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Räteorganisation

4. Oktober 2013

Hallo,
Was hältst Du davon, einen neuen Thread aufzumachen, nachdem der zur doppelten Buchankündigung ohne klare Linie an sein Ende gekommen ist. Ich denke, die beiden Beiträge von Mattis vom 23.8. könnten hier ein passender Einstieg sein:

»In dem Rühle-Zitat aus dem Lueer-Buch macht mir vor allem der Aspekt Probleme, dass bei diesem Rätemodell statt einer durchgängigen Vergesellschaftung nur eine Art Selbstverwaltung von Gruppen-Eigentum vorgesehen ist, also keine reale Aufhebung des Privateigentums.
Das wird nicht begründet und ist auch nicht nachvollziehbar. Wieso soll der Betrieb faktisch ausgerechnet den Arbeitern gehören, die dort bisher (vom Kapitalisten) beschäftigt waren? Das Gebäude haben andere (andere Arbeiter) gebaut, die Maschinen wurden von anderen erstellt, die Rohstoffe von anderen zugeliefert, und so weiter.
„Kein Fremder hat in ihre Angelegenheiten hineinzureden.“ – was heißt da eigentlich fremd?«

Meine Antwort hierzu wäre:
Das Zitat von Otto Rühle im Kapitel »Was tun?« bezieht sich auf die Vergesellschaftung der Produktionsmittel durch die Produzenten im Rahmen der Revolution. Wer sonst als sie soll die Vergesellschaftung durchführen? Sollen Außenstehende (Fremde) die Betriebe stürmen und sich der Produktionsmittel bemächtigen?
Natürlich wäre es ein Fehler von den Produzenten, wenn sie die Übernahme der Produktionsmittel in ihrem Betrieb als eine Privatisierung im Sinne ihres Betriebes verstehen würden. Dann wären sie weiterhin auf die gesellschaftliche Vermittlung ihrer Arbeit über den Markt angewiesen. Dieser Fehler wurde im Buch am Beispiel der Frühsozialisten bzw. der sogenannten Äquivalenzökonomie ausführlich kritisiert.
Die Assoziation selbstbestimmter Produzenten bedeutet demgegenüber, dass sie auf der Grundlage der geteilten Kritik an Eigentum, Ware und Geld miteinander die gesellschaftliche Planung der Produktion zu ihrem Nutzen organisieren müssen. Im Buch heißt es dazu im Abschnitt über die Grundprinzipien einer gemeinschaftlichen Produktion und Verteilung auf Seite 244:

»Die Pro­du­zen­ten, die zur Verwaltung in den Fabriken und Be­trie­ben die Ar­beiterräte als Grundzellen der politischen Ord­nung or­ga­nisiert haben, können hier nicht ste­hen bleiben. Sie müs­sen sich im Rahmen einer betriebs­über­grei­fenden Rä­te­or­ga­nisa­tion – wie im vorangegangenen Abschnitt skiz­ziert – die von ihnen kon­trollierten Planungs- und Ent­schei­dungsin­stan­zen schaf­fen, um angefangen bei der Be­darfs­ermitt­lung über die Fest­le­gung von Prioritäten des Mittel­ein­sat­zes bis zur Ver­tei­lungsfra­ge ihren gesellschaft­lichen Pro­duktions­zu­sam­menhang or­ganisieren zu kön­nen.«

Diese betriebsübergreifende Organisation müssen sie aber selbst aus ihren Betrieben heraus schaffen und kontrollieren, wenn sie sich nicht – wie im Realsozialismus – auf die Weisheit einer ihnen übergeordneten volksnützlichen Staatsmacht verlassen wollen.
Gruss
Hermann

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. Mattis
    5. Oktober 2013, 15:55 | #1

    „Sie [die Arbeiterräte] müs­sen sich im Rahmen einer betriebs­über­grei­fenden Rä­te­or­ga­nisa­tion […] die von ihnen kon­trollierten Planungs- und Ent­schei­dungsin­stan­zen schaf­fen, um angefangen bei der Be­darfs­ermitt­lung über die Fest­le­gung von Prioritäten des Mittel­ein­sat­zes bis zur Ver­tei­lungsfra­ge ihren gesellschaft­lichen Pro­duktions­zu­sam­menhang or­ganisieren zu kön­nen.“

    Speziell zur Thematik der „Planungs- und Entscheidungsinstanzen“ tobt ja gerade eine heftige Debatte im Thread „Wählen ist verkehrt …“; deshalb bringe ich momentan hier nichts dazu ein, um das nicht zu doppeln. Zu den anderen Themen des Buches komme ich noch.

  2. mars
    5. Oktober 2013, 16:32 | #2

    „Das wird nicht begründet und ist auch nicht nachvollziehbar. Wieso soll der Betrieb faktisch ausgerechnet den Arbeitern gehören, die dort bisher (vom Kapitalisten) beschäftigt waren? Das Gebäude haben andere (andere Arbeiter) gebaut, die Maschinen wurden von anderen erstellt, die Rohstoffe von anderen zugeliefert, und so weiter.“

    So lief ja gerade der jugoslawische „Selbstverwaltungssozialismus.“

  3. Max
    6. Oktober 2013, 17:36 | #3

    Soll man sich wirklich Gedanken machen über die Organisationsform einer sozialistischen Gesellschaft, wenn es in der BRD nicht mal ansatzweise eine breitere Kritik des Kapitalismus gibt? Das heisst, Rätemodelle diskutieren usw. sind doch Wolkenschiebereien. Meilenweit weg von jeglicher Realität. Selbst die linkssozialdemokratische LINKE kommt grad auf 8 Prozent. 92 Prozent finden den Kapitalismus und die BRD-Gesellschaft, so wie sie sind, in Ordnung. Sie meckern allenfalls an Kleinigkeiten rum. Ich musste kürzlich feststellen, dass eine Freundin von mir, ich kenn sie allerdings noch nicht lang, CDU gewählt hat…
    Was man tun kann: Aufklärerisch wirken, Teach-Ins, Argumente unters Volk bringen. Die Leute anstoßen, die eigene Birne zu benutzen. Den Leuten aufzuzeigen, dass sie dem Staat den Lohn/die Rente auf Hartz-4-Niveau zu verdanken haben usw.

  4. 6. Oktober 2013, 18:06 | #4

    „Soll man sich wirklich Gedanken machen über die Organisationsform einer sozialistischen Gesellschaft, wenn es in der BRD nicht mal ansatzweise eine breitere Kritik des Kapitalismus gibt?“

    Diese Frage von Max, oder genauer dessen Antwort, „Nein, natürlich nicht!“, kommt bei solchen Diskussionen hier und an den zwei drei anderen Stellen, an denen Kommunisten und andere mehr oder manchmal auch weniger Linke dieses Thema dieksutieren, ungefähr genauso vorhersehbar wie vor allem bei GSP-Veranstaltungen die Frage, was denn die „Alternative“ sei.
    Und in beiden Fällen könnte man, jedenfalls wenn die Diskussionen/Antworten gut geführt werden etwas lernen: Nämlich was denn jeweils überhaupt der Kern der Kritik ist und zu welchen programmatischen Schlußfolgerungen der jeweilige Diskutant neigt. Insbesondere zeigt gerade die in der Tat politisch-praktisch reichlich verfrüht geführte Diskussion über die angestrebte sozialistische Gesellschaft, wes Geistes Kind da die einzelnen Fraktionen sind. Ich gebe zu, daß sowas auch schon zu belegen wäre an deren jeweiliger Kritik an den kapitalistischen Verhältnissen und vor allem kein Ersatz dafür sein sollten, nutzlos im Sinne der Klärung der Fronten scheint mir das aber nicht.
    Zudem das Argument „meilenweit weg von jeglicher Realität“ ja so gut wie für alles gilt, was Kommunisten heutzutage so in ihre Agitation und Propaganda packen, nicht nur für die Luxusdebatten wie diese hier wieder.

  5. franziska
    6. Oktober 2013, 19:37 | #5

    @Max: Verzeihung, die Leute BENUTZEN ihre Birne, nicht zu knapp. „Den Leuten aufzuzeigen, dass sie dem Staat den Lohn/die Rente auf Hartz-4-Niveau zu verdanken haben usw.“?
    Ach das wussten die bisher nicht?
    @Neoprene: Kritik ist der Nachweis eines Schadens, der sich, ohne sich einen gleich grossen oder grösseren einzuhandeln, vermeiden lässt. Der Gegensatz zwischen „noch kritisieren“ und „schon nutzlose Utopien entwerfen“ ergibt sich dann meist daraus, dass die Abteilug „möglicher Folge-Schaden“ (gleich gross, also was soll die Mühe, oder noch grösser, also verrückt) nicht thematisiert werden soll. Aber so eine „Kritik“ ist ungefähr in dem Sinn eine, wie ein Luftballon, dem bloss an einer entscheidenden Stelle ein klein bissche Material fehlt – da, wo er ein Loch hat. Aber sonst ist er perfekt.

  6. Mattis
    6. Oktober 2013, 22:23 | #6

    @Max:

    „Was man tun kann: Aufklärerisch wirken …“

    Dann mach das, statt hier mit Denkvorschriften zu nerven.

  7. Bakunin
    7. Oktober 2013, 00:23 | #7

    „Diese betriebsübergreifende Organisation müssen sie aber selbst aus ihren Betrieben heraus schaffen und kontrollieren, wenn sie sich nicht – wie im Realsozialismus – auf die Weisheit einer ihnen übergeordneten volksnützlichen Staatsmacht verlassen wollen.
    Gruss
    Hermann“
    Genosse Hermann meint also, die jetzigen Noch-Lohnknechte, wenn sie denn ihren heutigen Herren Kapitalisten und sonstigen Anteilseignern die Produktionsstätten und Banken, großen Immobilien entreißen, bedürften anschließend keinerlei zunächst staatlicher Organisation zur Leitung und Lenkung der Wirtschaft inmitten der ja dann immer noch vorhandenen bisherigen Besitzer und Reichen (gar noch umgebender immer noch hochgerüsteter imperialistischer Staaten!?, NATO etc…), die sich dann nach ihrer Entmachtung und Enteignung damit ganz einfach, natürlich streng demokratisch ausgehandelt – vielleicht noch mit Blümchen im Haar? 🙂 – abfinden werden, sich dann ebenfalls „erlöst“ fühlen?
    Na, das wird ja ein wirklich heiterer Kindergeburtstag werden!
    Und den Ober-Kindergärtner wird dann wohl ein Jürgen Habermas spielen – bzw. seine heutigen Jünger – mit dem alten abgelutschten 60er Jahre-Schmarrn/Kalauer alias „Herschaftsfreier Diskurs“?
    Oh ja, wirklich erheiternd, das alles!

  8. Nestor
    7. Oktober 2013, 01:45 | #8

    Räte und Selbstverwaltung schön und gut, aber in was für einem Rahmen spielt sich diese Diskussion ab?
    Dergleichen Fragen sind doch wirklich erst an der Tagesordnung, wenn sich eine gesamtgesellschaftliche Veränderung – Revolution – abgespielt hat, die erst einmal den Betrieben ermöglicht, zu entscheiden, was sie eigentlich produzieren wollen, und welche Bedürfnisse sie befriedigen wollen.
    Rüstungsbetriebe müßten umstellen, Konsumgüterbetriebe müßten entscheiden, welche Konsumbedürfnisse sie eigentlich befriedigen wollen, usw.
    Es ist also ziemlich daneben, jenseits des Zwecks, für den produziert wird, über die Organisationdform der Betriebe zu schwatzen.

  9. 7. Oktober 2013, 07:19 | #9

    Umgekehrt Nestor:
    Es ist ziemlich daneben, so zu tun, als ob man über einen gemeinsamen Zweck Einigkeit hätte und hintenrum über die Organisationsform der Betriebe diese Gemeinsamkeit wieder aufzuheben.
    Oder andersrum: Nur wenn man auch die Organisationsform der Wirtschaft angibt, kann man erkennen, um was für Ziele es überhaupt in der angedachten Welt gehen kann.

  10. 7. Oktober 2013, 07:33 | #10

    „Sollen Außenstehende (Fremde) die Betriebe stürmen und sich der Produktionsmittel bemächtigen?“

    Auf diese offensichtlich nur rhetorisch gemeinte Frage von Hermann bin ich geneigt zu antworten: Im Prinzip ja, was sonst:
    Es ist eine wahrscheinlich allzu rosige Sicht auf die angestrebten revolutionären Verhältnisse, wenn man dabei denkt, daß das in jedem Betrieb jeder Region durchgängig mehrheitlich für die revolutionären Arbeiter abgehen wird und konfrontative bis zu gewaltsame Auseinandersetzungen dabei durchgängig vermieden werden könnten.
    Und wo er recht hat, hat Bakunin recht: die revolutionären Arbeiter müßten sich ja noch viel staatsgewaltiger aufstellen, als es „nur“ nötig wäre, die für ein Minimum einer vernünftigen Planwirtschaft noch fehlenden Betriebe auch noch anzuschließen, sie wären ja von „Klassenfeinden“ und deren Staaten umringt und bekämpft.

  11. 7. Oktober 2013, 08:19 | #11

    Nochwas u Nestor:

    „Rüstungsbetriebe müßten umstellen, Konsumgüterbetriebe müßten entscheiden, welche Konsumbedürfnisse sie eigentlich befriedigen wollen.“

    Nein und nochmals nein: Welche Betriebe welche nützlichen oder auch nur notwendigen Sachen (Flugabwehrgeschütze z.B.) herstellen, sollte vernünftigerweise gerade *nicht* den Betrieben überlassen werden, die sowas zufälligerweise im Kapitalismus schon hergestellt haben. Statt dessen sollte es eine Top-Down-Diskussion und Entscheidungen geben, was die revolutionäre Gesellschaft insgesamt braucht/will und dann wird geschaut, wer das wo und wie herstellen kann. Wo man dann Konversion macht, wo man was Neues hinstellt, welche alten Werke man dicht macht, all das sollte sich erst aus einer vernünftigen Gesamtschau ergeben, nicht aus den Entscheidungen einzelner Belegschaften, die auch von anderen Interessen geprägt sein können als einem optimalen Gesamtplan zuzuarbeiten.

  12. earendil
    7. Oktober 2013, 09:15 | #12

    Der Gegensatz zwischen „nur kritisieren“ und „auch Alternativen diskutieren“ ergibt sich daraus, ob man sich auf folgenlose Kritik beschränkt („freischwebende Marxologie“, wie es ein Stalinist mit Tourette-Syndrom mal nannte) oder auch tatsächlich Wege zum Kommunismus beschreiten will. Denn wer sich auf den Weg machen will, braucht ein Ziel. Wer sich hingegen darauf beschränkt zu erklären, was alles an seinem derzeitigen Standort falsch läuft, kann darauf verzichten.
    Es ist eine irrige Annahme, aus der Kritik der Verhältnisse würde sich schon automatisch und naturwüchsig ergeben, was man denn stattdessen will. Denn:
    Erstens, wenn das so wäre, könnte man es ja auch recht einfach benennen.
    Zweitens sieht man ja an Diskussionen wie im „Wählen ist verkehrt“-Thread, dass auch bei geteilter Kritik die Vorstellungen darüber, nach welchen Prinzipien eine kommunistische Gesellschaft organisiert sein sollte, oder ob es für diese überhaupt verbindlicher Organisationsstrukturen und Verfahren bedarf, weit auseinandergehen. (Sicher werden jetzt wieder Leute versucht sein, daraus irgendwelche Differenzen in der Kritik selbst zu basteln, aber das soll mich jetzt nicht kümmern. Bestimmt gibt’s auch in der Hinsicht einige Differenzen, aber für diese Diskussion spielen die tatsächlich keine Rolle.)
    Drittens stimmt die Annahme nur insofern, als sich an die Kritik des Bestehenden automatisch die Frage nach der Alternative anschließt. Die Beschäftigung mit dieser wird aber bekanntlich von GSP-Leuten rundweg abgelehnt, und zwar in einer Weise, die an die Standardfloskel von Politikern bei ihnen nicht genehmen Fragen von Journalisten erinnert: „Diese Frage stellt sich derzeit nicht.“
    Von der Diskussion über Alternativen sind Versuche von Antikommunisten zu unterscheiden, komplette alternative Gesellschaftsmodelle einzufordern, um diese dann als „nicht funktionstüchtig“ (weil nicht „der Menschennatur“, also der jetzigen Gesellschaft, kompatibel) zu verwerfen und somit den Kapitalismus als alternativlos hinzustellen. Dem kann man aber anders begegnen als mit einem allgemeinen Bilder- und Denkverbot.

  13. Mattis
    7. Oktober 2013, 12:36 | #13

    Die Debatten um Alternativen sind doch eine Art Grundlagenforschung. Diese sollte schon ziemlich weit fortgeschritten sein, wenn man deren Ergebnisse dann braucht. Denn ein Sozialismus-Konzept bastelt man nicht rasch innerhalb weniger Jahre zusammen. Außerdem wird das nach 200 Jahren vager sozialistischer Absichtserklärungen und etlichen üblen „Realsozialismen“ langsam mal Zeit.
    Oder soll der Sozialismus ein einziges großes Improvisationskunstwerk werden? Nein danke.

  14. Mattis
    7. Oktober 2013, 12:43 | #14

    „Wo man dann Konversion macht, wo man was Neues hinstellt, welche alten Werke man dicht macht, all das sollte sich erst aus einer vernünftigen Gesamtschau ergeben, nicht aus den Entscheidungen einzelner Belegschaften, die auch von anderen Interessen geprägt sein können als einem optimalen Gesamtplan zuzuarbeiten.“ (Neoprene)

    Vor allem ist im einzelnen Betrieb auch gar nicht die Übersicht über den Gesamt-Bedarf und die insgesamt verfügbaren Ressourcen vorhanden. Sich mit solchen Fragen zielführend zu beschäftigen, können selbst die fleißigsten Arbeiterräte nicht neben ihren betrieblichen Tätigkeiten auch noch leisten.

  15. Bakunin
    7. Oktober 2013, 13:47 | #15

    Ich gestehe, dass ich mit dem Max ein wenig mitfühle, wenn es ihm stinkt, schon heute sich irgend welche Sozialismus- „Modelle“ aus den Fingern saugen zu wollen.
    Und doch, aus meiner ganzen persönlichen Erfahrung mit Kritik am Kapitalismus, dieses Systems, weiss ich, dass immer wieder die Frage einer Alternative kommt, und wenn man sich dann verucht herauszuwinden mit der Feststellung, das wird sich dann schon alles zeigen, ergeben, sinkt man bei den Leuten bald unterhalb derGürtellinie.
    Man kommt also wirklich nicht umhin, wenigstens in groben Umrissen ein wenig das „Danach“ dieses Systems zu skizziren.
    Zweifellos kann ein neurer Sozialismus-Anlauf nicht in einem einzigen „Improvisierungskunstwerk“ enden (Mattis), doch zu improvisieren, Neuversuche wird es eine Menge geben, es ist einfach unmöglich, schon heute und jetzt einen genauen „Bauplan“ zu erstellen.
    Heute sollte zumindest schon mal klargemacht werden, wie zukünftig eine möglichst große Anzahl aller Menschen, die den Sozialismus wirklich wollen, zu seinem Aufbau, seiner Entwicklung und nicht zuletzt auch seiner Verteidigung herangezogen werden können, breiteste demokratische Mitgestaltungsmöglichkeiten ermöglicht werden können.
    Man muss aber auch ganz ehlich sagen und dafür einstehen, wie mit Gegnern, Feinden, unverbesserlichen Anhängern des heutigen Ausbeutersystems zu verfahren ist bei Widerstand, Mord, Sabotage, Verrat etc…
    Ohne eine breit organisierte demokratische Macht wird es zumindest vorerst nicht gehen, es muss sowohl vor als auch nach Beseitigung dieses Systems noch lange weitergekämpft werden müssen gegen eine ganze, zahlenmäßig nicht ganz unbedeutende Menge an Gegnern, offenen und verkappten Feinden, ob im Inland oder Ausland, schädliche Emmigranten und deren Unwesen.
    Diese „Kleinigkeit“ sollte man schon heute nicht ganz übersehen.

  16. Mattis
    7. Oktober 2013, 14:55 | #16

    @Bakunin:

    „es ist einfach unmöglich, schon heute und jetzt einen genauen „Bauplan“ zu erstellen.“

    Alle wesentlichen Anforderungen und Bedingungen sind schon heute klar absehbar, man soll nicht so tun, als würde der Sozialismus auf einem fernen Planeten stattfinden, über den man noch nichts wissen könne.
    Weder die grundlegenden Methoden der sachlichen Produktionsplanung noch die Bedingungen einer nicht-kapitalistischen Ressourcenallokation noch die einzurichtenden Entscheidungsverfahren hängen von der künftigen Anzahl der Menschen, der konkret benötigten Bruttoregistertonnen an Rohstoffen oder vom Klimawandel oder sonstwas ab.
    Alles, was modifizierend oder ergänzend hinzukommen mag, ist überhaupt nur sinnvoll berücksichtigbar auf einem gesicherten Grundverständnis der sozialistischen Architektur. Wenn ich noch nicht mal weiß, wie das aussehen soll – außer einigen netten Sprüchen über Bedürfnisbefriedigung – dann kann ich das auch nicht veränderten Umständen anpassen. Dann mache ich mich wirklich voll abhängig vom Gang der Dinge, bin unter Umständen ungenügend vorbereitet, statt das Neue „mit Wille und Bewusstsein“ anzugehen.
    Daher, was die Unwägbarkeiten betrifft: „Änderungen vorbehalten“ scheint mir dabei die bessere Strategie zu sein als „Erst schaun wir mal, dann sehn wir schon“.

  17. franziska
    7. Oktober 2013, 17:39 | #17

    Ich möchte nochmal drauf hinweisen, dass eine Kritik, die über die Machbarkeit und denkbaren Folgeschäden der Vermeidung, Abschaffung oder Unterlassung des Kritisierten nicht reden will, keine ist, sondern blosse Klage und Anklage. (Das gegen den GSP-Totschläger „wir sind uns in der Kritik nicht einig, wenn du nach Alternativen fragst“). Als gäbe es nicht massenhaft die Erfahrung „vom Regen in die Traufe“ gekommen zu sein, und das in dem Fall noch mit Riesenaufwand.
    Mattis hat leider (im Gegensatz zu earendil, wo immerhin vom Ganzen eines „Weges“ die Rede ist) eine ähnliche Verweigerung artikuliert: vom Übergang muss ich nicht reden, wenn ich nicht weiss, wo ich hinwill. Klingt haubacken vernünftig – aber die ersten groben Merkmale des angezielten Projekts werfen bereits Machbarkeitsfragen auf – wenn sie auf „gesamtgesellschaftlicher Grundlage“ umgesetzt werden sollen.
    Manche Wege sind zusammengesetzt aus erfolgreichen Absolvierungen des „je nächsten (Versuchs)Schrittes“. Ebenso hausbacken.
    Ich halte das „Paradigma“ Revolution für eine auszuschliessende Übergangsform (was zu begründen wäre). Bei dem, was ich für realistisch halte, nämlich dem Zusammenschluss kleiner eigentumsfrei sich reproduzierender Gruppen, stellen sich komplett andere Fragen, als Mattis und earendil sie sich stellen – und zwar auch dann, ja gerade dann, wenn man auf Vergrösserung bis hin zu Vergesellschaftung auf gesellschaftlicher Stufenleiter hinauswill. (Drüben im Wählen-ist-verkehrt“-thread wurden gemeinsame Verarbeitung des Wissens der (wachsenden) Gruppe und Feststellung genuiner Bedürfnisse zu zentralen Problemen des „Wegs“ (und Bedingungen dafür, dass siich jemand überhaupt auf diesen Weg macht) erklärt. In dieser Einschätzung muss man natürlich erstmal übereinstimmen. Aber wenn man es tut, ist die Art-des-Übergangs-Frage nicht mehr so einfach von der Wohin-Frage und der „wovon-mit-welchen-Folgeproblemen-weg“-Frage abzutrennen…)

  18. Mattis
    7. Oktober 2013, 18:32 | #18

    @franziska:

    „Mattis hat leider … artikuliert: vom Übergang muss ich nicht reden, wenn ich nicht weiss, wo ich hinwill. Klingt hausbacken vernünftig – aber die ersten groben Merkmale des angezielten Projekts werfen bereits Machbarkeitsfragen auf – wenn sie auf „gesamtgesellschaftlicher Grundlage“ umgesetzt werden sollen.“

    Wenn mein Ziel nicht machbar erscheint, muss ich mich damit eben auseinandersetzen. Da hilft dann auch nicht das Ausweichen auf einen Weg – der zu etwas führt, was nicht mein Ziel ist.
    Du magst deine Zielvorstellungen zumindest schon soweit fixiert haben, dass du bereits einen Weg bestimmen kannst. Dagegen ist dann formell nichts einzuwenden. – Das ist bei mir aber nicht der Fall, deshalb kann ich nicht sinnvoll über Wege, übergangsformen etc. reden.
    Das hat nichts mit Verweigerung zu tun, es ist auch nicht das Argument, das stünde jetzt (noch) nicht an.

  19. Max
    7. Oktober 2013, 18:48 | #19

    @Franziska:
    „Verzeihung, die Leute BENUTZEN ihre Birne, nicht zu knapp. „Den Leuten aufzuzeigen, dass sie dem Staat den Lohn/die Rente auf Hartz-4-Niveau zu verdanken haben usw.“? Ach das wussten die bisher nicht?“
    Franziska, da hast du aber schon lange nicht mehr mit dem normalen Volk gesprochen. Das Volk denkt, dass wir so eine niedrige Rente haben, weil die Griechen eine hohe Rente haben, die Deutschland zahlt. Die meisten Hartzer wählen ja noch nicht mal die Linkspartei und meinen, die Asylanten kriegen zuviel. Schriftsteller sammeln 60.000 Unterschriften, damit Merkel den Amis das Abhören verbietet. Die Linkspartei meint, die Leute haben zuwenig Kohle, weil die Regierung kein Mindestlohn festlegt. 20 Prozent der Leute wählen nicht, weil sie meinen, der Staat macht eh nichts für sie, wo er doch so viel tun könne.
    @Mattis: „Was man tun kann: Aufklärerisch wirken …“ Dann mach das, statt hier mit Denkvorschriften zu nerven.“
    Ich mach keine Vorschriften, du kannst diskutieren, was du willst. Ich mach vielleicht auch mit, nur die Debatte bringt nichts.
    (a)Bakunin: >>> Und doch, aus meiner ganzen persönlichen Erfahrung mit Kritik am Kapitalismus, dieses Systems, weiss ich, dass immer wieder die Frage einer Alternative kommt, und wenn man sich dann verucht herauszuwinden mit der Feststellung, das wird sich dann schon alles zeigen, ergeben, sinkt man bei den Leuten bald unterhalb der Gürtellinie.>>>
    Die Leute sollen einfach ihrem Egoismus freien Raum lassen, sich nichts gefallen lassen. Das macht der Unternehmer ja auch. er nimmt für sein Produkt den Preis am Markt, den er erzielen kann – ohne Rücksicht auf Verluste. Warum verdient ein popeliger Fluglotse mehr als die Merkel? Warum geht einer, der unter Tage arbeitet, mit 50 in Rente? (Ich kann es euch sagen)
    Lustig ist ja, wenn bei GSP-Vorträgen gefragt wird, wo und wie die Alternative sei, wie denn der GSP den Weg zum Sozialismus aufzeige. Gefragt werden Huisken oder Decker, die gefühlte 100 Vorträge im Jahr halten, wo sie versuchen, falsches Denken auszuräumen.
    Ich habe so manchen Einwand bei GSP-Thesen, aber im Prinzip geht der GSP den richtigen Weg. Den Kapitalismus öffentlich kritisieren. Debatten über den tollen Sozialismus würde ich erst führen, wenn man eine halbwegs kritische Masse erreicht hat. Momentan ist die Zahl der Halbwegs-Durchblicker überschaubar. Weniger als Samstag im St-Pauli-Stadium sind.

  20. cyn0x
    7. Oktober 2013, 23:35 | #20

    Es bringt wenig irgendwelche genauen Organisationsmodelle im luftleeren Raum zu entwickeln, weil das wie schon erwähnt nur die Leute selbst im revolutionären Prozess können. Aber über die Grundstruktur dürfe man sich schon einig werden: Arbeiterkontrolle sowie überbetriebliche Räteähnliche Strukur. Und vor allem sollte man sich anschauen wie so ein Prozess in der Realität aussieht, nämlich in Venezuela! Dort kann man wunderbar beobachten wie sowas abläuft wenn man im praktischen Prozess von Ansätzen der Mitbestimmung und Kooperativen bishin zum aktuellen Fokus zum Aufbau der kommunalen Rätestruktur kommt. Diese übernimmt auch zunehmend ökonomische Funktion und die dortige Bewegung für Arbeiterkontrolle ist weltweit einmalig.
    Die Arbeiten von Dario Azzelli sind hier zu empfehlen: „Diese Art Genossenschaft ist nicht Eigentum der darin arbeitenden GenossenschafterInnen, sondern gesellschaftliches Eigentum unter direkter Verwaltung der Bewohner, in diesen Fällen der gesamten Nachbarschaft.
    Die entscheidet in ihrem Kommunalen Rat darüber, welche Betriebe gebraucht werden, welche Struktur sie haben, wer darin arbeitet und was mit dem erwirtschafteten Überschuss geschieht. (…) Die Diskussionen darüber, welche Genossenschaften es zuerst zu gründen galt und wie ihre Organisationsstruktur aussehen sollte, dauerten mehrere Monate.“
    http://www.azzellini.net/journalistische-artikel/wir-lernen-alle-von-allen
    Daran sieht man auch wie notwendig die Unterstützung der Staatsgewalt bei sowas ist, solange wir noch keine staaten- und klassenlose Weltgesellschaft haben.

  21. Mattis
    8. Oktober 2013, 15:15 | #21

    @cyn0x:

    „Es bringt wenig irgendwelche genauen Organisationsmodelle im luftleeren Raum zu entwickeln, weil das wie schon erwähnt nur die Leute selbst im revolutionären Prozess können.“

    Solches “im revolutionären Prozess” Entstandene hatten wir schon zur Genüge: Sowjetunion, China, Kuba. Wenn vorher mehr „gedankliche Prozesse“ ablaufen würden, käme es vielleicht wirklich mal zu einer sozialistischen Produktionsweise.
    Aber bei der bleibenden Weigerung, die Grundlagen des Sozialismus systematisch zu entwickeln, wird da wohl wieder nichts draus.
    *
    Zu Venezuela gibt es auch weniger euphorische Berichte, z.B. einen kritischen Einblick von Anna Leder, die u.a. schreibt:

    „Aus gewerkschaftlicher Sicht gibt eine Reihe von Gründen, Kooperativen als Mittel zur Arbeitsplatzbeschaffung kritisch gegenüberzustehen: Die EigentümerInnen, d.h. die ArbeiterInnen tragen das volle Risiko für den Betrieb […]
    Das gemeinsame Eigentum ändert auch nichts daran, dass Kollektive den Gesetzen des Marktes unterworfen bleiben und sich in Konkurrenz zueinander befinden. […]
    Konkurrenz ist nicht mit Kollektivität vereinbar, oder anders gesagt, Privateigentum nicht mit Sozialismus.“
    http://www.linksnet.de/de/artikel/21104

  22. cyn0x
    8. Oktober 2013, 19:49 | #22

    @Mattis: Sowjetunion, China, Kuba etc. war leider alles kein demokratischer Prozess und daher von vorn herein zum Scheitern verurteilt. Libertäre Revolutionen gabs nur in der Ukraine & Spanien, diese allerdings in Bürgerkriegszeiten und bald zerschlagen. Ich würde behaupten die ‚bolivarianische Revolution‘ Venezuela ist historisch das erste Mal, dass eine Revolution als Prozess verstanden wird und die alten Institutionen nicht zerschlagen wurden, sondern langsam durch die Schaffung neuer Organisations- und Vermittlungsformen von unten überflüssig gemacht werden. Das ist jedenfalls der normative Anspruch. Klar ist das ein konfliktiver Prozess, aber dennoch bzw. gerade deswegen produktiv. Naheliegenderweise sind nicht alle Bürgermeister glücklich über die Macht der Räte, dennoch geht der Aufbau vorran: Die finanziellen Ressourcen sind bereits größer als jene von Bürgermeistern oder Landeschefs. Seit der Situation, die der Artkel beschreibt von Anfang 2008 hat sich einiges getan. Der Schwerpunkt liegt genau wegen solcher wie der zitierten Kritik nicht mehr auf der Förderung von traditionellen Kooperativen, sondern wie gesagt zunehmend auf den ‚kommunalen Kooperativen‘. Die Arbeiterräte kamen deutlich schlepppender voran, was auch daran liegt dass die Identifikation der Menschen mit der Community deutlich größer ist als mit dem Arbeitsplatz. Es gibt aber seit 2009 den ‚Plan Socialista Guayana‘, der bis 2019 die Umstrukturierung der in Guayana angesiedelten, hauptsächlich staatlichen Schwerindustrie und die Überführung in Arbeiterkontrolle vorsieht. Dieser wurde wesentlich von den Arbeitern ausgearbeitet, wird allerdings immer wieder von Staatsbürokraten und dem dortigen PSUV-Gouverneur blockiert. Kommunale Räte gibt es mittlerweile über 30.000. Die erste Kommune, die nächst höhere Ebene, wurde erst 2012 registriert. Aktuell sind es 1150 Kommunen (Stand 9. sept) und diese Ebene wird wohl nun von Maduro forciert: “The Commune Has to Be the New Economic Power” (Maduro) Ziel ist Überwindung des bürgerlichen Staates zugunsten des ‚estado comunal‘ (kommunaler Staat). Der Vortrag von Peter Decker dazu in 2007 beschreibt ganz gut den Radikalisierungsprozess, blendet aber vollständig die wirklich systemüberwindenden Projekte aus. 2007 waren die zugegebenermaßen auch nur in Ansätzen erkennbar. Eine gute Informationsquelle ist http://venezuelanalysis.com.

  23. Mattis
    9. Oktober 2013, 14:20 | #23

    @cyn0x:

    „Die Arbeiterräte kamen deutlich schlepppender voran, was auch daran liegt dass die Identifikation der Menschen mit der Community deutlich größer ist als mit dem Arbeitsplatz.“

    Mich würde interessieren, wie du das beurteilst, vor allem jetzt im Vergleich zum Eingangs-Statement dieses Threads, wo Hermann ja den betrieblichen Fokus als Basis des Rätesystems bekräftigt hat, u.a. schrieb:

    „Diese betriebsübergreifende Organisation müssen sie aber selbst aus ihren Betrieben heraus schaffen und kontrollieren, wenn sie sich nicht – wie im Realsozialismus – auf die Weisheit einer ihnen übergeordneten volksnützlichen Staatsmacht verlassen wollen.“

  24. Mattis
    9. Oktober 2013, 17:51 | #24

    Mal zurück zum Ausgangsthema.
    Wenn man wie Hermann die Arbeiterräte als diejenigen sieht, die „die Vergesellschaftung der Produktionsmittel durch die Produzenten“ durchführen, dann ist das aber keine gute Begründung dafür, dass sie auch bleibend die Entscheidungsbasis für die gesellschaftliche Organisation sein sollen. Dafür bedarf es eines eigenen, vom Übergangsprozess unabhängig weitergeltenden Arguments.
    Was mir zuerst dazu einfällt, ist die Tatsache, dass Betriebe dynamische Institutionen sind, sie werden gebildet, umstrukturiert, aufgelöst, im Rahmen von produktions-optimierenden Prozessen, die aufgrund des nötigen Überblicks nur von einer Ebene oberhalb der Betriebe verbindlich ausgelöst werden können. Betriebe sollen ja Resultate der Planung sein, und nicht deren Gründe.
    Bei mir regt sich auch Skepsis hinsichtlich der extremen Hierarchisierung, die mit einem betrieblich basierten Rätesystem einhergeht. Man braucht dann viele Ebenen, bis man auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene angelangt ist, von der allein aus der vollständige Überblick über die in der Gesellschaft anfallenden Anforderungen einerseits und Ressourcen andererseits möglich ist, als Bedingung für eine realistische Planung.
    Selbst wenn je 100 Arbeiter nur ein einziger Abgeordneter bestimmt wird, wären das je einer Million Gesellschaftsmitglieder bereits 10 000 Räte, die dann wieder irgendwie nach oben aggregiert werden müssten, bis dann mal eine halbwegs überschaubare Größenordnung erreicht ist. Was rechtfertigt diesen immensen Aufwand?
    So ein riesiges Pyramiden-System ist auch problematisch hinsichtlich des Anspruchs, dass Arbeiterräte ein besserer Garant wären, wirklich den Willen „von unten“ zu repräsentieren im Vergleich z.B. zu einem Parteiensystem. Aber 1 Abgesandter je 100 Arbeiter bedeutet zum einen, wenn er als konkret Beauftragter verstanden sein soll, dass jeder der 100 Arbeiter sich mit allen Themen beschäftigen muss, die zur Befassung anstehen. Das ist m.E. eine völlige Überforderung, die darin enden wird, dass sich die Leute einem Verein anschließen werden, der die Themen „vorverarbeitet“ – am Ende bestimmen dann, ähnlich wie Parteien, dann doch indirekt diese Vereine, was entschieden wird, und nicht einfach, wie man sich das so naiv vorstellt, einfach nur „die Arbeiter der Betriebe“.
    Außerdem bedeutet das Pyramiden-System, da z.B. so ein Beauftragter je 100 Leute zu jedem Thema nur eine Meinung weitergeben kann, dass selbst eine relativ große Opposition bei einem Thema sofort „verschluckt“ wird. Ein Rätesystem ist also, was eventuellen Druck von unten gegen umstrittene Entscheidungen von oben angeht, ein ziemlich untaugliches Mittel, es ist vielmehr das perfekte K.-o.-System gegen Minderheitsmeinungen.

  25. Hermann
    10. Oktober 2013, 21:28 | #25

    @Mattis
    Zu viele Räte, zu viele Ebenen, völlige Überforderung der Arbeiter?
    Wieso eigentlich? Wenn die Produzenten die Produktionsmittel vergesellschaftet haben, um ihren arbeitsteiligen Zusammenhang jenseits vom Markt planmäßig zu organisieren, müssen sie sich nicht selbst mit allen Themen beschäftigen und zigtausend Räte in die zur Planung und Entscheidungsfindung erforderlichen Gremien entsenden. Angefangen im Betrieb delegieren sie ihre Abteilungsleiter/-vertreter, diese wiederum je nach Größe die Bereichsleiter bzw. die Betriebsleitung. Da die einzelnen Betriebe ihren gesellschaftlichen Zusammenhang nicht auf der Grundlage von Betriebseigentum über Märkte, sondern auf der Grundlage von gesellschaftlichen Produktionsmitteln planmäßig organisieren wollen, werden ihre Betriebsleitungen gemeinsam dafür sorgen, dass die zwecks betriebsübergreifender Planung erforderlichen Branchenverbände und sonstigen zentralen Planungsorganisationen gegründet werden bzw. aus den bestehenden Strukturen übernommen werden. Die zentrale Planungsbehörde setzt also nicht die Betriebsleitungen ein, die wiederum die Abteilungsleitungen einsetzen, die wiederum den Produzenten vorschreiben, was zu tun ist, sondern umgekehrt. Die von den Produzenten delegierten Betriebsleitungen beauftragen die erforderlichen betriebsübergreifenden Planungsinstanzen. Wenn dann z.B. eine betriebsübergreifende Planungsinstanz es für den gesellschaftlichen Produktionszusammenhang sinnvoll findet, eine Produktionsstätte zu schließen bzw. sie mit einer anderen zusammenzulegen, kann sie das nicht anweisen, sondern klärt den Sachverhalt zwecks Entscheidung mit den betroffenen Betriebsleitungen, die dies wiederum mit ihrer Belegschaft klären. (An dieser Stelle wären wir bei der Diskussion zu „wählen ist verkehrt“). Sollten die Produzenten mit der Arbeit der zentralen Planungsinstanzen unzufrieden sein und zugleich die Bereitschaft ihrer Betriebsleitungen resp. Abteilungsleiter zur entsprechenden Kritik an den Planungsbehörden vermissen, dann tauschen sie schlicht mit ihren Abteilungsleitungen ihre Betriebsleitungen gegen solche aus, die für die nötige Kritik sorgen.
    Und warum sollen nach der Vergesellschaftung der Produktionsmittel durch die Produzenten die Arbeiterräte bleibend die Entscheidungsbasis für die gesellschaftliche Organisation sein? Nun ja, warum sollten sie die Kontrolle wieder abgeben, wo sie doch so einfach zu haben ist?

  26. franziska
    11. Oktober 2013, 13:45 | #26

    Stimmt, Hermann, einfach ist das schon: wenn wir unzufrieden sind, schicken wir nochmal jemand, der bis dahin noch nicht geschickt worden ist. Sind alle durch, fangen wir von vorne an…
    Was hat das mit dem Problem zu tun, dass unterschiedliche Belegschaften (oh, die sind sich immerhin einig? oder schickt jeder Standpunkt seinen eigenen Vertreter?) unterschiedliche Präferenzen haben?
    Wenn sie denn überhaupt informiert Stellung nehmen.
    Denn: im Sozialismus „müssen sie sich nicht selbst mit allen Themen beschäftigen“.
    Also: Nirgendwo bescheidwissen, auch nicht bescheidwissen SOLLEN (dafür sind andere zuständig, die Belegschaften sind schlissslich fürs Arbeiten da!), aber MOSERN („unzufrieden sein“) dürfen sie schon und sogar das Bestimm-Personal wechseln.
    Die ideale Illustration dessen, was (du liest ja scheint’s mit, Hermann) im thread „Wählen ist verkehrt“ drüben derzeit kritsiert wird.
    —————————
    @Max
    Dem normalen Volk entkommt man sobald nicht, es ist kaum zu vermeiden, dessen Meinungen zur Kenntnis gebracht zu kriegen. Die sind mir so geläufig wie den Normalos die Aktivitäten ihres Staates, vielleicht nicht in allen Details, aber auf die kommts dann auch nicht mehr an.
    Was möchtest du denen erzählen, was die nicht schon wüssten?
    Was FEHLT denn noch?
    Oder… WORAN fehlts?
    Ist eigentlich hier mein Hinweis bemerkt worden, was zu einer ordentlichen Kritik noch gehört, ausser Klagen und Anklagen (naja, darauf kann ich dann auch verzichten)?
    Da ist eine Menge Leute, die allerhand Schlechtes wissen, ja sogar selbst erleben, aber sich dazu weiter keine oder nur wenig durchdachte Urteile bilden. Vielleicht plappern sie auch nach, was ihnen gesagt wird.
    Aber so gut wie alle, die halbwegs nachgedacht haben, halten das, was wir hier erwägen, eigentumsfreie Verhältnisse, auch nur in ganz kleinen Gruppen, für komplett abwegig: Kann nicht funktionieren.
    OK… was sagt du denen, Max?
    Erzähl es uns… am besten drüben im thread „Wählen ist verkehrt“.

  27. Mattis
    12. Oktober 2013, 15:42 | #27

    @Hermann:
    1. Dass die betrieblichen Arbeiterräte zugleich auch als Abgeordnete für die Gesamtheit der öffentlich zu regelnden Themen fungieren sollen, halte ich nicht für sinnvoll. Die meisten der zu behandelnden Themen weisen ja weit über das hinaus, was für einen einzelnen Betrieb spezifisch relevant ist.
    2. Die Arbeiter sollen einerseits den Betrieb am Laufen halten und gleichzeitig sich so ausführlich mit allen Themen befassen, dass sie in der Lage sind, dazu sogar konkrete Weisungen an ihre Abgeordneten zu erteilen. Das ist eine Überforderung; als Folge wird dadurch auch die Abhängigkeit von Experten am Ende mehr gefördert als vermindert.
    3. Wer sagt denn, dass sich in „meinem“ Betrieb überhaupt jemand findet, der für die Vertretung meiner Standpunkte passend ist? Darin sehe ich eine extreme Beschränkung.
    4. Wenn z.B. 30% eine deutliche Änderung wünschen, kommt das auf den oberen Ebenen schon nicht mehr an. Damit werden relevante Kontroversen erst gar nicht in die öffentlichen Gremien getragen.
    5. Es könnte zu unnötigen Dissonanzen in einem Betrieb führen, wenn man z.B. zwar im betrieblichen Ablauf gut zusammenarbeitet, aber über andere Themen Kontroversen aufkommen, die sich ja auch auf die Wahl der Team- und Abteilungsleiter auswirken.
    6. Es ist doch nicht angemessen, eine gut funktionierende Betriebsleitung auszutauschen, nur weil diese vielleicht bei ganz anderen Themen momentan nicht die Position der Belegschaft vertritt.
    Aus all dem Gesagten scheint mir eine Koppelung der „politischen“ Abgeordneten an die Betriebe nicht geeignet, wichtige Aspekte wie Querdenken, Kontroversen und Innovation zu fördern, da neue Ansätze die genannten Hürden nur schwerlich überwinden können. Sollten sich in der Gesellschaft Routine und Betriebsblindheit einschleichen statt der erforderlichen permanten Optimierung der gesellschaftlichen Prozesse, dann dürfte dieses Rätemodell es nicht gerade leicht machen, einen von unten kommenden Willen zur Veränderung transparent nach oben weiterzugeben und die „konservativen“ Kräfte zu öffentlichen Diskussionen zu nötigen.
    Außerdem wird bei alldem die betriebliche Hierarchie unhinterfragt unterstellt.

  28. Hermann
    12. Oktober 2013, 16:37 | #28

    @mattis und franziska
    Alles oder nichts ist die falsche Fragestellung.
     
    Mattis sieht das Problem, dass die Arbeiter völlig überfordert seien, angesichts des vollständigen Überblicks, der als Bedingung für eine realistische Planung erforderlich sei.
     
    „1 Abgesandter je 100 Arbeiter bedeutet zum einen, wenn er als konkret Beauftragter verstanden sein soll, dass jeder der 100 Arbeiter sich mit allen Themen beschäftigen muss, die zur Befassung anstehen.“  
     
    Man könnte hinzufügen, wenn die 99 von 100 nicht ihren Kopf abgeben sollen, dann müssten sogar alle sich mit allen Themen beschäftigen. Ist also kommunistische Selbstverwaltung unmöglich?
     
    Mein Einwand, dass die Produzenten sich nicht selbst mit allen Themen beschäftigen und zigtausend Räte in die zur Planung und Entscheidungsfindung erforderlichen Gremien entsenden müssen, interpretiert franziska folgendermaßen:
     
    „Nirgendwo bescheidwissen, auch nicht bescheidwissen SOLLEN (dafür sind andere zuständig, die Belegschaften sind schliesslich fürs Arbeiten da!), aber MOSERN („unzufrieden sein“) dürfen sie schon und sogar das Bestimm-Personal wechseln.“
     
    Es geht aber gar nicht um alles oder nichts. Kommunistische Selbstverwaltung ist keine Frage der Quantität, sondern der Qualität der Entscheidungen. Im Thread  “ Der Weg zum Konsens im Kommunismus“ hat earendil schon den entscheidenden Hinweis gegeben:
     
    „stellt sich doch die Frage, warum im Kommunismus nicht möglich sein soll, was im Kapitalismus tagtäglich praktiziert wird, nur halt unter anderen Prämissen. Politiker und Wirtschaftskapitäne planen bekanntlich nicht nur dauernd, sie „verwalten“ auch ständig Wissen, also treffen Entscheidungen, die wissenschaftliche Erkenntnisse betreffen oder umsetzen. … Tja, und wie machen diese Wuderknaben und -mädchen das? Indem sie Expertisen einholen, sich von Leuten mit Sachverstand beraten lassen. Die wiederum zum Teil nur das bündeln, was ihnen von anderen zusammengetragen wurde. Warum nun sollten das die Entscheider im Kommunismus nicht auch machen können?
     
    Die Entscheider im Kapitalismus sind ja für gewöhnlich keine wissenschaftlich-technischen Experten, sondern Experten für Kapitalvermehrung bzw. Staatsinteressen, denn das sind die Zwecke, für die hier Entscheidungen getroffen und Wissen verwaltet werden. Im Kommunismus hingegen geht es um Bedürfnisbefriedigung – und wer könnte über die Bedürfnisse der Menschen besser Bescheid wissen als diese selber?“
     
    Im Aufsichtsrat der kapitalistischen Eigentümer geht es auch nicht darum, alle operativen Fragen im Einzelnen zu verstehen und an ihrer Entscheidung mitzuwirken. Dies Aufgaben delegiert der Aufsichtsrat an Personen, denen er hierfür die nötige Qualifikation zutraut und er entzieht ihnen das Mandat, wenn er das Vertrauen verloren hat.
     
    Warum sollen die Produzenten nach der Vergesellschaftung der Produktionsmittel nicht ebenso die operativen Fragen an ihre Betriebsräte in Form von Projekt-, Abteilungs-, bzw. Betriebsleitung delegieren? Als Aufsichtsrat ihres arbeitsteiligen Zusammenhangs lassen sie sich dann auf dieser Grundlage auf ihren Betriebsversammlungen die grundsätzlichen Fragestellungen „ihres“ Betriebes sowie die sie betreffenden betriebsübergreifenden Planungen ihres gesellschaftlichen Zusammenhanges zwecks Klärung und Kontrolle präsentieren und treffen die erforderlichen Entscheidungen. Zugegeben, es ist nicht immer einfach, sich auf die grundsätzlichen Fragestellungen zu beschränken. Fehler werden bei dieser anspruchsvollen Aufgabe gemacht werden, aber mit der zunehmenden Qualifizierung, in die in einer kommunistischen Gesellschaft investiert wird, werden die Produzenten alles andere als überfordert sein.
     
    P.S.
     
    Natürlich ist die Klärung der Sachverhalte die Grundlage für die Entscheidung. Ob sich die Produzenten aber nach eingehender Diskussion zwecks zeitnaher Einigung bezogen auf den zu entscheidenden Sachverhalt auf ein Entscheidungsverfahren einigen wollen, sollen sie doch selbst entscheiden.
    @mattis
    zu deinem zweiten Punkt komme ich noch

  29. 12. Oktober 2013, 16:54 | #29

    „die operativen Fragen“
    von Herrmann und earendil sind dann in der Tat keine groß auszudiskutierenden Sachen, wenn es wie im Kapitalismus um ein klares einheitlich geteiltes Ziel ginge. Hier ist es das Gewinne machen. Das kann man sogar astrein quantifizieren. Da ist mehr immr besser und weniger immer schlecht (vom ewigen Streit zwischen kurzfristiger Gewinnerzielung und langfristigeer Perspektive will ich hier erst mal nicht reden, das zeigt nur, daß selbst so ein auf den erste Blick klares eindeutiges eindimensionales quantifizierbares Ziel im Konkreten immer wieder verschwimmt und nur ex post klar wird, wer es erreicht hat und wer nicht). Von solch einer Lage ist doch aber beim kommunistischen Wirtschaften überhaupt nicht auszugehen.

  30. Mattis
    12. Oktober 2013, 17:43 | #30

    @Hermann:

    „Warum sollen die Produzenten nach der Vergesellschaftung der Produktionsmittel nicht ebenso die operativen Fragen an ihre Betriebsräte in Form von Projekt-, Abteilungs-, bzw. Betriebsleitung delegieren?“

    Da ist mir jetzt nicht ganz klar, was im Rätemodell „delegieren“ eigentlich bedeutet.
    Einmal scheint es so gemeint, dass man sich nicht um die Details kümmern muss, sondern nur einen Standpunkt , eine Richtung vorgibt. In diesem Fall ist das Delegieren offenbar eher wie ein Wählen eines Abgeordneten, dessen Grundsätze ich kenne und dem ich vertraue, diese Grundsätze bei diversen Themen umzusetzen.
    Dann wieder scheint Delegieren zu bedeuten, ich gebe relativ genau den Auftrag, was auf dem nächsthöheren Gremium einzubringen und auch wie zu entscheiden sei. In diesem Fall muss ich natürlich bei den Themen fit sein. Werden auf der Ebene des höheren Gremiums weitere Informationen und Aspekte sichtbar, die evtl. gegen die zunächst mitgegebene Entscheidung sprechen, muss natürlich erst wieder Rücksprache bei den „Auftraggebern“ erfolgen.

  31. earendil
    12. Oktober 2013, 21:13 | #31

    @Neoprene: Klar ist der Erfolg oder Misserfolg von Entscheidungen im Kommunismus nicht in der Weise messbar wie im Kapitalismus. Einige Sachen mögen zwar auch quantitativ darstellbar sein, aber hauptsächlich müssen halt die Leute selber beurteilen, wie gut oder schlecht die beschlossenen Maßnahmen ihre Bedürfnisse erfüllt haben. Einen anderen Maßstab gibt’s ja nicht. Dass der Erfolg dann nicht mehr objektiv messbar ist, bereitet mir nun weniger Kopfschmerzen. Jedenfalls ist mir dieses nicht messbare Kriterium der Bedürfnisbefriedigung lieber als eine pseudorationale Größe wie der Unternehmensgewinn.
    @Mattis: Es wären doch auch Kombinationen denkbar aus beiden Prinzipien, also aus freiem und imperativem Mandat. Also dass Delegierte einerseits für eine bestimmte allgemeine Richtung gewählt werden, andererseits, wenn die Deligierenden das wollen, sie bei bestimmten Sachfragen auf ein Votum festgelegt werden.
    Ansonste frage ich mich, wieviel in Zeiten des Internets überhaupt noch von Räten entschieden werden müsste, gerade was grundsätzlichere Fragen betrifft.
    Aus der anderen Diskussion muss ich mich aus Zeitgründen mal ausklinken; gelegentliche Rückkehr nicht ausgeschlossen.

  32. 12. Oktober 2013, 21:23 | #32

    @ earendil

    „hauptsächlich müssen halt die Leute selber beurteilen, wie gut oder schlecht die beschlossenen Maßnahmen ihre Bedürfnisse erfüllt haben.“

    Das sowieso. Aber erstens dürfte es selbst einzelnen Menschen schwer fallen, ein etwas mehr von diesem gegen ein etwas weniger von was anderem abzuwägen. Und noch schwieriger ist es, daß die Leute ja gar nicht alle das gleiche mehr haben wollen werden, sondern die einen mehr dies und die anderen mehr das. Ist es dann besser, wenn die Leute, die dies haben wollten, befriedigt werden und die, die das haben wollten kriegen eben weniger?

  33. Mattis
    15. Oktober 2013, 20:46 | #33

    Mit den meisten der von mir oben genannten problematischen Aspekte des Rätemodells müssten sich eigentlich auch Kommunalisten und ähnliche Leute befassen, denn der Ansatz, dass sich zig-Tausende von Kommunen vernetzen und sich „nach oben“ aggregieren, um gemeinsame Gremien etc. zu bilden, ist ja dem betrieblichen Rätekonzept in weiten Strecken analog, jedenfalls was das Thema Entscheidungsebenen und Delegation angeht. Aber aus dieser Richtung kenne ich hauptsächlich den Spruch, das würden dann die Betroffenen selber entscheiden (wenn es soweit ist).
    Wenn aber eine Alternative zum Kapitalismus – im Unterschied zu bisherigen Gesellschaftsformen – endlich mal „mit Willen und Bewusstsein“, wie es so schön heißt, geschaffen werden soll, müssten dann nicht „die Betroffenen“ (und wieso sind das eigentlich nicht wir selbst?) sich mal im Vorfeld all diesen Fragen, also den Grundsätzen und Strukturen der Alternative, widmen, statt diese Thematik wie so oft zu verharmlosen, zu verdrängen oder zu vertagen?

