
    es gab n gutes gespräch zu h4/montags-demos irgendwann 2005 rum http://www.farbe-rot.de/mp3/Montagsdemos%20%28F%209-2004%29.mp3 , kann, wer null zeit/bock auch hinterhüppen ab 39. minute etwa…

  141. Krim
    20. Februar 2015, 15:03 | #141

    Was soll das?

  142. 20. Februar 2015, 15:13 | #142

    Und darüber hinaus: Was soll das hier?

  143. jana
    20. Februar 2015, 15:26 | #143

    oh, unverständlich wieder?
    (edit: ausgeschnitten)

  144. jana
    20. Februar 2015, 15:38 | #144

    okay, dats ne ansage…
    ciao
    (versprochen)

  145. Krim
    20. Februar 2015, 17:23 | #145

    Kannst du nicht normal Hochdeutsch schreiben, in normalen klaren Sätzen mit Groß- und Kleinschreibung. Du musst dir kein GSP -Vokabular drauf schaffen. So sind deine Texte für mich unheimlich schwierig zu lesen und zu verstehen. Und nicht immer gleich beleidigt reagieren – das nervt nur. Und was deine Tochter grad in der Schule hat, will ich auch nicht wissen.

  146. jana
    20. Februar 2015, 18:05 | #146

    ich bin nicht beleidigt, nur müde…
    was mein töchterlein grad in politikundwirtschaft hat wie in andren fächern ebenso …
    naja, googlet mal und: „wundert euch nicht!“
    ich kann mich nicht -mehr- anders ausdrücken (ich hatte „germanistik“ und 😉 „philosophie“ studiert und nach nem „weilchen“ „neue deutsche literatur“ als ersterwähltem schwerpunkt kam ich recht schnell in ne „sprachentwicklung“, linguistik, alte deutsche sprache – begeisterung, seitdem „gings bergab“ mit meinem ausdrucksvermögen, „psycho“ tat „sein“ übriges…) „gelernte ddr-ler“ verstehen aber doch recht viel immermal, naja und „frauen“ 😉 … „nix für ungut“: „es“ liegt an mir…und: ich bin müde)

  147. Krim
    20. Februar 2015, 19:18 | #147

    @jana: Das hab ich jetzt verstanden, auch wenn ich nicht nachvollziehen kann, was an Groß- und Kleinschreibung so furchtbar sein soll. Es liest sich einfach viel flüssiger. Und nochmal – lass doch deine Lebensgeschichte weg. Die ist mir völlig wurscht. Abgesehen davon ist es auch verfassungsschutztechnisch keine gute Idee etwas von sich im Netz Preis zu geben.

  148. dazu
    20. Februar 2015, 19:23 | #148

    Könnt ihr diesen folgenden Absatz mal bitte auseinander nehmen?
    (aus dem neuen Jourfixe-Protokoll)
    Ich entdecke nämlich die Differenz zu euch darin gar nicht.
    Bei Pegida „… kommt der Staat zunächst einmal überhaupt nicht vor, sie sagen nicht, sie würden beherrscht werden. Wer „Deutschland“ sagt, denkt nicht als erstes daran, dass er von Merkel regiert wird; umgekehrt, dass Merkel ihm etwas schuldig sei. Also ist es ein sehr absoluter Auftrag an die Herrschaft – das Ergebnis des Standpunkts: Die Herrschaft ist uns etwas schuldig. (…)
    Hier ist Zugehörigkeit, Natur, die persönliche Bestimmung, das, was mich ausmacht, bevor ich meine Interessen anmelde, der zentrale Punkt, von dem aus sich für mich alles ergibt: Nämlich, dass ich zu diesem Kollektiv gehöre. Das ist ein Schicksalsgedanke: dem komme ich nicht aus, und das ist richtig so, weil darin bin ich als Kollektivsubjekt tätig. Also keine Prüfung der Verhältnisse, was in Angebot steckt, sondern der Maßstab, von dem aus eventuell das Prüfen losgeht. Der Maßstab ist: diese Verhältnisse entsprechen mir, das sind die meinen. Und verbürgt ist das durch nichts anderes als die kollektive Zusammengehörigkeit. Die Bilder, die dafür kommen, haben alle nichts mit Willen zu tun: Sprache, Geschichte, Kultur, bis zu identitätsstiftenden Kriegen, in denen man sich am meisten als Deutscher fühlt. Das ist der Standpunkt, wir sind eine von Natur einige, zusammengehörige Gemeinschaft. Das macht uns aus. (…)
    Wie kommt man dazu, das zum Anspruch zu machen? Der Ausgangspunkt war: Sie sind eine Gemeinschaft; aber wenn man es ist, muss man es nicht fordern. Wir sind Deutsche, wir sind das Volk – das ist die Vorstellung einer unmittelbaren kollektiven Identität, die man sich als seine 2. Natur vor allen Interessen, Berechnungen, Beurteilungen der Verhältnisse zulegt, aus der kommt das Urteil über die Verhältnisse. Warum muss man das erst alles herbeiführen, wenn man es doch von Natur aus hat?
    — Weil man unzufrieden ist. Man denkt, die Welt ist für mich gemacht, und merkt gleichzeitig überall, dass das nicht so ist, weil es einem nicht gut geht.
    Die Sache enthält eben einen großen Widerspruch. Es ist eine Idealisierung, eine Abstraktion, die wird auf Verhältnisse bezogen, die mit Natur nichts zu tun haben. Es ist kein Zufall, dass die nationale Gemeinschaft am meisten zusammengeschweißt ist im Krieg. Wenn ich behaupte: Das alles gehört zu mir, ist meine Identität, und die ist gut, dann bin ich als Kollektivmensch zugleich Subjekt meiner Verhältnisse, und die sind insofern erst mal affirmiert und in Ordnung. Da bin ich bei mir, ganz kollektiv. Dieser Gemeinschaftsstandpunkt wird an die Verhältnisse angelegt, die von vorn bis hinten diesen Standpunkt nicht als den einfach gültigen haben.
    — Dieser Standpunkt trifft auf Verhältnisse, wo jeder was gegen den anderen macht, also das Zugehörigkeitsgefühl in der Konkurrenz dauernd gestört wird.
    Die Verhältnisse gehen in diesem Gemeinschaftsstandpunkt nicht auf, weil da lauter Gegensätze unterwegs sind. Das sehen die auch. Man kann auch sagen, dieses Ideal ist ja schon die sehr offensiv vollzogene Abstraktion von diesen Verhältnissen. Aber doch nicht, weil der Mensch sie einfach vergisst. Er sagt nicht, die Gegensätze gibt es nicht, sondern sein Standpunkt zu denen ist die Abstraktion davon. Er kennt die Gegensätze durchaus, beurteilt aber alle von diesem Standpunkt einer Gemeinschaft aus, die in Wahrheit diese Verhältnisse ausmachen soll. (…)
    Der Standpunkt Volk heißt, wir sind automatisch sittlich zusammengeschlossen, eine große, gute Gemeinschaft. Aber das sagt einer nicht aus dem Standpunkt der Zufriedenheit heraus. Dieser Standpunkt ist eine Idealisierung der Konkurrenz, in die er gestellt ist, die ist für ihn erst mal Moment dieser Gemeinschaft. Er bleibt beim Heimat-Standpunkt nicht einfach stehen. Das ist der betätigte, zweckfreie Standpunkt dazu, wenn man sich wieder mal umschaut und feststellt, hier (in Bayern etc.) ist es schön, dann betätigt man diesen Standpunk quasi neben seinen Alltagsverhältnissen. Aber kaum stellt man fest, dass sie die Bäume fällen, Industrieparks bauen, sagt man, die verschandeln meine Heimat. Dieses Absehen, dieses Ideal zur alltäglichen Konkurrenz wird an die Welt angelegt; das hält sich der Mensch nicht nebenher und sagt, außerdem bin ich noch Deutscher, sondern – bei Pegida wird es ja handfest – das ist der Gesichtspunkt, unter dem er die Welt sieht und begutachtet.
    Die ganze Konkurrenz hat dann ihr Weiß-Warum in dieser Gemeinschaft. Wenn man sich auf den Volksstandpunkt stellt, sieht man von allem ab. Aber nicht weil man es nicht kennt oder vergisst, sondern weil man es von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet. Das ist die Verwandlung von Konkurrenz in: Wir sind alle einig. Wir sind ein Volk. Zum Alltag der Konkurrenz, auch zur Staatsgewalt, die das alles regiert, hat er den Standpunkt eingenommen: das ist meine Welt. Und zwar so sehr, dass ich nicht danach frage, ob ich sie mir ausgesucht und einen Grund dafür habe.
    Aus diesem Standpunkt, wir sind eine große, wertvolle, einige Gemeinschaft, ergibt sich eine ganze Welt, bis man am Ende bei den Asylanten landet.“
    (Auszüge aus den Seiten 1-3 des neuen Jorfixe-Protokolls [pdf]
    http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2015/jf150209.html

  149. Apple
    20. Februar 2015, 19:36 | #149

    Du entdeckst keine Differenz, weil hier ein kleiner Themenwechsel vorliegt. Der Abschnitt aus dem Protokoll bemüht sich darum, zu erklären, wie Menschen darauf kommen, sich als Angehörige eines Volkes zu verstehen. (Ich will mich jetzt auch gar nicht darüber auslassen, ob das stimmt.)
    In der Diskussion mit Karl geht es demgegenüber darum, ob Nationalismus ein Willensinhalt – oder besser – ob Nation ein Zweck ist (aus dem was folgt: im Endeffekt ein Nationalstaat), oder bloßer Wahn, bloße Ideologie. Und bei dieser Frage ist das Protokoll ja recht eindeutig:

    Was ist der Inhalt dieses ‚wir‘? Auch bei uns gibt es das. Da wird zusammen über etwas diskutiert und das stiftet dieses Moment von Gemeinsamkeit. Ein Zweck wird geteilt und betätigt und man weiß warum.
    – Die teilen keinen gemeinsamen Zweck, sondern die gemeinsame Abhängigkeit.

    Meine Einschätzung: Das Protokoll verwechselt das Volk im politischen Sinne mit dem, was Ethnie ist, wie z.B. bei den im Protokoll erwähnten Bayern – das ist erstmal tatsächlich eine abstrakte Gemeinschaft. Aber man merkt den Unterschied daran, dass die meisten Bayern gar nicht in Anspruch nehmen, eine Nation zu sein.

  150. dazu
    20. Februar 2015, 19:42 | #150

    „Die teilen keinen gemeinsamen Zweck, sondern die gemeinsame Abhängigkeit.“
    Den Satz lese ich so:
    Die teilen keinen gemeinsamen positiven Zweck (denn es sind ja Konkurrenten!), sondern in ihrem Gefühlsinhalt ‚Heimat‘ (vgl. Prot.) basteln sie sich aus ihrer gemeinsamen Abhängigkeit einen positiven Gemeinschaftstitel.
    Im Protokoll geht es auf S. 5 dann ja so weiter:
    „… die Gewalt ist beauftragt, diese Gemeinschaft gefälligst zu stiften. Das heißt: in der Konkurrenzgesellschaft für Ordnung zu sorgen.“

  151. jana
    20. Februar 2015, 19:48 | #151

    das gute bier, was keiner kritik bedarf… ist „lebensgeschichte“, ich hab nämlich nix am hut mit bier, kenns also nicht und kann also mit der bier-ernsten kritik an der kritik eines guten biers nix anfangen…
    soweit dazu,
    groß- und kleinschreibung…: wenn Ihr endlich das und (meinetwegen) dass (mir ists ß lieber!) wieder richtig schreibt, dann erbarme ich mich der richtigen „größe“…
    unboshaft und immernochnich beleidigt:
    danke, dazu, ich seh nämlich auch keine differenz zwischen dem identitätsstiftenden „wir“ hier und dem dort… (sorry, ich hab ne „wir“-allergie)

  152. Apple
    20. Februar 2015, 19:57 | #152

    So habe ich den Satz auch gelesen. Aber
    1) Daraus, dass Menschen Konkurrenten sind, folgt nicht, dass sie keinen gemensamen Zweck teilen können. Am Wirtschaftswachstum oder „Aufschwung“ sind z.B. sowohl Lohnarbeiter wie Kapitalisten interessiert – aus unterschiedlichen Gründen.
    2) Die Ethnie ist kein Gemeinschaftstitel sondern eine tatsächliche Gemeinschaft. Der Inhalt der Gemenschaftlichkeit mag zwar nicht viel her geben – ist sehr abstrakt – das ist aber kein Grund das Ganze zu einem bloßen Titel zu verniedlichen.
    3) Wie gesagt, das Protokoll redet über Volk, meint aber eher sowas wie Ethnie. Es ist jedenfalls in seiner Stoßrichtung etwas von der Diskussion mit Karl entfernt.

  153. Krim
    20. Februar 2015, 20:01 | #153

    „Die Bilder, die dafür kommen, haben alle nichts mit Willen zu tun: Sprache, Geschichte, Kultur, bis zu identitäts- stiftenden Kriegen, in denen man sich am meisten als Deutscher fühlt.“ Die Bilder sind die ideolgischen Rechtfertigungen ihres Willens. Aber bloß weil die Rechtfertigungen notwendig falsch sind, heißt das doch nicht, dass ihr nationaler Wille nicht existiert. Nationalismus, also der Wille zur nationalen Gemeinschaft und die Rechtfertigung dieses Willens sind zwei verschiedene Dinge.
    „Sie sind eine Gemeinschaft; aber wenn man es ist, muss man es nicht fordern. „ Sie fordern ja auch nicht Volk zu sein, sondern behaupten sie seien das Volk also habe sich die Regierung nach ihnen zu richten. Sie fordern als Volk einen alternativen Inhalt von Nation.
    „Dieser Gemeinschaftsstandpunkt wird an die Verhältnisse angelegt, die von vorn bis hinten diesen Standpunkt nicht als den einfach gültigen haben.“ Kann schon sein, dass der moralische Gemeinschaftsstandpunkt von unten nicht auf seine Kosten kommt, aber dass es keinen Gemeinschaftstandpunkt gibt oder dieser bloßer Wahn ist, stimmt nicht. So wahnsinnig idealistisch ist doch der Pegida Standpunkt auch gar nicht. Da wird eben vom Staat ein Umgang mit dem Menschenmaterial eingefordert, der das christliche Menschmaterial gegenüber dem islamischen bevorzugt. Das ist ja nicht eine Gedanke, wie ich will mehr Geld zum Leben, ne Wohnung, Arbeit wegen Lohn, weniger Arbeit usw., sondern das ist schon ein staatsbürgerlicher Gedanke, der auf die Umgangsweise des Staates und der Wirtschaft mit seinen Untertanen bzw. seinem Ausbeutungsmaterial abzielt.
    “ Er sagt nicht, die Gegensätze gibt es nicht, sondern sein Standpunkt zu denen ist die Abstraktion davon. Er kennt die Gegensätze durchaus, beurteilt aber alle von diesem Standpunkt einer Gemeinschaft aus, die in Wahrheit diese Verhältnisse ausmachen soll.“ Was bei dir nicht stimmt, ist, dass du immer denkst: Das ist doch ein Fehler, wenn ich die Konkurrenz unter dem Gesichtspunkt einer nationalen Zusammengehörigkeit betrachte, – ergo gibt es diese nationale Zusammengehörigkeit nicht. Das ist der Fehler. Die Zusammengehörigkeit existiert und die gibt es und zwar nicht wegen Sprache und Kultur etc., sondern allein wegen dem Willen der Individuen, die diesen Kampfzweck gegen andere Nationen verfolgen. Diesen gemeinsamen Zweck Nation gibt es in der Tat n e b e n den Gegensätzen des Kapitalismus. Was wieder stimmt ist, dass die Nationalisten die Gegensätze von Standpunkt ihrer nationalen Gemeinschaft aus beurteilen.
    „Aus diesem Standpunkt, wir sind eine große, wertvolle, einige Gemeinschaft, ergibt sich eine ganze Welt, bis man am Ende bei den Asylanten landet.“ So am Ende stehen die Asylanten aber nicht. Denn die nationale Gemeinschaft hat ja einen Inhalt und der Inhalt ist Behauptung bzw. Konkurrenz bzw. Durchsetzung gegen andere nationale Gemeinschaften. Asylanten sind dann doch gleich im Ausgangspunkt die Anderen gegen die sich die Gemeinschaft richtet. Im nationalen Denken ist es also sehr folgerichtig, dass Nationalisten auf Islam und Asylanten kommen. Die sagen eben: Hey Staat, w i r sind dein Volk und nicht Moslems und Asylanten, also behandel uns gefälligst auch so.

  154. dazu
    20. Februar 2015, 20:08 | #154

    „Die Sache enthält eben einen großen Widerspruch. Es ist eine Idealisierung, eine Abstraktion, die wird auf Verhältnisse bezogen, die mit Natur nichts zu tun haben. Es ist kein Zufall, dass die nationale Gemeinschaft am meisten zusammengeschweißt ist im Krieg. Wenn ich behaupte: Das alles gehört zu mir, ist meine Identität, und die ist gut, dann bin ich als Kollektivmensch zugleich Subjekt meiner Verhältnisse, und die sind insofern erst mal affirmiert und in Ordnung. Da bin ich bei mir, ganz kollektiv. Dieser Ge- meinschaftsstandpunkt wird an die Verhältnisse angelegt, die von vorn bis hinten diesen Standpunkt nicht als den einfach gültigen haben.
    (…)
    Der Mensch „sagt nicht, die Gegensätze gibt es nicht, sondern sein Standpunkt zu denen ist die Abstraktion davon. Er kennt die Gegensätze durchaus, beurteilt aber alle von diesem Standpunkt einer Gemeinschaft aus, die in Wahrheit diese Verhältnisse ausmachen soll. (…)
    Der Standpunkt Volk heißt, wir sind automatisch sittlich zusammengeschlossen, eine große, gute Gemeinschaft. Aber das sagt einer nicht aus dem Standpunkt der Zufriedenheit heraus. Dieser Standpunkt ist eine Idealisierung der Konkurrenz, in die er gestellt ist, die ist für ihn erst mal Moment dieser Gemeinschaft. Er bleibt beim Heimat-Standpunkt nicht einfach stehen. Das ist der betätigte, zweckfreie Standpunkt dazu. (…) kaum stellt man fest, dass sie Industrieparks bauen, sagt man, die verschandeln meine Heimat. Dieses Absehen, dieses Ideal zur alltäglichen Konkurrenz wird an die Welt angelegt; das hält sich der Mensch nicht nebenher und sagt, außerdem bin ich noch Deutscher, sondern – bei Pegida wird es ja handfest – das ist der Gesichtspunkt, unter dem er die Welt sieht und begutachtet.
    Die ganze Konkurrenz hat dann ihr Weiß-Warum in dieser Gemeinschaft. Wenn man sich auf den Volksstandpunkt stellt, sieht man von allem ab. Aber nicht weil man es nicht kennt oder vergisst, sondern weil man es von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet. Das ist die Verwandlung von Konkurrenz in: Wir sind alle einig. Wir sind ein Volk. Zum Alltag der Konkurrenz, auch zur Staatsgewalt, die das alles regiert, hat er den Standpunkt eingenommen: das ist meine Welt. Und zwar so sehr, dass ich nicht danach frage, ob ich sie mir ausgesucht und einen Grund dafür habe.
    Aus diesem Standpunkt, wir sind eine große, wertvolle, einige Gemeinschaft, ergibt sich eine ganze Welt, bis man am Ende bei den Asylanten landet.“
    (Protok, S. 3)
    „…nationale Gemeinschaft hat ja einen Inhalt und der Inhalt ist Behauptung bzw. Konkurrenz bzw. Durchsetzung gegen andere nationale Gemeinschaften. (Krim)
    Behauptung des Protokolls ist, dass die „Existenzweise“ dieses Inhaltes aber in seinem Ideal bestehe.
    (Auch der Inhalt ‚Geldvermehrung‘ existiert in dieser Gesellschaft eher in der idealisierten Form, dass es um unser aller „Wachstum“ gehe, s o kommen solche Inhalte vor, als Idealisierungen und nicht ihrem politökonomischen Gehalt nach.)
    „Die Zusammengehörigkeit existiert und die gibt es und zwar nicht wegen Sprache und Kultur etc., sondern allein wegen dem Willen der Individuen, die diesen Kampfzweck gegen andere Nationen verfolgen. Diesen gemeinsamen Zweck Nation gibt es in der Tat n e b e n den Gegensätzen des Kapitalismus.“ (Krim)
    Diese Zusammengehörigkeit gibt es in der Tat – aber (nur!) im Bewusstsein der Nationalisten, die sich dies so denken.
    Dies existiert nicht erst auf der Ebene der „großen Politik“, im Streit mit anderen Staaten, sondern bereits und auch im „Lokalkolorit“, wenn der Hamburger voller Lilly Marleen oder Fischmarkt-Gefühl an seine „Heimat“ denkt. Das stammt nicht aus dem Gegensatz zu Frankreich – und ist auch kein historisches Erbe des Abringens des Geländes von Dänemark o.dgl.
    Sondern das entsteht beim Hamburger hier und heute.
    (Wir lasse den Dom in Kölle – mag ja historisch auch auf Konflikte mit dem Franzmann anspielen, hat aber doch mit Krieg gegen andere Mächte heutzutage eher weniger zu tun.)

  155. Apple
    20. Februar 2015, 20:21 | #155

    Die PEGIDA-Leute sind nicht einfach bloß welche, die sich als Deutsche verstehen und sich irgendwie heimelig fühlen wollen und dabei von irgendwelchen Gegensätzen abstrahieren etc., sondern welche, die sich ihre Gedanken darüber gemacht haben, unter welchen Umständen sie sich als kulturelle Gemeinschaft reproduzieren können, wann welche Regeln und Werte gelten können, unter welchen Umständen sie sich materiell als Gemeinschaft reproduzieren können – wer darf hier z.B. rein und am Reichtum partizipieren und wer nicht. Usw. Auf dieser Weise entsteht eine Volksbewegung und diese fasst den Inhalt ihrer Überlegungen als nationales Interesse, das sie dann umsetzen will. Um dieses Interesse herum organisieren sie sich. An PEGIDA sieht man eigentlich ganz gut, was ein Volk ist.
    Das Problem des Protokolls ist, das es dieses gemeinsame Interesse tendenziell leugnet. Der GSP will ja den Leuten sagen, dass sie den Kapitalismus abschaffen sollen und ihre Zeit nicht mit irgendwelchen nationalen Anliegen verplempern sollen, die überdies beim Staat sehr gut aufgehoben sind. Also sagt er ihnen: Das sind doch gar nicht eure Anliegen, ist alles ’ne Einbildung.

