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Update zur GegenRede von Freerk Huisken zum Fall Guttenberg

23. Februar 2011

Freerk Huisken hat seine GegenRede zum Fall Guttenberg nochmal überarbeitet („Habe … Text … noch mal überarbeitet: Sortiere jetzt genauer zwischen Geist und Materie und dem Eigentumscharakter von beidem.“
Er ist jetzt als PDF bei ihm abrufbar. Hier gespiegelt:
Der Fall Guttenberg: Geistiges Eigentum oder der Unfug der Privatisierung von Erkenntnis

Wer von den Kritikern und Spöttern, die sich über die Plagiate in der von K.F.von Guttenberg vorgelegten Dissertation hermachen, weiß eigentlich wie die Arbeit betitelt ist?(1) Wer kennt die Thematik, wer hat zwecks inhaltlicher Auseinandersetzung einen Blick in die leicht per Internet zugängliche Doktorarbeit geworfen? Und wer von denen hat sich die Mühe gemacht, die Thesen dieser Arbeit einmal getreu dem Motto des Verlags, bei dem die Dissertation neu publiziert worden ist, zu überprüfen: Vincit veritas – die Wahrheit siegt?
Natürlich sind das rhetorische Fragen. Wer auf Plagiatssuche ist, wer fehlenden An- und Ausführungszeichen, unterlassenen Fußnoten mit Quellenangaben auf der Spur ist, muss das nicht. Dem geht es um etwas anderes als um die Frage, inwieweit die vom Verteidigungsminister abgelieferte Arbeit neue und zutreffende Erkenntnisse geliefert hat. Der prüft vielmehr, ob sie auch den „strengen Standards wissenschaftlichen Arbeitens” entspricht, von denen Professoren in der SZ vom 22.2. berichten. Und zu denen gehört nun einmal der Unfug mit dem geistigen Eigentum. Doch was ändert es eigentlich an einem zu Papier gebrachten Urteil über einen verfassungsrechtlichen oder sonstigen Sachverhalt, wenn er aus einer Mischung von Selbsterdachtem und bereits publizierten Gedanken besteht – und zwar ohne dass der Erstdenker des übernommenen Gedankengebäudes genannt worden und die Quelle minutiös nachgewiesen worden ist? Am inhaltlichen Urteil ändert das nichts. Es kann wahr oder falsch sein. Mit der Angabe der Quelle oder ihrer Unterlassung wird ja der Gehalt der übernommenen Passage sachlich gar nicht verändert. Überdies kommt kein Schreiberling um die Beantwortung der Frage herum, ob eine Textstelle, auf die er sich berufen will, wenigstens so weit stimmig ist, dass sie zum eigenen Argumentationsgang passt. Davon kann keine Quellenangabe entbinden. Die Differenz zwischen denken und nachdenken, d.h. die Gedanken anderer zu überprüfen, hebt sich auf; der Fremdtext ist wie jeder eigene Gedanken zu prüfen. Es kommt nur darauf an, dass sie stimmen – sollte man wenigstens meinen.
Doch mit den im akademischen Wissenschaftsbetrieb brutal eingeforderten Zitataufweisen und Quellenangaben, ändert sich schon etwas.(2) In der Zuordnung von Gedanken zu seinem jeweiligen Erstschöpfer, der Wissenschaftlerperson äußert sich die Personalisierung und Privatisierung von Erkenntnis. Dies hat Konsequenzen: An die Stelle der Prüfung von wissenschaftlichen Urteilen tritt dann schon mal der Autoritätsbeweis. Da werden Kant und Habermas, Hegel und Popper, Keynes, M.Weber und andere sogenannte Giganten des Geisteslebens weniger deswegen zitiert, weil ihre Theorien jeder kritischen Überprüfung standhalten würden und sich deswegen auf ihnen aufbauen ließe. Sie als Quelle zu benennen soll den Schreiber vielmehr als jemanden ausweisen, der die gültigen Geistesgrößen studiert hat, und der bereits darüber den Bonus kassieren kann, im Fahrwasser dieser wissenschaftlichen Riesen, mithin auf richtigem Kurs zu segeln. Da ersetzt dann der gute Name so eines Wissenschaftlers die Prüfung seiner theoretischen Absonderungen.
Das bedeutet umgekehrt, dass sich derjenige, der als erster eine bestimmte These publiziert hat, als ihr Erfinder rühmen darf. An ihm hängt sie ein für alle mal dran, mit seinem Namen ist sie verbunden, von der Größe seiner Person zeugt sie – wenn sie etwas gilt.(3) Und wer sie nach ihm benutzt, hat das Copyright des Erstverfassers zu beachten, ihm als Urheber einer Theorie die entsprechende Referenz zu erweisen. Darauf hat er ein Recht. Und das kann er sogar einklagen. Erkenntnis wird auf diese Weise mit Hilfe der staatlichen Rechtsprechung wie ein Eigentum seines Autors behandelt. Die Erkenntnis darf zwar – wenigstens im Bereich der Geisteswissenschaften -benutzt, sozusagen ausgeliehen werden, sie „gehört” aber weiterhin dem Erstermittler. Deswegen können Plagiate, also nicht mit dem Hinweis auf die Quellperson gekennzeichnete Textpassagen auch Strafen nach sich ziehen: die Aberkennung des akademischen Titels oder für den Fall, dass ein Eid gebrochen worden ist(4), sogar Haftstrafen.
Verlangt ist in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften also etwas anderes als offenen Fragen aus dem Bereich von Politik und Ökonomie, Recht und Familie, Staatsformen und Rassismus etc. mit der Absicht nachzugehen, sie einer zutreffenden Klärung zuzuführen und damit das richtige Wissen über Gesellschaft zu erweitern. Da ist zum einen der Kotau vor den Großen der jeweiligen Disziplin verlangt. Ihnen hat man durch ausgewiesene Bezugnahme auf ihr Werk zu huldigen. Das darf durchaus auch schon einmal kritisch ausfallen, wobei die Grenzen des wissenschaftlichen Pluralismus und seine Logik – „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!” – zu beachten sind. Zum anderen kommt es gerade umgekehrt auf Originalität im Wissenschaftsbetrieb an. Verlangt werden gerade von Dissertationen neben allen Devotionalien mutige, von Kreativität zeugende neue Hypothesen, Ansätze und Modelle, die ohnehin niemand im akademischen Reich mit richtigen Gedanken verwechselt. Aber genau deswegen bedarf es der albernen Prüfung, inwieweit ein formulierter Gedanke nicht bereits einen Eigentümer hat, der unbedingt benannt werden muss.
Dass diese Prüfung mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden ist – deswegen ist von „strengen Standards” die Rede – liegt daran, dass wissenschaftliche Erkenntnis, sei sie richtig oder falsch, ein geistiges und kein materielles Ding ist. Gegenständliche Güter – etwa ein Fahrrad, die Stereoanlage oder eine PC – lassen sich eben zu einer Zeit immer nur von einer Person benutzen. Dass der jeweilige Benutzer hierzulande der Eigentümer zu sein hat, liegt allerdings nicht an der materiellen Qualität von Gebrauchsgegenständen. Die rechtliche Absicherung einer Verfügung über Produkte, die andere solange von ihrem Gebrauch ausschließt, bis sie die (Geld-)Interessen des Eigentümers bedienen, ist die Absicherung eines ganzen Produktionsverhältnisses, in welchem Produkte überhaupt nur als Waren das Licht der Welt erblicken. Deswegen ist in der hübschen Marktwirtschaft die Benutzung jedes materiellen Guts an Eigentumsübertrag gebunden, mit dem den Interessenten, die nur als personifizierte Kaufkraft von Interesse sind – egal ob sie es nötige Geld haben und egal, wie schwer sein Verdienst auch fällt -, erst nach dem Austausch von Geld und Ware die freie Verfügung über das Produkt, das nun ihr Eigentum sind, gestattet wird. Bei Gedanken verhält es sich anders: Sie sind – einmal publiziert – allgemein zugänglich, und verwendbar. Da bedarf es nicht des Händewechsels, um sich seiner zu bedienen. Diese Zeilen etwa kann sich der Leser aneignen, ohne dass ihr theoretischer Gehalt dadurch aus meinem geistigen Arsenal verschwände; nicht einmal blechen muss er dafür! Geistiges Gut kann eben im Unterschied zu materiellen Gütern zur gleichen Zeit von vielen angeeignet und verarbeitet werden, weil es beliebig zu vervielfältigen ist. Mit der Etablierung von geistigem Eigentum(5) wird dieser immense Vorteil geistiger Güter glatt zu ihrem Nachteil erklärt. Und Erkenntnis, die einmal ersonnen überall und zu jeder Zeit und von jedermann an zueignen und zu benutzen ist, ohne dass sie damit dem ursprünglichen Entdecker verloren geht, wird rechtlich in den ökonomischen Kategorien des gegenständlichen Eigentums gefasst. So absurd und so skandalös das ist – ihrer Natur nach allgemeine Erkenntnis wird so seiner allgemeinen und damit allgemein nützlichen Natur beraubt -, so hat es doch seine kapitalistische Räson. Die wird besonders in den Naturwissenschaften deutlich, aber eben nicht nur dort.