  34. Hermann
    16. Oktober 2013, 21:44 | #34

    @mattis
    Wenn die Bevölkerung die Produktionsmittel vergesellschaftet, um jenseits von Ware und Geld ihren gesellschaftlichen Produktionszusammenhang planmäßig zu organisieren, werden sie ihre hierfür erforderliche Organisation von zwei Seiten aufbauen: von der Produktion und von der Konsumtion. Auf der Produktionsseite sind die einzelnen Betriebe der Ausgangspunkt, von dem aus sich die Betriebsräte z. B. in Form der Betriebssprecher im Rahmen ihres Mandats mit den betriebsübergreifenden Planungsorganisationen in Verbindung setzen. Auf der Konsumtionsseite sind die lokalen Wohngebiete der Ausgangspunkt, von dem aus deren Vertreter im Rahmen ihres Mandats mit den bezirksübergreifenden Planungsorganisationen die ihren Vertretungsbereich betreffenden Angelegenheiten regeln. In den föderalistisch nach Themenbereichen organisierten Planungsorganisationen (Energie, Verkehr, Landwirtschaft, …) werden so Produktion und Konsumtion zusammengeführt.
    Die Vorstellung, hier müssten Millionen von Menschen Millionen von Themen miteinander regeln –
    »zig-tausende von Kommunen vernetzen und sich „nach oben“ aggregieren, um gemeinsame Gremien zu bilden«
    »dass die betrieblichen Arbeitsräte zugleich auch als Abgeordnete für die Gesamtheit der öffentlich zu regelnden Themen fungieren sollen, halte ich nicht für sinnvoll.«
    – geht am Inhalt des Regelungsbedarfes vorbei. Wenn z. B. eine Brücke in einem Münchner Vorort gebaut werden soll, ist das allein ein Thema für die betroffenen Bezirks- bzw. Betriebsvertreter mit der zentralen Verkehrsplanung der betreffenden Region. In diesem Sinne lassen sich 99% aller anstehenden Organisationsfragen mit den Vertretern der unmittelbar Betroffenen in kleinen arbeitsfähigen Gremien regeln. Sollte sich dabei keine Einigung im Rahmen des Mandats der Vertreter erzielen lassen, muss seitens der Vertreter der Sachverhalt zwecks Klärung im dem Kreis der Betroffenen erneut zur Diskussion gestellt werden. Und warum sollten sich in einer Gesellschaft, die ihre Produktionsmittel bewusst zum Zwecke ihrer planmäßigen Versorgung in die Hände genommen hat, die wenigen Themen, die alle betreffen, nicht auch gemeinsam klären und entsprechend regeln lassen?

  35. 17. Oktober 2013, 13:39 | #35

    @ Hermann

    „In den föderalistisch nach Themenbereichen organisierten Planungsorganisationen … werden so Produktion und Konsumtion zusammengeführt. … Die Vorstellung, hier müssten Millionen von Menschen Millionen von Themen miteinander regeln, geht am Inhalt des Regelungsbedarfes vorbei.“

    Schon das Beispiel, daß du bringst, eine Brücke irgendwo, widerlegt deine Beruhigungen: Wieso braucht es denn gerade da eine Brücke, die haben die drum herum wohnenden und arbeitenden Menschen doch regelmäßig gar nicht bestellt, das ergab sich doch aus der flächendeckenden Gesamtplanung unter Berücksichtigung der Prioriäten der einzelnen Verkehrsmittel. Und umgekehrt, die zwei Dutzend Baustatikbüros für Autobahnbrücken, die arbeiten doch auch nicht in ihrem Kiez, die Arzneimittelhersteller eines Werkes versorgen doch regelmäßig halbe Staatsgebiete mit ihren Produkten. Es stimmt eben nicht, daß der Abstimmungsbedarf gering sei, „die wenigen Themen, die alle betreffen“, sind regelmäßig doch die vielen Themen, die alle betreffen.

  36. Mattis
    17. Oktober 2013, 20:13 | #36

    Dieses Motiv taucht ja immer wieder in solchen Debatten auf: die Rede von „den Vertretern der unmittelbar Betroffenen“. Aber wie definieren die sich denn in einem Rätemodell? Wer gehört wo dazu, und welche Kompetenz besitzen diese Vertretungen darüber hinaus, dass sie natürlich immer miteinander diskutieren können?

    „Der Betrieb tritt als selbstständige Einheit auf, die selber ihre Verbindungen mit den übrigen Betrieben und Konsumgenossenschaften anbahnt. Dann sind die Produzenten voll verantwortlich.“ (Hermann Lueer, Kapitalismus-Kritik und die Frage nach der Alternative, S. 256)

    Im Buch wird z.B. unterstellt, dass sich die Arbeiter in „ihren“ Betrieben selbstverständlich um die Steigerung ihrer Produktivität „kümmern“ werden, so als ob sie das so isoliert machen könnten, wenn dies z.B. eine neue Maschinenstraße erfordert, die von ganz anderen Betrieben gebaut werden muss. Da mag das Konzept von unten nach oben gehen, aber die Entscheidung und durchgängige parallele Planung (für alle beteiligten Betriebe, verbindlich!) kann dann nur von „oben“ konsistent vorgenommen werden. So verstehe ich jedenfalls eine wirkliche Gesellschaftlichkeit der Produktion, im Unterschied zu einer bloßen Kooperation von selbstständigen Gesellschaftsteilen.
    Etliche Zeilen später werden dann die Konsequenzen solcher „Selbstständigkeit“ deutlich: wenn z.B. ein Betrieb unzufrieden ist mit einem Zulieferer, dann ist eine Option die „Suche nach einem besseren Kooperationspartner“. Das ist m.E. marktwirtschaftliches Denken (wer macht das bessere Angebot)! Sozialistische Ökonomie stelle ich mir dagegen so vor, dass die übergeordnete Planungsebene die Unzufriedenheit aufgreift und untersucht, welche Gründe für die Schwächen beim Zulieferer vorliegen und dann wird über die erforderliche Verbesserung entschieden und zugleich werden auch die nötigen Mittel hierfür disponiert, was wiederum Aufgabe der Planer mit ihrem Überblick über das verfügbare Potential ist.
    Im Buch wird an solchen Punkten jedoch leider Planung durch Zwang ersetzt: bei fortgesetzter Unzufriedenheit mit den Partner-Betrieben kann mit „Einstellung von Liefer- bzw. Abnahmebeziehungen“ Druck ausgeübt werden, um Änderungen durchzusetzen.
    Das wäre m.E. nicht nur sehr hässlich und ließe einiges an Reibungsverlusten erwarten, sondern ist auch irgendwie unsinnig: der Zulieferer arbeitet ja nicht auf eigene Rechnung, macht also keinen Verlust, wenn sein Zeug nicht abgenommen wird, die Arbeiter dort hängen ja wohl nicht vom „Erfolg“ des Betriebes ab. Oder doch? Das wäre dann noch schlimmer. In diesem Falle wären wir wieder mitten in einem marktähnlichen Szenario – eine Variante von „Realsozialismus“.
    Also da besteht dringender Klärungsbedarf!

  37. earendil
    18. Oktober 2013, 08:48 | #37

    Zu den „unmittelbar Betroffenen“: Wenn es um konkrete Sachfragen geht, kann man das teilweise einfach so definieren: Betroffen ist, wer sich dafür interessiert. (Auch das ist nicht immer unproblematisch, aber grundsätzlich imho kein schlechter Ansatz.) Wenn es um dauerhafte Vertretungen wie Räte geht, ist das allerdings nicht mehr ganz so einfach.

  38. 18. Oktober 2013, 10:48 | #38

    Nein, „umittelbar Betroffene“ sind nie nur diejeniegen, wie irgendwas für sich persönlich „interessiert“. Denn es geht ja hier nicht um den Streit, ob man als Gruppe in den nächsten Biergarten oder ins Freilichtkino gehen soll, sondern darum, ob „hier“ z.B. eine Brücke her soll, deren Geländer vielleicht aus Hamburg, der Betonlaster aus der nächsten Mittelsstadt und die Stahlträger per Bahn aus dem nächsten Industrierevier kommen. Da sind also recht unmittelbar Menschen im ganzen Gebiet in der ganzen Wirtschaft betroffen. Und nur deshalb muß man doch überhaupt über solche „Brücken“ reden. Den Kinobesuch machen die paar Freunde eh unter sich aus.

  39. Hermann
    18. Oktober 2013, 11:13 | #39

    @neoprene und mattis
    Bevor wir uns in endlose Debatten über alle denkbaren Details verlieren, schlage ich vor, wir besinnen uns noch einmal darauf, was wir eigentlich klären wollen. Die Frage steht im Raum, ob die Menschen in einer kommunistischen Gesellschaft in der Lage sind, ihre Angelegenheiten untereinander selbstständig zu klären und darüber zu regeln oder ob sie aufgrund der Vielzahl und Komplexität der Themen hierfür eine ihnen übergeordnete Instanz benötigen, die ihnen verbindlich sagt, wo es lang geht. So versteht mattis »jedenfalls eine wirkliche Gesellschaftlichkeit der Produktion, im Unterschied zu einer bloßen Kooperation von selbstständigen Gesellschaftsteilen.«
    Mein erster Hinweis war, dass es auf der Grundlage eines gemeinsamen Zwecks – ähnlich wie bei einem Aufsichtsrat – nicht erforderlich ist, dass sich alle um alle anstehenden Themen kümmern.
    »die Arzneimittelhersteller eines Werkes versorgen doch regelmäßig halbe Staatsgebiete mit ihren Produkten. Es stimmt eben nicht, dass der Abstimmungsbedarf gering sei, „die wenigen Themen, die alle betreffen“, sind regelmäßig doch die vielen Themen, die alle betreffen.«
    Warum sollen – auf der Grundlage der gemeinsamen Kritik am Kapitalismus und der aus dieser Kritik abgeleiteten Organisation der ökonomischen Verhältnisse jenseits von Privateigentum, Ware und Geld – die Arzneimittelhersteller nicht in Abstimmung mit den betriebsübergreifenden Organisationen der Ärzte und Krankenhäuser („Gesundheitsämter“) die Arzneimittelversorgung zum Nutzen der Bevölkerung regeln können? Natürlich ist z. B. bei diversen Infrastrukturmaßnahmen (egal ob Wasser, Energie, Straßen oder Medizin) der flächendeckende Gesamtplan der Ausgangspunkt. Von diesem Ausgangspunkt müssen dann eventuell zu klärende Fragen mit den Vertretern der betroffenen Betriebe und Bezirke diskutiert werden, die diese, falls erforderlich, wiederum mit ihrer Basis klären müssen. Die Regel wird dabei sein, dass die meisten operativen Fragen sich auf der Ebene eines überschaubaren Delegiertenkreise lösen lassen. Nur die wenigen Grundsatzfragen – z. B. Tierversuche bei der Arzneimittelentwicklung, Individualverkehr oder öffentliche Verkehrsmittel, Art der Energieversorgung usw. – müssen in einer ebenfalls auf einzelne Einheiten heruntergebrochenen gesamtgesellschaftlichen Diskussion geklärt werden. Aber wenn die Bevölkerung sich schon selbstständig auf die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die Abschaffung der Märkte verständigen konnte, warum sollte ihnen das nicht auch selbstständig gelingen.
    (zu den darübehinausgehenden Einwänden von mattis komme ich noch)

  40. 18. Oktober 2013, 11:31 | #40

    Hermann, ich glaube nicht, das es hier nur um „Details“ geht, dafür sind die Gräben offensichtlich zu tief und wird zu erbittert gestritten. Es geht immer noch um die Alternative Kommunismus oder Kommunalismus (der eben keiner sein kann).

  41. Mattis
    18. Oktober 2013, 12:32 | #41

    „Die Frage steht im Raum, ob die Menschen in einer kommunistischen Gesellschaft in der Lage sind, ihre Angelegenheiten untereinander selbstständig zu klären und darüber zu regeln oder ob sie aufgrund der Vielzahl und Komplexität der Themen hierfür eine ihnen übergeordnete Instanz benötigen, die ihnen verbindlich sagt, wo es lang geht.“ (Hermann)

    Wenn „Selbstständigkeit“ in Gegensatz gesetzt wird zu einer „übergeordneten Instanz“, dann doch nur, wenn eine übergeordnete Instanz, und sei sie noch so frei gewählt, offenbar nicht als legitimierte Zusammenfassung des Willens der Bevölkerung aufgefasst wird. Wenn man das so sieht, streicht man den Willen der Bevölkerung im Grunde durch, denn er ist dann durch keinerlei Gremium vertreten, welches Dinge gesellschaftsweit verbindlich regeln könnte. Wenn man alles, was „von oben“ bestimmt, ablehnt – selbst wenn dieses „oben“ vorab von „unten“ bestimmt wurde! – dann kann man diese Ablehnung genausogut bereits auf Betriebs- oder Kommuneebene beziehen. Auch dort gibt es schließlich eine Art des „von oben“, nachdem die Räte gewählt worden sind und deren Zusammenkunft Dinge berät und beschließt! Auch bei noch so imperativem Mandat.

    „Aber wenn die Bevölkerung sich schon selbstständig auf die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die Abschaffung der Märkte verständigen konnte, warum sollte ihnen das nicht auch selbstständig gelingen.“

    Wenn sich „die Bevölkerung“ für Vergesellschaftung entscheidet, wird sie eher nicht anschließend ihren Willen komplett an selbstständige Betriebe (oder Kommunen) abgeben, sondern weiterhin die Hoheit über Regelungen behalten wollen, die eben für die Gesellschaft gelten sollen. Sonst ist ihre Selbstständigkeit als Bevölkerung jedenfalls dahin, und der Einfluss des Einzelnen beschränkt sich dann nur noch auf die Kommune oder den Betrieb, dem er angehört.

  42. earendil
    18. Oktober 2013, 15:18 | #42

    @Neoprene: Der Gesamtplan, also wieviel „Mittel“ (Arbeitsaufwand, Material etc.) für Verkehrsinfrastruktur in den Regionen vorgesehen ist, geht natürlich alle was an und muss im übergeordneten Rahmen entschieden werden. Aber ob jetzt an der Stelle oder an jener Stelle in Hamburg ein Brückenneubau erforderlich ist, interessiert doch eine Münchnerin normalerweise nicht. Warum sollte sie dann darüber mitentscheiden? Wäre doch auch praktisch eine völlige Überforderung.
    Oder nimm Mattis‘ Beispiel von drüben mit der Seenutzung. Darüber sollen halt die entscheiden, die sich dafür interessieren.

  43. Hermann
    19. Oktober 2013, 16:38 | #43

    @mattis
    Um ein Missverständnis zu vermeiden: Eine Gesellschaft, die jenseits vom Markt ihren arbeitsteiligen Zusammenhang planmäßig regeln will, kommt natürlich nicht daran vorbei, einen gesellschaftlichen Gesamtwillen herzustellen. Sonst würde ja gar kein arbeitsteiliger Zusammenhang zustande kommen. Es geht also nicht um die Frage ob, sondern wie die Gesellschaftsmitglieder dies bewerkstelligen können.
    »Wenn „Selbstständigkeit“ in Gegensatz gesetzt wird zu einer „übergeordneten Instanz“, dann doch nur, wenn eine übergeordnete Instanz, und sei sie noch so frei gewählt, offenbar nicht als legitimierte Zusammenfassung des Willens der Bevölkerung aufgefasst wird.«
    Genauso hat Stalin das auch gesehen: Die legitime Staatsmacht zum Nutzen des Volkes als Einheit von Volk und Staat. Warum braucht der Wille der Bevölkerung denn eine übergeordnete Instanz, die »Dinge gesellschaftsweit verbindlich regeln könnte.« Sie wollen es doch.
    »Wenn sich „die Bevölkerung“ für Vergesellschaftung entscheidet, wird sie eher nicht anschließend ihren Willen komplett an selbstständige Betriebe (oder Kommunen) abgeben, sondern weiterhin die Hoheit über Regelungen behalten wollen, die eben für die Gesellschaft gelten sollen.«
    Die selbstständigen Betriebe und Kommunen sind doch nichts anderes als die Organisationsformen der Bevölkerung, zum Zweck gemeinsam ihren arbeitsteiligen Zusammenhang zu regeln. Oder wie stellst Du Dir vor, dass »die Bevölkerung« weiterhin die Hoheit über Regelungen behält, die eben für die Gesellschaft gelten sollen. Indem sie ihre Stimme an eine legitime übergeordnete Instanz abgibt?

  44. Mattis
    19. Oktober 2013, 18:22 | #44

    @Hermann:

    „Oder wie stellst Du Dir vor, dass »die Bevölkerung« weiterhin die Hoheit über Regelungen behält, die eben für die Gesellschaft gelten sollen. Indem sie ihre Stimme an eine legitime übergeordnete Instanz abgibt?“

    Wenn du die Bildung einer Vertretung als „Abgeben“ des eigenen Einflusses verstehst, dann würde das, wie ich schon schrieb, auch für die kleineren Einheiten gelten, also auch für Betriebsleitungen bis hinunter zu Teamleitungen. Ist demnach alles Diktatur (dein Stalin-Hinweis), was man nicht unmittelbar selbst entscheidet? Dann wäre Gesellschaft streng genommen unmöglich!
    In diesem Falle wäre doch auch ein Rätemodell nicht ok, oder? Denn auch dort wird nicht jede Entscheidung „oben“ exakt so umgesetzt werden, wie sie „unten“ gewollt wird – allein schon wegen der Unterschiedlichkeit und teilweisen Gegensätzlichkeit des Gewollten, und weil sich auf den oberen Ebenen neue Gesichtspunkte ergeben können und man aus ganz praktischen Gründen wirklich nicht jede einzelne Entscheidung zig-mal hoch- und zur Überarbeitung wieder runterreichen kann.
    Das imperative Mandat sichert ja schon dann keine Weitergabe meines Willens, wenn die Mehrheit einen von mir abweichenden Imperativ vorgibt.
    Noch was zu Stalin: ich wüsste nicht, dass es dort so etwas wie Volksentscheid gegeben hätte, um eine „oben“ getroffene, aber „unten“ partout nicht-gewünschte Entscheidung zu revidieren. So ein Korrektiv ist ja die unverzichtbare Notbremse.
    Im übrigen war es einer meiner Kritikpunkte am Rätemodell, dass es nach oben hin zu viele Ebenen gibt, und daher nur starke Mehrheitsmeinungen überhaupt auf oberer Ebene noch präsent sind. Und eine Handvoll Räte je tausend Arbeiter scheinen mir auch wenig geeignet, deren Position adäquat zu repräsentieren. Durch die Koppelung der Stimmabgabe an die Arbeitssituation kann außerdem ein enormer psychologischer Druck ausgeübt werden, das kommt erschwerend hinzu.

  45. franziska
    23. Oktober 2013, 10:34 | #45

    Ich setze in diesem thread fort, nicht nur, weil der Parallel-thread „Konsensfindung im Kommunismus“ schon so lang ist, sondern weil mir die Problemstellung hier allgemeiner zu sein scheint, insofern hier ausser „Konsensfindung“ die Frage des Übergangs und der Steuerung und Organisation zumindest ansatzweise mit im Blick sind.
    Meine These hierzu lautet, dass diese drei Themen nicht getrennt voneinander behandelt werden können, und alle überhaupt sinnvollen Antworten sich ergeben aus Stellungnahmen zu dem eigentlichen Ausgangsproblem, das dahinter aufscheint: der Verarbeitung von (wachsender) Erfahrung auf „gesellschaftlicher“ Stufenleiter. Im Detail:
    1. Alle bislang hier und im andern thread vertretenen Auffassungen unterstellen einen vergleichsweise plötzlichen (in dem Sinn „revolutionären“; aber nicht notwendig gewaltsamen) „Systemwechsel“ als Ausgangspunkt der behandelten Fragestellungen. Dies „Revolutions“-Paradigma halte ich für völlig unrealistisch. Ich kann nicht erkennen, wie ein einigermassen zurechnungsfähiger Mensch sich dazu entschliessen soll, seine Reproduktion mit andern zusammen bewusst und eigenverantwortlich zu planen und einzurichten, ohne eine Vorstellung zu haben, wie „Planung“ vonstatten gehen könnte und wie das „mit andern zusammen“ zu organisieren wäre.
    2. Alle bislang hier und im andern thread vertretenen Auffassungen unterstellen als einzig zu lösende Aufgabe die dauerhafte Einrichtung einer gemeinsamen Reproduktion auf gegebnem Niveau, die da und dort noch verbessert werden kann. „Fortschritt“ scheint sich in einem nebulösen, eigenartig ungesellschaftlichen und ungeplanten Jenseits abzuspielen (das war schon bei Marx so, da sollte die gewonnene „disposable time“ für solche Zwecke herhalten). Die primäre Aufgabenstelllung unter nicht mehr vormodernen Vorgaben lautet aber: den permanenten Wissenszuwachs und seine technologische und produktive Umsetzung zum Nutzen aller zu organisieren und seine Art und Richtung zu bestimmen.
    Genau darum entsteht auch das Problem der Wissensverarbeitung durch die Einzelnen, die dann in Abstimmung miteinander ihren (Re)Produktions- und Fortschrittsprozess steuern sollen.
    3. Alle bislang hier und im andern thread vertretenen Auffassungen unterstellen, dass die „gemeinsame“ Entscheidungsfindung allenfalls limitiert ist durch konfligierende Vorurteile und Sonderwünsche/interessen/meinungen. Die brauchen zur Konfliktbereinigung entweder Verfahren oder diesen zuvorkommende Erkenntnisse über die wechselseitige Abhängigkeit und nötige Rücksichtnahme, vielleicht auch Entflechtung von einander widersprechenden Nutzungswünschen. Die dazu gehörenden Beispiele wie das vom See (aber auch die doch eben noch überschaubaren eigenen „Betriebe“, wo produziert wird, und „Kommunen“, wo konsumiert wird) offenbaren eine Stellung zur Gesellschaftlichkeit der Produktion und ihrer Zusammenhänge, für die „Froschperspektive“ noch zu hoch gegriffen ist. Und das vor dem Hintergrund, dass in die Entscheidungsprozesse gleich „ganze Bevölkerungen“ eingeschaltet sein sollen. Hier wird deutlich, wo das schlimmste Defizit im Ansatz aller am Streit beteiligten Konzepte liegt: „Entscheiden“ wird im Kern garnicht als rationale Erfahrungsverarbeitung verstanden, die bei allen Vernünftigen, Abgleich der Wissensstände vorausgesetzt, gleich ausfällt (speziell was Abgrenzung von Indifferenz-Zonen der gemeinsamen Praxis betrifft, wo Entscheidungen so oder anders ausfallen können, ohne hinsichtlich des wirklich Wichtigen einen Unterschied zu machen: an denen ist erst recht nichts strittig). Weder wird daher die Erarbeitung der Grundlagen einer kollektiven Wissensverarbeitung (gemeinsame Gesichtspunkte für wichtig und unwichtig) und Verständigtheit darüber für eine Aufgabe gehalten, noch die Masse des unter modernen Vorgaben anfallenden Wissens und seine Verarbeitbarkeit als limitierend, und insofern (womöglich unlösbares) Problem gesehen.
    Es wird von daher vielleicht verständlich, warum zumindest ich mich ausserstande sehe, an Debatten teilzunehmen, die von Voraussetzungen wie den drei genannten ausgehen.

  46. 23. Oktober 2013, 13:31 | #46

    @ franziska:

    „Ich kann nicht erkennen, wie ein einigermassen zurechnungsfähiger Mensch sich dazu entschliessen soll, seine Reproduktion mit andern zusammen bewusst und eigenverantwortlich zu planen und einzurichten, ohne eine Vorstellung zu haben, wie „Planung“ vonstatten gehen könnte und wie das „mit andern zusammen“ zu organisieren wäre.“

    Das sehe ich auch so, andere wollen das partout nicht so sehen und sind deshalb zumindest bei Versuchen, der Vorstellung einen Inhalt zu geben, bewußt raus.

    „Alle bislang hier und im andern thread vertretenen Auffassungen unterstellen als einzig zu lösende Aufgabe die dauerhafte Einrichtung einer gemeinsamen Reproduktion auf gegebnem Niveau, die da und dort noch verbessert werden kann.“

    Nein, nicht alle. Ich glaube eher, daß dann die Diskussionen auch nicht so heftig geführt werden würden, wenn es nur um die Spezifizierung dieses „gegebenen Niveaus“ gehen würde. Gerade wegen der Brüche, der Unwägbarkeiten, des Auseinanderdriften von Projektwegen usw. muß man sich da ja immer wieder gemeinsam Rechenschaft ablegen, wo man jeweils steht und wo man halbwegs „realistisch“ hin könnte.
    Interessant finde ich deinen Skepsis-Punkt:

    Es „wird daher [weder] die Erarbeitung der Grundlagen einer kollektiven Wissensverarbeitung (gemeinsame Gesichtspunkte für wichtig und unwichtig) und Verständigtheit darüber für eine Aufgabe gehalten, noch die Masse des unter modernen Vorgaben anfallenden Wissens und seine Verarbeitbarkeit als limitierend, und insofern (womöglich unlösbares) Problem gesehen.“

    Auch wenn man das nicht gleich als „unlösbar“ ansehen will, ist es doch ein dicker Brocken.
    Über den Punkt kollektiv als „wichtig“ angesehen und kollektiv als darüber hinausgehendes „Unwichtiges“ ist übrigens hier schon mehrfach von unterschiedlichen Diskutanten geredet worden. Blöd ist es doch immer dann, wenn über das Unwichtige hinaus, worüber man wirklich nicht streiten müßte, im Zentralbereich des „Wichtigen“ Streit herrscht. Den kann man doch nicht mit Achselzucken durch winken.

  47. Mattis
    23. Oktober 2013, 14:50 | #47

    @franziska:

    „die Erarbeitung der Grundlagen einer kollektiven Wissensverarbeitung (gemeinsame Gesichtspunkte für wichtig und unwichtig)“

    Ich denke, man kommt da nur voran, indem man für die eigene Sicht, was wichtig und was unwichtig sei, Argumente vorbringt mit der Absicht, andere davon zu überzeugen. Aber vorweg „Grundlagen“ dafür erarbeiten, da scheinst du mir einer methodologischen Illusion aufzusitzen, nämlich unabhängig von den Themen selbst ein allgemeines Raster gewinnen zu können, mit dem man dann die Sortierung in wichtig / unwichtig bewerkstelligen kann.
    Solche Debatten gibt es z.B. als „Wertediskussion“ (rechte wie linke!), wo dann Grundwerte gesucht werden, aus denen man dann Weiteres quasi ableiten kann. Tatsächlich aber kommt man auf diese Weise nur zu relativ großen Abstraktionen wie „gutes Leben“, „Selbstbestimmung“, „Gewaltlosigkeit“ etc., und es ist doch leicht zu beobachten – auch in blogs wie diesem – dass daraus dann eben doch nicht abgeleitet werden kann, wie darauf aufbauend Einzelthemen zu bewerten sind und wie eine Gesellschaft gemessen daran beschaffen sein sollte.

  48. Krim
    23. Oktober 2013, 18:56 | #48

    „Dies „Revolutions“-Paradigma halte ich für völlig unrealistisch.“ „Realistisch“ ist eine wirklich saublöde Kategorie, wie sie die Verwirklichung an dem misst was real, also was verwirklicht ist. Also ist nur das realistisch, was es eh schon gibt. Der Status quo ist also der Maßstab, an dem etwas abgeurteilt wird.
    „wie „Planung“ vonstatten gehen könnte“ Nicht das „Wie“, sondern das „Was“ ist das Wichtige. Das „wie“ ist immer gleich. Man schaut sich nach den Mitteln um den Zweck zu erreichen und setzt diese Mittel dann zweckentsprechend ein.
    „2. Alle bislang hier und im andern thread vertretenen Auffassungen unterstellen als einzig zu lösende Aufgabe die dauerhafte Einrichtung einer gemeinsamen Reproduktion auf gegebnem Niveau,“ Quatsch.
    „Genau darum entsteht auch das Problem der Wissensverarbeitung durch die Einzelnen, die dann in Abstimmung miteinander ihren (Re)Produktions- und Fortschrittsprozess steuern sollen.“ Du denkst dir Probleme aus. Was soll denn schwierig sein an der Wissensverarbeitung durch den Einzelnen?
    „Weder wird daher die Erarbeitung der Grundlagen einer kollektiven Wissensverarbeitung“ Noch so ein Scheinproblem. Für Wissens e r arbeitung braucht man keine Grundlagen erarbeiten, weil das auf methodische Vorschriften für’s Denken rausläuft. Das Denken richtet sich nach dem Gegenstand, den es theoretisch erfassen will. Wissen v e r arbeitung ist ebenso kein Problem. Wenn das Wissen vorhanden ist, dann wird es einfach weitergegeben. Es gibt sogar eine exotische Berufsbzeichnung dafür. Sie nennt sich „Lehrer“.

  49. 23. Oktober 2013, 20:11 | #49

    Krim, sei doch bitte kein Wortklauber: „realistisch“ heißt hier gerade nicht, daß die revolutionäre Zukunft daran blamiert werden soll, daß sie keine kapitalistischen Verhältnisse mehr als Maßstab hat. Es ist doch nun wirklich verbockt, deinen Kritikern vorzuwerfen, daß die nur bornierte Verteidiger des (kapitalistischen) Status Quo seien. Um dich kurz zu zitieren: Das ist „Quatsch“.

  50. Krim
    23. Oktober 2013, 22:22 | #50

    Dann musst du aber „meine Kritiker“ fragen, warum sie „realistisch“ als Maßstab heranziehen (oder das so ausdrücken). Das ist doch ihr Widerspruch und nicht der meinige. Ich meine schon, dass der Status quo als Maßstab in dieser Ausdrucksweise steckt. „Realistisch“ meint doch soviel wie „umsetzbar“ „verwirklichbar“ „realisierbar“. Aber was ist schon realisierbar in der Demokratie. Wenn nicht der Kapitalismus der Maßstab sein soll, dann muss man eben sagen, welcher es ist und ihn nicht unterstellen und gleichzeitig verschweigen. Das ist doch die Leistung dieses blöden Wörtchens. Man tut fürchterlich praktisch ohne sagen zu müssen, was genau in der Realität dem gemachten Vorschlag entgegensteht. Man spart sich die Begründung, weshalb genau etwas nicht verwirklicht werden können soll.

  51. Kim B.
    24. Oktober 2013, 09:19 | #51

    Ich würde das nicht so interpretieren, Krim. Realismus bezieht sich in diesem Fall doch nicht auf einen status quo sondern auf die generelle Denk- und Handlungsweise „einigermassen zurechnungsfähiger“ Menschen bezogen auf einen objektiven Vorgang (Planung gesellschaftlicher Reproduktion). Und es ist auch schon die Begründung dafür geliefert: Bisher kann niemand, außer in ganz groben Zügen, sagen oder beschreiben, wie eine „bewusste, eigenverantwortliche“ Planung nach einer Revolution aussehen könnte. Und ob es von Vorteil sein wird, das nicht fassbare kapitalistische Reproduktionsschema im Prinzip zu übernehmen und lediglich den Rahmen zu ändern, indem man von der unsichtbaren Hand auf Planung umschaltet, dürfte eben von vielen bezweifelt werden.
    Kim

  52. libelle
    24. Oktober 2013, 09:47 | #52

    Planen kann man nur Zwecke, deren Subjekt man tatsächlich ist und über die zu ihrer Verwirklichung nötigen Mittel man tatsächlich verfügt. Alles andere ist Spekulation und die drückt sich auch im Wort „realistisch“ aus. Wenn Franziska die Verwendung von Annahmen Hoffnungen und Befürchtungen beklagt, dann wäre u.U. nicht ganz schlecht selbst davon Abstand zu nehmen.
    Kommunisten können heute überhaupt nichts planen außer vielleicht einer Demo oder ihren Zeitungsverlag.
    Der Kreis hier verfügt nichteinmal über das technische Know How sich über das Planen qualifiziert äußern zu können. In dieser Hinsicht kann man viel von heutigen Unternehmen lernen (die selbstverständlich ihren Zweck planen – aber wie das abstrakt geht, wie man vorgeht, welche Ebenen des Zusammenwirkens zu beachten sind, wie man sich Informationen beschafft und sie einsetzt, dass es gegenstandsabhängig Vorgehensweisen bei der Umsetzung von Zwecken gibt (siehe z.B. sowas wie scrum ), das kann man sich soweit es allgemeine Vorgehensweisen betrifft, die nicht dem Zweck Kapitalverwertung geschuldet sind, bei denen abholen). Planen ist nicht unbedingt einen Zweck und seine Mittel abzustimmen, sondern das ist nur ein Element der Planung. Manchmal ermittelt man den letztendlichen Zweck auch erst bei der Umsetzung des Gebrauchswertes d.h. es wird z.B. allgemein angenommen, dass es z.B. eine bestimmte Software z.B. eine Datensammlung als Grundlage von Planungsentscheidungen braucht und die Erstellung dieser Datensammlung spezifiziert sie erst, weil sich aus ihren Möglichkeiten d.h. dem, was mit ihr geht, wenn Teile davon fertig sind, erst ergibt, wie man sie weiterentwickelt, wie man sie strukturiert etc… Um diesen Prozess zu planen braucht man z.B. nicht nur Abstimmung von Zwecken und Mitteln (bzw. nur bei Teilschritten), sondern man braucht eine Vorgehensweise, die dieser iterativen Entstehung des (End-)Zwecks, des letztendlichen Gebrauchswertes der Datensammlung, Rechung trägt (siehe z.B. scrum im Fall d. Softwareentwicklung).
    Kommunalisten können schon was planen, nämlich ihr kommunales Soziotop. Und da entwickeln sie vielleicht Vorgehensweisen, die auch in einer vernünftigen Gesellschaft Verwendung finden. Ob das so sein wird, kann man, da man nicht vor der Frage steht so eine Gesellschaft zu verwirklichen, nicht sagen und es ist weder sachgerecht, dass die Kommunalisten meinen, sie würden für eine vernünftige Gesellschaft vorarbeiten, noch macht es irgend einen Sinn darüber Gedanken zu verschwenden. Sie müssen eben das planen, was in ihrem Soziotop an gesellschaftlicher Vernunft geht.

  53. franziska
    24. Oktober 2013, 10:43 | #53

    (Der folgende Beitrag war geschrieben vor denjenigen von libelle und Kim, deren Ausführungen ich sinngemäss mit dem folgenden Text, wie ich denke, unterstütze und ergänze.)
    Ich hatte meinen Beitrag oben kurz gehalten, weil es mir nur drum ging, meine eigenen abweichenden Voraussetzungen andeutungsweise zu benennen; ausgeführt habe ich sie nicht (im thread „DKP und grosse Säle“ gab es vor einiger Zeit eine kurze Debatte mit Mattis darüber).
    Der erste Punkt meines Beitrags verweist auf den 2., der auf den 3: Die Aufgabe, eine auf ständigem (aktiv, durch Forschung, vorangetriebenen) Dazulernen auf gesellschaftlicher Stufenleiter beruhende Produktionsweise auf ebensolchem Niveau zu kennen, sie zu gestalten, in ihrem Verlauf zu kontrollieren und Konsequenzen daraus zu ziehen, wirft für den Einzelnen massiv das Problem seiner Leistungsgrenzen auf – nicht nur, was die schiere Masse an (Fach)Information angeht, sondern erst recht, wenn es um deren Übersetzung in produktive Massnahmen und nächste experimentelle Fragestellungen geht. Diese Grenze der Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit ist der Masstab, mit dem die Realisierbarkeit eines unmittelbaren Übergangs (dh. ohne Zwischenschritte) in gemeinsam geplante Reproduktion grösserer Gruppen oder gar ganzer Bevölkerungsteile beurteilt werden sollte.
    Es gibt da die Komponente „gemeinsam“, über die drüben im Konsens-thread gestritten wurde. Die von mir benannte Schranke für „unmittelbare“ Übergänge und Einrichtungen wird genau dann wichtig, wenn man, wie ich (in ähnlicher Weise wie Krim und libelle dort) dieses Problem für lösbar hält, sobald die Beteiligten relevante Erfahrungen teilen, in gleicher Weise vernünftig verarbeiten, und sich darüber verständigen. Genau das läuft mE auf Gemeinsamkeit ihrer Aufmerksamkeitsorganisation (ihres Begriffs- und Kategoriensystems), dh. ihrer Gesichtspunkte für wichtig und unwichtig, hinaus. Alle unvernünftig Operierenden hingegen werden auf „eigenen“ solchen Gesichtspunkten beharren, und erfüllen darumdie für eigentumsfreie Verhältnisse zwischen iihnen nötigen Voraussetzungen (noch) nicht, wie sehr sie sich auch äusserlich den Anschein solcher „sozialistischen“ Verhältnisse aus ihrer Sicht (etwa: Gleichverteilung der Chancen auf Einflussnahme auf den Verlauf gesellschaftlicher Produktionsvorgänge) geben mögen. (Die allermeisten versuchen das erst garnicht.)
    Im DKP-thread wurden von mir weitere Anforderungen, ausser der indivudellen Bewältigbarkeit, genannt, der die gesellschaftliche Planung in einer eigentumsfreien Produzentenassoziation gleich welcher Grösse genügen sollte.
    Sie sollte demnach sein: Auf Dauer…
    – bedürfnisgerecht
    – ökologisch
    – geeignet, Ungleichzeitigkeiten (das Gefälle zu zurückgebliebenen Bevölkerungsteilen) abzubauen.
    Die konkreten „Wertedebatten“ (anders als konkret sind sie garnicht zu führen), die sich mit diesen Anforderungen verbinden, füllen schnell Bücher. Wer sich vom Eigensinn, der ihn konsequenterweise zum Eigentümer-Sein-Wollen zwingt, verabschiedet, steht heute vor diesen Herausforderungen. Und damit vor dem monströs gewucherten Wirrwarr der zeitgenössischen „Expertenkulturen“ – mit ebenfalls all ihrem autoritären, einzig mit medialen, finanziellen, politischen Verfahren ermöglichten Eigensinn. Wir reden dann (natürlich!) über zB Agrarbiologie, Ernährungsphysiologie, grundlegende Fragen der Erforschung (Erforschbarkeit) lebender Systeme; wir reden über die Frage, wie eigentlich „authentische“ („genuine“) Bedürfnisse ermittelt werden (und zwar von ihren „Besitzern“ selber), oder darüber, welche Gemeinschaftsgrössen für welche je eigenständig zu erbringende Reproduktionsleistung nötig und zu ihr befähigt sind; welche Grade und Themen von Verständigtheit unter den Mitgliedern je erreicht sein nüssen; wie eigentlich die Einstellungen der eigentums-orientierten Menschen in der Umgebung zu begreifen sind, und ob überhaupt, und wenn ja, welche rationellen Versuchsverfahren existieren, mit denen sich herausfinden lässt, ob sie davon abzubringen sind. – Mit diesen Fragen bekommen es nach meiner Überzeugung derzeit alle zu tun, die eigentumsfreie Vergesellschaftung anstreben.

  54. Krim
    24. Oktober 2013, 11:02 | #54

    “ ohne eine Vorstellung zu haben, wie „Planung“ vonstatten gehen könnte und wie das „mit andern zusammen“ zu organisieren wäre.“ Man muss nicht wissen wie „Planung“ geht, sondern man muss wissen, was man will. Man bestimmt als Revolutionär also erstmal den Zweck der Revolution, ohne den geht es freilich nicht. Und dann richtet man die Gesellschaft mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zweckentsprechend ein. Dabei werden auch die Zwecke genauer definiert.
    „Der Kreis hier verfügt nichteinmal über das technische Know How sich über das Planen qualifiziert äußern zu können.“ Über „das Planen“ kann man sich notwendig nicht qualifiziert äußern, weil das Planen eben davon abhängt w a s geplant wird. Deshalb gibt es z.B. auch schon im Kapitalismus eine ganze Palette verschiedener Ingenieurswissenschaften und die unterscheiden sich danach was jeweils geplant wird. Es gibt aber keine abstrakte „Planungswissenschaft“ bzw. die gibt es zwar vereinzelt schon, die gehört aber dann in den Bereich der Geisteswissenschaften und ist ein Fehler.
    „Manchmal ermittelt man den letztendlichen Zweck auch erst bei der Umsetzung des Gebrauchswertes“ Das ist richtig, weil ein Gebrauchswert beim Bau und seiner planerischen Vorwegnahme viel genauer definiert werden muss bzw. werden kann, als nur in der kurzen Benennung eines Gebrauchswerts. So kristallisieren sich z.B. verschiedene Typen von Gebrauchswerten heraus, die auf ganz spezifische Verwendungsweisen passen. Letztlich bestimmt eben der fertige Gebrauchswert, wie seine sinnvollste Verwendung aussieht. Klar kann man spezialisierte Gebrauchswerte auch ihrem Zweck entfremden. Für den neuen Zweck passen sie dann aber nicht so gut (es sei den der Gebrauchswert ist abstrakt z.B. man braucht ein Gewicht zum beschweren, da stört es nicht, wenn es aussieht wie ein Elefant), weil sie eben für etwas anderes spezialisiert worden sind. Natürlich gibt es auch Gebrauchswerte ohne spezifische Form, die passen dann für vieles einigermaßen, aber für nichts wirklich gut.

  55. libelle
    24. Oktober 2013, 11:46 | #55

    Also ganz grundsätzlich stimmt, dass es „das Planen“ für alle Fälle nicht gibt, sondern, dass das schon von der Sache abhängt, die verwirklicht werden soll. ABER: praktisch wird dieser Standpunkt immer wieder eingenommen d.h. es werden Planungsmethoden (Berechnungen, Lösungen von Optimierungsaufgaben), Umsetzungsstrategien aus konkreten Fällen abstrahiert, die in völlig disparaten Bereichen einsetzbar sind.
    Diese Abstraktion „das Planen“, die wird tatsächlich (mit Einschränkung) vorgenommen d.h. es bleibt nicht nur die Totalabstraktion übrig, sondern eben eine Methode (wie das oben erwähnte scrum) und Leute mit ganz anderen Zwecken schauen, ob diese Methode für ihren Fall passt.
    Deshalb stimme ich nicht zu, dass Planungswissenschaft keinen Sinn machen kann, sondern man abstrahiert eben je nach Abstraktionsebene Verfahren heraus, die häufig nicht augenfällig sind, wenn man einen konkreten Zweck umsetzen muss.
    Auf der höchsten Abstraktionsebene bleibt dann freilich nicht viel übrig, außer Zwecke und Mittel abzustimmen, sich Informationen verschaffen zu müssen etc…

  56. Krim
    24. Oktober 2013, 12:10 | #56

    „Diese Grenze der Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit ist der Masstab, mit dem die Realisierbarkeit eines unmittelbaren Übergangs (dh. ohne Zwischenschritte) in gemeinsam geplante Reproduktion grösserer Gruppen oder gar ganzer Bevölkerungsteile beurteilt werden sollte.“ Wo da ein Problem liegen soll ist mir schleierhaft. Deshalb gibt es Arbeitsteilung und Spezialisierung. Wenn die Bewältigbarkeit eines Wissensgebietes nicht mehr gegeben ist, muss ein Bereich eben ihn zwei getrennte, aber aufeinander bezogene Wissensgebiete aufgeteilt werden.
    „- bedürfnisgerecht – ökologisch“ Was das „gerecht“ hinterm Bedürfnis sucht, verstehe ich nicht. Ökologie ist ein bürgerlich kapitalistischer Wert, der entsteht, weil das Kapital mit der Natur seine eigene Grundlage ruiniert. Dass die Grundlagen, von denen eine Gesellschaft lebt, erhalten werden ergibt sich also aus der Produktion für den Bedarf und ist kein getrenntes Ziel. Ein getrenntes Ziel muss es nur sein, wenn das Produzieren systematisch die Natur ruiniert.

  57. Krim
    24. Oktober 2013, 12:28 | #57

    Also erstmal scheint es so zu sein, dass scrum hauptsächlich in der Softwarebranche Anwendung findet und auch überhaupt keine Notwendigkeit darstellt. Es gibt auch immer mal wieder so Moden, die dann jeder nachmachen will oder muss, um zu zeigen, dass er auf der Höhe der Zeit vorne mit dabei ist. Dabei garantiert auch scrum nicht die Qualität der Arbeit, sondern weiterhin die Leute, die konkrete Probleme lösen.
    Planungswissenschaft kann es zwar geben als Erforschung wie Planungsprozesse von statten gehen. Als methodische Vorschriften halte ich das aber immer für fragwürdig. Ich halte viel davon, dass auch Planer sich einen Begriff davon machen, was sie eigentlich tun. Denn mitten im Planungsprozess ist es oft schwierig, die nötige Distanz zu gewinnen. Da kann es schon was bringen, einen abstrakten Begriff dessen zu haben, was man tut.

  58. libelle
    24. Oktober 2013, 13:30 | #58

    Nimm‘ mal das Beispiel mit der Datensammlung, also ein DataWarehouse. Steht man vor dem Endprodukt oder einem gewissen fertigen Stadium davon, kann man meinen, dass da jemand hergegangen wäre, einen großen Plan gemacht hätte und das DataWarehouse nach diesem Plan verwirklicht hätte d.h. er hätte Mittel und Zweck planend abgestimmt. Im fertigen Produkt ist der Prozess der Entstehung nämlich ausgelöscht.
    Versucht man das so zu reproduzieren (an anderer Stelle, wo man es zu brauchen meint), ist es sehr wahrscheinlich, dass man damit scheitert, weil man eben bei so einer Berichtsanwendung i.d.R. die Leute erst zu dem führen muss, was sie eigentlich wollen. Man kann da also kein Endprodukt, sondern nur einen iterativen Prozess planen, der Bedürfnisse und Möglichkeiten zusammenbringt. Man weiß die Bedürfnisse (die Zwecke) noch nicht genau, man kennt nicht, was man genau an Hardware braucht, man weiß die Werkzeuge nicht, die sich eigenen usw… Das Einzige ist eine Methode und eine grobe Festlegung.
    Die Methode (“ konkrete Vorstellung des Gebrauchswertes -> Plan -> Realisierung“), die funktioniert da nicht und das ist in ganz vielen Bereichen so. Bei Software sowieso ganz oft.
    Scrum ist eine Form der Arbeitsorganisation, die sehr gut zu der obigen Sachlage passt. Man realisiert ein Projekt, bei dem man noch nicht genau weiß, was es eigentlich ist. Also teilt man alles in kleine Schritte ein, zeigt es periodisch dem Kunden, ermittelt wieder, was der will, übersetzt das wieder in Teilschritte usw… Mir gehts auch nicht so sehr um das, sondern darum, dass man da eine Methode vor sich hat, wie etwas zustandekommt und die steht neben der, einen großen Masterplan zu machen und den sequentiell umzusetzen. Letzteres scheitert ganz oft, weil zu viel über die letztendlich mit der Software zu verwirklichenden Bedürfnisse vorweggenommen wird. Klappen können beide Methoden, sachgerecht ist im oben beschriebenen Fall, dass man iterativ vorgeht.
    Klar – eine Garantie, dass hinten Qualität herauskommt, hat man durch eine Methode nicht, sondern man hat, wenn sie passt ein Regelwerk, das einem die Möglichkeit schafft Qualität zu liefern (d.h. das, was der Abnehmer am Ende will) und sie nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließt, wie im obigen Fall die Masterplan-Methode.

  59. Krim
    24. Oktober 2013, 14:19 | #59

    Das kommt mir wie der Unterschied vor, ob man vom Gesamten zum Einzelnen geht oder das gesamte aus dem Einzelnen entstehen lässt. Der Masterplan präsentiert eine Gesamtvorstellung oder eine Gesamtidee ohne letztendlich zu wissen, ob die einzelnen Teile funktional auch in das Gesamtbild passen. Je mehr die Ausarbeitung von statten geht, desto größer die Möglichkeit, dass sich die Teile am Gesamtbild reiben.
    Geht man umgekehrt vor, besteht die Gefahr, dass Einheitlichkeit verlorengeht bzw. schwer zu erreichen ist. Bei Software ist das jedoch wohl weniger das Problem, weil Benutzeroberflächen, wie das Wort schon sagt, eh bloß Tapeten sind, die mit dem eigentlichen Programm nicht viel zu tun haben.

  60. Mattis
    24. Oktober 2013, 15:21 | #60

    „Über „das Planen“ kann man sich notwendig nicht qualifiziert äußern, weil das Planen eben davon abhängt w a s geplant wird.“ (Krim)

    Merkwürdige Diskussion.
    Das neuartige einer nachkapitalistsichen Gesellschaft ist doch nicht, dass man das Planen der einzelnen Gebrauchswerte (vom Haus bis zur Software) neu denken müsste. Auch nicht, wie man hochkomplexe und umfangreiche Allokations- und Logistik-Probleme löst, das ist alles bekannt.
    Wirklich neu sind doch die Entscheidungswege und -kriterien, mit denen gesellschaftsweite Planung realisiert werden soll. Wer aber darüber nicht reden will (siehe „Konsens“-Thread), braucht sich zum Thema Planungsmethodiken ansonsten auch keinen Kopf zu machen. Das ist dann nur noch Fachsimpelei.

  61. franziska
    24. Oktober 2013, 20:46 | #61

    @ libelle: Zwar bin ich gern bereit, mich korrigieren zu lassen, wo ich dagegen verstosse, grundsätzlich versuche ich aber, dem Prinzip „nur das angehen, wovon man aktuell Subjekt ist (oder vernünftigerweise als nächstes versuchen kann, zu werden)“ ´in all meinen Texten gerecht zu werden.
    @Mattis Die Differenz bzgl. Entscheidungsfindung bei eigentumsfreier Vergesellschaftung handelte davon, ob Entscheidungen im Konsens immer nötig und möglich sind, oder auch durch Regulierung per Verfahren bei fortbestehendem Dissens geregelt werden können oder sollen. Darüber GEREDET haben jedenfalls alle, sonst wär der Konsens-thread ja nicht so lang.
    Und… „nicht, dass man das Planen der einzelnen Gebrauchswerte (vom Haus bis zur Software) neu denken müsste“? Weil das alles, vom „Arbeitsplatz“ über die Agrarwüste bis zu Industriegiften, Verkehrsinfrastruktur, Altenpflege und Bildungseinrichtungen schon so schrecklich bedürfnisgerecht ist (was in der Tat das Ökologische einschliesst, und die Notwendigkeit, sich zu denen zu stellen, die diese Gesichtspunkte nicht für die wichtigsten halten (alle drei Zwecksetzungen laufen bei näherer Betrachtung auf dasselbe hinaus))?
    Allokations- und Logistikprobleme für HEUTIGE Zwecke mögen gelöst sein. Für solche Zwecke bezweifle ich es.
    Spätestens die Probleme der Verständigtheit auf die genannten Prinzipien und Präzisierung ihres Inhalts (alles bloss „methodisch“!?) und des Durchschauens der eigenen Produktionsweise ebenso wie der Gefälle-Beziehung zu den andersdenkenden Bevölkerungsteilen sind nicht gelöst – die WOLLTE nämlich bis jetzt noch niemand lösen.
    Was ich nach wie vor nicht nachvollziehen kann, ist der Gedanke: Ein Grossteil der Bevölkerung entschliesst sich, die gemeinsame Reproduktion und deren Fortschritte eigentumsfrei für alle bedürfnisgerecht zu organisieren. Und DANN fragen diese Leute sich, nachdem sie bis dahin, ausser sich entschliessen, WAS gemacht haben?, was sie planen, wie sie planen, und wie das alles funktioniert?
    Glaub ich nicht. Und wenn sies täten, könnten sies nicht. Nicht (so sage ICH), ohne dann genau die Stadien durchlaufen zu müssen, in genau solchen kleinen Gruppen, wie sie heute schon die zur Eigentumsfreiheit Entschlossenen bilden könnten (sie sind mit einigem Glück und Zusammenlegen ihrer Vermögen und Einkommen, Subjekt davon). Es ist kein Notbehelf, weil die Bevölkerungsmehrheit sich noch zurückhält. Es ist die Grundstufe des Aufbaus einer eigentumsfrei gemeinsam geplanten bedürfnisgerechten (mit allem, was draus folgt) Produktionsweise. Nichtmal im Ansatz bleibt da etwas, wie es war. Eine gegen Natur und Leute nicht destruktive Produktonsweise kann wahrscheinlich auf so gut wie kein derzeit existierendes technisches Verfahren (geschweige denn technologische Strategien von der Art der heute verfolgten: industriellen) zurückgreifen. Und… mit dem Neuerfinden und Neuaufbauen kommt das gemeinsame Durcharbeiten, Durchschauen und Beherrschen-Lernen dieser Produktionsweise. Diese Gesellschaft beherrscht und kennt ihre Produktionsweise nämlich nur so gut, wie JEDES durchschnittliche Mitglied in ihr sie beherrscht und kennt. Das ist das Revolutionäre und umstürzend Neue daran. (Und das kann man dann, wenn man sich der Tragweite bewusst ist, mit dem Mattis-Satz umschreiben: „Wirklich neu sind doch die Entscheidungswege und -kriterien, mit denen gesellschaftsweite Planung realisiert werden soll.“ Und auch Krims Satz macht in DIESEM Kontext Sinn: „Man bestimmt als Revolutionär also erstmal den Zweck der Revolution, ohne den geht es freilich nicht.“ Die formellen Überlegungen zum scrum- oder auch zB forschungsartigen Ineinander von Mittel-Ermittlung (Versuch) und präzisierend/korrigierender Näher-Bestimmung von Versuchszielen lassen zumindest ahnen, dass es mit dieser Näher-Bestimmung nicht gar so schnell vorangehen wird – dass sie eher ein langwieriger Lernprozess von womöglich historisch-epochalen Ausmassen sein könnte. Da die hier Schreibenden freilich derzeit nichtmal im Ansatz geneigt sind, sich die Frage vorzulegen, wie man sich DAS vorstellen muss (im Sinne eines „erstmal Bestimmens“ (und Verstehens), was aus dem genannten „revolutionären Zweck“ eigentlich alles bei näherer Betrachtung folgt (noch vor aller scrum- usw artigen Umsetzung)), versuche ich garnicht erst, Überlegungen zu diesem sich schnell (noch ganz anders, als die Entwürfe für „Entscheidungsverfahren“) verzweigenden Thema hier einzubringen. Wer im Gegensatz zu mir glaubt, mit „Entschluss zu“, „Abschaffen von“, „Aufhören mit“, „Festlegen von“ bzw. dem „Argumentieren dafür“ und Gewinnen weiterer Befürworter sei das Entscheidende oder auch nur Nächst-Anstehende getan (und das ohne sich zB bewusst gemacht zu haben, was einen eigentlich selbst (und andere Seinesgleichen) zu einem solchen Befürworter, Entschluss-Fassenden, Abschaffungs-willigen usw hat werden lassen), wird sein Augenmerk weiter, so wie bisher, ausschliesslich darauf richten.

  62. Mattis
    24. Oktober 2013, 22:35 | #62

    @franziska:
    Du sprichst mir zu sehr in Rätseln. Wenn du deine Position nicht näher bestimmen magst, immer nur sagst, man müsste noch dieses und jenes tun, dann kannst du nicht gleichzeitig sagen, es kommt etwas dabei heraus, was sich von allen bestehenden Ansätzen grundlegend unterscheidet.
    Du enthältst uns also entweder etwas Wesentliches vor, so dass wir deine Position auch bei bestem Willen gar nicht verstehen können, oder aber deine Behauptung – „Nichtmal im Ansatz bleibt da etwas, wie es war“ – ist eher eine Koketterie mit der Negation, denn dann kannst du das ja selbst noch gar nicht wissen, ob denn wirklich kein Stein auf dem anderen bleibt.

  63. libelle
    25. Oktober 2013, 08:08 | #63

    Nochmal zu dem Thema von Franziska: Sie hat meines Erachtens recht damit, dass die Idee, die heutige Gesellschaftsveränderer haben, nämlich das Bewusstsein zu ändern und im Ergebnis einer erfolgreich gestellten Machtfrage zu einer neuen gesellschaftlichen Praxis überzugehen eigentlich kaum funktionieren kann. Das nicht nur wegen der Widersprüche, die Machtfragen so in sich bergen und auf die ich immer insistiere (weshalbman keine stellen sollte), sondern auch, weil überhaupt kein gesellschaftlicher Lernprozess bzgl. eines neuartigen Zusammenlebens stattgefunden hat. Das ist das Gleiche, wie im obigen Beispiel eine Software (z.B. ein DataWarehouse) mit einem Big Bang herstellen zu wollen, also keinen evolutionären Prozess dahin zu beschreiten. Die Möglichkeit, dass das klappt besteht immer, wahrscheinlich ist das nicht, weil man dann Festlegungen über Dinge trifft, die man mangels Erfahrung nicht kennt und darauf wird man im besten Fall durch einen schmerzhaften evolutionären Prozess gestoßen, den man dann beschreiten muss (man muss die Big Bang Software grundsätzlich korrigieren oder im Fall der Revolution eben gesellschaftliche Einrichtungen, die man angedacht hat und die sich für ein Zusammenleben nicht eignen komplett wieder einstampfen). Im zweiten Fall in der Klammer kann man immer sagen: „Ja, dann macht man das eben!“ – zu bedenken ist nur, dass man da über eine Gesellschaft redet, die ihre Ziele nicht verwirklichen kann und das schließt immer das entsprechende Elend ein.
    Deshalb und im Blick darauf ist es m.E. richtig, wenn Franziska darauf insistiert heute kommunale Lebensformen zu entwickeln, sich als Eigentümer aufzugeben und zu schauen, wie weit man damit kommt. Das ist eine grundsätzliche Entscheidung, die jeder mit sich abmachen muss.
    Nur hat Franziska uns Eigentümern da eben etwas voraus d.h. sie hält wegen ihrer Lebenssituation Dinge für wichtig, die einem Eigentümer wie mir nebensächlich sind. D.h. ich halte die Organisation kommunalen Lebens praktisch für mich für irrelevant und das ist auch das, woran Franziskas versuche darüber zu diskutieren fortgesetzt scheitern. Für mich ist lediglich das Faktum wichtig, dass es einen evolutionären Lernprozess braucht, um zu neuen gesellschaftlichen Verhältnissen zu kommen. Den hat es auch für den Kapitalismus gegeben d.h. die Bürger haben ihr Zusammenleben schon in der alten Gesellschaft entwickelt, mit der Revolution es nur auf die Gesellschaft verallgemeinert (eben mit Gewalt, wie das bei ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang als Privateigentümer nur möglich ist).
    Und ich denke der Gedanke erledigt auch nochmals auf seine Art Mattis Problem der Entscheidungsverfahren, weil Mattis eben auch unter Ausklammerung irgend eines Lernprozesses auf der grünen Wiese über Entscheidungsverfahren forschen will. Das ist lächerlich. Ob es überhaupt solche Situationen, wie die von Mattis zur Begründung seiner Verfahrensdiskussion vorgebrachten gibt, muss man eben lernen.