  156. 20. Februar 2015, 20:33 | #156

    Da gebe ich Apple recht: Im Kern ist es eben die Auffassung des GSP, daß nationales/Volksbewußtsein reiner Wahn ist und auf keinem gemeinsamen Interesse beruht. Deshalb auch der matte ideologische Konter gegen Nationalisten „Das sind doch gar nicht eure Anliegen, ist alles ’ne Einbildung.“ Ihr müßt nur aufwachen und anfangen mit dem Klassenkampf. Das ist für mich nah dran an dem, was von MG bis GSP immer bei anderen Linken kritisiert wurde als deren nutzloses Bemühen, die ganz und gar nicht geneigten Arbeiter endlich zu ihrem „wahren“ Interesse hinzuagitieren.

  157. dazu
    20. Februar 2015, 20:40 | #157

    Welches gemeinsame reale Interesse treibt denn einen Dresdner Bauarbeiter neben einen Dresdner Unternehmer gemeinsam auf die Straße, um gegen die Islamisierung von Dresden (sorry des Abendlandes) zu protestieren?

  158. Apple
    20. Februar 2015, 20:51 | #158

    Die abstrakte Forderung [von PEGIDA an den Staat] heißt also: Stelle dich gefälligst über das alles, sorge dafür, dass jeder Gegensatz sich ein- und unterordnet, dann ist er – aufgehoben im Ganzen – keiner mehr. Die Pegida-Leute sind Staats-besessen: sie wollen nicht dieses oder jenes, sondern fordern ganz prinzipiell Ordnung und das heißt: der Staat soll das Gemeinschaftsideal der Konkurrenz herstellen (Protokoll)

    Auch hier wieder wird das nationale Interesse geleugnet. Natürlich wollen die PEGIDA-Leute dieses und jenes – die haben eine ganze Liste von Forderungen gemacht. Weil sie aber nicht die Umsetzung von irgendwelchen privatmaterialistischen Interessen fordern, wo man ihnen aufzeigen könnte, dass diese in einer kapitalistischen Gesellschaft gar nicht verwirklichbar sind, sollen ihre Forderungen schon gar keine wirklichen mehr sein – sondern bloß ein abstraktes Ideal, auf das sie in ihrer „Staatsbessenheit“ verfallen sind.

  159. 20. Februar 2015, 20:53 | #159

    Zu Krims

    „Die Bilder sind die ideolgischen Rechtfertigungen ihres Willens. Aber bloß weil die Rechtfertigungen notwendig falsch sind, heißt das doch nicht, dass ihr nationaler Wille nicht existiert. Nationalismus, also der Wille zur nationalen Gemeinschaft und die Rechtfertigung dieses Willens sind zwei verschiedene Dinge.“

    kam prompt die ja (für Marxisten jedenfalls) immer naheliegende Replik von dazu

    „Welches gemeinsame reale Interesse treibt denn einen Dresdner Bauarbeiter neben einen Dresdner Unternehmer gemeinsam auf die Straße?“

    Ganz offensichtlich ist der von allen konkreten Konkurrenzstandpunkten abstrahierende Wille zu einem das alles umfassenden nationalen „wir“ etwas, was nicht nur dazu nicht einleuchten will. Denn das ist schon verdammt abstrakt und dünn, das will ich gerne zugeben.

  160. Apple
    20. Februar 2015, 20:59 | #160

    Welches gemeinsame reale Interesse treibt denn einen Dresdner Bauarbeiter neben einen Dresdner Unternehmer gemeinsam auf die Straße, um gegen die Islamisierung von Dresden (sorry des Abendlandes) zu protestieren?

    Z.B. dass keine Moscheen in Deutschland rumstehen. – Das ist das Problem. Die Frage nach den gemeinsamen realen Interessen tut so, als gäbe es irgendwelche nicht-reale Interessen, die Leute bloß vorgeben zu haben – oder noch besser: wo die Leute sich darüber täuschen, dass sie sie haben. Genauso wird im Protokoll argumentiert: Die PEGIDAs haben irgendwelche Forderungen, aber sind das wiiiirklich ihre realen Interessen? Sind sie das wirklich? Sind sie das? Kanndochnichtsein.

  161. dazu
    20. Februar 2015, 21:01 | #161

    „… dass es keinen Gemeinschaftstandpunkt gibt oder dieser bloßer Wahn ist, stimmt nicht. So wahnsinnig idealistisch ist doch der Pegida Standpunkt auch gar nicht. Da wird eben vom Staat ein Umgang mit dem Menschenmaterial eingefordert, der das christliche Menschmaterial gegenüber dem islamischen bevorzugt. Das ist ja nicht eine Gedanke, wie ich will mehr Geld zum Leben, ne Wohnung, Arbeit wegen Lohn, weniger Arbeit usw., sondern das ist schon ein staatsbürgerlicher Gedanke, der auf die Umgangsweise des Staates und der Wirtschaft mit seinen Untertanen bzw. seinem Ausbeutungsmaterial abzielt.“ (Krim)
    Darüber muss ich noch mal nachdenken, meine aber erst einmal, dass du mit der Formulierung, dass das ein „staatsbürgerlicher Gedanke“ sei, die Differenz wegmachst. Ich überlege es mir noch mal.

  162. dazu
    20. Februar 2015, 21:16 | #162

    Gleiches gilt für Apples Formulierung „Z.B. dass keine Moscheen in Deutschland rumstehen. – Das ist das Problem.“
    Ja, die Werte des Ausländers zerstören unsere eigenen. Daher sind sie potentiell Volksschädlinge. Das verweist auf das Angewiesensein des Inländers auf „seinen“ Staat, von dem er ja wirklich real abhängig gemacht ist, was er sich aber als deutsche Kultur etc. verdolmetscht. Und den Schädling, der „seinen“ Staat schädigt, denkt er sich auch dazu aus.
    (Dazu kriegt er ja von den Politikern und deren Darlegungen genügend Anhaltspunkte, damit er weiß, was deutsche Kultur sei und wer hierzulande gerade als Volksschädling gilt.)

  163. dazu
    20. Februar 2015, 21:20 | #163

    Was soll denn das in Dresden für ein reales ‚Problem‘ (Apple) sein?

  164. Krim
    20. Februar 2015, 21:31 | #164

    @jana: 1. Bier? Hä? was? 2. Du meinst du schreibst deshalb alles klein, weil mir manchmal bei dass ein Fehler unterläuft. Selbst wenn das stimmen würde, wäre es ungerecht. Gerechter fände ich, dass du für jeden dass-Fehler ein Substantiv kleinschreiben darfst.

  165. 20. Februar 2015, 22:00 | #165

    @ dazu

    „die Werte des Ausländers zerstören unsere eigenen. Daher sind sie potentiell Volksschädlinge. Das verweist auf das Angewiesensein des Inländers auf „seinen“ Staat“

    Wieso „verweist“ es das? Daß jeder Nationalist für Alles und Jedes, was ihn stört, nach Staatsaktionen ruft, das sieht man auch an den Pegida-Demonstranten. Die sind ja wohl zumeist (noch?) keine faschistischen Aktivisten, die die „Rechte“ des „deutschen Volkes“ in die eigenen Hände nehmen und selber rassistisch vorgehen.

  166. dazu
    20. Februar 2015, 22:09 | #166

    Dass eine Moschee in Dresden (wo es davon kaum eine gibt), also eher nur die eigene Befürchtung vor einer zukünftig solchen, den Staat schädigen könne – wie erklärst du dir denn diesen Gedanken?

  167. 20. Februar 2015, 22:18 | #167

    @ dazu

    „Dass eine Moschee in Dresden (wo es davon kaum eine gibt), also eher nur die eigene Befürchtung vor einer zukünftig solchen, den Staat schädigen könne – wie erklärst du dir denn diesen Gedanken?“

    Diese „Schädigung“ des Staates sehen Nationalisten ja schon in der Tatsache, daß da was Anderes, was nicht „hierher“ gehört, eben etwas „Volksfremdes“ identifiziert wird. Mehr brauchen die doch regelmäßig gar nicht.

  168. Krim
    20. Februar 2015, 22:43 | #168

    „Behauptung des Protokolls ist, dass die „Existenzweise“ dieses Inhaltes aber in seinem Ideal bestehe.“ Das stimmt dann halt nicht.
    „Diese Zusammengehörigkeit gibt es in der Tat – aber (nur!) im Bewusstsein der Nationalisten, die sich dies so denken.“ Was heißt denn hier nur? Worin soll eine beliebige Gemeinschaft denn sonst bestehen, als im Bewusstsein ihrer Mitglieder zusammenzugehören, weil man einen gemeinsamen Zweck teilt. Da unterscheidet sich doch der Kleintierzüchter verein gar nicht von der Nation. Das ist bei Gemeinschaft i m m e r so, dass sie zunächst bloß im Bewusstsein ihrer Mitglieder existieren.
    „Welches gemeinsame reale Interesse treibt denn einen Dresdner Bauarbeiter neben einen Dresdner Unternehmer gemeinsam auf die Straße, um gegen die Islamisierung von Dresden (sorry des Abendlandes) zu protestieren?“ Das ist ja nicht zu glauben. Du fragst nach dem Interesse und gibst es im gleichen Satz zu Protokoll. Beide stehen als Deutsche auf der Straße, die anmahnen, dass sich der Staat zu wenig auf sein eigenes Menschenmaterial bezieht. Deshalb sind sie beide für europäische Kultur und gegen die islamische.
    “ Die Frage nach den gemeinsamen realen Interessen tut so, als gäbe es irgendwelche nicht-reale Interessen, die Leute bloß vorgeben zu haben – oder noch besser: wo die Leute sich darüber täuschen, dass sie sie haben.“ Genau. Als müssten Interessen um real zu sein, sich um irgendwas materielles drehen, wie Lohn oder Freizeit, als könnte das nicht das Interesse sein, Deutschland in Europa voranzubringen oder das Abendland als christliches, westwertemäßiges zu erhalten.

  169. dazu
    20. Februar 2015, 23:24 | #169

    „… welche, die sich ihre Gedanken darüber gemacht haben, unter welchen Umständen sie sich als kulturelle Gemeinschaft reproduzieren können, wann welche Regeln und Werte gelten können, unter welchen Umständen sie sich materiell als Gemeinschaft reproduzieren können – wer darf hier z.B. rein und am Reichtum partizipieren und wer nicht. Usw. Auf dieser Weise entsteht eine Volksbewegung und diese fasst den Inhalt ihrer Überlegungen als nationales Interesse, das sie dann umsetzen will. Um dieses Interesse herum organisieren sie sich. An PEGIDA sieht man eigentlich ganz gut, was ein Volk ist. Das Problem des Protokolls ist, das es dieses gemeinsame Interesse tendenziell leugnet.“ (Apple)
    Hier wird eine Theorie über die Entstehung von Nationalismus vertreten, die so nicht stimmt.
    Apple geht von einer kulturellen Gemeinschaft aus, landet danach und später bei der „materiellen Frage“, welche eine sei, wie man „sich materiell als Gemeinschaft reproduzieren können – wer darf hier z.B. rein und am Reichtum partizipieren und wer nicht. Usw. Auf dieser Weise entsteht eine Volksbewegung“. Ein gemeinsames materielles Interesse entstehe im Fortgang dessen, dass man sich als kulturelle Gemeinschaft reproduzieren wolle.
    Das ist eine falsche Darstellung. Die Pegida-Demonstranten entdecken sich nicht erst als nationales Interesse, sondern sie waren auch vor den historischen Zeiten von Pegida bereits Nationalisten. Weil sie nämlich ihre (‚falschen‘) Gründe haben, auf ihren Staat zu setzen. Dass sie sich zu Pegida zusammenschließen, ist also nicht die Entstehung ihres Nationalismus, den sie als Konkurrenten ’systemgerechterweise‘ bereits längst an sich ausgebildet hatten. Das gemeinsame Interesse als Pegida ist ihre gemeinsame Deutung einer Angewiesenheit auf den (missverstandenen) Staat als „gemeinsames Interesse gegen Islamisierung“.

  170. Krim
    20. Februar 2015, 23:53 | #170

    „Die Pegida-Demonstranten entdecken sich nicht erst als nationales Interesse, sondern sie waren auch vor den historischen Zeiten von Pegida bereits Nationalisten.“ Wo wird das bestritten? Die Pegida definiert ihren Nationalismus eben als kulturelle Gemeinschaft. Die sagen eben, dass zum Deutschsein auch westliche Werte unabdingbar gehören. Alle die das ändern wollen müssen draußen bleiben und kommen nicht in Genuss der materiellen Wohltaten.
    „Dass sie sich zu Pegida zusammenschließen, ist also nicht die Entstehung ihres Nationalismus,“ Das stimmt. Pegida ist ein spezieller nationalistischer Inhalt neben vielen anderen.
    „Das gemeinsame Interesse als Pegida ist ihre gemeinsame Deutung einer Angewiesenheit auf den (missverstandenen) Staat als „gemeinsames Interesse gegen Islamisierung“.“ Da liegt ein Fehler zugrunde, sonst würdest du das nicht so verdreht formulieren. Die Pegida deutet nicht ihre Angewiesenheit auf den Staat falsch, als islamkritische Gemeinsamkeit von Untertanen. Die Pegida hat ein gemeinsames nationales Interesse mit dem Inhalt, dass sich ihr Staat gegen den Islam wenden soll. Die sagen zum Staat: Sei islamkritisch, habe den Zweck abendländische Werte zu erhalten!

  171. Apple
    21. Februar 2015, 01:22 | #171

    Das ist eine falsche Darstellung. Die Pegida-Demonstranten entdecken sich nicht erst als nationales Interesse, sondern sie waren auch vor den historischen Zeiten von Pegida bereits Nationalisten.

    Ich wollte ja auch nicht erklärt haben, wie der deutsche Nationalismus entsteht, sondern habe geschrieben, dass man an PEGIDA exemplarisch beobachten kann, wie ein nationales Interesse formuliert wird. Wie man an den PEGIDA-Kritikern sehen kann, gibt es nicht nur eine Version von so einem nationalen Interesse. Die Inhalte davon kann man auch nicht ableiten, das hängt davon ab, wie sich die Gemeinschaft selbst definiert. Wenn als Kultur- oder Wertegemeinschaft, dann geht es um die Reproduktion der Gemeinschaft in diesem Sinne, dann muss z.B. geschaut werden, dass die Kultur nicht durch den Zuzug „Andersgläubiger“ verwässert wird. Wenn als Sprachgemeinschaft, dann muss irgendwie geregelt werden, dass die Sprache nicht in Vergessenheit gerät. Wenn als biologische Gemeinschaft, dann muss die Fortpflanzung geregelt werden. Wenn als religiöse Gemeinschaft … Die materielle Reproduktion spielt auch meistens eine Rolle, weil sie eine Voraussetzung für den ganzen anderen Kram ist – dann kann es z.B. um den Zugang zu Arbeitsplätzen oder Sozialleistungen gehen oder zum Lebensraum im Osten. Wenn da was im Argen liegt (aus ihrer Perspektive), dann organisieren sich die Mitglieder der Gemeinschaft und versuchen ihrem nationalen Interesse politisch zum Zuge zu verhelfen. Dann handeln sie tatsächlich als Volk im engeren Sinne des Wortes. Wenn dagegen irgendwelche Bayern am Starnberger See hocken und bloß Steine ins Wasser schmeißen, dann interessiert das ja eh keinen (außer ihnen), das würde ich auch nicht wirklich „Volk“ oder „Nation“ nennen.

    Ja, die Werte des Ausländers zerstören unsere eigenen. Daher sind sie potentiell Volksschädlinge. Das verweist auf das Angewiesensein des Inländers auf „seinen“ Staat, von dem er ja wirklich real abhängig gemacht ist, was er sich aber als deutsche Kultur etc. verdolmetscht.

    Das halte ich für groben Unfug. Wie stellst du dir das denn vor, dass der Verzehr von Sauerkraut oder irgenwelche Kleidungsvorlieben die Angewiesenheit auf den Staat verdolmetschen? Da muss man übrigens gar nichts verdolmetschen – den meisten Deutschen ist auch so klar, inwiefern sie auf ihren Staat angewiesen sind.

  172. dazu
    21. Februar 2015, 07:00 | #172

    Zu der von Krim bemängelten verdrehten Formulierung.
    An dem im Post vom 13.1.15 bereits aufgeführten Bericht des Tagesspiegels:
    http://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/pegida-demonstrationen-geballte-wut-in-dresden/11118834.html
    kann man ersehen, dass dieser Dresdner Bürger im Ausgangspunkt die Härten des Sozialstaates nicht als allerpenibelste Zuteilung staatlicher Gelder (hier das Wohngeld) für seine lohnarbeitende Klasse begreift (und dann sagt der Staat eben, wenn das Familieneinkommen jene Größe übersteigt, dann ist Schluss mit Wohngeld), was der Staat nach seinen Kriterien macht, damit diese Klasse weiterhin in der Lage ist, sich ausnutzen lassen zu müssen – und das in einer Stadt wie Dresden auch zu können. Sondern er missversteht den Staat als irgendwie seine eigene persönliche Geldquelle, der ihm doch nicht einfach das ihm eigentlich zustehende ‚persönliche Wohngeld‘ verweigern dürfe.
    Im Ausgangspunkt ist der Bürger also real angewiesen auf den Staat, aber ideell bereits der Ausdeuter des staatlichen Sozialstaatswesens hin zu einer Leistung ’seines Sozialstaates‘ nicht für seine Funktionsermöglichung fürs Kapital, sondern wirklich ‚für ihn‘.
    Das ist der zugrunde liegende sowohl ‚materielle‘ Ausgangspunkt in den Härten seiner Funktionalisierung für den Zweck des Sozialstaates als auch seine ‚ideologische‘ Ausdeutung hin in einen angeblichen ‚Service‘ (!) seines Staates an ihn. (Auch diese Missdeutung des Staates ist dem sehr recht: ‚Service-Zentren‘ nennt er inzwischen seine Wohngeld- und Personalausweis-Verwaltungen.)
    Das wird im Protokoll mit der Unterscheidung von realer ‚Abhängigkeit‘ (als Konkurrenten untereinander) und der ‚Abstraktion‘ dieser Abhängigkeitsberhältnisse als gefühlten Nationalismus der ‚Heimat‘ gefasst:
    „Die Sache enthält eben einen großen Widerspruch. Es ist eine Idealisierung, eine Abstraktion, die wird auf Verhältnisse bezogen, die mit Natur nichts zu tun haben. Es ist kein Zufall, dass die nationale Gemeinschaft am meisten zusammengeschweißt ist, im Krieg. Wenn ich behaupte: Das alles gehört zu mir, ist meine Identität, und die ist gut, dann bin ich als Kollektivmensch zugleich Subjekt meiner Verhältnisse, und die sind insofern erst mal affirmiert und in Ordnung. Da bin ich bei mir, ganz kollektiv. Dieser Gemeinschaftsstandpunkt wird an die Verhältnisse angelegt, die von vorn bis hinten diesen Standpunkt nicht als den einfach gültigen haben.“ (S. 3 Mitte)
    Apples Formulierung: Den Deutschen sei klar, inwiefern sie auf ihren Staat angewiesen sind, möchte ich also auch widersprechen: Dem im Text genannten Bürger ist Sinn und Zweck von Wohngeld nicht ‚klar‘; er betrachtet das nämlich als eine ihm eigentlich zustehende Leistung. Dass (bzw. weil) der Staat sich statt seiner um den Muselmann kümmere, deswegen kriege er jetzt keines mehr. Das ist ein grobes Missverständnis der Gründe, warum der Staat wem Wohngeld auszahlt.
    „Das Geld, das den Eingeborenen fehle, bekämen die Ausländer“ (meint jener Dresdner Bürger aus dem Tagesspiegel).
    Null Ahnung hat der, warum der BRD-Staat seine Abteilung Sozialstaat eingerichtet hat und welchen Kriterien gemäß die dann auch im Detail penibel funktioniert.
    Neben der Pegida-gemäßen Ausdeutung der Gründe für Armut (hier: der Muselmann ist schuld an der Kürzung meines Wohngeldes) gibt es bekanntlich weitere Deutungen der Armut – was und wie sie notwendig ist, und wie sie in der Öffentlichkeit benutzt wird:
    http://www.gegenstandpunkt.de/radio/2013/ga130415.html

  173. dazu
    21. Februar 2015, 09:03 | #173

    Peter Deckers Pegida-Vortrag ist auch auf YouTube online verfügbar
    Aufzeichnung einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung
    vom 12. Februar 2015 in Nürnberg
    Thema: PEGIDA – Böse und gute Patrioten im Clinch
    https://www.youtube.com/watch?v=xCh6MaaM91U
    Die Gliederung des Vortrages (Skript):
    http://www.sozialistischegruppe.de/download/Vortrag_Pegida_2015.pdf
    1. „Wir sind das Volk!“ 00:17:56
    2. „Solange es nur einem Dresdner Bürger schlechter geht als jedem Zuzügler aus dem Ausland, solange hat sich die Dresdner Politik um Dresdner Bürger zu bemühen.“ (Kathrin Oertel) 00:42:07
    3. Verteidigung der Heimat: „PEGIDA ist für die Erhaltung und den Schutz unserer christlich-jüdisch geprägten Abendlandkultur!“ „Schweinefleisch statt Döner!“ 00:55:22
    4. Anti-Pegida-Demonstranten 01:29:40
    Audio-Mitschnitt: http://www.argudiss.de/node/314
    (Übrigens ab der 44. Minute redet Peter Decker auch über die krumme Vorstellung, der deutsche Sozialstaat sei eine „Versorgungsinstitution“!
    Das noch mal zum drüber stehenden Post.)

  174. Krim
    21. Februar 2015, 12:01 | #174

    Zu dem Dresdner Wohngeldbezieher ist zu sagen, dass das nur eine Art ist, wie er seinen Nationalismus übersetzt in eine Berechtigung. Eine schlechte soziale Lage ist dafür gar nicht erforderlich. Deshalb kommen da auch Leute aus verschiedenen Schichten zusammen. Ihre Gemeinsamkeit ist die Deutung der Misstände, die sie von ihrem Standpunkt jeweils ausmachen. Und diese Gemeinsame Deutung heißt: Das europäische Abendland wird islamisiert und deshalb die ganze Ärgernisse. Der Wohngeldempfänger erklärt sich, das ausbleibende Wohngeld damit, dass unberechtigte Moslems und Asylanten das Geld erhalten, statt dem anständigen deutschen Christen. Der Kulturschaffende bemängelt, dass die türkische-deutsche Proletkultur zu viel Raum einnimmt und deutschen Künstlern das Leben schwer macht. Der Lehrer, dass in seiner Klasse zu wenige richtig deutsch können. Für den Städtbauer verschandeln Minarette das Stadtbild usw. Immer wird die Erklärung des Ärgernisses auf eine Ursache zurückgeführt: Das deutsche Abendland wird islamisiert.
    „Dieser Gemeinschaftsstandpunkt wird an die Verhältnisse angelegt, die von vorn bis hinten diesen Standpunkt nicht als den einfach gültigen haben.“Es mag ja sein, dass sich der Gemeinschaftsstandpunkt von oben und der von unten unterscheiden, aber daraus zu schließen, dass es den Gemeinschaftsstandpunkt nicht gibt in einer kapitalistischen Gesellschaft, ist eben verkehrt.

