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Geschichten von Herrn Keiner: Wahlen in Griechenland

1. Juli 2012

Als Herr Keiner mit Freunden über den Ausgang der Wahlen in Griechenland sprach, sagte einer von ihnen: „Die griechische Bevölkerung hätte nicht der Illusion verfallen dürfen, ihr braves Wahlverhalten von den Oberen der EU honoriert zu bekommen. Erst lassen sich dazu erpressen, den konservativen EU-Freunden zur Macht zur verhelfen, dann bekommen sie von den zuständigen europäischen Politikern kurz und bündig mitgeteilt, dass von ihnen keine Nachsicht bei der weiteren Durchführung des verordneten Sparprogramms zu erwarten sei. An den Zielen des ‚Hilfsprogramms‘ für Griechenland”, so war zu lesen, dürfe ‚nicht gerüttelt‘ werden.”
”Das stimmt”, sagte Herr K, „doch dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass das Abhalten von Wahlen nicht zu dem Zweck erfolgt, den Unteren das Leben zu erleichtern. Bei jeder Wahl geht es um die Belange der Nation, und die Unteren sind in ihrer Eigenschaft als verantwortlich denkende Staatsbürger gefragt und nicht als Angehörige einer Klasse, denen von dem verordneten kapitalistischen Sanierungsprogramm übel mitgespielt wird.”
”Ja, das ist schon auffällig”, sagte ein anderer aus der Runde: „Man verlässt den Standpunkt des eigenen Interesses, wenn man sich im nationalen Interesse all die Probleme einleuchten lässt, die die auswärtigen Kreditgeber mit Griechenland haben. Dann leuchtet einem am Ende noch die Schuldzuschreibung ein, dass die Krise nicht das Ergebnis der Konkurrenz zwischen den europäischen Nationen, sondern ‚hausgemacht‘ sei und dass deshalb alle ihr Scherflein dazu beitragen müssen, diese nationale Notlage zu bewältigen. Da liebäugelt man als Wähler mit einer Linkspartei, die im nationalen Interesse gegen das auferlegte Spardiktat Einspruch erhebt, lässt aber auch wieder die Konservativen zum Zuge kommen, wenn die europäischen Aufsichtmächte damit drohen, das Land mit einer unbotmäßigen Regierung abzuschreiben und ins Chaos zu stürzen.”
Daraufhin sagte Herr K.: „All das zeigt, dass die Mehrheit der griechischen Bevölkerung schlecht beraten war, ihren Widerstand von der Straße weg ins Parlament zu verlagern und auf die politischen Parteien zu setzen, um eine Verbesserung ihrer Lage zu erreichen. Denn so geben sie die Möglichkeit aus der Hand, gegen die Verschlechterung ihrer sozialen Lage wirksam anzukämpfen.”
”Aber Herr K.”, meldete sich eine Gesprächsteilnehmerin zu Wort, „das sehe ich anders. Haben die vielen griechischen Demonstranten nicht deshalb ihre Hoffnung auf die Politik gesetzt, weil sie mit ihrem Kampf auf der Straße so gut wie nichts erreicht haben?”
”Ja”, sagte Herr K., „so scheint es auf den ersten Blick auszusehen. Doch in Wahrheit war der Kampf der griechischen Bevölkerung gegen die verordneten Sparprogramme immer zwiespältig: Zwar waren viele von ihnen radikale Gegner dieser Volksverarmung, aber sie kämpften zugleich auch als griechische Patrioten, die sich neben dem Ärger über die eigene soziale Lage auch immer wieder von der Notlage ihrer nationalen Gemeinschaft beeindrucken ließen. Dann war der Feind nicht mehr das marktwirtschaftliche System, wovon die eigene Regierung ein Teil ist, sondern die Feinde waren in erster Linie die auswärtigen Mächte, die die griechische Nation mit der entsandten ‚Troika‘ zu beherrschen suchten. Diese Zwiespältigkeit tat dem Widerstand der griechischen Bevölkerung nicht gut, und so ist es leider kein Wunder, dass die politischen Parteien im Land dies für sich ausnutzen konnten.
So hat die EU bei ihrem Kampf gegen die Krise”, wie den Zeitungen zu entnehmen ist, „vorübergehend eine ‚Atempause‘ bekommen, was sich von der gebeutelten Mehrheit der griechischen Bevölkerung nicht sagen lässt. Im Gegenteil”, sagte Herr K. „Die tut sich in Zukunft noch schwerer als bisher, unter den verordneten Lebensumständen über die Runden zu kommen.”

