Revolutionäre Praxis und Karl Held
5. Mai 2007
Wenn man bei Google nach „Revolutionäre Praxis Karl Held“ sucht, kann man zwar schnell auf meinem Blog landen (und ich finde es dann in den Referern), aber den alten Kämpen bringt man nicht so leicht mit dieser Sorte Praxis zusammen, jedenfalls bei Google. Als ich daraufhin weitergesucht habe, auch wieder bei Google, bin ich auf folgendes nur noch antiquarisch erhältliche Buch gestoßen:
GAJO PETROVIC (HG.) Revolutionäre Praxis. Jugoslawischer Marxismus der Gegenwart.
Freiburg: Rombach, 1969, 1. Aufl., 286 S., OLn.-Band (ohne Schutzumschlag) (Sammlung Rombach NF, Bd. 3) Ins Deutsche übertragen von Karl Held.
Ist das der Karl Held gewesen, denn wir jetzt immer noch im Impressum des GegenStandpunkts finden können?
Kategorien(1) MG + GSP, (3) Fundstellen
Siehe auch hier.
Die Antwort kenne ich aber nicht.
find ich ja spassig! ich stand vor ner woche oder so vor derselben frage. kann aber leider kein licht in die sache bringen. wenn du irgendwas rausbekommst, wärs super wenn du das verlautbaren würdest (so rein neugierdehalber).
Karl Held ist von Haus her Slavist und hat sich damals auch ein wenig Geld durch Übersetzen verdient.
Seine Einleitung sowie die Fußnoten zu Rosa Luxemburgs „Nationalökonomie“ stellen vor allem klar, welche Fehler Luxemburg bei ihrer Marx-Wiedergabe macht und liefert die zutreffenden Marx’schen Ausführungen
Ist der Titel:
Bd.[21]: Luxemburg, Rosa: Einführung in die Nationalökonomie. Hrsg.: Karl Held. 1972. 199 S. (PN 32, RK 268) aus der Reihe
Texte des Sozialismus und Anarchismus
Untertitel: Philosophie der Neuzeit – Politik und Gesellschaft [Abk. hier: PN, mit fortl. Bandzählung]. Rowohlts Klassiker der Literatur und der Wissenschaft. Hrsg.: Ernesto Grassi unt. Mitarb. von Walter Hess [Abk.: RK, mit Taschenbuchnummer]
irgendwo online verfügbar? Oder wenigstens die angesprochenen Fußnoten?
Rosa Luxemburg: Einführung in die Nationalökonomie (Hamburg 1972)
Herausgegeben und eingeleitet von Karl Held
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
I
Die Bewegungsgesetze der kapitalistischen Produktionsweise setzen
sich hinter dem Rücken der Produzenten durch: An die Stelle be-
wußter Gestaltung des gesellschaftlichen Produktionsprozesses tre-
ten die verselbständigten Bewegungen der Waren und des Kapitals,
das Wertgesetz. Die Bildung des gesellschaftlichen Bewußtseins der
Menschen vollzieht sich an den Erscheinungsformen, die ihnen in
ihrer alltäglichen Praxis gegenübertreten: Sie handeln unter den
Zwangsgesetzen der Konkurrenz und erliegen – zunächst – deren
Schein.
Die historische Entwicklung des Kapitalismus erzeugt auf Grund
der Formbestimmungen der kapitalistischen Produktion jene Teilung
der körperlichen von der geistigen Arbeit, die dazu führt, daß die
«geistigen Potenzen des materiellen Produktionsprozesses» den Ar-
beitern «als fremdes Eigentum und sie beherrschende Macht» gegen-
übertreten. Diese Trennung der geistigen von der materiellen Pro-
duktion wirkt sich auch auf die sozialistische Bewegung aus: Das
Kapital erzeugt im materiellen Produktionsprozeß das Proletariat
als seine eigene Negation, bildet es zur Klasse heran, die in der
Lage ist, das Kapitalverhältnis aufzuheben. Im Bereich der geistigen
Produktion erzeugt es seine theoretische Negation: Die widersprüch-
liche Entwicklung der bürgerlichen Philosophie und Wissenschaft
konnte durch die Arbeit der Klassiker in die theoretische Analyse
der kapitalistischen Gesellschaft umschlagen und den wissenschaft-
lichen Sozialismus hervorbringen. Die Existenz der revolutionären
Klasse ermöglichte die Ausarbeitung der revolutionären Theorie.