  175. dazu
    21. Februar 2015, 12:12 | #175

    Dass es ‚unten‘ keinen Gemeinschaftsstandpunkt gäbe – neben dem Bewusstsein ihrer Konkurrenz- als Anstandstugenden, mit denen sie heftig ihre Nachbarn beäugen – auch wieder oft ihre höchst eigenen, übrigens, wie man bei Nachbarschaftsstreitigkeiten vor Gericht malerisch ausgepinselt sieht! – möchte ich nicht bestreiten. (Sieht man ja augenfällig im Nationalismus von jedermann, so bald sein Dorf-Verein oder seine Nation sportlich unterwegs ist: D a s schaut man sich an. Genauso gehört ‚mein malerischer Hamburger Hafen‘ irgendwie zu mir. S o gibt es dann den Gemeinschaftsstandpunkt.)
    Deine Erweiterung über den Dresdner Wohngeldbezieher hinaus finde ich ok.

  176. Krim
    21. Februar 2015, 12:45 | #176

    Aber dass es „oben“ einen Gemeinschaftsstandpunkt gibt, mit anderen Worten, dass es überhaupt einen Gemeinschaftsstandpunkt gibt, also dass es eine nationale Gemeinschaft gibt, willst du schon bestreiten. Du hältst den Gemeinschaftsstandpunkt von unten deshalb für einen Wahn. Also wie gehabt alles beim alten. Schade!

  177. dazu
    21. Februar 2015, 13:01 | #177

    Bei den Nazis war der nationale Gemeinschaftsstandpunkt von oben dogmatisch festgelegt im Rassismus der arischen Rasse. Heutzutage gibt es die politischen Vorhaben der nationalen Politik, unter deren Varianten man alle 4 Jahre (fast) dasselbe auswählen darf – und was man sich darauf für einen Reim machen soll, sagen einem gelegentlich der Bundes-Gauck, Frau Merkel und die BLÖD-Zeitung, dem gebildeten Volk die ZEIT. Daneben gibt es obendrein allerlei mannigfaltige Privatübersetzungen dieser nationalen Vorhaben.
    („Wahn“ ist dazu eine etwas zu polemische Formulierung, wiewohl das darin das privat-willkürliche Moment unterstreicht. In Frankreich haben sie vor zwei Jahren die Schwulenehe als kritischen Gemeinschaftsstandpunkt angegriffen, in Baden Württemberg eher von links-alternativ erst einen Bahnhof, dann von rechts-reaktionär eine zu frühe Sexualerziehung. Der Zusammenhang mit den Vorhaben der nationalen Politik läuft hier dann über das Anstandsempfinden der Bürger. Welchen Gesichtspunkt sie sich für ihren Gemeinschaftsstandpunkt aussuchen, darin liegt also „Willkür“ – falls dir dieses Wort besser als „Wahn“ gefällt.)
    Man könnte auch sagen: es ist die eigene Staatsidee – aber eben die eigene, die in eigene Anstandskriterien (oder auch eigene politische Kriterien) übersetzte.
    Karl hat übrigens oben bereits gegen den Begriff „Wahn“ argumentiert, bzw. gegen eine verkürzte Lesart dieses Begriffs
    http://Neoprene.blogsport.de/2014/12/21/wendy-zu-pegida/#comment-115740

  178. 21. Februar 2015, 13:45 | #178

    @ dazu
    Nein, bei den Nazis ging es wie vorher schon unter den „Systemparteien“ um die Revanche für den ersten Weltkrieg. Um die strittige Frage (jedenfalls unter Nationalisten aller Coleur), wie Deutschland wieder Weltmacht werden könne. Und da hat Hitlers Konzept einer straff auf einen neuen Weltkrieg hinorganiserten Gesellschaft auf nationliatische Kreise überzeugt, die Hitlers Begründung für die Niederlagen der jjüngsten Zeit, „die Juden sind unser Unglück“ nicht mitgetragen haben und denen es gereicht hätte, wenn die Nazis „nur“ den bolschewistischen Teil der „jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung“ ausgeschaltet hätten, im Inneren wie in Bezug auf die Sowjetunion.
    Und dieses Naziprogramm war ja alles andere als „Wahn“ pur, sondern erschien bürgerlichen Politikern weithin als die einzige „vernünftige“ Alternative zum als offensichtlich gescheitert anzusehenden Kurs der Weimarer Republik. Da war herzlich wenig „Willkür“ im Spiel und recht viel ganz traditionelle imperialistische „Logik“.

  179. dazu
    21. Februar 2015, 13:53 | #179

    Das habe ich übrigens gesagt.
    Dass das ein von oben festgelegtes Staatsprogramm war.
    („Willkür“ als Bezeichnung d a f ü r wäre dafür ganz unpassend.)
    Gegen deine Erweiterung, dass das bürgerlichen Kreisen passte, und dass es um die Revison von WKI ging, habe ich gar nichts einzuwenden.
    Der Nationalsozialismus als Beispiel war von mir als Gegenbeispiel gedacht, dass von oben bis unten (der Theorie zufolge) ein einheitliches Staatsprogramm verbindlich festgelegt worden war. Andere Parteien wurden schließlich verboten oder vernichtet.
    Meinetwegen kannst du ja einwenden, dass dir dieses Beispiel als Gegenbeispiel nicht sonderlich überzeugend vorkomme.
    Meine Argumentation hängt nicht an dieser Illustrierung.
    (Ich wollte hier also keine erschöpfende Auskunft über den NS geben, sondern an ihm ein prinzipiell anderers Moment der Demokratie illustrieren. Dort darf der Bürger sich in aller Willkür an seiner eigenen Staatsvorstellung abarbeiten, und die einen demonstrieren gegen eine Islamisierung, die anderen gegen die Schwulenehe, was in Frankreich reichlich Aufruhr verursacht hatte.)

  180. 21. Februar 2015, 14:35 | #180

    @ dazu:
    Nein, das ist ein Mißverständnis: *du* hast in der Tat die Position, das Hitlers Programm ein Staatsprogramm von „oben“ war. (Schon mal ein Problem, das einzugrenzen: soll damit die herrschende Klasse gemeint sein wie bei den DDR-Historikern wie Klein, die fürchterlich abgehoben haben auf die Treffen von Hitler und der Schwerindustrie? Ist oben der Staatsapparat, das Militär?) Ich habe nur betont, daß es für die Menschen, die sich ihm angeschlossen haben, als „vernünftiges“ bürgerliches Projekt erschienen ist. Und damit haben die Nazis „unten“ bekanntlich massig Anklang gefunden, bis rein in Schichten der Arbeiterklasse, bis hin zu ehemailgen KPD-Unterstützern. Es paßte also sowohl wichtigen klassischen „bürgerlichen Kreisen“ als auch Millionen normaler Staatsbürger.
    Daß dieses Programm ein zutiefst spalterisches war, das wußten damals sowohl seine Anhänger wie seine Gegner. Wobei die Gegnerschaft im „demokratischen“ bürgerlichen Lager bekanntlich nicht sonderlich tief ging. Da besiegelte das Verbot allzuhäufig nur den politischen Übergang dieser Kreise zu den Nazis. Vernichtet wurden in erster Linie nur die Parteien der revolutionären Arbeiterbewegung und die SPD.

  181. dazu
    21. Februar 2015, 14:41 | #181

    Neo, das habe ich nicht gemeint;
    um den NS ging es mir gar nicht,
    und daher mag ich jetzt auch nichts mehr zum NS sagen.
    (Man hat/will ja auch noch andere Interessen bzw. auch noch Notwendigkeiten neben dem Bloggen zu beackern…)

  182. Krim
    21. Februar 2015, 15:25 | #182

    „Bei den Nazis war der nationale Gemeinschaftsstandpunkt von oben dogmatisch festgelegt im Rassismus der arischen Rasse.“ Ja aber doch erst nachdem sie massenhaft gewählt worden sind und jetzt keine Diskussion über Prozentzahlen.
    „Heutzutage gibt es die politischen Vorhaben der nationalen Politik, unter deren Varianten man alle 4 Jahre (fast) dasselbe auswählen darf“ Das stimmt doch nicht. Was ist denn mit der AFD? Oder den Piraten? Früher mit den Grünen? Alles das selbe? Oder doch verschiedene Ansichten darüber wie das Gemeinschaftswerk Nation auszusehen hat.
    „„Wahn“ ist dazu eine etwas zu polemische Formulierung“ Die Formulierung habe ich gar nicht angegriffen, sondern ihren Inhalt.
    „Welchen Gesichtspunkt sie sich für ihren Gemeinschaftsstandpunkt aussuchen, darin liegt also „Willkür“ – falls dir dieses Wort besser als „Wahn“ gefällt.“ Die Frage ist nicht, ob man Wahn oder Willkür sagt, sondern ob es den willkürlichen Gemeinschaftsstandpunkt gibt oder nicht gibt. Ich sage, es gibt ihn und es wird in einem fort darum gerungen. Hier ist die Demokratie als Herrschaftsform produktiv, indem sie dieses Ringen auf ein politisches Prozedere verpflichtet. Das geht, weil es neben den unterschiedlichen Auffassungen eines demokratischen Gemeinschaftsstandpunkt auch Gemeinsamkeiten aller Nationalisten gibt.
    „Man könnte auch sagen: es ist die eigene Staatsidee – aber eben die eigene, die in eigene Anstandskriterien (oder auch eigene politische Kriterien) übersetzte.“ Das ist vollkommen wurscht, ob die Staatsidee eigen oder willkürlich ist. Es kommt einzig und allein darauf an, ob sie sich durchsetzt. Setzt sie sich durch, dann werden halt Juden ausgerottet oder Moslems drangsaliert. Dann ist es nicht mehr „eigen“ sondern offizielle Staatsdoktrin.

  183. 21. Februar 2015, 15:25 | #183

    Dazu, natürlich zwingt dich hier niemand, irgendwas zu beantworten, was sich auf eine Aussage von dir bezogen hat. Deinen konkreten Unwillen in diesem Fall aber ausgerechnet damit zu begründen, daß du auch noch andere Interessen neben dem Bolggen hättest, ist schon witzig angesichts der Tatsache, daß du und die deinen hier in der letzten Zeit der Hauptkommentator sind.

  184. jana
    21. Februar 2015, 16:41 | #184

    Könntet Ihr Eure jeweilige „Gruppenzugehörigkeit“ mal „ausweisen“? Irgendeinen Link, wer wozu gehört oder wer sich wie unter „die Deinen“ und „die Meinen“ summiert?
    Vielleicht gar noch irgendwelch „Grundkonflikt“ (dann könnt ich mir die Nebenschauplätze zusammenreimen)?
    Nur eines Leseverständnisses wegen. Wenns noch „ganz alte Konflikte“ (MG-Zeit) sind, reichen „Schlagworte“.

  185. Krim
    21. Februar 2015, 16:56 | #185

    Die Konflikte stehen doch inhaltlich da. Darum wird gestritten. Wer wem angehört oder nicht ist uninteressant. Darum geht es nicht.

  186. 21. Februar 2015, 17:35 | #186

    „Könntet Ihr Eure jeweilige „Gruppenzugehörigkeit“ mal „ausweisen“?“

    Ich befürchte, daß das nicht mal dann, wenn ein Kommentator selber sich einer Gruppe zugehörig erklärt, dies aussagekräftig wäre. Hier kann schließlich jeder ganz ohne Autorisierung einer Gruppe seine Sachen posten. Wenn man politische Gruppen kennt, kann man das häufig ungefähr zuordnen. Aber manchmal sind das eben auch Fake- oder Karikatur-Poster. Auch an den Nicks kann man übrigens keine „persönliche“ Kontinuität festmachen. Das können ja auch mehrere sein, die sich einen Namen teilen. Und umgekehrt benutzen manche Poster mehrere Nicks.
    Aber das Entscheidende ist, das hat Krim ja auch schon betont, daß hier sowieso keine Personen, geschweige denn Gruppen auftauchen (außer mit Zitaten und Verweisen), sondern daß nur Argumente vorgebracht werden. Wer dahinter steht im engen Sinne als Person, erst recht, welche Gruppe das ist oder sein könnte, weiß ja meistens nicht mal ich als Blogger.

  187. jana
    21. Februar 2015, 17:36 | #187

    danke für die auskunft

  188. jana
    21. Februar 2015, 18:24 | #188

    wie kommst du richtung „dazu“ auf „die deinen“? und auch karl hatte ne „einordnung“ erfahren, aber nicht wirklich strikt inhaltlich … man erliest (ausm mustopf kommend) irgendwelch „einsortierung“, weiß aber weder wohinein noch woheraus…
    das erschwert, grad, wenns beilesen mal interessant wird 😉

  189. Krim
    21. Februar 2015, 18:41 | #189

    „das erschwert,“ Über erschwertes lesen, sollten Großschreibverweigerer sich nicht beklagen. Wenn andere dir egal sind, kannst du nicht erwarten, dass dir die Anderen das Leben leicht machen wollen.

  190. jana
    21. Februar 2015, 18:46 | #190

    ich habe meine anfrage in „korrekter schreibweise“ nebst briefform „aufgesetzt“ 🙄 , aber deine antwort war ja eindeutig…

  191. dazu
    21. Februar 2015, 20:11 | #191

    Jana, hier geht es um die in den Threads vorgegebene Themen (und nicht um persönliche Befindlichkeiten oder um Erzählungen über das eigene Privatleben). Die einen hocken evtl. berufsmäßig grad mal in Kapstadt oder Kalkutta – oder auch nur irgendwo in der deutschen Provinz – und möchten sich trotzdem über politische Themen austauschen. Die anderen möchten den Blog ‚Walgesang‘ nutzen, um ihre Sicht der Dinge an die Öffentlichkeit zu tragen. Allen gemeinsam ist meines Wissens, dass es immer strikt um die Themen geht – und nie um rein Privates.
    Das ist hier so die ‚Nettiquette‘. Es ist hier also kein privater Chat-Room, kein Austausch von Befindlichkeiten oder Lebenstipps, sondern es geht um die in den Threads verhandelten politischen Themen.
    Die Nähe zu politischen Gruppen kann man gelegentlich daran bemerken, welche Links oder sonstige Artikel die Nick-Names empfehlen. Aber bei manchem, was ich selber empfehle (z.B. zu Flüchtlingsfragen) ist mir in dem Moment gar nicht so klar, ob der empfohlene Autor nun ein Mitglied der Partei ‚Die Linken‘ ist oder ein Flüchtlingsreferent der Evangelischen Kirche (das muss sich ja auch nicht widersprechen). Viele hier lesen aber wohl gelegentlich oder auch öfters Artikel aus der Zeitschrift ‚Gegenstandpunkt‘, manche mit ziemlich prinzipieller kritischer Distanz, manche einfach mit Interesse.
    (Ein Hauptkonflikt zwischen den Beteiligten war/ist, wie Nationalismus und Volkstum entsteht und sich politisch geltend macht. Auch zur Staatstheorie existieren unterschiedliche Einschätzungen. Darüber wurde und wird in langen Threads diskutiert.)
    Das ist jedenfalls meine Sicht der Dinge. Neoprene oder Krim oder Apple sehen das teilweise evtl. anders; das ergibt dann ja auch positive Reibungseffekte mit ihnen.
    Neoprene als Moderator macht übrigens einen guten Job, wenn ich das (nicht nur z.B. im Vergleich mit Wal Buchenberg, dem Moderator eines anderen linken Forums) mal an dieser Stelle so sagen darf. Neoprene selber postet übrigens gelegentlich Beiträge aus einer spartakistischen Ecke, von der ich selber seit meinen Studienzeiten nur selten was gehört hatte. Damals gab es noch die GIM, http://de.wikipedia.org/wiki/Gruppe_Internationale_Marxisten
    Ernest Mandel war etwas breiter bekannt, und trotzkistische Positionen gab es damals bis in DGB und Jusos und z.B. in die Labour Party hinein.
    (Ende dieses etwas anderen Posts von mir. Weiter hier drüber diskutieren werde ich nicht.)

  192. jana
    21. Februar 2015, 20:23 | #192

    danke. das ist sehr hilfreich!
    (ich meine manchmal, einsicht in „erscheinungen“ wären hilfreich -zb wenn aneinander vorbeigeredet wird unbemerkt oder willentlich, egal… ich selbst brauche „beispiele“ jedenfalls, das war „mein angebot“, halt nix ausgedachtes, sondern erlebtes…)
    also: Danke fürs Vorstellen! :yes:
    (=erleichtertes beilesen=kein beischreiben mehr)

  193. Paco
    21. Februar 2015, 23:42 | #193

    Ein paar nützliche Argumente zum Thema „Asyl“ finden sich auch
    in dieser Radiosendung aus Österreich:
    http://gegenargumente.at/radiosend/radiosend_13/asyl_2013_Teil_I.htm

  194. Krim
    22. Februar 2015, 00:48 | #194

    „ich habe meine anfrage in „korrekter schreibweise“ nebst briefform „aufgesetzt““ – Korrekt wäre: „Ich habe meine Anfrage in „korrekter Schreibweise“ nebst Briefform „aufgesetzt“…“ – Nein, hast du nicht! Die Weigerung Großbuchstaben zu benutzen ist nicht nett gegenüber denjenigen, die diesen Buchstabenbrei lesen müssen.

  195. Paco
    22. Februar 2015, 07:06 | #195

    Ob die PEGIDA-Forderung nach »direkter Demokratie« wirklich ein passendes rechtes Konzept ist, thematisiert Holger Oppenhäuser (Mitarbeiter bei attac) in der ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 602 / 17.2.2015
    Laut Kathrin Oertel (ehemalige PEGIDA-Sprecherin) „…sei die Neugründung zwar »rechts der CDU« zu verorten, aber doch irgendwie weniger radikal als Lutz »Hitlerpose« Bachmann. Damit wird genau die Position der »besorgten Bürger« besetzt, die von vielen Medien als legitimer Teil der PEGIDA-Anhänger_innen dargestellt wird. Dazu scheint auch die Forderung nach direkter Demokratie zu passen, die in einem ersten Positionspapier mit den Stichworten »Volksbegehren, Volksentscheide oder Europäische Bürgerinitiativen« (DDfE) konkretisiert wird und neben nebulösen Forderungen nach einer »Reform des Asylverfahrensgesetzes« und einem »qualitativen Einwanderungsgesetz« steht…“
    http://www.akweb.de/ak_s/ak602/24.htm
    Übrigens gucke ich in dem „Marx-Forum“ nur sehr gelegentlich vorbei, und was die dort zu ‚Pegida‘ vermelden ist der etwas merkwürdige bloße Hinweis auf eine Statistik (das Thema scheint den Arbeiterfreunden peinlich zu sein); allerdings habe ich dort gerade eine Debatte über den Faschismus entdeckt, der ja alle Nase lang auch in diesem Forum zum notwendigen Thema wird:
    http://marx-forum.de/Forum/index.php/Thread/257-Meine-Faschismustheorie-Faschismus-und-Kapitalherrschaft/

  196. jana
    22. Februar 2015, 09:00 | #196

    Es gab einmal, ganz am Anfang eine heftige Diskussion um die Straßenverkehrsordnung, genauer um Geschwindigkeitsregelung und um eine von mir gesehene Notwendigkeit von Strafandrohung, da „Automobile“ gewissermaßen Waffen seien. Ich halte und hielt mich immer recht streng an die ausgeschilderten Vorschriften und hätte immer gern, daß alle sich daran hielten, um zu vermeiden, abermals aus meinem Auto am Baum zu krabbeln, um dann von den Sanis und den Bullen zu hören, da0 ich eigendlich tot sein müßte, einschließlich der Erkenntnis, im Monat zuvor noch wegen eines Regelverstoßes anderer im Straßenverkehr gestorben zu sein, da ich da noch meine „sehr alte VW-Schüssel“ manövrierte.
    Im Buddelkasten nun also brülle: Der Vorschriftenkatalog der Straßenverkehrsordnung is aber viel, viel wichtiger zu beachten, als der zur Groß- und Kleinschreibung!
    Okay?
    (die folgende kleinschreiberei war auch „unnett“ gemeint! …zänkisches weibsvolk! 🙄 , ich les mal links und drauffolgend nur noch bei, an die nettekette halten sich ja offensichtlich auch nicht alle hier 😉 )

  197. dazu
    22. Februar 2015, 09:05 | #197

    „… ob es den willkürlichen Gemeinschaftsstandpunkt gibt oder nicht gibt. Ich sage, es gibt ihn und es wird in einem fort darum gerungen. Hier ist die Demokratie als Herrschaftsform produktiv, indem sie dieses Ringen auf ein politisches Prozedere verpflichtet. Das geht, weil es neben den unterschiedlichen Auffassungen eines demokratischen Gemeinschaftsstandpunkt auch Gemeinsamkeiten aller Nationalisten gibt.“ (Krim)

    Es gibt hierzulande „Gemeinschaftsstandpunkte“ in unterschiedlichen Variationen. In Interessenverbänden, in Religionsgemeinschaften, in Fußballvereinen wird auf unterschiedliche Weise aus dem jeweils privaten Standpunkt ein Projekt fürs Allgemeinwohl herbeigezimmert. Manche (viele Religionen heutzutage oder esoterische Sekten) sind eher private Spleens und tangieren die politische Gewalt mit ihren alternativen Anstands- oder Politikvorstellungen eher weniger. Manche greifen die politischen Eliten darin an, dass sie andere politische oder sittliche Standpunkte als verbindliche fürs politische Leben einfordern, unzufrieden sind mit den hiesigen Verhältnissen und sich politisch gegen die hiesigen etablierten Volksparteien aufstellen wollen.

    Deine Schlussfolgerung, dass dies eine Produktivkraft für die Demokratie sei, finde ich an den Beispielen Stuttgarter Bahnhof und Pegida doch eher so zutreffend, dass die Demokratie diese Standpunkte unter Hinweis auf Mehrheitsverhältnisse erledigt (hat). Weil sie eben nicht zum gültigen Programm dieser Republik passen. In Stuttgart wird einfach ein GRÜNER gewählt, und der macht dann (fast) dasselbe wie sein Vorgänger weiter.

    Neben solchen politischen oder sittlichen „Gemeinschaftsstandpunkten“ der Bürger gibt es nämlich hierzulande auch noch Polizei, Gerichtswesen, BVerfG, und staatliche Prozeduren, die das Demonstrieren in staatsnützliche Bahnen lenken (oder Pegida-Demos auch mal verbieten), sowie eine Polizei, die fanatische Fußballhooligans daran hindert, wegen ihrer Sicht der Dinge die Innenstadt des feindlichen Vereins zu zerlegen. Und wenn Scientology oder die Salafisten sich nicht an die Gebote des Staates halten, für dessen produktives Fortkommen sie im Rahmen der staatlich gesetzten Freiheiten erlaubt wurden, dann werden sie auch drangsaliert.

