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Zum „Plädoyer gegen die GÖD“ (Gewerkschaft Öffentlicher Dienst in Östereich)

31. August 2007

Da man bei blogsport wohl nicht in den Kommentaren suchen kann (wohl auch nicht über den Umweg Google), stelle ich hier die Antwort der Genossen von Gegenargumente.at (von anfang 2005) auf meine Fragen zu deren These „Ein Streik gegen die Verschlechterung unserer Arbeits- und Lebensbedingungen kann daher nur jenseits dieser Gewerkschaft organisiert werden. Wollen wir uns gegen die Veschlechterung unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen zu Wehr setzen, ist es daher notwendig eine Gewerkschaft ausserhalb des ÖGB zu organisieren!“ als Beitrag rein, auch wenn er eigentlich ein weiterer Kommentar zu dem Hinweis auf das „selbstmörderisch Illegale“ bei der jourfix-Diskussion zur GDL ist.
„Die MG Österreich ist für Alternativgewerkschaften, von denen war ja das schöne Zitat, das immerhin einmal Position bezogen hat. Das heißt erstens für Gewerkschaften überhaupt, was hier ja aufs heftigste als sinnvoll bestritten wird, und zweitens für neue Gewerkschaften, weil es die alten sozialdemokratischen nicht bringen.“
Dem entnehmen wir, dass Du den letzten Satz unseres Artikels „Plädoyer gegen die GÖD“ Du so verstehst, dass wir auf dem Standpunkt gewerkschaftlichen Kampfes stehen, ja sogar für die Gründung einer neuen Gewerkschaft neben der existierenden Gewerkschaft der öffentlichen Bediensteten GÖD eintreten. Zugegeben, der letzte Satz in dem von Dir zitierten Artikel, legt dieses Missverständnis nahe. Da wir dieses – im letzten Satz angelegte – Missverständnis unbedingt vermeiden wollen, haben wir diesen Text mittlerweile von der Homepage entfernt.
Hättest Du, statt unsere Texte auf Beleg-Zitate für Deinen Standpunkt – Mitarbeit in der Gewerkschaft ist notwendig – abzuklopfen, nicht nur diesen letzten Satz gelesen, sondern den ganzen Text und die anderen Texte zum Thema Gewerkschaft auf unserer Homepage, wäre Dir aufgefallen, dass es uns nicht darum geht, für die Gründung einer neuen Gewerkschaft zu agitieren und schon gleich nicht darum zum Mitmachen in den bestehenden Gewerkschaften aufzufordern. Uns ging es darum, den Standpunkt der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes GÖD zu charakterisieren. Damit wollten wir gerade Leuten wie Dir entgegentreten, die trotz eindeutiger Kundgaben der GÖD, keinen Einwand gegen die im Artikel im Detail aufgeführten Verschlechterungen der materiellen Lage der Lehrer zu haben, nicht davon ablassen wollten, diese Verschlechterungen durch die Mitarbeit in dieser Organisation verhindern zu wollen.
Unser Argument gegen die GÖD war, dass diese Gewerkschaft – und nicht nur sie – sich zum Anwalt der von ihr vertretenen Arbeitnehmer im Namen des Erfolgs des Arbeitgebers – sprich des Staatsganzen – macht. Sie nimmt sich der Interessen der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst einzig deshalb und daher auch nur soweit an, wie sie deren Berücksichtigung für ein reibungsloses Funktionieren des Staatsganzen für unerlässlich notwendig hält. Daraus erklärt sich dann etwa, warum sie, wenn die Regierung Sparen ansagt, als Gewerkschaft offensiv und von sich aus für gerechte und moderate Lohnsenkungen eintritt, sich also um die sachgerechte Verteilung dieses auch von ihr für notwendig befundenen und deshalb akzeptierten Schadens kümmert.
Wenn Du schreibst:
„Nur noch mal zur Klarstellung, ich scheine da einiges hier und anderswo wohl doch total missverstanden zu haben:
· Ihr seid keine Gewerkschaftsmitglieder, zahlt deshalb selbstverständlich auch keinen Cent
· Ihr könnt auch nur jedem, der arbeitet, davon abraten („teuer verdient“)
· Ihr wollt auch keine andere Gewerkschaft, ihr seid euch als „Organisation“ selbst per se genug, auch wenn sie schon lange aufgelöst wurde.
· Wenn die Gewerkschaften, die jeweils einen mehr oder mittlerweile weniger großen Teil der Arbeiter organisiert haben, was tun, insbesondere, wenn sie einen Lohnstreik organisieren, dann seid ihr jedenfalls nicht dabei. Picket lines mean don‘t cross gilt für euch so gut wie nie, bzw. gleich gar nicht.“,
dann liegst Du in den ersten beiden Punkten nicht falsch. Wir halten es tatsächlich für eine Fehler, in einer Organisation mitzutun, für sie zu agitieren, Mitglieder zu werben und unzufriedene Mitglieder, vom Austreten abzuhalten, die sich ausdrücklich dazu bekennt, dass dem Arbeitgeber Staat der Lohn der öffentlich Bediensteten in der bisherigen Höhe nicht zuzumuten ist.