Beim Dr.-Titel, dem Staatsexamen oder jedem anderen universitären Grad handelt es sich in erster Linie um Mittel in der und für die akademische(n) Konkurrenz.(6) Nur deswegen wird aus der nicht gekennzeichneten Abschrift einer Textpassage aus einem vorliegenden Werk, die dem „Plagiator” vielleicht nur schlicht eingeleuchtet hat, ein Vergehen, ein unzulässiger Konkurrenzvorteil, der mit Rückstufung in der Konkurrenz oder gar Ausschluss aus ihr geahndet gehört. Der Ruf des Abschreibers ist auf jeden Fall ruiniert. Was dem sachlichen Gehalt nach gar nicht vom Selbsterdachtem zu unterscheiden ist, wird dann per besonderer Fahndung(7) nach sprachlicher und stilistischer Übereinstimmung von Textpassagen als Diebstahl ermittelt – das geht nicht anders, denn dem ursprünglichen Verfasser ist ja durch die Abschrift nichts abhanden gekommen. Wenn sich jetzt Professoren in offenen Briefen und TV-Statements um das Niveau des akademischen Betriebs sorgen(8), dann gilt diese ihre Sorge allein der Sicherung dieser Standards ihres Konkurrenzbetriebs. In ihren Olymp darf nur dem Einlass gewährt werden, der ihre geistige Autorität achtet und in jenen Maßen Originalität aufzuweisen hat, wie sie von einer Dissertation erwartet wird, mit der die jeweilige Disziplin „um neue Gesichtspunkte”, um einen „Beitrag zum Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnis” erweitert werden soll.(9) Ob der da Jahr für Jahr angelieferte Geistesmüll zutreffende neue Einsichten in gesellschaftliche Phänomene einhält, steht nicht zur Debatte. Wie auch!
Für die Naturwissenschaften gilt all dies einerseits ebenfalls, andererseits schlägt hier die kapitalistische Konkurrenz mit ihrer Eigentumslogik ungleich härter zu. In der Kategorie des Patents, das durch eine ganze Rechtsabteilung definiert und geschützt wird, fasst sich der Versuch von Unternehmen zusammen, sich die Benutzung neuer, Gewinne versprechender Entdeckungen und Erfindungen ausschließlich, d.h. gegen die Konkurrenz zu sichern. Auf diese Weise werden nützliche naturwissenschaftliche Erkenntnisse – die übrigens und ganz im Gegensatz den gesellschaftswissenschaftlichen Forschungsresultaten nur dann anwendbar sind, wenn sie stimmen – um ihre allgemeine Anwendbarkeit gebracht und ganz dem Kapitalinteresse an Vermehrung von Geld durch Entwicklung neuer Produkte und neuer Verfahren zur Steigerung der Produktivität des Unternehmens subsumiert. Der Betrieb, der als erster ein neues Antriebssystem, einen noch schnelleren Prozessor oder ähnliches auf den Markt bringt, kassiert im Verhältnis zur Konkurrenz Extraprofite, schafft damit Konkurrenzverlierer – nebst all dem, was an menschlichem Elend an der Schließung von Unternehmen hängt. Daraus ergibt sich umgekehrt, dass hierzulande keine neue naturwissenschaftliche Entdeckung praktisch nutzbar wird, wenn sich nicht ein Kapital findet, das in ihr eine neue Gewinnquelle sieht. Die Frage, ob so eine Entdeckung den Menschen nützen könnte, ihr Leben gesünder, die Arbeit leichter oder ihre Freizeit länger machen könnte, ist kein das Kapital umtreibender Gesichtspunkt. Und so ein Kapital findet sich nur, wenn die – wenigstens vorübergehend – exklusive Nutzung von Wissen als Patenteigentum gesichert ist. Naturwissenschaft im Kapitalismus wird nach Rechtskategorien per Staatsgewalt ganz dem Eigentum an Kapital nützlich gemacht. Und in der Fabrik werden die Produkte von Naturwissenschaft in ihrer vergegenständlichten Form als Maschinen und Automaten dafür hergenommen, immer mehr Arbeit für immer weniger Geld aus immer weniger Arbeitskräften herauszupressen. Deswegen stellen Naturerkenntnis und Technologie hierzulande keinen Segen, sondern umgekehrt in ihrer privatisierten Kapitalform einen Schaden für den einkommensabhängigen Teil der Menschheit dar.
Um all das geht es beim Plagiieren. Und nichts davon wird zum Thema, wenn sich die Menschheit einerseits um Glaubwürdigkeit ihres strahlenden Kriegsministers und andererseits um die Seriosität ihres akademischen Konkurrenzbetriebs sorgt.
1) ”Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU”, Berlin 2009
2) Studierende, die in ihren wissenschaftlichen Arbeiten Passagen nicht „belegt” haben, werden von ihren Professoren nicht selten mit der Frage konfrontiert, woher sie denn diese Gedanken hätten. Der Hinweis, sie hätten sich erlaubt, einmal selbst nachzudenken, wird als unwissenschaftlich zurückgewiesen. So etwas steht Studierenden nicht zu. Man denke diese geforderte geistige Entmündigung einmal zu ende: Wenn ein Gedanke nur gelten würde, wenn er sich über zuvor bereits Gedachtes absichert hat, dann würden schwerlich neue Gedanken auf die Welt kommen können.
3) Da gibt es dann den Kant’schen Imperativ, Habermas‘ Theorie des kommunikativen Handelns, Luhmanns Systemtheorie usw.
4) Bei der Vorlage von Prüfungsarbeiten aller Art muss in der Regel beeidet oder erklärt werden, dass alle fremden Quellen gekennzeichnet worden sind.
5) Ausgerechnet an der Uni Bayreuth, an der Guttenberg promoviert hat, gibt es einen Lehrstuhl, der sich mit geistigem Eigentum befasst; besetzt von einem Professor, der eine Zeitschrift gleichen Namens heraus gibt. (SZ, 23.2.)
6) Bei Guttenberg ist der Titel Mittel, um sein Renommee zu heben: Sein kometenhafter politischer Aufstieg, darf man denken, verdankt sich nicht allein dem Adelsprädikat, sondern auch seinem schlauen Kopf..
7) Siehe die gut dokumentierte Arbeit von „GuttenPlag.Wiki”, die diesen Wahnsinn zur Methode macht.
8) So mancher von ihnen wird sich allerdings mit Beklemmung fragen, wann man ihm auf seine Schliche kommen wird.
9) So in etwa lauten Qualitätskriterien für Dissertationen.
PS 1: Guttenberg wird hier natürlich nicht verteidigt. Seine Dissertation, für die er sich inzwischen „entschuldigt” hat und auf dessen Dr.-Zierrat er verzichtet, wollte nun wirklich nicht mit ausufernder Abpinselei die Maßstäbe des herrschenden Wissenschaftsbetriebs kritisch aufs Korn nehmen. Wie auch: Ist er doch oberster Chef jener nationalen Behörde, die mit Krieg am Hindukusch kapitalistisches Privateigentum und Konkurrenzwirtschaft verteidigt.
PS 2: Der vorstehende Text beansprucht wie alle anderen GegenReden kein Copyright. Wem er einleuchtet, der soll ihn benutzen wie er mag. Wem er nicht einleuchtet, der soll sich melden bei: info@fhuisken.de. Denn so unwichtig bis störend beim Vortrag von einem Argument der Verweis auf den Autor ist, so interessiert es diesen doch, wenn ihm jemand einen Fehler in seinen Gedanken aufzeigt.