    (Und dass sie nie verboten würden, ist gar nicht ausgemacht; das Drangsalieren und das Androhen des Verbots sollen es vorzugsweise aber selber überflüssig machen und die Staatsbürger davon abhalten, sich so zu betätigen. Dafür gibts neben staatlich ’sauberen‘ auch eher ‚dreckige‘ Mittel.)

  198. Krim
    22. Februar 2015, 10:35 | #198

    Ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung hat unter Umständen schlimmere Folgen als Kleinschreibung. Man findet aber immer was schlimmeres, um das, was nicht in Ordnung ist, zu rechtfertigen. Wenn du zänkisch sein willst ist das auch ok, aber doch bitte inhaltlich und nicht begriffslos das Lesen mit Absicht schwer machen, damit man doppelt so lang zum Lesen braucht. Da hat niemand was von.
    „Deine Schlussfolgerung, dass dies eine Produktivkraft für die Demokratie sei,“ Ich meinte, dass das demokratische Prozedere gewährleistet, dass sich die Protagonisten ihres speziellen Nationalismus nicht ständig die Köpfe einschlagen.
    „Weil sie eben nicht zum gültigen Programm dieser Republik passen.“ Nochmal: Das gültige Programm der Republik wird doch auch bloß von speziellen Nationalismen bestimmt. Der einzige Unterschied ist, dass der gültige sich durchgesetzt hat und der konkurrierende nicht. Das ist kein Argument dafür, dass der Staat irgendwas vorschreibt, während die Untertanen in einem nationalmoralischen Wahn leben. Das ist totaler Quatsch.
    „In Stuttgart wird einfach ein GRÜNER gewählt, und der macht dann (fast) dasselbe wie sein Vorgänger weiter.“ Das kommt dir nur so vor, weil es vom kommunistischen Standpunkt fast dasselbe ist, weil es für Kommunismus nichts taugt.
    „Neben solchen politischen oder sittlichen „Gemeinschaftsstandpunkten“ der Bürger gibt es nämlich hierzulande auch noch Polizei, Gerichtswesen, BVerfG, und staatliche Prozeduren, die das Demonstrieren in staatsnützliche Bahnen lenken“ Nein zum hunderttausendsten mal. Die Polizei usw. gibt es nicht wegen der Staatsgegner, sondern wegen den eingerichteten Gegensätzen im Kapitalismus die Kollisionen der Bürger untereinander und mit dem Gesetz unvermeidlich machen. Die sind nicht dazu da Protest staatsnützlich zu machen, weil er im allgemeinen schon staatsnützlich ist. Das sind ja bloß Varianten von Nationalismus und nicht Kommunisten, denen der Nationalismus eingeprügelt werden muss.
    „Und wenn Scientology oder die Salafisten sich nicht an die Gebote des Staates halten, für dessen produktives Fortkommen sie im Rahmen der staatlich gesetzten Freiheiten erlaubt wurden, dann werden sie auch drangsaliert.“ Dann sind es auch keine Varianten von Nationalismus. Pegida ist das aber schon. Im übrigen kann der Staat bloß Leute unterdrücken die keine Nationalisten sind, weil es einen demokratische Konsens gibt, dass die Demokratie vor Zerstörern des Gemeinwesens geschützt gehört.

  199. Freer
    24. Februar 2015, 11:48 | #199

    GEGENREDE von Freerk Huisken
    „Über die gar nicht merkwürdige Karriere der untertänigen Protestparole:
    „Wir sind das Volk!“
    Über Pegida- und Anti-Pegida-Demonstrationen, bei denen…
    „… sich beide Seiten zu der nationalistischen Parole „Wir sind das Volk bekennen!“ Aber zugleich haben beide völlig unrecht, wenn sie sich mit dieser Parole zu Subjekten des nationalen Geschehens stilisieren, die dem Staat gegenüber als Volk Ansprüche geltend machen könnten, die er dann zur Ausgestaltung der nationalen Heimat zu bedienen hätte. Da steht alles auf dem Kopf. Volk ist immer noch nichts anderes als das per Staatsgewalt hergestellte, politische Kollektiv, das auf das Programm der Herrschaft verpflichtet wird und für das es einsteht. Das macht bereits der Umstand deutlich, dass sowohl die Kritik an angeblicher Islamisierung Deutschlands wie auch umgekehrt der Wunsch nach einer bunten Heimat nichts anderes als Derivate nationaler Einwanderungspolitik sind, bei der es der Regierung um polit-ökonomische Kalkulationen geht und nicht darum, Deutschland zur Heimat für unzufriedene Volksteile entweder bunt oder ausländerfrei auszugestalten.
    http://www.fhuisken.de/downloadable/Gegenrede34.pdf

  200. Krim
    24. Februar 2015, 12:37 | #200

    „Da steht alles auf dem Kopf. Volk ist immer noch nichts anderes als das per Staatsgewalt hergestellte, politische Kollektiv, das auf das Programm der Herrschaft verpflichtet wird und für das es einsteht.“ Man kann es noch so oft durch die Welt posaunen, dann stimmt halt immer noch nicht. Huisken verwechselt absichtsvoll Untertanen mit Volk. Das per Staatsgewalt hergestellte Kollektiv, das auf das Programm von Herrschaft verpflichtet wird, sind die Untertanen. Ein Volk ist ein Willenskollektiv, d.h. ein Kollektiv, das deswegen ein tatsächliches Kollektiv ist, weil es eine Gemeinsamkeit gibt, nämlich den gemeinsamen Willen zu einer Staatsgewalt, deren Aufgabe es ist gegen andere Kollektive gleicher Art sich durchzusetzen auf allen Gebieten der Konkurrenz d.h. ökonomisch, politisch, militärisch, auf dem Feld der Ehre.

  201. ricardo
    24. Februar 2015, 14:28 | #201

    Ich halte das für richtig, was du gesagt hast, Krim, aber die Konkurrenz dürfte doch eher eine Folge als der anfängliche Wille sein, ein Kollektiv auf der Grundlage von Gemeinsamkeiten zu bilden. Zuvor und vor allem kommt doch erst mal der Nationalismus, also der Glaube des Einzelnen daran, durch seinen aus ethnischen und anderen Gründen, auf die (Über)lebensbedingungen bezogenen, vollzogenen Zusammenschluss mit anderen zu einem Kollektiv, seine individuellen Zwecke am Besten verfolgen und einen Nutzen daraus ziehen zu können. Erst dann, wenn die Nationalisten halt merken, dass ihr kollektives Interesse unwillkürlich mit den Interessen von andern Kollektiven kollidiert, kommen sie auf den Gedanken sich durchsetzen zu müssen.

  202. Krim
    24. Februar 2015, 14:38 | #202

    „Dass Volksteile sich regelmäßig eigenmächtig und auch noch demonstrativ zu Wort meldeten, galt als Zweifel an den, wenn nicht gar als Aufkündigung der Grundlagen des Systems des „realen Sozialismus“, nämlich der Legitimation der Herrschaft der SED über die unverbrüchliche Einheit mit den Massen der Arbeiter und Bauern.“ Es w a r eine Aufkündigung der Grundlagen des Systems.
    „Einerseits war sie die Aufkündigung der als selbstverständlich unterstellten Einheit von Staat und Volk, andererseits die Bereitschaftserklärung, als Volk einer Führung weiterhin zu Diensten zu sein, wenn diese denn ihre Sache fürs Volk endlich besser machen würde.“ Das stimmt nun. Aber spricht das dafür, dass Volk ein per Staatsgewalt hergestelltes Zwangskollektiv ist oder dafür, dass die Volksangehörigen selbst den Willen nach einem Staat bekunden, der ihre Belange als Volk voranbringt? Dafür ist das Volk dann auch zu Diensten.
    “ Und zum Volk gehört man – auch in der DDR -gerade in der Abstraktion von allen Unterschieden, Besonderheiten, ja vielleicht sogar Gegensätzen, die die arbeitsteilige Organisation der Reproduktion der Gesellschaft ausmachen.“ Zum Volk gehört man warum? Jedenfalls nicht wegen der Besonderheiten der Individuen in der Gesellschaft, ist die Auskunft. Denn von den Unterschieden und Besonderheit wird abgesehen. Eine negative Bestimmung wird konstituierenden Element des Volkes erhoben. Ein positive Gemeinsamkeit darf es natürlich nicht geben, weil sonst nicht weiter behauptet werden kann, das Volk sei ein staatlich hergestelltes Zwangskollektiv.
    “ Die Annektierung der DDR – sprich: „Wiedervereinigung“ -, dargestellt als Erfüllung eines Herzenswunsches von DDR-Bürgern, die sich dringend dem westdeutschen Bundesstaat als Volk zuordnen wollten. „ Gewehrt gegen die westliche Vereinnahmung hat sich im Osten allerdings auch keine Sau. Ich würde mal sagen, dass oben und unten wie Arsch auf Eimer zusammengepasst haben.
    “ Volk ist hier im freien Westen die Gesamtheit aller Staatsbürger, die sich als Volk identisch wähnen mit ihrem Staat – egal wie sehr sie unter seinen Maßnahmen und denen der Unternehmen leiden – , seine Erfolge zum Inhalt ihres (national-)moralischen Engagements machen und sein Personal daraufhin prüfen, ob es dem Maßstab genügt, die Nation weltweit voranzubringen.“ Warum soll das eigentlich ein Wahn sein, wenn das Volk genau die Maßstäbe an die Nation anlegt, die auch der Staat verfolgt? Dann verfolgen Volk und die nationale Staatsgewalt doch wohl das selbe Ziel und dieses ist dann ihre Gemeinsamkeit. „Wahnhafte“ ist das doch eh nur, wenn die Aussicht auf Verwirklichung schlecht stehen. Aber auch das ist ja schon eine bloße Diskreditierung des Willen des Volkes. Mit dem gleichen Recht könnte man auch Kommunisten als vom Wahn befallen abklassifizieren. Völlig die Berechtigung verloren hat dieses Argument aber dann, wenn die Anliegen von Volk und Führung super zusammenpassen und verwirklicht werden. Dann wird aus Wahn eben Wirklichkeit.
    “ Es ist dies ein Beschwerdestandpunkt, der vom Ideal einer deutschen Volksgemeinschaft ausgeht, in der es keine Gegensätze, brutal ausgetragene Egoismen, ungerechte Vorteilsnahmen oder Betrügereien geben darf, in der folglich der gesamte Kapitalismus, unter dessen Zwecken die Pegida-Leute natürlich leiden, wie eine harmonische Veranstaltung ohne(Konkurrenz-)Gegensätze erscheint, und in der alles zum naturwüchsigen Deutschtum passt bzw. passend gemacht werden muss.“ Gegensätze und Egoismen darf es schon geben, nur sollen diese sich relativieren an einem Standpunkt der Volksgemeinschaft. Ein Ideal oder ein Wahn ist das wieder nur gemessen daran, dass sich diese Spielart des Nationalismus noch nicht durchgesetzt hat. Machbar ist das nämlich durchaus und im Widerspruch zum Kapitalismus steht es auch nicht.
    Dass es sich nur Um eine Variante des Nationalismus handelt, merkt man nicht zuletzt daran, dass in den Anti-Pegidademos die Gegenteilige Sichtweise propagiert wird. Deutschland ist in der Antipegidavariante ein buntes, tolerantes, weltoffenes Land ohne spießigen, nationalistischen Mief.
    „Aber zugleich haben beide völlig unrecht, wenn sie sich mit dieser Parole zu Subjekten des nationalen Geschehens stilisieren, die dem Staat gegenüber als Volk Ansprüche geltend machen könnten, die er dann zur Ausgestaltung der nationalen Heimat zu bedienen hätte.“ Nein, sie haben Recht. Es sind zwei Varianten des Nationalismus und wenn eine von beiden sich bei den Wahlen durchsetzt, dann sagt diese Variante wo es lang geht in Deutschland. Ihre Demos entscheiden das freilich nicht, aber das glaubt ja auch kaum einer, der auf solche Demos geht.

  203. 24. Februar 2015, 14:39 | #203

    @ ricardo
    Was auch immer in der historischen Vergangenheit gewesen sein mag, also vor allem in Zeiten, in denen es noch gar keine allumfassende Konkurrenz aller Privatsubjekte gegeneinander gegeben hat, weil es eben die moderne kapitlalistische Klassengesellschaft noch nicht gegeben hat, heutzutage macht es keinen Sinn mehr sich zu überlegen, ob die Konkurrenz eher Folge eines nationalen Willens sei oder ihr vorausgesetzt. Der moderne Nationalismus weiß ja um die Interessenkollisionen aller Konkurrenzler auch seiner Nation. Er abstrahiert aber im Willen und Bekenntnis zu seiner Nation davon. Der Nationalist will ja nicht in erster Linie sich als Privatmensch und Einzeleigentümer in der Konkurrenz durchsetzen, sonder sein Programm ist die Durchsetzung der nationalen Interessen gegen die konkurrierenden anderen Nationen. Das fällt regelmäßig nicht in eins, sondern manchesmal widerspricht sich das ultimativ.

  204. Krim
    24. Februar 2015, 15:01 | #204

    „Ich halte das für richtig, was du gesagt hast, Krim, aber die Konkurrenz dürfte doch eher eine Folge als der anfängliche Wille sein, ein Kollektiv auf der Grundlage von Gemeinsamkeiten zu bilden.“ Die Frage ist doch wozu dieses nationale Kollektiv gut sein soll? Einfach so kommt man nämlich nicht auf die Idee sich selbst einer Gruppe zuzuschlagen. Aus der Natur folgt das nicht und auch nicht aus einem Bedürfnis.
    „seine individuellen Zwecke am Besten verfolgen und einen Nutzen daraus ziehen zu können.“ Wieso soll man denn, seine individuellen Zwecke im Kollektiv besser verfolgen können, wenn man sich einem Volk anschließt? Das leuchtet mir nicht ein. Es leuchtet mir bloß dann ein, wenn das Kollektiv von Anfang an zu dem Zweck gegründet wird, sich gegen konkurrierend Nationen auf allen Gebieten der Konkurrenz durchzusetzen. Dann ist das Schicksal des Einzelnen tatsächlich an die Nation gebunden und ihre Durchsetzung entscheidet auch darüber wie es ihm als Volksangehörigen geht. Es garantiert ihm kein Wohlleben, die ökonomischen Gegensätze gibt es ja immer noch, aber umgekehrt ist er von der Durchsetzung seiner Nation abhängig.
    Ich sag’s mal so: Der Krieg ist die Mutter aller Völker. Als einzelner hast du gegen ein Kollektiv nicht die geringste Chance. Also bleibt dir als Einzelner bloß die Möglichkeit dich einem Kollektiv anzuschließen, das die Mittel aufbringen kann eine Gewaltkonkurrenz gegen so ein Subjekt zu führen und zu gewinnen.

  205. 24. Februar 2015, 15:04 | #205

    Daß Freerk Huisken mit „galt“ anfängt, ist sicher bewußt gewählt. Denn das von Krim dagegengesetzte „Es w a r eine Aufkündigung der Grundlagen des Systems“ darf ja nicht sein. Deshalb ja auch keine Antwort auf Krims ja naheliegende Frage im Anschluß „Zum Volk gehört man warum?“
    Auch bei der zentralen Frage, wer die Triebbkraft für die „Annketierung“ der DDR war, (die das ja nur für dort leider nicht zu findende Gegner der Wiedervereinigung war, von denen ich damals leider auch nicht sehr viele gefunden habe) eiert er rum, indem er das als „Darstellung“ ins Vage stellt. Ich ätte es zwar nicht so formuliert wie Krim, aber er hat recht, wenn er dem entgegenhält, „Ich würde mal sagen, dass oben und unten wie Arsch auf Eimer zusammengepasst haben.“
    Und schon sind wir wieder beim GSP-„Wahn/wähnen“: Auch hier stimme ich Krims Feststellung zu, „Warum soll das eigentlich ein Wahn sein, wenn das Volk genau die Maßstäbe an die Nation anlegt, die auch der Staat verfolgt? Dann verfolgen Volk und die nationale Staatsgewalt doch wohl das selbe Ziel und dieses ist dann ihre Gemeinsamkeit.“
    Angesichts von zum Teil ja bürgerkriegsmäßig ausgefochtenen Auseinandersetzungen halte ich Huiskens „Aber zugleich haben beide völlig unrecht, wenn sie sich mit dieser Parole zu Subjekten des nationalen Geschehens stilisieren, die dem Staat gegenüber als Volk Ansprüche geltend machen könnten, die er dann zur Ausgestaltung der nationalen Heimat zu bedienen hätte.“ für erstaunlich demokratieidealistisch. Als wenn die „wehrhafte Demokratie“ von oben schon mit jeglicher nationalistischer Konkurrenz grundsätzlich fertig werden könnte. Daß das die Staatsmacher allenthalben sich so denken, das weiß ich auch. Aber in den letzten Jahren konnte man doch allenthalben sehen, daß das schon auch von Volksbewegungen abhängt. „Ihre Demos entscheiden das freilich nicht, aber das glaubt ja auch kaum einer, der auf solche Demos geht.“ Nicht mal in Ägypten oder der Ukraine.

  206. 24. Februar 2015, 15:43 | #206

    Die klassische GSP-Sichtweise bringt folgender Satz „gut“ auf den Punkt:

    „Der Sache nach wurde ein „gesamtdeutsches Volk“ geschaffen“.

    Nicht von Leuten aus der Bevölkerung, die sich zu einem Volk für die Wiedervereinigung zusammengeschlossen habe, sondern als „Anliegen des westdeutschen Staates“, seinen Medien (und den Modrow-SEDlern).

  207. Krim
    24. Februar 2015, 18:15 | #207

    Ob das auch so gut funktioniert hätte, wenn sich die Bevölkerung beider Deutscher Staaten nicht sowieso als Deutsche gefühlt hätten, wenn die beiden deutschen Staaten kein Teilungsergebnis zwischen den Siegermächten des WK.II gewesen wäre, wenn die Wiedervereinigung nicht im GG gestanden hätte. Es stimmt schon. Die Wiedervereinigung war ein Projekt der BRD als Staat. Aber gegen die Wiedervereinigung waren aus der Bevölkerung wenige. Der Revanchismus wurde vielmehr als Staatsdoktrin geteilt.

  208. Karl
    27. Februar 2015, 14:04 | #208

    „Leute aus der Bevölkerung haben sich zu einem Volk für die Wiedervereinigung zusammengeschlossen“
    Jaja, andere „Leute aus der Bevölkerung“ haben sich zum Islamischen Staat zusammengeschlossen – so wird jeder nach seiner Facon glücklich und alle haben exakt die Staatsgewalt, die sie brauchen. Und wenn sie nicht gestorben sind, …

  209. Krim
    27. Februar 2015, 14:43 | #209

    Wir lernen also IS ist eine Demokratie, die sich in nichts von westlichen Demokratien unterscheidet. Bzw. umgekehrt eigentlich ist die wiedervereinigte BRD auch nichts anderes als ein religiös fanatisiertes Gewaltregime, das die Bevölkerung mit allerlei Blutbädern und Massakern sowie der Angst davor unter Kontrolle hält. Unterscheidung nicht nötig, denn die Botschaft ist klar: Der böse Staat knechtet das gute Volk.

  210. Karl
    27. Februar 2015, 15:55 | #210

    „Unterscheidung nicht nötig“
    Das scheint so zu sein, wenn man dem Glauben schenkt, dass „Leute aus der Bevölkerung“ den Lauf der Geschichte bestimmen. Dann folgt alles diesem Glaubenssatz, dass Menschenwerk von Menschen gemacht ist.
    So erscheint das Ergebnis von Jahrzehnten deutsch-deutscher Politik, Perestroika, 2+4-Verträgen usw. als „Abstimmung mit den Füßen“ über einen genehmen Souverän. Man muss nur feste an die Macht des kleinen Mannes glauben. Mein Hinweis war: dass Gewaltmonopole von „Leuten aus der Bevölkerung“ erfunden und durchgesetzt werden, ist für manchen offensichtlich kein Allgemeinplatz, obwohl das selbst auf den IS zutrifft …

  211. Krim
    27. Februar 2015, 17:33 | #211

    Ganz ehrlich fand ich neoprenes Ergänzung gar nicht gut, weil es nämlich auch nicht so war, dass sich die Bevölkerung zu einem Volk zusammengeschlossen hat, sondern das eine Volk gab es schon. (DDRler und BRDler haben sich beide als Deutsche gefühlt)
    Das Volk wurde bloß als Ergebnis eines verlorenen Krieges von den Siegermächten in zwei Staaten aufgeteilt, die in zwei gegnerischen Blöcken sich befanden. Man darf eben auch nicht einfach das Gegenteil vom GSP behaupten. Das Volk wurde also nicht geschaffen, weil die deutschen in beiden Staaten sich verbrüdert hätten, sondern weil es gar nicht notwendig war ein Volk zu schaffen. Auch wenn über die Ossis und Wessis gegenseitig gewitzelt wurde, war akzeptiert, dass es sich um Deutsche handelt und dass es irgendwie so richtig ist, dass jetzt wieder vereint ist, was zusammengehört oder so ähnlich.
    Wenn ich aber kritisiere dass das deutsche Volk nicht von Staaten geschaffen wird, berechtigt dich das jedoch nicht, mir die blödesten Kalauer in den Mund zu legen.
    „Mein Hinweis war: dass Gewaltmonopole von „Leuten aus der Bevölkerung“ erfunden und durchgesetzt werden, ist für manchen offensichtlich kein Allgemeinplatz,“ Das ist ja auch kein Gemeinplatz. Es widerspricht nämlich deiner Theorie, dass es auf der einen Seite Staaten gibt, die die Subjekte sind, und auf der anderen Völker, das sind die geknechteten unschuldigen Objekte. Die Frage ist doch, warum sich die Henker immer aus den Reihen der Opfer rekrutieren. Das muss ja ein sehr fruchtbares Milieu für Henker sein.

  212. Karl
    27. Februar 2015, 18:46 | #212

    „deiner Theorie, dass es auf der einen Seite Staaten gibt, die die Subjekte sind, und auf der anderen Völker, das sind die geknechteten unschuldigen Objekte“
    Das ist ein (ähnlich krudes) Zerrbild, von „geknechteten Völkern“ redest nur du, um der Kritik am Volkssouverän eine Moral zu unterstellen. Als wäre die Feststellung nationaler Souveränität eine Mitleidsmasche, das Volk in Schutz zu nehmen. Auf sone blöde Unterstellung muss man erst einmal kommen!
    Das Argument, was du angreifen möchtest, ist ein anderes: Staaten (deren Territorium, deren Räson, deren Mittel usw.) sind Kriegsergebnisse und das gilt auch für kalte Krieger – also sind sie nicht das Produkt von irgendwelchen „Leuten aus der Bevölkerung“. Subjekte von Staatengründung sind die Kriegsparteien, die sich ihrer Natur nach als Sieger und Verlierer einer neuen Ordnung wiederfinden. Das könnten sie nicht sein, wenn sie schon Auftraggeber ihrer Obrigkeit wären.