Wahr ist – um zum letzten Punkt zu kommen -, dass die existierenden Gewerkschaften in Österreich und Deutschland einen hohen Organsisationsgrad haben. Auch dass sie „was tun“ lässt sich nicht bestreiten. Das spricht aber noch lange nicht für sie. Es kommt nämlich schon noch sehr auf den Inhalt ihres Tuns an. Diesen Inhalt der tatsächlich stattfindenden gewerkschaftlichen Aktionen willst du in Deiner Begeisterung darüber, dass es sich um gewerkschaftliche Aktionen handelt nicht zur Kenntnis nehmen. Alle Streiks der letzten Jahrzehnte hatten nur Inhalte wie: Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze; Verteidigung der Sozialpartnerschaft….
Gewerkschaften, die „einen Lohnstreik organisieren“ existieren tatsächlich nur in Deiner Phantasie, was kein Bejubeln früherer gewerkschaftlicher Tätigkeit sondern die Feststellung eines Faktums ist. Weil die Gewerkschaften in Deutschland und Österreich so beschaffen sind, wie von uns am Beispiel der GÖD charakterisiert, gibt es erstens einmal überhaupt kaum Streiks. Und zweitens gibt es schon gleich keine Lohnstreiks – Streiks ohne Rücksicht auf den Schaden, den sie den Unternehmen zufügen, um höheren Lohn zu erpressen – bei denen Du Gelegenheit hättest, den Arbeitern Deine „Übergangsforderungen“ aufzuschwatzen, auf dass sie – ohne irgendwas kapiert zu haben – auf den rechten Weg geführt werden.
Statt dauernd von uns zu fordern, sich an irgendwelchen nicht existierenden Streiks zu beteiligen und nach Gelegenheiten zu suchen, um den Arbeitern vorschlagen zu können, was sie eigentlich fordern sollten, um in Dein Himmelreich einzugehen, wäre es vielleicht klüger, auch einmal zu versuchen den Arbeitern Einsichten in den objektiven Charakter des Zwangs der Verhältnisse zu vermitteln. Aber da müsstest Du Dir zuallererst einmal selbst Klarheit über diese Verhältnisse verschaffen – darüber etwa, warum es den Arbeitern immerzu einleuchtet, dass sie sich nach ökonomischen Realitäten zu richten haben und nicht umgekehrt die ökonomischen Realitäten nach ihren Bedürfnissen zu gestalten sind; warum es insbesondere ein Fehler ist, für Arbeitsplätze zu kämpfen. Dann müsstest Du vielleicht gar noch das von Dir hochgeschätzte revolutionäre Subjekt kritisieren, statt dem Glauben anzuhängen, dass ihm bei allen seinen Irrungen und Verirrungen bloß noch Deine paar gut gemeinten Ratschläge fehlen (Wie eine solche Kritik aussieht kannst Du z.B. dem Kurzartikel zum Thema „Streik bei Opel/Bochum im letzten Gegenstandpunkt 4-04 entnehmen). Dir selbst Klarheit über die Verhältnisse zu verschaffen hältst Du aber für unwichtig – jedenfalls im Vergleich zur Klärung der Frage, ob bei der New Yorker U-Bahn gestreikt wird – wohlgemerkt ob und nicht wofür! Und außerdem hältst Du es persönlich nicht für interessant:
„In diesem Zusammenhang finde ich persönlich nun wirklich interessanter und wichtiger, ob es z.B. bei der New Yorker U-Bahn zu einem Streik kommt, als sich hier nun wirklich ausführlichste über abstrakten freien Willen hin und her zu bewegen.“
Und das hältst Du ernstlich für ein Argument?!
Bleibt noch als letztes die uns von Dir unterstellte und hoch angerechnete Absicht eine neue Gewerkschaft gründen zu wollen. Leider müssen wir Dich aber auch da enttäuschen. Das halten wir nämlich für einen Fehler. Jeder der solches vorhat, leistet sich schon im Ausgangspunkt einen Widerspruch. Es ist ja nicht so, dass man die Arbeitnehmer erst noch in einer Gewerkschaft organisieren müsste. Es gibt doch schon Gewerkschaften wie den ÖGB, den DGB usw. mit teils sehr hohem Organisationsgrad. Gewerkschaftliche Aktivität braucht also gar nicht neu erfunden zu werden. Mit diesen Gewerkschaften ist jemand, der eine neue Gewerkschaft gründen will, offensichtlich unzufrieden. Den Grund für den in seinen Augen unbefriedigenden Zustand dieser Gewerkschaften möchte er aber nicht wissen. Charakterisierungen wie Du sie lieferst: „weil die bisherigen Gewerkschaften es offensichtlich schon seit Generationen oder wenigstens seit Jahren nicht mehr bringen“, sind jedenfalls das Gegenteil eines Erklärungsversuchs. Bei Vorliegen eines Klärungsinteresses wäre es sehr leicht zu erkennen, dass der kritisierte Zustand des ÖGB, DGB usw. die konsequente Folge und Umsetzung des Standpunktes ist, auf dem jede Gewerkschaft mit ihrer Gründung steht.
Jede Gewerkschaft behandelt den Kapitalismus nämlich als Lebensmittel der Arbeitnehmer. Das ist er aber nicht. Warum er das nicht ist, dazu hat Marx ein dreibändiges Werk mit dem Titel „Das Kapital“ verfasst.
Weil das Bestreben jeder Gewerkschaft darauf gerichtet ist, das Auskommen der Arbeitnehmer im Kapitalismus zu ermöglichen, nehmen sie, in dem, was sie fordern, an den „ökonomischen Realitäten“ Maß und anerkennen damit das Interesse des Kapitals als ökonomisches Sachgesetz. Daraus erklärt sich dann, warum die Gewerkschaften unter dem Titel Standortsicherung jeden Personalabbau, jede Lohnkürzung und jede Arbeitszeitverlängerung konstruktiv mitgestalten.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. bilbo
    6. September 2007, 00:15 | #1