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. Neues_Protok
    5. Mai 2015, 19:28 | #1

    Neues Protokoll vom Jour fixe vom 27.04.15
    2. Fortsetzung Europas Krise 2014 (GS 4-14)
    — Letzter Diskussionsstand war, dass auch die Verliererstaaten die Standortkonkurrenz nicht aufgeben, sie brauchen und wollen Kredit…
    http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2015/jf150427.html

  2. Paquito
    5. Mai 2015, 20:03 | #2

    Der Krisenfall Griechenland:
    Vom Euro ruiniert – um Euro-Kredit kämpfend – am Euro-Regime scheiternd
    Ein Lehrstück über Kredit und Macht in Europa
    Jonas Köper, GegenStandpunkt
    Vortrag und Diskussion am 21. April 2015
    Mehringhof, Berlin
    auf YouTube:
    https://www.youtube.com/watch?v=PtXCVfoohcw
    ———
    Audio:
    http://kk-gruppe.net/der-kri%C2%ADsen%C2%ADfall-griechenland-ein-lehr%C2%ADstueck-ueber-kre%C2%ADdit-und-macht-in-europa/
    http://kk-gruppe.net/wp-content/uploads/2015/03/Griechenland_B_20150421.mp3

  3. Alfonsito
    5. Mai 2015, 22:17 | #3

    Kein Schuldenschnitt für Athen (SZ, 05.05.2015)
    Finanzminister Schäuble dementiert Berichte, wonach der IWF die Euro-Länder auffordere, dem hochverschuldeten Griechenland einen Schuldenschnitt zu gewähren.
    Der IWF darf keine Kredite auszahlen, wenn ein Land langfristig nicht in der Lage ist, seine Schulden zurückzuzahlen.
    Die Lage in Griechenland verschlechtert sich Beobachtern zufolge. Die Wachstumserwartungen sinken auf nur noch 0,5 Prozent.
    Der Finanzminister wollte die Debatte beenden, bevor sie noch richtig begonnen hatte. Ungewöhnlich schnell reagierte Wolfgang Schäuble (CDU) auf Meldungen, wonach der Internationale Währungsfonds (IWF) die Euroländer dränge, Griechenland einen Teil seiner Schulden zu erlassen.
    http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechenland-doch-kein-schuldenschnitt-1.2465972

  4. Krim
    6. Mai 2015, 12:09 | #4

    „Man verlässt den Standpunkt des eigenen Interesses, wenn man sich im nationalen Interesse all die Probleme einleuchten lässt, die die auswärtigen Kreditgeber mit Griechenland haben.“ Das stimmt natürlich nicht, dass der Standpunkt des eigenen Interesses verlassen, denn das nationale Interesse haben die Wähler sich zu eigen gemacht. Man könnte höchstens sagen, dass sie nicht das des individuellen Wohls verfolgen. Aber ihr Interesse, nämlich als Nationalisten, verfolgen sie allemal in der Wahl und das wird auch bedient, indem der Mehrheit recht gegeben wird.

  5. Alfonsito
    6. Mai 2015, 12:37 | #5

    Das bezieht sich auf welches Zitat oder welche Veranstaltung?
    (Im o.g. Jourfixe-Protokoll habe ich das nicht gefunden.)
    Sorry, bezieht auf den ganz im Ausgang genannten Herrn Keiner:
    „Man verlässt den Standpunkt des eigenen Interesses, wenn man sich im nationalen Interesse all die Probleme einleuchten lässt, die die auswärtigen Kreditgeber mit Griechenland haben. Dann leuchtet einem am Ende noch die Schuldzuschreibung ein, dass die Krise nicht das Ergebnis der Konkurrenz zwischen den europäischen Nationen, sondern ‚hausgemacht‘ sei und dass deshalb alle ihr Scherflein dazu beitragen müssen, diese nationale Notlage zu bewältigen. Da liebäugelt man als Wähler mit einer Linkspartei, die im nationalen Interesse gegen das auferlegte Spardiktat Einspruch erhebt, lässt aber auch wieder die Konservativen zum Zuge kommen, wenn die europäischen Aufsichtmächte damit drohen, das Land mit einer unbotmäßigen Regierung abzuschreiben und ins Chaos zu stürzen.”
    Das „eigene Interesse“ als „griechischer Nationalist“ Richtung Europa ist eines, das die Griechen sich zugelegt haben. (Spätestens seit der Militärdiktatur war „Europa“ griechische Staatsräson, und davon scheint auch der einzelne Grieche auszugehen.)
    Krumm ist hier die Vermengung von Eigeninteresse und natinalistischer Standpunkt (das ist ja auch ein ‚Eigeninteresse‘), das dem Staatsinteresse gegenüber dem Ausland krumm entgegengestellt wird, als gäbe es da aus Sicht eines griechischen einfachen Nationalisten auf irgendeiner Insel groß einen prinzipiellen Unterschied zur Sichtweise eines griechischen politischen Nationalisten und Parteiführers.