  213. Krim
    27. Februar 2015, 19:23 | #213

    Dafür ist der „Volkssouverän“ ein Popanz, den du dir selbst gebastelt hast, um darauf einschlagen zu können. Von mir hast du das nicht. Ich habe auch nie bestritten, dass der es staatliche Souveränität gibt, ich bestreite nur den Begriff, den du dir von staatlicher Souveränität machst und der besteht nunmal darin, dass sie das Volk erst erschafft und dann dazu zwingt alle möglichen Dinge zu erdulden, die sie nicht wollen, als würde die Souveränität nicht auf dem Willen gründen genau so eine gesellschaftliche Gewalt haben zu wollen, die gegen andere Gewaltsubjekte in der Welt konkurriert. Man muss eben bestimmen, wo der Staat souverän ist und wo nicht. Er ist eben keine von der Gesellschaft losgelöste Gewalt, die von oben eine Gesellschaft einrichtet und die weil souverän an gar nichts gebunden ist. Diese Ansicht ist grottenfalsch.
    „Staaten (deren Territorium, deren Räson, deren Mittel usw.) sind Kriegsergebnisse und das gilt auch für kalte Krieger – also sind sie nicht das Produkt von irgendwelchen „Leuten aus der Bevölkerung“.“ Ich sagte nicht, dass es „irgendwelche“ Leute aus der Bevölkerung sind. Ich sagte es sind Nationalisten und Nationalisten sind nicht irgendwelche Leute. Kriege kann man nur führen mit Völkern. Völker sind nichts anderes als Kriegskollektive. Das ist die Bestimmung von einem Volk. Das sind Leute, die meinen, dass es zwecks Konkurrenz gegen andere gesellschaftliche Gewaltsubjekte eine e i g e n e s Gewaltsubjekt braucht, also machen sie ein Kollektiv auf und nennen sich z.B. Deutsche. Dieses Kollektiv hat die Aufgabe eine Gewalt auf die Beine zu stellen, um gegen andere staatliche Gewalten was putzen zu können. Und das wiederum ist die Erklärung einer Nation. Nationalstaaten sind die Gewalten der völkischen Kollektive. Diese Gewalten entstehen aus dem Willen heraus gegen andere Gewalten zu konkurrieren. Es ist nicht so wie du angibst. Dass da erstmal lauter Gewalten existieren und die basteln sich dann ein Volk. Das ist pure Empirik, pures blödes Draufglotzen auf den Globus. Aha – der Globus ist ein farbiger Fleckenteppich, besteht also aus Staaten. Also beginnen wir mit dem Denken beim Draufglotzen auf den Globus. Das ist doch aber keine Erklärung! Denn wie sind sie denn entstanden begrifflich – nicht historisch. Denn Historisch kommst du immer bloß drauf: Staaten entstehen durch die Händel mit anderen Staaten, was zwar auch nicht ganz stimmt, aber egal – so siehst du es nunmal. Aber diese unendliche Fortsetzungsgeschichte, dass Staaten durch andere Staaten entstehen erklärt ja nie, was das ist, so ein Staat, wie es überhaupt zu so einem souveränen Gewaltsubjekt kommen kann. An der Stelle kannst du keine Auskunft geben. Von dir kommt da bloß: Staaten gibt’s halt. Sie entstehen durch andere Staaten und die Vorgängerstaaten entstehen durch deren Vorgängerstaaten und diese wiederum haben Vorgängerstaaten und so weiter bis sich der Zirkel im Dunkel der Geschichte verliert. Das ist halt nichts anderes als die Weigerung sich der Erklärung anzunehmen.

  214. 27. Februar 2015, 19:33 | #214

    @ Krim

    „fand ich neoprenes Ergänzung gar nicht gut, weil es nämlich auch nicht so war, dass sich die Bevölkerung zu einem Volk zusammengeschlossen hat, sondern das eine Volk gab es schon.“

    Da hast du natürlich recht, das war ja von Anfang an das Pech der Ulbricht-Gruppe und all ihrer Nachfolger, daß sie nicht aufgrund der vorherigen Überzeugung von wenigstens einem politisch ins Gewicht fallenden Teil der Bevölkerung an die Macht gekommen sind, sondern nur von der Sowjetunion als Siegermacht den weiterhin deutschen Nationalisten in ihrem Gebiet, der SBZ/DDR vor die Nase gesetzt worden sind.
    Diesem auf beiden Seiten der Grenze innerhalb Deutschlands weiterhin vorherschenden Massenbewußtsein, daß alle immer noch Deutsche seien, die es wiederzuvereinigen gelte, haben ja lange Zeit nicht nur die Revanchisten im Westen Tribut gezollt, sondern selbst die blöden Stalinisten in der DDR haben das ja eine Weile mitgemacht. Insofern hat Krim natürlich recht, wenn er feststellt,

    „Das Volk wurde also nicht geschaffen, weil die deutschen in beiden Staaten sich verbrüdert hätten, sondern weil es gar nicht notwendig war, ein Volk zu schaffen.“

    Daß das deutsche Volksgefühl nicht mit den jeweiligen Staatsgrenzen zusammenfiel, konnte man übrigens auch schon beim Anschluß von Österreich an Deutschland feststellen, wo die Separatentwicklung nach Königgrätz 1866 noch überhaupt nicht zu einem von vielen österreichischen Politikern, nicht zuletzt zur Abwehr der Nazis, herbeigewünschten und agitierten genuin österreichischen Nationalgefühl geführt hatte.
    Ja „Staaten (deren Territorium, deren Räson, deren Mittel usw.) sind Kriegsergebnisse“, auf dieser rein staatspolitischen Oberfläche hat Karl noch nicht mal so gänzlich Unrecht (wenn auch Räson und Mittel nur unter Einbeziehung des Massenbewußtsein wirklich korrekt bestimmt werden können, wie ja meine Beispiele zeigen, denn Mittel eines Staates ist immer in erster Linie die gefolgsbereite Bevölkerung, und das setzt deren ideologische Rekrutiertheit mindestens genauso voraus wie die Verteilung von Personalausweisen), aber darum geht es uns ja auch gar nicht (in erster Linie). Es ist wirklich bezeichnend, daß Karl & Co. da immer nur die staatlichen Gewalten als Movens der Geschichte sehen. Selbst dann, wie jetzt im Fall des IS, wo deren Erfolge nun wirklich nicht nur aus den Läufen der Gewehre kommen (was übrigens auch bei Mao schon nicht gestimmt hat).

  215. Krim
    27. Februar 2015, 20:24 | #215

    Wenn Staaten die Kollektivgewalten der Völker sind, die zum Zweck der Konkurrenz ins Leben gerufen werden, dann ist doch klar, dass es auch Gewinner und Verlierer dieser Konkurrenz gibt. Das heißt aber doch nicht, dass die Existenz von Staaten damit erklärt ist, dass sie Konkurrenzresultate sind. Das wäre ein Zirkel, weil dann Konkurrenzresultate Konkurrenzresultate produzieren und das setzt sich immer weiter in die Vergangenheit fort. Das heißt in der Erklärung ist das zu Erklärende bereits unterstellt.

  216. 27. Februar 2015, 20:43 | #216

    So wie ein Staat in der politischen Landschaft dasteht, ist er natürlich Resultat der Staatenkonkurrenz. Nur ist das eben überhaupt kein Grund dafür warum es ihn gibt, wer also das Willensubjekt ist, daß ihn geschaffen hat bzw. am Leben erhält.

  217. ricardo
    2. März 2015, 12:59 | #217

    Krim: „Die Frage ist doch wozu dieses nationale Kollektiv gut sein soll? Einfach so kommt man nämlich nicht auf die Idee sich selbst einer Gruppe zuzuschlagen. Aus der Natur folgt das nicht und auch nicht aus einem Bedürfnis …“
    Ich denke schon, dass ein Bedürfnis vorliegt. Aber das ergibt sich aus einem vor dem nationalen Konkurrenzstandpunkt vollzogenem geistigen Vorgang, dem (diesseitigen) Glauben daran, dass die Reproduktion in einem nationalen Kollektiv dem individuellen Interesse und dem individuellen Fortkommen am besten dient, ja auch dem Glauben daran, dass Nationen aus der Geschichte hervorgegangene natürliche Produkte und Ähnliches seien.
    Krim: „Wieso soll man denn, seine individuellen Zwecke im Kollektiv besser verfolgen können, wenn man sich einem Volk anschließt? Das leuchtet mir nicht ein. Es leuchtet mir bloß dann ein, wenn das Kollektiv von Anfang an zu dem Zweck gegründet wird, sich gegen konkurrierend Nationen auf allen Gebieten der Konkurrenz durchzusetzen.“
    Dass leuchtet mir nun nicht ein, weil der Zweck, einfach nur den Wettbewerb gewinnen zu wollen, mit seinem Grund zusammenfällt. Aber warum eigentlich der Zweck?

  218. Akazie Aspirin
    2. März 2015, 16:44 | #218

    Die Thesen, von mir aus gesehen:
    1. – Der geteilte Glaube an die Zugehörigkeit zu einem Kollektiv stiftet eine Gemeinsamkeit unter den Gläubigen, die praktische Wirksamkeit entwickelt.
    2. – Der Glaube, über materielle Gegensätze hinweg gemeinsam zu einem Kollektiv zu gehören, ist ein unbegründeter Wahn.
    Gedanken dazu: Die real hergestellte und nicht zu bestreitende Gemeinsamkeit ist nicht mit dem Glaubensinhalt des Nationalisten identisch. Dieser postuliert nämlich nicht nur eine vor-staatliche, sondern auch eine vor-willentliche Zugehörigkeit, ein naturgegebenes verwurzelt-Sein in der nationalen Heimat als nicht aufzukündigende Basis, von der aus das Denken und Entscheiden überhaupt erst losgeht. Dieser kollektive Irrglaube/Wahn, zu einem Kollektiv zu gehören, das vom aufsummierten Willen zu ihm unabhängig existiert, stiftet in seinem Wirken eine reale, vor-staatliche und Staaten-stabilisierende Gemeinsamkeit, die es ohne ihn aber nicht gäbe.
    Der Nationalist verlängert ja nicht seinen Glaubensvorschuss an die Nation je nachdem, wie er das Glaubensverhalten der anderen Nationalisten beurteilt, sondern unabhängig davon glaubt er an sie als seinen eigenen Zwecken vorgelagerte Heimat, als naturverbundenes arbeitsteiliges Gemeinschaftswerk, an dem alles und jeder seinen Platz hat und dementsprechend gefälligst auch das seine leisten soll. Da werden kulturelle und materielle Fragen in eins gesetzt, und deshalb finden dann auch ständig lauter seltsame Übergänge statt, wenn z.B. die Überfremdung auch nebenbei noch für Betriebsschließungen und die Verweigerung von Wohngeldanträgen verantwortlich sein soll.
    Dass dieser Gemeinschaftsstandpunkt Staaten erst möglich macht: Warum versucht der GSP denn sonst jahraus jahrein den Leuten ihren Nationalismus auszureden? Doch nicht, weil er ihn für wirkungslos hält. Der nationalistische Zweck ist ein Zweck, den die Leute sich gesetzt haben. Aber er ist von dessen ideologischen Rechtfertigungsgründen nicht zu trennen, und die sind in der Regel sachlich nicht haltbar. Kann man ja dann drauf hinweisen.
    Krim: „Nationalismus, also der Wille zur nationalen Gemeinschaft und die Rechtfertigung dieses Willens sind zwei verschiedene Dinge.“
    Wie kann man das trennen? Ich will die Nation doch nur, weil ich sie gut finde. Und ich finde sie gut, weil ich ihr gewisse Eigenschaften attestiere, über die sich dann streiten lässt.

  219. Krim
    2. März 2015, 19:49 | #219

    @ricardo: „dem (diesseitigen) Glauben daran, dass die Reproduktion in einem nationalen Kollektiv dem individuellen Interesse und dem individuellen Fortkommen am besten dient,“ Und warum soll das ein Bedürfnis sein. Du sagst zuerst, es sei ein Bedürfnis und in der Ausführung sagst du dann es sei ein Interesse.
    „Dass leuchtet mir nun nicht ein, weil der Zweck, einfach nur den Wettbewerb gewinnen zu wollen, mit seinem Grund zusammenfällt. Aber warum eigentlich der Zweck?“ Dem Grund von was? Des Wettbewerbs? Ich kann den Gedanken nicht fassen, weil er zu dürr dasteht. Kannst du das ein wenig ausführen.

  220. Krim
    2. März 2015, 23:06 | #220

    @Akazie Aspirin:
    zu 1. Nochmal: „Glaube“ zu sagen ist schon eine verzerrte Darstellung. Es ist die Diskreditierung des Willens zu einem Kollektiv gehören zu wollen als Glaube. Und Glaube ist schon nah am Wahn, deshalb die Benutzung dés Wortes „Glaube“.
    „Dieser postuliert nämlich nicht nur eine vor-staatliche, sondern auch eine vor-willentliche Zugehörigkeit, ein naturgegebenes verwurzelt-Sein in der nationalen Heimat als nicht aufzukündigende Basis, von der aus das Denken und Entscheiden überhaupt erst losgeht.“ Das ist aber bloß die I d e o l o g i e, zu dem was sich der Nationalist tatsächlich denkt. Er denkt, er will Teil des nationalen Kollektivs sein und das rechfertigt damit, dass er das von Natur aus eh schon wäre. Dadurch wird es unwidersprechlich. Der Fehler ist die Ideologie mit der Wahrheit der Sache zu verwechseln. Bloß weil die Ideologie nicht stimmt, heißt das nicht, dass der zugrunde liegende Wille zur Nation zu gehören ein Wahn ist.
    „Dieser kollektive Irrglaube/Wahn, zu einem Kollektiv zu gehören, das vom aufsummierten Willen zu ihm unabhängig existiert, stiftet in seinem Wirken eine reale, vor-staatliche und Staaten-stabilisierende Gemeinsamkeit, die es ohne ihn aber nicht gäbe.“
    Doch den Willen zur Nation zu gehören, gibt es sehr wohl auch ohne den ideologischen, rechtfertigenden Wahn einer natürlichen Gemeinsamkeit. Der „Wahn“ ist eben nur die Rechtfertigung ihres Willens. Deshalb folgt aus der Widerlegung der Fehler der Ideologie auch nicht automatisch das Aufgeben des Nationalismus.
    „Der Nationalist verlängert ja nicht seinen Glaubensvorschuss an die Nation je nachdem, wie er das Glaubensverhalten der anderen Nationalisten beurteilt,“ Warum sollte er auch? Nationalist zu sein ist eben k e i n Glaube oder ein Glaubensvorschuss, sondern ein Zweck. Wieso sollte man seine Zwecke aber von anderen abhängig machen. Nationalismus ist wie oben schon dargestellt, als nationales Kollektiv gegen andere nationale Kollektive zu konkurrieren. Die Notwendigkeit erkennt der Nationalist ganz unabhängig davon, was andere glauben.
    „sondern unabhängig davon glaubt er an sie als seinen eigenen Zwecken vorgelagerte Heimat, als naturverbundenes arbeitsteiliges Gemeinschaftswerk, an dem alles und jeder seinen Platz hat und dementsprechend gefälligst auch das seine leisten soll.“ Das ist wie gesagt nur die ideologische Übersetzung seiner Gewissheit, dass Konkurrenz seines Kollektivs gegen andere Kollektive sein muss.
    „Da werden kulturelle und materielle Fragen in eins gesetzt, und deshalb finden dann auch ständig lauter seltsame Übergänge statt“ Die Übergänge sind eben gar nicht seltsam, sondern so logisch und folgerichtig wie es nur sein kann. Wenn Nation der Zweck ist gegen andere Nationen zu konkurrieren, dann wird die Konkurrenz eben auf allen Ebenen ausgefochten. z.B. Wenn Ausländer Deutschen die Jobs wegnehmen, oder das Sozialgeld oder die Kultur.
    „Warum versucht der GSP denn sonst jahraus jahrein den Leuten ihren Nationalismus auszureden?“ Der GSP hat nicht geringsten Begriff von dem, was eine Nation ist oder Nationalismus ist. Er hält Nationen für nicht existent und Nationalismus für einen Wahn von Untertanen.
    „Aber er ist von dessen ideologischen Rechtfertigungsgründen nicht zu trennen, und die sind in der Regel sachlich nicht haltbar.“ Und genau das ist der fatale Fehler. Der GSP hält die Nation für pure Ideoloogie. Wo schon der Begriff Ideologie bzw. Rechtfertigungsgrund eine von der Rechtfertigung g e t r e n n t e Sache unterstellt, die gerechtfertigt werden soll. Ideologie kann n i e, die Sache selbst sein. Der GSP glaubt das aber.
    „Und ich finde sie gut, weil ich ihr gewisse Eigenschaften attestiere, über die sich dann streiten lässt.“ Nochmal: Die Eigenschaften, die Nationalisten an der Nation schätzen ist ihr Zweck: Konkurrenz gegen andere Nationen. Das wollen sie. Weil das aber ein wüster, gewalttätiger, schädlicher, mörderischer, dummer Zweck ist für alle Beteiligten, kommen sie auf Rechtfertigungsgründe, die sie für ihren Willen vorschieben. Am besten sind unwidersprechliche Dinge, wie Natur, Geburt, Werte, also Titel höchster Moral. So funktioniert Ideologie immer!!!
    Ideologische Gründe sind nie die echten Gründe ihres parteilichen Interesses, sonder v o r g e s c h o b e n e Gründe, die die gerechtfertigte Sache als gut und unwidersprechlich erscheinen lassen.

  221. Apple
    3. März 2015, 01:43 | #221

    @ Akazie

    Die real hergestellte und nicht zu bestreitende Gemeinsamkeit ist nicht mit dem Glaubensinhalt des Nationalisten identisch. Dieser postuliert nämlich nicht nur eine vor-staatliche, sondern auch eine vor-willentliche Zugehörigkeit, ein naturgegebenes verwurzelt-Sein in der nationalen Heimat als nicht aufzukündigende Basis, von der aus das Denken und Entscheiden überhaupt erst losgeht.

    Für einen sowjetischen Arbeiter war seine Nation das Vaterland der Werktätigen. In einem Teil der Welt haben sich die Werktätigen erhoben, mussten sich dann notgedrungen als Nation organisieren und haben darüber unverhofft ein Vaterland bekommen. Willst du dem jetzt sagen, dass er an „ein naturgegebenes verwurzelt-Sein“ glaubt? Für die Amis hatte ihre Nation den Zweck, das erste bürgerliche Gemeinwesen der Geschichte gegen die britische Krone zu behaupten. Für andere Nationalisten wiederum ist die Nation eine Art und Weise, wie sich ihre Ethnie (oder auch mehrere) in der Welt behauptet. Die Gemeinsamkeit der Nationalisten ist also keineswegs ein Glaube, sondern ein Zweck.
    Das, was du als „Glaubensinhalt“ aufführst, sind, wie Krim schreibt, Rechtfertigungsideologien für die nationale Zusammengehörigkeit, die überhaupt nur dann auftauchen, wenn diese Zusammengehörigkeit irgendwie in Frage gestellt oder problematisiert wird, und diese hinterher rechtfertigen sollen. Daran sieht man, dass Ideologiekritik an diesem Punkt überhaupt nicht zum Kern der Sache vorstößt.

  222. jana
    3. März 2015, 07:19 | #222

    unterscheidet ihr patriotismus und nationalismus und wenn wie?

  223. 3. März 2015, 08:59 | #223

    Nein, Patriotismus ist nur die sich als besonders achtenswerte gebende Version des Nationalismus. Dazu wird immer dann gegriffen, wenn man nicht davon ausgehen kann, daß schon der Begriff Nationalismus positiv besetzt und unstrittig ist. Oder weil man sich von den dunklen Seiten der Geschichte „seines“ Nationalismus etwas abgrenzen will, den Kern aber weiterhin aufrecht erhält.

  224. dazu
    3. März 2015, 09:16 | #224

    Patriotismus betont eher die emotionale, gefühlsbetonte Seite des Nationalismus, ist inhaltlich also mit Nationalismus identisch.
    Herausgestrichen wird hier der Stolz des Dazugehörens, welches sich als eigener Stolz (‚auf unser Land‘) darstellen will. (Man ist also ein ‚Fan‘ des eigenen Ladens, nicht nur ein Mitmacher.)
    Nationalismus ist die Stellung, dass man sich als abhängig betrachtet von seiner Nation, auf sie angewiesen ist und das bejaht, und daher für deren Fortkommen eintritt. Und dann gehört das Gefühl des Patriotismus im Regelfall dazu. Und wenn die Nation ‚übermäßige Opfer‘ erwartet (im Krieg für die Nation sein Leben lassen zu müssen), wird der Patriotismus als National-Gefühl (von oben wie unten) extra dick aufgetragen, dann hat es oft auch ein Ende mit der Freiheit zu davon abweichenden Meinungen oder Veröffentlichungen. (Dann ist das Gefühl wichtig, wird auch inszeniert, darf also nicht gestört werden: „Deutschland soll leben, auch wenn wir dafür sterben müssen“, das ist als eigene Vernunftabwägung vernünftig nämlich gar nicht zu bewerkstelligen, wenn man sich als Schlacht-Opfer nicht als Teil eines großen Ganzen betrachtet, als Märtyrer für Deutschland, gerne dann übersetzt mit: ‚für meine Enkel…‘)
    Hierzulande war das offizielle Motto bis in die 80er Jahre eher, dass es keinen Hurra-Patriotismus mehr geben solle (der war der Inbegriff davon, dass Deutschland in WK II vergeigt worden sei), stattdessen aber einen „Verfassungs-Patriotismus“. Die BLOD-Zeitung und konservativ-reaktionäre Richtungen haben sich aber schon früher nicht an diese Sprachregelung gehalten, die seit der Wiedervereinigung sowieso ganz obsolet ist.
    (Daran ist ersichtlich, dass dies ein Übergang zur ‚Normalität‘ von Patriotismus war; diesen Übergang hat z.B. der jüngst verstorbene Bundespräsident von Weizsäcker als Attribute seiner politischen Persönlichkeit perfekt verkörpert).