  64. 25. Oktober 2013, 08:45 | #64

    Es sollte eigentlich nicht verwundern, daß die Skepsis bezüglich der Veränderungsstrategie gegenseitig ist:
    Was libelle und franziska anführen an Bedenken über die Umsetzbarkeit einer Big Bang Lösung ist ja nicht von der Hand zu weisen („nicht nur wegen der Widersprüche, die Machtfragen so in sich bergen und auf die ich immer insistiere (weshalbman keine stellen sollte), sondern auch, weil überhaupt kein gesellschaftlicher Lernprozess bzgl. eines neuartigen Zusammenlebens stattgefunden hat“).
    Aber andersrum ist ja auch nicht eitel Sonnenschein:
    Mattis und auch mir scheinen die Kommunalismus-Befürworter überhaupt nicht hinreichend den ebenfalls deformierenden Druck der kapitalistischen Umwelt und der Enge der Inseln zu berücksichtigen. Es ist eben keine Keimform einer sozialistischen Welt, wenn man kommunal im wahrsten Sinn des Wortes kleine (ökologisch korrekte) Brötchen backt. Da kann eben nicht schon „ihr Zusammenleben schon in der alten Gesellschaft entwickelt“ werden, jedenfalls nicht vernünftig.

  65. libelle
    25. Oktober 2013, 11:12 | #65

    Es ist eben keine Keimform einer sozialistischen Welt, wenn man kommunal im wahrsten Sinn des Wortes kleine (ökologisch korrekte) Brötchen backt. Da kann eben nicht schon „ihr Zusammenleben schon in der alten Gesellschaft entwickelt“ werden, jedenfalls nicht vernünftig.

    Man entwickelt soetwas auch nicht als Keimform einer sozialistischen Welt bzw. würde man einen Fehler machen, wenn man es täte. Die kommunale Lebensform muss für die Beteiligten a) Konsequenz ihrer Kritik z.B. am Privateigentum sein und als das b) ihnen heute die Gewissheit geben etwas für die eigenen Bedürfnisse getan zu haben, indem man sich auf diese Art organisiert hat.
    Und dann schielt man auch nicht auf den „Sozialismus“, sondern trachtet danach auf der Grundlage der an der Gesellschaft gewonnenen Kritik das eigene Leben zu verbessern. Auf diese Art wird man die tatsächliche Schranke, die der Kapitalismus für kommunale Organisation ist schon feststellen und man kann anhand dieser Feststellungen das Projekt neu ausrichten und evaluieren.
    edit: Das Gleiche gilt für „Entscheidungen“, die langweilige Diskussion „groß“ vs. „klein“ usw…. Dafür muss man praktische Lösungen finden, die sich mit dem eigenen Projekt vertragen.

  66. franziska
    25. Oktober 2013, 11:28 | #66

    Dem Beitrag von libelle schliesse ich mich natürlich an.
    Ich bin froh, dass jetzt, wenigstens vorübergehend mal, der Blickwinkel etwas geweitet ist und der Zusammenhang aus
    (1) Kapitalismus-Ablehnung/Kritik, damit einhergehend Befürwortung von Vergesellschaftung auf Basis gemeinsam geplanter, beschlossener, realisierter und kontrollierter eigentumsfreier, bedürfnis-orientierter (Re)Produktion
    (2) Kooperation/Konsensfindung,
    (3) Koordination (Steuerung, Planung), und, womöglich auch noch
    (4) der zu wählenden technologischen Strategie ins Auge gefasst wird.
    Es ergibt sich da eine Stufenreihe aus Positionen, worin einer der je nächstfolgenden Punkte nach dem ersten (in dem alle Positionen grundsätzlich, wenn auch nicht im Detail übereinstimmen) ENTWEDER
    (a) für ein zwar vordringlich anzugehendes Problem gehalten wird, dessen Lösung aber nicht Bedingung für eine eigentumsfreie Produzenten-Assoziation im engeren Sinne ist („daran muss es doch nicht scheitern“), sondern IN ihr angegangen werden kann und muss; ODER ABER
    (b) dessen Lösung und Lösbarkeit unerlässlich erscheint für Zustandekommen und Kriterium ist für das Bestehen einer solchen Assoziation, die ihren Namen verdient („doch, daran würde es scheitern, aber es ist ja möglich und auch höchst nötig“), ODER GAR
    (c) dessen Lösbarkeit an die erfolgreiche Bewältigung des nächsten Punktes der Reihe geknüpft ist („geht garnicht ohne…“). (Falls diese Position, wie etwa von mir, im bezug auf den Punkt (4) eingenommen wird, wäre eine bislang nicht erwähnte weitere Aufgabe (5) zu unterstellen, an deren Bewältigung die Lösung aller anderen Probleme geknüpft ist.)
    Gemeinsam ist den hier diskutierten Positionen wohl, dass sie von vorneherein (und dann „revolutions-artig“) oder auf Dauer („evolutionär“) eine unbeschränkt-gesamtgesellschaftliche Vergesellschaftungsform auf der jeweils befürworteten Grundlage für nötig und wünschenswert halten.
    (Das steht im Gegensatz zu libertären und anarchistischen Positionen im engeren Sinn, die ein solches Ausmass an Vergesellschaftung entweder nicht für möglich oder auch nur für wünschenswert halten. Stattdessen befürworten sie Eigentums- und gewaltfreie Vergesellschaftung kleiner Subsistenz-fähiger Gruppen und Beschränkung ihres Zusammenhangs auf ein Minimum oder spontan und themengebunden sich ergebende freiwillige Zusammenschlüsse oder Tausch- und Lieferbeziehungen.)
    Man könnte, wenn man unbedingt wollte,
    (i) die mutmasslich von Mattis und earendil, wohl auch Hermann, hier vertretene Position (2)(a) „(verfahrens-)kollektivistisch“ zu nennen;
    (ii) die mutmasslich von Krim und Hans, eventuell auch Neoprene vertretene (2)(b/c)+(3)(a) „(konsens-)kollektivistisch“
    (iii) die mutmasslich von libelle und Kim B. (sowie anderen Teilnehmern des http://www.marx-forum.de vertretene (2)(b/c)+(3)(b) „kommunalistisch“;
    (iv) die mutmasslich von einer Teilnehmerin des Marx-Forums (Wat) (2)(b/c)+(3)(b/c)+(4)(a) „radikal-kommunalistisch“
    (v) die hier derzeit von niemand vertretene (2,3)(b/c)+(4)(b) „radikal-ökologisch“,
    (vi) die von mir vertretene (2,3)(c)+(4(c)…. könnte, aus historischen Gründen, einen Namen („radikal-feministisch“) bekommen, der aber ohne weitere Erläuterung irreführend ist.
    An dieser Liste ist, gleich wie berechtigt oder fragwürdig die Untergliederung oder Zuschreibungen im einzelnen sein mögen, aus meiner Sicht bemerkenswert:
    Dass die späteren Positionen je einen Anspruch auf eine Art „höheres“ Problembewusstsein erheben, der von den je voraufgehenden bestritten bzw. für unangemessen gehalten wird angesichts der Dringlichkeit eines Übergangs weg von kapitalistischen Verhältnissen. Aber ein wirklicher praktischer GEGENSATZ müsste damit nicht verbunden sein: Die Gruppe der Träger der je nächst-„anspruchsvolleren“ Position könnte im Binnenverhältnis ihre Vergesellschaftungsform ausbilden, im Aussenverhältnis aber (durch ihre Mitglieder) Teil der weniger ambitionierten Assoziation bleiben. Ein grosser Anteil von „Konsens-Kollektivisten“ könnte eine „verfahrens-kollektivistische“ Assoziation, wenn dieser Konsens nicht auf Selbsttäuschung beruht, nur stabilisieren – freilich müsste sich der behauptete Binnen-Konsens auch in der (aus verfahrens-kollektivistischer Sicht) „freieren“ Wahl-Atmosphäre des grösseren Kollektivs bewähren. Für die radikaleren Standpunkte der Art (b) oder (c) ergäbe sich die Notwendigkeit, aber auch Chance, ihre Gründe für eine „strengere“ Handhabung der Anforderungen entlang des Erfahrungsverlaufs mit Vergesellschaftung auf dem je nächst-„laxeren“ Vergesellschaftungsniveau zu illustrieren.
    (Etwas ähnliches könnte man sich denken für die Koexistenz eines eigentumsfrei vergesellschafteten Sektors mit der umgebende Restgesellschaft.)
    All das wäre vielleicht sogar erwägenswert, wenn dem nicht von vorneherein die bisher ungebrochene Weigerung aller Nicht-Radikal-Kommunalisten im Weg stünde, sich ohne eine angemessene Ausgangsgrösse – möglichst auf gesamtgesellschaftlichem Niveau – auf Teilnahme an einer Assoziation ihres Vergesellschaftungsniveaus garnicht erst einlassen zu wollen.
    Dem ist libelles Gedanke entgegenzuhalten, dass bislang wenig von seiten der Vertreter von „Gross-Lösungen“ zur Frage vorgelegt wurde, welche spontanen Lernprozesse und/oder Agitation sie sich vorstellen, um zu angemessenen Kollektiv-Grössen oder gar Bevölkerungsmehrheiten zu kommen. Libelles These, dass man nicht Subjekt fremden Lernens, oder einer Einflussnahme im Sinn von „Agitation“ ist, wurde bislang kaum erörtert, erst recht nicht die Konsequenz besprochen. So gross scheint dann der Druck auch wieder nicht zu sein. Oder seine Quelle ist eben immer noch nicht richtig begriffen. Oder er ist noch immer nicht gross genug (um ihm zu entgehen, oder ihn sich mal richtig erklären zu wollen)…?
    @Mattis Du kennst von früher und vom Marx-Forum die von mir vertretenen Ansätze: Eigentumsfreie Kollektive sollten (in dieser Reihenfolge) lernen, Produktion bzw. Reproduktion ihrer Nahrung, ihrer Behausungen, ihrer Haushalts- und wichtigsten Arbeitsmittel, vielleicht noch der von ihnen genutzten Energie, mit lokal vorhandenen Mitteln zur Not komplett autark, in jedem Falle weitestgehend eigenständig technisch zu beherrschen und stabil und robust einzurichten. Ob oder ob nicht auch alle zur Eigentumsfreiheit Entschlossenen in ihrem Kreis (oder dem von Unterstützern ihres Projekts) die nötigen (finanziellen) Mittel finden, um sich auf diesem Niveau einzurichten, bleibt abzuwarten. Nach meiner Erfahrung ist nicht die Finanzierung, sondern sind Mangel an Entschlossenheit, Konsensfähigkeit, und geeigneten technischen Verfahren (nicht an Kompetenz; die Verfahren sind oft einfach nicht entwickelt genug*)) in den genannten Bereichen die limitierenden Faktoren.
    *) Beispiel Nahrungsmittel: Die Verfahren für eine mineraldünger- und Viehwirtschafts-unabhängige, also rein pflanzliche Düngung (va Humusbildung durch Mulchen und Gründüngung), sowohl für grossflächige Landwirtschaft als auch für Selbstversorger mit tendenziell kleineren Flächen, sind derzeit erst im Entwicklungs- und Erprobungsstadium. Ohne diese Schlüssel-Komponente sind alle weiterführenden Anbaustrategien von der Art der Permakultur und andere renaturierende Kulturformen derzeit nicht dauerhaft umsetzbar.
    Beispiel Bauökologie: Für viele industrielle, also Kunststoff-basierte Werkstoffe (zB wasserabweisende Folien/ Textilien) oder Geräte für Neubau und Renovierung gibt es noch keinen wirklich brauchbaren ökologischen Ersatz – bzw. keinen solchen, der sich reibungslos in eine Selbstversorger-Produktionsweise integrieren lässt (wie zB Hanf-Anbau, Strohgewinnung).

  67. 25. Oktober 2013, 11:55 | #67

    Normalerweise ist mir hier ja nicht zum Lachen zumute, bei libelles Schlußsatz hingegen schon:

    „Auf diese Art wird man die tatsächlichen Schranke, die der Kapitalismus für kommunale Organisation ist schon feststellen und man kann anhand dieser Feststellungen das Projekt neu ausrichten und evaluieren.“

    Da kann ich nur unschuldig fragen: Was für Schranken haben denn diese kommunalen Lebensformer bisher festgestellt? Welche „Neuausrichtungen“ hat es denn daraufhin schon gegeben? Was hat denn die „Evaluierung“ ergeben, Daumen hoch oder Daumen runter?

  68. Krim
    25. Oktober 2013, 13:57 | #68

    „die Bürger haben ihr Zusammenleben schon in der alten Gesellschaft entwickelt“ Der Unterschied ist bloß, dass dieses Zusammenleben von der feudalen Herrschaft nach Kräften gefördert wurde, weil es die Möglichkeit gab diese neue Art des Wirtschaftens auszunutzen. Und dass die bürgerliche Wirtschaftsweise einmal als förderlich für die Herrschaft wahrgenommen, diese praktisch von selbst ihre feudale Grundlage aufgelöst hat. Das alles ist im Verhältnis Kapitalismus, sagen wir, Kommunalismus nicht so.
    Zudem ist es blöd über einen Big Bang zu reden, der beileibe alles andere als in Sicht ist und wäre er in Sicht, wäre ich dafür ihn zu machen und nicht kleinklein erstmal was anderes – (Kommunalismus) statt Kommunismus.
    „Man entwickelt so etwas auch nicht als Keimform einer sozialistischen Welt bzw. würde man einen Fehler machen, wenn man es täte. Die kommunale Lebensform muss für die Beteiligten a) Konsequenz ihrer Kritik z.B. am Privateigentum sein und als das b) ihnen heute die Gewissheit geben etwas für die eigenen Bedürfnisse getan zu haben, indem man sich auf diese Art organisiert hat.“
    Die Frage ist eben, ob es die richtige Konsequenz ist, denn du gibst ja zu, dass es nicht die Keimform von Sozialismus wäre. Solche Kommunen gab es übrigens schon zu Engels Zeiten http://www.mlwerke.de/me/me02/me02_521.htm. Sachlich gesehen ist es lediglich eine mögliche Form von Reproduktionsgemeinschaft im Kapitalismus und das bleibt sie auch, wenn die Kommunarden bloß ihre eigenen Probleme wälzen und nicht agitatorisch gegen den Kapitalismus unterwegs sind. Kommunismus geht eben bloß über die Kritik des Kapitalismus. Alles was man sich ausdenkt. Big Bang oder Kommunalismus haben Agitation zur Vorausseztung, wenn Kommunismus das Ziel bleiben soll. Über die Big Revolution braucht man gar nicht zu reden, solange die Situation so bleibt, dass fast alle Eigentümer bleiben wollen.
    „Und dann schielt man auch nicht auf den „Sozialismus“, sondern trachtet danach auf der Grundlage der an der Gesellschaft gewonnenen Kritik das eigene Leben zu verbessern.“ Wie „das Leben verbessern“ im Kapitalismus eben so geht. Die Barbarei des Kapitalismus bleibt in der Welt und das Projekt Kommunismus ist aufgegeben.
    “ Auf diese Art wird man die tatsächliche Schranke, die der Kapitalismus für kommunale Organisation ist schon feststellen und man kann anhand dieser Feststellungen das Projekt neu ausrichten und evaluieren.“ Als würde man diese Schranke nicht kennen und müsste eine „tatsächliche Schranke“ erst noch ermitteln. Die Schranke ist das Privateigentum und sein Zweck Vermehrung.
    „Dem ist libelles Gedanke entgegenzuhalten, dass bislang wenig von seiten der Vertreter von „Gross-Lösungen“ zur Frage vorgelegt wurde, welche spontanen Lernprozesse und/oder Agitation sie sich vorstellen, um zu angemessenen Kollektiv-Grössen oder gar Bevölkerungsmehrheiten zu kommen.“ Das wäre ja wirklich witzig, wenn es nicht ernst gemeint wäre. Soweit mir bekannt ist, sind die Vertreter der „Gross-Lösung“ z.B. GSP überhaupt die Einzigen, die Agitation in nennenswertem Umfang betreiben und so schon praktizieren, was hier gefordert wird, nämlich versuchen zu Kollektiv-Grössen und Bevölkerungsmehrheiten zu kommen. Während die Franziska-Libelle-Fraktion zugegebenermaßen bloß noch ihren Kommunalismus im eigenen Saft betreibt und andere daran misst, was sie zu ihm beitragen (wollen). Wenn das nicht interessiert und ideologisch gedacht ist.
    „Libelles These, dass man nicht Subjekt fremden Lernens, oder einer Einflussnahme im Sinn von „Agitation“ ist, wurde bislang kaum erörtert, erst recht nicht die Konsequenz besprochen.“ Doch die wurde schon zur Genüge erörtert. Sie läuft nämlich drauf raus der Agitation gegen den Kapitalismus vorzuwerfen, dass sie die Überzeugung des kritisierten Gegenübers nicht garantieren kann, was ja auch niemand behauptet hat. Daraus, dass man also andere nicht manipulieren kann und sie mit Argumenten nicht nach der eigenen Pfeife tanzen lassen kann, als wären Argumente ein Gewalt- und Machtmittel, soll man schließen, dass Agitation kein Mittel ist und es deshalb lassen. Das passt zu Leuten die kommunalistisch ihren Frieden mit dem Kapitalismus schließen wollen und die auf der Welt bloß noch das Interesse ihrer Kommune kennen wollen.
    „Beispiel Bauökologie: Für viele industrielle, also Kunststoff-basierte Werkstoffe (z.B. wasserabweisende Folien/ Textilien) oder Geräte für Neubau und Renovierung gibt es noch keinen wirklich brauchbaren ökologischen Ersatz – bzw. keinen solchen, der sich reibungslos in eine Selbstversorger-Produktionsweise integrieren lässt (wie zB Hanf-Anbau, Strohgewinnung).“ Ihr habt Probleme: Sehe ich das richtig, dass du dir ein Gewissen draus machst, dass der Akkuschrauber teilweise aus Plastik besteht. Alternative Baustoff ohne Kunststoff gibt es durchaus. Sind bloß nicht billig und auch nicht selbst ohne weiteres herstellbar. Das sind Luxusleiden.

  69. Mattis
    25. Oktober 2013, 15:51 | #69

    @franziska:

    „Dem Beitrag von libelle schliesse ich mich natürlich an.“

    Es gibt aber einen fundamentalen Gegensatz zwischen dir und libelle. Libelle vertritt ausdrücklich eine Nicht-Strategie, d.h. dabei wird nur befürwortet, im Rahmen des Jetzigen so konkurrenzfrei zu leben, wie es möglich ist, und zwar ausschließlich um des Nutzens im Hier und Jetzt willen. Ob daraus überhaupt ein Übergang sonstwohin wird, ist damit nicht nur nicht behauptet, sondern ist ausdrücklich nicht die Intention.
    In der Tat gibt es ja in jeder Gesellschaft einzelne radikale Neuansätze, aus denen dann nichts weiter folgt, als dass es sie eben mal gegeben haben wird. Allerdings ist libelle nicht konsequent, denn sonst wäre die volle Konzentration der Kräfte auf die sofortige praktische Inangriffnahme eines solchen Projekts angesagt und eine Teilnahme an Theorie-Debatten wie dieser hier völlig sinnlos. Insofern lugt da halt doch eine Art von Strategie durch die Ritzen.
    Und während du übers Radikal-Ökologische sogar noch hinausgehende Vorstellungen hast, erinnere ich mich an libelles Einwand, man müsse doch fragen, woher so ein ökologischer Standpunkt eigentlich kommt (das fragt man so nicht, wenn man den ok findet).
    *
    Nun aber zu deinem Punkt ökologischer Kreislauf und Bauökologie: erstens entfällt für mich nicht das Bemühen um eine neue Gesellschaftsordnung, nur weil nicht schon wichtige ökologische Fragen gelöst sind. Es tauchen ja unter Umständen auch neue Fragen auf, also wann ist man denn dann endlich ausreichend wissend, um anzufangen? (auch das übrigens ein Gegensatz zu libelles Ansatz)
    Ich sehe in einer vernünftigen Industrieanwendung eher die Möglichkeit, dass man in der Bemeisterung des Stofflichen (Ersetzung problematischer Materialien, echtes Recycling etc.) weiterkommt. Baustoffe aus organischem Material sind z.B nicht unbedingt die beste Lösung, das Organische wird ja als Nahrungsmittel benötigt. Um dem Geheimnis der Stoffe und ihrer Umsetzbarkeit und Ersetzbarkeit näherzukommen, braucht man m.E. leistungsfähige Labors und eine entsprechende Verfahrenstechnik.
    Eine Gesellschaft, die schon mal die Ausbeutung überwunden hat, scheint mir nach wie vor die beste Voraussetzung dafür zu sein, auf solchen Wissensgebieten zielgerichtet Fortschritte zu machen. Und wem es dann noch nicht ökologisch genug zugeht – das könnte durchaus auch mich selber betreffen – der muss halt weiter Überzeugungsarbeit leisten, so ist das halt.
    *
    Da war noch die Frage des „Lernens“ angesprochen, man müsse das Neue doch einüben. Einerseits ist klar, dass eine neue Gesellschaft kein „Prototyp“, also Experimentierfeld sein darf. Meine ständige Rede gegen die Improvisationskünstler! Daher ja das Bemühen, vorauszudenken. Dass man nicht alles und jedes voraussehen kann, ist natürlich auch klar. Aber das Grundgerüst – die Architektur, wie ich es nenne – muss halt schon tragfähig sein. Solange noch soviele offene Grundsatzfragen im Raum stehen – siehe meine Einwände weiter oben in Sachen Rätemodell – ist da eben Klärungsbedarf. (Manche dieser Fragen würden genauso auch dem Kommune-Ansatz gelten und sind dort bislang ebensowenig gelöst worden, also ist die Kommune-Erfahrung dafür nicht der heiße Tipp. Mein Fazit dazu im marx-forum)
    Wenn eine Mehrheit für eine konkurrenzfreie Ökonomie gewonnen ist, dann schaut man, dass man das hinbekommt, und da ist es mir in solchem Moment sekundär, ob diese Leute dann auch alle wirklich konsequente Ökos sind oder ob da noch Christen oder Esoteriker darunter sind etc. – so einen Purismus halte ich in dieser Hinsicht für einen luxuriösen Standpunkt. Wenn sie kein Konkurrieren mehr wollen, dann ist der entscheidende „Lernschritt“ schon mal erfolgt – warum sollten sie dann erst noch in die Schule einer Kommune gehen? Um dort z.B. eine Kooperation zu üben, die am Ende dann – in großem gesellschaftlichen Maßstab – wahrscheinlich doch wieder völlig neu gedacht werden muss? So ein allmählich wachsender Kommune-Verbund würde sich dann in ein paar Jahrzehnten die Fragen stellen müssen, die ich bereits heute für klärungsbedürftig halte.
    Zumal sich so ein Kommune-Leben gar nicht wirklich aus der Konkurrenz ausklammern kann. Erfahrung diesbezüglich gibts genug, seit Jahrzehnten tausende von Ansätzen, siehe z.B. Gisela Notz, Theorien alternativen Wirtschaftens. Doch, franziska, die Finanzen sind ein erheblicher Faktor, wenn man nicht allzu ärmlich leben will, und die meisten wollten das auf Dauer eben nicht, und es wurde ihnen auch persönlich zu eng, an den Ort und die Leute einer Kommune gebunden zu sein.
    Meine Position ist auch nicht zwingend eine Big-Bang-Lösung, nur weil ich jetzt den Kommune-Ansatz nicht teile! Ich spreche über Zielkonzepte, nicht über Übergänge. Ist man sich im Ziel einig – im Wesentlichen – dann erst kann man den Übergang diskutieren.

  70. franziska
    26. Oktober 2013, 11:12 | #70

    @Neoprene
    Es gibt kein „bisher“ und keine Traditionen. Libelle sprach von zukünftigen Erfahrungen, die abzuwarten sind.
    @Krim
    “ Das alles ist im Verhältnis Kapitalismus, sagen wir, Kommunalismus nicht so.“ Da irrst du dich gewaltig. Ein kommunistischer Sektor (wie sehr in sich differenziert, s.o,) ist dem bürgerlichen Rest der Gesellschaft in jeder erdenklichen Hinsicht voraus und überlegen. Erstaunlich, wie wenig selbst Linke der Eigentumsfreiheit zutrauen.
    „wäre er (der Big Bang) in Sicht, wäre ich dafür ihn zu machen und nicht kleinklein erstmal was anderes – (Kommunalismus) statt Kommunismus.“ Wäre der Bigbang in Sicht, würden ihn die Leute da draussen machen. Dass wir hier schreiben, hat damit zu tun, dass er eben nicht in Sicht ist, und seinem Herbeiagitiertwerdenkönnen womöglich (das wäre zu diskutieren) gewichtige Hindernisse entgegensetzt.
    Zurecht sagst du:
    „Big Bang oder Kommunalismus haben Agitation zur Vorausseztung, wenn Kommunismus das Ziel bleiben soll.“ – In meiner Liste taucht dieser Punkt auf in der etwas kyrptischen Formulierung: der eigentumsfreie Zustand müsse sein „auf Dauer geeignet, Ungleichzeitigkeit bzw. Gefälle zur Restbevölkerung zu beseitigen (soweit man darauf Einfluss hat)“.
    Ich habs sogar (meiner Überzeugung entsprechend) derart zugespitzt, dass ich sage: „Bedürfnisgerecht ökologisch agitatorisch“ sind garnicht verschiedene Zielsetzungen, die irgendwie gegeneinander prioritär verfolgt werden könnten, sondern sie werden entweder alle zugleich in ein und derselben, auf sie ausgerichteten Praxis verfolgt, oder alle zugleidh verfehlt.
    Dir ist die Hauptstossrichtung zB der renaturierenden Agrartechniken wahrscheinlich noch nicht bekannt: Sie sind ausgerichtet darauf, nachdem sie eingerichtet sind, massiv Arbeit (Energie, Material, komplizierte Maschinerie und Geräte) zu sparen und dennoch Überfluss zu erzeugen. Sogar die von dir per Engels angeführten Shaker könnten da als Beispiel dienen: Wären sie Linke gewesen, hätten sie alle Zeit der Welt für Agitation gehabt. Genau darauf stellen bedürfnisgerechte also ökologische Produktionsweisen ab. Sie laufen unter dem Titel „raffiniertes low tech“. (Akkuschrauber sind gut und schön, und wie kann man Holz bequem noch verbinden? Das sind jedenfalls andre als Gewissensfragen – Luxus schon eher. Für schlaues Produzieren ist eben nichts (derzeit industriell Verfügbares) gut genug…)
    „Die Barbarei des Kapitalismus bleibt in der Welt und das Projekt Kommunismus ist aufgegeben.“ Nur weil libelle zur Vorsicht mahnt, wenns um „Planbarkeit“ und „Herstellbarkeit“ (alternativ: „Abschaffbarkeit“) sozialer Verhältnisse gehen soll? Bloss, weil man sich klarmacht, dass dies „Projekt“ allenfalls als „das beim derzeitigen Wissensstand nachweislich richtigste Experiment unter allen, die man machen kann“ verstanden werden kann, gibt man es auf?
    „Als würde man diese Schranke nicht kennen und müsste eine „tatsächliche Schranke“ erst noch ermitteln.“ Schranke wofür? Wo (immerhin) Kommunalismus „herrscht“, ist das Privateigentum zuende. Herauszufinden ist, mit welchen Widerständen der kollektivistische Gesellschaftssektor vonseiten der Restgesellschaft rechnen muss. Libelle empfiehlt, die Gewaltkonkurrenz einzustellen. Kollektivismus ist äusserlich in bürgerlichen Rechtsformen durchführbar. Das Mass des Widerstands gegen ein solches Experiment ist dann keineswegs im vorhinein abschätzbar. Warum sollte eine solche Bewegung nicht auf Sympathie stossen? Vor allem, wenn sie TATSÄCHLICH, was aus meiner Warte leider derzeit nicht der Fall ist, sich als theoretisch und praktisch dem Bestehenden überlegen erweist?
    Die „franziska-libelle-Fraktion“ besteht „zugegebenermaßen“ im Moment aus 2 untereinander kaum verständigten Mitgliedern.
    „soll man schließen, dass Agitation kein Mittel ist“: Soll man nicht. Sondern sie analysieren und sich (VORDRINGLICH) drüber verständigen. ZB die Frage: Fällt sie mit dem Vortrag der „Kritik“ zusammen? REICHT die bisherige minimale „Übereinstimmung in der Kritik“ überhaupt aus für eine gemeinsame Agitation! Antwort: nein natürlich nicht! Die Divergenzen zwischen den diversen „Fraktionen“, wie oben unterschieden, weisen selbstverstüändlich zurück auf Unterschiede in der Theorie also Kritik von Kapitalismus und der sinnvollerweise daraus zu ziehenden praktischen Konsequenz. Angesichts solcher Differenzen wie zwischen Verfahrens- und Konsens-Kollektivisten wäre aus meiner Sicht sogar AUF DER STELLE die Frage fällig: Wo liegt der Unterschied im Befund, der in solche Differenzen führt? Angesichts der ständig aufbrechenden theoretischen Unklarheit wäre es für alle Beteiligte angebracht, überschüssige Energie in Analysearbeit zu stecken statt in Polemik.
    zu Mattis später.

  71. franziska
    26. Oktober 2013, 14:06 | #71

    @Mattis
    Der Gegensatz zu libelle besteht nicht. Ich spreche nur die freche Behauptung unverblümt aus, die libelle implizit vorgetragen hat, und spitze es zu: Jetzt und hier mit allen vorfindlichen Mitteln, die einem zu Gebote stehen (um das mit dem Nicht-Subjektsein also Nichtkönnen mal positiv zu wenden) mit der bedüefnisgerechten (usw) Produktionsweise anzufangen, IST die einzig korrekte „Strategie“ (Projekt, Experiment),, die/das man zum Kommunismusaufbau alias Kapitalismusabschaffung realisieren kann.
    In diesem Experiment, wie ich es vorschlage zu machen, ist das der Vermittlung (mein Ausdruck für das vormalige „Agitation“) jederzeit einbegriffen.
    ((Anm. Und wenn es nicht das einzige wäre, so wäre es doch nützlich, sich unter Linken nach Kräften zu helfen und zu unterstützen. Um Freiräume zu schaffen, damit die fortbestehenden Gegensätze bearbeitet werden können.))
    Durch die Ritzen lugt bei libelle ganz was andres: Ein Mangel an vollständiger Überzeugtheit von der Richtigkeit des Satzes. Er ist ja auch bloss ein zurückgebliebener Kommunalist. Da fehlts halt am nötigsten. – Das ist nicht nur witzig gemeint. Libelle bezeichnet sich als quasi immer noch mit Eigentümer-Einstellungen behaftet, und kommt nicht zur eigentumsfreien Praxis (zu der sind alle hier Schreibenden herzlich eingeladen). Darf man mal fragen, was die andern so alles „praktisch“ unternehmen? Hier sich verständigen und privat drüber nchdenken füllt ja schon ziemlich aus (vor allem, wenn man noch arbeiten muss nebenher). Da fällt libelle nicht aus dem Rahmen. Und… der GSP, diese Wahnsinns-Agitationsmaschine? Da möcht ich mal fragen, ob jeder, der SAGT, was er tut sei Agitation, darum schon recht hat. Vielleicht ists beim GSP grad umgekehrt wie bei libelles Kommune, wo man womöglich auf die ständige Proklamation der INTENTION verzichtet, und es stattdessen als Teil der Lebenspraxis (wo es hingehört) einfach MACHT.
    Libelles Ökologie-Einschätzung bezog sich auf Umweltengagement, das in einem in bürgerlichen Verhältnissen unlösbaren Konflikt borniert auf EINE Seite tritt, statt den Grund dafür, dass so ein Konflikt überhaupt entsteht, anzugehen.
    Zur Technologie. Dazu könnten schnell 50 oder 100 neue threads entstehen.
    Nicht-Natur-zerstörende Anbauweisen sind extensiv. Das gilt auch für den Anbau von pflanzlichen Rohstoffen für Nichtnahrungszwecke. Wahrscheinlich ist das unter allen Umständen unvereinbar mit heutigen Bevölkerungszahlen. Angesichts der massiven Zerstörung von Anbaufläche und der ebenso massiven Regenrationsbedürftigkeit der noch vorhandenen geht es nicht mehr um „Luxusziele“. Bei Fortsetzung der heutigen Agrarverfahren steht längst die Ernährung selbst auf dem Spiel. Nicht, dass es gleich zu flächendeckenden Ausfällen kommt; der Produktionsaufwand steigt bloss immer weiter – Lebensmittel werden immer teurer.
    Die technologische „Architektur“ der globalisierten Industriegesellschaften ist auf Ressourcen-Verschwendung, Abfall-Ausstoss und eine insgesamt extrem aufwendige Technologie hin ausgelegt. Dazuhin weist sie versteckte Schwächen auf, sie ist in ungeheuer vielen Produktlinien abhängig gemacht von wenigen Rohprodukten sowie aufwendiger Transportlogistik (die aus politisch gewollt unrealistisch kalkulierten Kostenkalkulationen entsteht). Insgesamt ist diese Architektur anfällig für weiträumige, schwer reparierbare Zusammenbrüche nach vergleichsweise geringfügigen Schadereignissen und Einwirkungen an „strategisch“ entscheidenen Knotenpunkten.
    Eine dezentral, regional, robust, energie- und rohstoffeffizient aufgestellte unabhängige kollektivistische Produktionsweise auf Basis einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion, praktiziert von einem kollektivistischen Sektor inmitten der hoch-riskant operierenden Marktumgebung wird sehr bald schon als überlegne Wirtschaftsform empfunden und nachgeahmt werden. Bloss, dass den bürgerlichen Nachahmern die kooperativen Sozialressourcen fehlen werden, um mitzuhalten. Von der Lebensweise der Produzenten im kollektivistischen Sektor, ihrem durchweg überdurchschnittlichen Ausbildungs- und Bildungsniveau sowie ihrer allgegenwärtigen Lernbereitschaft und Experimentierfreude, ihren überlegenen Umgangsformen mit den Aussenstehenden ganz zu schweigen.
    Die restlichen Punkte deines Textes, Mattis, führen zurück auf die internen theoretischen Auseinandersetzungen. Auch dir möchte ich die Frage stellen, welche Einschätzungen eigentlich hinter der Erwartung stehen, es könnte sich eine „eine Mehrheit für eine konkurrenzfreie Ökonomie“ gewinnen lassen. Gibts da überhaupt irgendwelche Überlegungen zur Frage, was diesem Gewinnen im Wege stehen könnte, oder worauf die Resistenz der Menschen mit Willen zum Eigentum beruht? Was gibt es da eigentlich mehr als die ewige Betonung des einen Gesichtspunktes: dass eine solche Mehrheit und ein solches Gewinnen MÖGLICH (genauer gesagt, nicht unmöglich, aus einem derzeit bekannten Grund) wäre?
    Ich teile diese Voraussetzung nicht. Ich halte die heutigen Linksradikalen für – immer noch höchst unvollkommene, sehr am Anfang stehende – Produkte von unbeabsichtigtem historischem Lernen (oder historischer Erfahrung). Die Untersuchung und begrifflich-kategoriale Durchleuchtung der Gründe der Stabilität vor-kollektivistischer Vergesellschaftungskonzepte in den Köpfen von Bevölkerung und speziell „alternativen“ Kreisen halte ich für ein Schlüsselthema. Das ist nämlich vorausgesetzt, um die Frage zu beantworten, was versucht werden könnte, um die historischen Lernprozesse für weitere Bevlkerungskreise beschleunigt ablaufen zu alssen. aber dazu muss man sie erstmal begriffen haben.
    Wenn dieser mein Befund anders als eurer ausfällt, muss man darüber genauer diskutieren (ob hier oder privat oder anderswo, will ich nicht entscheiden).
    Aber nicht mich ständig angreifen dafür, dass dann natürlich andere Experimente (Strategien, Projekte) zu befürworten sind, als wenn die Tatsachen sich anders verhalten als mein (dann falscher) Befund. Absichten oder Wünsche („du willst es nicht soundso, du willst nicht wahrhaben dass…“) spielen dabei keine Rolle. Also kann man sich die polemisch-hypothetische Dauerthematisierung solcher zu unterstellender Motive sparen.

  72. Krim
    26. Oktober 2013, 14:10 | #72

    „Ein kommunistischer Sektor (wie sehr in sich differenziert, s.o,) ist dem bürgerlichen Rest der Gesellschaft in jeder erdenklichen Hinsicht voraus und überlegen.“Darüber habe ich doch gar nicht geredet. Geredet habe ich über das Verhältnis, das der bürgerliche Staat zum Kommunalismus einnimmt und dieses Verhältnis ist eben nicht vergleichbar mit der ursprünglichen Akkumulation z.B. in Deutschland, wo auf alle erdenkliche Art und Weise das Bürgertum vom Staat gefördert wurde. Werdet ihr etwa vom Staat gefördert? Zweitens ist nicht abzusehen, dass ihr durch eure Tätigkeit die kapitalistische Grundlage auflöst. Gut dafür ist es vielleicht noch ein bischen früh, aber trotzdem bin ich da eher skeptisch.
    „und seinem Herbeiagitiertwerdenkönnen womöglich (das wäre zu diskutieren) gewichtige Hindernisse entgegensetzt.“ Ja, klar. Bei sich selbst gibt man zu, dass Argumente was gebracht haben, sonst wäre man kein Kommunist geworden. Aber bei anderen soll das prinzipiell nicht gehen, jedenfalls soll irgendwas unausgesprochenes dagegen stehen.
    „Dir ist die Hauptstoßrichtung z.B. der renaturierenden Agrartechniken wahrscheinlich noch nicht bekannt“ Bei euch oder überhaupt. Neulich habe ich einen Bericht gesehen, wo sie den Wert von Niedermooren ausgerechnet haben. Das geht so, dass sie die von einem Moor nicht freigesetzte Menge an CO2 oder Methan mit der Schadenssumme multiplizieren, die dieses Treibhausgas wenn freigesetzt verursachen würde. Und dann darf man wohl nicht ganz übersehen, dass nicht jeder zu Renaturierung einfach in der Lage ist. Um ein ehemaliges Niedermoor wieder zu fluten muss man die Fläche nämlich erstmal besitzen. Da muss man also finanziell ganz schön potent sein, um sowas zu tun.
    „Sogar die von dir per Engels angeführten Shaker könnten da als Beispiel dienen: Wären sie Linke gewesen, hätten sie alle Zeit der Welt für Agitation gehabt.“ Du musst auch ein bißchen zwischen den Zeilen lesen. Mag schon sein, dass die nicht ganz arm waren. Nicht vergessen aber, sie hatten Gönner, die sie am Anfang (auf Kredit) mit ner Menge Land versorgt haben. Zweitens steht da auch, dass sie arbeitsam waren und von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang gearbeitet haben. Zeit für Agitation wäre nicht geblieben. Dritten vergleichen die Besucher mit dem kapitalistischen Elend und wundern sich dann, dass es denen vergleichsweise gut geht. Bloß weil es ihnen relativ gut ging, sich zu fragen warum sie überhaupt noch arbeiten, sieht nicht, dass der Wohlstand durch ihre Arbeit entsteht und es wäre schnell damit vorbei, wenn keine Arbeit mehr verrichtet würde.
    „(Akkuschrauber sind gut und schön, und wie kann man Holz bequem noch verbinden?“ Was denn? Soll man Zapfen schnitzen, damit man das Plastik im Akkuschrauber vermeidet. Das s i n d Gewissensfragen, sonst würde man gar nicht auf die Idee kommen den Akkuschrauber zu ersetzen.
    “ Bloss, weil man sich klarmacht, dass dies „Projekt“ allenfalls als „das beim derzeitigen Wissensstand nachweislich richtigste Experiment unter allen, die man machen kann“ verstanden werden kann, gibt man es auf?“ Verstehe ich nicht.
    “ Wo (immerhin) Kommunalismus „herrscht“, ist das Privateigentum zuende.“ Blödsinn. Als könne man sich ohne Produktionsmittel einfach entschließen Kommunalismus zu machen und als bliebe man nicht, selbst wenn es gelingt auf den Kapitalismus angewiesen. Ihr seid eben nicht autark im Kapitalismus und wenn ihr das nicht seid, dann braucht ihr Geld und um Geld zu verdienen, müsst ihr mit den kapitalistischen Warenproduzenten konkurrieren.
    „Libelle empfiehlt, die Gewaltkonkurrenz einzustellen.“ Libelle ist auch ein verhetzer Spinner. Als hätte es eine Gewaltkonkurrenz jemals auch nur ansatzweise gegeben. Das ist doch ne dicke Lüge. Du hast es gar nicht in der Hand, wann der bürgerliche Staat mit welchen linken Ansätzen wann schlussmachen will. Und ihr täuscht euch, wenn ihr glaubt, mit Kommunalismus wäret ihr sicher vor dem Staat. Ob man dem eine Gewaltkonkurrenz anträgt oder nicht, interessiert den überhaupt nicht. Wenn er zu dem Schluss gelangt, dass ihr nicht in die demokratische Republik passt, dann ist es aus mit eurem Experiment.
    „Das Mass des Widerstands gegen ein solches Experiment ist dann keineswegs im vorhinein abschätzbar.“ Das ist es nie. „Warum sollte eine solche Bewegung nicht auf Sympathie stossen?“ Weil sie das Eigentum abschaffen will, die bürgerliche Gesellschaft, das Kapital, den bürgerlichen Staat.
    “ Vor allem, wenn sie TATSÄCHLICH, was aus meiner Warte leider derzeit nicht der Fall ist, sich als theoretisch und praktisch dem Bestehenden überlegen erweist?“ Du willst Sympathie wegen des Erfolgs. Dann kannst du dich auch nicht beklagen, wenn dir Antipathie wegen des Misserfolgs entgegengebracht wird.
    „REICHT die bisherige minimale „Übereinstimmung in der Kritik“ überhaupt aus für eine gemeinsame Agitation!“ Die Frage ist doch nicht, ob die Gemeinsamkeit ausreicht, wenn Libelle überhaupt bestreitet, dass Agitation ein Mittel ist.

  73. Krim
    26. Oktober 2013, 14:18 | #73

    „In diesem Experiment, wie ich es vorschlage zu machen, ist das der Vermittlung (mein Ausdruck für das vormalige „Agitation“) jederzeit einbegriffen.“ Vermittlung ist was ganz anderes. Die Frage ist doch: wofür gehst du agitieren? Da glaube ich dir schlicht nicht, dass du interesselos gegen den Kapitalismus agitierst, wie man auch an deinen Beiträgen studieren kann. Dir geht es doch allein darum für den Kommunalismus zu agitieren und das ist eben ein anderes Projekt, das mit Kommunismus auf gesellschaftlicher Stufenleiter nicht allzuviel zu tun hat. z.B. hier: und kommt nicht zur eigentumsfreien Praxis (zu der sind alle hier Schreibenden herzlich eingeladen).
    „Da möcht ich mal fragen, ob jeder, der SAGT, was er tut sei Agitation, darum schon recht hat. Vielleicht ists beim GSP grad umgekehrt wie bei libelles Kommune, wo man womöglich auf die ständige Proklamation der INTENTION verzichtet, und es stattdessen als Teil der Lebenspraxis (wo es hingehört) einfach MACHT.“ Ja, klar,so wird es sein. Diejenigen, die es wollen, können es nicht, und diejenigen die es nicht wollen tun es und können es.
    „Nicht-Natur-zerstörende Anbauweisen sind extensiv.“ Auch Quatsch. Dann ist eben das Naturbild ein verkehrtes.
    „Eine dezentral, regional, robust, energie- und rohstoffeffizient aufgestellte unabhängige kollektivistische Produktionsweise auf Basis einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion, praktiziert von einem kollektivistischen Sektor inmitten der hoch-riskant operierenden Marktumgebung wird sehr bald schon als überlegne Wirtschaftsform empfunden und nachgeahmt werden.“ Amen. Und schon verdunkelt sich die Kristallkugel wieder.
    „Von der Lebensweise der Produzenten im kollektivistischen Sektor, ihrem durchweg überdurchschnittlichen Ausbildungs- und Bildungsniveau sowie ihrer allgegenwärtigen Lernbereitschaft und Experimentierfreude, ihren überlegenen Umgangsformen mit den Aussenstehenden ganz zu schweigen.“ Kommunalisten sind halt einfach die besseren Menschen.

  74. franziska
    26. Oktober 2013, 14:35 | #74

    „das ist eben ein anderes Projekt, das mit Kommunismus auf gesellschaftlicher Stufenleiter nicht allzuviel zu tun hat“..
    nur dass es unter einem etwas anderen Namen 8eigentumsfreiheit9 genau darauf zielt. Ist jedenfalls meine absicht dabei. Naja, musst du ja nicht glauben… ((ich seh wenig Sinn drin, in einer stagnierenden Shaker-Kolonie in Schönheit zu versauern. Dafür brauchts den Aufwand nicht, und ich find klein und mickrig auch nicht schön, gross effizient, robust funktionierend, sich ausbreitend, gut durchdacht und begründet, und, in der gewalttäigen Umgebung nicht ganz unwichtig, womöglich unentbehrlich für die nähere und weitere bürgerliche Umgebung wär schon besser…))

  75. Krim
    26. Oktober 2013, 14:42 | #75

    Das Mittel für Kommunismus auf gesellschaftlicher Stufenleiter ist Agitation und nicht die Gründung einer wie auch immer gearteten Reproduktionsgemeinschaft im Kapitalismus. Kann man zwar machen, ich hab auch nichts dagegen, aber es beseitigt den Kapitalismus nicht.
    Du sagst immer: Aber wir agitieren doch. – Ist ja recht. Das bringt ja dann im Idealfall auch was für den Kommunismus. Eure Reprogemeinschaft hat damit aber nichts zu tun, sondern ist und bleibt eben bloß eine Reprogemeinschaft. Dass ihr was zum Kommunismus beitragt, folgt nicht aus der Reprogemeinschaft, sondern aus eurer Gegnerschaft gegen den Kapitalismus und dem Entschluss gegen ihn zu agitieren.

  76. 26. Oktober 2013, 15:27 | #76

    “Wo (immerhin) Kommunalismus „herrscht“, ist das Privateigentum zuende.“ Blödsinn. Als könne man sich ohne Produktionsmittel einfach entschließen Kommunalismus zu machen und als bliebe man nicht, selbst wenn es gelingt auf den Kapitalismus angewiesen. Ihr seid eben nicht autark im Kapitalismus und wenn ihr das nicht seid, dann braucht ihr Geld und um Geld zu verdienen, müsst ihr mit den kapitalistischen Warenproduzenten konkurrieren.

    Das sehe ich auch so. Bloß weil einige Menschen auf ihren recht kleinen Flecken Erde das Privateigentum aufgehoben haben, haben sie doch immer noch so gut wie keinen Zugriff auf Produktionsmittel. Der Robinson (hier eben die paar Hanseln, die ausgestiegen sind auf ihre „Insel“), der auf seiner Insel sein eigener Herr war und durch und durch nur auf Gebrauchswerte gepolt war, war in einer äußerst beschissenen Situation und nicht immerhin schon im „Kommunalismus“.

    „Warum sollte eine solche Bewegung nicht auf Sympathie stossen?“ Weil sie das Eigentum abschaffen will, die bürgerliche Gesellschaft, das Kapital, den bürgerlichen Staat.

    Mich wundert immer die Blauäugigkeit von solchen Ausstiegsvertretern. Daß damit eine arger Antagonismus auch dann unterwegs ist, wenn die Aussteiger das partout nicht so sehen wollen, wird denen früher oder später schon noch beigebracht werden. Sowas gibt es doch jetzt, noch ganz weit im Vorfeld irgendwelcher relevanter Bewegungen solcher Art auch schon. Diese Ignoranz ist der konkrete Ausdruck der Weigerung, sich solchen Auseinandersetzungen wenigstens als zu berücksichtigendes und irgendwie zu bewältigendes Problem zu stellen.

  77. Mattis
    26. Oktober 2013, 17:41 | #77

    @franziska:

    „Warum sollte eine solche Bewegung nicht auf Sympathie stossen?“

    Warum nicht, sagst du. Und warum sollte eine neue sozialistische Bewegung „nicht auf Sympathie stossen“ – kontere ich jetzt mal auf gleichem Niveau.
    Du betonst immer wieder die – potentielle – Überlegenheit deines Ansatzes gegenüber der bürgerlichen Ökonomie (obwohl du gleichzeitig noch Defizite in Theorie und Praxis siehst). Ich bin etwas allergisch gegen das Wort „überlegen“, nicht nur weil es mich an den DDR-Spruch „Überholen statt Einzuholen“ erinnert, sondern wegen seiner immensen Abstraktion.
    Aber gut, wenn du damit sowas wie Überfluss bei nicht-allzuviel-arbeiten meinst, ok. Krims Hinweise zu den Shakern sind aber doch diesbezüglich nicht wegzuwischen: also für einen leicht zu schaffenden „Überfluss“ sehe ich keine Chancen. Da müsste jetzt schon ein ganz neuer Knaller auf den Tisch kommen, zumindest um in ökonomischer Hinsicht meine Skepsis zu zerstreuen. Aber sobald der Staat – bei Erfolg deiner Bewegung – größere Steuerausfälle moniert und den Separatismus-Verdacht formuliert, ist es außerdem mit dem Streit-vermeiden vorbei. Diese Auseinandersetzung bindet dann sehr viele Kräfte und bringt dann auch noch die mühsam aufgebaute Reproduktion in Gefahr.
    Das sind erhebliche Hürden, erstens auf annehmbarem Niveau wirklich reproduktionsfähig zu sein und sich zweitens auch noch politisch durchsetzen zu können. Das ist eine Doppelbelastung für eine Bewegung, die daraufhin meist zu einer der beiden Seiten hin umkippt – Von all dem abgesehen sehe ich auch nicht, wie da ein Übergang zu den nicht-landwirtschaftlichen Bereichen stattfinden könnte. Spätestens da sehe ich das Unterfangen als Sackgasse. Aber da haben wir eben völlig unterschiedliche Einschätzungen.
    Gisela Notz z.B. hat einen tiefen Einblick und viele Sympathien für die Alternativprojekte obendrein; doch sie hält nicht nur die reine Subsistenzwirtschaft – als Alternativprojekt – für unrealisierbar, sondern verweist auch auf die vielfältigen Kommunikationsprobleme in Kollektiven, die aber nur selten aufgearbeitet wurden (Erfahrungen sind also zur Genüge bereits da, schon seit den 70er-Jahren!), sondern früher oder später zum Bruch führten. Einer der neuralgischen Punkte:

    „Kollektive Zusammenhänge sind keineswegs gefeit vor Hierarchien. Auch in links-politischen Projekten (…) gibt es informelle Hierarchien und mancher Konsens wird eher durch Überreden als durch wirkliche Überzeugung erreicht. Informelle Hierarchien sind oft schwieriger zu durchschauen und zu durchbrechen als formalisierte.“ (Theorien alternativen Wirtschaftens, S. 93)

    Darauf weise ich immer wieder hin, auf die Überforderung des Individuums durch zu hohe Ansprüche an Kollektivität, vor allem wenn Reproduktion, Politik und Privatleben eng gekoppelt sind und dann auch noch der Anspruch an ein konfliktfreies Gemeinschaftsleben hochgehalten wird. Das funktioniert nicht; daran – und außerdem am Geldmangel – sind schon die Owen’schen Projekte gescheitert, und das ist schon 200 Jahre her.

    „Gibts da überhaupt irgendwelche Überlegungen zur Frage, was diesem Gewinnen im Wege stehen könnte, oder worauf die Resistenz der Menschen mit Willen zum Eigentum beruht?“

    Wer weiß schon, was einmal den gängigen Opportunismus der Menschen erschüttern wird – aber das Problem hast du genauso wie jeder andere, der etwas ändern möchte.

  78. 26. Oktober 2013, 19:49 | #78

    @franziska

    „Ein kommunistischer Sektor (wie sehr in sich differenziert, s.o,) ist dem bürgerlichen Rest der Gesellschaft in jeder erdenklichen Hinsicht voraus und überlegen.“

    Mich wundert, daß zu dieser nun wirklich sehr vollmundigen Behauptung noch keiner was geschrieben hat. „In jeder“?? Ich halte dem entgegen, daß „ein kommunistischer Sektor“, je kleiner, um so mehr, in fast allen Belangen dem bürgerlichen Rest der Gesellschaft und der Welt anfangs nicht das Wasser wird reichen können (zum Teil sicher auch nicht wollen wird, aber das ist noch ein anderes Thema), und deshalb unter enormen Druck der „Umgebung“ stehen wird. Dies gilt umso mehr, je ressourcenärmer (Zahl der Menschen, deren Qualifikationen, Produktionsmittel, Infrastruktur, Ressourcen im engeren Sinne usw.) das Gebiet im Durchschnitt ist, in dem der „kommunistische Sektor“ sich etablieren kann.

  79. Krim
    27. Oktober 2013, 02:09 | #79

    Im Gewinnemachen ist der kommunistische Sektor schonmal nicht überlegen und in der Produktivität auch nicht. Zum einen weil die Kapitalgröße fehlt. Zum anderen, weil auf die Produkte gar keine abstrakte Arbeit im kapitalistischen Sinne verausgabt wird. Ist jedoch Geld vonnöten, müssen sich die Produkte dieses Sektors mit den kapitalistischen vergleichen, was bedeutet, dass ein Großteil der aufgewandten Arbeit gar nicht bezahlt wird.

  80. 27. Oktober 2013, 08:42 | #80

    Krim, ich finde es falsch, beim kommunistischen Sektor vom „Gewinne machen“ und von „Kapitalgröße“ zu reden. Richtig ist jedoch, daß die Produktivität fehlt, weil es an Technologien, Fabriken, Fachleuten usw. fehlt.

  81. Krim
    27. Oktober 2013, 14:41 | #81

    Das sollte eigentlich der Witz sein. Klar will ein kommunistischer Sektor keine Gewinne machen, deshalb taugt es auch nicht zwei Ökonomien mit verschiedenen Zwecken zu vergleichen, indem man die eine der anderen gegenüber für überlegen hält. Umgekehrt wäre es genauso falsch, wenn man sagen würde, der kommunistische Sektor sei beim Bedürfnisbefriedigen dem Kapitalismus überlegen. Als würde es im Kapitalismus darum gehen Bedürfnisse zu befriedigen.
    Kapitalgröße wäre insofern falsch, als es nicht um Vermehrung von Kapital geht. Man bräuchte aber eine einem kapitalistischen Betrieb entsprechende Geldsumme, um auf das Produktivitätsniveau eines kapitalistischen Betriebs zu kommen. Vergleicht sich dieser kommunistische Betrieb dann auf dem Markt mit kapitalistischen Waren, wäre er äußerlich nicht mehr davon zu unterscheiden. Wäre z.B. die ursprüngliche Geldsumme geliehen, müsst auch ein Zinsdienst entrichtet werden. Dann wäre es sogar Kapital.

  82. franziska
    27. Oktober 2013, 14:55 | #82

    Kurze Erwiderung zu diesem Punkt:
    Die angebliche Überlegenheit des Marktes/Kapitals bezieht sich auf die ideologisch BEHAUPTETE Qualität, der Bedürfnis-Befriedigung der Bevölkerung bei je gegebnem Stand der Technik bzw. Produktivkräfte optimal zu nützen. Der Zweck,, dem kapitalistische Produktion OBJEKTIV dient, wird immer nur als grossartiges MITTEL ausgegeben. Unabhängig von der Widerlegung (die aus meiner Sicht keineswegs so simpel ist, da es sich um eine an sich kaum falsifizierbare Glaubensformel handelt; die Widerlegung muss also begrifflich-kategorial stattfinden) gibt es also sehr wohl einen von seiten der Ideologie gebahnten spontanen Vergleich. Nach diesem Masstab (bedürfnisgerecht) besser abzuschneiden (wenn es denn gelingen würde, und nicht bloss den Mund zu voll nehmende Prognose: Mattis bezweifelt sie grundsätzlich, andre bezweifeln sie wegen der niedrigen Produktivität der kommunalen Produktionsweise), wäre wohl nicht das schlechteste. Obwohl auch hier – übrigens ähnlich wie bei den Shakers – zahllose adhoc-Erklärungen den oberflächlichen Eindruck zu trüben versuchen könnten…

  83. Mattis
    27. Oktober 2013, 15:28 | #83

    „Der Kreis hier verfügt nichteinmal über das technische Know How sich über das Planen qualifiziert äußern zu können.“ (libelle)

    Für eine libelle mag das ja stimmen, die nach dieser charmanten Einleitung sogleich über die Erstellung von Software schreibt und damit zu erkennen gibt, dass für sie Planung und Entwicklung anscheinend dasselbe ist.