  6. Paquito
    7. Mai 2015, 20:09 | #6

    In einem aufsehenerregenden Interview mit der griechischen Zeitung Kephálaio („Kapital“) greift der griechische Minister Lafazanis mit äußerster Schärfe die von Deutschland geführte EU an, sowie den Würgegriff, der sich um die griechische Wirtschaft zu schließen beginnt. Panajótis Lafazánis ist Minister für industriellen Wiederaufbau, Umwelt und Energie, sowie der Sprecher des bis vor kurzem auf etwa 30% geschätzten linken Flügels von Syriza, der sich um die “Linke Plattform“ schart, deren Nahorgan die Zeitung Iskra ist.
    Das Interview endet mit:
    „Der einzige Realismus in den entscheidenden Augenblicken unseres Wegs ist der Sturz des Systems!“
    http://www.trend.infopartisan.net/trd0415/t720415.html
    Merkwürdig ist, dass die Syriza hierzulande ja deswegen ausgerechnet als „Hoffnungsanker“ für verlorene Linke gilt,
    w e i l sie Macht hat,
    weil sie Regierungspartei ist.
    (Staatliche Macht kriegen, und dann regieren können,
    das wärs dann aus Sicht eines hiesigen LINKEN.
    Die griechischen Linken scheinen darüber gar nicht so eindeutig zu denken, wie die hiesigen. Hierzulande mutiert die Syriza ausgerechnet wegen des Regierens zum revolutionären Morgenrot…
    (Oder die PODEMOS, die deswegen interessant wird,
    weil sie eventuelll auch demnächst Regierungspartei werden könnte.)

  7. Paquito
    7. Mai 2015, 21:58 | #7

    Die „Richtigstellung“ der Positionen der griechischen Linken kann man aus den Mitteilungen zum Regierungsantritt von Bodo Ramelow entnehmen, nämlich dass „erfolgreiche Machtübernahme für die Kritiker in der eigenen Partei Grund genug zu sein hat, ihre systemkritischen Standpunkte fortan als Ideale zu pflegen; die dürfen zwar der Partei ihre Duftnote, dem Amtsträger aber keine Vorschriften geben.“
    Der erste LINKE-Ministerpräsident Deutschlands wird gewählt
    Drei Botschaften über Wählen und Regieren im demokratischen Rechtsstaat
    Botschaft Nr. 1: Wählen heißt sich unterwerfen
    Botschaft Nr. 2: Regieren heißt Sachzwänge durchsetzen
    Botschaft Nr. 3: „Die Linke“ hat verstanden
    http://www.gegenstandpunkt.com/gs/2015/1/gs20151121h1.html

  8. Krim
    9. Mai 2015, 10:54 | #8

    „Ihr Leben wird nach wie vor von Politikern bestimmt, denen sie vertrauen müssen, weil die ihnen alle entscheidenden Lebensumstände diktieren.“ Das ist natürlich falsch. Aus Zwang (diktieren) folgt kein Vertrauen. Bürger wollen also vertrauen, weil sie viel von der Nation halten und weil für den Erfolg der Nation Partei ergreifen. Dafür werden dann Parteien mit ihren Figuren gewählt, die ein Programm haben. Und die dann versuchen dieses Programm nach Massgabe der Sachzwänge umzusetzen. „Sie ermächtigen Politiker, die hinterher ihren Willen durchsetzen.“ Politiker setzen auch nicht einfach ihren persönlichen Willen durch. Das sind ja keine Despoten. Sondern sie setzen durch was sie für den Erfolg der Nation nötig erachten. Dass das ihr Wille ist, ist eine reine Formalität. Weswegen es auch fast völlig egal ist, welcher Nationalist das Nötige tut. Es wird hier ein Gegensatz zwischen Wähler und Regierenden konstruiert der nicht da ist. Das Volk äußert seinen Willen aber die Politiker setzen ihren Willen um. Inhaltlich betrachtet fällt der Gegensatz in sich zusammen. Das Volk wählt die Führung, die es für den Erfolg der Nation am geeignetsten hält und die Gewählten exekutieren die Sachzwänge, die es für den Erfolg der Nation braucht. Der Maßstab ist identisch.
    „Ein Lob der Demokratie, die es hinkriegt, diejenigen, die sich zur Wahl stellen, auf Linie zu bringen, auch wenn sie anderes vorhaben mögen!“
    Die haben aber nichts anderes vor. Sonst würden sie sich nicht als Regierungspartei zur Wahl stellen. Da wird von der Demokratie also nichts diszipliniert. Umgekehrt. Wer zur Wahl antritt hat sich schon die nötige Disziplin zugelegt.

