Home > (2) Trotzkismus > Bildungsstreik III: „Kostenlose Bildung für alle auf höchstem Niveau!“

Bildungsstreik III: „Kostenlose Bildung für alle auf höchstem Niveau!“

17. Juni 2009

Mit der Überschrift „Kostenlose Bildung für alle auf höchstem Niveau!“ hat der Spartakist in seiner Ausgabe Januar 2009 zum Schülerstreik im November 2008 seinen Artikel betitelt, der vor allem ein Flugblatt widergibt, mit dem die SpAD damals interveniert hatte. Dessen erster Absatz lautete:

Das selektive und rassistische kapitalistische Bildungssystem treibt wieder und wieder tausende Schüler, Studierende und Auszubildende in ganz Deutschland und weltweit auf die Straße: Demos gegen Studiengebühren in Hessen und anderswo, Proteste gegen die Wiederholung der MSA-Prüfungen (mittlerer Schulabschluss) in Berlin, Schüler- und Studierendenstreiks von Chile bis Italien. Nach mehreren Schülerstreiks in den letzten Jahren gegen die Kürzungspolitik des Berliner SPD/Linkspartei-Senats soll nun am 12. November gleich in dutzenden Städten gegen Bildungsabbau und für bessere Bildung demonstriert werden. Wir von der Spartakist-Jugend beteiligen uns an diesen und anderen Protesten gegen Sozialkahlschlag und kämpfen für deren Ausweitung. Unsere Perspektive ist, das gesamte kapitalistische System zu überwinden. Schüler und Studierende müssen zu dem Verständnis gewonnen werden, ihre Proteste mit den Kämpfen der Arbeiterklasse zu verbinden. Denn nur die Arbeiterklasse hat auf Grund ihrer Stellung im Produktionsprozess die potenzielle soziale Macht, den ganzen Kapitalismus lahmzulegen: So kann sie auch den Protesten gegen Bildungsabbau zum Sieg verhelfen. Solidarität mit den IG-Metall-Warnstreiks und den Streiks von Lehrern und Erziehern! Für gemeinsamen Klassenkampf gegen die Angriffe des kapitalistischen SPD/LINKE-Senats!

Es ist dabei nur, gelinde gesagt, etwas unvermittelt, wenn die Spartakisten von ihrer Perspektive „den ganzen Kapitalismus lahmzulegen“ dabei enden, „Protesten gegen Bildungsabbau zum Sieg verhelfen“ zu wollen. Per se sind das nämlich schon recht unterschiedliche Ziele, wie sicherlich auch die Genossen festgestellt haben werden.

Die SpAD stellt richtigerweise fest: „Das deutsche Bildungswesen ist berüchtigt für besonders krasse soziale Selektion“. Nur ist das bei ihnen gar keine Kritik an der Selektion, sonder nur an der krassen sozialen Selektion. Als wenn ein Schulwesen nicht mehr zu kritisieren wäre, daß das Herrschafts- und Elitepersonal statistisch ganz „gerecht“, weil zu gleichen Teilen aus allen Schichten der kapitalistischen Gesellschaft rekrutieren würde.

Deshalb greift auch die Forderung „Weg mit dem diskriminierenden dreigliedrigen Schulsystem! Für offenen Zugang zur Universität mit einem staatlich bezahlten Stipendium, von dem man leben kann! Unis und Schulen unter die Kontrolle derjenigen, die dort arbeiten, lernen und lehren!“ daneben, denn die Zurichtung aller Auszubildenden, Schüler und Studenten auf den Arbeitsmarkt mit seiner immer härter werdenden Konkurrenz um die weniger werdenden Arbeitsplätze wird doch in keinster Weise ausgehebelt, wenn die Selektion erst am Ende der jeweiligen Ausbildungsgänge erfolgen sollte. Nebenbei ist es eine Verharmlosung der Funktion des Lehrpersonals, wenn denen ein grundlegend gleiches Interesse an Schule und Uni zugebilligt wird wie den dort jeweils Ausgebildeten. Lehrer und Professoren sind ja nicht umsonst noch weitgehend Staatsbeamte, weil sie die Selektion, die Festlegung und Zementierung von Lebensperspektiven mit ihrer Notenvergabe zu organisieren und durchzusetzen haben.
Es ist deshalb auch hier kein Zufall, daß eine zentrale Institution der kapitalistischen Schule, die Notengebung, den Spartakisten gerade mal eine Erwähnung in einer Klammer wert war.

Zurück zur Parole: „Kostenlose Bildung für alle auf höchstem Niveau!“ vom Anfang: Was soll dabei herauskommen, in dieser kapitalistischen Ausbildungswelt? Besonders gut für die Ausbeutung qualifizierte Betriebswirte, in der Wolle gefärbte demokratische Geschichtslehrer, die selbstverständlich mitStauffenberg und nicht mit Bismarck arbeiten? Perfekt das bürgerliche BGB beherrschende Juristen, die nun wirklich fit sind in der Umsetzung der bürgerlichen Logik des Eigentums? Bildung in dieser Schul- und Uniwelt ist schließlich in erster Linie die Heranziehung des mündigen demokratischne Bürgers, den auch die zunehmenden Härten auch für sein Leben nicht davon abbringen kann, sich all diese Scheiße, von der Schule bis zum Berufsalltag gefallen zu lassen, ja geradezu als sein privates Glück zu interpretieren. Oder, um Freerk Huisken aus seinem telepolis-Interview zu zitieren:

„Es werden nämlich hierzulande keine braven, buckelnden Untertanen gebraucht, sondern mündige Staatsbürger, die sich „ihre Meinung“ bilden und dann aus freien Stücken und in voller Überzeugung das tun, was ihnen zur Pflicht gemacht oder per Sachzwang vorgesetzt wird.“

Kategorien(2) Trotzkismus Tags:
Kommentare sind geschlossen