  225. ricardo
    3. März 2015, 10:20 | #225

    @Krim, Apple
    Zweck heißt ja, etwas aus einem bestimmten Grund erreichen zu wollen. Wo ist nun der Grund, wenn ich sage, der Zweck des Zusammenschlusses von Individuen ist es, den Konkurrenzkampf gewinnen zu wollen? Nur gewinnen, das wollen Kinder auf dem Schulhof oder sonst wo, wenn sie gegeneinander Fußball spielen. Und sonst fällt mir auch nicht viel mehr ein, wo das sonst noch gälte. Nationalisten schließen sich nicht wegen des Konkurrenzkampfes zusammen, sondern wegen des Glaubens. Der Konkurrenzkampf ist eine Folge und ihn bestehen zu müssen, ist ein Zwang.
    Unter Ideologie verstehe eine Geisteshaltung, die trotz besseren Wissens über einen falschen Sachverhalt, diesen als richtig zu verkaufen sucht. Ideologie ist deshalb ein Instrument der Herrschaft und der Wissenden. Glauben ist eigentlich genau das Gegenteil, es ist Nichtwissen bzw. nicht wissen wollen.
    Einzelne Menschen, die sich in nationalen Kollektiven zusammenschließen, glauben zuallererst an den Nutzen dieses Zusammenschlusses. Also an ein so konkretes Ding wie einen geschützten Wirtschaftsraum zu haben, wo sie produzieren und sich reproduzieren können. Das geht allen anderen Überlegungen voraus. Sie wissen aber nicht, oder sind nicht bereit, es wissen zu wollen, dass solche (nationalen) Kollektive unvermeidlich zur Kollision mit anderen Kollektiven und damit Daueranlässen für kriegerische Auseinandersetzungen führen. Und daraus erst entsteht der Wille sich gegen andere Kollektive durchzusetzen und entwickelt sich wegen der unvermeidlichen Widersprüche die Ideologie aber auch der ganze nationalkulturelle Blödsinn.
    (Ich hoffe mal, dass mit dem Text auch Krims Nachfragen beantwortet sind)

  226. 3. März 2015, 10:44 | #226

    @ ricardo:

    „Unter Ideologie verstehe eine Geisteshaltung, die trotz besseren Wissens über einen falschen Sachverhalt, diesen als richtig zu verkaufen sucht. Ideologie ist deshalb ein Instrument der Herrschaft und der Wissenden. Glauben ist eigentlich genau das Gegenteil, es ist Nichtwissen bzw. nicht wissen wollen.“

    Das halte ich für falsch:
    Menschen, die eine „Ideologie“ vertreten, halten das regelmäßig für die der betroffenen Sache angemessene geistige Haltung, sie halten sie also für „richtig“. Sie sind regelmäßig keine Zyniker, die in der Tat es „besser“ wissen und z.B. nur des Geldes wegen es als Journalisten usw. den anderen einbleuen.
    Insofern halte ich auch die Unterscheidung von Ideologie und Glauben nicht für richtig:
    Gerade Gläubige verfechten immer gegen jede Kritik an ihrem Glauben, daß es sich da aber um ihre individuelle „Glaubenswahrheit“ handeln würde. Denn beim Glauben geht es nicht um Wissen um die Welt sondern um die persönliche Stellung zu ihr. Und das ist eine Entscheidung. Der Gläubige hat sich eben entschieden, seine Welt „gottgefällig“ hinzunehmen, weil er ja im Paradies auf seine Kosten kommt.
    Nationalisten schließen sich deshalb nicht wegen irgendeines (nationalistischen, wahnhaften usw.) Glaubens zusammen, sondern um in der Konkurrenz gegen andere Nationen das wirtschafftliche Leben der Gemeinschaft zu führen. Und da wußten schon immer, jedenfalls die letzten paar Tausend Jahre die Menschen, die sich zu Völkern zusammengetan haben, daß das zu „Kollisionen“ mit anderen führt. Bei den Völkerwanderungen des Mittelalters haben die Menschen doch nicht nur das Saatgut mitgenommen sondern auch ihre Waffen.

  227. ricardo
    3. März 2015, 11:18 | #227

    @jana
    Ich würde den Unterschied etwa so versuchen, zu definieren: Kern des Nationalismus ist der Glaube daran, dass die Nation notwendige materielle Voraussetzung für das individuelle Leben bzw. Überleben sei. Kern des Patriotismus ist der Appell und die Bereitschaft dazu, sein Vaterland qua entsprechender Kultur- und Sittenformen zu lieben.

  228. Apple
    3. März 2015, 11:40 | #228

    @ ricardo

    Unter Ideologie verstehe eine Geisteshaltung, die trotz besseren Wissens über einen falschen Sachverhalt, diesen als richtig zu verkaufen sucht.

    Das würde man gemeinhin wohl einfach als ‚Lüge‘ bezeichnen.

    Nationalisten schließen sich nicht wegen des Konkurrenzkampfes zusammen, sondern wegen des Glaubens … Einzelne Menschen, die sich in nationalen Kollektiven zusammenschließen, glauben zuallererst an den Nutzen dieses Zusammenschlusses. Also an ein so konkretes Ding wie einen geschützten Wirtschaftsraum zu haben, wo sie produzieren und sich reproduzieren können.

    Mit diesem Verfahren könnte man alles als Ergebnis eines Glaubens ausgeben. Wenn ich mir ein Abendessen mache, dann nicht, weil ich den Zweck habe, meinen Hunger zu stilllen, sondern vor allem weil ich an die Nützlichkeit des Abendessens zur Hungerstillung glaube. Is klar ne?
    An den Nutzen eines Zusammenschlusses zu glauben, ist doch in diesem Fall bloß ein anderer Ausdruck dafür, das Menschen diesen Zusammenschluss zu einem Zweck – dem Nutzen – organisieren. Und ein ‚geschützter Wirtschaftsraum‘ unterstellt die Konkurrenz schon – wozu bräuchte man sonst Schutz?

  229. jana
    3. März 2015, 13:04 | #229

    *huch*
    Danke für die Antworten!
    Muß ich erstmal „übergrübeln“, ganz unhinterfragt (beim „Lehrer“) würd ich grad nur sagen: Das, was ricardo da als „Glaube“ führt ist tatsächlich eben „Glaube“, im Sinne von „Wenns allen gutgeht (im Krienfall: besser) , dann auch mir.“ Im „Verzweifelnsfall“ (an/in der Konkurrenz verzweifeln, national, international-wurscht, gestörte „individuelle“ Ökonomie halt) kommt der beschwörende Patriotismus zum Zuge, der immerzu allemöglichen Formeln bringt für ein „Dochnochgelingen“ : Wenn wir nur alle zusammenarbeiten, dann…! Da ist eine wir-Verweigerung die Verweigerung des Zusammenarbeitens, des „trotz unseres Miteinander-Konkurrierenz“, die Weigerung, das „trotz…“ beiseite zu schieben ist dann die Begründung für ein fortgesetztes Verzweifelnmüssen, also eine persönliche Schuld, die man sich einhandelt und die auch gesühnt gehört, also bestraft. Die Pegida-Leuts treten mir als Patrioten in Erscheinung, also gewissermaßen „Fundamentalisten“ , kommt ja immermal auch fortgesetzt der Ruf nach ner „echten“ Verfassung , nach ner „echten“ Nation, also nach irgendwas, was nicht Resultat anderer Nationen/Mächte, irgendwelcher Kriege sei. Das is im One-World-Imperialismus null mehr zu haben, aber „man“ muß sowas ja erstmal „gehabt haben“, um dann erkennen/sagen zu können: okay, bringts nicht.
    „Es wissen wollen“- Das Nichtwissen (Patriotismus) drängt auf Wissen (erfahrbarer Nationalismus/erlaubter), um dann entscheiden zu können: Jo, okay, lieber Nichtwissen.
    Ich war/bin ne grünLibyen-Patriotin, es laufen lauter sich äußernde „Palästina-Patrioten“ rum, dann natürlich noch so einige Israel-Patrioten und ich erlas sogar GB-Patrioten, früher gabs nochn paar mehr „Frankreich-Patrioten“, heut gibts n paar Rußlandpatrioten usw usf …ein „Einschießen“ auf „Anderswo-Länder“, also auf „Nationen“ auch.
    Vielleicht ist ein konvertierter Islamist ein verzweifelnder Nationalist und nunmehr IS-Patriot?
    (das kann totaler unsinn sein und 😉 „darf“ als solcher auch betitelt, beurteilt und vielleicht begründet werden 😉 – war nur n „schnellschuß“ während ner längeren arbeitspause 😉 )

  230. Karl
    3. März 2015, 13:59 | #230

    @ricardo
    „Kern des Nationalismus ist der Glaube daran, dass die Nation notwendige materielle Voraussetzung für das individuelle Leben bzw. Überleben sei“
    Nationalisten betrachten ihre Nation schon auch als materielles Mittel – das ist ihr verkehrter Ausgangspunkt und keine beabsichtigte Unwahrheit -, aber die Nation als moralischer Wert wendet sich gerade gegen den berechnenden Materialismus: würden Nationalisten ihr Vaterland bloß als günstige oder ungünstige Voraussetzung beurteilen, müssten sie wegen diverser Lebensgefahren ihre Nation zum Teufel jagen, statt ihr eigenes Leben zu opfern.
    Und „Patriotismus“ ist v.a. in Deutschland die wohlwollende Umbenennung von Nationalismus: weil es historisch bedingt ein paar Jahrzehnte anrüchig war, als Fan seiner Nation aufzutreten, musste die Formel „Liebe zu Land und Leuten“ herhalten. Nationalismus gilt ja immer noch als Beschimpfung – auch für Nationalisten.

  231. Krim
    3. März 2015, 14:20 | #231

    „Nur gewinnen, das wollen Kinder auf dem Schulhof oder sonst wo, wenn sie gegeneinander Fußball spielen.“ Nein. Du vergleichst das mit der Konkurrenz als Spiel, wo es um nichts geht als um die Ehre. Bei Kriegen geht es aber um nicht weniger als die Reproduktionsgrundlagen einer Gesellschaft, die durch das konkurrierende Kollektiv prinzipiell bestritten wird. Der Hitler wollte z.B. Lebensraum im Osten. Ist klar, dass man die ansässige Bevölkerung dafür erstmal dezimieren muss. Übrigens keine bloß historische Vorgehensweise, wenn man mal kurz in die Ostukraine schaut. Was dort gerade stattfindet und was auch ein wichtiger Grund sein dürfte, warum Ostukrainer dort zwei neue Republiken aufgemacht haben, ist die ethnische Säuberung, die von der ukrainischen Regierung betrieben wird. Es ist kein Zufall, dass die Armee dort Wohnviertel bombardiert und nicht nur Militär. Das trifft nämlich immer die richtigen und der Rest flieht nach Russland. Man schaue sich auch die ganzen Pogrome an, in Odessa, das Pogrom an den Anti-Maidan-Demonstranten von der Krim, deren Busse von rechten Schlägerbanden überfallen wurden (das ist vor einem Jahr passiert und erst jetzt wird es bekannt). Beispiele gibt es genug.
    Oder angenommen du bist ein Bauer im Feudalismus. Wenn ein anderes Kollektiv den Landstrich übefällt, dann kann der Bauer von Glück sagen, wenn er mit dem Leben davonkommt. Meistens wird er noch zum Leibeigenen gemacht und darf womöglich auf seinem eigenen Hof als Leibeigener schuften. Krieg stellt eben ziemlich grundlegend die ganze Reproduktion in Frage in Bezug auf das eigene Leben, das Leben der Familie und die Mittel, die jeder zur Reproduktion braucht.
    In Bezug auf die Reproduktionsgrundlagen ist der Einzelne auf ein Kollektiv angewiesen. Das merken auch Kommunisten, wenn sie im Kapitalismus zurechtkommen müssen, während sie versuchen ein vernünftigeres Kollektiv auf die Beine zu stellen. Was von der Konkurrenz praktisch abhängt sieht man nicht zuletzt daran, wie die in die Gesellschaft einsortierten Individuen ihre Reproduktion bestreiten. Es ist eben ein Unterschied, ob jemand Bürger eines Eurostaates oder der USA ist oder Bürger eines afrikanischen Landes. Wie schlecht die Reproduktion dort funktioniert, merkt man daran, dass die Flüchtlinge, die über’s Mittelmeer kommen regelmäßig ihr Leben auf’s Spiel setzen.
    „Nationalisten schließen sich nicht wegen des Konkurrenzkampfes zusammen“ Welcher Konkurrenzkampf? Das muss man dazusagen, sonst denkt noch einer es ginge um die ökonomische Konkurrenz untereinander. Hier geht es um Konkurrenz der Nationen.
    „Sie wissen aber nicht, oder sind nicht bereit, es wissen zu wollen, dass solche (nationalen) Kollektive unvermeidlich zur Kollision mit anderen Kollektiven und damit Daueranlässen für kriegerische Auseinandersetzungen führen.“ Klar wissen sie, dass es sich um eine Gewaltkonkurrenz handelt. Das wird ihnen ja tagtäglich in den Medien erzählt.
    „Und daraus erst entsteht der Wille sich gegen andere Kollektive durchzusetzen“ Also zuerst wissen die Nationalisten gar nicht, dass es um Krieg geht, aber dann fassen sie den Willen sich kriegerisch gegen andere durchzusetzen (wahrscheinlich weil sie vom Staat gezwungen werden?)? Hm. Nein.

  232. 3. März 2015, 16:54 | #232

    @ Janas Frage

    „Vielleicht ist ein konvertierter Islamist ein verzweifelnder Nationalist und nunmehr IS-Patriot?“

    Das ist als Kurzformel sicher richtig. Der ganze Nahe Osten doch voll von solchen mit ihrem bisherigem Nationalismus gescheiterten politischen Menschen. Manche kommen da sogar von relativ links, aber die Desater der letzten Jahrzehnte allenthalben haben das politische Bewußtsein der Menschen offensichtlich massiv durcheinandergebracht. Ein besonders trauriges Beispiel ist Palästina/Israel und die Nachbarstaaten, wo früher atheistische „Sozialisten“ und „Kommunisten“ eine bteite Strömung waren und wo jetzt wohl nicht nur machtpolititisch sondern auch von vorherrschenden Bewußtsein die Islamisten das Sagen haben und offene Ohren finden.

  233. jana
    3. März 2015, 18:22 | #233

    eine längere kopie mit link zu nem teilvorlauf
    http://tomgard.blog.de/2011/04/15/patriotismus-10657128/
    “ Nun zur Sache.
    Was Du unter „aufgeklärtem Patriotismus“ beschreibst, kenn ich in den wesentlichen Bestandteilen unter dem Namen „Verfassungspatriotismus“, der, wenn meine Erinnerung nicht trügt, ein politisches Erbe des exBundespräsidenten v. Weizäcker ist und seinerzeit von der „Linken“ größtenteils angenommen wurde.
    PDS exklusive, aber nur, weil sie einen Etikettenschwindel rochen, und viele bekamen ihn zu riechen, weil ihnen eine SED-Vergangenheit zum Beweis ausgelegt wurde, ihnen sei als „Wendehälse“ ein solcher Patriotismus nicht zuzutrauen …
    Ich erwähne dies Detail, weil solch „Zutrauen“ den Witz des Patriotismus praktisch enthält, auf den ich theoretisch hinaus wollte. Daß nämlich alle, die sich auf ihn berufen, sich den Widerspruch leisten müssen (!), eine Deutungsmacht über einen undeutbaren, eineindeutigen Inhalt zu beanspruchen – der ist nämlich einfach bedingungslose, insofern grenzenlose (tödliche) Loyalität. Deshalb setzt sich ein jeder, der sich an einer Bestimmung zu schaffen macht, was Patriotismus mit Fug sei bzw. nicht sei, einem systemisch gerechtfertigten Verdacht aus, er sei kein Patriot, versuche unter dieser Flagge vielmehr zu segeln. Dieser Widerspruch gehört nach meiner Unterscheidung zwischen Berufsnationalisten und Amateuren (ich habe sie übrigens von Freerk Huisken übernommen) zum Begriff der Sache. An dieser Stelle bekommt sie die Form der Unterscheidung zwischen von Amts wegen zur Deutung befugten resp. unbefugten Sachwaltern patriotischer Ziele und Zwecke. Der „Kriegsfall“ – sowohl im Fall bewaffneten Konfliktes wie im Fall einer Mobilisierung gegen einen „inneren Feind“ – bietet nun die Besonderheit, daß qua Vereinnahmung und Mobilisierung jedes Insassen eines Staates für nationale Zwecke der Unterschied zwischen Beamteten und nicht Beamteten bis zur Aufhebung schwindet. Jeder Insasse wird qua staatlicher Gewalt zum Be-Amten berufen, jeder Job wird zum nationalen Amt, einschließlich der privatesten Zwecke, nämlich der Gatten-, Mutter- und Vaterschaft. Unter „Soldatenfrau“ war im Forum davon die Rede. Auf seinem Feld wird jeder bis zum Beweis des Loyalitätsverstoßes zuständig, ggf sogar alleinzuständig für die (konsequente) Ausdeutung patriotischer Loyalität.
    Das ist der Himmel für Leute, die den patriotischen Auftrag annehmen, zu allem eine „Meinung“ zu haben!
    Kurzum es ist die einzig zu habende Verwirklichung des Ideals und der Sehnsucht eines jeden Bürgers, der mit Überzeugung Bürger ist: Seine Spaltung in Bourgeois und Citoyen erscheint maximal hinfällig im allen Bürgern gewaltsam erteilten, von ihnen aneinander weitergegebenen Auftrag zu ihrer Überwindung in der Aufhebung des Bourgeois im Citoyen, im „Volksgenossen“.
    DAS faschistische Ideal, wie es Bestandteil aller bürgerlicher Herrschaft ist (im unterschied zu aristokratischer Herrschaft).
    Du (user2)schreibst:
    „Sie zelebrieren Symbole und Zeremonien: Die Deutschlandfahne und die Nationalhymne (3. Strophe). Und überall, ob in Fußballstadien, bei Olympischen Spielen, bei Staatsakten, Gedenkfeierlichkeiten, werden diese Symbole hervorgeholt.“
    Das ist durchaus zwiespältig zu lesen. Beschwerst Du Dich über die Zunahme des Phänomens, oder über einen unsachgemäße Inanspruchnahme patriotischer Motive und Gefühle?
    Der Satz:
    „(die Konservativen) berufen sich zurecht auf die Landesverfassungen, die solche Ziele (aufgeklärten Patriotismus) vorgeben“
    legt Letzteres ausgesprochen nahe.
    Das erklärte zugleich das ansonsten befremdlich wirkende und offenkundig verheuchelte Anliegen, „Linke“ und „Konservative“ mögen sich in einen patriotischen Deutungsstreit verwickeln. Das ist gewiß nicht das Anliegen von Leuten, die sich den ablaufenden Scheissendreck erklären wollen, und wer in solchem Streit „gewinnt“ steht auch schon fest.
    Und deshalb ist hier gut zu sehen – mein eigentliches Anliegen, mir liegt nicht an Denunziationen – welch systemisches Interesse an falschen Abstraktionen zum nationalen „Wir“ bei Dir wie anderen Bürgern vorliegt. Sie wollen auch und besonders in der Zurückweisung geltend gemachter Bestimmungen dieses „Wir“, bis in seine Negation hinein, an einer Deutungsmacht über es festhalten . Sie wollen Partei nehmen auch noch dort, wo sie bemerken, daß die Parteinahme ein herrschaftlicher Auftrag ist und im Zweifel mit Leibesstrafen erzwungen wird. Sie wollen auf keinen Fall ihre selbstbewußten Einbildungen zu der theoretischen Autonomie und persönlichen Souveränität einbüßen, die ihnen von staatlicher Herrschaft gewährt und abgefordert wird. Deshalb nehmen sie das „Wir“ in derselben Bewegung, in der sie es konkret bezweifeln oder angreifen, bitter ernst, und genau darüber, über dies Ernstnehmen, wird es zur falschen Abstraktion.
    Und deren Grundbaustein, ich wiederhole, ist die Mißachtung der eigentlich offenkundigen Tatsache, daß die Realabstraktion der „Nation“ den Gegensatz von Volk und Staat bis in jene (Erscheinungs) – Form hinein enthält , die ihn in seinen Charaktermasken scheinbar aufhebt, in den Formen des Patriotismus.
    (Zusatz:) Mein Eintrag hat die Schwächen eines Kommentars, der möglichst viel auf engem Raum sagen will.
    Ich will nochmal einzeln heraus stellen, warum die Unterscheidung von Berufs- und „Amateur“nationalisten für die Erklärung patriotischer Wallungen essentiell sein soll.
    Indem Patriotismus eine bedingungslose Parteinahme für die Belange der Nation ist und zugleich von dazu berufener Seite praktisch und theoretisch immer und besonders dann eingefordert wird, wenn ein solcher Belang zur Frage von Sein oder Nichtsein nationaler Souveränität erklärt worden ist; wenn es folglich um die Freiheit einer Nation geht, sich auf eignem Territorium und ggf. (nämlich im Kriegsfall im eigentlichen Sinn) zugleich dem mittelbar oder unmittelbar affizierten Ausland Zwecke zu setzen und zu verfolgen, dann werden vor dieser Bedingungslosigkeit und Abstraktheit alle Differenzen und harten Gegensätze zwischen den Anforderungen der Berufsnationalisten ans Volk und den Ansprüchen des Volks an die „Volksvertreter“ nichtig . Der Patriot in Gestalt des Amateurs streicht an dieser Lage durch, daß es allein Ansprüche von ihm sind, die dabei nichtig werden, zugunsten des einen, hoch abstrakten Anspruches, den er mit dem Berufsnationalisten teilt: Den, auf bedingungslose Souveränität und maximale Schlagkraft „seiner“ Nation. Warum er diesen Anspruch mit dem Berufsnatzi gemein hat? Ganz einfach, weil die staatliche Gewalt ihn unentrinnbar zwingt, jeden nur denkbaren Anspruch, den er außerhalb seines Wohn- und Schlafzimmers an irgendjemanden hegt und um seines Überlebensinteresses hegen muß, im Kollisionsfalle auf ihre Macht und Schlagkraft zu gründen. Und diese Kollisionsfälle sind der Gewalt = dem Recht immanent, z.b. als Elementarbeispiel der polarische wie antinomische Gegensatz zwischen Käufern und Verkäufern. Wenn ein Weib / ein Mann sich diese Lage, in die er / sie versetzt wird, zum Bestandteil seines / ihres Selbstverständnisses als „Mensch“ und „Bürger“ (Bourgeois und Citoyen) macht, wenn dies Menschlein also, banal gesagt, sich nicht als „Insasse“ der Nation, sondern als eines ihrer Glieder verstehen will, ist er ein Natzi mit eingebautem Patriotismus.“
    (sorry, ich hab das eben -auch- nicht gar unds wurd bisher im beilesen hier nicht gegarter, etwas nun mit den antworten vorab oben, aber ja, mußte nochmal reinquatschen 🙄 , weils arg „durchnandergehend“ erscheint, begriffsdurchnander eben… kommt nun nichts mehr von mir als fortgesetztes beilesen + danke für die antworten!!!)