  9. Paquito
    16. Mai 2015, 08:51 | #9

    Genau so schnell, wie Syriza zum Hoffnungsträger
    hiesiger Linker aufgestiegen ist
    (… w e i l sie Macht hat,
    weil sie Regierungspartei ist.
    Staatliche Macht kriegen, und dann regieren können,
    das schien es ja wohl zu sein aus Sicht eines hiesigen LINKEN…)
    … wird sie jetzt als Hoffnungsträger abgewatscht.
    (Sogar für Spaniens zerstörte Ideale sei sie verantwortlich!):
    „Dass Syriza sich im Verlaufe der vergangenen dreieinhalb Monate vom vermeintlichen Gegner zum Instrument und zum Helfershelfer der Troika entpuppt hat, hat auch dem Widerstand gegen die Sparpolitik in anderen europäischen Ländern empfindlich geschadet. Die Hoffnung der spanischen Bevölkerung, dass mit Podemos im Schlagschatten von Syriza ein neuer Wind in Europa wehen könnte, ist weitgehend verpufft. Es ist kaum noch damit zu rechnen, dass die Wahlen im Herbst zu dem bis vor kurzem vorausgesagten Triumph der Podemos-Bewegung führen werden.“
    http://www.heise.de/tp/artikel/44/44946/1.html
    Ihre eigenen Staats-Illusionen über Bord zu schmeißen,
    kommt für solche Leute wohl nicht in Frage.
    (Vermutlich suchen sie grad wieder weltweit woanders
    nach Rettungsankern für ihre Idale; z.B. bei Ökologen in China,
    bei Kirchenleuten in Kolumbien, oder oder oder…)

  10. Carlitos
    16. Mai 2015, 10:25 | #10

    Im Audio-Archiv der KK-Gruppe Berlin ist die Aufzeichnung einer Veranstaltung mit Jonas Köper am 21. April 2015 online verfügbar.
    Der Krisenfall Griechenland: Ein Lehrstück über Kredit und Macht in Europa
    http://kk-gruppe.net/der-kri%C2%ADsen%C2%ADfall-griechenland-ein-lehr%C2%ADstueck-ueber-kre%C2%ADdit-und-macht-in-europa/
    als mp3 – Datei:
    http://kk-gruppe.net/wp-content/uploads/2015/03/Griechenland_B_20150421.mp3
    Und auf YouTube gibt es einen Videomitschnitt dieser Veranstaltung:
    https://www.youtube.com/watch?v=PtXCVfoohcw&feature=youtu.be

  11. Carlitos
    16. Mai 2015, 10:28 | #11

    Und einen Kommentar dazu gab es auch auf YouTube:
    Mit der wichtigste – neue – Punkt scheint mir zu sein, dass durch die Originalkonstruktion „mehrere Souveräne – eine Währung“ nicht einfach nur die (übliche) Staatenkonkurrenz beibehalten wurde, sondern dass diese Konkurrenz ganz im Gegenteil im Euroraum nun verschärft gilt, können doch ihre Mitgliedsstaaten sich bei ihren ökonomischen Niederlagen dieser Konkurrenz nun nicht mehr entziehen (z.B. wie früher, einfach durch Währungsabwertung).
    Interessanter weiterer Punkt: Je mehr die europäische Öffentlichkeit glaubte, jetzt wächst Europa zusammen, umso schärfer wurde/wird die Konkurrenz der Staaten noch angeheizt.
    Eigentlich kein Wunder, dass auch aus dem Publikum heraus den ganzen Vortrag über immer wieder die gut gemeinten Verbesserungsvorschläge kamen. Es ist eben überhaupt nicht einfach, sich diese Vorgänge anzuschauen, ohne in der Frage unwillkürlich zum gedachten „selfmade-Wirtschaftsminister“ o.ä. zu werden.

