Home > (1) MG + GSP, (3) Fundstellen > Das Geld — Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons

Das Geld — Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons

10. Mai 2007

Der GegenStandpunkt Verlag wird in den nächsten Tagen ein Buch übers Geld herausbringen. Darauf wurde ja schon vereinzelt hingewiesen, so auch von ascetonym. Hier nur das Ende des Vorworts:

Um … die Aufmerksamkeit interessierter Zeitgenossen zu schärfen – also nicht, um Marx’ Ableitung des Geldes zu verbessern oder zu ersetzen –, hat das Autorenkollektiv, das den Gegenstandpunkt zu verantworten hat, schon in etlichen älteren Publikationen gegen den guten Ruf des Geldes polemisiert, in anderen Aufsätzen wichtige einzelne Argumente ausführlich dargelegt. Weil die geistige Lage der Nation, Linke und antikapitalistisch eingestellte Globalisierungskritiker eingeschlossen, nicht besser geworden ist, legen wir einige dieser Artikel in mehr oder weniger überarbeiteter Form wieder vor, ohne vor der Wiederholung zentraler Gedanken zurückzuschrecken – außer der Hoffnung, dass der eine oder andere Leser an einer Stelle merkt, was er an einer anderen überlesen hat, steckt keine tiefere Absicht dahinter. Der letzte Aufsatz über Das Geld des Staates geht über diesen Zweck einer Verständnishilfe für Marx’ ominöse „Arbeitswertlehre“ dann ein Stück hinaus: Er behandelt Dinge, die Marx in seinen Büchern über den Staat und über den Weltmarkt abgehandelt hätte, wenn er zu denen noch gekommen wäre.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf einen Blog hinweisen, auf den MPunkt vor einer Weile gestoßen war: Amelie Lanier Sie hat sich „mit der österreichischen Wirtschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts, vor allem mit dem Kreditwesen, der Geschichte der Banken, der Börse, der Wertpapiere.“ beschäftigt. So wie sie es macht, offensichtlich leider eine zumehmend brotlosere Zunft.

Kategorien(1) MG + GSP, (3) Fundstellen Tags:
  1. 10. Mai 2007, 13:52 | #1

    Dass im Untertitel ausgerechnet der antisemitisch konnotierte Begriff „Mammon“ Verwendung findet, zeigt erneut die Ignoranz des GSP gegenüber dem Problem des Antisemitismus von links. Deutscher Marxismus, auch wenn er sich gerne Hüter der Objektivität geriert, hat mit Emanzipation reichlich wenig zu tun.

  2. Neoprene
    10. Mai 2007, 14:22 | #2

    Das sollte man schon etwas niedriger hängen. Hier ein Satz aus dem Wikipädia-Eintrag zu „Mammon“, der das ausreichend beschreibt:

    Der Begriff ist aufgrund seiner Erwähnung in der Bibel bekannt (vgl. Matthäus 6,24: Niemand kann zweien Herren dienen. Entweder er wird einen hassen und den andern lieben, oder wird einem anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht GOtt dienen und dem Mammon.)

    Im Übrigen kommt deine noch verallgemeinernde These „Deutscher Marxismus, auch wenn er sich gerne Hüter der Objektivität geriert, hat mit Emanzipation reichlich wenig zu tun“ leider ganz ohne Argument daher. Sowas ist immer unbefriedigend. Denn was bringt es, wenn du dich einfach nur als jemand outest, der keinen „Deutschen Marxismus“ mag? Ich z.B. mag keine Opern.

  3. preismeier
    10. Mai 2007, 16:15 | #3

    Wenn man bedenkt, dass streifenstyles Marburger Kumpels neulich noch von der „deutschen Kameradschaft“ GS schwadroniert haben, dann ist „deutscher Marxismus“ ja geradezu ein (kleiner, aber immerhin) Schritt zurück aus der anti-deutschen Welt des Wahns! 🙂