    „In dieser Hinsicht kann man viel von heutigen Unternehmen lernen … “ (libelle)

    Ja und nein. In Fragen der Software-Entwicklung lassen die sich von geschäftstüchtigen Beratern gerne alle fünf Jahre eine neue Vorgehensweise einreden, die sich dann wieder mal als sub-optimal erweist. Die erwähnte scrum-Methode, das inkrementelle Entwickeln, führt oft zu einem chaotischen Software-Code, noch bevor dieser auslieferbar ist, weil man zu schnell zu Programmieren anfängt und Fakten geschaffen hat zu einem Zeitpunkt, zu welchem noch Funktionen dazukommen, die man jetzt nicht mehr strukturiert in den Code einbauen kann, ohne viel gemachte Arbeit gleich wieder zunichte zu machen.
    Der Zeitdruck, schnell am Markt präsent zu sein, führt zu einer extremen Anwendung der scrum-Methodik, aber die Realität der Projektverschiebungen und die miserable Wartbarkeit des Ergebnisses zeigt die Absurdität des scrum-Ideals, jetzt mal rationell betrachtet. Man muss sich halt schon rechtzeitig Gedanken über die wesentlichen Punkte machen, und diese Kunst basiert in erster Linie auf der Qualifikation erfahrener Entwickler und nicht auf einer noch so raffinierten Methodik. Das kann man (mal wieder) daraus lernen.
    Software-Entwicklung wird ja auch gerne als Vorlage für common-basierte Ökonomiemodelle herangezogen (u.a. bei keimform.de), was ziemlich daneben ist. Software ist ein Sonderfall, ein Einmal-Produkt, im Unterschied insbesondere zur industriellen Produktion, bei der ein bestimmter Produkt-Typ zig-mal hergestellt wird. Hierfür muss sowohl der Produkt-Typ selbst als auch ein dazu geeignetes Produktionsverfahren entwickelt werden, dabei kommt es zu einem fließenden Übergang zur eigentlichen Produktionsplanung (Zielmengen, Materialbeschaffung, Arbeitskräfte-Einteilung etc.).
    Was hat das alles mit unseren Themen hier zu tun? Vielleicht soviel, dass klar wird, dass wir hier, mal neutral gesagt, über die Entwicklung einer nicht-kapitalistischen Alternative reden, aber nicht über spezielle Planungsmethoden und schon gar nicht über konkrete Planungen. Das verstehen u.a. die GSP-ler nicht, wenn sie sagen, was wollt ihr denn jetzt planen, ihr wißt doch noch gar nicht was.

  84. franziska
    27. Oktober 2013, 20:24 | #84

    Zu dem von Mattis zuletzt angesprochenen Punkt gab es einen Artikel von mir im Marx-Forum:
    http://marx-forum.de/Forum/index.php?page=UserBlogEntry&entryID=68#profileContent
    ———————————
    Es gibt natürlich einen direkten Zusammenhang zwischen Umfang und Unvermitteltheit des angestrebten „Übergangs“, der zu erwartenden Reaktion des Staates bzw. der Rest-Eigentümer-Gemeinschaft (spätestens jenseits der Grenzen), der „Stufenleiter“ und dem Grad der „Alternativität“ der angestrebten kollektiven Reproduktionsform, und dem Ausmass an verbleibenden Formen von autoritären Strukturen.
    Kern aller Differenzen hier ist, aus meiner Sicht, nicht die Frage einer praktikablen Strategie; sondern die höchst unterschiedlichen Verständnisse der Zweck-Trias „bedürfnisgerecht ökologisch agitatorisch“. (Schon die Formulierungen für die drei Zweck-Richtungen sind bei den Diskussionsteilnehmern unterschiedlich.)
    Entsprechend unterschiedlich sind Theorie (Beschreibung und Erklärung) und Mängelfeststellung (Kritik) bzgl. der herrschenden Verhältnisse.
    Die Trennlinie verläuft hier, banale Feststellung, hauptsächlich zwischen denen (2 Formen von Kollektivisten, nach meiner Unterteilung oben), die gleich zu Beginn „gesamtgesellschaftlich“, unterstützt von grossen Mehrheiten einsetzen wollen, weil sie das für möglich und wünschenswert halten, und denen (Kommunalisten usw), für die das (aus verschiedenen Gründen) so nicht gilt.
    1. Der erste Haupteinwand der letzteren ist ein Grund für die UNMÖGLICHKEIT (soweit die einschätzbar ist) :
    Die Bewegung weg vom Eigentümerstandpunkt auch bei Lohnarbeitern erfordert autonome, von aussen nicht beeinflussbare Lernprozesse (der linksradikalen Agitation muss bereits „etwas entgegenkommen“), bei denen nicht erkennbar ist, wie sie durch irgendwelche Aussen-Entwicklungen synchronisiert ablaufen könnten. Das Ergebnis müssen massive UNGLEICHZEITIGKEITEN der Mentalitäten in den Bevölkerungen der Industriegeselschaften sein. – Agitation kann soweit KEIN Mittel zur Erzeugung eines synchronen Übergangs des Willens einer Bevölkerungsmehrheit zu einer konkurenz- oder eigentumsfreien Vergesellschaftung sein.
    Anm.1 Dies ist von der von allen geteilten Einschätzung zu unterscheiden, dass Urteil und Wille der Adressaten nicht manipulierbar (Krim) sind.
    Anm.2 Eigenartigerweise liest man bei Mattis sogar eine extrem Agitations-skeptische Äusserung: „Wer weiß schon, was einmal den gängigen Opportunismus der Menschen erschüttern wird?“ Eigenartig darum, weil entweder Mattis sich sicher ist, darauf von aussen keinerlei Einfluss ausüben zu können, oder aber weil er in diesem „Opportunismus“ ein solches Rätsel sieht, dass er empirische (zukünftige) Erfahrungs-Winke zu benötigen scheint, um auch nur die RICHTUNG ahnen zu können, aus der die „Erschütterungen“ kommen könnten.
    Theorie und weiteres Nachdenken über genau dies Thema scheint jedenfalls für Mattis keine vordringliche Aufgabe zu sein. (Zum Vergleich: Unter genau diesem Namen „Opportunismus“ habe ich die vorherrschende Mentalität der weit überwiegenden Mehrheit der Mitglieder bürgerlicher Gesellschaften zu analysieren versucht:
    http://www.selbstbestimmung-als-aufgabe.de/pages/normalitaet-oder-die-begruendung-durchs-hinreichend-bewaehrte.php
    Anm.3 In der Gesamtheit linksradikaler Analysen nimmt die Untersuchung von „Mentalitäten“ einen vergleichsweise geringen Raum ein. Der „Sein bestimmt das Bewusstsein“-Satz (vertreten bis hin zum GSP oder hier libelle) erteilte den Anhängern marxistischer Traditionen da eine Art Freistellungs-Bescheid: Die „Seins“-Analyse reicht zu, und Bewusstsein ist formell zwar was eignes (insofern in dürren Theorie-Termen der Vollständigkeit halber zu charakterisieren), dem Inhalt nach aber durch „die gesellschaftlichen Verhältnisse“ bestimmt, denen man die ganze analytische Aufmerksamkeit zuwendet. Der ominöse Satz aber ist, so wie er verwendet wurde, das Gegenteil von materialistisch: „“Daseiend“ und all-bestimmend sollen Realabstraktionen wie Fortschritt, Kapital, bürgerlicher Staat sein – was sich Einzelpersonen, aus denen „die Gesellschaft“ (noch so eine Realabstraktion) zusammengesetzt ist, denken, ist demgegenüber unerheblich, weil vollständig durch die überindividuellen „Verhältnisse“ („von ihrem Willen unabhängige…“) bestimmt – wenn nicht ihr freier Wille dazwischenfunkt und sich zum… WAS entschliesst? Eigenen Urteilen, eigenem Projekte-Entwerfen und anderen Seinesgleichen Vorschlagen? Etwas Eigenem, das erst durch Abgleichung seiner Begründungen mit denen der andern ein gemeinsames werden kann? Und das sollte es vorher nicht gewesen sein? DAS sollte den Übergang ausmachen – ausgerechnet: Übergang weg von einem offenkundig totalitär-konformistischen Sich-zu einem allen andern gleichen bürgerlichen Individuum Prägen-lassen, hin dazu, dass man nun erstmals EIGENE Absichten entwickelt – genau und grade dann, wenn man aufhören will, EIGENtümer zu sein?
    2. Der zweite Haupteinwand ist ein Grund der NICHTWÜNSCHBARKEIT (aus kommunalistischer (usw) Warte):
    Der Aufbau eigentumsfreier Vergesellschaftungsformen ist selbst ein Lernprozess, der obendrein nicht mehr nur individuell absolviert, sondern
    a) durch Verständigung aller vergesellschafteten Einzelpersonen dauerhaft und durch aktive Bemühung ALLER Beteiligter SYNCHRONISIERT werden muss. (Diese Anforderungen würden selbst für den praktisch auszuschliessenden Fall eines massenhaften Übergangs grosser Bevölkerungsteile zur Befürwortung eigentumsfreier Verhältnisse gelten.) – Die Vertreter des gesamtgesellschaftlichen Übergangs sehen, abgesehen vom Problem zu beseitigender „Muttermale“ bei Minderheiten und im Lebensstil der Ex-Bürger, durch Entwicklung des Willens zur Konkurrenz- und Eigentumsfreiheit (gleichbedeutend mit der Befürwortung gesellschaftlicher Entscheidungsfindung durch (gleichen Einfluss einräumende) Verfahren oder argumentativ herbeigeführten Konsens (die beiden Varianten) keinen weiteren Bedarf für grundsätzliche Verständigung. (Auch diesen Punkt betreffend wurde da dann quasi ein Schalter umgelegt, Bebilderung der Unvermitteltheit und Unmittelbarkeit des Übergangs.)
    b) Bei den Vertretern des massenhaft-unmittelbaren Vollzugs der Einrichtung konkurrenz- und eigentumsfreier Verhältnisse auf gesellschaftlicher Stufenleiter gibt es eine Einstellung, die auch im Bezug auf ökologisches Produzieren die Vorstellung einer möglichen Unmittelbarkeit und Unvermitteltheit des Übergangs ermöglicht:
    Kapitalismus schädigt Mensch und Natur.
    Kapitalismus hat die Produktivkräfte zu höchster Reife gebracht.
    Das eine aber habe mit dem andern nur soviel zu tun, dass das Kapital/die Kapitalisten die an sich unschädlichen, an sich hocheffizienten Produktivkräfte, gezwungen durch die Konkurrenz, in einer schädigenden Weise verwenden. Diese Weise könne man unmittelbar, durch Umwidmen der Zweckbestimmung wie durch Umlegen eines Schalters, auf eine andre, Natur-schonende/nichtschädigend-nutzende und bedürfnis- und menschengerechte überführen, das obendrein gesamtgesellschaftlich vermitteln und umsetzen. (An Reparatur und Reparierbarkeit angerichteter Schäden ist da garnicht gedacht: Nichts ist unmöglich…)
    c) Obschon zugegeben wird, dass Übergänge der gesamtgesellschaftlich-unvermittelten Art allenfalls erstmal in einzelnen Staaten stattfinden können, wird das verbleibende Verhältnis zur eigentums-orientierten Rest-Weltgesellschaft nicht besonders thematisiert, womöglich mit einer abgewandelten Version des Schalter-Konzepts: Wenn die EINEN den Schalter umlegen konnten, und den Übergang (zur „Abschaffung des Kapitalismus“) machen, warum sollte es bei den andern nicht geschehen? Da nichts grundsätzlich Hinderndes zu unterstellen ist, WIRD es wohl früher oder später passieren. Der Erst-Übergang wär ja der beste Beweis, dass es geschehen KANN… Was will man mehr?
    3. Eine Differenz im bezug auf die Kategorie „Lernprozess“ ist beiden Abteilungen gemeinsam. Ich präzisiere das: Die Differenz handelt in beiden Fällen von der Möglichkeit, kulturell überhaupt irgendwo in einer Gesellschaft ausgebildete und verfügbare mentale Errungenschaften, die gegenüber denen der Restbevölkerung fortgeschritten sind (oder das zu sein beanspruchen), auf diese Restbevölkerung auszubreiten, wenn dieser Prozess nicht durch äussere (zB staatliche) Gewalt behindert wird.
    Ich werde in meinem nächsten Beitrag versuchen, wie aus meiner Sicht sich diese Möglichkeit je unterschiedlich bei Verfahrens- und Konsens-Kollektivisten darstellt, und durch welche der in ihren Argumentationen anzutreffenden (von ihnen nicht mehr überprüften, aber fehlerhaften) Fundamental-Überzeugungen sich der Schein der prinzipiellen Unbehindertheit und Unmittelbarkeit der Ausbreitung ergibt.
    Um es anzudeuten, worauf ich da hinauswill:
    Bei Mattis („Konkurrenzfreiheit“, Verfahrens-Kollektivismus oder -Kommunismus) ist es die GLEICHHEIT DES AUSMASSES DER CHANCE jedes Gesellschaftsmitgliedes, im bezug auf beliebige Entscheidungen seiner MEINUNG Geltung bzw Einfluss zu verschaffen.
    Bei Krim („Eigentumsfreiheit“, Konsens-Kollektivismus oder -Kommunismus) ist es die objektive VERGLEICHBARKEIT der Stellung aller, unter Abstraktion von ihrer je besonderen individuellen Biographie, auf die sich die vernünftige Erwartung gründet, dass sie eben darum für korrekte Argumentationen zugänglich sein müssten, die aus je bekanntem Und jederzeit generalisierbarem) Wissen und der Stellung aller EINE jeweils für alle Beteiligte arbeitsteilig abzuarbeitende Prioritätenliste (oder Menge indifferent-gleicher solcher) ableiten.
    Kommunalismus ist die erste eigentumsfreie Verhältnisse befürwortende (linksradikale) Position, die praktische Konsequenzen zieht aus der (hier weiterhin begründungsbedürftigen) Überzeugung, dass synchrone („revolutionsartige“) Übergänge grösserer Bevölkerungsteile weder möglich noch wünschenswert sind. Ob den Kommunalisten das gefällt, oder die Konsequenzen in verschiedensten Hinsichten äusserst unangenehme sind, spielt dabei keine Rolle. Falls die Überzeugung widerlegt wird, entfallen die Konsequenzen, iam andern Fall sind sie unvermeidlich und man muss sehen, wie man damit fertig wird.
    Forts folgt (hoffentlich).

  85. libelle
    28. Oktober 2013, 10:35 | #85

    Ich mache mal ein paar Bemerkungen, da es sich nicht lohnt detailliert auf Gedanken einzugehen, die ganz offensichtlich mit Schaum vor dem Mund gedacht worden sind und die nichtmal einfachen Prüfungen standhalten.
    Das Folgende ist auch eine Abgrenzung zu franziska bzw. das Festhalten einer Differenz.
    Fangen wir doch mal mit einem Schaumgedanken an:

    Wie „das Leben verbessern“ im Kapitalismus eben so geht. Die Barbarei des Kapitalismus bleibt in der Welt und das Projekt Kommunismus ist aufgegeben.

    Dieses „Projekt Kommunismus“ ist ausführlich der Kritik unterzogen worden. Das hier im Blog nachzulesende Ergebnis ist, dass das „Projekt Kommunismus“ d.h das, was Leute, die sich Kommunisten nennen aus der Kritik von Marx machen überhaupt nicht in eine eigentumsfreie Vergesellschaftung führt, sondern dass man damit nur Machtkonkurrenz etabliert. Insofern gehört dieses „Projekt Kommunismus“ auch aufgegeben, weil man damit nichts für sich tut!
    Der Weg Agitation, Revolution (Big Bang), Übergangsgesellschaft, eigentumsfreie Gesellschaft ist schlicht und ergreifend nicht beschreitbar, er bringt nichts, man tut da nichts für die eigenen Bedürfnisse, sondern bereichert die Welt nur um eine Ideologie, eine ewige Mörgenröte und eine Form von Elend.
    Dieses Ergebnis kann man auch nicht dadurch korrigieren, dass man anderen Vorstellungen, die die Gesellschaft ändern wollen vorwirft, dass die ihrerseits nicht realisierbar seien, weil das zur Ergebnismenge nur beiträgt, dass eben keine der Änderungsvorstellungen umsetzbar ist. Von mir aus halte ich auch gern ersteinmal dieses Ergebnis fest, nehme also die Kritik an, dass ein stetiges kommunalistisches Wachstum aus dem Kapitalismus an der Schranke des Privateigentums scheitern muss, dass eine Vereinigung aller Nationalstaaten nicht abzusehen ist etc…
    Also dann, halte ich dieses Ergebnis mal fest:
    1) Ich habe eine Kritik am Kapitalismus, ich weiß, dass die Bedürfnisse, die diese Gesellschaft hervorbringt von ihr notwendig und notorisch nicht befriedigt werden und dass man den kapitalistischen Zusammenhang der Leute aufheben müsste, um zu gesellschaftlichen Verhältnissen zu kommen, die Bedürfnisse hervorbringen, die sie auch befriedigen (Details siehe einschlägige Diskussionen).
    2) Im Weg steht diesem Zweck die alte Gesellschaft in Form des Willens der Leute, ihres Staates, der den Zusammenhang der Leute über periodisch neu zu entscheidende Machtfragen regelt und herstellt. Da stellt man ganz schnell fest, dass man als „Vertreter“ einer neuen Gesellschaft in der alten Gesellschaft nichts zu bestellen hat, dass die eigenen Ratschlüsse und Konsequenzen nichts zählen, dass man sich nicht zum Subjekt der alten Gesellschaft machen kann, um sie in eine neue zu transformieren, weil die alte Gesellschaft sich schlicht und ergreifend dagegen wehrt und man dann zu dieser Subjektwerdung ganz im Stil der alten Gesellschaft Machtfragen zu beantworten hätte.
    Was ist jetzt die Konsequenz dieser Lage? Antwort: Man nimmt mit dem, was man denkt an der Gesellschaft teil d.h.:
    – man äußert die Kritik als Teil der Bewusstseinsbildung in dieser Gesellschaft. Das ist was anderes als Agitation, weil man das Denken so nicht dem Zweck der Herstellung einer Gegenmacht, also einer feststehenden Änderungsvorstellung (Machtfrage) unterwirft. D.h. Form und Inhalt der Kritik werden nach dem Kriterium der Erklärung der Verhältnisse und nicht dem des „In-Bewegung-Setzens“ (agitieren) entwickelt. Letzteres ist ein Filter, dem erstens viele Gegenstände der Gesellschaft zum Opfer fallen und der dafür sorgt, dass die verbleibenden Gegenstände eben ideologisch aufgearbeitet werden und die so entstandenen Elaborate damit ziemlich ungenießbar sind.
    – sollten sich daraus Organisationsformen ergeben, stellt man sie als Teil der praktischen Teilnahme an der Gesellschaft her d.h. dann entsteht zwangsläufig etwas als praktische Konsequenz dieser Kritik (ihre Selbstorganisation als Veranstaltung, Konferenz, Bibliothek, Schrifttum, Treffen usw…)
    – man (vorsichtig ausgedrückt) schaut, welche Konsequenzen für das eigene Leben sich für die ergeben, die die Kritik teilen und da schlagen manche eben selbstorganisation in Kommunen vor. Das sind also ersteinmal keine Vorläufer irgendwelcher Gesellschaftsvorstellungen, sondern unmittelbar gezogene praktische Konsequenzen der eigenen Kritik. Da ist die Frage, wieviel davon geht und das hat nichts mit den Autarkieidealen mancher Kommunen zu tun, deren Verwirklichung man sich mit Armut erkauft, sondern man muss sich eben fragen, wieviel man von der Gesellschaft untereinander so aufheben kann, dass man besser lebt d.h. dass alle Beteiligten sich im Vergleich mit einer bürgerlichen Monadenexistenz mit ihrer Kommune besser fühlen.
    – dabei wird man – Wachstum der Kommune unterstellt – zwangsläufig Techniken der Selbstorganisation etnwickeln und gesellschaftlich „einüben“ d.h. zu Gewohnheit machen, die auch in einer globalen vernünftigen Gesellschaft brauchbar sind.
    – und von diesem (wie auch jedem anderen) gesellschaftlichen Stand schaut man eben in die Welt und beurteilt, was sich im Sinn der eigenen Kritik tun lässt.
    LOOP
    p.s.: Kommunisten schauen immer nur aus der Perspektive des Konkurrenzmonaden nach der besseren Welt und kommen deshalb auch auf keine andere Idee, als ihre schöne neue Welt erzwingen zu wollen, so wie aus ihrer Perspektive ihnen der Kapitalismus aufgezwungen wird.
    p.s.: Bzgl. Softwareentwicklung kennt Mattis sich nicht aus, wollte aber dennoch mal etwas darüber geschrieben haben. Scrum führt nicht u chaotischem Code. Zu chaotischem Code führen abwesende Planung und Abstimmung, Bei scrum plant man nur etwas anderes – nämlich den Weg , auf dem ein Bedürfnis entsteht (das des Abnehmers der Software). Die Iterationsschritte hat man aber nicht nur da, sondern Prototyping, Kleinserien sind Iterationsschritte bei „harten“ Gebrauchswerten, die man zum Zweck des Sammelns von Erfahrungen und der Entwicklung von Bedürfnissen macht.

  86. franziska
    28. Oktober 2013, 11:42 | #86

    und wo ist jetzt genau die Differenz zu mir?
    „dabei wird man – Wachstum der Kommune unterstellt – zwangsläufig Techniken der Selbstorganisation etnwickeln und gesellschaftlich „einüben“ d.h. zu Gewohnheit machen, die auch in einer globalen vernünftigen Gesellschaft brauchbar sind.“
    So denke ich mir das auch. Man kann das „brauchbar sind“ durch ein vorsichtgeres „könnten, können“ ersetzen… andres wollte ich dann aber auch nicht an Mutmassungen über mögliche Folgen (zB eigentumsfreier Sektor möglicherweise attraktiv, hilfreich für seine Umgebung) geäussert haben.
    Autarkie ist aus meiner Sicht kein Selbstzweck, wird auch garnicht als VOLLSTÄNDIGE für möglich gehalten, sondern hat zwei Seiten:
    a) das Zurückfahren-Können der eigenen Produktion im Notfall auf abgesenkte, aber eigenständig mögliche und funktionierende Reproduktionsniveaus
    b) das relative Unabhängigwerden von der umgebenden Konkurrenz.
    Eigentumsfreiheit als „Projekt“: Ich sehe keinen andern Weg als den von dir vorgeschlagenen, um einer vernünftigen Gesellschaft näherzukommen. Wenn du „Weg“ mit allzuviel Willens- und Gestaltungs-Anspruch belastet siehst, kann ich das auch weglassen.
    Ich kann jetzt grad weiter keine grosse Differenz zu deinen Äusserungen erkennen und finde sie auf der Allgemeinheitsstufe, auf der sie formuliert sind, vernünftig.

  87. 28. Oktober 2013, 11:49 | #87

    Auch ich „mache mal ein paar Bemerkungen, da es sich nicht lohnt detailliert auf Gedanken einzugehen, die ganz offensichtlich mit Schaum vor dem Mund gedacht worden sind und die nichtmal einfachen Prüfungen standhalten“:
    Wieso soll eigentlich nur das kommunistische Projekt einer „Machtkonkurrenz“ verfallen, beim kommunalistischen Konzept von libelle und franziska darf aber „Wachstum“ unterstellt werden ? Was ja nur heißen kann, daß diese Entwicklung ganz um Machtkonkurrenz drum herum kommen wird bzw. wenigstens herumkommen könnte. Was ja vielleicht bezüglich der Kommunalisten auch stimmen mag, bezüglich der Antikommunalisten aber eine durch nichts begründete Unterstellung ist.

  88. franziska
    28. Oktober 2013, 12:07 | #88

    Du unterstellst da zuviel, Neoprene. Vernünftige Menschen treten nicht in Machtkonkurrenzen ein, sodnern versuchen sich ihnen nach Kräften zu entziehen. Die Andeutungen hierzu wurden schon gemacht: Der Kommunalismus kann ganz und gar unauffällig in der Privatsphäre aufgebaut werden – ohne Markennamen und Propaganda. Das „Wachstum“ geschieht über Privatbziehungen, Nachbarn, Bekannte… wie es sich eben im Privatleben ergibt. Es ist einfach einer der vielen bürgerlichen Lebensstile. Bloss einer, der vielleicht (diesbezügliche Skepsis vonseiten Krims beantwortend) irgendwann als besonders gemeinwohl-verträglich und darum förderwürdig eingeordnet werden könnte. Oder als attraktiv und nachahmenswert – durch andre Privatleute.
    Mit den – nein, nicht selben Folgen wie seinerzeit die Bürgerklasse und ihre Produktionsweise, sondern uU GESELLSCHAFTLICHEN Folgewirkungen.
    In fortgeschrittenen Industriegesellschaften aber ist es ausgesprochen unüblich geworen, sich gegen Lebensstile zu wenden, die niemand Aussenstehendem Schaden zufügen…
    edit:
    Der „Kommunismus“ hingegen hält es sich ja zugute, gleich den Grossteil der Gesellschaft… oder einen hinreichend grossen… gern auch mal einen hinreichend kleinen gegen den Rest in Stellung zu bringen und dann aber alle (per „Verfahren“ und „Kritik“) gesamtgesellschaftlich auf Vordermann. Bei all dem sind schon mal vorab eher drohende Untertöne („keine Freiheit“, „nicht alle Wünsche können erfüllt werden“ (Euphemismus)) fällig. Vom bewusst hoch-stilisierten Gegensatz gegen den Rest der Weltgesellschaft zu schweigen.
    Es wundert Kommunisten selbst ja am wenigsten, wenn da andre versuchen, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen.
    Und, bittesehr, der Gegensatz ist einer gegen alle, die erstmal Eigentümer bleiben wollen – Lohnarbeiter eingeschlossen.
    Kommunalisten hingegen können/müssen niemandem was aufzwingen.

  89. libelle
    28. Oktober 2013, 12:13 | #89

    @Neo:
    Nein, auch Kommunen können eine Machtfrage gestellt bekommen . z.B. in der Form, dass der Staat zu dem Urteil kommt, dass die durch die Kommunen benutzten Ressourcen zweckentfremdet werden, weil sie eben nicht der Vermehrung von Privateigentum dienen. Und man macht den gleichen (verkehrten) Übergang, wie Kommunisten, wenn man dann den Staat als Schranke beseitigen will. Wieviel Widerstand und welche Art sich dann lohnen, hat sein Maß im Kriterium der Kommune (besseres Leben organisieren). Vielleicht weicht man einfach nur aus. Dein Fehler ist in der Hinsicht, wie Du in die Welt schaust: Du suchst nach einer Roadmap zum Kommunismus. Die gibt es aber nicht, das kann man nicht planen, sondern man muss eben tun, wovon man Subjekt ist. Das würde ich als kleinsten iterativen Schritt nehmen, den man aus der Kritik ermittelt. Wohin man iteriert steht nur Indirekt durch die Kritik fest.
    Die Perspektive im Kommunalismus ist, dass man tatsächlich attraktivere, praktizierte Lebensformen entwickelt und darüber das gesellschaftliche Bedürfnis danach weckt. Aber nochmal: deshalb macht man es nicht, sondern man macht es, weil man sich von der Praxis der Kritik ein besseres Leben für die Kommunarden verspricht.

  90. 28. Oktober 2013, 12:27 | #90

    Nun mal ehrlich franziska:

    „Der Kommunalismus [soll/kann] ganz und gar unauffällig in der Privatsphäre aufgebaut werden – ohne Namensschild und Propaganda“

    Wenn man das so macht, dann ist das aber nichts anderes als die alternative geistige Feder am Hut des Konkurrenzlers. Also der Inbegriff vom Scheitern schon vorweggenommen.
    „Ohne Namensschild“ heißt, daß du schon davon ausgehst, daß Kommunalismus, wenn er denn mehr als eine WG im Hinterhaus wäre, Ärger bekommen könnte, ja früher oder später bekommen wird. Dann ist es in der Tat besser – so wie wir hier alle – mit Pseudonymen zu hantieren, damit das im privaten und beruflichen Umfeld möglichst lange „unauffällig“ bleibt.
    Daß die Reichweite des Projektes auch nicht sonderlich anspruchsvoll ist, entnehme ich deiner Beschränkung auf die „Privatsphäre“. Das ist nun wirklich nichts sonderlich Beeindruckendes. Oder eben, wie du ja selber schreibst, „Es ist einfach einer der vielen bürgerlichen Lebensstile“.
    Ich bezweifele jedenfalls, daß es bei Gegenwind so einfach möglich sein könnte, was libelle einplant:

    „Vielleicht weicht man einfach nur aus.“

    Die Shaker konnten wenigstens noch nach Nordamerika auswandern. Wohin sollen wir denn heutzutage „ausweichen“.

  91. libelle
    28. Oktober 2013, 12:38 | #91

    Die Shaker konnten wenigstens noch nach Nordamerika auswandern. Wohin sollen wir denn heutzutage „ausweichen“.

    Darüber kann man sich Gedanken machen, wenn es soweit ist. Wieder eine Diskussion, die man nicht zu führen braucht.
    Fakt ist, dass entgegen Deiner Bedenken Kommunen in der Größenordnung bis zu mehreren 10.000 Individuen mit eigenen Werkstätten, Landwirtschaft etc… von Staaten toleriert werden. Und da geht dann schon eine Menge nichtkapitalistischer Produktions- und Lebensweise.
    edit (Focus 2008):

    Die Zahl der Amish hat sich in den USA in den vergangenen 16 Jahren fast verdoppelt, die christlich-fundamentalistische Religionsgruppe zählt mittlerweile etwa 231.000 Mitglieder. Die Expansion wird vor allem auf die großen Familien zurückgeführt, im Durchschnitt hat eine Amish-Familie fünf Kinder.
    Die christlich-fundamentalistische Religionsgruppe der Amish in den USA expandiert rapide. Die Zahl der Amish habe sich in den vergangenen 16 Jahren fast verdoppelt, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Elizabethtowen College in Pennsylvania. Die Gemeinschaft zähle inzwischen etwa 231.000 Mitglieder. Am bekanntesten sind die Amish dafür, dass sie die meisten Aspekte modernen Lebens ablehnen: Sie leben ohne Elektrizität und bewegen sich allenfalls auf Pferdewagen fort. Viele sprechen noch einen Dialekt, der seinen Ursprung im Deutschen hat.
    Der Studie zufolge konnte die Religionsgemeinschaft ihr Siedlungsgebiet in den USA, das zunächst auf Pennsylvania, Ohio und Indiana begrenzt war, inzwischen auf 28 Bundesstaaten ausweiten. In Virginia etwa habe sich ihre Anzahl seit 1992 vervierfacht, in Kentucky habe sie sich verdoppelt. Studienautor Donald Kraybill führte die Expansion vor allem auf die großen Familien zurück. Im Durchschnitt habe eine Amish-Familie fünf Kinder.
    Zudem gelinge es der Gemeinschaft, die meisten jungen Leute an sich zu binden, heißt es in der Studie. Nur ein Fünftel der Kinder mache von der Möglichkeit Gebrauch, im Alter von 18 Jahren aus der Gemeinschaft auszuscheiden. Die Amish sind Angehörige einer Täufergemeinschaft, die im 18. und 19. Jahrhundert aus Europa in die USA auswanderte.

  92. franziska
    28. Oktober 2013, 13:04 | #92

    Soweit zum Staat. Die Amish sind meines Wissens die EINZIGE gesellschaftliche Gruppe in den USA, der das Recht auf eigenen Schulunterricht zugestanden ist. Damit ist schon beinah ausgesprochen, warum dies Beispiel leider (abgesehen von der politischen Tolerierung) für nichts taugt:
    Amish wissen ganz genau, dass es mit ihrem Lebensstil und Produktionsweise zuende ist, wenn sich bei ihrem Mitgliedern allzuviel Neugier und Wissbegier breitmacht. Die unterbinden sie durch einen simplifizierenden Bildungsverlauf und zudem die Illusion, als ca. 16-19jähriger könne man sich durch unmittelbare Erfahrung ein hinlängliches Urteil über „die Welt“ (heisst bei ihnen ja wirklich so)(durch „Rumspringa“, die Scheunen-Parties der Amish Jugend sind in den betreffenden counties Polizeiproblem Nr.1) bilden.
    Religiöse Lebensformen sind nicht eingestellt auf anwachsende Erfahrung und ihre Verarbeitung in einer rationalen Praxis. Ihre Praxis ist konservativ, traditional (und innovativ nur in diesem begrenzten Rahmen). Erfahrungszuwächse müssen sie vielmehr nach Kräften abwehren oder in „Glaubenszweifeln“ und deren Bewältigung wegblenden. Darum sind diese Lebensformen, so selten sie historisch waren und gegenwärtig sind, auf Dauer nicht erträglich und werden von ihren Trägern zuverlässig aufgegeben (zugunsten moderner Einstellungen zu Welt und Wissen).
    @Neoprene
    Alles, was ich schreibe, scheint ohne Belang zu sein.
    „Die Reichweite des Projekts ist nicht besonders anspruchsvoll.“ – Aus meiner Sicht ist sie das sehr wohl, und zwar so, dass die Kräfte und Mittel der darin Lebenden gerade ausreichen, ihre nächsten produktiven und Verständigungsaufgaben zu bewältigen. Mehr KÖNNEN sie garnicht. Jede von Anfang an grössere soziale Gruppe wäre vor dieselben Aufgaben gestellt, müsste durch dieselben mühsamen Anfangsstufen (Aufspaltung in kleine Gruppen, die ihre lokale Reproduktion zusammen mit Verständigung robust aufbauen müsste vor dem Zusammenschluss auf je nächsthöherer Ebene) durch. Die (weiterhin mit Gründen zu erhärtende) These lautet: Es gelingt entweder so, oder garnicht. Das ist die Könnensseite. Das andre: die Bedürfnisseite (die letztlich mit der andern irgendwann zusammenfällt): Kein Mensch würde die Mühen auf sich nehmen WOLLEN, die ihm und allen seinesgleichen durch Beschleunigungen hin zu „Gesamtgeselslchaftlichkeit“ und „anspruchsvollere Reichweiten“ auferlegt würden. Das wär wirklich der Übergang von der (kapitalistischen) Barbarei in die (kommunistische) (Leistungs)Hölle. Und da reden wir noch nicht von der „Inselsituation“….

  93. 28. Oktober 2013, 13:07 | #93

    Als Gegenpunkt hat Wal Buchenberg schon vor ein paar Tagen bei sich folgendes gepostet:

    „„Kommunistische Gemeinschaften in den Vereinigten Staaten Nordamerikas“, von dem Mitbegründer der Sozialistischen Partei der USA Morris Hillquit (eine Übersicht aus dem Jahr 1907) gibt einen kurzen Überblick über einige hundert „Versuche mit kommunistischen Niederlassungen“ in der Zeit zwischen 1850 und 1900, mit insgesamt einigen hunderttausend Mitgliedern.
    Morris zählte dazu 1. Religiöse Gemeinschaften mit Gütergemeinschaft, (Shakers, Rappisten, Zoariten, Amaniten, Bethel und Aurora, und Oneida;
    2. Owensche Gemeinden,
    3. foureristische Gemeinden
    und 4. Ikarier-Gemeinden.
    Auf die zusammenfassende Darstellung der einzelnen Gemeinden von Hillquit gehe ich hier nicht weiter ein. Sie geht nicht wesentlich über die hier angegebenen Links von Wikipedia hinaus.
    Aber das Resümee von Hillquit ist vielleicht erwähnenswert:
    “Am auffälligsten bei diesen Experimenten ist das ungleiche Maß von Erfolg, den die verschiedenen Gruppen erzielten. Die …. religiösen Gruppen sind hinsichtlich ihrer durchschnittlichen Lebensdauer wie des Grades ihres materiellen Wohlstandes zweiffellos am erfolgreichsten gewesen. Die meisten der als religiös klassifizierten Gesellschaften haben mehr als ein halbes Jahrhundert bestanden, einige wenige bestehen noch und haben ein ganzes Jahrhundert hinter sich. …
    Die Laufbahn der nichtreligiösen Gemeinden war dagegen in der Regel kurz und voll Mühsal. Die durchschnittliche Lebensdauer der Gemeinden der Owenschen Gruppe war kaum länger als zwei Jahre, die der fourieristischen Phalangen, mit … drei bemerkenswerten Ausnahmen … war nicht länger, und die der ikarischen Gemeinden befanden sich stets im Zustande der Auflösung und Reorganisation. Ferner brachten es diese Gemeinden niemals auch nur zu dem bescheidensten Wohlstand; mit wenig Ausnahmen lebten sie in tiefer Armut.“

    http://marx-forum.de/Forum/board6-was-wollen-wir-eigentlich/p1244-morris-hillquit-kommunistische-gemeinschaften-in-den-usa-historischer-r%C3%BCckblick/#post1244

  94. franziska
    28. Oktober 2013, 13:23 | #94

    (Teil 2)
    Man sollte einen Grossteil meiner Bemühungen hier verstehen als Ausdruck der Absicht, die ich schon früher hier verfolgt habe, nämlich nach fundamentalen Kontroversen zu suchen, von denen andere (etwa über praktische Konsequenzen) bloss abgeleitet sind.
    Im vorliegenden Fall gibt es nach meiner Rekonstruktion (das kann sich andern anders darstellen, darüber wäre zu reden) eine solche fundamentale Kontroverse, die sich um den Begriff „Lernen“ oder „Lernprozess“ und damit zusammenhängende aufbaut.
    Symptomatisch war in diesem Zusammenhang eine bereits früher begonnene, aber wegen ausbleibender Antworten von mir derzeit nicht weitergeführte Debatte über die Zuschreibbarkeit von Prädikaten wie „hat noch nicht gesehen, dass…“ „denkt nicht an…“. Grob gesagt, vertrat Krim in dieser Debatte den Standpunkt, dass negierte Ausdrücke nichts zur „Bestimmung einer Sache“ beitragen können. Meine Erwiderung ging aus von dem Gedanken, dass es hier um eine ganz besondere Sache, oder besser die Nicht-Sache (oh, negativ?) schlechthin geht, nämlich Handlungen und „Interaktionen“ – Handlungsabfolgen, an denen verschiedene Personen beteiligt sind, die auf voraufgehende Handlungen anderer Personen reagieren. Mein letzter Beitrag dort und die nachfolgenden Antworten Krims enthalten vielleicht nützliche Hinweise für den Einstieg in die Überlegungen hier:
    http://fk.siteboard.eu/p1294-staats-systemdebatte-mit-franziska.html#p1294 )
    Man sieht vielleicht bereits einen fatalerweise doppelten Zusammenhang mit der HIER besprochenen Differenz:
    a) „Lernprozesse“ (nicht im Sinne der Verhaltenstheorie, sondern bei vernünftigen Wesen, also Personen) sind das Musterbeispiel (vielleicht sogar der Oberbegriff oder die Kategorie) für Zuschreibungen der Art „X hat noch nicht gedacht an…“, „X sieht noch nicht…“, allerdings auch: „X hat noch nicht gemerkt, dass..“, „X weiss nicht, dass…“
    In diesen Zuschreibungen ist implizit immer ein VERHÄLTNIS des momentanen Geisteszustands von X zu demjenigen dessen ausgedrückt, der die Zuschreibung äussert: Der Sprecher jedenfalls HAT gedacht an, sieht, hat gemerkt und weiss – er muss es sich SELBST zuschreiben (lassen).
    ((Man erkennt auf diesem Hintergrund die relative (und stilstisch gewollte) Unsinnigkeit solcher Redewendungen wie „Wir alle haben uns noch garnicht bewusst gemacht, wie sehr…“. (läuft oft hinaus auf ein: wir müssten/sollten uns in unserer Praxis viel stärker darauf einstellen, dass…).
    Viel wichtiger aber ist die ebenfalls relative (und polemisch gewollte) Unsinnigkeit solcher „kritischer“ Anreden wie „du siehst nicht, dass…“, „du leugnest den Zusammenhang von..mit…“, oder, Standard-Form von GSP-lern: „Du willst nicht sehen, dass…“))
    Aber es gibt da diese zweite Implikation: Der Zuschreiber spricht die Erwartung aus, dass X fähig ist, an… zu denken, zu sehen, dass.. usw UND dass X (ev. unter angebbaren Umständen) an..denken WIRD, sehen WIRD…
    Die dritte Implikation ist vielleicht so auszudrücken: …und wenn (auch dann) nicht, wäre ich (Zuschreiber) sehr verwundert über X/ könnte X nicht mehr verstehen.
    Hinter dieser ganzen Redeweise steckt eigentlich eine viel allgemeinere Redeform, nämlich die Zuschreibung von DISPOSITIONEN, und die kann man sowohl „Sachen“ zuschreiben als auch Personen; auch an Sachen kann etwas Erwartbares (und ev. von Voraussetzungen, Auslösebedingunugen Abhängiges) „noch nicht“ stattgefunden haben.
    Personen wiederum sind solche „Sachen“, deren Haupt-„Bestimmung“, Vernünftigkeit (unter Normalumständen), geradezu definiert werden könnte als die Disposition, ständig (um-, aber dabei vor allem) DAZU zu LERNEN, und („vernünftige“) Konsequenzen aus ihrer (anwachsenden) Gesamterfahrung (dazu zählt auch die glauibwürdig berichtete Anderer) zu ziehen.
    b) Das Fatale der gegenwärtigen Kontroverse ist: Dass sie selbst einer der Fälle ist, von denen sie handelt. Ich habe in meinem letzten Beitrag mehr oder weniger eine Zuschreibung der genannten Art ausgesprochen: Die Vertreter von Positionen wie der von Mattis oder Krim zeigen (angeblich; ich behaupte es), dass sie (nicht beeinflussbare) Lernprozesse in ihren Einschätzungen der Verhältnisse NICHT berücksichtigen. Dabei ist meine Erwartung angesichts des bisherigen Verlaufs der Debatten, dass man sie darauf auch nicht einfach aufmerksam machen kann. In ihrer eignen und GSP-Ausdrucksweise könnte man sagen: Sie wollen sie nicht berücksichtigen. In meiner Perspektive auf den Sachverhalt gesprochen, müsste es eher heissen: Sie können es nicht wollen – sie haben in ihrer Situation keinen vernünftigen Anlass, autonome und unbeeinflussbare Lernprozesse als mögliches Verzögerungsmoment in Betracht zu ziehen. Sie sind selbst ein Beispiel für einen Lernprozess, der noch nicht stattgefunden hat, und – unter anzugebenden Voraussetzungen – zu erwarten ist – derart, dass, wenn auch unter diesen Voraussetzungen die Erwartung sich nicht erfüllt, jedenfalls ich Krim und Mattis nicht mehr verstehen könnte.
    Damit ist die Kategorie angesprochen, die hier eigentlich ständig betätigt wird: Verstehen(können), letztlich aber: Rationalität. Denn eine Einstellung oder Handlungsweise verstehen heisst, sie als vernünftige Reaktion auf den (oder einen, möglicherweise) gegebnen Erfahrungsstand einzuschätzen (zu beurteilen) – dauerhaft (nicht nur vorübergehend, als Wirkung von Affekten, schlechter körperlicher Verfassung usw) unvernünftige Reaktionen auf einen nachweislich bekannten Erfahrungsstand sind unverständlich.
    Die Schwierigkeit bei dem ist: Die Beurteilung des aktuellen geistigen Zustands von Leuten, auch bloss ihres Erfahrungsstands, ist kaum je möglich. Schliesslich ist man zu dessen Ermittlung bzw Kennenlernen auf die aktive Mitwirkung (und nicht zuletzt ausgebildete Befähigung dazu) der Betreffenden angewiesen. Meist geschieht sowas nicht einseitig, sondern in einem Prozess der VERSTÄNDIGUNG, der fast immer engen persönlichen Kontakt über lange Zeit voraussetzt.
    Die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen wir leben, sind unter anderm auf dem Versprechen (oder dem weit verbreiteten Glauben) aufgebaut, dass Handlungen von grossen Zahlen von Menschen koordiniert und auf dauerhaft nicht mehr bestrittene Prioritätensetzungen hin ausgerichtet werden können, ohne dass sie verständigt sein müssten.
    Die von MIR befürworteten Vorgehensweisen beruhen auf der Einschätzung, dass dieser Glaube ein fürchterliicher, epochaler Fehler ist.
    Die kommunalistischen Vorgehensweisen insgesamt beruhen auf der uU zumindest geahnten Einschätzung, dass Verständigung eine wesentliche Voraussetzung darstellt für den Aufbau zuverlässiger gesellschaftlicher Beziehungen zum Zweck einer von allen Beteiligten zwanglos gemeinsam mitgetragenen bedürfnisgerechten (usw) Reproduktion.
    Nicht-Kommunalisten (immer in der von mir hier benutzten vorläufigen Terminologie geredet) scheinen den betreffenden Glauben in gewissem Umfang zu teilen, und ihre (nicht-manipulativen) Einwirkversuche auf Adressaten darauf abzustellen. Sie müssen das ja auch, wenn ihre Praxis irgend zweckmässig erscheinen soll.
    Bei Mattis ist die Sache besonders undurchsichtig, weil er seine doch sehr ausgedehnten Bemühungen um die Gestaltung des Entscheidungs- und Planungsprozesse im konkurrenzfreien Gesellschaftszustand flankiert mit einem verblüffenden Eingeständnis von Ohnmacht (s.o,): Wer weiss schon, was den gängigen Opportunismus der Menschen erschüttern wird?
    Krim hingegen bezeichnet (nicht-manipulative) Agitation als „Mittel“ – wobei ich unterstelle, dass Agitation so etwas ist wie der Vortrag sinnvoll Themen- und Adressaten-(Positionen-)bezogener Kritikstücke. Das zu Kritisierende ist dabei im weitesten Sinne immer die Bejahung ihrer gesellschaftlichen Position als „Eigentümer“ durch die Adressaten. Die Kritik konfrontiert die Äusserungen unterschiedlichster Adressaten sachgerecht mit dem dazu passenden Argument, das die grundsätzliche Nachteiligkeit der Einstellung beweist speziell für Lohnarbeiter, und die Vermeidbarkeit des Nachteils durch Übergang in einen eigentumsfreien Zustand (ohne gleichgrosse oder grössere Nachteile sich einzuhandeln) aus der Sicht Krims, die er für objektiv, also unmittelbar für jeden nachvollziehbar hält.
    Krims agitatorische Rede unterstellt Adressaten, die einen Grund sehen, zum Ganzen der Verhältnisse, und deren allgemeinster Charakterisierung (ihrem Begriff) eine jederzeit explizierbare Stellung einzunehmen, die sie gegen (beinah) beliebige Einwände (naja, das macht nichtmal Krim) verteidigen oder angesichts widerlegender Evidenz aufgeben.
    Die Verhältnisse selbst aber sind so gestaltet, dass sie (ihr objektiver Verlauf, die Erklärungen, die dafür massenhaft und üblicherweise gegeben werden) nichts weniger bieten als einen solchen Grund. Die Mentalitäten, die sich in den in diesen Verhältnissen normalen Bildungsprozessen bilden, sind ihrerseits nichts weniger als darauf angelegt, solch einen Grund zu erkennen. – Krim wiederum unterstellt als Agitator Adressaten, die zwar eine andere Überzeugung haben als er – aber etwas VERGLEICHBARES und auf vergleichbare Weise, wie er selbst es handhabt, Veränderliches, dem man bloss noch den selben INHALT geben muss – indem man dieselben (Argumentations)Schritte geht, die Krim gehen würde, wenn.. wenn derselbe Inhalt in SEINEM Kopf und SEINER Umgangsweise damit anzutreffen wäre. Aber dann wäre er ja längst verschwunden. Krim verhält sich nun beim Vermitteln seiner Weise des Umgangs mit der (eigentlich von vorneherein nur für unerheblich anders, nämlich für der Krimschen Erfahrung vergleichbar ausgegebenen) Erfahrung, als wäre es seinerseits ein Stück Erfahrung, das dem Adressaten FEHLT: Er teilt ihm also das noch fehlende mit, und lenkt die Aufmerksamkeit des Adressaten nach Kräften auf dies Fehlende. Aber der Erfahrungsstand des Adressaten ist kein dem Krimschen vergleichbarer; er motiviert den Adressaten NICHT dazu, mit SEINER Erfahrung so umzugehen, wie Krim es mit seiner eignen tut und mit der des Adressaten tun würde. Das, was dem Adressaten DAZU fehlt, zu vermitteln, ist aber um Grössenordnungen schwieriger und gewiss auch anders, als was Krim sich unter Agitation vorstellt. Denn… dieser Erfahrungsstand konstelliert bei seinem Träger ganz bestimmte (Des)Interessen und Fragerichtungen – ihm ist bestimmtes wichtig und anderes nicht. Nur in DIESEM Rahmen kann er solches erfahren, das ihn vergleichbare Schritte zu tun motiviert, wie Krim sie zurücklegen musste, um zu SEINER Umgangsweise mit Erfahrungen zu kommen. Welche sind das? das sich anzuschauen, wurde Krim immer wieder mal von mir aufgefordert (er sollte es eigentlich von sich aus tun wollen). Denn wenn er sich DAS bewusst gemacht hat, wird ihm vielleicht auffallen, welche vergleichbaren Schritte sein Adressat WIRKLICH zurückzulegen hätte – und was er dafür erleben oder bestenfalls (im Rahmen seiner jeweiligen Interessen) erzählt (!) bekommen müsste. Das gilt übrigens sogar für zweite und dritte Krims. Denn auch Krim interessiert sich beileibe nicht für alles, wofür sich jemand interessieren kann, der GRUNDSÄTZLICH seine Zustimmung oder Ablehnung von (eingesehenen) Gründen abhängig macht. Aber PRINZIPIELL könnten die Krims sich immerhin einigen….

  95. Krim
    28. Oktober 2013, 16:37 | #95

    „sondern dass man damit nur Machtkonkurrenz etabliert.“ Das ist halt gelogen. Der S t a a t etabliert eine Machtkonkurrenz, wenn er meint, dass kommunitische Agitatoren stören. Aber bloß weil der Staat zu Kommunisten vielleicht die Stellung einnimmt, sie wären eine Machtkonkurrenz – etablieren Kommunisten noch lange keine Machtkonkurrenz. Das ist doch erstunken und erlogen. Wenn es um Machtkonkurrenz ginge, dann müsste man Waffenlager einrichten, Schießübungen veranstalten und so Zeug. Das ist einfach infam, so etwas zu behaupten. Die MG hat sich a u f g e l ö s t als der Staat sie als Gegner ins Visier genommen hat. Wären sie auf Machtkonkurrenz aus gewesen, hätten sie das wohl kaum gemacht. Das kann den Kommunalisten genauso passieren. Denn entweder sie sind bloß eine kapitalistische Reproduktionsgemeinschaft, dann ist auf sie sowieso geschissen oder sie wollen die Leute überzeugen von der Schädlichkeit von Eigentumsverhältnissen. Dann sind sie Gegner und früher oder später macht der Staat i h n e n eine Machtkonkurrenz auf. Wenn Leute die bloß s a g e n der Kapitalismus sei kritikabel ins Visier der Staatsorgane geraten, dann doch Leute erst recht die das sagen und das Gemeineigentum p r a k t i s c h einrichten.
    „man tut da nichts für die eigenen Bedürfnisse,“ Doch Kommunimus ist was für die eigenen Bedürfnisse und wenn Staat und Kapital alles tun, um einem das Leben schwer zu machen, dann liegt es an Ihnen, dass für’s Bedürfnis nichts rüberkommt. Das ist die nächste infame Lüge, einfach die Sauereien des Kapitalismus ihren Gegnern in die Schuhe zu schieben. Dass im Kapitalismus nichts für’s Bedürfnis rüber kommt ist der A u s g a n g s p u n k t der Kritik an ihm und nicht die Schuld von Kommunisten.
    „dass die ihrerseits nicht realisierbar seien, weil das zur Ergebnismenge nur beiträgt, dass eben keine der Änderungsvorstellungen umsetzbar ist.“ Na eben, deshalb ist der Vorwurf man würde nichts für’s Bedürfnis tun im Kapitalismus ja so riegelblöd. Denn könnte man im Kapitalismus einfach was für sein Bedürfnis tun, dann bräuchte es seine ja nicht.
    „- man äußert die Kritik als Teil der Bewusstseinsbildung in dieser Gesellschaft. Das ist was anderes als Agitation,“ Nein ist es nicht.
    “ weil man das Denken so nicht dem Zweck der Herstellung einer Gegenmacht, „ Dass bei Kommunisten das Denken der Herstellung einer Gegenmacht unterworfen wird, war eh immer bloß deine verlogene Unterstellung.
    „also einer feststehenden Änderungsvorstellung (Machtfrage) unterwirft.“ Als würde es sich um eine fixe Idee handeln und nicht um die Konsequenz daraus dass das bürgerliche Gewaltmonopol a l l e n Änderungsvorstellungen der Gesellschaft, ob fix oder veränderlich, immer mit seiner Gewalt kommt. Begreif doch endlich mal, dass man die Gewaltfrage vom bürgerlichen Staat a u f g e d r ü c k t kriegt. Niemand der Veränderung wünscht muss sich selbstständig von sich aus als Gegner aufstellen. Das geht vom Staat aus. Das passiert nicht nur Kommunisten. Im dritten Reich ist das auch Juden und anderen Gruppen passiert, die alles andere sein wollten als Staatsgegner, die sich noch nicht mal über Gesellschaftsveränderung definieren.
    „Form und Inhalt der Kritik werden nach dem Kriterium der Erklärung der Verhältnisse und nicht dem des „In-Bewegung-Setzens“ (agitieren) entwickelt.“ 1. Der Staat macht da überhaupt keinen Unterschied. 2. Ist das doch sowieso ein und das selbe, weil bei die Erklärung der Gesellschaft eben ihre Kritik i s t. Umgekehrt: Wer sich die Gegenstände entlang dem Interesse nach Agitation erklärt, der macht sowieso was falsch und wäre dafür zu kritisieren. Sag doch mal wie man sachlich Ausbeutung erklärt ohne Kritik. Wie soll das gehen? Der Arbeiter wird bezahlt für die Überlassung seiner Arbeitskraft und der von ihm geschaffene Neuwert, reproduziert seinen Lohn überträgt den Wert des fixen Kapitals und bereichert den Kapitalisten, vermehrt sein Kapitals. Wie kann das keine Gesellschaftskritik sein? Es gibt eine Reichtumsform in der sich einige, weil sie über Kapital verfügen, die Potenzen der Reichtumsvermehrung privat aneignen können, während andere dazu gezwungen sind diese Potenzen abzutreten, um zu überleben.
    „Das sind also ersteinmal keine Vorläufer irgendwelcher Gesellschaftsvorstellungen, sondern unmittelbar gezogene praktische Konsequenzen der eigenen Kritik.“ Konsequenz der eigenen Kritik ist es auch „Ausländer raus“ zu fordern, weil die ja deutsche Arbeitsplätze wegnehmen. Wenn es zugegebenermaßen kein Vorläufer einer Gesellschaftsvorstellung ist, wie kann es dann eine richtige praktische Konsequenz sein.
    „Softwareentwicklung kennt Mattis sich nicht aus“ Klar. Der einzige der sich auskennt, bist sowieso immer bloß du.
    “ so wie aus ihrer Perspektive ihnen der Kapitalismus aufgezwungen wird.“ Das ist nun nicht bloß ihre Perspektive, sondern das ist wirklich so. Kommunisten wird das Eigentum wirklich aufgezwungen.
    @franziska: „Erfahrung, als wäre es seinerseits ein Stück Erfahrung, das dem Adressaten FEHLT:“ Zum tausendsten mal, Nein. Ich argumentiere nicht mit meinen Erfahrungen, die anderen fehlen. Ich weise die Fehler in ihren e i g e n e n Gedanken nach, die sie wirklich haben und nicht nicht haben.
    „er motiviert den Adressaten NICHT dazu, mit SEINER Erfahrung so umzugehen, wie Krim es mit seiner eignen tut und mit der des Adressaten tun würde.“ Das wäre ja auch irgendwie blöd von den Leuten einfach zu verlangen, sie sollen tun, was ich tue. Man muss ihnen schon zeigen, dass das, was sie selbst tun und denken einen Widerspruch aufweist.