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  1. 23. Februar 2011, 14:29 | #1

    Wenn Freerk jetzt ausführlicher Stellung nimmt:

    „Ge­gen­ständ­li­che Güter – etwa ein Fahr­rad, die Ste­reo­an­la­ge oder eine PC – las­sen sich eben zu einer Zeit immer nur von einer Per­son be­nut­zen. Dass der je­wei­li­ge Be­nut­zer hier­zu­lan­de der Ei­gen­tü­mer zu sein hat..“

    dann schein mir das immer noch zu grob zu sein: Gerade bei langlebigen und teuren Gebrauchsgegenständen (PKWs vor allem) vor allem aber bei Grund und Boden, Gebäuden, Läden und Wohnungen sind doch die Benutzer zunehmend weniger auch die Eigentümer, da wird gemietet und geleased was das Zeug hält. In der Arbeiterklasse sowieso, die konnte sich vor allem noch nie die Wohnungen kaufen, in denen sie wohnten (jedenfalls in Deutschland, in anderen Ländern mit schäbigeren Häusern ging das schon eher), aber zunehmend auch bei Kapitalisten. Sale and lease back ist doch ein breiter Trend der letzten Jahre. Selbst die Deutsche Bank hat ihre Frankfurter Zwillingstürme schon längst an irgendwelche Fonds verscherbelt, Karstadt hatte schon vor der Insolvenz gar keine „eigenen“ Kaufhäuser mehr, um nur zwei bekannte Beispiele aufzuzählen.