Das Verhältnis von Arbeiterbewegung und wissenschaftlichem
Sozialismus bildet seitdem einen zentralen Gegenstand der Aus-
einandersetzung in allen Organisationen, die sich die Zerschlagung
des Kapitalismus zur Aufgabe gemacht haben.
Es gibt kaum eine Diskussion innerhalb von revolutionären Be-
wegungen, in der nicht die eine Seite der anderen den Vorwurf der
falschen Behandlung des Verhältnisses von Theorie und Praxis ge-
macht hätte. Zitate finden sich in hinreichendem Maße für den
der Theorie wie der Praxis; sie wurden ausgekramt und
der Gegenseite an den Kopf geschleudert. Meist münden sie in Aus-
sagen über die Potenz des Proletariats ein: Das LENINsche
Diktum vom Proletariat, das aus seiner eigenen Erfahrung der Wider-
sprüche des kapitalistischen Produktionsprozesses nur ein trade-
unionistisches Bewußtsein entwickeln könne, wird je nach Bedarf
8 EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
aufgegriffen oder fallengelassen. Will man die Relevanz der sozia-
listischen Intellektuellen und ihre Tätigkeit für den Kampf der
Arbeiterklasse hervorheben, hält man fest an der These, daß das
sozialistische Bewußtsein von außen in das Proletariat getragen wer-
den müsse. Glaubt man einen „Seminarmarxisten“ zu entdecken,
wirft man ihm vor, die „revolutionäre Praxis“ bedürfe seiner in-
tensiven Beschäftigung mit MARX nicht, der Praxis nämlich gebühre
die Priorität.
Nun beruht das Handeln der Menschen im Kapitalismus, wie
eingangs angedeutet, gerade auf der Bewußtlosigkeit bezüglich der
gesellschaftlichen Prozesse, die ihm zugrunde liegen. Revolutionäre
Praxis als Praxis, die die Aufhebung des Kapitalismus zum Ziel
hat, muß aber dessen Bewegungsgesetze zum Ausgangspunkt neh-
men, darf nicht bloß Reaktion auf die unmittelbare Erfahrung sein.
Die Überlegung, was denn nun der Grund für die erfahrenen Wider-
sprüche sei, muß also, will man revolutionär handeln, der Aktion
vorausgehen: Revolutionäre Theorie ist konstitutiv für revolutio-
näre Praxis. Die Analyse des Bestehenden liefert die Strategie für
den Kampf. Hierin liegt die Berechtigung für LENINS vielzitier-
ten Satz: «Ohne revolutionäre Theorie kann es keine revolutionäre
Praxis geben.»
II
Die Orientierung des Handelns der revolutionären Klasse an den
strategischen Einsichten, die sich aus der wissenschaftlichen Analyse
der gesellschaftlichen Bewegungen ergeben, wird in zweierlei Hin-
sicht zum praktischen Problem sozialistischer Organisationen: Einer-
seits beruht die Agitation in Betrieben und anderen gesellschaftlichen
Bereichen auf der Herstellung des Zusammenhangs von unmittel-
baren Erfahrungen der Adressaten mit dem kapitalistischen System,
andererseits müssen die bereits organisierten Arbeiter in der Orga-
nisation ausgebildet werden: Als bewußteste Vorkämpfer ihrer
Klasse fällt ihnen in den Tageskämpfen die Aufgabe zu, ihren
Klassenbrüdern den richtigen Weg des Kampfes klarzumachen. Die
Schulung von organisierten Arbeitern bereitete in den kommunisti-
schen Parteien stets besondere Schwierigkeiten: Die größeren Arbei-
ten von MARX und ENGELS sind für die Arbeiter, die der Kapitalis-
mus fast aller Bildungsmöglichkeiten beraubt, kaum verständlich.
