Home > (3) Fundstellen > Er und Sie neulich im Instant Messenger

Er und Sie neulich im Instant Messenger

22. September 2009

kennen wir uns denn?
06:44:41
Die Andere
Anscheinend, sonst wärst du nicht in meiner Liste
06:44:49
Der Eine
hm, du bist nicht in meiner Liste.
06:44:54
Die Andere
Aber du in meiner…
06:44:57
Der Eine
wo wohnst du?
06:45:01
Die Andere
[ein Bundesland]
Hm.. kennen wir uns von.. [nennt zwei Orte]
06:45:17
Der Eine
kenn ich beides nicht.
06:45:31
Die Andere
Politik?
06:45:50
Der Eine
Politik… hm es sind ja bald Wahlen. Bist du in einer Partei oder so?
06:45:56
Die Andere
Ja
06:46:11
Der Eine
Oh, na ich bin gegen Wahlen.
06:46:17
Die Andere
Inwiefern?
06:46:53
Der Eine
Es wäre besser, man würde nicht Abgeordnete wählen sondern sich selber um seine Dinge kümmern.
06:47:00
Die Andere
Ja sowieso
Deshalb bin ich auch für den Sozialismus.
06:47:30
Der Eine
Den kann man aber nicht wählen.
06:47:38
Die Andere
Das ist richtig, den muss man erkämpfen
06:49:00
Der Eine
Bei uns sind heute solche Politiker. Gregor Gysi und Renate Kühmast
Die erzählen was.
06:49:21
Die Andere
Ja der werte Gysi ist soweit noch einer der weniger üblen Sorte.
06:49:42
Der Eine
Ich mag den nicht. Der macht immer so viele Witze statt den Leuten zu sagen wie ernst es ist.
06:49:51
Die Andere
Was ist denn ernst?
06:50:26
Der Eine
Na die Lage. Die leute werden zum arbeiten genötigt und zum Zivildienst und müssen sich an dumme Gesetze halten
viele haben keine richtige Medizin
06:50:40
Die Andere
Die tatsache allein finde ich ja nicht schlimm.
Also ich finde es legitim, dass man Zivildienst leisten muss.
Und auch das man sich an Gesetze hält und arbeitet
es kommt eben auf die Bedingungen an
06:51:03
Der Eine
andere kriegen es in der Schule alles nicht gut erklärt
06:51:12
Die Andere
Najaaa..
okaaay..
Das ist aber Jammern auf sehr hohem Niveau.
06:51:33
Der Eine
Arbeiten müssen um leben zu dürfen ist niveaulos
06:51:37
Die Andere
Die meisten Menschen weltweit dürfen gar keine Schule besuchen.
Das ist wiederum richtig
06:51:46
Der Eine
und da kommt dann der Gysi und macht seine Witze
06:51:46
Die Andere
Ja.
Der Kapitalismus ist historisch überlebt.
Und das zeigt der Gysi keineswegs auf, richtig
06:52:17
Der Eine
und die Kühmast kommt die ausschaut wie so ein glückliches Biohuhn, das alle essen sollen (und was man sich gar nicht leisten kann)
06:52:30
Die Andere
auch richtig
Die einzige Lösung für die Zukunft nennt sich Sozialismus.
06:52:42
Der Eine
als ob die mehrheit freiwillig den minderwertigen Fraß kauft
mit dem gysi und der kühmast ist eine Änderung nicht in Sicht
die kriechen lieber dem Steinmeier in den Hintern
06:53:14
Die Andere
So ist es.
Deswegen braucht man auch mehr Organisation in den Massen
Eine anständige Revolution
06:53:33
Der Eine
Deshalb sehe ich das eher zwiespältig mit den Wahlen. Ich werde wahrscheinlich nicht wählen.
06:53:49
Die Andere
Ich sags mal so: Taktisch am klügsten ist es immer noch Linke zu wählen
06:54:00
Der Eine
Die Linke ist auch nur eine Partei wie die anderen auch
06:54:23
Die Andere
Das ist soweit korrekt. Allerdings ist das die einzige Partei die bis jetzt konsequent für den Frieden eintritt.
06:54:27
Der Eine
Die wollen sogar ein Recht auf Arbeit. Sowas verrücktes will ich nicht.
06:54:34
Die Andere
Warum?
Was ist daran verrückt?
06:54:51
Der Eine
Wozu brauche ich ein Recht, mich abzuplacken?
06:55:10
Die Andere
Ja, richtig. Deshalb braucht es erstmal sozialistische Verhältnisse.
06:55:11
Der Eine
Ich brauche eher ein Recht, möglichst wenig zu arbeiten.
06:55:15
Die Andere
Moment!
06:55:28
Der Eine
Der Schwiegersohn vom Marx hat das auch gesagt: Recht auf Faulheit
06:55:32
Die Andere
Also wenn wir von sozialistischen Verhältnissen reden, ist ein Recht auf Arbeit angebracht.
Dann bin ich auch für die Pflicht zur Arbeit.
06:56:19
Der Eine
Das ist doch aber dumm. Die Leute befreien sich doch nicht, um sich dann gleich wieder zu zwingen.
06:56:34
Die Andere
Im Sozialismus _will_ der Mensch ja arbeitne.
06:56:39
Der Eine
Es gibt Dinge, die erledigt werden müssen. Am Besten mit so wenig Aufwand wie möglich.
Ich glaube nicht, dass irgendwer freiwillig arbeiten will außer ein paar verrückten (workaholics und so)
06:57:05