  2. Krim
    23. Februar 2011, 15:02 | #2

    „Deswegen ist in der hübschen Marktwirtschaft die Benutzung jedes materiellen Guts an Eigentumsübertrag gebunden, mit dem den Inter­essenten, die nur als personifizierte Kaufkraft von Interesse sind – egal ob sie es nötige Geld haben und egal, wie schwer sein Verdienst auch fällt –, erst nach dem Austausch von Geld und Ware die freie Verfügung über das Produkt, das nun ihr Eigentum sind, gestattet wird.“ Den Satz muss man fünf mal lesen, weil er so verschachtelt ist. „das nun ihr Eigentum sind,“ Eigentlich müsste es heißen „das nun ihr [der Interessenten] Eigentum i s t,“ oder? Würde den Satz aber eh ganz streichen.
    „2) Studierende, die in ihren wissenschaftlichen Arbeiten Passagen nicht „be­legt” haben, werden von ihren Professoren nicht selten mit der Frage kon­frontiert, woher sie denn diese Gedanken hätten. Der Hinweis, sie hätten sich erlaubt, einmal selbst nachzudenken, wird als unwissenschaftlich zurück­gewiesen. So etwas steht Studierenden nicht zu. Man denke diese geforder­te geistige Entmündigung einmal zu ende: Wenn ein Gedanke nur gelten würde, wenn er sich über zuvor bereits Gedachtes absichert hat, dann wür­den schwerlich neue Gedanken auf die Welt kommen können.“ Genau!

  3. 23. Februar 2011, 15:26 | #3

    Nochmals: Nein, im Kapitalismus ist „die Benutzung jedes materiellen Guts“ gerade *nicht* ausschließlich an Eigentumsübertrag gebunden, sondern unterliegt einer ganzen Bandbreite von Rechtsinstituten, die regeln, wie „frei“ die Verfügungen des tatsächlichen Benutzers sein dürfen, dafür gibt es z.B das schöne Institut der „Sicherungsübereignung“, wo die Bank, die z.B. das Auto per Kredit finanziert hat, der Eigentümer ist, obwohl natürlich der Bankkunde mit dem Teil rumfährt, aber eben nur als (faktischer) Besitzer und nicht als (juristischer) Eigentümer. Die Bank hat ein Pfandrecht, obwohl sie eigentlich gar kein Pfand in der Hand hat, denn der Wagen steht ja beim Kunden und nicht im Keller der Bank.

  4. 23. Februar 2011, 22:46 | #4

    Der „Fall Guttenberg“ hat mit geistigem Eigentum nichts zu tun. So ist auch bei der Freien-Software- und Freier-Kultur-Bewegung, wo das „geistige Eigentum“ meist explizit zurückgewiesen wird, die Attribution, also die Anerkennung der Beiträge anderer, selbstverständlich und wird praktisch universell praktiziert. Bei den Creative Commons Lizenzen wird sie von sogar von der Lizenz gefordert, bei Freier Software gehört sie einfach zum guten Ton. Zusammenarbeit unter Peers funktioniert auch nur so, denn wenn einer die Beiträge anderer als seine eigenen ausgeben würde, würde er die anderen mit Sicherheit verprellen.
    Und für die Wissenschaft gilt dasselbe. Nicht umsonst gibt es das Schlagwort vom Wissenskommunismus, das sich auf die Selbstverständlichkeit bezieht, mit der man in der Wissenschaft auf den Erkenntnissen anderer nicht nur aufbauen darf, sondern aufbauen soll. Das funktioniert aber überhaupt nur deshalb, weil die Quellen, genau wie bei Freier Software, kenntlich gemacht werden. Denn die Angabe von Quellen ermöglicht die „Rückwärtssuche“ nach anderen interessanten Texten, die sich schon vorher mit ähnlichen Ideen beschäftigt haben. (Und ergänzend ermöglichen Tools wie Citeseer dann die Vorwärtssuche nach Texten, die eine Idee aufgreifen und weiterentwickeln).
    Klar ist am wissenschaftlichen Titel-/Reputationswahn insbesondere in seiner modernen Ausprägung „ich muss möglichst viel publizieren und möglichst oft zitiert werden“ (denn solche quantitativen Kriterien werden stupide für Evaluationen verwendet) viel zu kritisieren, aber das mit der notwendigen Kritik am geistigen Eigentum in einen Topf zu werfen und Guttenberg zu verteidigen (was der Autor natürlich, ob er will oder nicht, doch tut) halte ich für ganz falsch.
    Ergänzend: Für die Literatur gelten wiederum andere Spielregeln, daher würde ich z.B. den „Fall Hegemann“ anders bewerten. (Ganz abgesehen davon, dass da nur wenige Zeilen plagiiert wurden, und die auch noch mit deutlichen Variationen, und nicht dutzende von Seiten.)

  5. Krim
    24. Februar 2011, 12:56 | #5

    „Selbstverständlichkeit bezieht, mit der man in der Wissenschaft auf den Erkenntnissen anderer nicht nur aufbauen darf, sondern aufbauen soll.“

    Was hat denn Erkenntnis mit Quellen zu tun. Man baut doch nicht auf Erkenntnis auf, indem man eine Quellenangabe macht. Man baut auf Erkenntnis auf, indem man ein Argument prüft, also inhaltlich beurteilt, und es dann verwirft oder übernimmt.