Dennoch ist es der Inhalt dieser Werke, an dem sich die Arbeiter
orientieren müssen, wo sie sich Klarheit über praktische Ziele ihrer
Klasse verschaffen können. So empfand man es schon früh als
dringendes Bedürfnis, die grundlegenden Zusammenhänge des wis-
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS 9
senschaftlichen Sozialismus für Arbeiter gemeinverständlich darstel-
len zu können. Diesem Zweck dienten auch die Vorträge, die Rosa
Luxemburg an der sozialdemokratischen Parteischule hielt und die
1925 von PAUL LEVI herausgegeben wurden. Die Beurteilung der
Schrift und ihrer Nützlichkeit, die sie auch heute noch für Schulun-
gen haben kann, muß dies in Rechnung stellen. Wir werden uns
fragen müssen, inwiefern der Versuch der Popularisierung MARX-
scher Gedankengänge deren Gehalt klar herausstellt bzw. verfälscht.
III
Rosa Luxemburg hat eine erste Entscheidung damit gefallt, daß sie
an die Stelle der begrifflichen Ableitung die historische Darstellung
treten läßt. Nach einer kritischen Behandlung von Stilblüten der
bürgerlichen Ökonomie im ersten Kapitel* läßt sie eine ausführ-
liche Analyse von Gesellschaftsformationen folgen, die der kapita-
listischen vorhergehen bzw. neben ihr existierten. Der Sinn dieses
Vorgehens liegt offenbar darin, die falsche ‚Naturgesetzlichkeit‘
kapitalistischer Warenproduktion aufzudecken. Doch geht mit dieser
Vorgehensweise auch ein Nachteil Hand in Hand: Die Kategorien,
mit denen frühere Gesellschaftsformen analysiert werden, sind nicht
entwickelt; sie werden eingeführt, ohne erklärt zu werden. So an-
schaulich Rosa Luxemburg auch die Gestaltung der gesellschaftlichen
Produktion in primitiven Gemeinwesen vorzuführen vermag — die
Klarstellung der wesentlichen Unterschiede zur kapitalistischen Ge-
sellschaft bleibt dem Rückblick in die Geschichte vorbehalten, der
die logischen Vorformen des Kapitals in ihrer historischen Gestalt
aufspürt. Bei Verwendung dieser Kapitel in Schulungen und Arbeits-
kreisen wäre zumindest denen, die die Vorbereitung übernehmen,
die gründliche Lektüre jenes Passus in den zu em-
pfehlen, der von den «Epochen ökonomischer Gesellschaftsformation»
handelt. **
Ob die ausführliche Behandlung der wirtschaftsgeschichtlichen
Teile in Arbeiterschulungen überhaupt angezeigt ist, wäre zu fra-
gen. Auf alle Fälle werden aus den ersten beiden Kapiteln viele
Beispiele zu entnehmen sein, die – auch in einer am Aufbau des
orientierten Schulung – zur Veranschaulichung herange-
zogen werden können.
*In der vorliegenden Ausgabe nicht enthalten.