Die Andere
Ja. Allerdings ist Arbeit, also befreite Arbeit die frei von Ausbeutung ist, eine edle Pflicht und eine wundervolle Sache die allen nützt.
Kennst du denn befreite Arbeit?
In der ausbeutergesellschaft will natürlich keiner arbeiten.
06:57:46
Der Eine
Ich kann mir nicht vorstellen, warum einer es toll finden soll, sich anzustrengen
06:59:21
Die Andere
Na ganz einfach: Weil es ihm nützt, weil es befreite Arbeit ist. Weil er unmittelbar davon profitiert
15:00:13
Der Eine
Wenn ich arbeite, weil es mir nützt, dann arbeite ich nicht, weil ich Arbeit toll finde sondern das Ergebnis. Auch dann werde ich die Arbeit so weit es geht vermindern und vermeiden.
15:00:33
Die Andere
Was ist wenn man arbeitet um sich selbst zu verwirklichen?
15:01:09
Der Eine
Keine Ahnung. Das muss ein armer Kerl sein, der nur durch Plackerei er selbst ist.
15:01:34
Die Andere
Bist du schon mal auf die Idee gekommen, dass Arbeit im Sozialismus eben nicht Plackerei ist?
Weil alle Menschen weniger arbeiten müssen, weil sie freier sind in der Arbeit, weil sie bessere Arbeitsbedingungen haben
Weil sie Demokratie im Betrieb haben
Und weil sie ihre Arbeit in schöpferischer Weise fortentwickeln
15:02:12
Der Eine
Bloß weil die Arbeit weniger wird (was toll ist) wird sie nicht erstrebenswert
15:02:42
Die Andere
Nein. Aber wenn sie frei von Ausbeutung, demokratisch, in optimalen Bedingungen und mit allseitiger förderung des Menschen gedeiht, wird sie erstrebenswert.
Die Arbeit ist erst das, was den Menschen zum Menschen macht
15:03:15
Der Eine
Ich hacke zum Beispiel Holz für das Lagerfeuer, weil ich Holz für das Lagerfeuer brauche. Ich hacke es nicht, weil ich gern Holz hacke. Eine bessere Axt oder eine Motorsäge oder ein genmanipulierter Baum ändert da nichts dran.
Auch ein sozialistisches Lagerfeuer braucht Feuerholz
15:03:39
Die Andere
Was ist aber, wenn du deine Fertigkeiten dadurch verbessern willst?
Und wenn dir bewusst ist, dass du mit dem Holz der Gemeinschaft hilfst?
15:04:01
Der Eine
Dann ist das Training, eine besonders nervige Form der Plackerei
15:04:16
Die Andere
Das ist Arbeit die dich entwickelt.
Im Sozialismus hat der Mensch den Anspruch allseitig gebildet und entwickelt zu sein
15:04:29
Der Eine
zum besseren Arbeiter. Na schönen dank
15:04:34
Die Andere
Und dazu trägt die Arbeit hauptsächlich bei
Ja.
15:04:52
Der Eine
Ehrlich gesagt, deinen Sozialismus will ich nicht. Das ist ja ein einziges Arbeitslager
15:04:54
Die Andere
Dir fehlt das Bewusstsein. Du denkst nicht sehr fortschrittlich, weil du ja auch nur die Ausbeutergesellschaft kennst.
15:05:29
Der Eine
Marx hat gesagt, der Reichtum der Gesellschaft ist die disposible time, also die Zeit, in der man nicht arbeiten muss. Und der muss es ja wissen.
15:06:06
Die Andere
Ja, da ging er aber von der Ausbeutergesellschaft aus.
15:06:18
Der Eine
nein, das hat er allgemein gemeint.
15:06:20
Die Andere
Richtig ist aber auch, dass im Sozialismus und vor allem im Kommunismus wesentlich weniger gearbeitet werden muss.
15:06:48
Der Eine
Also ist Arbeit ein zu vermeidendes Übel und keine Wohltat
15:07:03
Die Andere
Arbeit ist etwas wichtiges und kein Übel. Eine edle Pflicht.
15:07:26
Der Eine
Alle Pflichten stinken. Sonst wären es keine Pflichten. Zu dem, was ich will, muss mich keiner zwingen
15:07:26
Die Andere
(wenn sie in den Bedingungen ohne Ausbeutung verrichtet wird)
Die Menschen verpflichten sich selbst dazu.
Weil sie wollen.
15:07:48
Der Eine
Als ob das Holzhacken ein Spaß wird, wenn mir hinterher keiner mein Holz wegnimmt.
Wenn ich etwas will, dann brauche ich dazu keine Pflicht.
15:08:23
Die Andere
Du verpflichtest dich selbst dazu, weil es dein innigstes Bedürfnis wird.
15:08:52
Der Eine
Nein, das ist wirklich absurd. Verpflichte ich mich zum Sex mit der schönen Frau von gestern abend?
Verpflichte ich mich zu einem dritten Bier?
15:09:06
Die Andere
An dieser Stelle wird die Diskussion sinnlos, weil du hast nicht das dafür notwendige Bewusstsein und wirst es jetzt auch nicht entwickeln.
15:09:35
Der Eine
Ein Bewusstsein, in dem Plackerei schön und das Schöne Pflicht ist will ich nicht haben.
Das ist was für die Klapse oder für Selbstmotivationsseminare, aber doch nicht für die Befreiung des Menschen vom Elend.