  12. Chronologie
    16. Mai 2015, 17:29 | #12

    In der Berliner Zeitung vom 10.05.2015 erläutert Stephan Kaufmann die Chronologie der griechischen Finanzkrise, und dabei im Besonderen die Gründe dafür, warum es 2010 keinen Schuldenschnitt gab.
    (Zusammenfassung von Stephan Kaufmanns Artikel):
    24.04.2010: Befürchtet wird, dass die Finanzanleger durch einen Forderungsverzicht das Vertrauen nicht nur in die Kreditwürdigkeit Athens, sondern der ganzen Euro-Zone verlieren. Ein Grund dafür ist, dass unter den großen Gläubigern Athens viele Banken der Euro-Zone sind – französische Institute haben 60 Milliarden Euro im Feuer, deutsche 35 Milliarden. Eine Schuldenrestrukturierung wäre besser für Griechenland gewesen, war aber für die Euro-Partner nicht akzeptabel.
    09.05.2010 Der IWF ändert klammheimlich seine Statuten, die er sich im Gefolge der Argentinien-Pleite 2001 gegeben hatte und die vermeiden sollten, dass der IWF einem Land Geld leiht, das nicht zurückzahlen kann. Laut Gutachten des IWF von Mai 2010 ist die Nachhaltigkeit der griechischen Schulden zwar nur „im Großen und Ganzen“ gegeben. Dennoch „ist die Unterstützung des Fonds in der vorgeschlagenen Höhe gerechtfertigt angesichts des hohen Risikos von Ansteckungseffekten auf das internationale System“.
    Am 1. Mai wird also das Kreditprogramm für Griechenland über rund 110 Milliarden Euro verkündet. Doch das ist nicht genug. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker spricht von einer „weltweit organisierten Attacke gegen den Euro“.
    10.05.2010 Zur Börseneröffnung am Montag wird die Einigung eines Wochenend-Sondergipfels der EU verkündet: Neben den Griechenland-Krediten soll ein europäischer Rettungsschirm mit 500 Milliarden Euro die Währungsunion vor Spekulationsattacken schützen. Aber auch das reicht nicht aus: In den folgenden Monaten geraten Irland, Portugal, Spanien und Italien unter Druck, bis schließlich 2012 die EZB mit einer umfassenden Garantie die Lage beruhigt. Die Euro-Rettung ist damit vorerst geglückt.
    „Am Ende gehen auch die Berechnungen der Gläubiger für Griechenland nicht auf. Zwar wird unter dem Einsatz von 230 Milliarden Euro ein Zahlungsausfall des Landes vermieden. 2012 wird auch ein Schuldenschnitt gewährt, doch er kommt zu spät. Statt einer kurzen Rezession erlebt Griechenland einen vierjährigen Absturz, seine Wirtschaftsleistung sinkt bis 2014 um ein Viertel, die Arbeitslosenrate steigt bis auf 28 Prozent, die Schulden liegen heute bei 180 Prozent der Wirtschaftsleistung.
    Gründe für dieses Desaster liegen zum einen in Griechenland, aber auch in der Verweigerung eines frühen Schuldenschnitts. „Griechenland war der erste Rettungsfall“, so Wolfgang Piccoli vom US-Beratungsunternehmen Teneo in der griechischen Zeitung Kathimerini. Damit sei das Land zum „Versuchskaninchen“ geworden, das für alle Fehler seiner unerfahrenen Betreuer bezahlen musste.“ (Stephan Kaufmann)
    http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/finanzkrise-in-griechenland-fuenf-jahre-griechische-finanzkrise—eine-chronologie,10808230,30665314.html

  13. Homo_Faber
    19. Mai 2015, 16:19 | #13

    Ein Rauswurf Griechenlands aus der europäischen Währungsunion komme schon allein wegen der strategischen und geopolitischen Bedeutung des Landes im neuen Kalten Krieg der NATO gegen Russland nicht in Frage,
    – so referiert die jw Überlegungen des Finanzspekulanten Marc Faber in einem Interview mit dem US-Wirtschaftsnachrichtensender CNBC…
    http://www.jungewelt.de/2015/05-19/006.php

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