** MARX, , S. 375-415.
1O EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
IV
Problematischer ist schon das Kapitel ‚Warenproduktion» einzu-
schätzen. Auch hier versucht Rosa Luxemburg historisch vorzugehen:
Sie leitet die Charakteristika des Warentausches aus der Arbeits-
teilung ab. Deren Entwicklung setzt sie voraus, allerdings unter
Verhältnissen einer Gesellschaft mit «planmäßiger Organisation der
Arbeit». Anschließend stellt sie sich eine gesellschaftliche Verände-
rung vor, die diese planmäßige Organisation zum Verschwinden
bringt, um an ihre Stelle den Austausch von Arbeitsprodukten als
Waren treten zu lassen. Wenn sie nach Abschluß dieses Gedanken-
spiels schreibt:
«Unsere bisherigen Untersuchungen darüber, wie sich die Verhältnisse in
der kommunistischen Gemeinde nach dem plötzlichen Zusammenbruch des
gemeinschaftlichen Eigentums und des gemeinschaftlichen Arbeitsplans ge-
stalten würden, ist Ihnen als ein rein theoretisches Spintisieren und ein
Mit-der-Stange-im-Nebel-Herumfahren vorgekommen. In Wirklichkeit war
das nichts anderes als eine abgekürzte und vereinfachte Darstellung der
geschichtlichen Entstehung der Warenwirtschaft, die in ihren Grundzügen
streng der historischen Wahrheit entspricht.»,
so ist sie sich auch darüber im klaren, daß dies nicht voll zutrifft,
und laßt einige Korrekturen folgen. Doch können auch diese Korrek-
turen die anfängliche Schwäche der Darstellung nicht beheben, die
durch die – auch historisch – inkonsequente Analyse der Waren-
produktion entstand: Rosa Luxemburg beginnt die Analyse der
warenproduzierenden Gesellschaft mit dem Vergleich mit einer vor-
gestellten rational organisierten Gesellschaft:
«Um dem Bau des kapitalistischen Babelturms auf die Spur zu kommen,
stellen wir uns erst für einen Augenblick wieder eine Gesellschaft mit
planmäßiger Organisation der Arbeit vor.»
Hiermit verstößt sie gegen ein entscheidendes Moment der MARX-
schen Methode: Nicht ein Ideal und der Wunsch nach dessen Ver-
wirklichung liegt den Kämpfen der Kommunisten zugrunde, sondern
die widersprüchliche, über ihre Schranken hinausweisende Realität
des Kapitalismus:
«Der Kommunismus ist für uns nicht ein Zustand, der hergestellt werden
soll, ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten haben wird. Wir
nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zu-
stand aufhebt. Die Bedingungen dieser Bewegung ergeben sich aus der
jetzt bestehenden Voraussetzung.»*
* MARX, dann erweisen, wenn die Ware als «Elementar-
form» der kapitalistischen Ökonomie eingeführt ist.
V
Die Kategorie des Lohnes gewinnt im Klassenkampf eine zentrale
Bedeutung: Unter der Form des Arbeitslohnes erfährt der Arbeiter
den Austausch seiner Arbeitskraft mit dem Kapital. Seine Vorstel-
lungen über das Verhältnis seiner Klasse zum Kapital gründen weit-
gehend auf den Veränderungen, die sich an der Form und Größe
des Arbeitslohnes vollziehen.
Aus diesem Grunde hat R. L. auch den Arbeitslohn so ausführlich
behandelt. Doch sind hier einige kritische Anmerkungen nötig, ohne
die die Lektüre des Kapitels über das Lohngesetz eher Verwirrung
als Klärung schaffen kann.
Bei R. L. tauchen unter der Überschrift vier von-
einander zu trennende Teile der MARXschen Theorie auf:
– der Begriff des Mehrwerts wird eingeführt
– das Problem der Verwandlung von Wert bzw. Preis der Arbeits-
kraft in Arbeitslohn wird erörtert
– zugleich werden bereits Momente der Konkurrenz zwischen den
Arbeitern als Folge der Konkurrenz der Kapitale behandelt
– schließlich wird auch noch die sog. «ursprüngliche Akkumulation»
diskutiert ***.
PAUL LEVI hat bereits in seinem Vorwort zur Ausgabe von
1925 darauf hingewiesen, daß viele wichtige Teile des MARX-
schen Systems nicht in Betracht gezogen werden, was wahrschein-
lich auf die Unvollständigkeit des Manuskripts zurückzuführen ist.
* So in «Kapital* I, MEW 23, S. 92 f.
** Ein Beispiel für denselben Mangel bietet die großangelegte von E. MANDEL
*** Das Anschneiden dieses Punktes geht wohl auf den Charakter des
mündlichen Vortrages zurück. An sich gehört diese historische Fragestel-
lung in keiner Weise zur Behandlung des Arbeitslohnes.