  96. franziska
    28. Oktober 2013, 17:55 | #96

    @Krim
    „Ich argumentiere nicht mit meinen Erfahrungen, die anderen fehlen.“ – Ich sagte bzw meinte: Du verhältst dich so, wie es angemessen wäre, wenn man jemandem einen (empirischen) Sachverhalt berichtet, den er nicht kannte und der, bezogen auf seine momentanen Zwecke, einen bedeutsamen Unterschied (im Handeln) macht. Aber dieses DEIN Tun-als-ob-es dem Adressaten angemessen wäre, versetzt den doch noch lange nicht in diese Position, stattdessen findet er das garnicht wichtig, deine Gesichtspunkte überhaupt abwegig, versteht deine Begriffe nicht und sieht auch keinen Grund, deine Einschätzungen nachzuvollziehen oder allererst für sich auszubilden usw. Mit einem Wort: Er nimmt dein Argument nicht auf und sieht keinen Grund es zu tun. Du bist nicht Herr über seine Aufmerksamkeit und Aufmerksamkeits-Organisation (sein Begriffssystem) und die aktuellen Motive, die darauf Einfluss haben. Trotzdem nennst du Agitation ein Mittel. Das ist seltsam angesichts dieses von mir reichlich geschwollen vorgetragenen schlichten Sachverhalts, dass er (dh die riesengrosse Mehrheit aller Adressaten) an deiner Kritik kein Interesse hat und auf seinen Grundlagen nicht haben KANN.
    „Man muss ihnen schon zeigen, dass das, was sie selbst tun und denken einen Widerspruch aufweist.“ Ach ja – wo machst du denn das? An der Haustür – Marx‘ Zeugen beim Predigtdienst? In der Kneipe beim Bier? In der wöchentlichen Wurfsendung „auch diese Woche wieder: die Welt aus antikapitalistischer Sicht“?
    „Agitation ist ein Mittel“ – das ist alles bloss kein praktisch gemeinter Satz. Eher vielleicht… ein Glaubensbekenntnis…?
    „Wie kann das keine Gesellschaftskritik sein?“ Zum Beispiel, weil die ewiggleiche Litanei sich anschliesst (sofernder Gedanke verstanden wurde; wer versteht sowas auf Anhieb?), auf die das noch keine Antwort gibt: Weil das immer noch besser funktioniert als… (zB Krim- oder Mattis-Kommunismus…)
    Ums mal ganz praktisch zu wenden: Im Marxforum hat sich eine Studentin gemeldet, die Fragen zum 1.Bd Kapital fürs Examen hatte. Privat schrieb die mir: „Eins kapier ich nicht – der beschreibt doch eigentlich bloss. Wo ist denn da die Kritik?“
    Das Problem war, dass sie garkeine Verständnisprobleme mehr hatte. Die hatte Marx gut begriffen. Und… die ist nicht die einzige.

  97. 28. Oktober 2013, 19:47 | #97

    Peter Decker 1991 in Ostberlin:
    „Wir stehen vor Werkstoren in Westdeutschland an jeder größeren Fabrik. Und dann sagen die Leute, „brauchen wir nicht“, und will bedeuten: Es tut mir herzlich leid: Ich bin Familienvater, und habe einen Ratenkredit für mein Auto. Deine Argumente helfen mir beim Zurechtkommen nichts. Da hat er wirklich recht. Jedes Sonderangebot in einem kostenlosen Werbeblatt ist für den nützlicher – bei seinem Zurechtkommen – wie unsere Kritik. Unsere Kritik, die will ja etwas ganz anderes: Überlege dir einmal, ob du gut daran tust, dich nach jeder Decke zu strecken, die die vor dir aufrichten. Wir wollen doch die Leute fragen, ob sie nicht einmal bei ihrem Zurechtkommen Wollen einen Augenblick Pause machen wollen? Einen Augenblick bereit sind, darüber nachzudenken, bei was wollt ihr eigentlich zurechtkommen? Und dann sagen die uns darauf: Tut mir leid, ich habe gerade keine Zeit, ich muß jetzt gerade zurechtkommen..“
    Sozusagen das Standard-Zitat seitens der MG (des GSPs).

  98. libelle
    28. Oktober 2013, 20:28 | #98

    Libelle:
    „sondern dass man damit nur Machtkonkurrenz etabliert.“
    Krim:
    Das ist halt gelogen. Der S t a a t etabliert eine Machtkonkurrenz, wenn er meint, dass kommunitische Agitatoren stören.

    Und Kommunisten etablieren keine Machtkonkurrenz, wenn sie meinen, dass der Staat stört und abgeschafft werden müsse und von mir aus dagegenhalten, wenn sie es können? Welche Perspektive gewinnt so ein abgrundguter, in seinem Anliegen unkritisierbarer edler Kommunist auf seine Mitstreiter in diesem Fall? Nicht die Machtbasis in der Auseinandersetzung mit dem Staat zu sein? Fragt der sich nicht, wie er den Machtkonkurrenten, der der Staat für ihn in dem Augenblick ist in die Knie zwingen kann? Behandelt der die für die Gegenseite streitenden Menschen nicht als zu bekämpfende Machtbasis des Gegners?
    Und selbstverständlich tun solche Kommunisten der ganzen Gesellschaft einen Gefallen, wenn sie sie in ihre Sorte Inferno stürzen, wie sich sicher auch ganz Kolumbien bei der FARC bedankt, dass es schon mehr als 40 Jahre im Bürgerkrieg leben darf. Doch halt! Krimkommunisten wollen was gaaaaaanz anderes als die FARC und der Staat, nett wie er ist, lässt sie da gewähren und gestaltet die fällige Auseinandersetzung nicht nach dem Gesichtspunkt seine Gegner einfach mit allen verfügbaren Mitteln fertigzumachen, sondern es scheint für die Guten (die Krimkommunisten) dabei Fairnesspunkte und Rücksichten hinsichtlich der einzusetzenden Mittel zu geben. Umgekehrt scheinen die Krimkommunisten sich auch nicht an die Notwendigkeiten der Machtkonkurrenz, die sie nicht wollen, auch wenn sie sie betreiben, halten zu müssen.

    Aber bloß weil der Staat zu Kommunisten vielleicht die Stellung einnimmt, sie wären eine Machtkonkurrenz – etablieren Kommunisten noch lange keine Machtkonkurrenz.

    Eine Konkurrenz kann man nun mal nicht allein einrichten. Versuch‘ mal allein um die Wette zu laufen! Maximal kannst Du gegen Dich in der Vergangenheit laufen (gegen die Zeit, die Du mal gelaufen bist, aber dazu musst Du Dich auch verdoppeln)

    Das ist doch erstunken und erlogen. Wenn es um Machtkonkurrenz ginge, dann müsste man Waffenlager einrichten, Schießübungen veranstalten und so Zeug.

    Du weißt überhaupt nicht, was Macht ist. Das hat im engeren Sinn mit Gewehren nichts zu tun. Das Verhältnis von Gewehren zur Macht ist, dass es sich dabei um Geräte handelt, mit denen man vermittlungsarm – eben durch Zwang – Macht (Gefolgschaft) herstellen kann. Im Verhältnis zum Gegner sind es die Mittel der Zerstörung seiner Macht (durch abknallen seiner Leute). In eine Machtkonkurrenz einzutreten heißt einen gegnerisches Willenskontinuum mit praktischer Absicht zu einer Auseinandersetzung aufzubauen – und genau das hat die von Dir erwähnte MG gewollt. Zu dieser Machtkonkurrenz gehört dann auch der Einsatz von Gewehren, wenn das einer der beteiligten Parteien als Mittel erscheint den Gegner kleinzubekommen und dann hat die jeweils andere Partei nur die Möglichkeit von ihrem Gegner zu lernen oder ihn gar noch zu übertreffen oder aufzugeben. In einer Machtkonkurrenz hat man nichts mehr in der Hand, weshalb es eine faustdicke kommunistische Lüge ist, das dabei irgendwas für die Bedürfnisse der Leute herauskäme oder an ihrem Ende der schöne Kommunismus stünde. Das gilt nicht einmal für den Fall eines kommunistischen Sieges, für den einer Niederlage oder einer einfach andauernden Auseinandersetzung gilt das schon gleich nicht.

    Das ist einfach infam, so etwas zu behaupten. Die MG hat sich a u f g e l ö s t als der Staat sie als Gegner ins Visier genommen hat. Wären sie auf Machtkonkurrenz aus gewesen, hätten sie das wohl kaum gemacht.

    Dass die MG Machtkonkurrenz gewollt hat, heißt nicht, dass sie blöd waren. Natürlich steigt man in die Konkurrenz nicht ein, wenn man in ihr nichts zu bestellen hat bzw. gibt eben auf, um unnötigen Schaden zu vermeiden. Das schließt ein, dass der für die Durchsetzung ihrer Vorstellung von Gesellschaft nötig gehaltene Schaden niemandem, auch denen, die nichts mit der MG am Hut hatten, erspart geblieben wäre.

    Das kann den Kommunalisten genauso passieren.

    Ja, habe ich ja oben geschrieben. Nachzulesen ist da auch, wie dann damit umgegangen wird.

    Denn entweder sie sind bloß eine kapitalistische Reproduktionsgemeinschaft, dann ist auf sie sowieso geschissen oder sie wollen die Leute überzeugen von der Schädlichkeit von Eigentumsverhältnissen. Dann sind sie Gegner und früher oder später macht der Staat i h n e n eine Machtkonkurrenz auf. Wenn Leute die bloß s a g e n der Kapitalismus sei kritikabel ins Visier der Staatsorgane geraten, dann doch Leute erst recht die das sagen und das Gemeineigentum p r a k t i s c h einrichten.

    Der Staat kann eine Machtfrage stellen und versuchen damit Gefolgschaft zu erzwingen (und so Menschen, die etwas anderes wollen in sein Willenskontinuum vermittlungsarm d.h. gewalttätig einsortieren). Nur: wenn man ihm auf diese Frage antwortet wie er, dann macht man auch das gleiche und nicht irgendwas anderes, bedürfnisbefriedigendes!
    Die Ideologie an obiger Vorstellung ist, mit dem Interesse die Gesellschaft gewaltsam zu verändern eine Auseinandersetzung in der Zukunft anzunehmen, vor der man eine Macht- und dann auch Gewaltkonkurrenz mit dem Staat bejahen soll.
    Mit dem Blick auf die eigenen Bedürfnisse ist auf Kommunen eben nicht geschissen. Der Gedanke, den du oben ausbreitest ist insofern entlarvend. Bedürfnisse und Bedürfnisbefriedigung werden von Kommunisten vor ihrer Messlatte „Kommunismus“ eben regelmäßig praktisch wie theoretisch und systematisch negiert.
    Man kann schon diskutieren wann und wie man in den Blick der Staatsorgane gerät. Das hat aber keinen Sinn, wenn noch nicht verstanden worden ist, dass der Staat allein keine Machtkonkurrenz eröffnen kann, weil man so nicht in der Lage ist den eigenen Beitrag an diesem Umstand zu erkennen.
    Die Widerlegung der restlichen dreisten kommunistischen Lügen findet man hier im Blog verteilt, ich habe einfach keine Lust mich ständig zu wiederholen.

  99. Mattis
    28. Oktober 2013, 20:46 | #99

    @franziska;

    „Bei Mattis ist die Sache besonders undurchsichtig, weil er seine doch sehr ausgedehnten Bemühungen um die Gestaltung des Entscheidungs- und Planungsprozesse im konkurrenzfreien Gesellschaftszustand flankiert mit einem verblüffenden Eingeständnis von Ohnmacht (s.o.): Wer weiss schon, was den gängigen Opportunismus der Menschen erschüttern wird?“

    Was ist daran undurchsichtig oder widersprüchlich?
    1. Ich beschreibe eine Tatsache. Dass du sagst, man müsse weiter fragen, woher der Opportunismus kommt, ist ja auch keine Antwort, und selbst wenn du eine bekommst, ist damit der Opportunismus ja nicht weg. Ich sehe diesbezüglich momentan das Ende der analytischen Möglichkeiten.
    2. Ohnmacht würde heißen: man könne nichts tun. Das stimmt nicht. Du kannst die Position verbreiten, die du für richtig hältst, kannst an den offenen Fragen arbeiten, die endlich mal zu beantworten wären. Ich hab das mal mit „Grundlagenforschung“ verglichen – bei der weiß man auch nicht im voraus, wann ihre Ergebnisse wirklich zum Tragen kommen. – Man kann publizieren, auf verschiedene Weise. Irgendwelche kritischen Köpfe lesen immer mit, die lesen z.B. auch gerne die Kommentare von Online-Zeitungen. Wie auch immer. – Fehlender Erfolg bedeutet jedenfalls nicht Ohnmacht. Vielleicht erreichst du nur wenige, aber dann erhalten und tragen vielleicht diese wenigen das Wissen weiter bis zu einem Punkt, wo in größerem Umfang Interesse und Nachfrage sich einstellen. Niemand kann das ausrechnen, aber dass der Kapitalismus das Ende der Geschichte ist, glaubst du das? Dass es keine großen Erschütterungen (auch des Bewusstseins) mehr geben wird? Wieviele Jahrtausende sind es noch bis zum Absterben der Sonne?

  100. Hans
    28. Oktober 2013, 21:47 | #100

    „Eine Konkurrenz kann man nun mal nicht allein einrichten.“
    Eben. Konkurrenten können nämlich fürs Einrichten der Konkurrenz nix, sonst würden sie ja nicht „wettstreiten“, sondern sich als Sieger festlegen. Deswegen ist es erst recht in der Verallgemeinerung blöd, entgegengesetzten Interessen vorzuwerfen, sie hätten das gemeinsame Ziel ihrer wechselseitigen Konkurrenz, bloß weil sie sich am demselben Gegenstand austoben.
    Der Lackmustest. Eine solch hohle „Konkurrenz“ (mindestens zwei sich widersprechende Interessen beanspruchen Gültigkeit oder „Gefolgschaft“!) ließe sich auch ohne Umscheife dem Autor solcher Abstraktionen nachsagen: da benutzt jemand den Trick, Gegnern ihre Gegnerschaft als Gemeinschaftsprojekt unterzujubeln, um mit dem Nebelschleier „Konkurrenz“ deren Gegensätze als eine Soße verrühren zu können – immer diese Konkurrenzgeier beim Argumentieren!
    „Bedürfnisse und Bedürfnisbefriedigung werden von Kommunisten vor ihrer Messlatte „Kommunismus“ eben regelmäßig praktisch wie theoretisch und systematisch negiert.“
    Wie die das wohl machen? Ein paar Bier weniger trinken? Gemeint ist: weil Bedürfnisse im Kapitalismus nur für Geld Gültigkeit besitzen, sind Kommunisten die systematische Negation von Bedürfnissen. Denn die wollen diese Bedingung nicht, also(!) vergeht sich deren „Messlatte“ an den Bedürfnissen selbst. Man muss sich den Kapitalismus bloß als kostenlosen Selbstbedienungsladen zurechtdenken, dann erscheinen einem Kommunisten wie gemeine Räuber!

  101. Mattis
    28. Oktober 2013, 23:15 | #101

    Die Amish sind für nichts, was hier debattiert wurde, ein passendes Beispiel.
    Die relative Stabilität der Amish-Gruppen wird vor allem durch ziemlich autoritäre Strukturen aufrechterhalten; straffe Führungshierarchien, „gottgewollte“ Unterordnung der Frauen. Das sind keine freiheitsliebenden Kommunen, sondern selber staatsähnliche Vereinigungen mit eigener inoffizieller Gerichtsbarkeit. Sie arbeiten ordentlich viel, müssen trotzdem vieles am Markt verkaufen, das Land wird knapp wegen der hohen Geburtenrate; die Gesundheit ist nicht so robust wie gerne beschrieben, durchaus auch Diabetes und Depressionen.
    Wenn übrigens wirklich jeder fünfte Jugendliche die Amish verlässt, ist das ganz schön viel. Scheint also nicht ganz so attraktiv zu sein dort. Man lässt sie ziehen, dann muss man sich nicht mit unbequemen Modernisierern oder Homosexualität auseinandersetzen – für Nachschub wird ja heftigst gesorgt, da dürfen die Frauen nicht nein sagen.
    Mal zum Vergleich: wenn 20% der Jugendlichen dem Kapitalismus adieu sagen würden, das würde ordentlich auffallen.

  102. Krim
    29. Oktober 2013, 01:26 | #102

    “ Du verhältst dich so, wie es angemessen wäre, wenn man jemandem einen (empirischen) Sachverhalt berichtet, den er nicht kannte“ Auch das stimmt nicht. Ich tue nicht so, als würden die Leute bloße Irrtümer begehen, über die man sie nur aufklären müsste, damit sie ihre Ansichten ändern. Ich weiß schon, dass die Leute interessierte Urteil fällen, weil sie die Gesellschaft als ihr Mittel betrachten wollen. Weil die Gesellschaft das nicht ist, machen sie Fehler und diese kann man ihnen vorhalten und dabei hoffen, dass sie ihre interessierte Stellung überdenken.
    „dass er (…) an deiner Kritik kein Interesse hat und auf seinen Grundlagen nicht haben KANN.“ Klar kann er, wenn er meine Kritik einsieht. Es wäre sogar in seinem Interesse. Er „kann“ nur nicht, wenn er sich geistig nicht bewegen will, aber das ist ja keineswegs ausgemacht. Und das ich nicht Herr über seinen Willen bin, ist ja irgendwie auch ein merkwürdiger Maßstab. Das ist ja der Ausgangspunkt. Deshalb versuche ich ja mit sachlichen Argumenten seine Gründe für sein Handeln zu kritisieren. Agitation ist also nicht in dem Sinne ein Mittel, dass man damit automatisch ein Ergebnis erreichen könnte, sowie man ein Fahrrad zum Fahrradfahren braucht. Es ist aber ein Mittel die Grundlagen des fremden Willens, nämlich seine Gründe ein Überprüfung zu unterziehen, die derjenige in meinem Sinne mitmachen kann oder nicht.
    “ Ach ja – wo machst du denn das?“ Hier zum Beispiel. „das ist alles bloss kein praktisch gemeinter Satz.“ Wie praktisch hättest du es denn gerne.
    „Weil das immer noch besser funktioniert als… „ Das ist vielleicht ein Gegenargument, aber keine Charakterisierung meiner Erklärung von Ausbeutung. Zudem wüsste ich mit so einem reichlich dummen Argument durchaus umzugehen.
    „zum 1.Bd Kapital fürs Examen“ Ich hoffe ihr habt sie unsanft darauf aufmekrsam gemacht, dass ein marxistisches Forum nicht dafür da ist, sich Vorteile in der schulischen Konkurrenz zu verschaffen. „Verpiss dich schleunigst wieder, wenn du bloß hier bist, weil du ne gute Note bekommen willst“ ist da die richtige Antwort.
    „Wo ist denn da die Kritik?““ Weil sie Kritik mit Ideologie verwechselt, mit der Äußerung einer persönlichen Einstellung. Für die ist Kritik eben bloß, der negative Abgleich mit den eigenen Einstellungen.
    „Die hatte Marx gut begriffen.“ Glaube ich nicht, aber egal. Mit Kritik ist hier objektive Kritik gemeint, nicht Übernahme einer negativen Einstellung zum Kapitalismus.

  103. Krim
    29. Oktober 2013, 02:16 | #103

    „Und Kommunisten etablieren keine Machtkonkurrenz“ Nein, weil der Staat gar nicht ihr Adressat ist. “ Nicht die Machtbasis in der Auseinandersetzung mit dem Staat zu sein?“ Nein. so einen Mist denkst bloß du dir aus.“ Fragt der sich nicht, wie er den Machtkonkurrenten, der der Staat für ihn in dem Augenblick ist in die Knie zwingen kann?“ Nein. Wie gesagt, der Staat ist überhaupt nicht der Adressat von kommunistischer Überzeugungsarbeit, sondern die Leute.
    „Behandelt der die für die Gegenseite streitenden Menschen nicht als zu bekämpfende Machtbasis des Gegners?“ Eben nicht, sondern als Leute die zu überzeugen sind, von der Verrücktheit und Schädlichkeit des Kapitalismus. Das ist ja absurd, als würden Kommunisten Menschen als Truppen des Gegners „bekämpfen“.
    „wenn sie sie in ihre Sorte Inferno stürzen,“ Genau, nicht der bürgerliche Staat und der Kapitalismus schafft das Höllenfeuer jeden Tag, sondern die letzten versprengten Kommunisten machen das.
    „Mit dem Blick auf die eigenen Bedürfnisse ist auf Kommunen eben nicht geschissen.“ Doch auch im Hinblick auf die eigenen Bedürfnisse. Das ist ja lächerlich, dass man einfach nur die passende Reproduktionsgmeinschaft wählen müsste mitten im Kapitalismus und man lebt gold.
    „In eine Machtkonkurrenz einzutreten heißt einen gegnerisches Willenskontinuum mit praktischer Absicht zu einer Auseinandersetzung aufzubauen – und genau das hat die von Dir erwähnte MG gewollt.“ Das ist auch Quatsch. Man muss überhaupt keine praktische Auseinandersetzung anstreben. Du spinnst, wenn du denkst, dass das jemand wollen kann. Wenn überhaupt, dann wird die Auseinandersetzung von Staat aufgezwungen. Die ergibt sich dann einfach daraus, dass den irgendwas stört. Dem kommst du auch nicht aus, auch als Kommunalist nicht. Wenn du so argumentierst, dann läuft das eben auf angepasstes Mitmachertum raus. Denn sobald du etwas verändern willst, kann ja der Staat kommen und die Auseinandersetzung aufdrücken. Von dir darf man sich dann noch anhören, man hätte Machtkonkurrenz angestrebt. Was der Staat mit dem Niedermachen von Protest beweist.
    „Das hat aber keinen Sinn, wenn noch nicht verstanden worden ist, dass der Staat allein keine Machtkonkurrenz eröffnen kann,“ Sobald er das tut, steht er ja auch schon als Sieger fest. Das geht also, indem er potentielle Konkurrenten zu Verlierern macht. Eine echte Machtkonkurrenz ist das natürlich nicht. Aber die Idee mit der Machtkonkurrenz kam ja auch von dir als Unterstellung an Kommunisten.
    “ Man muss sich den Kapitalismus bloß als kostenlosen Selbstbedienungsladen zurechtdenken,“ Nein. Das von Kommunisten Bedürfnisse negiert werden, denkt libelle sich anders. Er meint, die werden bei ihrem Projekt ständig als Märtyrer verheizt, weil sie ihre freie Zeit drangeben und das hält sie vom konsumieren ab oder vom Geld verdienen und sonstigem „dolce vita“.

  104. Hans
    29. Oktober 2013, 07:23 | #104

    @Krim

    „die werden bei ihrem Projekt ständig als Märtyrer verheizt“

    Und woher kommt die Vorstellung, dass sich Gesellschaftskritiker selbst aufgeben würden? Worin besteht deren Martyrium? Richtig, die werden als Abweichung von echten Bedürfnisträgern gedacht: nur bürgerliche Bedürfnisse sind welche, alle anderen blamiert libelle an mangelnder Durchsetzungskraft im Kapitalismus! Aus dem eigenen Opportunismus folgert libelle die vermeintliche Bedürfnisfeindlichkeit von Kritikern.

  105. 29. Oktober 2013, 08:47 | #105

    Hans, wieso stellst du eigentlich so eine desinteressierte Frage

    „Und woher kommt die Vorstellung, dass sich Gesellschaftskritiker selbst aufgeben würden?“

    Das hatte doch Krim in seiner Vermutung, was libelle damit gesagt haben will, eigentlich hinlänglich beschrieben:
    „Er meint, die werden bei ihrem Projekt ständig als Märtyrer verheizt, weil sie ihre freie Zeit drangeben und das hält sie vom konsumieren ab oder vom Geld verdienen und sonstigem „dolce vita“.“
    Es geht gar nicht um „nur bürgerliche Bedürfnisse“. Es geht um die Opfer, den Einsatz, die es libelle nicht wert sind, und das ist bekanntlich manchmal noch erheblich mehr als nur „freie Zeit“. Und bekanntlich sind da in der kommunistischen Bewegung schon Aufopferungen in großer Zahl vorgekommen.
    Nur nebenbei, die bisher größte „kommunistische“ Bewegung, die der KPChinas, hat sehr wohl, vor allen in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, Bedürfnisfeindlichkeit gepredigt und auch durchgesetzt, am schlimmsten sicherlich im Großen Sprung nach Vorn.

  106. Hans
    29. Oktober 2013, 10:20 | #106

    „Es geht gar nicht um „nur bürgerliche Bedürfnisse“
    Oh doch, Libelle schon. Das ist der Maßstab, an dem von libelle Bedürfnisse gemessen werden. Nur so kommt libelle darauf, Bedürfnisfeindlichkeit denen als Eigenschaft anzuheften, die den Schaden kapitalistischer Bedürfnisbenutzung kritisieren.
    „die KP Chinas hat sehr wohl Bedürfnisfeindlichkeit gepredigt“
    Die Sudellogik: Weil irgendwelche unangenehmen Staatsmänner mit kommunistischer Fahne unterwegs waren, soll man Kapitalismuskritik schlecht finden und die Kritiker der Bedürfnisfeindlichkeit zeihen. Es soll sogar schon Blogger gegeben haben, die Amok gelaufen sind, soll man deswegen Angst vor libelle bekommen?

  107. 29. Oktober 2013, 10:42 | #107

    Ja Hans

    „Weil irgendwelche unangenehmen Staatsmänner mit kommunistischer Fahne unterwegs waren, soll man Kapitalismuskritik schlecht finden und die Kritiker der Bedürfnisfeindlichkeit zeihen.“

    Genau das ist die Logik von libelle, der sich deshalb ja auch ganz bewußt Antikommunist nennt. Ironischerweise klingt das bei dir jetzt genauso: „Nein, so ein Kommunist bin ich natürlich auch nicht/ Nein diese Kommunisten waren gar keine Kommunisten!“
    Ich gebe dir ja recht, daß viele Linke, gerade GSPler übrigens auch, da recht großzüzgig sind mit der Bezeichnung „Kommunist“. Und dann bekommen eben auch schon mal „unangenehme Staatsmänner“ oder unangenehme kleine Grüppchen, die ihre Genossen verheizen, diesen schönen Mantel umgehängt. Und dann hilft es eben gar nichts, wenn man betont, daß man selber natürlich ganz und gar anti“kommunistisch“ sei.

  108. Hans
    29. Oktober 2013, 11:12 | #108

    „Ironischerweise klingt das bei dir jetzt genauso“

    Klar, einmal libelles Brille aufgesetzt, „klingt“ der Hinweis auf libelles Schaum vorm Mund wie ein Dementi der Kritiker – das liegt aber am unsachlichen Interesse, was „Kommunist“ als argumentlosen Stempel hervorbringt.
    Eine Analogie: Man soll auch glauben, dass Ausländer Diebe sind, weswegen man die Migranten, die auf ihre weiße Weste zeigen, für besonders verdächtig halten darf. In diesem nationalistischen Fahrwasser betreibt libelle ihren „Antikommunismus“ – das ist der Ausgangspunkt.

  109. Krim
    29. Oktober 2013, 12:59 | #109

    Ein Vergleich mit bürgerlicher Bedürfnisbefriedigung steckt schon drin, das hatte ich mit „dolce vita“ anzudeuten versucht. Als müsste man nur linker Politik entsagen und schon würde das süße Leben losgehen.
    Andererseits steckt ja schon was wahres drin. Kapitalismuskritik ist mir zwar ein Bedürfnis, wäre sie aber nicht notwendig, würde ich mir vielleicht nicht grade dieses Bedürfnis zum Befriedigen aussuchen. Selbst dieses „linke“ Bedürfnis wird immer wieder vom Kapitalismus produziert. Es ist halt kaum erträglich sich jeden Tag diese Dummheit, Verlogenheit, Brutalität des Kapitalismus anschauen zu müssen. Das hält man ja gar nicht aus, ohne was dazu zu sagen.
    Dieses linke Bedürfnis ist für Libelle jedenfalls keines, denn es gilt als Abhalten von der eigentlichen Bedürfnisbefriedigung, die dann z.B. bei Kommunalisten anscheinend voll auf ihre Kosten kommt.

  110. Hans
    29. Oktober 2013, 14:31 | #110

    @Krim

    „Als müsste man nur linker Politik entsagen und schon würde das süße Leben losgehen“

    Diese Illusionierung ist auch gewollt. Aber: Dass die Kritik an einer bedürfnisfeindlichen Rechnungsweise (z.B. durch den Hinweis auf kapitalistisch Verhungerte) als Martyrium erscheinen soll, hat mit dem notwendigen Aufwand für Agitation überhaupt nichts zu tun. Da wären Tipps fürs einfachere Bedienen der Waschmaschine genauso gut. Libelle will doch gar nicht bloß sagen, dass Argumentieren Zeitverschwendung sei, weil Kommunisten damit keinen Erfolg haben könnten. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Das fantasievolle Verlierer-Argument (Kommunisten sind machtlos, also auf Macht aus) fällt libelle ein, um die real-existierende Macht der bürgerlichen Staaten inkl. zugehöriger Bedürfnisfeindschaft hinter der Nebelwand gefährlicher Kritiker verschwinden zu lassen.

  111. libelle
    29. Oktober 2013, 21:12 | #111

    libelle
    „In eine Machtkonkurrenz einzutreten heißt einen gegnerisches Willenskontinuum mit praktischer Absicht zu einer Auseinandersetzung aufzubauen – und genau das hat die von Dir erwähnte MG gewollt.“
    krim
    Das ist auch Quatsch. Man muss überhaupt keine praktische Auseinandersetzung anstreben. Du spinnst, wenn du denkst, dass das jemand wollen kann. Wenn überhaupt, dann wird die Auseinandersetzung von Staat aufgezwungen.

    Wie geht denn genau eine vom Staat aufgezwungene Auseinandersetzung? So, dass er einen Gegner in der Gesellschaft ausmacht, dagegen vorgeht und dieser Gegner die Auseinandersetzung annimmt und seinerseits versucht den Staat in die Knie zu zwingen d.h. ihn seiner Macht zu berauben? Ganz sicher, denn eine als Gegner einsortierte Gruppe, die die Auseinandersetzung nicht annimmt, die lässt sie sich ja gerade nicht „aufzwingen“, sondern verzichtet anlässlich der angetragenen Auseinandersetzung auf das eigene Interesse oder Teile davon.
    Die Rede von der „aufgezwungenen“ Auseinandersetzung ist also legitimatorisch und darin eine Form von Interessenmoral. Sie setzt das eigene Interesse ins Recht, das des Gegners ins Unrecht und macht ihn zum alleinigen Gewalttäter und rechtfertigt die eigenen Gewalttaten als bloße, leider unvermeidliche „Reaktion“ auf die Gewalttaten des Gegners.
    Die Wahrheit ist, dass es da einen Interessengegensatz gibt, für den beide Seiten, jeweils zur Durchsetzung ihres Interesses es auf eine Auseinandersetzung ankommen lassen.
    Und dann, wenn man sich diesen (kommunistischen) Standpunkt angeeignet hat, kann auch praktisch keine Rede mehr davon sein, dass Kommunisten in diesem Gegensatz lediglich „reagieren“, sondern dann ist der Staat als Gegner identifiziert und die Logik, die innere Notwendigkeit solcher Feindschaften erzwingt, dass man genau dann und zwar auch aktiv Auseinandersetzungen und Machtproben sucht, wenn man sich einen Vorteil in der Machtkonkurrenz mit dem Staat (bzw. den Gegnern des Kommunismus) verspricht. Entweder also sind Krim und Hans die Konsequenzen ihres Standpunktes nicht bewusst – aber für so blöd halte selbst ich sie nicht – oder sie denken eben moralisch ihr Interesse als eines, das grundsätzlich im Recht ist und das macht aus dem Staat die böse, gewalttätige Unrechtspartei und sie zu guten „Reaktoren“, die gelegentlich einfach nicht anders können als ihre Feinde zu erschlagen (selbstverständlich nur dann, wenn es wirklich nicht anders geht, was sie genau dann erkennen, wenn sie’s für nötig halten, denn: wer bringt schon unnötig Leute um? Das macht nichtmal der Staat! Kommunisten also selbstverständlich auch nicht.).
    Dieses ganze Gerede vom Staat, der Auseinandersetzungen aufzwingt ist also nur eine Bebilderung, ein moralischer Verschönerungsversuch, des eigenen Standpunktes in der Gesellschaft einen Gegner ausgemacht zu haben, den man entschlossen ist niederzukämpfen. Und wer umgekehrt nicht kämpfen will, der lässt sich auch keine Auseinandersetzung aufzwingen, sondern für den ist klar, dass er in diesem Fall sein Interesse zurücknimmt.

    libelle
    „Behandelt der die für die Gegenseite streitenden Menschen nicht als zu bekämpfende Machtbasis des Gegners?“ [gemeint sind Kommunisten]
    Eben nicht, sondern als Leute die zu überzeugen sind, von der Verrücktheit und Schädlichkeit des Kapitalismus. Das ist ja absurd, als würden Kommunisten Menschen als Truppen des Gegners „bekämpfen“.

    Und hier merkt man, dass Du einfach dreist lügst. Du kannst nämlich eine Auseinandersetzung mit dem Staat nicht annehmen (d.g. In Deiner moralischen Terminologie „Dir aufzwingen lassen“) und gleichzeitig versuchen auf dem Schlachtfeld mit den Truppen des Gegners zu reden. Du meintest mit Auseinandersetzung ja keine theoretische Auseinandersetzung, die „der Staat“ Dir aufzwingt und mit den Truppen keine Wissenschaftler, sondern eben Gewaltbeauftragte und damit eine Macht- und – je nach dem in welchem Umfang für nötig gehalten – auch Gewaltfrage.
    Die Leute, die da Antreten und mit denen Du Deine „aufgezwungene Auseinandersetzung“ austrägst, die sind zudem – wenigstens zumeist – bewusste Agenten der Gegenseite und sie setzen Leib und Leben, sowie einen großen Haufen Technik ein, um Dich auszulöschen oder wenigstens so nachhaltig kleinzubekommen, dass Dir der Gedanke an jede weitere Auseinandersetzung, die Du Dir aufzwingen lassen wollen könntest vergeht, Und da willst Du agitieren? Du magst ja so verblendet sein und Dich dem Glauben hingeben, dass die dann viel mit Dir reden. Dafür spricht ungefähr so viel, wie für das Gesprächsbedürfnis der Wachmannschaften in einem KZ mit den Häftlingen. Die Wachmannschaften wussten, warum sie waren, wo sie waren und haben die Häftlinge als Feind und nicht als ihresgleichen, mit dem man mal reden könnte, wahrgenommen.
    Wenn das Bewusstsein sich nicht ausdrücklich an der Macht orientiert (also ein falsches Bewusstsein ist), sind „aufgezwungene Auseinandersetzungen“ überhaupt keine gute Gelegenheit zu „agitieren“. Umgekehrt „agitiert“ die größte Macht mit sich selbst als Argument. Sie verspricht in einer Auseinandersetzung die besten Aussichten und macht so dem falschen Bewusstsein ein ein für es kaum auszuschlagendes Angebot. Namentlich bietet sie dem instrumentellen Denken Opportunismus als Strategie an.
    U.a. daran sieht man, dass agitieren und erklären ganz unterschiedliche Dinge sind. Beim Agitieren steht das Argument im Dienst einer Machtfrage und Wissen mag hier und da Mittel dafür sein. Das ist aber auch schon der ganze Mangel eines so gewonnenen und verbreiteten Wissens – es ist der Machtfrage, seiner Funktion für die Agitation eben als Mittel unterworfen und entsprechend sieht es aus.

    libelle:
    „wenn sie sie in ihre Sorte Inferno stürzen,“
    krim:
    Genau, nicht der bürgerliche Staat und der Kapitalismus schafft das Höllenfeuer jeden Tag, sondern die letzten versprengten Kommunisten machen das.

    Die nächste dreiste Heuchelei. Oder wolltest Du sagen, dass Deine Kommunisten so ein kleiner versprengter Haufen bleiben wollen und überhaupt keine praktischen Ambitionen in Sachen erfolgreicher Erledigung „aufgezwungener Auseinandersetzungen“ mit dem Staat haben? Oben habe ich Dir das Gegenteil nachgewiesen. Sie wollen die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft als Machtfrage (siehe z.B. Termini wie Klassenkampf (zur Überwindung der Gesellschaft)) usw..
    Und dann ist es auch sachgerecht sie nicht als Haufen lächerlicher Spinner (der sie auch sind), sondern dem Gehalt ihres Programmes nach zu beurteilen. Damit, dass man abwinkt und sagt: „OK, lass‘ sie spinnen!“, sind sie doch auch nicht zufrieden! Du solltest Dich also erstens dafür bedanken, dass ich Dich ernst nehme und zweitens kannst Du an obigem Zitat auf Dein ideologisches Interesse aufmerken. In dem Moment, wo man das Programm der Kommunisten kritisiert, haben sie plötzlich in Deinen Argumenten keins mehr, sondern laufen als kleiner versprengter Haufen herum. Das soll man sich wahrscheinlich so ähnlich wie die Leute auf dem Alexanderplatz vorstellen – also die wollen doch bloß einkaufen, mit der U-Bahn fahren, ihren Beschäftigungen nachgehen…. die sind doch keine Leute mit Gewaltfantasien (sondern eben Einkäufer, Fernsehturmbesucher, U-Bahn-Fahrer etc..) . Daran sieht man weiter, dass Kommunisten Spinner sind, die im Dienst ihres Programmes nichtmal sich selbst ernst nehmen können (was ein Widerspruch ist).

    Wenn überhaupt, dann wird die Auseinandersetzung von Staat aufgezwungen. Die ergibt sich dann einfach daraus, dass den irgendwas stört. Dem kommst du auch nicht aus, auch als Kommunalist nicht. Wenn du so argumentierst, dann läuft das eben auf angepasstes Mitmachertum raus. Denn sobald du etwas verändern willst, kann ja der Staat kommen und die Auseinandersetzung aufdrücken.

    Es ist verräterisch sich von der Annahme einer Auseinandersetzung mit dem Staat leiten zu lassen. Das ist immer nur eine Legitimation des eigenen Willens es auf eine eben solche Auseinandersetzung ankommen zu lassen. Wer die Kritik am Kapitalismus ernst nimmt, der lässt sich davon nicht leiten, sondern der macht, was in diesem Beitrag erklärt ist:
    http://Neoprene.blogsport.de/2013/10/04/raeteorganisation/#comment-92679
    Droht eine Auseinandersetzung erklärt man sie sich und schaut, wie die eigenen Bedürfnisse darin vorkommen. Letzteres bestimmt dann, was man tut. D.h. in eine Auseinandersetzung gehen und die eigenen Bedürfnisse für ein paar Generationen komplett verleugnen, geht nicht. Sterben geht auch nicht usw.. D.h. dann kommt es eben darauf an, wie sehr, welches Eingehen auf die Auseinandersetzung das eigene Leben modifiziert und was davon übrig bleibt, ob man Subjekt bleibt, das die Auseinandersetzung jederzeit beenden kann.
    Was Du allerdings machst ist auch wieder nur eine typische Legitimation des Kampfes gegen die ausgemachten Feinde des Kommunismus. Aus dem, wie die Leute in dieser Gesellschaft Leben machen Kommunisten „nichts“ (Not, Mühsal, Elend usw..). Das passt wunderbar zu der kompletten Negation der Bedürfnisse in ihrem Kampf. Da bleibt vom hiesigen Leben dann wirklich „nichts“ übrig, aber Kommunisten sind auf dieses „Nichts“ ideologisch vorbereitet, weil sie ja Zeit ihres Kommunistendaseins alles, was nicht Kommunismus ist als „nichts“ anzuschauen geübt haben. Sie reden sich also tatsächlich tagtäglich ein, nichteinmal beim Sterben in ihrem Kampf etwas verlieren zu können.
    Es stimmt erstens nicht, dass sich das Leben z.B. in einem Bürgerkrieg nicht von dem in Friedenszeiten unterscheidet. Es stimmt nicht, dass man durch kommunale Lebensformen nicht ein bisschen Lebensqualität gewinnen kann. Es stimmt nicht, dass die Leute in dieser Gesellschaft in Friedenszeiten nicht ihre paar Freuden haben, die ihnen das Leben schön machen. Und ich finde es (selbstverständlich nach inhaltlicher Prüfung der Freuden) richtig an ihnen festzuhalten und von einer Veränderung der Gesellschaft zu verlangen, dass sie erhalten bleiben. Damit ist Kampf als Hauptimpuls einer Änderung ausgeschlossen.
    Wattie erledigt den Rest:
    http://www.youtube.com/watch?v=FaieRodMhWM
    Danke, Wattie

  112. Krim
    29. Oktober 2013, 23:57 | #112

    „Wie geht denn genau eine vom Staat aufgezwungene Auseinandersetzung?“ Hab ich doch schon oben erzählt. Indem er seine Gegner als Verlierer der Auseinandersetzung bestimmt. Bei einem Gewaltmonopol findet keine Auseinandersetzung statt, sondern der Gegner wird als Verlierer gesetzt, das heißt zerstört, aufgelöst, ausgelöscht.
    „Ganz sicher, denn eine als Gegner einsortierte Gruppe, die die Auseinandersetzung nicht annimmt,“ Du hast echt’n Knall. Ob ein unterlegener eine Auseinandersetzung annimmt, spielt überhaupt keine Rolle, die überlegene Macht zieht ihre Position gegen ihn durch. Wie haben denn die Juden, die Vernichtung der Nazis „angenommen“. Nach dir hätten sie die ja einfach nicht annehmen brauchen und hätten sich so der Verfolgung entziehen können. Dass das nicht so war, zeigt wie abgedreht deine Behauptung ist.
    “ für den beide Seiten, jeweils zur Durchsetzung ihres Interesses es auf eine Auseinandersetzung ankommen lassen.“ Das ist halt gelogen. Wenn die überlegene Macht ihr Interesse durchsetzt, dann wollte die unterlegene eben n i c h t auf Auseinandersetzung ankommen lassen. Die Auslöschung der unterlegenen Seite ist eben nicht zum Teil oder zur Hälfte die Leistung der unterlegenen Seite, weil sie es auf „darauf ankommen“ ließ. Das ist einfach übelste Infamie, übeltste Verdrehung, die versucht die Opfer zu Tätern zu erklären.
    „Du kannst nämlich eine Auseinandersetzung mit dem Staat nicht annehmen (…) und gleichzeitig versuchen auf dem Schlachtfeld mit den Truppen des Gegners zu reden.“ Das Gerede vom „Auseinandersetzung annehmen“ kommt doch von dir. Ich nehme überhaupt nichts an, wenn es der Staat will, werde ich zum Opfer gemacht. Da hab ich gar nichts mehr zu bestellen, bzw. ist auch eine Stellung meinerseits völlig irrelevant. Ob ich irgendwas annehme oder nicht juckt den Staat nicht die Bohne. Ich will auch kein „Schlachtfeld“ und mit „Truppen“ will ich schon gar nicht reden. Wenn es soweit ist, dann ist es aus. Da kannst du weder reden noch sonstwas machen. Was man als Kommunist will, ist mit ganz normalen Leuten reden und sie von der Schädlichkeit dieser Gesellschaftsordnung zu überzeugen. Alle Gewaltfantasien, die du dir wegen dieses Willens ausdenkst, sind lediglich deinem Kommunistenhass geschuldet.
    “ Beim Agitieren steht das Argument im Dienst einer Machtfrage“ Nur in deinem antikommunistischen Wahn ist das so. Beim Agitieren steht das Argument im Dienst der Wahrheit und sonst nichts.
    “ Oder wolltest Du sagen, dass Deine Kommunisten so ein kleiner versprengter Haufen bleiben wollen“ Nein, ich wollte sagen, dass es ein ausgewachsener Wahn ist, ausgerechnet den Ohnmächtigen, die vom Staat, weil sie es wagen dem Kapitalismus einen Gegenstandpunkt entgegenzuhalten, zu Opfern gemacht werden, vorzuhalten sie würden die Welt in ein Inferno stürzen, während die wirklichen Produzenten von Leichenbergen, weltweiter Armut, Elend, Verblödung bei dir als schützenswerte Normalität durchgehen. Das ich echt durchgeknallt.
    „Oben habe ich Dir das Gegenteil nachgewiesen.“ Einen Scheiß hast du nachgewiesen. Dein Schaum vor dem Mund ist kein Nachweis.
    “ Du solltest Dich also erstens dafür bedanken, dass ich Dich ernst nehme“ Du meinst ich soll mich für deine infamen Hetzreden auch noch bedanken. Du kannst mich mal.
    „In dem Moment, wo man das Programm der Kommunisten kritisiert,“ Du übst keine Kritik, du verbreitest Lügen. Kommunisten streben keine gewaltsamen Auseinandersetzungen an.
    „Es ist verräterisch sich von der Annahme einer Auseinandersetzung mit dem Staat leiten zu lassen.“ Wie kann man bloß so ideologisch verblendet sein. Die Auseinandersetzung mit dem Staat muss man doch nicht a n n e h m e n. Die ist Realität. Der Staat beschäftigt zu diesem Zweck einen Verfassungsschutz, der unerwünschte Personen dingfest macht, damit sie nach Belieben abgeräumt werden können. Die Auseinandersetzung die der Staat nach Belieben führt oder ruhen lässt, ist tagtägliche Praxis.
    „Das ist immer nur eine Legitimation des eigenen Willens es auf eine eben solche Auseinandersetzung ankommen zu lassen.“ Es wird immer besser. Jetzt ist schon das Faktum der Realität der Verfolgung durch den Staat Ausweis der Bösartigkeit von Kommunisten, die das bloß sagen, damit sie ihren Blutdurst legitimieren können.
    „ob man Subjekt bleibt,“ Die Redeweise vom Subjekt sein, ist soo dermaßen dumm. Dass man im Kapitalismus n i c h t das Subjekt seiner Lebensumstände ist, ist der Ausgangspunkt von Gesellschaftskritik. Aber was empfiehlt Libelle der Weise: Man soll machen, wovon man Subjekt ist. Dann macht man als Arbeiter am besten gar nichts, außer halt ganz selbstbewusst als Subjekt seine Haut zu Markte zu tragen.
    „Aus dem, wie die Leute in dieser Gesellschaft Leben machen Kommunisten „nichts“ (Not, Mühsal, Elend usw..)“ Es muss dich ja mächtig anstinken, wie Kommunisten immer dein heißgeliebtes Bedürfnisparadies anpissen. Alles bloß „Not, Mühsal, Elend usw.“ und kein „dolce vita“. Klar, das kann ja nur üble Nachrede von heuchlerischen Gesellschaftskritikern sein.
    „Es stimmt erstens nicht, dass sich das Leben z.B. in einem Bürgerkrieg nicht von dem in Friedenszeiten unterscheidet.“ LoL! Leute Abstand, es schlägt wild um sich.
    “ Es stimmt nicht, dass man durch kommunale Lebensformen nicht ein bisschen Lebensqualität gewinnen kann.“ Ein „bisschen“ geht auch als Arbeiter.
    “ Es stimmt nicht, dass die Leute in dieser Gesellschaft in Friedenszeiten nicht ihre paar Freuden haben, die ihnen das Leben schön machen.“ Das wäre fast rührend, wenn es nicht so erbärmlich wäre. Ja klar Libelle, ich frag mich schon länger, was du hier willst. Um sich über die kleinen Freuden eines einfachen Lebens auszutauschen, gibt es passendere Foren. Du weißt ja: „Freunden gibt man ein Küsschen.“ und „Danke, dass es dich gibt“ Mon Chéri, denn wer kann zu solchen Freuden, schon Nein sagen – außer natürlich die blöden kommunistischen Nestbeschmutzer.

  113. libelle
    30. Oktober 2013, 04:00 | #113

    Deiner letzten Antwort entnehme ich, dass Du z.B. Klassenkampf mit dem Ziel der Änderung der Gesellschft ablehnst. Sehe ich das richtig?
    edit: Die Verfolgung der Juden im 3. Reich war keine „aufgezwungene Auseinandersetzung“, weil die Juden sich ja überhaupt nicht „auseinandergesetzt“ haben, sondern einfach in Vernichtungslager transportiert worden sind. Eine „aufgezwungene Auseinandersetzung“ (wenn man das so nennen will) war z.B. der Warschauer Aufstand. Da haben die Juden die Feinschaftserklärung der Nazis angenommen und ihrerseits versucht ihre Peiniger kleinzubekommen. Den Aufstand kann man auch befürworten, weil mit Blick auf die vorrückende Rote Armee das Sterben beendet werden sollte. Als das, war er aber immer noch widersprüchlich, weil durch das Sterben derer, die kämpfen, durch die Herausforderung der Besatzer, die ihrerseits dann erst recht zugeschlagen haben, verhindert werden sollte, dass gestorben wird. Ihre Überlegung war, dass sie ohnehin sterben und kämpfend vielleicht die Chance haben, dass einige überleben. Dass die Rote Armee ihnen nicht geholfen hat, war ihr Pech.
    Das ist aber nicht die Situation, in der Kommunisten heute sind. Eine „aufgezwungene Auseinandersetzung“ hier ist kein Mittel die Gesellschaftsvorstellung der Kommunisten umzusetzen.
    edit 2: Die russische Revolution scheinst Du dann, ganz wie ich, auch abzulehnen.

  114. Krim
    30. Oktober 2013, 13:07 | #114

    Du entnimmst meinen Äußerungen doch sowieso, was dir passt.
    „weil die Juden sich ja überhaupt nicht „auseinandergesetzt“ haben,“ Genau und das tun Kommunisten auch nicht, die erzählen Argumente. Die werden einfach zu Opfern gemacht. Es macht auch überhaupt keinen Unterschied, ob sie sich „auseinandersetzen“ oder nicht, wenn der Staat es beschließt, sind sie Opfer. Die sind nicht Opfer, weil sie sich auseinandersetzen wollen, sondern nur weil und wenn der Staat es beschließt. Wie sollte das „Auseinandersetzen“ denn überhaupt aussehen? Knarre kaufen und wen abknallen? Die Polizei, den Arbeitgeber, der einen gefeuert hat, den Richter, der das Urteil spricht. – Das ist ja lächerlich, als könnte das den staatlichen Beschluss rückgängig machen.
    „weil durch das Sterben derer, die kämpfen, durch die Herausforderung der Besatzer, die ihrerseits dann erst recht zugeschlagen haben, verhindert werden sollte, dass gestorben wird.“ Das war aber nicht i h r Widerspruch, sondern der wurde ihnen aufgehalst. Das ist das infame an deiner Argumentation, dass du ohne die geringsten Skrupel, die ausweglose Lage in die eine überlegene Macht ihre Opfer stößt, i h n e n, also den Opfern, als ihren Widerspruch, Fehler, Verantwortung vorhältst. Außerdem sollten die Juden doch sowieso allesamt ins Vernichtungslager und was sollte Widerstand dann noch schlimmer machen. Sterben kann man nur einmal.
    „Eine „aufgezwungene Auseinandersetzung“ hier ist kein Mittel die Gesellschaftsvorstellung der Kommunisten umzusetzen.“ Was du dir für einen Mist zusammendenkst geht auf keine Kuhhaut. Eine aufgezwungen Auseinandersetzung kann nie ein Mittel, derer sein, denen sie aufgezwungen wird. Wenn sie ein Mittel der Opfer wäre, müsste sie ja nicht aufgezwungen werden. Auseinandersetzung ist natürlich kein Mittel von Kommunisten. Der einzige, der das ständig behauptet, bist du.

  115. 30. Oktober 2013, 13:21 | #115

    Krim, da du auf libelles Frage/Unterstellung

    „Deiner letzten Antwort entnehme ich, dass Du z.B. Klassenkampf mit dem Ziel der Änderung der Gesellschft ablehnst. Sehe ich das richtig?“

    noch nicht richtig geantwortrt hast, noch die inhaltlich identische Zusatzfrage, ob du das wirklich ernst meinst, wenn du ihm entgegenhälst

    „Auseinandersetzung ist natürlich kein Mittel von Kommunisten.“

    Was ist denn dann mit Streiks, Betriebsbestzungen, militanten Straßendemonstrationen (von Umsturzversuchen will ich jetzt gar nicht reden)?

  116. Mattis
    30. Oktober 2013, 13:42 | #116

    @libelle:

    „Da bleibt vom hiesigen Leben dann wirklich „nichts“ übrig, aber Kommunisten sind auf dieses „Nichts“ ideologisch vorbereitet, weil sie ja Zeit ihres Kommunistendaseins alles, was nicht Kommunismus ist als „nichts“ anzuschauen geübt haben. Sie reden sich also tatsächlich tagtäglich ein, nichteinmal beim Sterben in ihrem Kampf etwas verlieren zu können.“

    Aha, deshalb hat sich auch dein ideologischer Erzfeind MG aufgelöst.
    Warum kümmerst du dich nicht endlich mal um deine Kommune, um dort die wahrhaften Bedürfnisse („selbstverständlich nach inhaltlicher Prüfung“!!) zu befriedigen? Oder gehört das Schäumen gegen antikapitalistische Leute jetzt doch zu deinem Wohlbefinden?
    Aber du bist halt der personifizierte Widerspruch.

  117. Hans
    30. Oktober 2013, 14:27 | #117

    Wenn’s hilft, danke ich dir, libelle, für diesen Beleg:
    „Da bleibt vom hiesigen Leben dann wirklich „nichts“ übrig, aber Kommunisten sind auf dieses „Nichts“ ideologisch vorbereitet, weil sie ja Zeit ihres Kommunistendaseins alles, was nicht Kommunismus ist als „nichts“ anzuschauen geübt haben. Sie reden sich also tatsächlich tagtäglich ein, nichteinmal beim Sterben in ihrem Kampf etwas verlieren zu können.“
    Mal abgesehen von der libelleschen Erfindung heldenmütiger Kommunisten, ist das Klartext: Libelles Maßstab für die Befriedigung von Bedürfnissen ist der „hiesige“ Kapitalismus, daran sollen sich verrückterweise seine Kritiker messen lassen. Daher muss es libelle empören, dass es Leute gibt, die der bürgerlichen Ordnung systematische Bedürfniszensur nachweisen können. Die angeblichen Gefahren bzw. der Aufwand für Kommunisten sind dabei ein vorgeschobenes Argument (s.o.), um einen materialistischen Ausgangspunkt vorzutäuschen. Den hat libelle ganz offensichtlich nicht, wenn es um die Beurteilung des Kapitalismus und dessen Bedürfnisschädigungen geht. Diese fanatische Hetze ist so blöd wie ihr Autor:
    Da bedroht man Kritiker der bürgerlichen Ordnung schon mit dem Tod und die finden das immer noch nicht toll, sondern kommen mit Argumenten gegen den geliebten Maßstab! Das muss ein Zeichen von deren ideologischer Verbohrtheit sein, dass Kommunisten nicht einmal im Angesicht des Todes ihre Schlächter lieben lernen!

  118. Krim
    30. Oktober 2013, 15:14 | #118

    @neo: Mit Auseinandersetzungen sind von Libelle gewaltsame Auseinandersetzungen gemeint, nicht argumentative. Und die gewaltsame Sorte will ich nicht, weil sie nichts bringen. Das habe ich auch schon zigmal hingeschrieben und trotzdem kommt immer wieder die Nachfrage.
    Streiks und Betriebsbesetzungen sind Mittel von Gewerkschaften. Man kann sowas höchstens benutzen, um ein paar Argumente loszuwerden. Aber man kann eben auch keine Einsicht erstreiken und herbeibesetzen. Auch militante Straßendemonstration bringen bloß, dass man von der Polizei auf die Schnauze kriegt. Da wirst du kein Argument los.
    @Hans: Genau.

  119. 30. Oktober 2013, 16:04 | #119

    Ja, wer wollte schon „gewaltsame Auseinandersetzungen“, Krim. Aber ich befürchte, selbst du als echter Gandhi des Kommunismus wirst nicht bestreiten können, daß manchmal auch Werktätige/Arbeiter/Gewerkschafter usw., zumal wenn sie Kommunisten sind, sich dem nicht entziehen können bzw. es sogar anstreben müssen. Es sei denn, sie wollen sich alles gefallen lassen. Das gilt sowohl hier und jetzt im Kapitalismus als auch in einem befreiten Gebiet, daß erst mal nur einen Teil der kapitalistisch/imperialistsichen Welt deren Zwecken entzogen hat.
    Ich gebe gern zu, daß damit keine Einsichten verbreitet werden (jedenfalls nicht per se oder gar automatisch, weil damit irgendwie ein Fanal gesetzt würde, was auf einmal „alle“ aufrüttelt und miteinbezieht), sondern „nur“ Standpunkte und Interessen verteidigt werden können, jedenfalls dann, wenn man die Auseinandersetzungen gewinnt. Ob es dann dazu kommt, daß solch ein Aktivist dann „von der Polizei auf die Schnauze kriegt“, hängt von manchen Umständen ab, sicher ist das aber genauso wenig, wie es prinzipiell durch entsprechendes Verhalten auszuschließen wäre.