  4. 10. Mai 2007, 21:15 | #4

    @preismeier: von „wahn“ zu sprechen ist eine billige Form der Pathologisierung. Die Polemik meiner „Marburger Kumpels“ [sic!] bezog sich auf eine antizionistische Veranstaltung des dortigen GSP-Kreises.
    @Neoprene: ich weiß nicht, was der Ausdruck „etwas niedriger hängen“ bezüglich der Gültigkeit von Kritik heißen mag. In dem von dir erwähnten Artikel findet sich auch der Verweis darauf, dass der Begriff „Mammon“ durch die Luther-Bibel ins Deutsche gelangte. Luther, der Juden mit den als negativ empfundenen Folgen der sich herausbildenen Zins-und Kreditwirtschaft identifizierte, verzichtete bewusst auf eine Übersetzung des Begriffs.
    „Mammon“ bzw „Mammonismus“ waren Schlagworte des sich radikalisierenden deutsch-völkischen Ressentiments gegen die kapitalische Moderne im 19.jh, dabei galt die Zirkulationssphäre als „jüdisch“.
    Wer als marxistischeR KritikerIn kapitaler Vergesellschaftung unkritisch solche Begriffe aus dem Vokabular des volkstümlichen „Antikapitalismus“ verwendet, kann sich höchstens noch auf die eigene Unbedarftheit berufen: jedoch steht die Ignoranz gegenüber einem fetischistischen Antikapitalismus bzw die Weigerung , diesen als Problem (gerade hierzulande) ernst zu nehmen, emanzipatorischen Absichten entgegen.

  5. Der Nörgler
    11. Mai 2007, 00:16 | #5

    @ Streifenstyle: Hälst Du es für möglich, dass er GSP solchen volkstümlichen „Antikapitalismus“ ironisierend zitiert? Kannst Du erklären, warum ausgerechnet die alten Antinationalisten vom GSP einem „deutschen Marxismus“ anhängen? Hast Du vielleicht auch eine inhaltliche Kritik auf Lager?

  6. 11. Mai 2007, 00:37 | #6

    @nörgler: „auf Lager“ habe ich keine inhaltliche Kritik. Wie du darauf kommst , dass der Untertitel eine ironische Pointe ,sprich:“gar nicht so gemeint“ sein soll, erschließt sich mir keineswegs. Und wenn die affirmative Verwendung eines Schlagwortes des regressiven, moralisierenden „Antikapitalismus“ dir nicht problematisch erscheint, dann ist das nicht mein Problem. Anstatt das ewige „das ist noch kein Argument“-Lamento anzustimmen, solltest du vielleicht mal deinerseits auf meine Argumentation eingehen.

  7. 11. Mai 2007, 09:15 | #7

    @ Nörgler:
    Nimm diese Typen nicht ernst. Allein die Beweisführung von streifi ist doch schon ein Witz in sich

    In dem von dir erwähnten Artikel findet sich auch der Verweis darauf, dass der Begriff “Mammon” durch die Luther-Bibel ins Deutsche gelangte. Luther, der Juden mit den als negativ empfundenen Folgen der sich herausbildenen Zins-und Kreditwirtschaft identifizierte, verzichtete bewusst auf eine Übersetzung des Begriffs.

    Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Weil Luther die Juden mit der Zirkulationssphäre identifizierte, hat er den Begriff Mammon nicht übersetzt… Das ist schon harsch. Was die Übersetzung eines Begriffs mit diesem Fehler, den der bzgl. der Juden zu tun hat – na auf die Begründung bin ich mal gespannt.
    Im übrigen ist es auch kein Argument dafür, bestimmte Begriffe zu unterlassen, dass andere politische Gruppen diese Begriffe und Bilder ebenfalls benutzen. Das kommt schon noch auf den Inhalt an, wie das verwendet wird. Nazis hetzen ja auch gg. Kapitalismus und Münte auch. Soll man’s deshalb – wo man eine ganz andere Argumentation verwendet – etwa sein lassen?! So ein Quatsch!

