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Grass: Deutscher Großdichter als Weltgewissen – national abgewatscht

8. April 2012

Freerk Huisken hat einen Kommentar zur im Augenblick in allen medialen Kanälen geführten Abwehrschlacht gegen den zumindest moralischen Verbrecher Günter Grass unter seiner Rubrik „Lose Texte“ veröffentlicht.

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  1. star wars
    9. April 2012, 14:56 | #1

    Die Lage im Nahen Osten kennzeichnet er nämlich nicht genau: Denn das mächtige und die Lage in Middle-East damit bestimmende Subjekt der Feindschaftserklärung an den Iran ist nicht der Staat Israel, sondern sind die USA.

    Na vielleicht ging es Günter Grass gar nicht um die Nahost-Politik im Ganzen (geopolitische Analyse), sondern insbesondere um die (strategische) Rolle Israels in diesem Schmierentheater. Speziell was den Atomkonflikt der Weltmächte, und Israel, mit dem Iran angeht.
    Dem Iran wird nämlich vorgeworfen er baue schon an Atomwaffen (bzw. er wäre daran interessiert), während Israel sich längst im Besitz solcher Atomsprengköpfe befindet. Grass weist also grundsätzlich darauf hin was mit Atomwaffen alles bezweckt werden könnte: Er bezieht sich auf die Rolle von (atomaren) Waffenarsenalen, Zwecks Gewaltausübung zwischen den Staaten. Er spricht auf die weltpolitisch aufgebaute, moralisch inszenierte Heuchelei der bestehenden Weltordnungsmächte, was Besitz und Funktion eines im exklusiven Zugriff von Staaten befindlichen Atomwaffenarsenals, an.
    Das muß allerdings nicht zugleich bedeuten, dass er der Staatsgewalt im Allgemeinen abschwört. Er beschwert sich über (machtpolitisch verursachte?) Verfehlungen von Weltordnungspolitik, die gerade noch zurechtgerückt werden müssen.

    Auf der anderen Seite jedoch entblödet sich der Dichter nicht, seine Israel-Schelte als Zugeständnis in diese national-moralische Heuchelei einzuwickeln. So heißt das Gedicht nicht etwa: „Israel gefährdet den Weltfrieden“, sondern: „Was gesagt werden muss“. Ein ums andere Mal ist ihm das demonstrative Vorführen seines schlechten Gewissens bei der Israel-Schelte fast wichtiger als diese selbst. Immer wieder – insgesamt fünfmal – hebt er mit der Vorführung seiner Seelenqual neu an..

    Nee, Freerk Huisken. Grass möchte mit solchen Sätzen gezielt provozieren. Denn die von Grass gezielt inszenierte Provokation ist längst selbst Teil einer Nachkriegsmoral in Deutschland geworden (exklusive Auseinandersetzung mit der Rolle des deutschen Staatsbürgers nach dem Zweiten Weltkrieg, als neuer, identitätsstiftender Prozess). Grass verpasst es also nicht sich sowohl in der Rolle des (deutschen) Fremdschämers als auch in die Rolle eines emanzipierter Kritikers in Erscheinung zu treten. Auch wenn Teile der Öffentlichkeit und der Politik dass nicht wahrhaben wollen.

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