  120. Krim
    30. Oktober 2013, 16:26 | #120

    Was Arbeiter im Lohnkampf machen oder machen müssen ist ihre Sache bzw. ein anderer Gegenstand. Darum ging es nicht. „hängt von manchen Umständen ab,“ Wenn du von militanten Demonstrationen sprichst, dann schließt das für mich schon ein Stück weit gewaltsame Auseinandersetzung mit ein.

  121. Hans
    31. Oktober 2013, 13:29 | #121

    Noch einmal zu libelles Diffamierungs-Technik:
    „sie [die bösen Kommunisten] denken eben moralisch ihr Interesse als eines, das grundsätzlich im Recht ist und das macht aus dem Staat die böse, gewalttätige Unrechtspartei und sie zu guten „Reaktoren“, die gelegentlich einfach nicht anders können als ihre Feinde zu erschlagen“ (libelle)
    Auch libelle ist bekannt, dass er es hier mit nicht mit Gesellschaftskritikern zu tun hat, die sich auch nur ansatzweise auf ein Recht berufen würden. Aber weil libelle Argumente nach staatsnützlichen Kriterien sortiert, bleibt ihm die moralfreie Kritik an der Staatsgewalt verschlossen. Dieser Apparat nennt sich nämlich selbst Gewaltmonopol und wendet wie selbstverständlich rund um die Uhr Gewalt an, damit der Laden läuft – sich an so etwas Einfachem zu stören, benötigt keinerlei kommunistische Einsichten, das haben Kriegsdienstverweigerer schon drauf: hier real tätige Staatgewalt mit Polizei, Militär usw., dort die fiktiven Fangfragen mit Gewalt als konstruiertem Sachzwang.
    Beim Unterstellen und Verstellen gesellschaftskritischer Absichten plaudern die ehemaligen Gewissensprüfer der Bundeswehr oder libelle übrigens nebenbei immer wieder aus, wie sie selbst gegen unbotmäßige Mitmenschen vorgehen möchten: die gehören als Feinde notwendigerweise „zerschlagen“ – das sind libelles Termini, auch wenn sie als Diskreditierung anderer erdacht wurden!

  122. libelle
    31. Oktober 2013, 15:58 | #122

    Du entnimmst meinen Äußerungen doch sowieso, was dir passt.
    „weil die Juden sich ja überhaupt nicht „auseinandergesetzt“ haben,“ Genau und das tun Kommunisten auch nicht, die erzählen Argumente. Die werden einfach zu Opfern gemacht.

    Dass Kommunisten Argumente erzählen fasst ihr Projekt viel zu unspezifisch und das ist auch von Dir gewollt d.h. Du machst aus den Äußerungen der Kommunisten, was Dir passt, nicht ich.
    Hier mal eine kurze, zutreffende Fassung:
    Kommunisten rufen zu einem finalen Kampf gegen den Kapitalismus auf. Auserkoren haben sie als Subjekt, das diesen Kampf führen soll die Arbeiterklasse. Sie soll durch Verweigerung des Dienstes für das Kapital die Verhältnisse beseitigen. Dafür denken sie sich Argumente aus und erzählen sie.
    An diesem Projekt sollte man zur Kenntnis nehmen, dass man sich mit dieser Stellung zur Gesellschaft praktisch von Anbeginn an in einen Gegensatz zu ihr stellt und damit auch einen Gegner annimmt, der einem im Kampf gegenübersteht. Man sagt: „Ich habe für den Kapitalismus angedacht ihn durch Klassenkampf zu beseitigen.“. Damit hat man (zunächst nur als Plan) dem Staat und allen, die an ihren Interessen in dieser Gesellschaft festhalten eine Machtfrage gestellt. Und der Staat nimmt die versprengten Kommunisten auch als Gegner wahr, überwacht sie und hindert sie nach Kräften daran auch nur annähernd ebenbürtig werden zu können. Dabei macht er sie selbstverständlich zu Opfern, wenn er Handlungsbedarf ausmacht.

    Es macht auch überhaupt keinen Unterschied, ob sie sich „auseinandersetzen“ oder nicht, wenn der Staat es beschließt, sind sie Opfer. Die sind nicht Opfer, weil sie sich auseinandersetzen wollen, sondern nur weil und wenn der Staat es beschließt.

    Das ist erstens nicht wahr. Kommunisten sind im Fall des Falles Opfer einer Auseinandersetzung, in die sie sich von Anfang an begeben. Das unterscheidet ja gerade einen Kommunisten von einem x-beliebigen Kapitalismuskritiker. Kommunisten sagen: „Klassenkampf!“ – und dafür wollen sie agitieren. (agitare, „aufregen, aufwiegeln“ heißt ihre Form von Ansprache, nicht Aufklärung o.ä. d.h. schon in der Bezeichnung ihrer Tätigkeiten steckt der Gegensatz drin, den sie wollen)
    Zweitens ist es doch merkwürdig und auffällig, dass jemand sein Verhältnis zur Welt davon ableitet, dass eine Einrichtung ihn zum Opfer machen könnte. Diese Möglichkeit, die so ein Kommunist in der Zukunft sieht, ist ihm ein Argument dafür heute mit dem Anspruch zur Gesellschaft einen praktischen Gegensatz zu eröffnen anzutreten. Er tut so (wie Krim), als wolle er überhaupt keinen Gegensatz, nur ließe ihm der Staat durch sein angenommenes zukünftiges Verhalten keine Wahl. Jemand, der wirklich keinen Gegensatz will, der richtet sein Handeln nicht nach einer Opferrolle aus, die ihm überhaupt noch nicht praktisch angetragen worden ist. Das macht man nur, wenn man selbst einen Gegensatz will.
    Unabhängig davon ist es natürlich so, dass in einer Gesellschaft, die ihren Zusammenhang ganz wesentlich über die Entscheidung von Machtfragen organisiert, jeder sich abweichend organisierende gesellschaftliche Wille als potentieller Machtkonkurrent wahrgenommen wird. Dabei reicht eine bloße Zuschreibung eines abweichenden, kollektiv verfolgten gesellschaftlichen Zwecks (Juden im 3. Reich z.B., da war sogar das Kollektiv eine Fiktion)
    Nur ist es ein Fehler auf diese Einsortierung als feindliches Kollektiv mit Machtkonkurrenz zu reagieren, weil man dann selbst betreibt, was man kritisiert.

    Wie sollte das „Auseinandersetzen“ denn überhaupt aussehen? Knarre kaufen und wen abknallen? Die Polizei, den Arbeitgeber, der einen gefeuert hat, den Richter, der das Urteil spricht. – Das ist ja lächerlich, als könnte das den staatlichen Beschluss rückgängig machen.

    Hier setzt Du Dich mit Deinen eigenen lächerlichen Ideen auseinander. Ein Blick z.B. in die Geschichte hilft da, weil da alle Eskalationsstufen einer Machtkonkurrenz schon zu besichtigen sind. Oben ist der Ausgangspunkt nochmal angedeutet: Kapitalismus abschaffen durch Klassenkampf. Tritt man dann in diesen Kampf ein, geht z.B. der Staat mit der Polizei gegen Streikposten vor, um arbeitswillige Nichtkommunisten in die Betriebe zu bringen, oder die Polizei räumt besetzte Einrichtungen. Da steht man dann an einem Scheideweg. Hält man dagegen, braucht man die Mittel, um das zu können, also muss man sich ausrüsten und entsprechend organisieren – ungefähr so, wie die Polizei oder besser. Hält man nicht dagegen, hat man verloren, einige werden als Rädelsführer verhaftet und ihnen wird der Prozess gemacht etc….
    Damit hier nicht gleich wieder das Ideal besprochen wird, dass dann keiner mehr zur Arbeit geht etc… In dem Fall, dass es nur die Polizei und niemanden sonst mehr gibt, der Kapitalismus will, braucht man auch nicht mehr klassenzukämpfen. Bei Klassenkampf sind also immer relevante Kräfte in der Gesellschaft unterstellt, die die alten Verhältnisse mit ihrem Willen tragen und gegen die kämpft man – im Ausgangspunkt vielleicht mit der Idee der Verweigerung. Führt man diese Verweigerung durch (Streik), polarisiert sie erstens die Gesellschaft, weil man der Gesellschaft nicht nur die wertmäßigen, sondern auch die sachlichen Grundlagen vorenthält. Beide Lager (Feind & Freund) werden durch den Beginn des Kampfes erst richtig herausgebildet und es wird vom ersten Tag an mit allen Mitteln gerungen, die größte Macht im eigenen Lager zu vereinen (von wegen Aufklärung).
    Wird der Streik dann fortgesetzt, hat er die Tendenz die Streikenden ihres Mittels (Verweigerung) zu berauben, weil a) die Gesellschaft nach der sachlichen Seite versucht die fehlenden Dinge zu kompensieren, weil b) die betroffenen Firmen durch produzierende Konkurrenten ersetzt werden und die Streikenden als Arbeitskräfte obsolet werden. Dann müssen die Streikenden kompensieren und schauen, wie sie ihre schwindende Macht aufrechterhalten, sie müssen also die Auseinandersetzung in andere Unternehmen tragen. Das können sie auf der Grundlage, dass sie sich in den noch produzierenden Betrieben nicht durchsetzen konnten, sondern dort die Gegner ihres Ansinnens eben noch zur Arbeit gehen nur darüber machen, dass sie sie mit Gewalt daran hindern (vielleicht blockieren sie die Einfahren oder weiß der Geier was). Und dann hat die Auseinandersetzung schon den Fortschritt zur Konkurrenz der Waffen gemacht, weil die ehemals Streikenden überhaupt kein anderes Mittel als Gewalt mehr haben, um den Betrieb der Gesellschaft zu behindern. Deshalb gibt es auch historisch immer alle Formen (Streik, Fabrikbesetzung…bis hin zum bewaffneten Kampf) parallel. Es ist nicht so, dass man sich die Waffen aussuchen kann, wie beim Duell, sondern der Fortgang de Gegensatzes entscheidet, was man braucht.
    Hier kann (und wird Krim) auf die glorreiche Idee kommen, dass er doch nur agitieren will. Auch das, wird erstens in diesem Kampf gemacht, zweitens aber wird man als Agitator praktisch als Machtelement des Gegners angegriffen. Nur agitieren ist eine Idiotie, das gibt es nur bei versprengten Haufen als Einzelerscheinung, sonst immer nur als Kampfelement..
    Und selbstverständlich kann man sich als Klassenkämpfer auch nicht den Zeitpunkt heraussuchen, an dem das alles fällig ist.

    „weil durch das Sterben derer, die kämpfen, durch die Herausforderung der Besatzer, die ihrerseits dann erst recht zugeschlagen haben, verhindert werden sollte, dass gestorben wird.“ Das war aber nicht i h r Widerspruch, sondern der wurde ihnen aufgehalst.

    Erstens war es ihr Widerspruch, weil sie sich in ihm bewegen mussten, zweitens ist es scheißegal, woher ein Widerspruch kommt, es sei denn, man wälzt Schuldfragen für die eigenen Gewalttaten. Auch die Juden haben im Warschauer Aufstand Leute umgebracht und ihre eigenen gefährdet, indem sie die SS herausgefordert haben. Lebensbejahend wird das Ganz nur vor der Idee, dass ohne Aufstand alle oder mehr Leute gestorben wären.

    Das ist das infame an deiner Argumentation, dass du ohne die geringsten Skrupel, die ausweglose Lage in die eine überlegene Macht ihre Opfer stößt, i h n e n, also den Opfern, als ihren Widerspruch, Fehler, Verantwortung vorhältst.

    Was soll die Schuldfrage? Was in dem Fall abzuwägen war ist, bei welcher Vorgehensweise, wie viele Leute überleben. Und dann kann man eben auch im Warschauer Ghetto ein paar Fehler machen bzw. zeigen sich alle Widersprüche eines Kampfes in diesem Aufstand, wie auch in jedem anderen Kampf. Dieser Aufstand war eine Spekulation auf die Rote Armee, die nicht aufgegangen ist.
    Opfer ist kein Titel, der Kritikverbot nach sich zieht und die Frage, wem man was vorwirft, ist einfach nur moralisches Gewäsch, weil es nicht mehr um die sachliche Beurteilung dessen geht, was man macht (Kampf oder nicht), sondern dass gekämpft wird, ist unterstellt und es wird gefragt, wem der Vorwurf dafür zuteil werden soll.

    Außerdem sollten die Juden doch sowieso allesamt ins Vernichtungslager und was sollte Widerstand dann noch schlimmer machen. Sterben kann man nur einmal.

    Nein, in dem Fall, dass man ohnehin sterben soll, kann man sich eben heraussuchen wie und das kann man auf eine Art machen, dass man vielleicht sogar gar nicht sterben muss (kämpfen).

    „Eine „aufgezwungene Auseinandersetzung“ hier ist kein Mittel die Gesellschaftsvorstellung der Kommunisten umzusetzen.“ Was du dir für einen Mist zusammendenkst geht auf keine Kuhhaut. Eine aufgezwungen Auseinandersetzung kann nie ein Mittel, derer sein, denen sie aufgezwungen wird.

    Du hast nichts begriffen. Aufgezwungene Auseinandersetzungen gibt es nicht, sondern man lässt sich höchstens eine Auseinandersetzung aufzwingen d.h. man gibt in einem Gegensatz einfach nicht (mehr) nach (wie z.B. die Juden im Warschauer Ghetto). Dann ist es aber auch eine eigene Entscheidung so und nicht anders vorzugehen.

  123. Krim
    31. Oktober 2013, 16:15 | #123

    Dieser Satz von libelle kommt mir eh vor, wie eine staatliche Position, die dann den Systemkritiker untergejubelt wird. Als hätten Kommunisten das Problem ihr Interesse als moralisch gerechtfertigtes erscheinen zu lassen und würden von diesem moralischen Standpunkt das „gelegentliche“ erschlagen von Feinden rechtfertigen.
    Wie kommt man auf sowas? Das ist frei erfunden, erstunken und erlogen. Auf die bürgerliche Staatsorgane passt es aber. Die haben schon das Problem, dass ihre Gewalt als gerechtfertigt erscheint und die setzen ihr Interesse als moralisch gut, was die Abwehr von bösen Kommunisten und anderen Staatsfeinden einfach gebietet und ihre gelegentliches „erschlagen“ rechtfertigt. Wenn z.B. der Vs es man wieder für nötig erachtet.

  124. Krim
    31. Oktober 2013, 16:40 | #124

    „Kommunisten rufen zu einem finalen Kampf gegen den Kapitalismus auf.“ LOL. Schenkelklopf. Ich höre schon das Horn von Gondor. Du tickst echt nicht mehr ganz sauber.
    „Dabei macht er sie selbstverständlich zu Opfern,“ Ja klar. Wie könnte man auch anders als Kommunisten erschlagen. Wenn einer Argumente vorbringt, dann kann man natürlich nicht anders als Draufhauen. Das ist ja selbstverständlich. Was denn sonst?
    „Kommunisten sind im Fall des Falles Opfer einer Auseinandersetzung, in die sie sich von Anfang an begeben.“ Genau.
    Kommunisten haben eigentlich gar nichts gegen Ausbeutung und Elend, die wollen sich bloß in eine Auseinandersetzung begeben.
    Es läuft immer auf das selbe raus. Die Kapitalismuskritik von Kommunisten wird unter dem Blickwinkel einer unterstellten Machtkonkurrenz ausgeblendet und Machtkonkurrenz als eigentlicher Inhalt von Kommunisten verkauft. Dass das nur mit offensichtlichen Lügen funktioniert, ist klar. Das ist auch 1:1 der Standpunkt des VS. Das muss ich aber nicht haben, mich mit einem professionellen bzw. Hobbystaatsschützer darüber unterhalten, wie gerechtfertigt er es hält, mir die Rübe abzuschlagen.

  125. Krim
    31. Oktober 2013, 17:03 | #125

    „Erstens war es ihr Widerspruch, weil sie sich in ihm bewegen mussten,“ Nein es ist nicht i h r Widerspruch, sondern e i n Widerspruch, dem sie ausgeliefert sind.
    „zweitens ist es scheißegal, woher ein Widerspruch kommt, es sei denn, man wälzt Schuldfragen für die eigenen Gewalttaten.“ Klar, wenn man die objektive Ursache ermittelt, wälzt man Schuldfragen. Aber wenn der Nazistaat zuschlägt ist es natürlich „scheißegal“ wo der Widerspruch herkommt, denn das sind ja die Guten im Unterschied zu den blöden Juden, die sich immer in Widersprüche begeben.
    „Auch die Juden haben im Warschauer Aufstand Leute umgebracht und ihre eigenen gefährdet, indem sie die SS herausgefordert haben.“ Soll man sowas einfach mal kommentarlos stehen lassen? Nachdem Libelle dazu übergegangen ist Schuldfragen zu wälzen, kann er natürlich nicht umhin auch den Juden Schuld zuzusprechen, dafür dass sie die guten Männer von der SS „herausgefordert“ haben und ihre eigenen Leute dadurch gefährdet haben, dass ihr Widerstand „selbstverständlich“ die guten Männer von der SS zum Zurückschlagen provoziert hat.
    Iggitt – ist das eine kranke, eklige Wichse.

  126. Hans
    31. Oktober 2013, 17:49 | #126

    „eklige Wichse“
    Das ist es. Nur mit dieser Verdrehung mittels Schuldfrage gelingt libelle allerdings die Leugnung von Gewaltopfern: die haben sich wegen libelles Beschluss selbst in diese Lage gebracht und sind so als Täter entlarvt! Man kennt das auch aus anderen Zusammenhängen: Warum ziehen vergewaltigte Frauen kurze Röcke an oder wieso fordern Kinder ihre Erzieher zu Schlägen heraus? Lauter Provokationen von Gewalt. Die Opfer sind in dieser Konstruktion die eigentlichen Täter, weil sie die Gewalt, die sie erleiden, „herausfordern“.

  127. libelle
    31. Oktober 2013, 22:54 | #127

    Mal eine Richtigstellung am Rande. Es gab 2 Aufstände in Warschau. Einen am 19.04.1943 – das war der Aufstand im Ghetto und dann noch einen Aufstand des polnischen Widerstandes 1944. Die Geschichte beider Aufstände belegt die oben vorgebrachten Einwände. Einfach mal nachlesen.
    Inhaltlich später mehr. Die „eklige Wichse“ qualifiziert sich natürlich nicht für inhaltiche Kommentare, sondern gibt lediglich Auskunft darüber, was für Kommunisten alles unter inhaltlicher Auseinandersetzung durchgeht. Am Ende ist es aber vielleicht nur als Agitation gemeint (gespielte Abscheu als Argument, als Aufwiegelung gegen mich, oder was auch immer, leckt mich am Arsch damit).

  128. Krim
    1. November 2013, 00:29 | #128

    Für inhaltlichen Auseinandersetzung hast du dich disqualifiziert. Sogar die Abscheu gegen deinen Dreck deutest du noch als „gespielt“. Da ist die Diskussion eben rum.

  129. 1. November 2013, 08:35 | #129

    Krim,
    wie schon früher, auch im bei Diskussionen mit Nobby, dem anderen MG-Hasser pur, möchte ich darauf hinweisen, daß es hier ein „du“, eine Person, die sich für inhaltliche Auseinandersetzungen disqualifizieren könnte, doch gar nicht gibt. Es gibt nur jeweils einzeln ernst zu nehmende oder zurückzuweisende Aussagen/Behauptungen/Thesen. Es macht dabei keinen Unterschied, ob da das eine oder das andere von einem Poster kommt, der früher schon mal interessante Sachen oder Schrot gepostet hat, oder ob das von unterschiedlichen Postern kommt. Bekanntlich kann man sich der Diskussion mit „Personen“ hier im Web ja eh nicht entziehen, weil man es nur mit Kommentaren zu tun hat und gar nicht mit Personen. Ob die Aussagen zusammenhängen, ob die von einer wirklichen Person oder von unterschiedlichen Leuten kommen, weiß man als Leser von dem Zeugs ja nicht, nicht mal ich könnte das sagen, man kann hier ja mit mehreren Nicks und beliebigen Fake-Email-Adressen operieren und seine IP auch noch verschleiern, wenn man will.
    Insofern ist die Diskussion immer nur dann rum, wenn man selber zu einem bestimmten Kommentar nichts mehr sagen will. Selbst dann kann der ja aus mehreren Punkten bestehen, von denen man zu einigen was sagen könnte, und bei anderen nur den Götz hervorholen möchte.

  130. franziska
    1. November 2013, 10:32 | #130

    Zur Erinnerung: hinter dem Staat steht die Eigentümer-Gemeinschaft. Eigentümer wollen sogar Schutz vor den Übergriffen anderer Eigentümer, wieviel mehr vor solchen, die gleich global das Eigentum nicht achten.
    Treuherzig versichert der Kommunist: Bald werdet auch ihr es eingesehen haben, Kommunismus ist in euerm Interesse, und das ist das einer riesigen Mehrheit! Er fährt fort: Bei uns wird alle Einigung im Konsens erzielt, das bessere Argument zählt. Schliesslich: Wir tun doch garnichts, bloss agitieren.
    Sollte sich je jemand auf seiten der Eigentümer oder auch ihres Staates herbeilassen zu antworten, würde er vielleicht sagen:
    „Wir WOLLEN aber Eigentum. Bevor ihr nicht sagt und glaubwürdig unter Beweis stellt, dass ihr eisern den Mehrheitswillen und die Grundrechte achten wollt, seid ihr disqualifiziert für Gespräche. Das kennen wir doch von euch: Mit den Mehrheiten nehmt ihrs nicht so genau. Für euch hängt doch derart viel davon ab – ihr entstellt unsere Normalität in all euern Äusserungen zu einer so unerträglichen Hölle – wenn das auch nur halbwegs ernstgenommen sein will, ist doch nicht zu erwarten, dass ihr stillhaltet, wenn ihr mal 50 oder 100 Tausend seid. Wer weiss, was euch da nicht alles einfällt, um unsern Betrieb nach Kräften zu stören. Und schon mal „für die Lohnarbeiter“ aus eurer Sicht vorab was rauszuholen. Das war doch immer wieder in euern Texten zu lesen. Ist ja auch logisch, wenn man so denkt wie ihr. Oder wir, wenn wir uns euch mal etwas genauer anschauen. Also entweder meint ihrs einfach nicht ernst. Oder eben doch, und dann ziehen wir euch Schranken. Oder eben unser Staat, in unserm Auftrag, An dem und unsern Politikern haben wir viel auszusetzen. Aber wenn wir ETWAS in Ordnung finden, dann, dass gegen solche wie euch eingeschritten wird, wenn ihr zu frech werdet. Das ist schon absurd: Ihr versucht, euch in euern Texten aufzuspielen als solche, die uns gegen unsern Staat in Schutz nehmen. „Umgekehrt wird doch ein Schuh draus“: DER schützt uns vor EUCH. Aber ihr müsst halt alle Verhältnisse auf den Kopf stellen, damit euer Programm nicht auf der Stelle haltlos zusammenfällt. Die übergrosse Mehrheit sind WIR, die Eigentümer sind und es bleiben wollen. Und solang ihr den Konsens mit UNS so zu finden versucht, wie derzeit untereinander („Quatsch! Blödsinn! Wichse!“), könnt ihr lang warten, bis auch nur einer von uns sich mit einem von euch zusammensetzt. Ihr seid doch krank!“ Eigentümer Originalton Ende.

  131. franziska
    1. November 2013, 12:26 | #131

    Die beiden kommunistischen Standpunkte, verfahrens- oder konsens-basiert, werden mit einer vergleichsweise NOCH grösseren Herausforderung konfrontiert, sobald ihnen Positionen zu ihrem Aussenverhältnis abverlangt werden. Dies Problem wurde bislang fast ausschliesslich von Neoprene, und auch bei ihm nur in der traditionellen Variante: Verhältnis zum feindlichen Ausland, angesprochen. Ansonsten tauchte es noch, etwas verbrämt, auf unter einer Chiffre wie „Muttermale“ – Verhältnis zu den mehr oder weniger grossen bürgerlichen Bevölkerungsteilen bzw. Einstellungen, wenn das Gröbste bereits geschafft ist, also in einer bereits grundsätzlich kommunistisch verfassten Gesellschaft. Der Zweifel, den mein „Eigentümer“ eben artikulierte, weist aber auf ein weiteres Problem: Wenn die Ausbreitung des jeweiligen kommunistischen Standpunkts nicht explosionsartig-exponentiell und insofern „revolutionär“ gedacht wird – was geschieht eigentlich in der Zwischenzeit? Und… wie stellen sich die Kommunisten eigentlich ihre Koexistenz mit den noch eigetumsfreundlichen und somit anti-kommunistischen Mehrheiten in ihrer Umgebung vor, wenn sie anfangen, als „agitierende“ oder gar militante Minderheit sichtbar zuu sein? Hier kann man, ob Eigentumsfreund oder nicht, beim Blick von aussen auf dies Progranm doch nur zwei Optionen sehen: Aufgeben, wie die MG, sobald der Gegenwind schärfer wird (nachdem man ausgiebig dem Grundsatz gehuldigt hatte: Kapital und Grundrente nicht nur kritisieren, sondern auch von ihrem Wohlergehen profitieren, solang es sie noch gibt – und seine „Reproduktion“ ausgerechnet als Vermögensberater (mit MSZ-Anzeigen der eben zitierten Machart) oder Dozent im Lehrinstitut des Arbeitgeberverbandes bestritten hatte); oder eben den Weg geht, den libelle hier heraufbeschwört.
    Die gesamte übliche moralische Fingerzeigerei der Art, die haben aber angefangen, kann man sich sparen, und einfach mal auf den von mir herbeizitierten Eigentümer-Standpunkt schauen: Wie stellt man sich eigentlich vor, als Minderheit auftreten zu können, die die übergrosse und dem eignen Programm gegenüber, spätestens wenn es auf „gesellschaftlicher Stufenleiter“ umgesetzt werden soll, extrem feindlich eingestellte Bevölkerungsmehrheit herausfordert und angreift? Die Lebenslüge der verkehrten Analyse, dass das alles nur von ihrem Staat Verhetzte sind, trägt da praktisch nicht weit (es ist ja wohl auch eher die der Kleinbeigebenden). Leute wie Krim hingegen müssen sich schon mal fragen lassen, wie sie ernsthaft das Projekt einer „gesamtgesellschaftlichen“ Stufenleiter ihres Konsens-Kommunismus auch nur VERTRETEN (andern zu verfolgen vorschlagen) können, ohne sich zu diesem Thema ihres Verhaltens in der „Wachstumsphase“ zu äussern (oder ist das schon nur noch konspirativ, unter den Eingeweihten, zu erörtern? das hatten wir alles schon mal vor einem halben Jahr hier bei Neoprene…). Und: was unter DIESEM Aspekt, der Herausforderung einer noch bestehenden Bevölkerungsmehrheit, die sich (und sei es auch zu ihrem eigenen Nachteil) in ihrem Eigentümer-Standpunkt bedroht sieht, der Satz bedeutet: Agitation ist ein oder gar DAS MITTEL? Hetzen, bis der Staatsschutz kommt?

  132. Krim
    1. November 2013, 13:49 | #132

    Neoprene, du hast auch ne Schraube locker. Da postet Libelle den ekelhaftesten, gewalttriefenden Blutdurst und du kritisierst m e i n e Aussage, dass er sich dadurch als Gesprächspartner disqualifiziert. Wenn du willst kannst du dich gerne weiter „sachlich“ mit Libelle auseinandersetzen, warum es deine eigene Schuld ist, wenn der Staat oder sein ideeller Vertreter Libelle dich einen Kopf kürzer macht. Dir kann er dann auch nicht besondere Bösartigkeit vorwerfen, weil du Abscheu simulierst, denn dieser Abscheu ist dir offensichtlich abhanden gekommen.
    Franziska: Was willst du mir denn damit sagen, dass du dich in den Standpunkt eines eisernen Verteidigers des Eigentums eindenken kannst? Wenn einer so „argumentiert“, dann kannst du bloß noch das Weite Suchen, wenn du noch kannst. Du kannst doch nicht sachlich über eine offene Feindschaftserklärung „diskutieren“. Eine Feindschaftserklärung ist eben das Ende von Diskussion. Ich sag es zwar ständig, aber irgendwie scheint das nicht anzukommen. Mit Gewalt kann man niemand überzeugen und das gilt nicht nur, wenn Kommunisten Gewalt hätten, das gilt auch momentan, wo sie sie nicht haben und der Staat und seine ideellen Vertreter die Drohung mit Gewalt als Argument präsentieren. „Sieh halt ein, dass es deine Schuld ist, wenn der Staat auf die eine oder andere Weise dich zum Opfer macht.“ Das ist kein sachliches Argument, das ist die Rechtfertigung des staatlichen Zuschlagens. Dass man das dir und neo erst noch erklären muss, ist traurig.
    „oder eben den Weg geht, den libelle hier heraufbeschwört.“ Welchen Weg denn? Das ist ja lachhaft, dass Libelle auch nur ansatzweise einen „Weg“ aufgezeigt hätte. Außer natürlich den Weg ein braver Bürger zu werden, der gar nichts mehr will – außer guten Freunden ein Küsschen zu geben.
    „Die gesamte übliche moralische Fingerzeigerei der Art, die haben aber angefangen“ Sakrament. Was hat denn der Gewaltbedarf der bürgerlichen Gesellschaft mit moralischer Fingerzeigerei zu tun. Gewalt ist doch nicht die Grundlage des Eigentums, weil es Kommunisten oder kommunistische Staaten gibt. Den Gewaltbedarf haben sie wegen ihresgleichen.
    “ spätestens wenn es auf „gesellschaftlicher Stufenleiter“ umgesetzt werden soll, extrem feindlich eingestellte Bevölkerungsmehrheit herausfordert und angreift?“ Man k a n n Kommunismus nicht gegen eine „extrem feindlich eingestellte Bevölkerungsmehrheit“ durchsetzen. Glaub’s mir halt mal, statt immer mit dem gleichen Gewaltszenario anzukommen.
    „Die Lebenslüge der verkehrten Analyse, dass das alles nur von ihrem Staat Verhetzte sind,“ Wenn du nur ein klein wenig aufgepasst hättest, dann müsstest du mitgekriegt haben, dass es genau nicht meine Analyse ist, dass alle nur von ihrem Staat verhetzte sind.
    „Agitation ist ein oder gar DAS MITTEL?“ Das gilt immer. Egal in welcher Phase. Und das folgt, jetzt bestimmt zum viertel Mal in diesem Beitrag, daraus das man mit Gewalt niemanden überzeugen kann. Mit Gewalt kannst du einen Willen bloß an der Verwirklichung hindern, du änderst ihn aber dadurch nicht.

  133. 1. November 2013, 14:47 | #133

    Ja, Krim, da hat libelle wieder mal was geschrieben – das ist doch auch für dich alles andere als überraschend gekommen – was du „den ekelhaftesten, gewalttriefenden Blutdurst“ nennst (Nicht ganz mein Jargon, aber darum geht es hier nun wirklich nicht). Hab ich irgendwas dagegen gesagt, dagegen was zu sagen? Nein. Ich habe „nur“ wieder mal den Punkt gemacht, daß man hier leicht das argumentative Kind mit dem Bade ausschütten kann. Ich erinnere nur an die mehrfachen Zensur-Aufforderungen, die ich bei sowas gerne kriege.
    Du bist ja selber auch nicht gerade konsequent: Deine abgrundtiefe Verachtung für libelle ist doch nicht erst jetzt in diesem Thread zustande gekommen, sondern resultiert aus langen Jahren der Zurkenntnisnahme und Streiterei um und vor allem eben auch mit libelle. Wenn ich mich noch richtig erinnere, gab es solche Auseinandersetzungen doch schon im MDF. Und alle Jahre wieder kommst du mit der gleichen Leier, daß es nun ein für alle mal vorbei sei mit dem argumentativen Eingehen und Entgegnen in Bezug auf libelle. Ja dann laß es doch einfach.
    Tust du aber nicht und ich meine, zumeist tust du gut daran es nicht zu lassen, denn es ist ja auch offensichtlich, daß libelle einer der überlegtesten Antikommunisten ist, die hier überhaupt posten. Und da macht es in der Tat immer wieder Sinn, gerade seinen starken wichtigen Argumenten was gegenzuhalten. Was gerade in diesem Thread (und nicht zuletzt durch deine Beiträge) ja in manchem Punkt durchaus gelungen ist, wie ich meine. Das dieser Thread sich so lange hingezogen hat und solche Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, (seit Wochen ist er ja die meiste Zeit der meistdiskutierte Thread bei Blogsport überhaupt) liegt unter anderem sicher auch daran, daß libelle sich diesmal sehr viel Mühe gemacht hat, nicht gleich zu seinen Schaum-vor-dem-Mund Kommunistenhatz-Aufrufen bzw. -Rechtfertigungen zu greifen, sondern etwas weiter auszuholen.
    Es ist doch kein Zufall, daß franziska, die sich offensichtlich auch schon eine Menge zum Thema überlegt hat, jetzt sozusagen auf libelle aufsetzt oder einen seiner Kerngedanken wieder aufgreift und dich gefragt hat:

    „Wenn die Ausbreitung des jeweiligen kommunistischen Standpunkts nicht explosionsartig-exponentiell und insofern „revolutionär“ gedacht wird – was geschieht eigentlich in der Zwischenzeit? Und… wie stellen sich die Kommunisten eigentlich ihre Koexistenz mit den noch eigentumsfreundlichen und somit anti-kommunistischen Mehrheiten in ihrer Umgebung vor, wenn sie anfangen, als „agitierende“ oder gar militante Minderheit sichtbar zu sein?“

    Und wie du weißt, hab ich das dich und andere deiner Denkungsart auch immer wieder gefragt, nur leider darauf entweder gar keine Antworten oder recht unbefriedigendes Zeugs bekommen.

  134. Krim
    1. November 2013, 15:11 | #134

    „Ja dann laß es doch einfach.“ Mach ich doch. D u meckerst doch rum, wenn ich zur Kenntnis bringe, dass ich die Rechtfertigung von Feindschaftserklärungen nicht als sachliches Argument zu nehmen gewillt bin und jemand, der sowas versucht sich für sachliche Diskussion disqualifiziert.
    „daß libelle einer der überlegtesten Antikommunisten ist“ Manchmal, eigentlich eher selten.
    „nicht gleich zu seinen Schaum-vor-dem-Mund Kommunistenhatz-Aufrufen“ Das hat er dann ja nachgeholt. Und dann ist die Diskussion eben auch vorbei.
    „nur leider darauf entweder gar keine Antworten oder recht unbefriedigendes Zeugs bekommen.“ Dann musst du deinen Hirnkasten eben selbst mal anstrengen, denn zu deiner Befriedigung bin ich nicht da. Ich habe gesagt was ich dazu denke und wenn es dir nicht gefällt dann kritisier es halt. Ich seh auch gar nicht wo das Problem liegen soll. Eine Gruppe wird nicht dadurch militant, dass sie größer wird.

  135. Hans
    1. November 2013, 15:34 | #135

    @franzi
    „Die beiden kommunistischen Standpunkte, verfahrens- oder konsensbasiert“
    Denk bitte mal drüber nach, ob du irgendetwas Kommunistisches damit erfasst, dass du Standpunkte in deine Schubladen ‚Verfahren‘ und ‚Konsens‘ verfrachtest. Mit deiner methodischen Charakterisierung ließen sich ebenso gut Kindergärten oder Parteivorstände beschreiben, die mal abstimmen und sich ein andermal einigen. Und aus dieser verkehrten Abstraktion von angeblich „kommunistischen Standpunkten“ willst du darüber hinaus ein fiktives Verhältnis zum Ausland oder den Umgang deiner Fantasiefiguren mit irgendwelchen ebenso erfundenen Mehrheiten folgern:
    „Wie stellt man sich eigentlich vor, als Minderheit auftreten zu können, die die übergrosse und dem eignen Programm gegenüber, spätestens wenn es auf „gesellschaftlicher Stufenleiter“ umgesetzt werden soll, extrem feindlich eingestellte Bevölkerungsmehrheit herausfordert und angreift“
    Tja, wie stellt man sich das vor, wenn man Gesellschaftskritiker mit einer Abneigung gegen Opportunismus ist?! Vielleicht ist ja eure Unterstellung von dem, was sich Kapitalismuskritiker vorstellen (sollen), verkehrt: Bei Kritikern ist nämlich die Position des geschädigten Interesses, was gegen die durchgesetzte Ordnung Geltung beansprucht, der Ausgangspunkt. Die Einsichten, die man dafür benötigt und deswegen weiter verbreitet, ändern sich nicht aufgrund von Mehr- oder Minderheiten. Die Erde war auch nicht solange eine Scheibe, bis die Widerlegung dieser Theorie durchgesetzt werden konnte!
    Ein Beispiel: Wenn man die „Bedürfnisfeindlichkeit“ von Geld als Ausbeutungsinstrument aufzeigen kann , ändert es an der Theorie rein gar nichts, ob die Adressaten einen danach mehrheitlich erschießen wollen oder in der Minderheit eine Marxsche Fußnote diskutieren möchten.
    Das Erfolgsargument ist also grundsätzlich verkehrt: Das Blamieren eines Gedankens an seiner spekulativen Erfolglosigkeit ist die beabsichtigte Täuschung, alle hätten ohnehin dasselbe Ziel und man würde über Methoden und ungünstige Wahrscheinlichkeiten streiten, das gemeinsame Ziel zu erreichen – um dann den realistischen Skeptiker zu geben mit „leider leider schwierig“. Erfolgsskeptiker drücken sich um die inhaltliche Diskussion, indem sie das Scheitern von Verfahren für etwas heraufbeschwören, worüber sie nicht reden!

  136. Mattis
    1. November 2013, 18:27 | #136

    Solange man nur weiß, was man nicht will, aber nicht viel dazu sagen kann, wie die Veränderung aussehen soll, braucht man auch keine Übergangsszenarien zu diskutieren. – Daher möchte ich nochmal zurück zum Thema Räteorganisation.

    „Der Betrieb tritt als selbstständige Einheit auf, die selber ihre Verbindungen mit den übrigen Betrieben und Konsumgenossenschaften anbahnt. Dann sind die Produzenten voll verantwortlich.“ (Hermann Lueer, Kapitalismus-Kritik und die Frage nach der Alternative, S. 256)

    Eine grundsätzliche Kritik daran habe ich weiter oben bereits formuliert; ich will diesen Punkt nochmal in Beziehung setzen zu der häufig verwendeten Klausel ‚Entscheidungen sollen von den davon Betroffenen gefällt werden’.
    Nehmen wir an – im Rätesystem – begeisterte Radler melden in größerem Umfang das Bedürfnis nach sog. Carbon-Fahrrädern an, weil diese so leicht sind und weitere gefragte Eigenschaften haben. Ein Fahrradbetrieb greift also diese Nachfrage auf und die Räte des Betriebes beschließen, die Produktion entsprechend auf Fahrräder aus solchen Verbundwerkstoffen aus Kohlefasern umzustellen.
    Um die nötigen Materialien zu erhalten, wendet man sich also im nächsten Schritt an die Carbonverbund-Hersteller, um die erforderlichen Lieferungen zu vereinbaren. Der Carbonbetrieb hat allerdings für die kommende Zeit noch weitere Anforderungen bezüglich Kohlefasern vorliegen und stellt fest, dass die Ressourcen nicht ausreichen, alle diese Anforderungen zu bedienen. Ein nennenswerter Teil der Carbonproduktion wird für energieerzeugende Maschinerie (z.B. Windkraftwerke) benötigt.
    Einige Kollegen im Carbonbetrieb, selber begeisterte Radler, finden Carbonräder klasse und würden gerne dafür liefern. Andere weisen auf den Carbon-Bedarf für die Energieerzeugung hin, der nach ihrer Ansicht ohne Einschränkung Vorrang haben müsse.
    Es stellen sich mir dabei folgende Fragen: Was sind in diesem Falle die vielzitierten „Bedürfnisse der Leute“, wer sind die vom Thema Carbon-Fahrräder „Betroffenen“ und welche Entscheidungskompetenz soll nun der Carbonbetrieb haben?

  137. Krim
    1. November 2013, 19:25 | #137

    Es war einmal eine Gesellschaft und da fehlte was. Mir stellen sich nun folgende Fragen: Was hat Bernd gestern zu Mittag gegessen und darf Bärbel Lippenstift benutzen, obwohl ihre Freundin Gabi gestern ein Glas zuviel Prosecco hatte?

  138. franziska
    1. November 2013, 19:28 | #138

    Tja prost, Mattis… hier wird halt dieselbe Begründung wie deine, bloss grad andersrum gegeben: Solang man nicht sehen kann, wie JE ein Übergang (durch „Erschütterung“ wie bei dir – dazu hast du noch nichtmal 1 Satz bisher geäussert! ausser vielleicht: „Wer weiss wann…?“ – oder durch „Agitation“ wie bei Krim) zu einer kommunistischen Verfasstheit der Gesamtgesellschaft führt, sollte die von dir für prioritär erklärte Fragestellung, gelinde gesagt, in allerengstem Zusammenhang mit der hier zuletzt debattierten erörtert werden. Oder bleibts dabei: gesamtgesellschaftlicher Verfahrens-Kommunismus muss sein und wird sein, da gibts kein Vertun, wir müssen uns halt drauf vorbereiten… Warum sollten wir, Mattis? – OK – zurück zum Carbonbetrieb…
    ——————————–
    Hans, mal ganz nebenbei: kennst du zufällig dieses Drillwerkzeug für Drahtbinder? Ich mein das, wo man den Haken in die zwei Ansatzschlaufen einsetzt und zieht und schwupps die immer gleiche total verdrillte und verdrehte Drahtspirale absteht? Musst du dir unbedingt mal anschauen, einfach: schwupps! Man begreift nicht wie, aber immer wieder passiert es: schwupps! Einfach genial: schwupps!
    ——————————–
    Krim, du erklärst leider immer nur, was schon verstanden war, nämlich die Prämissen:
    1. Man k a n n Kommunismus nicht gegen eine „extrem feindlich eingestellte Bevölkerungsmehrheit“ durchsetzen.
    2. dass es genau nicht deine Analyse ist, dass alle nur von ihrem Staat Verhetzte sind.
    3. dass man mit Gewalt niemanden überzeugen kann.
    Hatte ich alles verstanden und vorausgesetzt. Aber dann kommts:
    4. „Agitation ist ein oder gar DAS MITTEL. Das gilt immer. Egal in welcher Phase. Und das folgt daraus…“
    Das kapier ich nicht, sogar wenn gilt:
    5. Eine Gruppe wird nicht dadurch militant, dass sie größer wird.
    Wurde auch nicht behauptet – sondern: die ANDERN werden militant. Denn… „Den Gewaltbedarf haben sie wegen ihresgleichen. Gewalt ist doch nicht die Grundlage des Eigentums, weil es Kommunisten oder kommunistische Staaten gibt.“ Doch, Krim: Ganz am Rande, marginal, so marginal wie Kommunisten nun mal sind, manchmal (wenn sie zu frech werden) doch.
    Und die Frage, Krim, die dir gestellt wurde, aber bitte jetzt nicht böse werden, weil ich nur so langsam begreife, war: Wie man unter solchen Umständen Agitation als MITTEL zur Herstellung kommunistischer Verfasstheit der GESAMTGESELLSCHAFT bezeichnen kann? Das Wort „Mittel“ ist es, das hier irritiert. Im Zusammenhang mit „gesamtgesellschaftlich“.
    ((Soll man sich das so vorstellen wie bei der MG, immer im Wechsel, 10 Jahre agitieren bis man auffällig genug ist, dann 10 Jahre pausieren, dann wieder von vorn anfangen? Sollten wir ausrechnen, wie oft man das machen muss, dass von den anfangs Agitierten noch genug übrig und überhaupt am Leben sind, damit gesamtgesellschaftlich… 0der wie geht die Aufgabe? Krim??))
    ((Und NOCH eine Frage stellt sich, speziell angesichts einiger hier schon öfter besprochener Zitate des überaus emsigen Agitators Peter Decker:
    Was genau wissen eigentlich die Adressaten nicht, oder was genau haben sie nicht bedacht – sind ihre „Fehler“ überhaupt etwas, dem man mit „Argumenten“ angemessen begegnet? (Ich denke da an die Kurzversion des Kapital (Kapitalisten eignen sich das Mehrprodukt der Arbeit an, können das auch, weil Arbeiter erpressbar wg. Ausschluss von Produktionsmitteln, Steigerung der Produktivität setzt vormals benötigte Arbeiter frei, und steigert so die Erpressbarkeit…) die Krim weiter oben gegeben hat… das, einmal in Alltagsdeutsch übersetzt: Teilt es, so für sich genommen, IRGENDETWAS mit, das nicht die meisten Adressaten, sofern sie sich überhaupt für Zusammenhänge dieser Art interessieren, nicht wüssten? Sind es nicht eher ihre ganz andersartigen BEWERTUNGEN derselben Tatsachen, weshalb ihnen Zustimmung so naheliegt? Solche wie (rückübersetzt): dann gibts wenigstens ein Mehrprodukt und einen Fortschritt, oder: ich und meinesgleichen würden sich um all diese Dinge nicht kümmern wollen, man kann froh sein, dass sich jemand damit befasst, oder, ganz defensiv: Das mag irgendwie total chaotisches und mangelhaftes Gewurstel sein, aber irgendwie funktioniert es doch, und warum ALLES umkrempeln für etwas, das auf seine Weise womöglich, aber sicher ist das nicht, auch bloss eine chaotische und mangelhafte Wurstelei darstellt? Es gibt so unglaublich wenig Anlass zu glauben, dass es bei allem Aufwand, den das kostet, WESENTLICHE Besserungen geben wird…))

  139. Krim
    1. November 2013, 20:58 | #139

    “ sondern: die ANDERN werden militant.“ Wenn die Andern militant werden, dann musst du die und nicht mich nach den Gründen fragen. Dann sind doch die Ursache (das ist keine Schuldfrage) für die Gewalt.
    “ Wie man unter solchen Umständen Agitation als MITTEL zur Herstellung kommunistischer Verfasstheit der GESAMTGESELLSCHAFT bezeichnen kann?“ Das habe ich oben schon beantwortet. 29. Oktober 2013 um 1:26 Uhr Der Mittelcharakter von Agitation ändert sich kein bißchen, dadurch welche gewalträchtigen Hindernisse Kommunisten entgegenschlagen. Das ist wieder ein verwandeltes Erfolgsargument.
    „Sollten wir ausrechnen, wie oft man das machen muss, dass von den anfangs Agitierten noch genug übrig und überhaupt am Leben sind, damit gesamtgesellschaftlich…“ Wenn es so ist, dann ist es so. Man kann nunmal Gegner totschlagen oder mundtot machen. Bloß, weil sie vielleicht Misserfolg haben, bzw. ausradiert werden, haben sie noch keinen Fehler gemacht. Misserfolg widerlegt nix und Gewalt widerlegt auch nix.
    „Was genau wissen eigentlich die Adressaten nicht,“Alles was im Kapital steht zum Beispiel. Oder den Begriff des bürgerlichen Staates.
    “ sind ihre „Fehler“ überhaupt etwas, dem man mit „Argumenten“ angemessen begegnet? „ Ja, Argumente sind angemessen, weil die Bürger ihr Tun selbst ständig (ideologisch) rechtfertigen und dabei eben Fehler machen, die ihnen schaden. Es geht nur so, dass man die Widersprüchlichkeit ihrer Rechtfertigungsversuche nachweist.
    “ Teilt es, so für sich genommen, IRGENDETWAS mit, das nicht die meisten Adressaten, sofern sie sich überhaupt für Zusammenhänge dieser Art interessieren, nicht wüssten?“ Na klar tut es das. Arbeiter denken, sie würden ihre Arbeit verkaufen. Stimmt aber nicht. Sie verkaufen ihr Arbeitsvermögen zeitweise. Darüber funktioniert ihre Ausbeutung. Sie verkaufen die Potenz der Reichtumsvermehrung und sind deshalb von ihrem Resultat ausgeschlossen. Sie werden also gar nicht ungerecht übervorteilt. Die Konstruktion des Eigntumsverhältnisses selbst ist so, dass die Teilung in Arme und Reiche sich reproduziert. Weil eben die Armen für Lohn die Potenzen der Reichtumsproduktion nicht selbst in der Hand haben, sondern anderen überlassen, die dann ihren Reichtum vermehren mittels fremder Arbeit.
    „Sind es nicht eher ihre ganz andersartigen BEWERTUNGEN derselben Tatsachen, weshalb ihnen Zustimmung so naheliegt?“ Diese „Bewertungen“ sind eben ihre ideologischen Rechtfertigungen und genau die werden kritisiert. Und das heißt, dass sie andersrum urteilen. Sie bewerten nicht erst und stimmen dann zu, weil sich das aus ihrer Bewertung ergibt. Sondern die haben sich entschlossen die Welt als Mittel zu betrachten, weil sie auf sie angewiesen sind, und bewerten dann so, dass die Illusion, die Welt sei ihr Mittel, bestärkt wird. Deshalb finden sie nie einen systematischen Grund für ihre Lage, sondern immer bloß Missbräuche, Ungerechtigkeiten, Missgeschicke, Katastrophen, Charakterfehler eines eigentlich guten Gemeinwesens vor, das sie prinzipiell als Mittel gebrauchen können.
    „Das mag irgendwie total chaotisches und mangelhaftes Gewurstel sein,“ Na, wenn Chaos der einzige Vorwurf ist, kann man wirklich den Kapitalismus auch lassen.
    „Es gibt so unglaublich wenig Anlass zu glauben, dass es bei allem Aufwand, den das kostet, WESENTLICHE Besserungen geben wird…))“ Man wird auch nicht Kommunist, weil man an Verbesserungen glaubt oder nicht, sondern weil man eine andere Gesellschaft w i l l.

  140. Mattis
    1. November 2013, 22:06 | #140

    @franziska:

    „Sind es nicht eher ihre ganz andersartigen BEWERTUNGEN derselben Tatsachen, weshalb ihnen Zustimmung so naheliegt?“

    Ja und nein: Erstens kommen sie genau aus diesem Blickwinkel des Sich-Einrichtens (also zustimmen zu wollen) auf ihre affirmativen Bewertungen, und zweitens: in diesen andersartigen Bewertungen sind in aller Regel falsche Urteile enthalten, und das aufzudecken, ist ja Aufgabe der Aufklärungsarbeit. Es ist doch wirklich nicht so, dass beide Seiten dieselben korrekten Einsichten haben, nur für sich persönlich unterschiedlich bewerten!
    So ein Dauerarbeitsloser sagt z. B. nicht, das ist normal im Kapitalismus, denn dass alle in Lohn und Brot wären, das verträgt die Wirtschaft ja nicht … Sondern es folgt die übliche Litanei über Unfähigkeit, Gier, Versagen der Politik und so weiter, eine ganze Latte falscher Urteile.
    Nur weil diese Fehler drinstecken in der zustimmenden Einstellung, gibt es überhaupt einen Ansatzpunkt. Zugleich macht das genau die Schwierigkeit: wer will schon von Fehlern hören, wenn er richtig und falsch gar nicht als Kriterien seiner Ansichten gelten lassen will, sondern seine „Bewertungen“ schon deshalb für richtig hält, weil es seine sind.
    Was ihn in dieser Befangenheit erschüttern könnte, ist m.E. nicht kalkulierbar. So wenig wie bei vielen anderen Fehlern, die Menschen in ihrem Leben so machen. Wodurch bekommt die Selbstgewissheit Risse, und wodurch werden die ersten Zweifel zur Kritik? Es gibt da keinen Königsweg, auch wenn du mich noch so oft fragst. Aber du kannst mal umgekehrt fragen: wo stündest du, wenn es noch niemals vorher eine Kritik am Kapitalismus gegeben hätte, weder von einem Marx noch von sonstwem.
    Wenn es allerdings, wie du es als Möglichkeit andeutest, nur „andersartige Bewertungen“ wären, quasi ohne jeden Denkfehler – ja dann gäbe es ohnehin keinerlei Weg, jemanden von seiner Bewertung abzubringen. Dann könntest du dich nur daneben stellen und sagen: ich bewerte das aber anders. Kritik wäre dann gar nicht möglich, du könntest dann nur deine anderweitige Einschätzung danebensetzen. Das könnte dann in der Tat niemanden in seinem Standpunkt verunsichern. – Willst du darauf hinaus?

    „Es gibt so unglaublich wenig Anlass zu glauben, dass es bei allem Aufwand, den das kostet, WESENTLICHE Besserungen geben wird…“

    Normalos machen keine solchen Aufwands- oder Risiko-Abwägungen, weil sie ja gar nicht vorhaben, eine Alternative durchzusetzen.
    @Krim:
    Warum will denn jemand eine andere Gesellschaft? Doch nicht der Abwechslung halber oder aus purem Dagegensein.

  141. Krim
    1. November 2013, 23:56 | #141

    @mattis: Die Betonung lag auf „g l a u b t“ und „w i l l“. Verbesserung war mir zu unspezifisch. Man macht sein tun doch nicht von der Spekulation abhängig, welche Verbesserungen es hypothetisch geben könnte. Sondern man schaut sich die Gesellschaft an, erkennt dass sie für die meisten ein systematisches Jammertal bedeutet und beschließt dagegen etwas zu tun. Man strebt eine Gesellschaft ohne Privateigentum an, in der das Individuum nicht mehr gegen seinesgleichen konkurriert, sondern gemeinsam mit anderen produziert was gebraucht wird. Da fängt man doch nicht das lamentieren an: Oh, das Gesellschaftsverändern ist so ein Aufwand. Und wahrscheinlich (wieso das denn?) wird es kaum Verbesserungen geben. Ob sich das lohnt? Also echt, wer so rumnölt, bei dem kann es mit Kapitalismuskritik nicht weit her sein.

  142. Hans
    2. November 2013, 00:41 | #142

    @franzi
    „total verdrillte und verdrehte Drahtspirale“
    Danke für die Blumen, leider erkenne ich daran, dass du meine Kritik nicht verstanden hast. Nochmal in Kürze: Du willst einerseits deine Gedanken davon abhängig machen, welchen Erfolg du mit ihnen hast, andererseits willst du das Argument dafür gar nicht als Erfolgsgeilheit verstanden wissen, sondern als zu prüfendes Urteil. Der Einwand „möglicher Misserfolg“ ist nicht nur wegen der darin enthaltenen Spekulation verkehrt, es ist vor allem eine falsche Abstraktion von dem, was Erfolg haben soll.

  143. Mattis
    2. November 2013, 12:48 | #143

    „Ob sich das lohnt? Also echt, wer so rumnölt, bei dem kann es mit Kapitalismuskritik nicht weit her sein. (Krim)

    „Du willst einerseits deine Gedanken davon abhängig machen, welchen Erfolg du mit ihnen hast, …“ (Hans)

    Die Kritik nicht, sondern, jedenfalls habe ich franziska so verstanden, den persönlichen Einsatz für deren praktische Umsetzung. Das ist ein Unterschied, den z.B. die alten MG-ler immer sehr polemisch verwischt haben: jeder, der sich aus dem Aufwand und den Risiken ein Problem machte, bekam gesagt, dass er seine Kritik also nicht ernst meinen würde (oben hat Krim genauso argumentiert). Wenn man in der Kritik klar sei, gäbe es so was wie Abwägen nicht. So ein überhebliches Getue. Am Ende haben die MG-ler damals dann doch abgewogen: Erfolgsmöglichkeit gegen drohenden Arbeitsplatzverlust.
    Warum müssen manche Leute sich da eigentlich so aufspielen, das ist doch pure moralistische Anmache. – Ich krieg ja dasselbe Fett ab: weil ich über die Ökonomie des Sozialismus nachdenke, heißt es, du zweifelst an deiner Kritik. Das ist sowas von billig.

  144. Krim
    2. November 2013, 13:31 | #144

    „jeder, der sich aus dem Aufwand und den Risiken ein Problem machte, bekam gesagt, dass er seine Kritik also nicht ernst meinen würde“ Du erzählst Blödsinn. Keine Organisation kann ein Interesse dran haben, wenn ihre Leute den Job verlieren.
    Es geht bei Franziska doch auch gar nicht darum ein persönlich optimales Maß an Risiko und Aufwand zu finden. Sie will aus dem Risiko und dem Risiko ein Argument gegen Kommunismus basteln und dagegen habe ich mich gewandt. Das geht nicht. Wer das tut der will was anderes oder mit seiner Kapitalismuskritik ist es nicht weit her. Wenn das, was man will aus der Kritik am Kapitalismus folgt, wo soll da noch Erfolg als Maßstab des Tuns Platz finden.
    Wenn der Erfolg der Maßstab des Handeln ist, dann heißt das, dass dafür das inhaltliche Ziel relativiert bzw. ausgetauscht oder sogar aufgegeben wird. So war oben das vorgestellte Szenario des Eigentumsliebhabers, der nur vorgibt ein Kommunist zu sein: Wenn das Risiko soo groß ist und soo wenig rausspringt bei dem großen Aufwand, dann bleibe ich lieber im Kapitalismus. – Als hätte man die Wahl und als könnte man hier auch ganz gut zurechtkommen. Man erkennt doch schon von weitem, dass es sich hierbei bloß um die Rechtfertigung handelt nichts zu tun, sich zu arrangieren und sein falsches Bewusstsein auszupacken.