  8. 11. Mai 2007, 11:02 | #8

    Um doch noch mal was zu diesem Titel zu sagen:
    1. Im Untertitel wird auf die beiden Extreme des bürgerlichen Standpunkts zum Geld angespielt: Auf der einen Seite ist Geld eine saunützliche Sache, weil Tauschmittel, Zugangsmittel zu Lebensmitteln etc. Auf der anderen Seite sieht man aber irgendwie alles, sogar die von einem selbst als heilig empfundenen Sachen, dem Geld untergeordnet – selbst Liebe, Solidarität und Vaterland. „Schnöder Mammon“ steht für die Kritik, dass „jeder nur noch aufs Geld schaut“ und ist insofern moralisch, als der erfolgreiche Materialismus für die bemerkten Schädigungen (dessen, was ein Bürger eben gut findet) verantwortlich gemacht wird. Die Lösung ist dann folgerichtig der Verzicht, die Beschränkung der schrankenlosen Gier – entweder als hilfloser Appell, oder als schlagkräftige politische Bewegung. Die vermeintlichen Blutsauger auf eine Gruppe projezieren kann man in beiden Fällen (Antisemitismus).
    2. Wenn man den Geld als Mammon beschimpft, also es auch ein stückweit für die Gier der Leute verantwortlich macht, beißt sich das ja schon ein bischen mit dem Standpunkt, Geld sei eine segensreiche Einrichtung. Dieser Widerspruch kommt im Untertitel zum tragen: angeblich verdammt gute Sache, die andererseits aber immer das Böse im Menschen hervorbringt. Ja, was denn nu? Wenn man das Büchlein dann mal durchliest, wird man sehen, dass das Geld die vermeintlichen, von der VWL etc. unterstellten Leistungen gar nicht hervorbringt, dafür aber anderes leistet, was eine ganze Menge Leute zum Schaden gereicht, also deren erzwungenen Verzicht auch kritisiert, anstatt ihn einzufordern.
    3. Es ist ja schon so, dass man mit einer „Mammon!“-Kritik schnell beim Antisemitismus landen kann (zumal beim durchgesetzten Nationalismus & Rassismus) – aber was soll das einem, der so eine Kritik vertritt nun bringen? Entweder, er hat diesen Übergang nicht gemacht, dann fühlt er sich nicht angesprochen. Oder er hat ihn gemacht, dann ists für ihn wohl auch kein Schimpfwort. Wenn man schon „verkürzte Kapitalismuskritik“ angreifen will, dann muss man auch den Fehler offenlegen. Und nicht ein „Pfui!“ rufen, das den Gegner nicht trifft oder für ihn kein Pfui ist.
    Die Kritik, die tollen Einrichtungen des Kapitalismus würden nicht richtig funktionieren, greift der GSP regelmäßig an (siehe „‚Normaler‘ Kapitalismus am Beispiel NXP Böblingen: Werksschließungen und Entlassungen sind keinesfalls ein besonderes Merkmal sogenannter Heuschrecken“ von Theo Wentzke in der Jungen Welt vom 08.05.07). Und um nicht immer nur zu meckern bietet er ja auch eine Alternative: Was das Funktionieren der kapitalistischen Institutionen beinhaltet. Seit neuestem Aufklärung über eben diese verzwickte Sache, Geld.
    p.s. Extra für Dich nochmal der GSP zum Mammon (aus „Arbeit und Reichtum“(Fußnote 2 auf S. 6 des .pdf):

    Eine fundamentale Kritik an der „Kommerzialisierung aller Lebensbereiche“ kennt die bürgerliche Gesellschaft freilich auch. Die zielt entweder auf die Gesinnung der Leute, die sich in diesem System des Geldverdienens zu bewähren haben und weithin scheitern, reklamiert nämlich Bekenntnisse zu höheren Lebensmaximen als den wirklich verbindlichen – und als „Ordnungsprinzipien“ auch durchaus anerkannten – Forderungen des geldbezogenen Materialismus. Die Ablehnung des „Mammon“ will den Kommerz um einen moralischen Gestus ergänzen, mit dem der einzelne sich bescheinigt, ihm nicht „verfallen“ zu sein – die Wechselfälle einer marktwirtschaftlichen Existenz geben ihm reichlich Gelegenheit, die Stichhaltigkeit dieser ehrbaren Haltung zu beweisen. Typischerweise richtet sich diese „Kritik am Kapitalismus“ denn auch weniger an die Reichen, die sich Demonstrationen einer auf Edleres gerichteten Gesinnung leicht leisten können, als – Stichwort „Sozialneid“ – an Leute, die ihre Nöte zur Tugend des Verzichts verklären sollen.
    In ihrer anderen Variante will die Rüge für die „Alleinherrschaft des Geldes“ Sphären benennen, die dem „bloßen Kommerz“ entzogen werden sollten; um ihrer höheren Ansprüche und Angebote willen. Jedes derartige Plädoyer enthält also das Eingeständnis, daß die Marktwirtschaft auch alle höheren Güter wie Gott oder Liebe, Musik oder Gerechtigkeit, Dichtkunst oder Naturschönheit längst zur käuflichen Ware gemacht bzw. den Anforderungen des Geldverdienens unterworfen hat. Wie auch nicht? Diese Güterangebote aus den Bereichen der moralischen Notwendigkeit und des luxuriösen Tiefsinns sind mit den Grundsätzen der Erwerbsarbeit, von denen im folgenden die Rede ist, nicht besser und nicht schlechter vereinbar, haben im dafür gezahlten Geld kein weniger angemessenes Maß als jede andere Produktion oder Dienstleistung, an deren „kommerziellem“ Zweck niemand Anstoß nimmt. Und die Handelsvertreter des Höheren, die das beklagen, wissen das nicht nur: Ihr Antrag geht eindeutig dahin, wer in Sachen Sinn unterwegs ist, sollte wenigstens selber sorgenfrei leben können.