  234. jana
    3. März 2015, 18:46 | #234

    @ neoprene…
    ich meinte schon, in deutschland hockende deutsche als (zumeist schreibende, im „islamistenfall“ halt gen IS wandernde) patrioten anderer nationen bzw im IS-fall „anderer staat“ …
    ?
    (alles nochmal „in ruhe“ durchles nun, angenehmen abend wünsch!)

  235. ricardo
    4. März 2015, 10:34 | #235

    @neoprene
    Deine Beschreibung des Glaubens halte ich für richtig. Genau deswegen sind die meisten Politiker, Journalisten oder Geisteswissenschaftler ja auch keine Ideologen sondern Gläubige. Die haben ihr persönliches Werturteil zur Welt gefällt. Und von diesem Standpunkt aus verzapfen sie dann ihre Theorien, um sich in ihrem Glauben zu bestärken und Gläubige zu gewinnen bzw. bei der Stange zu halten.
    „Nationalisten schließen sich deshalb nicht wegen irgendeines (nationalistischen, wahnhaften usw.) Glaubens zusammen, sondern um in der Konkurrenz gegen andere Nationen das wirtschaftliche Leben der Gemeinschaft zu führen.“
    Sie schließen sich nicht zusammen, weil sie einem nationalistischen Wahn oder so was unterliegen, sondern schon wegen etwas Handfestem, nämlich weil sie glauben, dass ihnen das „wirtschaftliche Leben in der Gemeinschaft“ was bringt. Und d a s wollen, besser müssen, sie in der Konkurrenz verteidigen.
    @Apple
    Eine Lüge ist keine Geisteshaltung sondern eine unwahre Aussage. Wenn die Amis sagten, Hussein bastelt an einer Atombombe, war das eine Lüge. Wenn sie diese Lüge zum Anlass nahmen, einen Krieg für Freiheit und Menschenrechte etc. zu führen, ist das Ideologie, denn dann rechfertigen und verkaufen sie mit dieser Lüge ihren Krieg, der ganz andere Absichten verfolgt.
    „Wenn ich mir ein Abendessen mache, dann nicht, weil ich den Zweck habe, meinen Hunger zu stilllen, sondern vor allem weil ich an die Nützlichkeit des Abendessens zur Hungerstillung glaube.“
    Warum führst du denn noch den Begriff der Nützlichkeit ein? Zweck (Abendessen), Ziel (Hungerstillung) und Grund (Hunger) sind doch schon eindeutig genannt. Das ist aber beim Zweck des reinen Zusammenschlusses, nur um sich durchzusetzen, nicht der Fall.
    „Und ein ‚geschützter Wirtschaftsraum‘ unterstellt die Konkurrenz schon – wozu bräuchte man sonst Schutz?“
    Ja schon, aber Schutz bedeutet erst mal das Gegenteil: eben nicht an der Konkurrenz teilnehmen zu wollen.
    @Karl
    „Nationalisten betrachten ihre Nation schon auch als materielles Mittel“
    Ja, das könnte man ja noch in diese Definition hinein nehmen.
    @Krim
    „Bei Kriegen geht es aber um nicht weniger als die Reproduktionsgrundlagen einer Gesellschaft, die durch das konkurrierende Kollektiv prinzipiell bestritten wird.“
    Eben, darauf will ich ja hinzuweisen. Nur legen Nationalisten sich den Standpunkt halt zuerst zu, dass die Nation ihre Reproduktionsgrundlage sei. Die Menschen wollen und müssen sich zuallererst reproduzieren und danach kommt der ganze andere Klimbim, also auch der unausweichliche Zwang gegen andere Kollektive konkurrieren zu müssen. Erst dann nehmen die Leute den Standpunkt ein, erst dann wollen sie, dass ihre Nation Erfolge in der Konkurrenz aufweist. Die Reihenfolge halte ich deshalb für wichtig, weil die Kritik am Nationalismus schon vor der Kritik des Nationalismus als (pures) Konkurrenzkollektiv ansetzten muss. Es ist ja unter anderem auch so, dass die nationalistische Theorie genau den umgekehrten Standpunkt vertritt, dass sich nämlich die Welt durch einen echt angewendeten Nationalismus überhaupt erst friedlich und harmonisch gestalten ließe. Deshalb reicht die Begründung mit dem nationalen Konkurrenzstandpunkt nicht hin, weil sonst nur zwei antagonistische Behauptungen aufeinander treffen.
    „Also zuerst wissen die Nationalisten gar nicht, dass es um Krieg geht, aber dann fassen sie den Willen sich kriegerisch gegen andere durchzusetzen (wahrscheinlich weil sie vom Staat gezwungen werden?)“
    Nein, weil sie die Wirklichkeit dazu zwingt – und die ist eine Folge der (falschen Glaubens-) Entscheidung, nicht ein kommunistisches/kommunalistisches sondern eine nationales Kollektiv für lebenssubstanziell zu halten.

  236. Krim
    4. März 2015, 15:01 | #236

    „Nur legen Nationalisten sich den Standpunkt halt zuerst zu, dass die Nation ihre Reproduktionsgrundlage sei.“ Das logische Problem ist, dass du die Nation in der Erklärung der Nation schon unterstellst. Also kann es nicht die Erklärung sein. Die Nation gibt es bei dir, weil sich Nationalisten den Standpunkt zulegen, dass die Nation ihre Reproduktionsgrundlage sei. Merkst du, die Nation ist bei dir immer schon vorausgesetzt. Die Nationalisten stellen sich bloß falsch zu ihr als Reproduktionsgrundlage.
    „und danach kommt der ganze andere Klimbim, also auch der unausweichliche Zwang gegen andere Kollektive konkurrieren zu müssen.“ Nein, das ist kein danach. Reproduktionsgrundlage bedeutet, dass ohne Konkurrenz mit anderen Kollektive noch nicht mal Reproduktion geht. Konkurrenz ist kein Zusatz, der nach der Reproduktion kommt (oder nicht), sondern unabdingbare Grundlage der Reproduktion.
    „Die Reihenfolge halte ich deshalb für wichtig, weil die Kritik am Nationalismus schon vor der Kritik des Nationalismus als (pures) Konkurrenzkollektiv ansetzten muss.“ Warum? Was ist dem falsch an der Kritik der Nation als Konkurrenzkollektiv?
    „Es ist ja unter anderem auch so, dass die nationalistische Theorie genau den umgekehrten Standpunkt vertritt, dass sich nämlich die Welt durch einen echt angewendeten Nationalismus überhaupt erst friedlich und harmonisch gestalten ließe. Deshalb reicht die Begründung mit dem nationalen Konkurrenzstandpunkt nicht hin, weil sonst nur zwei antagonistische Behauptungen aufeinander treffen.“ Von denen ja wohl eine Behauptung grottenfalsch ist! Oder glaubst du etwa, dass die Welt durch Nationalismus friedlich wird. Wie soll denn eine Konkurrenz auf allen Ebenen einschließlich der Gewaltebene sowas zuwege bringen? Das geht höchstens nach der Art eines Peacemakers, indem er alle konkurrierenden Standpunkte liquidiert, was ja wohl keine besonders friedliche Vorgehensweise ist.
    „Nein, weil sie die Wirklichkeit dazu zwingt – und die ist eine Folge der (falschen Glaubens-) Entscheidung, nicht ein kommunistisches/kommunalistisches sondern eine nationales Kollektiv für lebenssubstanziell zu halten.“ Wieder so ein widersprüchlicher Satz. Entweder die Wirklichkeit oder sie ist die Folge einer falschen Entscheidung, dann zwingt sie aber nicht. Darüberhinaus gibt es die von beschriebene Entscheidung bei normalen, nationalistischen Menschen nicht. Die legen sich nicht die Entscheidung vor, ob sie Kommunismus oder Kapitalismus preferieren. Das haben sie längst entschieden.

  237. Akazie Aspirin
    6. März 2015, 01:58 | #237

    Also schätzen Nationalisten an ihrer Nation in Wirklichkeit genau den offensiv-kriegerischen, gewaltvoll ausschließenden Charakter derselben, den sie mitunter am vehementesten leugnen? Das leuchtet mir nicht ein. Die ganzen ideologischen Rechtfertigungen des Patriotismus laufen doch auf das genaue Gegenteil hinaus, nämlich dass die nationale Heimat eine schöne Angelegenheit ist, die sich eben notgedrungen gegen störende Einmischung von außen zur Wehr setzen muss, um weiterhin so menschenfreundlich und Frieden stiftend funktionieren zu können, wie sie es prinzipiell könnte. Das behaupten die Leute nicht nur um besser dazustehen, sondern das glauben sie auch: Konkurrenz nach außen und Herrschaft nach innen müssen leider sein, wenn und weil man ihr Gegenteil will: Frieden und Freiheit.
    Ihr scheint mir zu sagen: Nein, diese Leute wollen keinen Frieden, sondern genau das, was sie heuchlerisch zähneknirschend als einzig gangbares Mittel seiner Herstellung in Kauf nehmen, ist ihr wirklicher und treibender Zweck.
    Wenn Nationalisten nun in Wahrheit an ihrer Nation vor allem dasjenige schätzen, was sie wirklich zu leisten vermag, nämlich konsequent die Gewaltkonkurrenz gegen andere Völker auszutragen, wozu dann die Ideologien und Rechtfertigungen?
    Wenn der nationalistische Zweck auch ohne sie zustande käme, dann wären sie ja schlicht überflüssig.
    Warum ist es so weit hergeholt davon auszugehen, die Menschen hätten der nationalistischen Erziehungsarbeit, wie sie von Medien und Bildungsstätten so zuverlässig gewährleistet wird, schlicht und einfach Glauben geschenkt? Kann man etwa auf Basis solch ideologischer Gedankengebäude keine Zwecke setzen? Wo aber läge sonst die Relevanz von Ideologie?
    Warum kann man die Liebe zur Nation nur dann erklären, wenn man voraussetzt, dass die Leute, die sie wollen, auch wissen, worum es in ihr geht?
    Zuletzt: Warum muss ich die Nation erklären, wenn ich Pegida erklären will? Diese Nationalisten finden den Staat doch tatsächlich erst einmal als Gegebenheit vor.

  238. Krim
    6. März 2015, 13:18 | #238

    „Ihr scheint mir zu sagen: Nein, diese Leute wollen keinen Frieden,“ Natürlich wollen sie Frieden. Aber vielleicht ist der Friede gar nicht so friedlich, wie sie sagen. Er steht in einem Verhältnis zum Krieg. Sie wollen ja nicht nur einfach nicht Krieg, (Was übrigens auch ein verkehrter Standpunkt ist, weil er alles mit sich machen lässt, wenn bloß kein Krieg herrscht, und dann kommt der Krieg todsicher und den machen sie dann auch noch mit, sondern sie denken an einen Inhalt von Frieden. Der heißt z.B. Frieden in Freiheit, mit Marktwirtschaft und Eigentum und Weltmarkt. Der Frieden schließt also auch ökonomische Konkurrenz mit anderen Nationen ein und für die Freiheit braucht es natürlich auch eine Gewalt, die sich anderer Gewalten erwehren kann. d.h. sie denken zwar Frieden, aber in diesem Frieden ist die Möglichkeit von Krieg allemal unterstellt. Natürlich will niemand Krieg, aber wenn es sein muss, muss er eben geführt werden. Das ist alles in der Logik der „friedlichen“ Nationenkonkurrenz enthalten.
    „Wenn Nationalisten nun in Wahrheit an ihrer Nation vor allem dasjenige schätzen, was sie wirklich zu leisten vermag, nämlich konsequent die Gewaltkonkurrenz gegen andere Völker auszutragen, wozu dann die Ideologien und Rechtfertigungen?“ Na weil dieses Programm Opfer erfordert. Angefangen von der Alimentierung des Staates, die von der Gesellschaft getragen werden muss, bis zu dem Opfer von Leib und Leben und Gesundheit im Krieg. Sowas kann man nicht offen erzählen: „Also wir machen jetzt Krieg und dafür müssen so ungefähr 1 – 20 Millionen Landsleute über die Klinge springen. Das ist halt nötig, damit die EU sich gegen Russland durchsetzt.“ Das ist nicht überzeugend. Also müssen sie irgendwas von Verteidigung von Demokratie, Menschenrechten und Werten erzählen und die einseitige Verschiebung von Grenzen mit Gewalt im 21. JH. kein Platz in der Politik mehr haben darf. Das ist dann schon eher zustimmungsfähig, denn dass ihre Nation ein Recht auf Durchsetzung hat, das glauben die Menschen schon. Nationalisten werden also mit dem in Aussicht gestellten Erfolg geködert, Ideologie braucht es für die Opfer, die dieser Erfolg erfordert.
    „Warum kann man die Liebe zur Nation nur dann erklären, wenn man voraussetzt, dass die Leute, die sie wollen, auch wissen, worum es in ihr geht?“ 1. Weil es ein schwache Theorie ist zu unterstellen, ein ganzes Volk sei seinen Führern bloß auf den Leim gegangen. Alle werden sie nur verarscht und verführt. Komisch. Warum verteidigen sie dann hartnäckig ihren Standpunkt. Dann müsste eine sachlich Aufklärung über die tatsächlichen Verhältnisse ja augenblicklich Klarheit schaffen und sie von ihrem Irrtum heilen.
    2. Wegen der Opfer/Schäden. Spätestens dann braucht man einen Grund, warum man das Ganze macht. Ohne ein positives Interesse an den Verhältnissen, denkt sich niemand Ideologien aus, sondern schwört der Scheiße ab.
    3. Aus begrifflichen Gründen. Nation ist ein Kollektiv zu Schaffung einer gesellschaftlichen Gewalt gegen andere Nationen. Als Gewalt, das ist jeder Form von Gewalt eigen, gibt es sie gar nicht aus sich selbst heraus. Gewalt ist i m m e r das Mittel eines Willens zur Unterwerfung eines gegnerischen Willens. Aus diesem Verhältnis leitet sich die Gewalt erst ab. Also muss es einen gesellschaftlichen Willen geben, der sich Nationenkonkurrenz zum Zweck gesetzt hat. Und dieser gesellschaftliche Wille ist eben der Kollektivwille der Nationalisten.
    „Diese Nationalisten finden den Staat doch tatsächlich erst einmal als Gegebenheit vor.“ Jeder der in einer Nation geboren ist, findet diese vor. Die Frage ist doch, warum das relevant sein soll, für das was in ihren Köpfen vor sich geht.

  239. jana
    6. März 2015, 20:28 | #239

    http://www.tagesschau.de/inland/is-dschihadisten-101.html
    „Verfassungsschutz zum IS: „Deutsche werden verheizt.“ “
    heißt: Deutsche werden im IS nicht als Deutsche anerkannt, mehr noch: miß-achtet, eben „verheizt“ …
    den gegensatz zu andren nationalitäten und deren nicht-verheizt-werden mag der vs gar nicht bringen, aber so mal an der „deutschen ehre“ des nun-IS-patrioten bzw künftigen kratzen, ach warum nich…
    außerdem ans aktuelle-camera-volk : „was erlaube sich dieser IS?“, uns-deutsche verheizen, das is noch barbarischer als koppab…gibts denn sowas…

  240. Erklaerlich
    10. März 2015, 06:31 | #240

    Neue Geschichten vom Herrn Keiner
    „Mir ist das unerklärlich, warum sich die ‚kleinen Leute‘ an diesem nationalen Gemeinschaftswahn beteiligen. Sie sind doch Tag für Tag damit konfrontiert, dass diese Gemeinschaftlichkeit gar nicht wirklich existiert, dass sie in allen lebenswichtigen Fragen auf gegensätzliche Interessen stoßen, die dafür sorgen, dass die eigenen Interessen systematisch unter die Räder kommen. Davon kann man doch nicht so einfach absehen und sich für das nationale ‚Wir‘ vereinnahmen lassen.“
    http://www.herrkeiner.com/geschichten/ueber-das-allgegenwaertige-nationale-wir/
    „So ist es“, sagte darauf Herr K., „die ganze Macht des Staates, der diese Lebensverhältnisse gesetzlich verordnet hat, beruht darauf, dass sich die Geschädigten dieser Verhältnisse als Volk begreifen und damit die Probleme des Staates ernster nehmen als ihre eigenen. Damit tun sie sich keinen Gefallen, im Gegenteil.“
    http://www.herrkeiner.com/geschichten/uber-das-wohl-des-volkes/
    Und noch mehr „Geschichten vom Herrn Keiner“:
    http://www.herrkeiner.com/inhaltsverzeichnis

  241. Krim
    10. März 2015, 10:03 | #241

    Die Geschichten vom Herrn Keiner sind nur vereinzelt das gelbe vom Ei, in diesem Fall beten sie leider den GSP-Schwachsinn nach, der die wirkliche Gemeinsamkeit als Wahn definiert. Und weil diese so zur bloßen Einbildung geworden ist, kann plötzlich keine Gemeinsamkeit mehr aufgefunden werden. Also die übliche unbelehrbare Borniertheit.
    Und dann wird auch noch Nation und Staat nicht auseinandergehalten bzw. wird auf die Frage warum die Leute Nationalisten sind geantwortet, als ob gefragt worden wäre, warum sie Staatsbürger sind. Und noch nichtmal diese Erklärung stimmt, weil der Wille zum Staat aus dem „aufgenötigten“ Interesse abgeleitet wird sich als Eigentümer in der Konkurrenz zu betätigen. Dabei sind die Leute nicht für den Staat, weil sie einem Zwang nachkommen, sondern weil sie die Eigentumsverhältnisse, die sie vorfinden, g u t finden. Es bestätigt sich also, dass der GSP und seine Anhänger weder vom Staat noch von der Nation den geringsten Begriff haben.
    Die Geschichte „Über das Wohl des Volkes“ ist genauso unausrottbar dämlich: „Denn was ist ein Volk anderes als das Erzeugnis der Herrschaft, welche die Menschen in ihrem Machtbereich zu einem Kollektiv von Untertanen, als ihr Volk eben, zusammenschließt.“ Sehr ärgerlich diese Typen, schreiben sich „Erklärung der Verhältnisse“ auf die Fahnen und dann kommt so dummes Zeug raus. Ist ja klar. Wenn man keine Gemeinsamkeit der Volksangehörigen (aner)kennen will, dann kann ihr Zusammenhalt ja nur von außen (durch eine Herrschaft) produziert worden sein.

  242. 10. März 2015, 10:21 | #242

    Wenn Keiner schreibt:

    „Man sollte das falsche Bewusstsein der Menschen nicht für einen bloßen Spleen halten und das Bekenntnis zu dem verlangten nationalen ‚Wir‘ wie eine Einbildung behandeln, die jeder Grundlage entbehrt.“

    dann meint er mit „Grundlage“ auh nur, ganz GSPlerisch,

    „Ich glaube sie unterschätzen, was es heißt, dass die Menschen von den herrschenden Verhältnissen abhängig gemacht sind.“

    Im dem Text zur Volksgemeinschaft heißt es:

    „wenn Politiker große Reden über die ‚Zusammengehörigkeit‘ ihres Volkes halten, dann ist immer mehr gemeint als der faktische Zwangszusammenhang, in dem die Menschen als Untertanen ihren vorgeschriebenen Pflichten z.B. als Arbeiter oder Angestellter, als Mieter oder Steuerzahler nachzukommen haben. Würde man sich diese Pflichten einmal genauer anschauen, würde von einer Gemeinschaftlichkeit der Interessen in einem Staat nicht viel übrig bleiben.“

    Das ist eine eigentlich erstaunliche Formulierung, denn was bleibt den übrig als Kern der Gemeinschaftlichkeit, wenn nicht nur der Zwang von oben ist?
    Wobei er den Zwang sogar noch überhöht, wenn er schreibt;

    „Das eigene Volk hat man unter Kontrolle, das hat man sich per Staatsgewalt verfügbar gemacht, das muss das tun, was zum Wohle des Großen und Ganzen, also des Staates, erforderlich ist.“

    Der Clou ist doch, daß alle Bewohner eines Staatsgebietes in der Tat Alles „müssen“, die nationale Politik aber davon ausgeht, daß die „ihren“, die Menschen die zudem zu ihrem Volk gehören, daß gar nicht als Müssen sondern als ihre Natur ansehen. Insofern ist es ja auch offensichtlich falsch, wenn er schreibt, daß

    „die jeweils ausgebeutete Klasse im Land in ihrer Eigenschaft als Volk darauf verpflichtet wird

    . Die „Fremdarbeiter“ mögen da so zahlreich gewesen sein und noch sein wie sie wollen, zum „Volk“ wurden und werden sie weder vom Staat noch einem Großteil der Bevölkerung dazugerechnet.

  243. ricardo
    11. März 2015, 11:13 | #243

    Ich denke die Kategorien, Volk und Nation sind noch nicht ausreichend geklärt. Ich versuche mal eine Zusammenfassung zu machen:
    GSP: Ein Volk ist nichts anderes als das per Staatsgewalt hergestellte, politische Kollektiv, das auf das Programm der Herrschaft verpflichtet wird und für das es einsteht, weil es nichts anderes kennt. Daraus ziehen die Einzelnen falsche Schlüsse und wähnen die Nation für einen Ort an dem allein sie (nur ohne Ausländer) aufgehoben und sicher zugleich sind. (Untertanenstandpunkt)
    Kritik und Agitationsstandpunkt aus dieser Sicht: mit rationaler Kritik das verkehrte Denken bloßlegen und es mit Argumenten nachweisen. Im Zentrum steht dabei die „Staatskritik“ im Sinne von, dass die Individuen (Untertanen) nachdem sie ihr falsches Denken eingesehen haben, sich gegen den Staat (und die in ihm angewandte Produktionsweise) in Form einer Revolution stellen.
    Krim: Ein Volk ist ein Willenskollektiv, d.h. ein Kollektiv, das deswegen ein tatsächliches Kollektiv ist, weil es eine Gemeinsamkeit gibt, nämlich den gemeinsamen Willen zu einer Staatsgewalt, deren Aufgabe es ist gegen andere Kollektive gleicher Art sich durchzusetzen auf allen Gebieten der Konkurrenz d.h. ökonomisch, politisch, militärisch, auf dem Feld der Ehre. (Staatsbürgerstandpunkt)
    Kritik und Agitationsstandpunkt aus dieser Sicht: mit rationaler Kritik den verkehrten Zweck bloßlegen und mit Argumenten nachweisen. Im Zentrum steht die „Willenskritik“ im Sinne von, dass die Individuen (Willensträger) ihre Haltung selbst als den Staat bildende (Staats)bürger aufgeben, um sich danach und mit neuer Sichtweise gegen die Schädlichkeit der im Staat angewandten Produktionsweise zu wehren und diese zu überwinden.
    ricardo: Ein Volk ist ein Glaubenskollektiv, weil das Gemeinsame, was es zum Volk macht, in dem Glauben liegt, dass die Herstellung einer dem Gemeinwillen unterliegenden allgemeinen Gewaltform (Staat), die Aufrechterhaltung und Sicherung der individuellen Reproduktion (am besten) gewährleisten könne. Hieraus entspringt das Bedürfnis nach Nationenbildung und ergeben sich Reibungspunkte mit anderen Völkern, die zur Konkurrenz zwingen und zu kriegerischen Auseinandersetzung mit anderen (konkurrierenden) Völkern führen (können). (Gläubigenstandpunkt)
    Kritik und Agitationsstandpunkt aus dieser Sicht: Im Zentrum steht die These, dass Gläubige nicht mit Argumenten zu „überzeugen“ sind. Gläubige können von ihrem schädlichen Standpunkt nur durch Wissen abgebracht werden. Auf eine Revolution bezogen, müssen sie also wissen, was sie als Nichtnationalisten und Nichtlohnarbeiter erwartet. Das geht über das heute vorhandene Wissen, wie Reproduktion ohne Staat und kapitalistisches Produzieren (besser) gehen könnte, hinaus. Es kann m. E. also nur über (noch von außen zu unterstützende) Kommunen) und Genossenschaften gehen, wo nicht unter Wertformbedingungen gelebt und (re)produziert wird und wo dieses Wissen noch innerhalb der Epoche der kapitalistischen (Re)Produktionsweise zu erarbeiten ist und gleichwohl der empirischen Überprüfung unterliegt.
    Nation ist demnach dann auch im Prinzip nichts anders als der sich zu anderen Völkern/Nationen abgrenzende Kultur- und Wirtschaftraum, wo ein oder mehrere Völker einen Staat als Repräsentanten und Form der Nation konstituieren, dem die Aufgabe zufällt, im Namen des Volkes, die Reproduktionsbedingungen zu organisieren, zu schützen und den Willen der Staatsbürger in dieser Form nach außen durchzusetzen.

