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Zur Chavez-Euphorie

7. Mai 2007

Der letzte Jour fix des GegenStandpunkts in München fängt so an.

Am Ende des Artikels über Lateinamerika steht: ‘Die Linken hoffen auf Weltverbesserung und glauben eine andere Welt sei möglich’. Wie ist diese Kritik gemeint?
Zum einen: Wenn man Chávez als Hoffnungsschimmer bestimmt, ist das Anspruchsniveau für Hoffnung sehr niedrig. Klar: In einem Land, in dem es elend zugeht, ist schon ein warmes Essen ein Fortschritt. Aber wenn kritische Geister aus der 1. Welt, in der solche Sachen doch zu den Selbstverständlichkeiten eines normalen Lebens gehören, das als Hoffnungsschimmer bestimmen, dann ist das eigenartig. Zum andern: Wenn die Betonung auf ‘ist möglich’ liegt, ist die Verwirklichung in der Hoffnung noch nicht mal übermäßig eingeschlossen.
Dass man hierzulande sogar als Hartz-IV-Empfänger unter Verhältnissen lebt, die man für ein Land wie Venezuela als wünschenswert hinstellt, das ist ein Zeichen dafür, wo Macht und Reichtum zu Hause sind – das ist sogar noch an den Opfern abzulesen. Sich dann auf den Standpunkt der Möglichkeit einer anderen Welt zu stellen, die nicht daran abgelesen wird, was wir hier zustande bringen, sondern was unter besonderen Bedingungen (die im Artikel erläutert sind) ein wohlmeinender Präsident eines 3.-Welt-Landes zustande bringt; das ist so ein eigenartiger Blick auf die Welt. Sie machen die Möglichkeit von Veränderung ausgerechnet da fest, wo die bestimmenden Mächte dieser Welt nicht zu Hause sind, sondern in ihrer Peripherie tätig werden. Der Standpunkt sollte hier am Schluss vom Artikel angegriffen sein, mit der Bemerkung: Jetzt suchen sie sich mal wieder in der 3. Welt eine veränderungsmäßig hoffnungsstiftende Idylle. Wie viel Einverständnis mit der Welt, wie sie gemacht wird, darin liegt, wenn man die Kritik und die Chance auf Veränderung in der hinterletzten Ableitung des Imperialismus sucht und findet, das ist das Eigenartige.

Bei Theo Wentzke fängt das immer euphorischer an. Da braucht er schon mal ein kurzes Nachdenken um Chavez „Volksbefreiung“ vernünftigerweise dann doch als Versuch wieder zurückzunehmen.

Kategorien(1) MG + GSP, (3) Fundstellen Tags:
  1. Neues_Protok
    27. Juni 2018, 07:24 | #1

    [Noch ein neues Jourfixe-Protokoll zu Venezuela!]
    Protokoll zum Jour fixe vom 18.06.2018
    Der Niedergang des ‚bolivarischen Sozialismus‘ und seine Gründe (GS 2-18)
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/venezuela#section2
    „Venezuela“:
    Das Land war in der letzten Zeit öfter Thema in der öffentlichen Berichterstattung. Dort herrschen katastrophale Zustände, man hört Schilderungen über fehlendes Klopapier, keine Medikamente, Einkauf lebensnotwendiger Waren findet im Nachbarland Kolumbien statt, oder die Massen fliehen gleich dahin. Die politischen Auseinandersetzungen finden auf der Straße statt, Straßenschlachten mit Toten. Die ganze Wirtschaft liegt darnieder und es wird von ominösen Inflationsraten von 1000 % und mehr berichtet. Das ist in der Regel die eine Seite der Berichterstattung. Die andere Seite ist die standardmäßige Fortsetzung: ‚und das, obwohl Venezuela ein reicher Ölstaat ist‘. Welchen Schluss kann man aus der Art der politischen Kommentierung ziehen darauf, was in dem Land los ist?…
    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf180618-venezuela_1.pdf

  2. Neues_Protok
    10. Juli 2018, 21:29 | #2

    [Und noch ein weiteres aktuelles Jourfixe-Protokoll zu Venezuela!]
    Protokoll des jour fixe vom 02.07.2018:
    Venezuela 2 – Der Niedergang des ‚bolivarischen Sozialismus‘
    und seine Gründe (GS 2-2018)
    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf180702-venezuela_2.pdf
    —————–
    siehe auch den aktuellen GSP-Artikel dazu:
    Venezuela – Der Niedergang des ‚bolivarischen Sozialismus‘ und seine Gründe (GS 2-18)
    Venezuela hat einen nationalen Aufbruch eigener Art hinter sich. Der Artikel über den Niedergang des bolivarischen Sozialismus erhebt Einspruch gegen die westliche Hetze, gemäß der ausgerechnet der chavistische Versuch, Venezuela aus der Rolle des Öllieferanten für den amerikanisch dominierten Weltmarkt zu befreien, das Volk verarmt und dem Land die „Zukunft“ geraubt habe. Der dummen Allerweltsformel, dass da – wieder einmal! – ein „eigentlich reiches Land“ wegen falscher Politik ganz arm sei, setzen wir die Einsicht entgegen, dass „Öl“ kein Reichtum ist, sondern allenfalls in den kapitalistischen Metropolen zu einem solchen wird, nur dafür und für nichts anderes da ist und darum jeder Versuch der Umwidmung nicht nur in sich widersprüchlich ist, sondern von den kapitalistischen Weltmarktmächten als Verbrechen definiert wird, das sie zum Scheitern verurteilen.
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/venezuela

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