  6. Julius
    25. Februar 2011, 11:13 | #6

    Selten so einen Müll gelesen. Alleine schon der Vergleich zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Patenten ist abstrus: Beim wissenschaftlichen Arbeiten geht es eben gerade nicht darum, anderen eine Ressource vorzuenthalten, im Gegenteil: Jeder Wissenschaftler freut sich, wenn seine Arbeiten von anderen aufgegriffen und weiterentwickelt werden — natürlich nur, wenn korrekt zitiert wird.
    Und dieses Zitieren ist wichtig: Es erlaubt dem Leser, einen Gedanken / ein Modell / eine Theorie (was auch immer) über mehrere Stationen zurückzuverfolgen. Durch Zitate werden Arbeiten miteinander in Beziehung gesetzt: Wenn ich mich in ein neues Thema einarbeiten möchte, suche ich mir eine gute Arbeit X als Ausgangspunkt und bekomme damit gleich ein Bündel an verwandten Arbeiten im Quellenverzeichnis mitgeliefert. Dann kann man sich auch Papers anschauen, welche auf dieser Arbeit X basieren und schauen, wie die Ideen von anderen Leuten weiterentwickelt wurden. Wie soll das denn ohne Quellenangaben funktionieren?
    Noch wichtiger aber ist, dass man durch Quellenangaben Arbeiten leichter überprüfen kann. Angenommen, es gibt 50 Arbeiten, die sich alle auf eine These von Arbeit X stützen, die sich nach Jahren aber als falsch erweist. Mit den Quellenangaben würde ein informierter Leser sofort wissen, dass die 50 Arbeiten vermutlich auch nicht korrekt sind. Wie soll das ohne Quellenangaben funktionieren?
    Ich habe den Eindruck, hier schreibt jemand abstruses Zeug über ein Thema, ohne wirklich Ahnung von wissenschaftlichem Arbeiten zu haben.

  7. 25. Februar 2011, 11:38 | #7

    „Ich habe den Eindruck, hier schreibt jemand abstruses Zeug über ein Thema, ohne wirklich Ahnung von wissenschaftlichem Arbeiten zu haben.“

    Das ist doch unehrlich. Julius weiß doch wie jeder andere hier auch, daß Freerk Huisken einerseits ein „ehemaliger Hochschullehrer für Politische Ökonomie des Ausbildungswesens am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Universität Bremen“ ist andererseits eben auch und gerade „ein marxistischer Publizist“ (so beschreibt ihn wikipedia), der einer der historischen Wortführer der Marxistischen Gruppe und jetzt des GegenStandpunkts ist. Und schon die MG hat sich vor Jahrzehnten massiv kritisch abgearbeitet an dem, was an deutschen Unis als „Wissenschaft“ und „wissenschaftliches“ Arbeiten gilt.
    Wenn Julius also ehrlich wäre, dann würde er die zynische Verlogenheit der typischen geistes“wissenschaftlichen“ Karrieristen verteidigen als die angemessene Geisteshaltung für das Emporkommen in dieser Klassengesellschaft, statt die berühmte Franz-Josef-Strauss-Frage zu stellen „Haben Sie überhaupt Abitur?“

  8. l
    25. Februar 2011, 11:51 | #8

    @neo: woher soll julius das wissen? war er schon öfters hier?

  9. 25. Februar 2011, 12:04 | #9

    Ach komm, l, Freerk Huisken ist nicht nur der wohl prominenteste GSPler, selbst bei wikipedia gibt es ja einen Eintrag, er hat sogar eine eigene Webseite, die ich im ersten Artikel zur Version 1 ja auch angegeben hatte (ich bemühe mich immer „richtig“ zu zitieren, damit die Leser meine Schnipsel auch nachverfolgen können). Nun soll ausgerechnet ein Fachmann fürs „wissenschafltiche“ Arbeiten wie dieser Julius das nicht gewußt haben??

  10. bigmouth
    25. Februar 2011, 12:15 | #10

    wegen Huiskens riesiger Prominenz? ROFL
    und wieso macht das Huiskens erkenntnis richtiger, dass er professor ist? sind 10.000e andere leute auch, und die haben alle ganz andere meinungen. oder sind jetzt jahrzehnte der beschäftigung mit eienr sache ein kriterium?
    huisken hat natürlich, wenn man sich die bundestagsdebatte etwa anguckt, zum teil recht, weil da sehr auf diebstahl gesitigen eignetums abgehoben wird. aber julius einwand gilt trotzdem, weil das eben nur einen teil (den ideologischen) des problems von guttenbergs arbeit erfasst.
    auch im kommunismus hätte ich gerne, dass der baustatiker, der die brücke baut, über die ich fahre, seine abschlußarbeit nicht abgeschrieben oder anderweitig geschummelt hat. oder dass sich leute nicht mit fremden federn schmücken, also zumindest hinweise geben, wenn sie sich sachen nicht ausgedacht haben. das ist menschlichen zusammenleben zuträglich. und der forschung über sachverhalte auch, also mithin der wissenschaft

  11. 25. Februar 2011, 12:22 | #11

    bigmouth, es ging in meiner Zurückweisung von Julius gar nicht um den Inhalt von Freerks Text, sondern darum, daß dieser selbsternannte Wissenschaftsschlaumeier Freerks Thesen abgetan hat, weil der von wissenschaftlicher Arbeit keine Ahnung habe. Das ist so offensichtlich kontrafaktisch, daß ich dieses billige Expertenmackertum kritisiert habe. Mehr nicht, aber eben auch nicht weniger.