gefunden bei stromsau (Spass und Lebensfreude durch Elektrifizierung), paßt auch ganz gut zur Wahldebatte.

Kategorien(3) Fundstellen Tags:
  1. Krim
    22. September 2009, 11:57 | #1

    Super! Die Antworten sind sehr treffsicher. Fast wie Flüchtlingsgespräche. Ist das sicher nicht erfunden?

  2. 22. September 2009, 12:25 | #2

    Wie auch bei anderen treffenden Schmankerln kann man da nur sagen, daß es zumindest gut erfunden ist, wenn es doch nicht so passiert sein sollte.

  3. Krim
    22. September 2009, 13:29 | #3

    Auffallig ist, dass „der Eine“ ständig konkrete Kritik bringt und die andere dann drei- oder viermal in Variationen erwidert, man brauche eben Sozialismus, Revolution, sozialistische Verhältnisse…

    An der Kritik ist sie gar nicht interessiert, sondern will sie sofort in eine Gemeinsamkeit umbiegen. Als bräuchte man die Kritik gar nicht mehr sagen, wenn man sich einig über Sozialismus ist. Da äußert der Eine grundsätzliche Kritik und die Andere versucht das sofort in ein konstruktives „Dafür“ umzudeuten. Als wäre Kritik immer nur der Auftakt für ein Mitmachen bei einem alternative Gemeinwohl, hier Sozialismus. Weil Sozialismus aber gerade nicht im Angebot ist soll man wenigstens bei der Linken mitmachen, weil die wenigstens konsequent für Frieden sei.

    „Jammern auf hohem Niveau“ ist auch so eine Frechheit. Das soll heißen, dass wirklicher Grund zur Klage oder zu grundsätzlicher Gegenerschaft eigentlich nicht existiert. Das Jammern hätte luxuriöse Verhältniss zur Grundlage, das die Leute verweichlichen lässt und sie deshalb jede Unbequemlichkeit zum Jammern veranlasst.

  4. Phineas Freek
    22. September 2009, 14:06 | #4

    Habe mich durch die Wahldiskussion gekämpft und bin einigermaßen beeindruckt über die Geduld und das Durchhaltevermögen einiger Wahlkritiker hier. Doch dieser Dialog zwischen einem Vertreter unmittelbarer Kritik und einer sozialistischen Tugendwachtel ist großes Kino. Herzlichen Dank dafür.

Kommentare sind geschlossen