    Darf ich mal anfragen, warum man die blogs (mpunkt, AA, usw.) seit einer Woche nur noch zeitweise erreicht? Geht das nur mir so? Hat da jemand nähere Informationen?

  2. 6. September 2007, 06:33 | #2

    Der Betreiber von Blogsport hat mächtige Probleme mit seinem Server bzw. seiner Datenbank. Sei es daß der wieder mal überlastet ist (es fing ja damit an, daß man „nur“ abends nicht mehr in die Blogs rein kam und http://comments.blogsport.de/, der Kommantarsammler ewig nicht mehr aktualisiert werden konnte), sei es daß der Server irgendwelche Macken hat. Mich wundert, daß du nicht wenigstens ein paar Mal entsprechende Fehlermeldungen bekommen hast, wenn du auf diese Seiten zugreifen wolltest. Im blogsport-chat wurde übrigens offensichtlich auch über die Situation gesprochen, wie ich den Fehlermeldungen entnommen habe.

  3. bilbo
    6. September 2007, 10:06 | #3

    Über Anonymus kommt als Fehler „Timeout“. Einmal hatte ich ne Fehlermeldung, dass der Server „Streicheleinheiten“ braucht. Weil das jetzt aber schon einige Zeit dauert, dachte ich, frag ich mal.

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