  12. @bigmouth
    25. Februar 2011, 12:28 | #12

    „auch im kommunismus hätte ich gerne, dass der baustatiker, der die brücke baut, über die ich fahre, seine abschlußarbeit nicht abgeschrieben oder anderweitig geschummelt hat.“
    Und warum sollte das im „Kommunismus“ überhaupt noch nötig sein?

  13. 25. Februar 2011, 12:34 | #13

    Es ist doch bezeichnend, daß sich (auch) Julius noch nicht mal mit Freerks Ausgangsfeststellung befaßt hat:

    „wer von denen hat sich die Mühe ge­macht, die The­sen die­ser Ar­beit ein­mal ge­treu dem Motto des Ver­lags, bei dem die Dis­ser­ta­ti­on neu pu­bli­ziert wor­den ist, zu über­prü­fen: Vin­cit ve­ri­tas – die Wahr­heit siegt?
    Na­tür­lich sind das rhe­to­ri­sche Fra­gen. Wer auf Pla­gi­ats­su­che ist, wer feh­len­den An- und Aus­füh­rungs­zei­chen, un­ter­las­se­nen Fuß­no­ten mit Quel­len­an­ga­ben auf der Spur ist, muss das nicht. “

    Auch zu

    „was än­dert es ei­gent­lich an einem zu Pa­pier ge­brach­ten Ur­teil über einen ver­fas­sungs­recht­li­chen oder sons­ti­gen Sach­ver­halt, wenn er aus einer Mi­schung von Selbst­er­dach­tem und be­reits pu­bli­zier­ten Ge­dan­ken be­steht – und zwar ohne dass der Erst­den­ker des über­nom­me­nen Ge­dan­ken­ge­bäu­des ge­nannt wor­den und die Quel­le mi­nu­ti­ös nach­ge­wie­sen wor­den ist? Am in­halt­li­chen Ur­teil än­dert das nichts. Es kann wahr oder falsch sein. Mit der An­ga­be der Quel­le oder ihrer Un­ter­las­sung wird ja der Ge­halt der über­nom­me­nen Pas­sa­ge sach­lich gar nicht ver­än­dert.“

    kommt keine Silbe. Stattdessen das hohe Lob des Weiterhangeln können, was der Schluri Guttenberg verunmöglicht habe.
    Stimmt es nun, oder ist es falsch, wenn Freerk klipp und klar behauptet

    „Die Dif­fe­renz zwi­schen den­ken und nach­den­ken, d.h. die Ge­dan­ken an­de­rer zu über­prü­fen, hebt sich auf; der Fremd­text ist wie jeder ei­ge­ne Ge­dan­ken zu prü­fen. Es kommt nur dar­auf an, dass sie stim­men“

    Auch Freerks Feststellung

    „In der Zu­ord­nung von Ge­dan­ken zu sei­nem je­wei­li­gen Erst­schöp­fer, der Wis­sen­schaft­ler­per­son äu­ßert sich die Per­so­na­li­sie­rung und Pri­va­ti­sie­rung von Er­kennt­nis. Dies hat Kon­se­quen­zen: An die Stel­le der Prü­fung von wis­sen­schaft­li­chen Ur­tei­len tritt dann schon mal der Au­to­ri­täts­be­weis.“

    setzt Julius buchstäblich nichts entgegen. Genausowenig wie der Schlußfolgerung

    „Er­kennt­nis wird auf diese Weise mit Hilfe der staat­li­chen Recht­spre­chung wie ein Ei­gen­tum sei­nes Au­tors be­han­delt. Die Er­kennt­nis darf zwar – we­nigs­tens im Be­reich der Geis­tes­wis­sen­schaf­ten -​be­nutzt, so­zu­sa­gen aus­ge­lie­hen wer­den, sie „ge­hört” aber wei­ter­hin dem Erster­mitt­ler.“

    Deshalb verwundert es auch nicht, daß Julius Freerks traurige Feststellung

    „Ver­langt wer­den ge­ra­de von Dis­ser­ta­tio­nen neben allen De­vo­tio­na­li­en mu­ti­ge, von Krea­ti­vi­tät zeu­gen­de neue Hy­po­the­sen, An­sät­ze und Mo­del­le, die oh­ne­hin nie­mand im aka­de­mi­schen Reich mit rich­ti­gen Ge­dan­ken ver­wech­selt.“

    nicht empört zurückweist. Wie denn auch?

  14. Julius
    25. Februar 2011, 12:42 | #14

    bigmouth, es ging in meiner Zurückweisung von Julius gar nicht um den Inhalt von Freerks Text, sondern darum, daß dieser selbsternannte Wissenschaftsschlaumeier Freerks Thesen abgetan hat, weil der von wissenschaftlicher Arbeit keine Ahnung habe.

    Ich bin über einen Link bei Twitter auf diesen Artikel gestoßen und ich habe mich nicht informiert, wer der Autor dieses Artikels ist. Und um ehrlich zu sein: Es ist mir auch völlig egal, weil es für die Argumentation keine Rolle spielt (ad hominem). Beim Lesen des Artikels hatte ich den Eindruck, dass der Autor noch nie wissenschaftlich tätig war — und diesen Eindruck habe ich immer noch.

  15. 25. Februar 2011, 12:46 | #15

    „auch im kommunismus hätte ich gerne, dass der baustatiker, der die brücke baut, über die ich fahre, seine abschlußarbeit nicht abgeschrieben oder anderweitig geschummelt hat.“

    Wieder nein: Wenn der Statiker beim Statik-Papst abgeschrieben hat, also korrekte Erkenntnisse von dem in seine eigene Berechnung hat einfliessen lassen, dann ist es egal, ob der Prof noch als Fußnote vorkommt oder nicht. Stimmt die Berechnung ist die einzige interessierende Frage. Wenn natürlich schon die Untersuchungsergebnisse verfälscht wurden, damit sie zur These eines wissenschaftlichen Authors passen, dann ist das in der Tat unwissenschaftlich. Sowas hat es in den letzten Jahren ja mehrfach gegeben, gerade schwierige Versuche kann nicht jeder Kritiker einfach selber auch noch mal machen.