12 EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
In Bezug auf das Kapitel wäre jedoch eher das Gegen-
teil festzustellen: R. L. hat hier, ohne die Abhängigkeit der behan-
delten Kategorien voneinander klar darzulegen, zuviel ausführen
wollen.*
Zum besseren Verständnis der Kategorie in der
MARXSchen Kritik der Politischen Ökonomie sollten deshalb – vor
der Lektüre des Kapitels über das Lohngesetz – der Sechste Abschnitt
in , Band I, sowie die Schrift über den Arbeitslohn (aus dem
handschriftlichen Nachlaß) konsultiert werden.**
Als allgemeinverständliche Einführung in den Problemkreis der
Politischen Ökonomie kann R. L.s Schrift auch heute noch gute Dien-
ste tun: Die Fragen, die sie aufwirft, erfahren allerdings ihre syste-
matische Behandlung nur im . Wenn die Lektüre der die Beschäftigung mit der MAEXschen Theorie – zu der ein
unmittelbarer Zugang kaum zu finden ist – bewirkt, hat die Schrift
ihren Zweck erfüllt.***
Karl Held
* Dies hat H. GROSSMANN (, S. 580) zu einer scharfen Kritik
veranlaßt, der wir in dieser Form nicht zustimmen können.
** MEW 6, S. 535-556.
„** Die auf den bruchstückhaften Charakter der zurück-
gehenden Mängel wurden durch die mangelhafte editorische Arbeit von
PAUL LEVI noch verstärkt. Der Kritik an LEVI, wie sie in der Rezension in
der Internationalen Presse-Korrespondenz für Politik, Wirtschaft und Arbei-
terbewegung (Wochenausgabe), 5. Jg., Nr. 30 (25. Juli 1925), S. 862 f,
geübt wird, ist grundsätzlich zuzustimmen. [K. H.]
ANMERKUNGEN DES HERAUSGEBERS
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHES I/II
1 Das erste Kapitel der Originalausgabe von 1925 (, Werke, Bd. 3.
4 Die Arbeit von MORGAN erschien 1877 bei MACMILLAN and Co. unter
dem Titel . Die wesentlichen
Ergebnisse dieser Studie hat ENGELS in nicht unmittelbar aus der ein-
fachen Warenzirkulation, sondern aus der Zirkulation G – W – G‘ ab-
geleitet, in der das Geld Ausgangspunkt und Endpunkt der Bewegung
darstellt und die Vermehrung des in die Zirkulation eingehenden Wer-
tes nicht aus dem Austausch von Äquivalenten erklärt werden kann;
vgl. I, 4. Kap. (: «l. auf der einen
Seite das Vorhandensein des lebendigen Arbeitsvermögens als bloß
subjektiver Existenz, getrennt von den Momenten seiner objektiven
Wirklichkeit; getrennt daher ebensosehr von den Bedingungen der le-
bendigen Arbeit wie von den Existenzmitteln, Lebensmitteln, Seibst-
erhaltungsmitteln des lebendigen Arbeitsvermögens; die lebendige
Möglichkeit der Arbeit auf der einen Seite in dieser völligen Abstrak-
tion; 2. der auf der anderen Seite befindliche Wert oder vergegenständ-
lichte Arbeit muß eine Akkumulation von Gebrauchswerten sein, hin-
reichend groß, um die gegenständlichen Bedingungen zu liefern nicht
bloß zur Produktion der Produkte oder Werte, nötig um das lebendige
Arbeitsvermögen zu reproduzieren oder zu erhalten, sondern um
Surplusarbeit zu absorbieren – das objektive Material für sie herzuge-
ben; 3. freies Austauschverhältnis – Geldzirkulation – zwischen beiden
Seiten; auf den Tauschwerten begründete – nicht auf Herrschafts- und
Knechtschaftsverhältnis gegründete – Beziehungen zwischen den Extre-
men; d. h. also Produktion, die nicht unmittelbar dem Produzenten die
Lebensmittel liefert, sondern durch den Austausch vermittelt ist und
sich ebensowenig unmittelbar der fremden Arbeit bemächtigen kann,
sondern sie vom Arbeiter selbst kaufen muß, eintauschen muß;.endlich
4. muß die eine Seite – die die gegenständlichen Bedingungen der
Arbeit in Form von selbständigen, für sich seienden Werten darstellt –
als Wert auftreten und Wertsetzung, Selbstverwertung, Geldschaffen als
letzten Zweck betrachten, – nicht unmittelbaren Genuß oder Schaffen
von Gebrauchswert.» (MARX, zum «politischen» Kampf, die häufig einander un-
vermittelt gegenübergestellt werden. Heute äußert sich dieser Kampf in
Forderungen, die sich nicht nur auf die Höhe des Lohnes beziehen,
sondern sich gegen die kapitalistischen Formen der Arbeitsproduktivität
richten.
