Home > (3) Fundstellen > Fetischkritikkritik (Paul Mattick gefunden bei Ofenschlot)

Fetischkritikkritik (Paul Mattick gefunden bei Ofenschlot)

24. Februar 2013

Das Kapital tauscht nichts gegen den Mehrwert, der auf dem Wert beruht, sondern eignet sich den Mehrwert durch den monopolisierten Besitz oder die Kontrolle der Produktionsmittel an. Die kapitalistische Gesellschaft beruht nicht, wie Berger anzunehmen scheint, auf dem Warenfetischismus, den Mystifikationen, die sich aus den Tausch- oder Wertverhältnissen ergeben, sondern aus der tatsächlichen Beherrschung der Produktionsbedingungen durch das Kapital. Deshalb stimmt es auch nicht, daß durch Einsicht in die Mystifikationen der Warenproduktion diese selbst aufgehoben werden können. Der Warenfetischismus ist nicht nur ein ›falsches Bewußtsein‹, sondern (…) eine ›objektiv‹ vom Kapital unablösbare Erscheinungsform der ihr zugrundeliegenden Produktionsverhältnisse. Auch bei voller Erkenntnis, daß der Kapitalismus nur eine historische Form gesellschaftlicher Produktion und die verkehrte Welt der Warenproduktion keine notwendige ist, bleiben die dem Warenfetisch verbundenen Produktionsverhältnisse bestehen. Worauf es ankommt, ist, daß nicht nur die fetischisierten Bewußtseinsformen, sondern auch die sozialen Verhältnisse, die ihnen zugrundeliegen, objektiv durch den objektiv waschenden Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen dem Verfall entgegentreiben.

Ofenschlots Hinweis auf die Quelle:

1976 bespricht der Rätekommunist Paul Mattick den Sammelband »Marx und Marxismus heute« (hrsg. von Gerd Breitenburger und Günter Schnitzler, Hamburg: Hoffmann und Campe, 1974) für die IWK (12. Jg., Heft 1, S.89-94) und geht dabei auch auf den Aufsatz »Der gesellschaftstheoretische Charakter der Marxschen Werttheorie« des Soziologen Johannes Berger ein (u.a. Co-Autor des zweibändigen Kompendiums »Krise und Kapitalismus bei Marx«, später Professor in Bielefeld).

Kategorien(3) Fundstellen Tags:
  1. cyn0x
    26. Februar 2013, 09:43 | #1

    Erinnert mich an diese lustige Aussage:

    “Die politische Gewalt, die das Eigentum stiftet, ist Basis und Garant dieser ökonomischen Macht, und somit Quelle des viel beschworenen Fetischs.”

    (GSP Kritik an Heinrich)

  2. cyn0x
    26. Februar 2013, 11:36 | #3

    Es ist immer der selbe Fehler. Für die einen ist der Staat die Quelle allen Übels, für die anderen der Fetisch und die Verdinglichung, für die Wertkritiker der Wert (von dem sie allerdings keine Ahnung haben) und für die Traditionsmarxisten ist der Klassengegensatz das zentrale. Anstatt zu begreifen, dass es in einem System keinen „Anfang“ und keine „Quelle“ gibt, sondern nur Elemente, die sich wechselseitig(!) voraussetzen und damit gleichermaßen konstitutiv sind.

  3. Apple
    4. März 2013, 23:39 | #4

    Die Tatsache, dass sich Elemente voraussetzen, scheint mir kein trifftiger Einwand dagegen zu sein, dass es eine „Quelle“ gibt. Z.B. setzen die deutschen Staatsschulden den deutschen Staat voraus und der deutsche Staat mit dem, was er alles finanziert, setzt voraus, dass Staatsschulden gemacht wurden – trotzdem würde ich sagen, dass der Staat die Quelle seiner Schulden ist.
    Das Argument von Mattick ist außerdem: „Die ka­pi­ta­lis­ti­sche Ge­sell­schaft be­ruht nicht, wie Ber­ger an­zu­neh­men scheint, auf dem Wa­ren­fe­ti­schis­mus, den Mys­ti­fi­ka­tio­nen, die sich aus den Tausch-​ oder Wert­ver­hält­nis­sen er­ge­ben, son­dern aus der tat­säch­li­chen Be­herr­schung der Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen durch das Ka­pi­tal. […] Auch bei vol­ler Er­kennt­nis, daß der Ka­pi­ta­lis­mus nur eine his­to­ri­sche Form ge­sell­schaft­li­cher Pro­duk­ti­on und die ver­kehr­te Welt der Wa­ren­pro­duk­ti­on keine not­wen­di­ge ist, blei­ben die dem Wa­ren­fe­tisch ver­bun­de­nen Pro­duk­ti­ons­ver­hält­nis­se be­ste­hen.“ Insofern würde das Kapital den Warenfetisch gar nicht voraussetzen.

  4. Mattis
    5. März 2013, 21:41 | #5

    Was für eine Verblendung soll denn der „Warenfetisch“ bewirken? An was soll der denn wen hindern?

    „Auch bei vol­ler Er­kennt­nis, daß der Ka­pi­ta­lis­mus nur eine his­to­ri­sche Form ge­sell­schaft­li­cher Pro­duk­ti­on und die ver­kehr­te Welt der Wa­ren­pro­duk­ti­on keine not­wen­di­ge ist, blei­ben die dem Wa­ren­fe­tisch ver­bun­de­nen Pro­duk­ti­ons­ver­hält­nis­se be­ste­hen.“ (Paul Mattik, s.o.)

    Klar doch – auch wer den Kapitalismus für historisch relativ hält, kann sein Fürsprecher sein. Wieso sollte denn auch Änderbarkeit ein Grund fürs Ändern sein?
    Der „Fetisch“ besteht ja noch nicht mal darin, dass „verkehrte“ (?) Umstände als „notwendig“ erscheinen. Einem Untertan im Absolutismus erschien der König ebenso notwendig und berechtigt wie das Brot auf dem Tisch, und das alles ganz ohne Fetisch.

Kommentare sind geschlossen