  16. _nobody
    25. Februar 2011, 12:57 | #16

    Literaturverweise machen als Verweise auf das theoretische Umfeld Sinn. In dieser Hinsicht hätte auch Guttenberg dokumentieren müssen, wo er was entnommen hat.
    Man kann darüber auch Resultate in die eigene Arbeit aufnehmen, ohne sie beweisen zu müssen (weil man auf die entsprechenden Beweise in anderen Arbeiten verweist).
    Die Frage, ob ein Literaturverzeichnis brauchbar ist oder nicht, kann man also nicht an dem Umstand, ob es eines gibt oder nicht festmachen, sondern man muss sich im Einzelfall fragen warum (oder warum nicht) auf Quellen verwiesen wird. Allein der Standpunkt mit einer Arbeit ein Angebot an das Wissensbedürfnis ihrer Konsumenten zu machen, gebietet eigentlich schon ein Literaturverzeichnis und Quellenverweise.
    Die Gründe für vorgenommene und ausbleibende Quellenverweise, die Huisken vorbringt mag es schon geben. Daneben gibt es aber, wie oben erklärt, noch ein paar sinnvolle Gründe auf Quellen zu verweisen.

  17. Krim
    25. Februar 2011, 12:59 | #17

    „Beim wissenschaftlichen Arbeiten geht es eben gerade nicht darum, anderen eine Ressource vorzuenthalten,“ Das schreibt Huisken doch auch gar nicht. Patent und das Zitierwesen werden deutlich unterschieden und die Unterschiede werden im Text auch genannt. Erkenntnis soll im geisteswissenschaftlichen Betrieb eben nicht der Benutzung entzogen werden, sondern der geistige Eigentümer der Erkenntnis muss im Zitat angeben werden.
    „Und dieses Zitieren ist wichtig:“ Hier scheint mir ein (interessiertes?) Misverständnis vorzuliegen. Huisken wendet sich nicht gegen das Zitieren, Quellenangaben, Literaturhinweise, sondern gegen den Zweck, dem das Zitieren dient. Bitte daraufhin den Text nochmal lesen.
    „Wenn ich mich in ein neues Thema einarbeiten möchte, suche ich mir eine gute Arbeit X als Ausgangspunkt und bekomme damit gleich ein Bündel an verwandten Arbeiten im Quellenverzeichnis mitgeliefert.“ Das du weniger Arbeit hast, kann ja wohl nicht der Grund der wissenschaftlichen Zitierwut sein.
    „Noch wichtiger aber ist, dass man durch Quellenangaben Arbeiten leichter überprüfen kann.“ Das ist eben Humbug. Bzw. was ist denn das für eine „Prüfung“, die sich darin erschöpft die Reputation der Quellenangaben zu betrachten. Genau das ist das Elend der bürgerlichen Wissenschaftsscheiße. Die haben sich abgewöhnt einen Gedanken zu beurteilen. Statt dessen diffamieren sie ihn, indem sie überprüfen, ob die Quellen auch zeitgemäß oder oportun sind.
    „Mit den Quellenangaben würde ein informierter Leser sofort wissen, dass die 50 Arbeiten vermutlich auch nicht korrekt sind. Wie soll das ohne Quellenangaben funktionieren?“ Indem man die geäußerten Gedanken der wissenschaftlichen Arbeit i n h a l t l i c h beurteilt.
    „Beim Lesen des Artikels hatte ich den Eindruck, dass der Autor noch nie wissenschaftlich tätig war — und diesen Eindruck habe ich immer noch.“ Und bei dir habe ich den Eindruck, dass du ein bürgerlicher Wissenschaftsdepp bist, der wie üblich, die Kritik an den Maßstäben bürgergerlicher Wissenschaft, mit fehlender Wissenschaftlichkeit verwechselt. Dass du nicht in der Lage bist, die von Huisken geäußerten Gedanken wenigstens inhaltlich nachzuvollziehen und zu vertehen, verstärkt dieses Bild noch.
    bigmouth: Also bei den Statikern kommt es mehr drauf an, dass ihre Modelle und Rechnungen stimmen, damit die Brücke nicht zusammenfällt. Erstmal besteht das Können eines solchen Menschen darin, dass er soviel wie möglich sich am Wissen anderer bedient, abschreibt, sich existierende Berechtnungsmethoden, Tragwerksysteme aneignet als sein Handwerkzeug, um es dann möglichst virtuos anwenden zu können. Eine gleiche Brücke gibt es außer bei Brücken über die Autobahn eh selten.

  18. bigmouth
    25. Februar 2011, 13:18 | #18

    „Das du weniger Arbeit hast, kann ja wohl nicht der Grund der wissenschaftlichen Zitierwut sein.“ doch, ist es oft genug. ein überblick über die verwandte Literatur ist IMMER hilfreich
    aber wie überprüft man jetzt, ob jemand die Fähigkeiten hat, Baustatiker zu sein? in dem man ihn testet. und wenn der ncith in der lage ist, das selbst zu machen, sondern abschreibt, dann hat man früher oder später ein problem. bei historikern stirbt dann halt keiner

  19. Julius
    25. Februar 2011, 13:20 | #19

    Stattdessen das hohe Lob des Weiterhangeln können, was der Schluri Guttenberg verunmöglicht habe.

    Genau das ist aber fundamentaler Bestandteil wissenschaftlichen Arbeitens. Natürlich kommt es darauf an, dass der Inhalt wahr ist, aber dieser Wahrheitsgehalt muss auch nachprüfbar sein und genau das geschieht mit Quellenangaben.
    Bisweilen muss man auf Theoreme zurückgreifen (z.B. aus A folgt B), deren Beweise hochkomplex sind und die nur mit großem Zeitaufwand überprüft werden können. Aber diese Arbeit kann man sich sparen, weil man auf deren Korrektheit vertrauen kann, wenn sie in peer-reviewed Journals veröffentlicht wurden. An dieser Stelle widerspreche ich auch ausdrücklich der Aussage

    Die Differenz zwischen denken und nachdenken, d.h. die Gedanken anderer zu überprüfen, hebt sich auf; der Fremdtext ist wie jeder eigene Gedanken zu prüfen.