  9. 11. Mai 2007, 11:26 | #9

    @ Das geprüfte Argument: zunächst einmal ist es nötig, dich auf gewisse Umgangsformen hinzuweisen, die auch für brillante Logiker von deinem Format gelten sollten: kumpel mich nicht an , „streifi“ dürfen mich meine homies nennen , nicht du.
    „Was die Übersetzung eines Begriffs mit diesem Fehler, den der bzgl. der Juden zu tun hat“
    wenn du daraus einen verständlichen Satz formulierst, kann ichs dir gerne nochmal erklären.
    Welcher Fehler? der Übersetzungsfehler? der Fehler, Juden mit der Zirkulationssphäre zu identifizieren?!?!
    Und wenn du schon so hemdsärmelig darauf beharrst, dass man sich schließlich die Kapitalismuskritik nicht verbieten lassen solle: is gebongt. Nur sollte das in den Begriffen der Kritik der politischen Ökonomie geschehen und nicht mit dem Vokabular des volkstümlichen Ressentiments. Daher ist dein Verweis auf Münteferings Agitation auch ausgesprochen hilflos: Münte kritisiert nicht, er „hetzt“ [zitat von dir]. Das Vokabular, dessen er sich bedient, ist dem Inhalt seiner Argumentation durchaus angemessen.
    Weswegen die an der „Diskussion“ beteiligte GSP-Crew darauf besteht, die Verwendung eines saudummen Begriffes im Buchtitel zu verteidigen, ist mir schleierhaft. Anstatt auf das Problem der erwiesenermaßen, historisch nachweisbaren antisemitischen Konnotation einzugehen, kommt bspw von meinem Vorredner nur ein pseudo-prolliges „nimm diese Typen [sic!] nicht ernst“. Ganz schön weak.

  10. 11. Mai 2007, 11:54 | #10

    @ richard: danke für die schöne Antwort. Feedback folgt.

  11. 11. Mai 2007, 12:28 | #11

    Ich muss ja sagen, dass ich den Namen „streifenstyle“ ganz schön antisemitisch finde, weil er sich über die gestreifte Bekleidung der KZ- und Todelagerhäftlinge lustig macht.

  12. 11. Mai 2007, 13:01 | #12

    Weißt Du streifi, Du hast den Gehalt des Begriffs des schnöden Mammons nicht verstanden, weder in der Bibel, noch bei den Antisemiten.
    Der Gehalt: Es ist eine Schande, nur dem Gelderwerb zu dienen, statt einer viel höheren Sache. In der Bibel: Gott; bei den Antisemiten: dem Vaterland.
    Insofern sattelt der Antijudaismus eines Luther und der Antisemitismus der von Dir zitierten Leute da lediglich drauf. Eine „Konnotation“ aus dem Begriff des Mammons folgt schlicht nicht. Anders gesagt: Sprecher, die negativ vom schnöden Mammon reden würden auch Nicht-Juden dafür kritisieren, wenn diese nur ans Geld statt an höhere Werte. Ergo ist „antisemitische Konnotation“ schlicht falsch. Das wollte ich dir oben – zugegeben etwas umständlich – beim Luther beibiegen. Vielleicht hast Du es ja jetzt verstanden.
    Dass diese Sprache nun Titel das Buches ist, kommt eben auch von diesem Alltagsverständnis her. Denn die Moral gibt es ja immer noch, nicht nur ans Geld und den Gelderwerb zu denken. Und dafür, dass viele Leute sowas erzählen, haben diese staatlich ausgeteilten Zettel mit Zahlen drauf eine ganz schöne Bedeutung und Leistung. Das ist ein Widerspruch, der sich im Titel in einer Art Zynismus niedergeschlagen hat. Alles klar?

  13. 11. Mai 2007, 13:03 | #13

    Sprecher, die negativ vom schnöden Mammon reden würden auch Nicht-Juden dafür kritisieren, wenn diese nur ans Geld statt an höhere Werte.
    denken … musste es heißen.

  14. Der Nörgler
    11. Mai 2007, 17:38 | #14

    >>@nörgler: “auf Lager” habe ich keine inhaltliche Kritik. Wie du darauf kommst , dass der Untertitel eine ironische Pointe ,sprich:”gar nicht so gemeint” sein soll, erschließt sich mir keineswegs.>Und wenn die affirmative Verwendung eines Schlagwortes des regressiven, moralisierenden “Antikapitalismus” dir nicht problematisch erscheint, dann ist das nicht mein Problem. Anstatt das ewige “das ist noch kein Argument”-Lamento anzustimmen, solltest du vielleicht mal deinerseits auf meine Argumentation eingehen.

  15. Der Nörgler
    11. Mai 2007, 17:42 | #15

    Ach Mist, Blogsport hat meinen Kommentar zerschossen. Ich nehme alles zurück, behaupte das Gegenteil und verweise einfach auf Richard, der eigentlich das Nötige gesagt hat.

Kommentare sind geschlossen