Home > (1) MG + GSP > [online] 17.9.13 Berlin – Decker: Kritik der Demokratie

[online] 17.9.13 Berlin – Decker: Kritik der Demokratie

18. September 2013

Der Mitschnitt der Veranstaltung in Berlin vom 17.08.2013 zur Kritik der Demokratie mit Peter Decker vom GegenStandpunkt als Referenten – ich hatte hier darüber berichtet – ist jetzt bei archive.org online verfügbar.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. Felix
    19. September 2013, 16:24 | #1

    Arbeitskreis Demokratiekritik
    Jeweils Mittwochs, am 25. September, 9. Oktober und 23. Oktober 2013, jeweils 18:30 Uhr im Mehringhof, Gneisenaustr. 2, Berlin-Kreuzberg (U-Bhf Mehringdamm)

  2. 22. September 2013, 02:19 | #2

    Vom Vortrag von Peter Decker in Nürnberg am 19. September 2013 mit dem Thema:
    „Wählen ist verkehrt! Das Wahlkreuz – ein Blankoscheck für die Macht“
    gibt es bei Youtube sogar einen Videomitschnitt:
    http://www.youtube.com/watch?v=eG9-rWmkV7s&feature=youtu.be&hd=1

  3. 22. September 2013, 17:08 | #3

    Ein zentrales Argument von Peter Decker aus dem Vortrag:

    „Diese Doppeltheit, die Wahl ist doch unser Heiligstes, und zugleich eine praktische weitreichende Geringschätzung der Veranstaltung, wenn sie dann tatsächlich passiert, dies Doppeltheit, die könnte einen Kritiker zur Verzweiflung bringen: Man hat den Eindruck, man kann der Welt überhaupt nichts mehr erzählen, die Leute, an die man hinredet in punkto Wahl, die haben selber schon immer eine schlechtere Meinung von dem ganzen Zeugs, als man ihnen noch beibringen könnte.
    Ganz so es aber nicht, es ist eher umgekehrt: Diese Sorte Selbstironie, diese Sorte, von der Wahl nichts halten, aber hingehen, schon wissen, daß auf die eigene Stimme geschissen ist, sie aber doch abliefern, dieses Mitmachen und dabei selbstironisch über die Nichtigkeit des eigene Tuns daherreden, das ist die unbedingteste, die dümmste und intellektuell die verantwortungsloseste Art des Mitmachertums. Die Leute entscheiden sich nicht, ob es wirklich ein Scheiß ist und es dann lassen, oder, ob es kein Scheiß ist und dann die Ironie lassen. Nein, der moderne Mensch bewegt sich in der Mitte zwischen die Sache ablehnen und die Sache gut finden und dabei mitmachen. Diese Mitte ist es, mit der man immerzu mitmachen kann und praktisch von keiner Enttäuschung je endgültig enttäuscht werden kann.
    Also auf die Gefahr, daß man in einer Welt von Selbstironikern der letzte Humorlose ist, mache ich den Versuch, diese, in der Demokratie vorgesehene, erlaubte, ja gewünschte, im Vierjahresrythmus organisierte, einmalige Einmischung des Bürgers in die Politik, Einmischung der Regierten in die Staatsgeschäfte, einmal ernster zu nehmen, als alle Beteiligten es tun und daran zu prüfen, was die Wahl denn tatsächlich leistet und warum sie in diesem System durchaus wichtig ist. Sodaß die Vorstellung, wählen nützt nichts, die Wahlstimmen sind für die Katz (die so billig zu haben ist), bis hin zu dem linken Spruch, wenn wählen etwas ändern würde, wäre es verboten, das ist auch so eine Weisheit, die gilt weit in bürgerliche Kreise hinein, damit kann man schnell populär sein. Ich will sagen, der Gedanke ist sau verkehrt: Es ist ganz falsch, zu meinen, Wählen nützt nichts. Es nützt nur etwas ganz anderes, als was alle denken.“

  4. Max
    24. September 2013, 11:00 | #4

    Zum Decker-Vortrag Berlin: Es ging im wesentlichen um Demokratie und Wahlen. Habe ich richtig verstanden, dass Decker meint, die Staatsparteien würden ihren „grosszügigen“ Wahlversprechen stets die Fussnote hinzufügen: „falls die Finanzierbarkeit gegeben ist“. Um sich so ein Hintertürchen offenzuhalten. * Das stimmt ja so nicht: Merkel könnte in 5 Minuten einen 12 Euro Mindestlohn einführen, Hartz 4 um 20 Prozent erhöhen, die Renten um 30 Prozent und eine gescheite Krankenkasse, falls das Volk das wünschte. Es sind ja auch -zig oder gar 100te Milliarden für Afghanistan, Irak oder Griechenland über Nacht da. Merkel & Co. brauchen keine Hintertürchen bei Wahlversprechen. Denn das Volk straft Parteien wie die LINKE oder gar die MLPD, die radikale Sozialreformen fordern, an der Urne ab.
    Mir ist heute in der TAZ aufgefallen (die TAZ hat exakte Wählerzahlen gelistet, auch die der kleinen Parteien), dass die Nonsens- und Ironiepartei von Martin Sonneborn DIE PARTEI, die der (linke) Parteivorsitzende Sonneborn selber nicht wählt, weil das Ganze ja nur ein Jux ist, 3 mal soviel Stimmen erhalten hat wie die rrrrrevolutionäre MLPD. Die im Selbstverständnis bekloppte PARTEI ist eine der größten der kleinen Parteien. Soviel zum Stand des politischen Bewusstseins in Deutschland.