  244. Krim
    11. März 2015, 13:18 | #244

    Meinen Standpunkt hast du zwar richtig wiedergegeben, aber hast ihn dann in Klammern als „Staatsbürgerstandpunkt“ bezeichnet. Es müsste Volksstandpunkt heißen. Der Staatsbürgerstandpunkt ist ein anderer. Staatsbürger sind die Leute, weil sie Eigentümer sein wollen. Das ist wieder was anderes.
    Bei deinem Gläubigenstandpunkt bin ich mir nicht sicher, ob es nicht in Wirklichkeit ein Ideal darstellt. Also nicht das was ist, sondern das was sein sollte. Denn ich glaube nicht, dass Nationalisten ernsthaft denken, der Staat sei dafür da ihnen Jobs zu besorgen. Sie denken höchstens er sei dafür da Jobs herbeizuregieren. Aber für die individuelle Reproduktion sieht sich der Staat nicht verantwortlich und meines Erachtens glauben Nationalisten auch nicht, dass er das unmittelbar wäre. Der Staat soll bloß die Voraussetzung schaffen, damit die Reproduktion des Volkes als Ganzes gut funktioniert.
    „Kritik und Agitationsstandpunkt aus dieser Sicht: Im Zentrum steht die These, dass Gläubige nicht mit Argumenten zu „überzeugen“ sind. Gläubige können von ihrem schädlichen Standpunkt nur durch Wissen abgebracht werden.“ Argumente enthalten nach dieser These also kein Wissen? Außerdem steht die These, dass Gläubige durch Wissen bekehrt werden können auf sehr wackeligen Beinen. Die Kirchengeschichte und etliche als Ketzer verbrannte Naturwissenschaftler bezeugen das Gegenteil. Du meinst eigentlich auch kein Wissen, sondern du meinst Praxis z.B. in Kommunen. Das ist deswegen verkehrt, weil die meisten Leute ja gar nicht auf der Suche nach einer Alternative sind, weil sie weder den Staat noch die kapitalistische Wirtschaftsweise für den Grund der Schäden halten, die sie erleiden. Ihnen etwas „besseres“ vorzuführen wird also nicht gelingen, vor allem deshalb, weil ich stark bezweifle, dass in einem kapitalistischen Umfeld etwas besseres machbar ist.

  245. 11. März 2015, 15:16 | #245

    @ ricardo

    „Im Zentrum steht die These, dass Gläubige nicht mit Argumenten zu „überzeugen“ sind.“

    Womit denn sonst?
    Der Fehler scheint mir darin zu liegen, daß er zwar aus dem „Glauben“ ein „Bedürfnis“ entnimmt, daß die Gläubigen nach dem nationalen Staat rufen läßt, aber den Ausgangspunkt, den Glauben, gar nicht mehr abklopft auf Bedürnisse, Entscheidungen, Überlegungen, die die Menschen überhaupt zu Gläubigen gemacht haben. Und all das ist natürlich grundlegend der kritischen Argumentation zugänglich. Bei Menschen, die sich mit dem Inbegriff der Unvernunft, dem Glauben, einhüllen, ist das zugegebenermaßen regelmäßig recht schwierig, bei „Glaubensstarken“ sogar unmöglich. Da unterscheiden sich übrigens Islamisten nicht sonderlich von eingefleischten Demokraten z.B.
    Ich halte es deshalb auch für falsch, wenn ricardo in Bezug auf die „Gläubigen“ meint,

    „Gläubige können von ihrem schädlichen Standpunkt nur durch Wissen abgebracht werden.“

    Gläubige sind keine Analphabeten, denen man nur das Wissen über die Welt beibringen muß, wie das bei der Alphabetisierungskampagne in Kuba nach der Revolution auch mit ganz schön Erwachsenen kein grundsätzliches Problem gewesen ist. Sondern man muß ansetzen an den Urteilen über diese Welt, die die Menschen zur Entscheidung gebracht haben, sich in den Glauben zu flüchten. Ohne über den konkreten Inhalt des „Schadens“ zu reden, den sich nach Meinung der Aufklärer die Gläubigen zuziehen (die ja gerade im Gläubigsein einen Gewinn für sich sehen) kann man da nicht viel machen.
    Warum das leuchtende Vorbild der alternativen Kommune als Mittel zur Bekehrung der Demokratie- und Kapitalismus-Gläubigen nicht viel taugt, haben wir ja hier und anderswo schon mehrfach diskutiert, Krim hat dazu knapp das Wesentliche gesagt.

  246. ricardo
    19. März 2015, 17:10 | #246

    Krim: „Bei deinem Gläubigenstandpunkt bin ich mir nicht sicher, ob es nicht in Wirklichkeit ein Ideal darstellt. Also nicht das was ist, sondern das was sein sollte.“
    Unter Ideal verstehe ich etwas (abstrakt) Vorstellbares oder Konkretes, dass man anstreben und manchmal auch erreichen kann, so z. B. das Idealgewicht oder den Frieden.
    Unter Glauben verstehe ich, sich zu etwas, das man nicht weiß, ob es existiert oder vorhanden und das nicht beweisbar ist (Gott, Allah, Paradies, Nirwana usw.), zu bekennen und fest dazu zu stehen (selbst wenn viele Anzeichen dagegen sprechen). Damit wird der Glaube bei Gläubigen zur unumstrittenen Gewissheit, auch Wahrheit genannt, und von dieser Gewissheit lassen sie sich nicht mehr abbringen. Hinterfragen, Kritisieren, Lernen, das diese Gewissheit ins Wanken bringen könnte wird dogmatisch abgelehnt.
    So der Nationalismus, denn die Gewissheit des individuellen Nationalisten endet bei der Nation. Der Inhalt besteht darin, dass Nationen natürliche oder von Gott gegebene menschengerechte Formen der politischen und wirtschaftlichen Organisierung der Menschen und für diese am Besten geeignet seien, weil nur darin sich sowohl die jeweilige individuelle als auch die allgemeine menschliche Kultur und der materielle Wohlstand am Besten entfalten könne und am Ende, wenn vervollkommnet, Kulturnationen mit edlen, starken, gesunden (und ähnlicher Quatsch) Menschen entstünden. Mehr will der Nationalist nicht wissen. Und da helfen auch keine Argumente.
    Krim: „Argumente enthalten nach dieser These also kein Wissen?“
    Argumente k ö n n e n Wissen enthalten und zu Wissen führen, denn durch Argumentieren kann Teilwissen in Zusammenhänge gebracht werden, und so zu neuen Erkenntnissen und darüber zur Gewissheit führen. Es handelt sich, insbesondere bei Wissen über die menschlichen Lebensverhältnisse, aber immer um eine vorläufige Gewissheit, die durch weiteres Wissen entweder bestätigt oder aufgehoben werden kann. Denn wie wir wissen, führt Wissen zu immer mehr Unwissen.
    Nationalisten bzw. Gläubige sind am Wissen über die politischen und wirtschaftlichen Weltverhältnisse schon interessiert. Auch sind sie im engeren Sinne Materialisten, die nicht inhaltslos kämpfen und konkurrieren, sondern letztlich auch angenehm und friedlich leben wollen (alles andere wäre auch nur noch bloße Dummheit und Gewalt). Nur wird ihr Materialismus ständig enttäuscht. Leider kommen sie nicht auf die Idee, dass dies an der unmöglichen Produktionsweise über die sie sich reproduzieren müssen, liegen könnte, sondern führen es auf eine falsche Politik, auf die verkehrten Leute, Korruption und ähnlichen Mist zurück und landen schließlich beim Volk und der Nation. Das ist für sie endgültige Gewissheit, dann ist ihr Weltbild fertig, mehr brauchen sie nicht mehr lernen, weil das ihre Gewissheit ja gefährden könnte. Lieber ziehen sie es sogar vor, sich für Volk und Vaterland zu opfern.
    Wenn Nationalisten Wissen sammeln (z. B im Bereich der Naturwissenschaften) dann tun sie das zur Bestätigung ihrer Gewissheit und nicht, um diese in Frage zu stellen und zu neuen Gewissheiten zu gelangen. Deshalb sind Nationalisten zwar für eine in ihren Glaubensbahnen verlaufende Argumentation offen, aber einer kritischen auf Lernen und Wissen basierenden Argumentation, die zu Einsichten und (neuen) Erkenntnissen über die Wirklichkeit führen und somit an ihren Glaubensfundamenten, ihren Werten rüttelt würde, können sie logischerweise nicht zulassen, sonst wären sie ja keine Gläubigen mehr.
    Krim: „Außerdem steht die These, dass Gläubige durch Wissen bekehrt werden können auf sehr wackeligen Beinen. Die Kirchengeschichte und etliche als Ketzer verbrannte Naturwissenschaftler bezeugen das Gegenteil. Du meinst eigentlich auch kein Wissen, sondern du meinst Praxis z.B. in Kommunen.“
    Es geht nicht darum die Gläubigen bzw. die Nationalisten durch Wissen bekehren zu wollen, sondern jenen, die zumindest an diesem Quatsch zweifeln, ein Wissensangebot zu unterbreiten. Nur können hier die Linken bis zum GSP keine überzeugenden Lösungen anbieten. Darüber hinaus sind sie geradezu blockiert durch das unrühmliche Beispiel der realsozialistischen Erfahrung. Das Nachweisen der Schädlichkeit kapitalistischer Reproduktion unter nationalen Bedingungen reicht deshalb nicht aus, sondern es muss m. E. auch nachgewiesen werden, dass Reproduktion unter kommunistischen Bedingungen nicht nur möglich, sondern auch viel vorteilhafter ist. Das heißt aber auch, dass die Linke, statt ständig alles besser wissen zu wollen, bereit ist, lernen zu wollen, sowohl voneinander, aber auch, um neue Einsichten in die Reproduktion der Menschheit zu gewinnen.
    Bisher gibt es keine Erfahrungen, keine Erkenntnisse, kein Wissen wie Reproduktion ohne Wert bzw. Wertform geht. Deshalb wäre erst einmal zu prüfen, welches schon heute vorhandene Wissen dem entgegen kommt, aber genau so wichtig ist es, heute schon die Erfahrungen zu machen, diese ständig wissenschaftlich auszuwerten, zu überprüfen und wieder in der Praxis umzusetzen, um den Zirkel von neuem in Gang zu setzen: vom Ungewissen zur Gewissheit und den damit erkannten neuen Ungewissheiten wieder zur Gewissheit.
    Wissen bestünde demnach darin, durch Lernen, Studieren, probieren den Beweis zu liefern, dass neben der Mensch und Natur schädigenden und zerstörenden kapitalistischen (Re)produktionsweise eine andere möglich ist, die das nicht tut und unter der die Produzenten nicht neuen Formen der Abhängigkeit und Entfremdung unterworfen sind. Diese Art von Wissenserwerb ist m. E. aber nur in Kooperativen, Genossenschaften oder Kommunen möglich, wobei natürlich klar ist, dass damit keine von herrschenden Produktionsweise isolierten Arbeitswelten gemeint sein können, um hernach wieder unter marktwirtschaftlichen Bedingungen zu konkurrieren, um schließlich jämmerlich darin unterzugehen.

  247. jana
    19. März 2015, 22:02 | #247

    @ricardo
    http://www.youtube.com/watch?v=NwItwS2bG2s
    (die sind doch nicht konditioniert wie a ratts….. und nee, die lassen sich auch nicht „umkonditionieren“ mit nem „gegenglauben“!)
    http://www.youtube.com/watch?v=2GHARtSbGRw

  248. ricardo
    20. März 2015, 12:35 | #248

    @ jana
    was willst mit „konditionieren“ bzw. „umkonditionieren“ und „gegenglauben“ gesagt haben?

  249. jana
    20. März 2015, 16:23 | #249

    du willst den leuts was „beweisen“, was es nicht „gibt“…
    ums „in die welt zu bringen“, dies „s jeht auch anders leuts“ muß dies „anders“ getan werden, wozu es eines ähnlichen glaubens bedarf, wie der, den du als „will ich nich anners“ bei nationalisten konstruierst… warum ein „glaube“? warum reicht (dir) nicht, daß diese leuts den erfolg ihrer nation in der konkurrenz wollen? man muß nicht dran glauben, darüber selbst n „gewinnler“ zu werden so ganz individuell, der erfolg der nation muß nicht als sahnehäppchen aufm teller vorm natzi gestalt annehmen, s is dennoch der urpersönliche erfolg des angestammten mitglieds dieser nation…
    ebensowenig brauchts „aussichten“, nen glauben an „s jeht auch anners“, s reicht doch (mir), daß es „so“ nicht geht…
    (sorry, kanns nicht erklären, wenns mir „doch klar auf der hand liegt“ anhand deines textes, müde, sorry, das oben mitm held war „erbreitert“, das folgende schrieb ich nüchtern zuerst, nahms dann aber lieber zu mir, hier nun einkopier, vielleicht wirds klarer dadurch: )
    „gläubige glaubwürdig kritisieren bringts denne?
    s klingt, als bräuchtest „glauben“, um mit „glaubwürdige kritik“, am besten noch mit „glaubwürdiger alternative“ kommen zu können/wahlweis zu „punkten“, wenns genehmer…
    herr huisken sagts gen altvater so:
    „…
    Soweit in gebotener Kürze die Theorie von EA, mit der er sich selbst in die Tradition der Schrift des “Club of Rome” von 1973 einreiht, sich aber zugleich von den bekannten Endzeit- und Katastrophenszenarien abgrenzen will, seien diese nun mehr warnender oder mehr froh-lockender Natur. Denn seine “radikale Kapitalismuskritik” will “konstruktiv” sein, d.h. er stellt die „Radikalität“ seiner Kritik gleich unter einen theoretischen Vorbehalt. Ein Urteil hat er sich damit vor allem Urteilen verboten: Dass die Kritik des Kapitalismus jedem Gedanken an eine konstruktive Alternative eine Absage erteilt, ist als Befund von vornherein ausge-schlossen. Explizit gibt er damit jenem Standpunkt Nahrung, welcher die Stimmigkeit der Kritik durch ihre Glaubwürdigkeit ersetzt haben möchte, d.h. sie nur dann für befassungswür-dig befindet, wenn sie zugleich mit einer Alternative zum Kritisierten aufwartet, die zu den gerade kritisierten Verhältnissen passt. Als illustren Kronzeugen seiner “Gedanken über Alternativen zum herrschenden Kapitalismus” (1,12 u. 216f) will er ausgerechnet Karl Marx entdeckt haben, der angeblich die neue Gesellschaft aus der alten herauswachsen sah, weswegen EA sich sicher ist, dass die neue Gesellschaft dann auch schon in der alten heranwächst. Man muss eben nur “genau hinschauen”.
    …“
    es ist immer dasselbe… „konstruktive kritik“ als forderung und wennde zum „konstruktiv“ nen glauben brauchst, konstruiersten halt hin, dann läßt sich ein „zukünftiges“ glaubhafter ausmalen…
    (es war schön früher und ne selbstverständlichkeit, durch meine wälder, meine felder, meine wiesen zu gondeln, wunderbar, in meinen seen zu schwimmen, zu angeln -zumeist eisangeln- …jetzt, heutzutage ist alles „privatweg“, privatsee, privatgrundstück ein ganzer wald…es gibt n paar „vorerfahrungen“, aber denen erteilst in deiner totalabsage „das unrühmliche Beispiel der realsozialistischen Erfahrung“ unglaubwürdigkeit, wie praktisch 🙄 )
    vielleicht geht der kommentar vollkommen an dem, was du da betreibst vorbei, aber deine/eure absagen an die sehr genau herausgearbeiteten begriffe „nationalismus“, „faschismus“, „patriotismus“ wie eben notwendigerweis „staat“, „nation“ usw seitens mg/gsp ist mir nicht nachvollziehbar. immerzu muß irgendwas erfunden/konstruiert werden und nicht wenig erscheints, als sollten damit offensichtliche gegnerschaften eliminiert bzw wenigstens entschärft werden… wozu das gut is?… naja, „jede/r nach seiner/ihrer fasson“ heißts wohl?“
    (mich hat dein verharmlosen natzi=gläubige/r arg verärgert, aber vielleicht kann wer andres bei ähnlichem ärger besser argumentieren…
    lg
    (vielleicht stehts auch schon drüber, hatte eure diskussion nicht weiterverfolgt, sorry )

  250. Paco
    27. März 2015, 11:38 | #250

    Pegida beweist es:
    Ausländerfeindschaft braucht keine Ausländer –
    ein beleidigtes ‚Wir Volk‘ ist sich selbst genug
    Das Volk definiert sich: Nicht die Gemeinheiten der Konkurrenz sind es,
    die uns ausmachen.
    Gefällt und demonstrativ geltend gemacht wird dieses Urteil vom Standpunkt eines Kollektivs, das in der gern gerufenen Parole „Wir sind das Volk!“ beim Namen genannt wird…
    (aus dem vor 5 Tagen erschienenen neuen ‚Gegenstandpunkt‘)
    Volltext: http://www.gegenstandpunkt.com/gs/2015/1/gs20151072h1.html

  251. Paco
    3. Mai 2015, 15:15 | #251

    Gruppen gegen Kapital und Nation:
    ‚Nationalismus und Rassismus bei Pegida‘
    Anhand der Pegida-Demonstrationen wollen wir zeigen, dass bzw. wie deren Rassismus aus der nationalistischen Denkweise folgt.
    Menschen haben erstmal überhaupt keine Angst vor von der Norm Abweichendem oder Fremdem. Geradezu als ob sie diese Furcht-Theorie widerlegen wollen, reagieren Kinder, die aufgrund ihres Alters keine Erfahrungen z. B. mit Menschen im Rollstuhl oder anderer Hautfarbe haben, nicht mit Furcht, sondern mit Neugierde. Und wenn die befriedigt ist, sind Hautfarbe und Rollstuhl für sie das Letzte, was einem Kontakt im Weg steht. Überhaupt sprechen die Äußerungen von Rassismus einer angeblichen Furcht eher Hohn. Wenn, was sehr bedauerlich ist, Deine Cousine von Rassist*innen aufgrund ihrer Hautfarbe angegriffen wurde, war das dann die Angst der Täter*innen? Angst wovor eigentlich genau, und warum haben sie dann nicht die Flucht ergriffen? Sind die Tausenden, die einmütig „Wir-sind-das-Volk‟ oder „Lügenpresse-halt-die-Fresse‟ brüllen ängstliche Häschen, die man nur beruhigen müsste? Es mag sein, dass bei diesem Rassismus auch Sorgen über die eigene materielle Lage unterwegs sind; entscheidend ist aber die nationalistische Sichtweise und Verarbeitung, um bei Hetze und Feindseligkeit auf (vermeintlich) Nicht-Deutsche und angebliche Schädlinge der Nation rauszukommen – sonst würden die Demonstrant*innen gegen ihre schlechte materielle Lage protestieren. Es geht Neonazis wie patriotischen Europäer*innen nicht um ihre persönliche materielle Lage, sondern um ihr Land, wie folgendes Zitat beispielhaft zeigt: „Ich hab keine Angst, ich sehe einfach nur Deutschland in Gefahr. Das ist keine Angst.‟ (Pegida-Demonstrantin. Interview von panorama)…
    Fortsetzung:
    https://gegen-kapital-und-nation.org/fortsetzung-briefwechsel-alt-anarchistgkn-nationalismus-und-rassismus-anhand-pegida

  252. Paco
    7. Mai 2015, 18:57 | #252

    Der Flüchtlingsrat Schleswig Holstein verlinkt anlässlich von PEGIDA gleich zu einem (ihrem) neuen Regierungsvorschlag mit drei Hauptpunkten:
    1. Einführung einer „Leitbild-Kommission“: Wie schafft man Zusammenhalt in einer pluralistischen Gesellschaft?
    2. Die historische Rolle von Migration stärker ins Bewusstsein rücken: Migration gehört seit der Gründung der Bundesrepublik (und auch davor) zu Deutschland.
    3. Wissensförderung über das Einwanderungsland.
    http://www.frsh.de/uploads/media/PM_Rat-f%C3%BCr-Migration_PEGIDAetc_mitAnlagen_5-1-2015.pdf
    Die Nähe von manchen Flüchtlingsorganisationen zur Regierung ist frappierend. Da wird sich auch in den höflichen Worten voller Wohlwollen, die man sich wechselseitig gönnt, am morgigen „Flüchtlingsgipfel“ zeigen.
    (Nur weil die Regierung zur Bekämpfung der Flüchtlinge die Worthülse gewählt hat „Fluchtursachen bekämpfen“ – ein wahres Meisterwerk von Demagogie! – , hört ‚Pro Asyl‘ brav zu, was die Kanzlerin huldvoll mitzuteilen geruht. (Passend, dass die deutsche Regierung am Mittwoch eine „Übung“ von Marine-Schiffen zum Leute-Einsammeln im Mittelmeer begonnen haben – eine „Übung“ ist sowieso dann nach ein paar Tagen beendet, also, wenn sich wieder keine Sau an den Ersoffenen im Mittelmeer weiter stört.)

  253. Alfonsito
    31. August 2015, 13:27 | #253

    „WIR sind das Pack“
    – scheint die neue Parole der Rechten zu werden…
    http://keinort.de/?p=922

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