  145. Mattis
    3. November 2013, 15:45 | #145

    „Die Produzenten, die zur Verwaltung in den Fabriken und Betrieben die Arbeiterräte als Grundzellen der politischen Ordnung organisiert haben (…) , müssen sich im Rahmen einer betriebsübergeifenden Räteorganisation (…) die von ihnen kontrollierten Planungs- und Entscheidungsinstanzen schaffen, um angefangen bei der Bedarfsermittlung über die Festlegung von Prioritäten des Mitteleinsatzes bis zur Verteilungsfrage ihren gesellschaftlichen Produktionszusammenhang organisieren zu können.“
    „Der Verbund selbstbestimmter Produzenten bedarf hierfür keiner ihm übergeordneten staatlichen Kontrollinstanz. Seine selbstbestimmte Kooperation ist zusammen mit der von ihm geschaffenen überbetrieblichen Planungs- und Steuerungsorganisation zugleich seine eigene alles entscheidende Kontrollinstanz.“
    (Hermann Lueer, Kapitalismus-Kritik und die Frage nach der Alternative, S. 244 bzw. S. 253)

    Eine staatliche Kontrollinstanz wird also abgelehnt. Was ist denn aber der grundlegende Unterschied zwischen der durch gewählte Räte bestimmten „übergeordneten Kontrollinstanz“ und einem demokratisch gewählten Parlament? Das Rätesystem ist doch selbst eine staatliche Ordnung! Sie ist ein eigenes System von Gremien und Zuständigkeiten, in denen das öffentliche Geschehen der Gesellschaft festgelegt wird. Das ist eben mehr als ein Verein und auch mehr als eine bloße Kooperation selbstständiger Einheiten. Die Gegenüberstellung von selbstgewähltem Parlament = schlecht und selbstgewähltem Räteparlament = gut ist jedenfalls nicht plausibel begründet.

  146. Krim
    3. November 2013, 17:04 | #146

    „Was ist denn aber der grundlegende Unterschied zwischen der durch gewählte Räte bestimmten „übergeordneten Kontrollinstanz“ und einem demokratisch gewählten Parlament?“ Der Inhalt der Fragen ist der Unterschied. Ein demokratisch gewähltes Parlament wälzt staatliche Gewaltfragen, während eine „betriebsübergreifende Räteorganisation“ Fragen der gesellschaftlichen Reproduktion bearbeitet.
    „Das Rätesystem ist doch selbst eine staatliche Ordnung!“ Nein, denn sie wälzt keine Fragen staatlicher Gewalt. „in denen das öffentliche Geschehen der Gesellschaft festgelegt wird.“ „öffentliches Geschehen“ ist eine wenig aussagekräftige Charakterisierung.

  147. franziska
    3. November 2013, 21:15 | #147

    So wäre also auch das geklärt, und der thread-Hauptstrang ein Stückchen weitergerückt. – Zurück also zum Nebenstrang, der sich in den Vordergrund gedrängt hatte…
    Für diejenigen, die die einschlägigen threads bei Nestormachno kennen zB http://nestormachno.blogsport.de/2013/03/12/ungarns-neue-verfassung-2 ), mal vorweg:
    Krim fängt langsam an, den Nestor zu geben, und Hans… naja den Fred, wen sonst.
    Das Wort „Mittel“, so wie Krim es mit Bezug auf „Agitation“ verwendet, kann nicht bedeuten, was es üblicherweise bedeutet: Denn in dem Fall hätte (nicht ich, sondern) Krim selbst durch diese Wortwahl die „(Miss)Erfolgsargumente“ als adäquaten Inhalt von Stellungnahmen zu seinem Satz „Agitation ist das Mittel usw“ heraufbeschworen. Sein „Mittel“ soll aber mit absehbarem Erfolg seiner Anwendung, oder auch sicher absehbarem Misslingen, oder auch deren erwägung, mit all dem also, was man üblicherweise Zweckmässigkeit und ihre rationelle Prüfung nennt, nichts zu tun haben.
    SO wird diese Mittel-Praxis namens „Agitation“ also nicht „blamiert“, lässt sich nicht zurückweisen.
    Das „Blamieren“ wegen Untauglichkeit verfehlt – aus den Antworten wird es deutlich – auch aus einem zweiten Grund sein Ziel: Es leistet keine Widerlegung der Behauptungen, die den Inhalt von „Agitieren“ bilden. Sie bleiben WAHR (oder falsch, so wie sie eben ihrem sachlichen Gehalt nach sind). Nun wurde nichts dem Widersprechendes behauptet. Wenn Argumente, die als Angriff auf die (vermeitnlich behauptete)Zweckmässigkeit der Praxis des „Agitierens“ gemeint waren, grundsätzlich als (untaugliche, absurde) Versuche (miss)verstanden werden, die Wahrheit der durch Agitation zu vermittelnden Aussagen anzugreifen, oder die Berechtigung, entsprechende Überzeugungen zu haben – was sagt das dann über dies „Agitieren“? Es ist eine Praxis, die zum inneren HABEN dieser für wahr gehaltenen Überzeugung nichts andres hinzutut als ein äusseres Benehmen, das dies Überzeugtsein, seinen Inhalt, die für beweisend gehaltenen Gründe AUSDRÜCKT, ausspricht und in gewissem Sinn bekennt.
    Natürlich gibt es Situationen, wo dies Aussprechen von Überzeugungen und der Gründe, die einem dafür zu sprechen scheinen, absolut angemessen ist: Man nennt sie Diskussionen, Gespräche, Verständigungsversuche usw.
    Also etwas der Art, wie es hier stattfindet.
    „Agitieren“ scheint dasselbe Verhalten zu sein ausserhalb der dazu passenden Situation. – Das ist ein eigenartiger Begriff von „Agitieren“.
    Krim selbst bringt dann noch den GSP-Evergreen von dem Beschluss, die Welt als Mittel zu nehmen (was bestenfalls als Beschluss eines VERSUCHS angesehen werden kann) – als ob einem da die bestätigenden Urteile, die man über die Welt fällt, nicht erstmal für sich eingeleuchtet haben müssten – der schönste Beschluss taugt da nichts, wenn die Welt sich dann nicht, nach bestem eignen Wissen und Gewissen, als Mittel (hier mal im normalen also Nicht-Krimschen Wortsinn genommen) erweist.
    ((Die psychologischen Urteile über das Innenleben anderer Leute von GSP und Sympathisanten haben für mich immer wieder etwas derart Befremdliches, mir völlig Unbekannes und an MEINER Umgebung auch nicht Auffindbares, dass ich mich frage, ob es nicht die sehr speziellen Macken eines ganz bestimmten Milieus sind, von denen da geredet wird, nämlich der Leute selber, die da andern was zuschreiben.))
    Für die angeblich vermisste Kategorie „ein systematischer Grund für ihre Lage“ (wieso sollten sie die schon vorab eigentlich haben? sollten sie einen solchen vorab vermuten?) wird den Leuten, im Widerspruch zur Klage über das Fehlen einer solchen, also auch noch eine durchwegs bei ihnen allen feststellbare Realisierung zugeschrieben: Als Grund ihrer Lage kennen angeblich alle grundsätzlich kontingente Störungen aller Art eines an sich gutes Leben ermöglichenden Weltzustands. Das ist (oder wäre, wenns in dieser Allgemeinheit zuträfe) doch mal ein veritabler Befund. Die Vorab-Kritik daran der Art: „das ist aber nicht EIN systematischer Grund“ könnte mit Fug und Recht als „methodisches Vorurteil“ durchgehen, was hier aber nur nebenbei interessiert, da Krim hier zusätzlich zu allem andern auch noch ein systematisches Hindernis (im gewöhnlichen Wortsinn) für Agitation (im gewöhnlichen Wortsinn) aufbaut, an dem man sich als Agitator (im gewöhnlichen Wortsinn) die Zähne ausbeissen würde, oder angesichts dessen man sich nur noch mit jämmerlichen Bettelsätzen der Art wie Peter Decker sie anführt, hinstellen kann ( http://neoprene.blogsport.de/2013/10/04/raeteorganisation/#comment-92709)
    Aber klar: Krim WILL Kommunismus im Sinne von: Eigentumsfreiheit gesellschaftsweit. Inbrünstig wünscht er sich das sogar. Soweit kann ich noch folgen. Er weiss halt bloss nicht, wie (dies im üblichen Wortsinn verstanden) man dorthin kommen könnte.
    PS: Alle von mir gelieferten Beiträge zum Thema „Erreichbarkeit und Vorteil des Kommunismus“ wurden fiktiven Adressaten von Agitation in den Mund gelegt. Der Satz „franziska macht daraus ein Argument gegen Kommunismus (iSV s.o.)“ ist in diesem Zusammenhang komplett sinnleer. Franziska debattiert hier ununterbrochen zur Frage, was dafür (iSv s.o.) getan werden kann und was nicht. Sowas zB hat Nestor-Qualitäten, Krim. Und das war nicht das einzige…
    PPS: Die Verwechslung von fingierten Adressaten-Äusserungen mit franziska-Überzeugungen liegt beinah durchgehend Hans‘ Schwuppsigkeiten (und sogar noch Mattis irgendwie wohlwollend gemeintem Aufgreifen solcher Stellen) zugrunde. Einfach mal den thread lesen, Hans. Sonst endest du hier noch als Pausenclown.
    PPPS Hier wird derzeit nur noch fahrig gelesen und geantwortet. So kommt natürlich kein Dialog zustand. Aber wer sagt denn, dass das gewollt wird.

  148. Mattis
    3. November 2013, 22:03 | #148

    @franziska:

    „Alle von mir gelieferten Beiträge zum Thema „Erreichbarkeit und Vorteil des Kommunismus“ wurden fiktiven Adressaten von Agitation in den Mund gelegt.“

    Das war klar; sonst hätte ich ja nicht so geantwortet:

    Normalos (also deine fiktiven Adressaten) machen keine solchen Aufwands- oder Risiko-Abwägungen, weil sie ja gar nicht vorhaben, eine Alternative durchzusetzen.“

    *

    „Als Grund ihrer Lage kennen angeblich alle grundsätzlich kontingente Störungen aller Art eines an sich gutes Leben ermöglichenden Weltzustands.“

    Aber was unterstellt dieses „an sich“, wo doch dafür – bei genauerem Hinsehen – so wenig spricht? Es muss der Standpunkt vorausgesetzt sein, die Umstände als Mittel zu nehmen, und diesem Standpunkt den Verstand, der über gegenteilige Wahrnehmungen stolpern könnte, unterzuordnen.
    Dieser „Evergreen“, wie du es anscheinend abwertend meinst, scheint halt doch ziemlich wahr zu sein. Nur: dass der Kapitalismus an diesem Evergreen schuld sei, das wiederum erscheint mir ziemlich unplausibel.
    Wenn, wie die idealistischen Fraktionen unterstellen, das menschliche Naturell recht eigentlich vernünftig, kritisch, kooperativ wäre – dann müsste den Menschen der Kapitalismus ein Gräuel sein, nicht zu ertragen. Mehr noch: sie hätten es erst gar nicht dahin kommen lassen.

  149. Krim
    4. November 2013, 01:18 | #149

    „Sein „Mittel“ soll aber mit absehbarem Erfolg seiner Anwendung, oder auch sicher absehbarem Misslingen, oder auch deren Erwägung, mit all dem also, was man üblicherweise Zweckmässigkeit und ihre rationelle Prüfung nennt, nichts zu tun haben.“ Das stimmt nicht. Zweckmäßig ist Agitation in j e d e m Fall. Es befördert den Zweck den Willen zu hinterfragen und ihn von der Schädlichkeit kapitalistischer Zustände zu überzeugen. Insofern bedeutet es was es üblicherweise bedeutet. Man kann sogar noch weitergehen und sagen es gibt gar kein anderes Mittel als zu Überzeugen, um den Willen eines anderen zu ändern. „Sicher absehbares Mißlingen“ ist total an den Haaren herbeigezogen. Dafür ist mir noch nie ein Argument untergekommen, denn wenn es das gäbe, könnte man wirklich aufhören zu streiten. Dagegen spricht nicht zuletzt das eigene Bewußtsein.
    Nun ist es auch ein ziemlich verrückter Maßstab, den franziska hier anlegt: man dürfe zu Agitation nur sagen es sei ein Mittel, wenn es mit 100%iger Sicherheit in der Lage ist, einen Willen zu ändern. Nichts ist in der Lage einen Willen zu ändern, außer der Wille sich selbst. Wäre es anderes so wäre er kein Wille. Der Wille kann immer nur s e i n e Gründe bestätigen oder verwerfen. Ein anderer Wille kann per Argument und Gegenargument diese Gründe nur überprüfen bzw. kritisieren und der andere Wille kann diese Argumente zu den eigenen machen und darüber einen anderen Willen entwickeln. Das gilt im Übrigen immer und nicht nur auf kommunistische Überzeugungsarbeit bezogen.
    „Wenn Argumente, die als Angriff auf die (…)Zweckmässigkeit der Praxis des „Agitierens“ gemeint waren, grundsätzlich als (untaugliche, absurde) Versuche (miss)verstanden werden, die Wahrheit der durch Agitation zu vermittelnden Aussagen anzugreifen“ Na ja, wenn du das nicht wolltest, dann darfst du eben nicht den Eigentumsliebhaber geben und seine Haltung zu Argument machen. „Es gibt so unglaublich wenig Anlass zu glauben, dass es bei allem Aufwand, den das kostet, WESENTLICHE Besserungen geben wird…))“ Wofür soll das denn sonst sprechen, als dafür Agitation zu lassen, weil das Kosten-Nutzenverhältnis ungünstig ist. Das ist nunmal eine Ablehnung von Agitation, die von ihrem Inhalt nichts wissen will.
    “ Es ist eine Praxis, die zum inneren HABEN dieser für wahr gehaltenen Überzeugung nichts andres hinzutut als ein äusseres Benehmen,“ Das ist jetzt frech. Weil Agitation gerade nicht darin besteht, dass man die Überzeugung der eigenen Unfehlbarkeit als Bekenntnis vor sich herträgt, sondern darin dass man inhaltliche Fehler entdeckt und sie als i n h a l t liche Kritik vorträgt.
    „„Agitieren“ scheint dasselbe Verhalten zu sein außerhalb der dazu passenden Situation.“ Nein, scheint es nicht. So wie hier geht das und nicht anders.
    “ als ob einem da die bestätigenden Urteile, die man über die Welt fällt, nicht erstmal für sich eingeleuchtet haben müssten –“ Bloß warum haben sie eingeleuchtet? Weil das Interesse gar nicht dem Urteil folgt, sondern das Urteil dem Interesse.
    „der schönste Beschluss taugt da nichts, wenn die Welt sich dann nicht, nach bestem eignen Wissen und Gewissen, als Mittel (…) erweist.“ Die Welt erweist sich nicht als Mittel. Wenn das so wäre bräuchte es keinen Kommunismus. N u r der Beschluss die Welt als Mittel nehmen zu wollen, macht die rechtfertigenden „Gründe“ plausibel. Dann fängt man an die Welt im Kopf zu verbiegen und lauter Gründe zu suchen, warum es mit dem Mittelsein nicht so recht klappen will. Da gibt es dann alle möglichen Hindernisse, Ungerechtigkeiten, gierige Charakterschweine, die die Welt ihres Mittelcharakters berauben.
    „Die psychologischen Urteile…haben für mich immer wieder etwas derart Befremdliches, mir völlig Unbekanntes und an MEINER Umgebung auch nicht Auffindbares“ 1. Handelt es sich nicht um psychologische Urteile, wenn man feststellt, dass die Leute sich immer Entschuldigungsgründe für ihren mangelnden Erfolg bzw. für das System zurechtlegen. 2. Gaube ich nicht, dass dir solche Rechtfertigungen unbekannt sind. Oben habe ich schon einige genannt. Z.B. Charakterschwächen, Gier, Neid, Inkompetenz anderer sollen schuld sein, oder Katastrophen, die Natur, Mentalität, Missbräuche usw. Nie kommt das System selbst in Frage als Grund ihres Scheiterns, obwohl dieser wahre Grund wirklich unschwer zu entdecken ist.
    “ Die Vorab-Kritik daran der Art:“ das ist aber nicht EIN systematischer Grund“ könnte mit Fug und Recht als „methodisches Vorurteil“ durchgehen,“ Methodisch ist es durchaus, aber kein Vorurteil, sondern ein Urteil, das leider mit schöner Regelmäßigkeit tagtäglich bestätigt wird.
    „da Krim hier zusätzlich zu allem andern auch noch ein systematisches Hindernis (…) für Agitation (…) aufbaut,“ Eine Erklärung des bürgerlichen Bewusstseins ist kein Hindernis, sondern bloß die Voraussetzung für Überzeugungsarbeit. Hätten die Leute kein falsches Bewusstsein müsste man sie nicht überzeugen.
    “ Er weiss halt bloss nicht, wie (…) man dorthin kommen könnte.“ Klar weiß ich das und du weißt, dass ich weiß, wie das geht. Durch Agitation. Du bist diejenige, die es nicht weiß, bzw. die Agitation nicht als Weg gelten lassen will, weil dann dein Kommuneprojekt, von dem du selbst sagst, dass es nicht zum Kommunimus führt, nicht mehr so toll dasteht.
    „: Alle von mir gelieferten Beiträge zum Thema „Erreichbarkeit und Vorteil des Kommunismus“ wurden fiktiven Adressaten von Agitation in den Mund gelegt.“ Na eben. Wenn du dich fiktiv auf deren Standpunkt stellst, dann sage ich halt, was (fiktiv) gegen diesen Quatsch spricht. Letztlich ist egal, ob es fiktiv ist oder nicht. Die Kritik bleibt die gleiche. Tät mich aber schonmal interessieren, warum du deren Standpunkt einnimmst, wenn es nicht gegen Agitation gerichtet war. Dieser ganze Beitrag mäkelt am Agitieren rum, und dann soll ich dir abnehmen, dass solche Vorbehalte, wie du sie Bürgern in den Mund legst, nicht deine Ansicht sind.

  150. Hans
    4. November 2013, 02:31 | #150

    Och, franzi
    „Einfach mal den thread lesen, Hans. Sonst endest du hier noch als Pausenclown.“
    Im Unterschied zu dir belege ich meist, wozu ich schreibe. Du bist entweder nicht in der Lage oder willens darauf zu antworten, dein Bier. Daher bekomme ich von dir die Drohung „Pausenclown“ und verlogene Hinweise auf angeblich versäumte Lektüre. Außerdem: Deine schlecht sortierten Assoziationsketten muss man nicht einmal alle gelesen haben, um eine bestimmte Passage zu kritisieren. Dich interessiert ja nicht einmal dein eigenes Gesülze, also ist das wohl Heuchelei:
    „Hier wird derzeit nur noch fahrig gelesen und geantwortet. So kommt natürlich kein Dialog zustand. Aber wer sagt denn, dass das gewollt wird.“
    Tja, wenn du nur Dialog willst, solange man dir zustimmt, passt das zwar zum Erfolgsgedanken, aber was willst du dann auf einem Blog, wo gesellschaftskritische Argumente ausgetauscht werden? Als Kind nicht mit Räterepubliken spielen dürfen?

  151. franziska
    4. November 2013, 13:50 | #151

    @Krim Ok. So kann man antworten.
    Die Mittel-Eigenschaft des Agitierens hat also vier Facetten:
    a) es ist förderlich (in jedem Falle)
    b) es ist unumgänglich (geht anders nicht)
    c) es ist das einzige (gibt nichts andres)
    d) es ist nicht bewiesen, dass es damit nicht geht. – 100% Gelingens-Garantie wurde von mir nicht gefordert, der Einwand lautet anders: Agitation ist ausdrücklich mit der berechnenden Einstellung der Adressaten zur eigenen Welt-Einschätzung konfrontiert. Darüber, wie diese Berechnung funktioniert, besteht derzeit keine Einigkeit (ich komm gleich noch drauf zurück, ein äusserst wichtiges Thema). Nur soviel kann man sagen: Die entscheidenden Schritte machen die Adressaten selbst. Das sagt ja auch Krim. Man ist nicht Subjekt ihrer Aufmerksamkeitsorganisation und Begriffsbildung – wie ich mal statt „Wille“ sagen möchte, um an das KOGNITIVE Moment im Entscheiden zu erinnern; das Element „Bereitschaft (und insofern: Wille) „in Betracht zu ziehen, zu erwägen, sich anzuhören, sich zu verständigen über…“ ist darin allerdings enthalten.
    Das Zutreffen der genannten vier praktischen Merkmale des Agitierens ist in jedem Einzelfall an die Voraussetzung geknüpft, dass ein Adressat sich auf das Vorgehen „so wie hier“ einlässt. Das sind alles Selbstverständlichkeiten, an die ich auch nur zu einem einzigen Zweck erinnere: Das Wort „Mittel“ im Zusammenhang mit Agitieren ist angesichts all dessen ein bisschen hochgegriffen. Man KANN es angesichts a-d verwenden. Aber nicht, ohne dass dabei ständig mitzudenken ist, WIE klein die Brötchen sind, die man da bäckt.
    Ich bin auf die ganze Wortklauberei in noch einem andern Zusammenhang verfallen, nämlich dem Gewaltthema. Wenn einem die Brötchen ZU mickrig, und die Adressaten zu träge vorkommen, kann man ihrer Aufmerksamkeit auch mal auf die Sprünge helfen, und zu nerven anfangen („madig machen“); weniger offensiv kann man ständig und überall mit Gesprächsangeboten „präsent“ sein. Da greift man natürlich (wenn auch maximal milde, im letzteren Fall) in die Lebensführung und Aufmerksamkeit anderer ein. Nur macht man sich was vor, wenn man glaubt, damit in dem fremden „Willen“ auch nur irgendein Hebelchen betätigt zu haben. Es ist alles gebunden an das grosse WENN seiner vorab selbständig geleisteten Denktätigkeit (oder eben deren Unterlassung, mangels (subjektivem) Motiv).
    Von da her ist zu fragen, was an all diesem Äusserlich- und (Milde)-Zudringlich-Werden gewonnen ist? (Hier der Abzweig zur Erörterung der (nicht sicheren, aber auch nicht auszuschliessenden) gewalttätigen Reaktion des Eigentümer-Staats auf solche (wie ich finde: völlig nutzlosen) Auftritte in der „Öffentlichkeit“ (eine durch und durch bürgerliche Kategorie, nämlich gesellschaftliche Form der BÜRGERLICHEN, nämlich autoritär regulierten Aufmerksamkeit auf gemeinsame Themen und Verständigung (die aufgrund berechnend-sachfremder Kriterien „Aufmerksamkeit verdienen“), an der man als jemand mit ganz anderen Rede- und Verständigungs-Interessen wenig nutzbare Anknüpfungspunkte findet).
    Der noch weitere Zusammenhang war die Erörterung des kommunalistischen Vorschlags, Reproduktion hier und jetzt gemeinsam zu organisieren und von der geteilten Bereitschaft zu deren kollektiven Organisation zu profitieren. Das Ziel auch schon dieser Organisation wurde so beschrieben, dass das Aussenverhältnis zur sozialen Umgebung ständig mitbeachtet und in der gemeinsamen Lebenseinrichtung berücksichtigt wird. Insofern ist „Agitation“ schon mal zentral eingeplant.
    Der Aufbau einer eigenen Organsiation zur eigentumsfrei-kollektiven Lebensführung erhebt seinerseits garnicht den Anspruch, „Mittel“ (und sei es noch so mickrig) zur Herbeiführung gesamtgesellschaftlicher Eigentumsfreiheit zu sein, und konkurriert insofern nicht mit „Agitation“ um die knappen Ressourcen der Kommunarden. Er dient vielmehr der Bewältigung einer von kommunalistischer Seite für relevant gehaltenen Aufgabe jenseits von Konsensfindung, und das ist das der Verständigung über die gemeinsame Reproduktion und deren rationeller Steuerung – im Kern die gemeinsame Bewältigung des für diese Steuerung notwendig zu Wissenden. Im Hauptstrang dieses threads waren da schon mal (von Hermann) beunruhigende Abwiegelversuche zu lesen: Keine Sorge, die Produzenten müssen sich nicht kümmern (höchstens in ihrem eignen Betrieb), den Rest erledigen schon die höheren Kommandoebenen (natürlich immer abwählbar).
    Zur Formel „Welt als Mittel“ möchte ich folgenden Hinweis geben. Es hat, wenn ich mich recht entsinne, bereits heisse Debatten darüber gegeben, was da eigentlich Vorrang hat: Das (falsche) Urteil (Erkenntnis), oder der Beschluss (Wille usw). MEIN Vorschlag für eine Formel für das tatsächliche Verhalten der „Normalos“ lautet: Sie wollen durch Experimente nur einfach HERAUSFINDEN INWIEWEIT die Welt ihr Mittel ist, und behaupten es also nicht global. Dass sie den Anschein erwecken, sie von vornherein dafür zu halten, hat mit einem entscheidenden Ausgangspunkt für all ihre Versuche zu tun: Die bewährte, „funktionierende“ Normalität KANN aus ihrer Sicht nicht GANZ FALSCH sein. Es geht drum, Ausmasse, Orte und Richtung ihrer diversen Abweichungen vom Zustand ihrer (im Rahmen der vorhandenen Welt allenfalls möglichen) Optimalität zu ermitteln: All ihree Versuche einer (welt-, also objektivitäts- und sachgerechten, aus Sicht der Normalos) Optimierung und Ökonomisierung ihres Weltverhältnisses (nicht zu zuversichtlich, aber auch nichts lohnendes verpassen – also genau richtig dosiert) setzen an ihrer derzeitigen Praxis an. Grundsätzliche Neuentwürfe, „Revolutionen“, womöglich resultierend aus einer grundlegenden (Neu- oder auch Erst-)Beurteilung und -Bewertung des GANZEN dieser Praxis, sind da ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind passiv erlebte und abzuwartende Möglichkeiten positiver und negativer Art: Die werden verarbeitet nach dem affektiven Eindruck, den sie einem machen – dem Ausmass an Hoffnung, Angst, Enttäuschung, Ungeduld, die sie in einem auslösen. Es würde zu weit führen, jetzt auch noch anzudeuten, wie diese Leute sich konkret die (Versuchs)Pläne ausdenken, also was sie tun als Konsequenz ihrer affektiven (Erst- oder Neu-)Bewertung ihirer Lage. Ich würde ihre Strategien (die auch bauernschlaue Abschätzungen, was man wohl wissen muss und was nicht, welche Autorität Glauben verdient und welche nicht, einschliessen) grob als magisch-abergläubisch einordnen. Eine rationelle Einstellung zur eigenen Praxis oder gar anwachsendem Weltwissen oder einem GANZEN an Praxis, in dem sie sich aufhalten (als Gesellschaftsglieder), ist damit völlig ausgeschlossen. Und nicht nur, dass von solchen irrationalen Planern andres als Beharren auf ihren EIGNEN Bewertungen und Prioritätensetzungen (spätestens als „Meinung“) nicht zu erwarten ist, weshalb die nie und nimmer sich auf eine eigentumsfreie Form der Vergesellschaftung einlassen wüden – solche Leute in ein solches Projekt mitzunehmen würde bedeuten, das „systematische Jammertal“, in das sie alsbald notgedrungen jede kollektive Unternehmung verwandeln, in die eigene rationale Lebens- und Vergesellschaftungsform einzubauen. Daher der wiederholte Hinweis: Mit solchen Leuten ist kein Kommunismus machbar. Ihre kognitive Struktur beim Umgang mit ALLEM (nicht nur ihrer gesellschaftlichen Stellung) verhindert es.
    Über all das wäre erheblich mehr zu sagen, ich unterlasse das vorerst, weil mein Beitrag zu sehr ausufern würde.

  152. 4. November 2013, 14:52 | #152

    franziska, was soll denn nun gelten:

    „Von da her ist zu fragen, was an all diesem Äusserlich- und (Milde)-Zudringlich-Werden gewonnen ist?“

    Also Agitation taugt nichts, könnte sogar schlafende Hunde beim Staat wecken, also richtig schädlich sein?
    Oder gilt:

    „Das Ziel auch schon dieser Organisation wurde so beschrieben, dass das Aussenverhältnis zur sozialen Umgebung ständig mitbeachtet und in der gemeinsamen Lebenseinrichtung berücksichtigt wird. Insofern ist „Agitation“ schon mal zentral eingeplant.“

    Auch wenn dein „zentral“ jetzt etwas deplaziert wirkt.

  153. Krim
    4. November 2013, 16:10 | #153

    @franziska: Zum 1. Absatz – ja.
    “ und zu nerven anfangen („madig machen“);“ Nerven tust du doch sowieso, weil du Kritik übst. Niemand hat das gern, jeder will sein Ego gestreichelt kriegen. Eine gezielte Provokation ist nicht so schlecht. Nur muss man eben aufpassen, dass es nicht eskaliert und zur Schlammschlacht ausartet. Das Ziel besteht natürlich darin, weitere sachliche Argumente lancieren zu können und nicht darin genervte Adressaten zu hinterlassen.
    “ Da greift man natürlich (…) in die Lebensführung und Aufmerksamkeit anderer ein. „ In die Lebensführung greift man nicht ein, ihre Aufmerksamkeit will man natürlich haben.
    „Nur macht man sich was vor, wenn man glaubt, damit in dem fremden „Willen“ auch nur irgendein Hebelchen betätigt zu haben.“ Wie gesagt gibt es keine Zwangsläufigkeit. Man kann die Argumente nur sagen. Welche Hebel der Empfänger daraufhin umlegt, liegt an ihm.
    „nutzlose Auftritte in der „Öffentlichkeit“ „ Was meinst du damit? Was ist hier Öffentlichkeit? Du musst deine Kapitalismuskritik halt irgendwo loswerden. – Da gibt es verschiedene Formen und Gelegenheiten. Warum sollen die nutzlos sein? „Zudringlich-Werden“ Aus welchem Erfahrungshintergrund schöpfst du den Vergleich mit sexuellen Übergriffen? Sehr seltsam! Warum klingt das bei dir eigentlich immer wie kuschelweich verpackte Hetze?
    „wenig nutzbare Anknüpfungspunkte“ Anknüpfungspunkte gibt es mehr als mir lieb ist, soviel Sauereien wie der Kapitalismus produziert.
    „Sie wollen durch Experimente nur einfach HERAUSFINDEN INWIEWEIT die Welt ihr Mittel ist, und behaupten es also nicht global.“ Nein. Wer das ehrlich herausfinden will, der wird Kommunist. Denn die Erkenntnis, dass die kapitalistische Welt nicht das Mittel der Eigentumslosen ist, benötigt keine aufwendigen Studien.
    “ Die bewährte, „funktionierende“ Normalität KANN aus ihrer Sicht nicht GANZ FALSCH sein.“ Na eben. Woher kommt denn diese Gewissheit? Aus ihrem Willen, dass es so sein soll.
    „aber auch nichts lohnendes verpassen“ Na klar. Jeder Mist kommt bei Ihnen als Chance daher, die es zu nutzen gilt. Jede Zumutung als Herausforderung, die es anzunehmen gilt. Chance und Herausforderung ist schon eine durch das falsche Bewusstsein verdrehte Betrachtungsweise.
    „Die werden verarbeitet nach dem affektiven Eindruck,“ Nein, nicht nur. Du stellst Bürger als eine Art Gefühlsbolzen dar, die bloß auf Gefühlsebene reagieren. Das ist aber Quatsch. Bürger habe durchaus ein Bewusstsein, der objektiven Schäden, die ihnen zugemutet werden. Das findet dann nur Niederschlag im Gefühlsleben.
    „grob als magisch-abergläubisch einordnen.“ Das ist die Konsequenz dessen, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse eigentlich von fast allen nicht bewusst kontrolliert werden, sondern sie im Gegenteil ihnen ausgeliefert sind. Also verfallen sie auf Praktiken mit denen Sie sich vorgaukeln, dennoch Herr ihrer Lage zu sein.
    „Eine rationelle Einstellung zur eigenen Praxis oder gar anwachsendem Weltwissen oder einem GANZEN an Praxis, in dem sie sich aufhalten (als Gesellschaftsglieder), ist damit völlig ausgeschlossen.“ Zumindest dann, wenn sie keiner kritisiert und auf ihre irrationale Einstellung aufmerksam macht. Dann allerdings ist ein Umdenken durchaus möglich.
    “ solche Leute in ein solches Projekt mitzunehmen würde bedeuten, das „systematische Jammertal“, in das sie alsbald notgedrungen jede kollektive Unternehmung verwandeln, in die eigene rationale Lebens- und Vergesellschaftungsform einzubauen.“ Deshalb muss man Kritik üben.

  154. Mattis
    4. November 2013, 17:32 | #154

    @franziska:

    „MEIN Vorschlag für eine Formel für das tatsächliche Verhalten der „Normalos“ lautet: Sie wollen durch Experimente nur einfach HERAUSFINDEN INWIEWEIT die Welt ihr Mittel ist, und behaupten es also nicht global.“

    Es geht nicht darum was sie behaupten sondern wie sie sich praktisch verhalten. Und diesbezüglich machst du dir was vor: die Leute denken gerade nicht wissenschaftlich, machen keine Experimente, fangen nicht unter Vorbehalt an, zu lernen und zu arbeiten, sehen ihren Einstieg in diese Gesellschaft nicht als Probezeit (für die vorausgesetzten Bedingungen), sie halten nicht nach x Jahren inne, um zu fragen: hat sich der Vorschuss an Vertrauen jetzt eigentlich gelohnt, oder sollte man doch mal ganz andere Produktionserhältnisse ausprobieren. Du sagst doch selbst wenige Zeilen später, dass sie nicht rationell vorgehen! – Für den Standpunkt des Zurechtkommens als Erklärung sind immerhin Argumente gefallen, das ist keine Deklaration einer „Formel“. – Dann übertreibst du den schlichten Standpunkt des Sich-Anpassens ins Extrem, jetzt ist auch nicht mehr vom Abwägen die Rede, sondern du erklärst das Verhalten der Leute als „magisch-abergläubisch“. Dann ist natürlich Endstation:

    „… weshalb die nie und nimmer sich auf eine eigentumsfreie Form der Vergesellschaftung einlassen wüden …“

    Für so ein kategorisches Urteil besteht andererseits auch wiederum kein Anlass. Denn immerhin gab es Zeiten, in denen die Arbeiter ganz schön aufständisch waren und viel riskiert haben. Daher: keine Prognosen, in keiner Richtung! Keine Scheingewissheiten, weder optimistische noch pessimistische.

  155. Mattis
    4. November 2013, 18:48 | #155

    „Der Inhalt der Fragen ist der Unterschied. Ein demokratisch gewähltes Parlament wälzt staatliche Gewaltfragen, während eine „betriebsübergreifende Räteorganisation“ Fragen der gesellschaftlichen Reproduktion bearbeitet.“ (Krim)

    Also der Form kann ich das jedenfalls nicht entnehmen, und wenn der Inhalt entscheidend ist, könnte eine Rätemodell ebensogut eine Herrschaft z.B. realsozialistischer Art organisieren, und warum sollte umgekehrt eine sozialistische Ökonomie mit einer parlamentarischen Demokratie nicht möglich sein?

  156. libelle
    4. November 2013, 20:38 | #156

    Antwort auf Krims Behauptungen und soweit mir nicht zu blöd auch ein paar Einlassungen zu Hans und Neoprene.
    Krim schreibt weiter oben:

    Es läuft immer auf das selbe raus. Die Kapitalismuskritik von Kommunisten wird unter dem Blickwinkel einer unterstellten Machtkonkurrenz ausgeblendet und Machtkonkurrenz als eigentlicher Inhalt von Kommunisten verkauft.

    Wenn man darüber redet, dass Kommunisten sich auf Machtkonkurrenz einlassen und das kritisiert, dann redet man über dieses Thema und nicht über das, was Kommunisten gern hätten. Und selbstverständlich kommen, wenn man über das Thema Kommunisten und Machtkonkurrenz redet andere Gegenstände wie z.B. der Staat, die Konkurrenz der Nationen usw… in den Blick, soweit sie für dieses Thema (Kommunisten und Machtkonkurrenz) eine Rolle spielen.
    Daraus einen Vorwurf wie den obigen zu machen ist der (ziemlich plumpe) Versuch das Thema zu wechseln. Man soll die Konsequenzen des politischen Projektes der Kommunisten ignorieren und stattdessen mit ihnen über ihre Kritik an Staat & Kapital reden. Darin ist dieser Antrag auf Themenwechsel auch ein Widerspruch, den auch Krim lebt:

    Wenn das, was man will aus der Kritik am Kapitalismus folgt, wo soll da noch Erfolg als Maßstab des Tuns Platz finden.

    Der Maßstab der Erfolges findet deshalb Platz bei der Beurteilung dessen, was Kommunisten tun, weil sie ihr Treiben als sachgerechte Verfolgung eines Zwecks ausgeben. Und das lässt selbstverständlich die Frage zu, ob Kommunisten, mit dem, was sie machen auch tatsächlich die bezweckte Sache (eine Gesellschaft, die die Bedürfnisse ihrer Mitglieder befriedigt) erreichen können.
    [[[Beispiel: Jemand, der sagt er will nach Hamburg auf der Gegenspur der Autobahn fahren, weil er kein Bewusstsein davon entwickeln will, wie der Verkehr geregelt ist, sondern ihm Straße gleich Straße ist, den kann man schon darauf hinweisen, er da sehr wahrscheinlich nicht ankommt. Ausschließen kann man es natürlich nicht. Und wenn der dann sagt: „Rede mit mir lieber über die Beschaffenheit des Asphalts, statt über den Gegenverkehr!“ – dann weiß man gleich, dass der einerseits spinnt und andererseits eben, dass er dann auch entschlossen ist den Gegenverkehr zu ignorieren.]]]
    All die Argumente, die Kommunisten vorbringen und die nicht alle verkehrt sind (oft sind die Gedanken nur entstellt) sollen für ihre Vorgehensweise sprechen am Ende an ihrem Ziel anzukommen. Wenn nun aber nachgewiesen ist, dass das auf ihrem Weg sehr wahrscheinlich nicht stattfinden wird, weil er schon im Ausgangspunkt, in der Herangehensweise verkehrt (Ziel/Strategie bzw. Zweck/Mittel) ist, dann braucht man mit ihnen auch nicht mehr über Nation, Staat & Kapital zu reden bzw. wird man sich da trotz u.U. gleichlautender Argumente nicht einigen können, weil die Auseinandersetzung eben nicht (oder nur nachgeordnet) darum geht, was z.B. der die Nation ist, sondern weil alle Diskussion in der letztendlich Einnahme des gleichen Standpunktes das Maß ihres Erfolges hat. Man soll Kommunist werden.
    [[[Randbemerkung: daher kommt auch die Unzufriedenheit und Empörung von Kommunisten, wenn sie Gedanken, die sie für ihre Argumente halten bei anderen hören,die die Argumente aber nicht in agitatorischer Absicht vorbringen. Daran kann man sich (als Kommunist) den eigenen, allem vorausgesetzten Standpunkt klarmachen – einfach fragen, woher diese Unzufriedenheit kommt, wenn z.B. ein erklärter Antikommunist wie ich Gedanken benutzt und vorbringt, die Kommunisten für ihre Argumente halten, aus denen ich aber andere Konsequenzen ziehe. Soviel auch zur von Krim behaupteten Notwendigkeit, mit der „das, was man will“ aus der Kapitalismuskritik folgt. Aus seiner Kritik, folgt noch ganz viel, wenn man sie mal freundlich als unvollständig auffasst]]]
    Dem Eingangszitat von Krim kann man auch entnehmen, wie die Bekehrung zum Kommunisten unter Weglassung des oben erläuterten Erfolgsmaßstabes (‚Kommt man überhaupt dort an, wo man hin will?‘) gehen soll. Man soll die Kritiken der Kommunisten zum Anlass nehmen, sich zu dem Standpunkt durchzuarbeiten, dass der Kapitalismus „weg muss“. Und dann reiht man sich in das „Kapitalismus-weg-muss“-Kollektiv ein.
    Das halten Kommunisten für so ziemlich das Notwendigste und Naheliegendste, was aus ihrer Kritik folgt. Das ist es aber nicht, weil man in dem „Kapitalismus-weg-muss“-Standpunkt eine Stellung zur Gesellschaft einnimmt, die durch die Kritik überhaupt nicht begründet ist. Folgt da etwa der „Kapitalismus-bleiben-soll“- Standpunkt noch irgendwo? Nein, der folgt auch nicht, sondern der macht den gleichen Fehler andersherum (d.h. in dieser Alternative denken Kommunisten). In der Kritik an der Gesellschaft , betrachtet immer ein einzelner Mensch die Verhältnisse Aller als schlechte Verwirklichungsbedingung seiner Bedürfnisse, wie umgekehrt in der Zustimmung ihr eben bestätigt wird, dass die positive Verwirklichungsbedingung der Bedürfnisse eines Menschen sei. Im „Kapitalismus-muss weg“-Standpunkt als Essenz kommunistischer Kritik, tritt dieser Mensch der Gesellschaft dann als Konsequenz seiner Kritik gegenüber und will die Verhältnisse für Alle ändern, damit seine Bedürfnisse zum Zug kommen. Das ist schon nicht mehr nur die Kritik, sondern eine Vorstellung, was für alle stattzufinden hat, damit ein Einzelner zu seinen Bedürfnissen kommt, da ist also ein Programm geboren. Dieses Programm ist kein selbstverständliches Resultat der Kritik, weil man aus der Kritik z.B. auch machen kann, sich mit anderen, Gleichgesinnten zusammenzuschließen und eine andere Lebensweise zu versuchen (das wäre eine kommunalistische Konsequenz aus der Kritik). Soviel zur „Notwendigkeit“, mit dem das, was Kommunisten treiben aus ihren Kritikpunkten folgt.
    [[Um hier einer albernen Diskussion vorzubeugen: Kommunisten werfen Kommunalisten immer vor, dass das Privateigentum ihre Schranke sei und deshalb der Kommunalismus abzulehnen sei. Die Gegenkritik, dass die Anstrengungen von Kommunisten überhaupt nicht zu irgendwas Zählbarem führen, sondern (und auch nur im Erfolgsfall) die Gesellschaft nur in eine Machtkonkurrenz von mir aus Marke Klassenkampf stürzen, lassen sie als „Denunziation“ nicht gelten. Der Streit ist überhaupt nur für die entschieden, die sich entweder nicht richtig Rechenschaft ablegen, oder die an eine von beiden Konsequenzen glauben. Dabei ist zu beachten, dass keine der Parteien recht haben muss und meines Erachtens auch nicht hat.]]]
    Der Kommunalismus oben ist nur ein Beispiel für eine andere Konsequenz aus der Kritik am Kapitalismus. Beide Konsequenzen (die kommunistische (Kapitalismus-muss-weg“-Standpunkt und die kommunalistische auch), haben das Dilemma, dass sie an ihrem Ausgangspunkt (die Gesellschaft als schlechte Bedingung der Befriedigung von Bedürfnissen) absolut nichts ändern können, wenn man Bedürfnis als Sache auffasst, die in Raum und Zeit stattfindet, also auf einen Tag oder von mir aus ein Menschenleben eines bestimmten Menschen bezogen ist. Und hier wird man, wenn man nicht völlig verblendet ist praktisch darauf gestoßen, dass die Vorstellung Weg/Ziel bzw. Zweck/Mittel nicht mit Gesellschaftskritik vereinbar ist. Wohl kann man historisch jede Veränderung der Gesellschaft unter diese Schemen subsumieren, man wird damit aber der Sache, die stattfindet nicht gerecht.
    Kommunisten haben sich also anlässlich ihrer Kritikpunkte den Standpunkt „Kapitalismus-muss weg“ zugelegt d.h. sie sehen das als Konsequenz des Umstandes, dass Bedürfnisse im Kapitalismus nicht befriedigt werden an. Und das ist, ganz unabhängig vom Staat zunächst einmal ein Imperativ, mit dem sie der Gesellschaft gegenübertreten. Sie soll ihrem Bedürfnis entsprechen und weil sie das nicht tut, muss sie weg. Damit haben sie einen Gegensatz zu allen, die ihre Bedürfnisse in der Gesellschaft aufgehoben wähnen eröffnet und das ist kein Gegensatz, den man durch die richtige Bestimmung von irgendwas aufheben kann, ganz einfach weil auch die Bedürfnisse der bürgerlichen Welt entspringen und es tatsächlich so ist, dass erstens es eine ganze Menge Bedürfnisse gibt, die nur der Kapitalismus befriedigen kann. Und zweitens: Die Stellung zur Gesellschaft , dass sie schlecht sei, weil sie Bedürfnisse unbefriedigt lassen würde, die ist nicht argumentativ herbeizuführen, sondern wenn das Bedürfnis der Maßstab ist, kann man genauso gut sagen: „Es mag ja sein, dass mein Bedürfnis hie & da nicht befriedigt wird, ich finde mich aber mit diesem Zustand ab.“ Befriedigung von Bedürfnisse können Kommunisten auch überhaupt nicht bieten! Vor diesem Kriterium blitzen sie ab. Was sie versuchen können ist, ständig die Bereitschaft der Leute zu prüfen ein unbefriedigtes Bedürfnis zum Kriterium der Gesellschaft zu machen, an dem sie sie ideell scheitern lassen und sich statt der Bedürfnisbefriedigung dann das Bedürfnis zulegen die Gesellschaft zu ändern. Aber auch das muss man sich nicht als Ersatz für ein nicht befriedigtes Bedürfnis einleuchten lassen. Und hier ist der Kommunalismus wirklich überlegen, weil er für die, die ihn betreiben wirklich Bedürfnisse befriedigt (so, wie er es eben kann). Er hat dem Bedürfnisstandpunkt praktisch etwas zu bieten, das Kommunisten nicht haben.
    Man hat also schon in der ersten Konsequenz, die Kommunisten aus ihrer Kritik ziehen alle Zutaten für ihren späteren Stalinismus und ihre Gewalttätigkeit. Es ist einfach der Standpunkt, den sie gegenüber der Gesellschaft einnehmen. Und natürlich werden sie dann auch irgenwann vom Staat verfolgt (wie auch andere, die diesen Standpunkt nicht einnehmen). Der unterschied für Kommunisten ist, dass sie hinsichtlich ihres Bedürfnisses „Gesellschaftsänderung“, in das sie ihre nur weiterkommen, wenn sie allen, die sich zu ihren Bedürfnissen anders stellen als sie ihren Stanpunkt oktroyieren (Argumente gibt es da keine – s.o.). Es bekommt also selbst in dem lächerlichen Stadium wie jetzt sofort zwangscharakter, wie man der hiesigen Diskussion entnehmen kann, die mich gleich zum VS Vertrreter gemacht hat, mir die Judenvernichtung vorwirft etc….
    Was ich vorschlage, steht hier im Thread. Das ist mit der alternative Kommunalismus vs. Kommunismus nicht zu fassen.
    Keine Lust mehr auf den anderen Schwachsinn einzugehen – vielleicht muss man wirklich mal einen großen Text schreiben, den man irgendwo hinstellt.

  157. Krim
    5. November 2013, 02:20 | #157

    1. „(ziemlich plumpe) Versuch das Thema zu wechseln.“ Also wer deinen plumpen Themenwechsel, inhaltliche Kritik nur als Machtkonkurrenz wahrzunehmen, nicht mitmacht, der wechselt plump das Thema.
    2. a. staatliche Gewaltorgane sind kein Gegenverkehr auf der Autobahn. b. wenn ich in Köln bin und es gibt nur die Möglichkeit auf dem Rhein nach Basel zu kommen, dann werde ich wohl gegen den Strom ankämpfen müssen, um dorthin zu gelangen. Da hilft es mir nicht, wenn du behauptest in Frankfurt sei es auch schön, angesichts der Anstrengung, die es erfordert nach Basel zu kommen.
    3.„wird man sich da trotz u.U. gleichlautender Argumente nicht einigen können“ Dieser Fall ist mir noch nicht untergekommen. Wenn man sich nicht einigen kann, sind die Argumente gegensätzlich und nicht gleichlautend. Man kann gleiche Ansichten zu einem Gegenstand vertreten und in Bezug auf andere sich nicht einig sein. Das geht. Wer aber fordert die Einigkeit in Bezug auf einen einzigen Gegenstand müsse die generelle Übernahme des politischen Standpunkt in allen anderen Dingen nach sich ziehen, der hat nicht alle Tassen im Schrank.
    4. „die sie für ihre Argumente halten bei anderen hören,“ LOL. Schön wär’s, wenn ich meine Argumente bei dir hören würde.
    5. „mit der „das, was man will“ aus der Kapitalismuskritik folgt“ Man kritisiert Konkurrenz, Eigentum, Ausbeutung und will daher eine Gesellschaft ohne Konkurrenz, Privateigentum und Ausbeutung. Daher gemeinsame Produktion und Reproduktion von Gebrauchswerten für die Bedürfnisse der Gesellschaftsmitglieder. Was soll das sonst sein als die Konsequenz aus der Kapitalismuskritik.
    6.„die durch die Kritik überhaupt nicht begründet ist.“ Wieso nicht? Das Argument fehlt.
    7. „und will die Verhältnisse für Alle ändern, damit seine Bedürfnisse zum Zug kommen.“ Nicht zu vergessen, die Bedürfnisse aller anderen auch. Außerdem will man das ja nicht aus Machtgier, sondern weil der Einzelwille dem kapitalistischen Gemeinwillen unterworfen ist. Eine Änderung der individuellen Lebensumstände also die Änderung des Gemeinwillens erfordert.
    8. „z.B. auch machen kann, sich mit anderen, Gleichgesinnten zusammenzuschließen und eine andere Lebensweise zu versuchen (das wäre eine kommunalistische Konsequenz aus der Kritik).“ Das nervt langsam, den Kommunalismus als Alternative zum Kapitalismus verkaufen zu wollen, obwohl mehrfach nachgewiesen wurde, dass es bloß eine Form kapitalistischer Reproduktionsgemeinschaften ist. „weil man aus der Kritik z.B. auch machen kann“ Kann man, genauso wie man Fehler machen kann.
    9. „Die Gegenkritik, dass die Anstrengungen von Kommunisten überhaupt nicht zu irgendwas Zählbarem führen“ Sogar angenommen das blöde Erfolgsargument würde stimmen, entkräftet das doch nicht die Kritik an den Kommunalisten, dass sie eine kapitalistische Reproduktionsform sind.
    10. „Beide Konsequenzen (…), haben das Dilemma, dass sie an ihrem Ausgangspunkt (…) absolut nichts ändern können,“Immer der Versuch das Erfolgsargument als Notwendigkeit des Scheiterns zu verkaufen. Bis jetzt kein Erfolg, also geht es notwendig nicht. Das stimmt eben nicht.
    11. “ Und hier wird man,… praktisch darauf gestoßen,“ Praktisch von der Staatsgewalt darauf gestoßen, was für Libelle natürlich ungefähr dasselbe ist wie ein Naturgesetz.
    12. „dass erstens es eine ganze Menge Bedürfnisse gibt, die nur der Kapitalismus befriedigen kann.“ Z.B. das Bedürfnis Kapital zu vermehren
    13. “ kann man genauso gut sagen: „Es mag ja sein, dass mein Bedürfnis hie & da nicht befriedigt wird, ich finde mich aber mit diesem Zustand ab.““ Sagen kann man immer alles. Bloß richtig ist es deshalb noch lange nicht. Im Kapitalismus wird das Bedürfnis nämlich nicht nur „hie & da“ nicht befriedigt, sondern systematisch bestritten. Es sagt aber niemand: „Ich erkenne, dass mein Bedürfnis notwendig und systematisch für die Vermehrung von Kapital, bestritten wird, aber ich finde mich damit ab.“ Wenn man sagt: Ich will mich damit abfinden, dann sind Rechtfertigungslügen n o t w e n d i g.
    14.„Befriedigung von Bedürfnisse können Kommunisten auch überhaupt nicht bieten!“ Tatsächlich! Wenn sie das könnten, bräuchte es sie ja nicht.
    15. „ständig die Bereitschaft der Leute zu prüfen ein unbefriedigtes Bedürfnis zum Kriterium der Gesellschaft zu machen, an dem sie sie ideell scheitern lassen“ Als müsste man sich was ausdenken, um die Bedürfnisse scheitern zu lassen, als würden sie nicht reell und notwendig zunichte gemacht. Dass die Bedürfnisse scheitern ist doch offenbar. Darüber muss man niemand aufklären. Kritisieren muss man bloß die ideologischen Gründe, die unerfüllte Bedürfnisse rechtfertigen.
    16.„Aber auch das muss man sich nicht als Ersatz für ein nicht befriedigtes Bedürfnis einleuchten lassen.“ Als würde die Änderung der Gesellschaft gescheiterte Bedürfnisse ersetzen. Das Projekt die Gesellschaft zu ändern ist kein „Ersatz“ für ein unerfülltes Bedürfnis, sondern die Konsequenz aus der Erkenntnis, dass die Reproduktion als Arbeiter für die Vermehrung von Kapital eine ungemütliche Sache ist, weil Bedürfnisse als Maßstab nirgends auftauchen.
    17. „Und hier ist der Kommunalismus wirklich überlegen, weil er für die, die ihn betreiben wirklich Bedürfnisse befriedigt (so, wie er es eben kann).“ Lohn befriedigt auch Bedürfnisse. Bloß wieviel und welche.
    18. „für ihren späteren Stalinismus und ihre Gewalttätigkeit.“ Genau, Lügen wir zum Abschluss einfach noch ein bisschen rum. Denn wenn Libelle Gegensatz sagt, dann denkt er Gewalt. Als könnte aus einem Gegensatz nur Gewalt folgen. Wo hat er das bloß gelernt?
    19. „in das sie ihre nur weiterkommen, wenn sie allen, die sich zu ihren Bedürfnissen anders stellen als sie ihren Standpunkt oktroyieren“ Zwar handelt dieser ganze Thread vom Überzeugen und nicht vom Oktroyieren, aber egal behaupten kann man’s ja mal.
    20. „Es bekommt also selbst in dem lächerlichen Stadium wie jetzt sofort zwangscharakter, wie man der hiesigen Diskussion entnehmen kann, die mich gleich zum VS Vertrreter gemacht hat, mir die Judenvernichtung vorwirft etc….“ Nein Libelle, du hast die Juden nicht vernichtet, aber gerechtfertigt hast du ihre Vernichtung schon. Denn die Juden im Ghetto haben deiner Auskunft zufolge, das Zuschlagen der SS ja herausgefordert. Ziemlich heuchlerisch und hinterhältig, wie du dich nun zum armen gezwungen Gewaltopfer stilisierst, dem gewaltgeile Kommunisten ungerechtfertigter Weise Judenvernichtung nachsagen.

  158. libelle
    5. November 2013, 06:20 | #158

    staatliche Gewaltorgane sind kein Gegenverkehr auf der Autobahn. b. wenn ich in Köln bin und es gibt nur die Möglichkeit auf dem Rhein nach Basel zu kommen, dann werde ich wohl gegen den Strom ankämpfen müssen, um dorthin zu gelangen.

    Wie in diesem Beispiel, so gilt diese „einzige Möglichkeit“ beim Vorgehen von Kommunisten nur für die, die daran glauben.
    D.h. ihr heutiger Entschluss gegen den Kapitalismus zu kämpfen, macht ihr Vorgehen für sie zur einzigen Möglichkeit. Möglich ist auch, dass allen plötzlich eine Kritik am Kapitalismus einfällt, möglich ist, dass Kommunen als attraktive Lebenform wahrgenommen werden und die Leute von ihren Zwecken lassen usw…
    Das ist die Verlogenheit des Möglichkeitsargumentes von Kommunisten und es ist in jedem Fall falsch sich von einer „Möglichkeit“ bestimmen zu lassen, sondern man muss im Sinn der eigenen Kritik tun, wovon man Subjekt ist und sich nicht im Auftrag einer Sache auf den Weg machen, deren Subjekt man überhaupt nicht ist.