  5. 24. September 2013, 11:42 | #5

    „Wahlversprechen“ und „Finanzierbarkeit“
    Doch, Max, das stimmt so: Mit dem Codewort Finanzierbarkeit, das weiß ja auch jeder, ist nicht gemeint, daß der jeweilige Staatshaushalt doch Milliarden umfaßt, und deshalb doch locker das jeweilige Wahlverprechen erfüllbar sei. Die DKP hat das früher immer mit der Parole gebracht, „Bildung rauf, Rüstung runter!“ Nein, in einem Staatshaushalt sind all die vielen Milliarden doch schon verplant für all das, was der Staat seiner Staatsräson für unabdingbar hält (kleine Verschiebungen hin und her kommen da natürlich vor, Adjustierungen eben). Und da die Staatsräson heißt, Deutschland muß seine internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken, wurde unter SPD-Schröder u.a. mit den Hartz-Gesetzen und der Einführung des „Niedriglohnsektors“ ein Angriff auf breiter Front gegen den Lebensstandard der Lohnabhängigen eingeleitet. So erfolgreich, daß in der Tat Deutschland jetzt vergleichsweise gut aus der Krise gekommen ist (auf Kosten seiner imperialistischen Konkurrenten). Deshalb ist nicht nur keine „Finanzierbarkeit“ z.B. für eine Hartz IV-Erhöhung im Programm, nein, sowas wäre sogar „kontraproduktiv“. Die Armut der Massen ist doch gerade die Grundlage und der Schlüssel zum Reichtum, der hier erwirtschaftet und zum Teil durch den Staat verwaltet wird.
    Genauso halten sich die Staaten, die BRD weit vorn, eben einen riesigen Kriegsapparat, denn der ist für die je nach dem kleineren (z.B. bei Griechenland gegen die Türkei) oder größeren Staaten (wie eine NATO-Hauptmacht Deutschland) für deren Staatszwecke „unbedingt“ nötig.

  6. Max
    24. September 2013, 17:40 | #6

    „Wahlversprechen“ und „Finanzierbarkeit“
    Neoprene, da muss ich noch mal drüber nachdenken.
    Ich kann mich noch erinnern an eine Riesen-Bafög-Aktion während meines Studiums. Spartakus und SHB forderten: „150 Mark für alle! Sofort! Sonst wird gestreikt!“. Riesen-Demo, viele Aktionen. Was kam raus? Bafög-Erhöhung: 200 Mark.(So in etwa; der Staat zahlte jedenfalls mehr, als die Aktivisten lautstark gefordert hatten.)
    Wenn ich meine, dass der Staat, wenn notwendig die LINKE austricksen kann, wenn er will und mehr geben kann, als die LINKE oder der DGB fordern, dann ist das in seiner Macht.
    Ich meine nicht: Weniger Panzer, mehr Geld für die Bildung, sondern: Liebe Bürger, Ihr habt so eine niedrige Rente, weil Ihr Euch alles gefallen lasst. Rentner, Arbeitslose geht auf die Straße, blockiert die Autobahn, fordert Unverschämtes. Die Merkel/der Staat gibt nach, wenn Ihr nicht nachgebt. Soll der Staat doch selber sehen, wo er das Geld herbekommt. Wenn ihm Sachen wichtig sind, hat er Geldmittel ohne Ende.
    Das meine ich mit dem seltsamen Argument der Finanzierbarkeit. Wenns hart auf hart kommt, ist die Finanzierbarkeit dem Staat egal. Ich denke nicht, dass der Staat durch seinen Haushalt eingeklemmt ist oder in der Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Die jeweilige griechische Regierung hat ja auch immer Geld genug, um die Verwandschaft mit Posten zu versorgen. Der Staat kann Kredite aufnehmen, die Bahn verkaufen, in andere Länder einmarschieren, Steuern erhöhen, notfalls einfach Geld drucken, oder sogar im Januar in Konkurs gehen und im Juni wieder schuldenfrei auferstehen usw. usf. Das gabs doch alles schon, ist alles im Kapitalismus möglich.

  7. Asphyx
    24. September 2013, 18:16 | #7

    Dass da mehr möglich ist, als die Linke fordert, ist sicher nicht verkehrt. Andersherum hat das ja auch schon funktioniert, da wurden auch von Seiten der SPD in Ausländerfragen Sachen durchgesetzt, die nicht mal die NPD zu fordern sich getraut hat.
    Nur tut der Staat das halt auch nur dann, wenn er sich davon einen Gewinn verspricht.
    Die Finanzierbarkeit ist dem Staat aber auch dann nicht egal, wenn es hart auf hart kommt. Für Steuererhöhungen, Geld drucken etc. stellt er auch seine Berechnungen an und macht es, damit es sich für ihn lohnt. So war es ja mit der Bankenrettung auch. Deswegen kann er das Geld, was er für die Bankenrettung aufbringt auch nicht einfach aufbringen um ALG2-Beziehern mehr Geld zu geben.
    (Ich weiß nicht, warum meine Beiträge unter meinem anderen Namen auf einmal als Spam gelten, mal gucken, ob es so klappt)

Kommentare sind geschlossen