9 Leider geht R. L. auf die Gründe, die die bürgerlichen Ökonomen un-
fähig machen, das zu erkennen, nicht ein. Die Form des
Arbeitslohnes setzt den Agenten in der kapitalistischen Produktions-
weise spezifische Hindernisse für die Entschlüsselung entgegen: «Auf
dieser Erscheinungsform, die das wirkliche Verhältnis unsichtbar macht
und grade sein Gegenteil zeigt, beruhn alle Rechtsvorstellungen des
Arbeiters wie des Kapitalisten, alle Mystifikationen der kapitalisti-
schen Produktionsweise, alle ihre Freiheitsillusionen, alle apologetischen
Flausen der Vulgärökonomie.» («Kapital* I, 562) Auf diesem Versäum-
nis scheinen überhaupt die Mängel ihrer Darstellung zu beruhen. Vgl.
dazu unsere Ausführungen in «Einleitung des Herausgebers>.
10 Hierzu sind vor allem zu konsultieren: «Kapital* I, Kap. 24: III, Kap. 20: «Geschichtliches über
das Kaufmannskapital>; «Grundrisse der Kritik der Politischen Ökono-
mie*, 3.363-374.
DIE TENDENZEN DER KAPITALISTISCHEN WIRTSCHAFT
11 Hier erliegt R. L. dem gleichen Mißverständnis über den Gegensatz von
Produktion und Markt im Kapitalismus, das auch für ihre Imperialis-
mustheorie bestimmend geworden ist. Vgl. dazu die Ausführungen bei
R. ROSDOLSKY, H, GROSSMANN und T. KOWALIK.
199
BIBLIOGRAPHIE
Eine vorzügliche Bibliographie zu R. Luxemburg findet sich in der Biogra-
phie von PETER NETTL: Rosa Luxemburg, Köln-Berlin 1967.
In dem bereits in der vorliegenden Reihe erschienenen Band von Schrif-
ten R. Luxemburgs hat SUSANNE HILLMANN eine Auswahlbibliographie
zusammengestellt.
An dieser Stelle seien lediglich einige Schriften genannt, die auf die
ökonomische Theorie von R. Luxemburg kritisch eingehen:
GROSSMANN, H., Das Akkumulations- und Zusammenbruchsgesetz des
Kapitalistischen Systems. Frankfurt 1970
-, Aufsätze zur Krisentheorie. Frankfurt 1971
KOWALIK, T., Die ökonomische Theorie R. Luxemburgs (poln.). Warszawa
1963
LUKACS, G., Geschichte und Klassenbewußtsein. Berlin 1923
OELSSNER, F., Rosa Luxemburg. Eine kritische biographische Skizze. Berlin
1951,^1952
ROSDOLSKY, R., Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen . Frank-
furt 1968 (insbesondere Kap. 30)
THALHEIMER, A., Die theoretische Arbeit Rosa Luxemburgs. In: Die Inter-
nationale, Jg. 2, Heft 19/20, Febr. 1920