    Als würde die Änderung der Gesellschaft gescheiterte Bedürfnisse ersetzen. Das Projekt die Gesellschaft zu ändern ist kein „Ersatz“ für ein unerfülltes Bedürfnis, sondern die Konsequenz aus der Erkenntnis, dass die Reproduktion als Arbeiter für die Vermehrung von Kapital eine ungemütliche Sache ist, weil Bedürfnisse als Maßstab nirgends auftauchen.

    Und kommunistischer Kampf bietet den Proleten dann die „Gemütlichkeit“, die ihnen der Kapitalismus vorenthält? Du spinnst. Gegen den Kapitalismus gilt für Kommunisten Ungemütlichkeit als Einwand, was auch nichts weiter als eine Chiffre für unbefriedigte Bedürfnisse ist. Ihr Programm der Totalnegation von Bedürfnissen im Kampf mit dem Staat und den Leuten, die weiter Privateigentum wollen gilt dagegen als die gemütlichste Sache der Welt. Wenn nicht, ist die Ungemütlichkeit der Reproduktion der Arbeiterklasse im Kapitalismus auch kein Argument für kommunistischen Kampf.

  159. Krim
    5. November 2013, 10:20 | #159

    @franziska: Wenn wir mal vom „zudringlich-Werden“ reden wollen. Dann trifft das am ehesten auf libelle zu. Statt sich endlich mal zu verpissen, hat dieses perverse Arschloch nichts anderes zu tun als mich zu stalken. Kaum schreib ich irgendwo einen Kommentar, kommt Libelle mit seinen widerlichen Gewaltphantasien angeschissen. Na ja, wenn ich Kommune wäre, ich würde ihn auch nicht haben wollen. Mit so einem Kommunemitglied, brauchst du gar nicht erst anzufangen, da brauchst du den Staat als Feind nicht mehr.
    „macht ihr Vorgehen für sie zur einzigen Möglichkeit.“ Dass deine Lösung keine Möglichkeit gegen den Kapitalismus ist, sagst du doch selbst. Was soll also das Gemecker, außer so zu tun, als würden es Kommunisten auf Gewalt anlegen.
    „Und kommunistischer Kampf bietet den Proleten dann die „Gemütlichkeit“, die ihnen der Kapitalismus vorenthält? Du spinnst.“ Nein du tickt nicht ganz richtig, wenn du denkst der Kampf selbst würde Gemütlichkeit bieten. Eine Gesellschaft, in der es um Bedürfnisbefriedigung geht, ist das Z i e l des Kampfes. Der Kampf selbst ist die K o n s e q u e n z dessen, dass es im Kapitalismus nicht gemütlich zugeht.
    „Ihr Programm der Totalnegation von Bedürfnissen im Kampf mit dem Staat“ Ich möchte bloß wissen, wo dieser abgrundtiefe Hass herkommt, der solche Gewaltphantasien sich erfinden muss. Es liegt daran, dass Kommunisten sein bürgerliches Nest beschmutzen und er kein Argument gegen sie weiß – außer der gerechten staatlichen Gewalt, die Kommunisten seiner Ansicht nach herausfordern.

  160. Krim
    5. November 2013, 13:29 | #160

    „Ihr Programm der Totalnegation von Bedürfnissen im Kampf mit dem Staat“ – Als hätte er es mit einer Horde wildgewordener Kampfmönche zu tun.

  161. Hans
    5. November 2013, 17:21 | #161

    „wildgewordene Kampfmönche“
    Wenn der Maßstab fürs anständige Denken das Einrichten in der hiesigen Ordnung ist, wird auch jede Kritik diesem Maßstab unterworfen. Dann sind alle Überlegungen hinsichtlich der realen Gewaltlage störend und Gesellschaftskritiker erscheinen solchen selbsternannten Richtern wie eine „Totalnegation“ ihrer ganz normalen Bedürfnisse.
    Klar, das Bedürfnis nach bürgerlicher Gewalt wollen Kommunisten nicht nur nicht befriedigen, sondern loswerden. Also sagt man denen einfach das eigene Gewaltbedürfnis nach. Wenn Kommunisten also die echte Gewalt kritisieren, sind das die zukünftigen, also eigentlichen Gewalttäter, weil der wirkliche Alltag kapitalistischer Gewalt als positiver Maßstab für abweichende Gewalt dient.
    So ist auch der Fanatismus zu erklären, da Libelle natürlich mitkriegt, dass der Maßstab bürgerlicher Gewalt selbst angegriffen ist – das nehmen Opportunismusfreunde nicht ganz zu Unrecht persönlich. Kritik an der Froschperspektive ist Kritik an dem, was Libelle für eine allgemein verbindliche Bedingung hält, für die sich Libelle bestimmt Jahrzehnte Vernunftgründe zusammengebastelt hat. Da ist’s andererseits gut Levitenlesen und die gelernte Hetze nicht ganz so für die Katz – so jemandem hören doch auch nur noch Kommunisten zu!

  162. Krim
    5. November 2013, 17:58 | #162

    „Da ist’s andererseits gut Levitenlesen und die gelernte Hetze nicht ganz so für die Katz“
    Du meinst er genießt seinen Opportunismus, indem er mit der bürgerlichen Gewalt im Rücken, Kommunisten ideell das Fürchten lehrt, d.h. sie unrechter Gewalttätigkeit bezichtigt, gegen die staatliches Zuschlagen nur gerecht sei. Indem er andere zu virtuellen Opfern macht, setzt er seinen Opportunismus ins Recht.
    „– so jemandem hören doch auch nur noch Kommunisten zu!“ Vor allem hat er wohl als ehemaliger Kommunist das Bedürfnis, andere Kommunisten mit seiner opportunistischen Entscheidung zu konfrontieren und zu verfolgen. Von ihnen will er die Bestätigung haben, dass sein Opportunismus die einzig aufrechte Entscheidung war. Jemand der sich von der Staatsgewalt dermaßen beeindrucken lässt, der verlangt das auch von anderen. Verweigern die ihre Unterordnung, dann sind sie die eigentlichen Gewalttäter.

  163. Kim B.
    5. November 2013, 18:01 | #163

    @Krim an libelle: „Schön wär’s, wenn ich meine Argumente bei dir hören würde.“
    Also bei der « Verfahren-Diskussion » da gab’s schon gemeinsame Argumente. Und auch sonst könnte ich einige Argumente und Einschätzungen von ihm teilen. Deshalb kommt mir sein immer wieder aufgewärmtes Wahngebilde, dass Kommunisten „nur Macht wollten“ und Gewaltmenschen seien, die andere ins Elend stürzen wollen, recht seltsam vor. Ich kann mir das nur mit einer Manie erklären, die vielleicht daraus entsprungen ist, dass vielleicht mal ein Kommunist seine Mutter erschlagen hat – oder so was Ähnliches.
    Kim

  164. Krim
    5. November 2013, 18:22 | #164

    „Also bei der « Verfahren-Diskussion » da gab’s schon gemeinsame Argumente.“ Ja. Da war ich ihm aber entgegen seiner Behauptung nicht böse, dass er sie gesagt hat. – Im Gegenteil.
    „dass vielleicht mal ein Kommunist seine Mutter erschlagen hat“ Dann würde er sich aber nicht mit Marx und anderen Sachen nicht so gut auskennen, sondern würde es ablehnen, das zu lesen.

  165. Max
    5. November 2013, 18:39 | #165

    Neoprene hat doch vor einiger Zeit mal ausgeplaudert, dass er versucht hat, eine Diskussion per E-Mail zwischen Peter Decker und Libelle anzuschieben. Die ist dann wohl sehr schnell wieder rum gewesen, wobei sich allerdings rausgestellt hat, dass die beiden sich von früher kannten. Es gibt da also offenbar eine Vorgeschichte.

  166. Leserfranz
    5. November 2013, 21:54 | #166

    Hi,
    schon recht, vermutlich hat ihm ein unseliger Rotzler in unseligen Marburger Vorzeiten mal idiotischerweise 5 Märker angedroht, wenn er lieber Nationalfussball glotzen als auf dem Termin diskutieren wolle – und solch idiotischen Verfahrens aus idiotischen Vorgeschichten traumatisieren einen bis ins Grab bzw. geben die Folie ab, dass libelle Freudentänze vollführt, wenn Kommunisten sterben (man erinnere an seine ekelhaften Zeilen zu Karl Held). Ein gelehrter Bürger und Literaturfreund sucht sich halt aus, was ihn traumatisiert …

  167. Mattis
    5. November 2013, 22:42 | #167

    Obwohl der Tratsch um libelle spannend zu sein scheint, will ich nochmal penetrant auf das Thema Rätemodell und sozialistische Planung zurückkommen (bevor Neo den Thread wieder umbenennt …).
    Ich hatte mein Carbonfahrrad-Beispiel (weiter oben) vorläufig mit diesen Zeilen beendet:

    „Einige Kollegen im Carbonbetrieb, selber begeisterte Radler, finden Carbonräder klasse und würden gerne dafür liefern. Andere weisen auf den Carbon-Bedarf für die Energieerzeugung hin, der nach ihrer Ansicht ohne Einschränkung Vorrang haben müsse.
    Es stellen sich mir dabei folgende Fragen: Was sind in diesem Falle die vielzitierten „Bedürfnisse der Leute“, wer sind die vom Thema Carbon-Fahrräder „Betroffenen“ und welche Entscheidungskompetenz soll nun der Carbonbetrieb haben?“

    Das Beispiel ist – zugegeben – sehr simpel gestrickt, aber man muss halt schlicht anfangen, es wird schnell komplex genug. Viele Abwägungen sind nicht so leicht zu treffen wie in diesem Fall, man muss meist sehr viele Detail-Infos haben und routinierte Einblicke in das vernetzte Planungsgeschehen, um eine knifflige Entscheidung gut begründen zu können.
    Man kann das auch durch einen Vergleich mit dem Kapitalismus verdeutlichen: im Kapitalismus entscheidet der Carbonbetrieb die Frage, welcher der Kunden nun beliefert wird, über den Preis. Eine Nachfrage im Übermaß erlaubt Preiserhöhungen, und da muss schon mal der eine oder andere Nachfrager aufgeben, weil sich das für ihn dann nicht mehr rechnet. Wer am höchsten mithält, bekommt den Zuschlag und wird bedient. Ist das eine komplexe Entscheidungssituation? Nein, im Gegenteil. Das ist ein relativ leichtes Entscheiden.
    Der sozialistische Betrieb jedoch hat seine Prioritäten nach den übergeordneten Kriterien zu richten, also nach den Entscheidungen des durch die Gesamtgesellschaft legitimierten Abgeordnetenhauses und den von diesem beauftragten Planungsgremien. Die Suche nach der besten Lösung ist gefragt, es müssen Varianten durchgecheckt und dann entschieden werden. Hier ist also auch immer Feedback erforderlich: Rückfragen nach „oben“, wenn es z.B. zu Engpässen kommt, um die Prioritäten am Ende optimal zu planen. Das ist sicherlich ein aufwändigeres Geschehen, als einfach den zahlungskräftigsten Kunden zu bedienen.
    Was sich dabei deutlich zeigt, ist: ein sozialistischer Betrieb ist, wenn er diesen Namen denn zu Recht haben soll, alles andere, nur nicht “selbstständig“. Die Selbstständigkeit wäre eine klare Negation des Anspruchs einer vergesellschafteten Produktion. Wer also das Rätemodell mit der Vorstellung einer gewissen Autonomie der Betriebe verbindet, sollte nochmal darüber nachdenken.

  168. Max
    5. November 2013, 22:59 | #168

    @ Leserfranz
    Du scheinst Libelle mit dem Psychopathen nobbi zu verwechseln.

  169. Leserfranz
    5. November 2013, 23:58 | #169

    werch ein Illtum …

  170. 6. November 2013, 09:48 | #170

    Ich möchte auch noch mal betonen, was Mattis geschreiben hat:

    „Ein sozialistischer Betrieb ist, wenn er diesen Namen denn zu Recht haben soll, alles andere, nur nicht “selbstständig“. Die Selbstständigkeit wäre eine klare Negation des Anspruchs einer vergesellschafteten Produktion.“

    So, wie ein einzelner Mensch schon andauernd zwischen Wünschen und Umsetzungsmöglichkeiten hin und her denkt und dabei weder das eine noch das andere fix und „selbststandig“ gegeben ist, würde das auch für eine sozialistische Gesellschaft gelten. Mit moderner Input-Output-Rechnung kann man da sicherlich halbwegs übersichtliche Varianten halbwegs zeitnah erstellen, aber welcher Mix von Resourcen dann letztlich für welchen Mix an nützlichen Sachen eingesetzt werden soll, kann vernünftig nicht als Aufaddition einzelner Einheiten passieren sondern muß insgesamt, also Top-Down entschieden werden. Daß dabei divergierende Interessen, Streit um Resoourcen usw. berücksichtigt werden müssen, weil sonst der Konsens flöten geht, liegt auf der Hand. Jeden Beharren von einzelnen Produktionskollektiven oder Konsumgemeinschaften auf „ihrem“ abgegrenzten Spezialinteresse kann nur zentrifugal auf die Gemeinschaft wirken. Je mehr der Realsozialismus sowas eingebaut hat, umso mehr sind die Antagonismen angewachsen. Jugoslawien z.B., die das ja sehr früh sehr weit getrieben hatten, ist da den typischen Gang gegangen.

  171. Krim
    6. November 2013, 10:21 | #171

    Einerseits: Andererseits ist es gar nicht so kompliziert. Denn wenn das Carbon für andere Anwendungen vorgesehen ist, spricht ja nichts dagegen, dass der Fahhrradladen seinen Bedarf einfach anmeldet und dann wird eben in Zukunft produziert was er braucht, wenn Rohstoffverfügbarkeit nicht das Problem ist. Es geht eben nur nicht jetzt sofort, als Abzug von anderen Sachen. Das wäre ja auch bescheuert, wenn die Gebrauchswerte sich gegenseitig Konkurrenz machen würden. Da hat niemand was davon.

  172. 6. November 2013, 10:24 | #172

    Nochmal zurück zu libelle:

    „Im „Kapitalismus-muss weg“-Standpunkt als Essenz kommunistischer Kritik, tritt dieser Mensch der Gesellschaft dann als Konsequenz seiner Kritik gegenüber und will die Verhältnisse für Alle ändern, damit seine Bedürfnisse zum Zug kommen. Das ist schon nicht mehr nur die Kritik, sondern eine Vorstellung, was für alle stattzufinden hat, damit ein Einzelner zu seinen Bedürfnissen kommt, da ist also ein Programm geboren. Dieses Programm ist kein selbstverständliches Resultat der Kritik, weil man aus der Kritik z.B. auch machen kann, sich mit anderen, Gleichgesinnten zusammenzuschließen und eine andere Lebensweise zu versuchen (das wäre eine kommunalistische Konsequenz aus der Kritik).“

    Ja, wenn der Kapitalismus nicht wegmüßte, damit die in ihm leben müssenden Menschen es vage gesprochen „gut“ haben können und haben, dann könnte und müßte man sich darüber streiten, was man denn *im* Kapitalismus machen kann und sollte.
    Und umgekehrt: Wenn schon die Analyse des Kapitalismus ergibt, daß in ihm systematisch nichts Vernünftiges aus Menschen werden kann, jedenfalls für die überwiegende Bevölkerung, dann sind immanente Bestrebungen geradezu verlorene Mühen. Dann muß man sich eben fragen, wie man den Kapitalismus weg kriegt. Ganz offensichtlich geht das nicht, wenn die Mehrzahl der Menschen das noch nicht einmal will. Und ganz offensichtlich geht das noch lange nicht, bloß weil eine Mehrheit ihn weghaben will.
    Und ja, mit ihrem Progamm Kommunismus „haben sie einen Gegensatz zu allen, die ihre Bedürfnisse in der Gesellschaft aufgehoben wähnen eröffnet“. Das sehen die in der Tat auch so. Daher rührt ja auch das Gefühl bei denen, das die Kommunisten „zudringlich“ werden, wenn sie einem Kapitalismus-Fan auch nur ein Flugblatt in die Hand drücken wollen oder an einem Stammtisch übers Nörgeln hinaus wirklich mal grundsätzlich diskutieren wollen. Dann gibt es regelmäßig ganz schnell die rote Karte gegen die Kommunisten. Nur ist sowas doch gar nicht zu vermeiden, wenn die Vorstellungen über das, was sein soll, so einander ausschließend sind.
    Besonders daneben ist es, wenn libelle dann vorträgt:

    „Was sie versuchen können ist, ständig die Bereitschaft der Leute zu prüfen ein unbefriedigtes Bedürfnis zum Kriterium der Gesellschaft zu machen, an dem sie sie ideell scheitern lassen und sich statt der Bedürfnisbefriedigung dann das Bedürfnis zulegen die Gesellschaft zu ändern.

    In dieser imperialistischen Welt scheitern Millionen bis Milliarden Menschen alles andere als nur „ideell“ mit ihren Bedürfnissen an der kapitalistischne Welt. Zigtausende verhungern z.B. jeden Tag. Das gehört systematisch dazu zu dieser schönen Welt. Bei Kriegen ist es z.B. genauso.
    Geradezu zynisch klingt dann die leere Zusicherung von libelle
    „hier ist der Kommunalismus wirklich überlegen, weil er für die, die ihn betreiben, wirklich Bedürfnisse befriedigt (so, wie er es eben kann)“
    Welche denn?? Was hätte denn eine kommunalistische Gemeinschaft im Irak-Krieg in Bagdad zu erwarten gehabt? Oder heute in Shanghai oder Mumbai?
    Und noch was libelle: Warum redest du eigentlich immer mal wieder öffentlich von dem großen Rundumschlag mit einem „großen Text“, wenn du offensichtlich sowas gar nicht abliefern willst. Zeit genug hättest du in all den Jahren ja nun wirklich gehabt. So wirkt es wirklich nur arrogant-lächerlich.

  173. 6. November 2013, 10:35 | #173

    Doch Krim, das ist wirklich kompliziert: Jede neu hinzukommende Nachfrage ließe sich regelmäßig nicht aus dem Stand befriedigen, von den sinnvollerweise bei jeder komplexen Produktion einzuplanenden Puffern, die man kurzfristig auch schon mal runter fahren kann, dafür legt man die ja an. Wenn denn im Carbon-Fall es eh in die Planung der nächsten Periode(n) einfließen muß, dann hat man dann genau das gleiche Problem wie heute, daß nämlich entschieden werden muß, wie die komplexen Gesamtresourcen verplant werden sollen. Wieso ist übrigens bescheuert, „wenn die Gebrauchswerte sich gegenseitig Konkurrenz machen würden“? Das ist eben immer so, das „man“ nicht „alles“ „gleich“ haben kann. Wenn alle wenigstens immer das für sie Wichtigste kriegen, werden sie sich über den Rest eh nicht mehr so fürchterlich aufregen.

  174. Krim
    6. November 2013, 11:15 | #174

    „Jede neu hinzukommende Nachfrage ließe sich regelmäßig nicht aus dem Stand befriedigen,“ Sag ich doch. Deshalb soll man sie ja „anmelden“, heißt eine Bestellung aufgeben. „Bitte produziert mir Carbon für Fahrräder.“ Das ist nicht kompliziert.
    „Das ist eben immer so, das „man“ nicht „alles“ „gleich“ haben kann.“ Na eben. Wenn das immer so ist, warum stellt man sich dann das Carbonfasermaterial als großen Haufen vor der zur Verteilung ansteht, wenn er eigentlich schon verteilt ist. Das ist ja wirklich leicht nachzuvollziehen, das es nichts bringt, wenn die Carbonfahrräder auf Kosten von z.B. Schalensitzen gebaut werden.

  175. Hans
    6. November 2013, 11:22 | #175

    @Neo
    „Wieso ist übrigens bescheuert, „wenn die Gebrauchswerte sich gegenseitig Konkurrenz machen würden“? Das ist eben immer so, das „man“ nicht „alles“ „gleich“ haben kann.“
    Überleg dir mal, wie diese Art Bedürfnisbefriedigung, die du säuberlich auf unterschiedliche Leute verteilt hast, um Interessensgegensätze auszumalen, für einundenselben Bedürfnisträger aussähe: Der soll sich in deinem Sozialismus das Problem mit dem ihm zugewiesenen Mangel machen, dass alles furchtbar komplex ist und wegen seines unvorhersehbaren Bedürfnisses nie jemand wissen kann, wie viel Mehl für Brot und wie viel für Pizza gebraucht wird …
    Und dann wird dem auch noch gesagt, dass im Kommunismus keine gebratenen Tauben angeflogen kommen. Dessen Bedürfnis hältst du ihm demnach als Ideal entgegen, „immer gleich alles“ haben zu wollen: Als sei sein Mangel an Mehl (welche wirklichen Gründe der auch immer hat) Folge des Plans, zu viel Pizza auf Kosten der Brotproduktion zu backen. Das ist alles nur durch eine Konkurrenzbrille nachvollziehbar, die mit einemnaturwüchsigen Mangel operiert, der nicht aus der Sozialismus-Fiktion selbst stammt – und für solche Konstruktionen der quasinatürlichen Konkurrenz ist die naive Malerei der eigenen Lustschlösser bestens geeignet.

  176. 6. November 2013, 11:27 | #176

    Krim, du schummelst, wenn du meinst,

    „Das ist ja wirklich leicht nachzuvollziehen, das es nichts bringt, wenn die Carbonfahrräder auf Kosten von z.B. Schalensitzen gebaut werden.“

    Das wird ja hoffentlich nicht nur nachvollziehbar sein, sondern auch tatsächlich so sein. Nur hatte doch Mattis diesen Musterfall gebracht, weil er auf das Problem hinweisen wollte, daß die einen „dies“ aus „dem“ machen wollen und andere „das“. Dieser Streit geht erst richtig los, wenn die Produktionsverflechtungen technologisch korrekt erfaßt und kommuniziert wurden. Und dann ist es nämlich gar nicht auf der Hand liegend, was besser wäre, mehr Carbon in leichtere Windparkrotoren zu stecken oder stattdessen ICE-Züge mit leichteren Sitzen auszustatten. In diesem Beispiel wäre das ja sogar noch einfach zu entscheiden, weil es um Energieersparnis hier wie da geht. Das sagen einem dann schon die Technologen. Wenn es aber um inkommensurable Sachen geht, Drachenfliegen versus Leichtwagons, dann wird es schwieriger.

  177. franziska
    6. November 2013, 12:04 | #177

    Ich würde gern kurz rekapitulieren, in welche Einzelkontroversen sich der Konflikt um „kommunistische“ (im Sinn von: primär-gesellschaftsweite, konsens- oder verfahrens-basiert eigentumsfreier) Reproduktion bislang aufgespalten hat. Das soll daran erinnern, dass diese Kontroversen vielleicht von Einzelnen hier in einzelnen Punkten für unerheblich oder von ihrem derzeitigen Standpunkt aus für erledigt gehalten werden mögen, es aber aus meiner Sicht nicht im allergeringsten sind:
    1. Ist die Agitation für Kommunismus mit dem Ziel, eine grosse Bevölkerungsmehrheit zu gewinnen, die „einzige Konsequenz“ aus Kapitalismuskritik (zur Erinnerung: ausser dem „Zusammenschluss zur gemeinsamen Befriedigung von Bedürfnissen“, oder auch Kommunalismus als Strategie, gab es die von mir fingierten Adressaten -Antworten: Mehrprodukt-Erzwingung gut; Planungsarbeit wird geleistet; Steuerbarkeit ist so oder so unmöglich; Besserung nach dem Übergang so unberechenbar, dass die Anstrengung nicht lohnt).
    2. Adressaten-Widerstände gegen diese Agitation (mit oder ohne Argumente); hier die diversen Varianten der alten GSP-Theorie von der Betrachtung der Welt als Mittel, die die alle Beurteilung parteilich verzerrt und verfälscht – sie, und die Chancen (legitimatorische Fehl-Urteile) und Hindernisse, die sich daraus für Agitation ergeben;
    3. nicht zuletzt auch bzw. bereits daraus resultierende zunehmende Konfliktträchtigkeit („Gewalt“) der Agitations-Strategie in einem sehr frühen Stadium (Konflikt mit der auch dann noch riesigen Bevölkerungs-Mehreit, die Eigentum will und Kommunismus ablehnt)
    4. der Status quo wird „so“ nicht angefochten (was der kommunalistischen Seite zum Vorwurf gemacht wurde; tatsächlich trifft es ja in der bislang vorgetragenen Variante auch auf die Kommunisten zu – es sei denn, es wird noch eine Eskalationsstrategie „bereits IM Kapitalismus“ nachgeschoben)
    5. immanenter Widerspruch: das Ziel „bedürfnis-orientiert“ wird durch das gewählte Mittel komplett durchgestrichen (auch dieser Vorwurf wird in je abgewandelter Form von beiden Seiten erhoben)
    6. die Frage der Zielbestimmung bzgl Konsensfindung (die bisherige Debatte hat nicht im Konsens geendet), Steuerbarkeit, präzise Zweck-Bestimmung für die kollektive Reproduktion (genauere Beschaffenheit der Trias: bedürfnisorientiert-ökologisch-Ungleichzeitigkeiten (gegenüber „Muttermalen“ und einem fortbestehenden kap.Weltsystem) abbauend). – Was zurückmündet in das erste Kontroversenfeld: Kommunisten haben in diesen Fragen selbst sehr unterschiedliche Meinungen. Und damit zurück zum Carbon.

  178. Krim
    6. November 2013, 12:52 | #178

    @neo:“daß die einen „dies“ aus „dem“ machen wollen und andere „das“.“ Nochmal: Wo soll denn das Problem sein? Sollen sie doch dies u n d das machen. Einfach Bedarf anmelden, dann wird das Carbon schon produziert werden für dies und das. Ein Problem gibt’s immer du dann wenn du dir einen Mangel ausdenkst. Du denkst dir sogar einen Mangel aus, um die Konkurrenz der Gebrauchswerte bebildern zu können. Anders gibt’s nämlich überhaupt kein Problem.
    @franziska: „3. nicht zuletzt auch bzw. bereits daraus resultierende zunehmende Konfliktträchtigkeit („Gewalt“)“ Es gibt keine Konfliktträchtigkeit die von Kommunisten ausgeht. Es gibt nur einen Gegensatz. Es ist aber überhaupt nicht notwendig, dass aus einem Gegensatz Gewalt folgt. Bloß weil der Staat dieser Logik frönt, ist sie kein Naturgesetz. Und gegen die Adressaten der Kritik gibt es erst recht keinen Übergang zur Gewalt. Das steht ja nun wirklich hinlänglich oft da.

  179. franziska
    6. November 2013, 13:17 | #179

    @Neo da siehst du: Probleme gibts nur, wenn man sie sich ausdenkt. Mangel ist immer entweder ein AUSGEDACHTER. Oder beseitigter. Oder zu beseitigender. Also wo ist das Problem?
    (Sind das womöglich Kostproben und Vorgriffe für künftige Krim’sche Agitationsvorhaben?)
    @Krim
    Es geht nicht um die Gewalt der Kommunisten. Vergiss die doch endlich mal. es geht in der Tat um die sehr wahrscheinlich erwartbare Gewalttätigkeit der riesengrossen Rest-Eigentümer-Gesellschaft angesichts eines Haufens von, sagen wir, 50-100T fleissig agitierenden Kommunisten (wobei ca. 10Tausend auch schon reichlich beunruhigend gewirkt haben müssen…)
    edit: Und, klar, das ist jetzt schon wieder sowas bloss ausgedachtes, und, klar, es ist NUR zu dem Zweck und keinem andern ausgedacht, die Kommunisten zu BLAMIEREN, wo sich dabei doch bloss der Staat blamiert. Und… wer den Kap. WIRKLICH abschaffen will, der kümmert sich um sowas nicht, weil ers ja will. Und Agitation nun mal das MITTEL (im gewöhnlichen Sinn) ist. Und wer sich was andres (aus)denkt, will halt den Kap. nicht abschaffen. Und… (langsam ausblenden…)

  180. 6. November 2013, 13:17 | #180

    Ach Krim! Ja, wenn es so einfach geht, „Sollen sie doch dies u n d das machen“, dann ist alles paletti. Dann gibt es auch null Streit. Höchstens den Vorwurf, daß man „das“ aber lieber nicht wollen sollte, also eine Kritik des angemeldeten Bedürfnisses der anderen.
    Und nochmal ja, „Ein Problem gibt’s immer du dann wenn du dir einen Mangel ausdenkst“. Als wenns den nicht gäbe, wenn ich mir das Ausdenken sparen würde!

  181. 6. November 2013, 13:27 | #181

    Franziska, ich weiß jetzt nicht, wie ironisch du deine Bemerkung gemeint hast. Als ernstgemeinte Antwort:
    Ja ein Mangel, also die Tatsache, daß angemeldete Bedürfnisse „jetzt“ (das wäre schon mal genauer anzuschauen, was das heißt) nicht befriedigt werden können, mit den Mitteln, die man „jetzt“ und „hier“ eben nur hat, verlangt danach, das abzustellen.
    Das kann bedeuten, selber die Mittel hinzuorganisieren, die für die fehlenden Sachen nötig sind, z.B. über eine fette Investitionsquote das „schnell“ zu beseitigen (was natürlich jetzt erstmal Einschränkungen bedeuten würde). Das kann aber auch heißen, an die Mittel anderswo ranzukommen, die es „dort“ schon gibt. Es hätte z.B. für die Entwicklung der Wirtschaft in der VR China viel bedeutet, wenn sowohl dort als auch in Japan Kommunisten das Sagen gehabt hätten, dann wäre mancher nützlicher Transfer möglich gewesen. Oder schon früher hätte es für die Sowjetunion viel bedeutet, wenn im Oktober 1923 es auch in Deutschland eine kommunistische Revolution gegeben hätte.

  182. 6. November 2013, 13:31 | #182

    @ franziska

    „es geht in der Tat um die sehr wahrscheinlich erwartbare Gewalttätigkeit der riesengrossen Rest-Eigentümer-Gesellschaft angesichts eines Haufens von, sagen wir, 50-100T fleissig agitierenden Kommunisten.“

    Diese Gewalttätigkeit war und ist regelmäßig in erster Linie eine des Staates der Eigentümer-Gesellschaft und deren politischer Speerspitzen. So haben es Kommunisten immer schwer gehabt, in den Betrieben einen Fuß auf den Boden zu kriegen angesichts regelmäßig stramm antikommunistischer Bürokraten zumeist Sozialdemokraten oder später Stalinisten, jetzt wieder nur noch Sozialdemokraten oder anderer zum Teil offen radikal prokapitalistischer Strömungen.

  183. franziska
    6. November 2013, 13:40 | #183

    Natürlich wars ironisch.
    Und viel gibt viel… ist im Grund doch auch die Lösung des Mangels durch Überfluss.
    Aber die Ebene der Auseinandersetzung mit Mattis, die schon erreicht war, wird durch die immer neu angebrachten Beispiele immer wieder verdunkelt (als könnte man sich den Begriff „Prioritätenkonflikt“ nicht auch abstrakt denken).
    Auf dieser Ebene gab es Begründungen, die den Mattis’schen Verdacht bestätigen könnten: Dass da Leute Konflikte garnicht erst aufkommen lassen, geschweige denn sie zerstörerisch zuspitzen, weil sie sich vom Gelingen der gemeinsamen Reproduktion, also den andern, abhängig wissen.
    Vielleicht wäre man einen Schritt weiter, wenn dieser Ansatz eines Einwands gegen die Mattisschen Beispiele mal so erweitert würde: Die Planung, im bezug auf die man Konsens sucht, fängt garnicht von Einzelbedürfnissen, die in quasi Konsumgüter-Bestell-Listen übersetzt werden, der Einzelnen an. Sondern legt erstmal Prinzipien fest. Statt umgekehrt zu warten, dass irgendeine Gruppe Unökologisches oder Ressourcen-überstrapazierendes will, und sich dann erst die Frage zum ersten Mal stellt, wie man denen DA nun vorgehen soll.
    (Und was sind die Prinzipien? Das wär wenn überhaupt, vielleicht mal die interessantere Frage… weil da Konflikte ganz anderer Art auftreten. – Und weil damit dann auch vorausgesetzt ist, dass die einzelnen nicht als Arbeits- und Konsum-Monaden ihr kommunistisches Dasein fristen, sondern ihre gemeinsame Reproduktion wirklich auch gemeinsam planen. Und nicht die Strategen im Planungsamt und einige Ausschuss-Mitglieder im Abgeordnetenhaus…
    @Neoprene und „Gewalt“:
    Ja!ja!ja! es sind die andern. Aber genau die sind eben das Problem. (Nicht zuletzt in DEINER ewig wiederholten Version: verbliebenes kapitalistisches Weltsystem.

  184. 6. November 2013, 13:53 | #184

    franziska, das „verbliebene kapitalistische Weltsystem“ ist eben nicht nur Bedrohung („Gewalt“), sondern auch Chance, das sollten meine beiden Beispiele auch belegen.
    Und diese Chancen galten ja auch im realsozialistischen Block, insbesondere im RGW, der leider im Laufe der Zeit immer weniger wirtschaftliche Hilfen, die ihm den Namen gegeben hatten, auch tatsächlich zur Verfügung gestellt hat. (den Streit hatte ich ja z.B. mit Krim vor Kurzem über die blöde Braunkohlestrategie der DDR.)

  185. franziska
    6. November 2013, 14:03 | #185

    Noch kurz zum Punkt 4 meiner „Rekapitulation“, da steht nämlich noch ein in diesem thread neues (wenn auch früher von libelle mehrfach angeführtes) Argument: Die Agitatoren leben doch wie die Kommunarden IM Kapitalismus. Sie können sich durch Kooperation ihre Lage erleichtern, aber eben nicht ganz uund gar ALLE kapitalistischen Hindernisse beseitigen. Krim hatte nichtmal was dagegen. Im Grund könnte man unter DIESEM Gesichtspunkt die Kontroverse beenden, bzw. den Punkt aus der Liste der wechselseitigen Vorwürfe streichen. Es bleiben ja, ob Kommune-Mitglied oder nicht, die anderen Fragen nach der Sachgerechtheit der kommunistischen Strategie.
    Auch bei Punkt 6. meiner Liste (Konsensfindung, Steuerbarkeit) sollte daran erinnert werden, dass hier weitere Gründe für eine langsam, kommunalistisch aufgebaute Produktionsweise zu finden sind. Getreu der (diskutierbaren) These, dass Eigentumsfreiheit gesellschaftsweit eine Frage des Aufbaus einer entsprechenden Reproduktion ist, und GENAU DADURCH und NUR dadurch die kapitalistische abgeschafft wird.

  186. Hermann
    6. November 2013, 14:23 | #186

    @mattis
    Zur Frage wie eine Kooperation selbstbestimmter Betriebe und Wohneinheiten die Frage der Carbonfahrräder löst.
    Ich gehe einmal davon aus, dass in deinem Beispiel folgendes unterstellt ist: Die Menschen haben die Produktionsmittel vergesellschaftet, um planmäßig ihre Produktion zwecks Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu organisieren. Damit die selbstbestimmten Betriebe und Wohneinheiten ihren arbeitsteiligen Produktionszusammenhang zu diesem Zweck organisieren können, haben sie sich betriebs- und wohngebietsübergreifende Planungsorganisationen geschaffen. Bezüglich der erforderlichen gesellschaftlichen Energieversorgung haben sie einen gesellschaftlichen Konsens erzielt, dass der Strom statt mit Atomkraftwerken über Windenergie erzeugt werden soll. Ihre Planungsorganisationen sind bezogen auf dieses Programm zu dem Ergebnis gekommen, dass das gesamte erzeugbare Carbon in den kommenden Jahren für die Umsetzung des Energieprogramms erforderlich ist. Damit wäre die Frage, ob man nicht auch Carbonfahrräder bauen könnte, beantwortet.
    Unterstellen wir nun, es gäbe gemäß deinem Beispiel tatsächlich Leute, die der Auffassung wären, scheiß Energieprogramm wir wollen Carbonfahrräder. Zunächst würden ihnen die anderen wahrscheinlich noch einmal den Zusammenhang zwischen dem gemeinsam gewünschten Energieprogramm und den Carbonfahrrädern erklären. Und was geschieht, wenn sich, aus welchen Gründen auch immer, die Einsicht in die Notwendigkeiten des gewünschten Energieprogramms nicht herstellen lässt? Dann würden vielleicht einige Leute eine Carbonfahrradwerkstatt aufmachen und feststellen, dass die von den Planungsorganisationen ermittelte Carbonpriorität für das Energieprogramm den selbstbestimmten Betrieben der Carbonerzeugung einleuchtet. (Worauf man sie natürlich im Rahmen der Diskussion schon hinweisen würde, bevor sie ihre Carbonfahrradwerkstatt aufmachen.) Und was geschieht, wenn der gesamte Erzeugungs- und Verarbeitungsprozess für Carbon zufällig in selbstbestimmten Betrieben liegt, deren Mitarbeiter Carbonräder dem Energieprogramm vorziehen. Dann werden sich z. B. die selbstbestimmten Betriebe der Energiewirtschaft überlegen müssen, wo sie bezüglich des abzusehenden Energiemangel in Zukunft die Lieferprioritäten setzen werden. (Auch dieser Aspekt wäre übrigens bereits Bestandteil der Diskussion um die Carbonräder.)
    Auf der Grundlage des gemeinsamen Zwecks des gesellschaftlichen Produktionszusammenhanges löst sich die Frage der Carbonfahrräder daher ganz ohne zentrale staatliche Planungsgewalt im selbstbestimmten Abstimmungsprozess der in den Betrieben und überbetrieblichen Einheiten organisierten Gesellschaftsmitglieder und damit die Einsicht, dass man nicht zugleich in einer Gesellschaft leben und frei von ihr sein kann.

  187. libelle
    6. November 2013, 19:10 | #187

    Mal einige scheinbar notwendige Klarstellungen zur ausgebrochenen Motivsuche für meine Kritik an Kommunisten, die auch nur ein weiteres Beispiel dafür ist, dass Ihr es nicht fertigbringt Euch sachlich mit Kritik auseinanderzusetzen, wenn sie Euren Standpunkt nicht teilt. Nochmal als Merksatz, falls einer von Euch noch zu einem ideologiefreien Gedanken fähig ist: Wer Motivsuche betreibt, der abstrahiert von der vorgebrachten Kritik. Und mich wundert es nicht, dass bei Eurer Motivsuche nur unvorteilhaftes Zeug für mich herauskommt, weil es Euch eben auf den Inhalt jeglicher Sache nur als Bestätigung eures Standpunktes ankommt (d.h. als Mittel der Agitation) und jemand, der den nicht teilt wenigstens ein psychologisches Wrack oder sonst irgend eine kranke Seele sein muss. Da sieht man, dass sich Rufschädigung auch bestens zur Agitation (Aufwiegelung) eignet. Das gab es in der SU schon.
    1. Lesefranz: „man erinnere an seine ekelhaften Zeilen zu Karl Held“ Ich habe über den Tod von Karl Held meines Wissens kein Wort verloren, weil das einfach nichts mit meiner Kritik zu tun hat. Für die, die mit ihm menschlich was anfangen konnten, war das sicher eine traurige Sache.
    2. Max: „Es gibt da also offenbar eine Vorgeschichte.“ Und was genau hat diese Vorgeschichte mit meinen Argumenten zu tun, außer, dass Du sie durch Deinen Verweis darauf in Verbindung damit bringst? Aber gut, wenn Du die Vorgeschichte unbedingt wissen willst, hier ist sie: Peter Decker, Karl Held und ich waren in den späten 80ern immer zusammen angeln. Irgendwann hat mich die ständige Schlepperei von Helds Bier genervt. Man war einfach völlig fertig, wenn man am Angelsee ankam. 5 Kästen Bier und mehr musste ich kilometerweit durch den Wald schleppen, da Held nur noch torkeln konnte und Decker mit seinem Rucksack Büchern ausgelastet war! Zudem hat Held nach dem ersten Kasten am Ufer beim Auswerfen der Schnur den See nicht mehr getroffen und man musste ständig den Haken aus dem Brombeergestrüpp befreien. Decker hat die ganze Zeit nur gelesen und seine Angel nichtmal ausgepackt. Irgendwann war ich von den Beiden ziemlich enttäuscht und weil Beide mir ständig damit in den Ohren gelegen sind, dass sie Kommunisten seien, bin ich halt Antikommunist geworden. Die Angelausflüge waren damit selbstverständlich passè. Noch heute versuche ich das zu begründen, wie man an meinen Beiträgen in der Blogosphäre sieht.
    @Kim B

    Deshalb kommt mir sein immer wieder aufgewärmtes Wahngebilde, dass Kommunisten „nur Macht wollten“ und Gewaltmenschen seien, die andere ins Elend stürzen wollen, recht seltsam vor. Ich kann mir das nur mit einer Manie erklären, die vielleicht daraus entsprungen ist, dass vielleicht mal ein Kommunist seine Mutter erschlagen hat – oder so was Ähnliches.

    Das ist nicht meines, sondern Krims Wahngebilde Suche den Gedanken oder ein ähnlich lautendes Zitat doch mal bei mir und zitiere nicht Krim! Er bringt das auch ziemlich berechnend hervor, weil er meine Kritik damit schlecht aussehen lassen will. Krims Technik ist (meine) Kritik und ihre Widerlegung, also die gesamte Diskussion in seinen Beiträgen zu produzieren, die Mitdiskutanten (mich u.a.) zu Statisten der Diskussion zu machen, um am Ende dem Kommunismus recht geben zu können. Dazu erfindet er solche Sprüche wie die, ich würde Kommunisten für Kampfmönche halten. Aufmerken solltest Du darauf, dass ein Mensch, der so diskutiert (da ist Hans mit seinen Unterstellungen auch einzuschließen) nur ein berechnendes Interesse an der Wahrheit hat. Sie steht für ihn eben in einem funktionellen Verhältnis zu seinem Interesse an der Diskussion (Agitation (= Aufwiegelung)). Und dieses Interesse kritisiere ich halt.
    Die Richtigstellung, die Du versuchst ist daher auch fehl am Platz. An Krims Entgegnung auf meinen Beitrag:

    LOL. Schön wär’s, wenn ich meine Argumente bei dir hören würde. (Krim)

    …die er einen oder zwei Beiträge später wieder einstampft:

    „Also bei der « Verfahren-Diskussion » da gab’s schon gemeinsame Argumente.“ (KimB) Ja. Da war ich ihm aber entgegen seiner Behauptung nicht böse, dass er sie gesagt hat. – Im Gegenteil. (Krim)

    Belegt nur den interessierten Blick auf die Diskussion. Ich bin als Gegner der Agitation identifiziert und die Äußerungen zu mir finden mit Rücksicht darauf statt. Erscheint es als „Widerlegung“ (also zur Durchsetzung seiner Position unter dem Titel „Wahrheit“) passend keine Gemeinsamkeiten zu haben, schreibt er das, will er als jemand erscheinen, der sich um Objektivität bemüht, schreibt er sowas wie im 2. Zitat. Liest er irgendwas von Neoprene als Behauptung ich würde interessante oder wichtige Dinge erzählen, ergänzt er das mit „nur selten“ (meint: zu vernachlässigen). Es ist nicht so, dass er da irgendwas nachgezählt hätte, sondern er malt mich passend zu seinem Interesse (Agitation) aus – und für diesen Zweck darf man mich halt nicht interessant finden, weil ich ja „der Falsche“ bin. Und auch das hier wird irgend eine „Richtigstellung“ finden. Das Einzige, was man mit solchen Menschen tun kann ist, das freizulegen und so auf die Voraussetzung, die Diskussionen mit Kommunisten – ich sage mal – in den meisten Fällen haben, hinzuweisen und damit auch implizit die Frage zu stellen, ob man sich das antun sollte und wenn ja wie (eben im Bewusstsein dessen).
    Woher kommt so ein Verhalten wie das von Krim (oder auch Hans, Max, Lesefranz usw..) ? – oder –
    Was sind nun meine Behauptungen über Kommunisten und Machtkampf?
    Manche sagen, das käme von der Moral. Solche Kommunisten [[[und die Aussage unterstellt, dass es da noch andere geben könnte, ist also eine kommunistische Kritik an solchen Kommunisten]]] verwandeln, so lautet der Vorwurf, ihre Zwecke in einen Rechtsstandpunkt, in „das Gute“, was stattzufinden hätte und das beschert den Kritikern in den Augen solcher Moralkommunisten Verurteilung und den Moralkommunisten selbst das Bedürfnis diese Kritiker als Feinde des Guten zu demontieren und so ihrem Rechtsstandpunkt Geltung zu verschaffen. Und solchen moralischen Leuten geht es dann eben nicht mehr darum, ob etwas stimmt oder nicht, sondern sie stellen sich und alles was sie können (vor allem auch die Erkenntnisse) in den Dienst des von ihnen ausgemachten gesellschaftlichen Guten. Natürlich wollen sie, dass das, was sie von sich geben nach Möglichkeit richtig ist, aber die Möglichkeiten von etwas überhaupt richtig sein zu können, bestimmt dann eben das gesellschaftlich Gute. Solche Leute denken also ideologisch. Und in meinem Fall brauchen sie halt ein paar „Wahrheiten“, die mich als Abweichung von- und Gefährdung der Bestätigung des gesellschaftlich Guten in jeder Diskussion demontieren. Daher kommen die Beiträge von Krim und Hans z.B., die Motivsuche von Max und Lesefranz usw… Das hat nichts mit dem zu tun, was ich schreibe, außer, dass ich ihnen die Assoziationsvorlage liefere.
    Diese obige, kommunistische Kritik an der Kommunistischen Moral wirft Leuten wie Krim und Hans vor Stalinisten, und damit etwas anderes als wirklich, echte fehlerfreie Kommunisten, zu sein. Das ist nicht meine Kritik, sondern meine Kritik ist, dass es konsequente Kommunisten überhaupt nicht anders geben kann als so. Warum?
    Nun, das liegt m.E. daran, dass sich Kommunisten in einen Gegensatz zur Gesellschaft stellen. Aus der Erkenntnis, dass jede Menge im Kapitalismus hervorgebrachter Interessen und damit auch Bedürfnisse notwendig in ihm auf der Strecke bleiben, ziehen sie die Konsequenz, diese Gesellschaft „abschaffen“ zu müssen. Und zumindest ideell, ihrem Anspruch nach erklären sie alles, was an gesellschaftlichem Erfolg angehäuft wurde, der sich in lauter mehr oder weniger befriedigten (kapitalistischen) Bedürfnissen manifestiert [[[einer Karriere, an deren Gelingen man gearbeitet hat und für die man Anerkennung will; an den gegenständlichen Insignien gesellschaftlichen Erfolgs (Auto, Haus usw..), an einem Leben, an das man sich gewöhnt hat und dessen Gewohnheiten man auch lieb gewonnen hat usw..]]] für ungültig. Damit Du mich hier nicht missverstehst: man kann diese Bedürfnisse schon alle mehr oder weniger kritisieren, aber dazu gehört bei den Adressaten die Bereitschaft die eigenen Bedürfnisse irgend einer Kritik zu unterwerfen. Und die kann man nicht herbeiargumentieren, sondern man erntet mit diesem Anspruch i.d.R. eine Feindschaftserklärung, weil die Adressaten auf ihren Bedürfnissen beharren. Die selbsterklärten Bedürfnisbefriediger müssen also zum Zweck der Befriedigung von Bedürfnissen eben diese, wie sie sie vorfinden kritisieren d.h. ihre Gesellschaftsvorstellung ist schon in dieser Hinsicht eine Abstraktion von den Bedürfnissen, wie sie im Kapitalismus konkret vorliegen. Nichteinmal Essen und Trinken findet hier unkapitalistisch statt, sondern mit einer bestimmten kulturellen Vorstellung d.h. als Moment des gesellschaftlichen Lebens (was man sich alles leisten kann, wie exklusiv der eigene Geschmack ist etc…). Bis in die Subjektivität hinein sind die Menschen hier ein Produkt dieser Gesellschaft.
    Als Kommunist formuliert man mit seinem Anspruch die Gesellschaft zu ändern damit eine Vorschrift für die, die sie nicht ändern wollen. Auch Kommunisten treten also in ein Verhältnis zu den Bürgern und sagen: „Wir wollen (auch für euch) eine andere Gesellschaft.“ Und die Bürger antworten: „Wir aber nicht!“ Und ? Diskutiert man das dann aus? Nein! Das liegt daran, dass es den einen (Kommunisten) um ihre Abstraktion von Bedürfnis geht, die (richtigerweise) darauf hinausläuft, die Bedürfnisse so zu verändern, dass eine Gesellschaft frei von Antagonismen herauskommt und den anderen geht es um ihre konkreten Bedürfnisse und nicht um die Abstraktion der Kommunisten. Und weil sie sie diesen Verhältnissen entnommen haben, haben sie einerseits die Gewissheit, dass sie zu verwirklichen gehen (das haben sie ja schon bei anderen gesehen) und die Heimat dieser Bedürfnisse ist auch der Kapitalismus.
    Da gibt es also einen Gegensatz und es ist in mehrerer Hinsicht eine Heuchelei der Kommunisten, dass sie den Leuten mit ihren Vorstellungen einen Gefallen täten. Hier zunächst darin, dass sie ihre Abstraktion „Bedürfnis“ mit den konkreten Bedürfnissen der Bürger gleichsetzen. Nur so wird aus dem, was Kommunisten wollen eine Dienstleistung an den (kapitalistisch vergesellschafteten) Menschen.
    Damit ist also nun der Gegensatz in der Welt – einfach über den Anspruch der Kommunisten für Alle eine Gesellschaft verwirklichen zu wollen – umgekehrt von der bürgerlichen Seite her auch. Damit gibt es 2 Antagonisten und die ringen darum Subjekt der Gesellschaft zu werden und so den Zweck der gemeinsamen Lebensgrundlagen für den jeweils anderen setzen. Wie tut man das? Etwa auf der Grundlage, dass das, was an Gesellschaft stattfindet gemeinsam „ausdiskutiert“ und eine gemeinsame „Wahrheit“ ermittelt wird und der Gegensatz so aufgehoben wird? Nein, das geht in der hiesigen Gesellschaft so, dass über Machtfragen geregelt wird, was gilt und alles argumentieren hat in diesen Machtfragen sein Maß. Dafür wird es gemacht. In diesem Gegensatz, in den sich Kommunisten stellen, werden sie wohl oder übel nur so bestehen können, weil es sich dabei nun mal nicht um ein Duell handelt, in dem Kommunisten „Argumente“ als Waffe des Duells wählen können. Und darüber unterwerfen sich Kommunisten den Notwendigkeiten der Machtkonkurrenz. Sie sind also nicht machtgeil, keine Kampfmönche (alles bewusste Entstellungen von Krim), sondern der Anspruch, den sie haben – sich zum Subjekt der Gesellschaft machen zu wollen – der führt dazu, dass sie sich den Notwendigkeiten der Machtkonkurrenz bisweilen – aber sehr selten – mit Bedauern unterwerfen. Übrigens haben historisch Kommunisten diese Übergänge umstandslos, in Lichtgeschwindigkeit gemacht. Nichts anderes als Zusammenschluss für die Machtkonkurrenz mit der Gesellschaft zu sein ist nämlich die Funktion einer kommunistischen Partei. Und nur dazu passt es agitieren zu wollen (aufwiegeln). Schon die Bezeichnung schließt den Gegensatz ein und ist darin Bezeichnung für eine Ideologie, weil die geistige Tätigkeit einem Zweck unterworfen wird (aufwiegeln) (d.h. nur Ideologien werden agitiert, über die Wahrheit (wobei zu bestimmen ist, was das meint, ist also keine selbsterklärende Bezeichnung) wird aufgeklärt).
    Dann weist Franziska ganz richtig darauf hin, dass es auch hinsichtlich der Erfolge für Kommunisten nur Pyrrhussiege geben kann (wobei man das für Kommunisten so abwandeln muss, dass sie sich in jedem Sieg verlieren. Im Fall des Sieges in einer Nation so, dass sie die Gesellschaft der Konkurrenz mit den verbleibenden Nationen unterwerfen müssen, also eine Herrschaft etablieren müssen. Nach innen so, dass sie große Teile der Gesellschaft unterwerfen müssen usw…)
    Und wenn man diesen Gegensatz annimmt, dann fasst man, was man will auch als Rechtsanspruch gegen die Gegenseite. Und darin ist eben aller Kommunismus Stalinismus. Der Gegensatz impliziert das „Sollen“, die Moral.
    Der Fehler von Kommunisten ist aus ihrer Kritik den Anspruch abzuleiten die Verhältnisse für alle zu setzen. Dafür braucht man Gewalt.
    Ich warte schon auf die Frage, was ich denn machen will. Na einfach das, was ich kann und das sich mit meiner Kritik an der Gesellschaft verträgt.
    Noch in einer weiteren Hinsicht abstrahieren Kommunisten von den Bedürfnissen, nämlich praktisch, wenn sie anfangen ihren Gegensatz auszutragen. Marx wusste das und hat daraus gleich einen Aufruf gemacht:

    Mögen die herrschenden Klassen vor der kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.

    Nichteinmal das Leben ist für Marx ein Verlust für einen Proletarier. Und welche Welt soll man ohne selbiges gewinnen können? Von wegen nur reden.

  188. 6. November 2013, 19:49 | #188

    Das konnte man sich ja an einem Finger einer beliebigen Hand abzählen, daß libelle folgendes feststellen würde:

    „Wer Motivsuche betreibt, der abstrahiert von der vorgebrachten Kritik. Und mich wundert es nicht, dass bei Eurer Motivsuche nur unvorteilhaftes Zeug für mich herauskommt, weil es Euch eben auf den Inhalt jeglicher Sache nur als Bestätigung eures Standpunktes ankommt (d.h. als Mittel der Agitation) und jemand, der den nicht teilt wenigstens ein psychologisches Wrack oder sonst irgend eine kranke Seele sein muss.

    Und der eine oder andere von den Diffamierern hier ist ja früher auch schon mal in der Lage gewesen, dieses Standardargument selber anzuführen, wenn er selber unter Kritik stand.
    So wie Antikommunisten sich zumeist nicht auf eine ernsthafte Diskussion mir Kommunisten einlassen wollen, gilt das für die handverlesenen wenigen Poster hier, die sich als Anti-Antikommunisten verstehen, offensichtlich auch. Nicht überraschend aber letztlich unbefriedigend.

  189. Hans
    6. November 2013, 20:48 | #189

    Das alte Spiel: Libelle macht auf beleidigt, weil seine Kritiker nicht endlich eingestehen, ihn mit bluttriefenden Stalinismus zu bedrohen und stattdessen nach dem Grund für Libelles Schaum vor dem Mund fragen angesichts entschiedener Gewaltverhältnisse. Neo macht danach immer den Good Cop, also einen, der in Libelles Diffamierungsabsicht Sachlichkeit erkennt und dafür allen anderen den Zeigefinger reckt. So sind die Bürger: immer eine Schrotflinte im Anschlag!
    Nur mal so: Wenn man Libelles Dummheiten längst nachgewiesen hat (ohne ein einziges Gegenargument), ist die Frage nach dem Interesse an den Fehlern keine verkehrte Motivsuche oder böse Abstraktion, sondern die Vervollständigung des interessierten Theoriegebäudes von bürgerlichen Kettenhunden, was ganz offensichtlich fanatische Züge trägt. Dass dann die Kritiker des Grundes (der Kommunistenhetze) als die eigentlichen Moralisten beschimpft werden, kennt man schon: Libelle unterstellt, es handle sich bei kommunistischen Argumenten um dieselben Tricks, die Libelle benutzt – nur mit anderem Vorzeichen! Libelle ist aufgrund ihrer Zwangsvorstellungen gar nicht in der Lage, zwischen ihrem Interesse Kommunistenhatz und sachlichen Argumenten zu unterscheiden. Ob das so ist, weil von irgendeinem Genossen sitzengelassen oder weil für diese Tätigkeiten bezahlt wird, ist unerheblich.

  190. libelle
    6. November 2013, 20:57 | #190

    Wie immer vielen Dank für Deinen kommunistischen Diskussionsbeitrag, Hans.

  191. 6. November 2013, 21:11 | #191

    Das alte Spiel: Wenn hier (oder auch anderswo in dieser kleinen Internet-Welt), jemand besonders entschieden antikomunistischen Schaum vor dem Mund hat, und in solchem Ausmaß wie bei libelle gab es das ja eigentlich nur noch bei Nobbi, dann kann der eigentlich nur bezahlt sein, also ein Verfassungsschutz-Agent o.ö. Ich bezweifele das, so wie umgekehrt ja auch kein Genosse einer kommunistischen Tendenz, der für sein Tätigwerden, insbesondere für sein Agitieren, von seinen Genossen bezahlt wird, hier je zu vernehmen war. Bzw., wenn er es wäre, das irgendeines seiner Argumente per se entwerten würde.
    Und es ist bezeichnend, daß ich wieder mal selber in Polizeinähe gestellt werde. Wie ich immer zu sagen pflege, mit solchen „kommunistischen“ Freunden, wer bräuchte da noch Feinde!

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