    Wenn ich den Beweis jedes Theorem bis ins Kleinste nachprüfen müsste, käme ich zu nichts mehr — wenn es mir als Durchschnittsdoktoranden überhaupt gelänge, hochkomplexe Beweise nachzuvollziehen. Ich vetraue auf deren Korrektheit, bzw. lege durch meine Quellenangabe („xy hat gezeigt, dass A => B“) meine Prämissen offen und mache dann mit meiner Arbeit weiter. Man kann das ruhig „Autoritätsbeweis“ nennen — warum auch nicht?

  20. Krim
    25. Februar 2011, 13:31 | #20

    „Natürlich kommt es darauf an, dass der Inhalt wahr ist, aber dieser Wahrheitsgehalt muss auch nachprüfbar sein und genau das geschieht mit Quellenangaben.“

    Nein, Nein und nochmals Nein. Wie soll denn eine Quellengabe, Maßstab eines Gedankens sein? Die Wahrheit eines Gedankens kann man nur beurteilen, wenn man seinen Inhalt beurteilt und da ist es wurscht, ob man das Zitat oder die Quelle beurteilt, wenn sie inhaltlich übereinstimmen. Also kann man auch gleich beurteilen was dasteht, ohne Berücksichtigung der Quelle.

    „Aber diese Arbeit kann man sich sparen, weil man auf deren Korrektheit vertrauen kann, wenn sie in peer-reviewed Journals veröffentlicht wurden.“

    Was denn? Veröffentlichung in einem Wissenschaftsblatt, soll die Prüfung der Korrektheit ersetzen? Sind das die hehren Maßstäbe der Wissenschaftlichkeit, die du einforderst?

    „Man kann das ruhig „Autoritätsbeweis“ nennen — warum auch nicht?“

    LOL. Und du mokierst dich über die Wissenschaftlichkeit von Huisken, der du offensiv bürgerlich wissenschaftliches Schluderwesen per Autoritätsbeweis propagierst.

  21. 25. Februar 2011, 13:37 | #21

    Nochmal zurück zu Freerks völlig abwegiger, weil für die öffentliche Diskussion über Guttenberg völlig nebensächliche Frage

    „Wer kennt die The­ma­tik, wer hat zwecks in­halt­li­cher Aus­ein­an­der­set­zung einen Blick in die leicht per In­ter­net zu­gäng­li­che Dok­to­r­ar­beit ge­wor­fen? Und wer von denen hat sich die Mühe ge­macht, die The­sen die­ser Ar­beit ein­mal ge­treu dem Motto des Ver­lags, bei dem die Dis­ser­ta­ti­on neu pu­bli­ziert wor­den ist, zu über­prü­fen: Vin­cit ve­ri­tas – die Wahr­heit siegt?“

    Wenn über die bei wikipedia wohlwollend geschrieben wird:

    „Aus den Ergebnissen werden „Lehren“ für die europäische Verfassungsentwicklung abgeleitet (Kapitel B V); dazu gehört zum einen die Einsicht, dass die Verfassung nicht die einzige Quelle einer „stabilen Ordnung der verfassten Einheit“ ist, sondern neben die gelebte Verfassungswirklichkeit tritt. Auch dürfe die Verfassung nicht um jeden Preis durchgesetzt werden; die Akteure sollten langfristiger denken und sich um eine breit angelegte öffentliche Diskussion stärker bemühen. Schließlich komme es darauf an, dass die Europäische Union ihre außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit stärke – genau dies sei auch eines der „Leitmotive der Federalist Papers“ gewesen.“

    dann brauche ich mir wirklich nicht solch hochwissenschaftlichen Argumente einfallen zu lassen wie der Meister seines Faches Julius:

    „Bisweilen muss man auf Theoreme zurückgreifen (z.B. aus A folgt B), deren Beweise hochkomplex sind und die nur mit großem Zeitaufwand überprüft werden können.“

    Da lache ich dann einfach nur, ganz unwissenschaftlich.

  22. Krim
    25. Februar 2011, 13:39 | #22

    „ein überblick über die verwandte Literatur ist IMMER hilfreich“ Mag ja sein, dass Quellenangaben hilfreich sind. Eine wissenschaftliche Arbeit ist aber erstmal dazu da über ihren Gegenstand richtige Erkenntnis vorzutragen. Das ist der einzig vernünftige Maßstab. Dass eine Arbeit dir bei der Suche nach Literatur hilft ist nicht Maßstab einer wissenschaftlichen Arbeit.

  23. Julius
    25. Februar 2011, 14:13 | #23

    Was denn? Veröffentlichung in einem Wissenschaftsblatt, soll die Prüfung der Korrektheit ersetzen? Sind das die hehren Maßstäbe der Wissenschaftlichkeit, die du einforderst?

    Ja! Hast du bessere Alternativen? Das Paper (a), das beweist, dass A => B wahr ist, greift noch auf die Sätze C => D und E => F zurück, deren Korrektheit bereits in den Arbeiten (b) bzw. (c) gezeigt wurde, aber die ihrerseits wieder voraussetzen, dass… usw… Bis zu welchem Glied sollte man die Beweiskette denn nachvollziehen? Bzw. wie will man ohne Quellenangaben überhaupt die Arbeiten (b) und (c) finden? Irgendwo muss Schluss sein mit der eigenhändigen Überprüfung! Und bei mir ist Schluss, wenn ich auf ein Paper stoße, dem ich vertrauen kann. Und ein Kriterium für Vertrauen ist die Veröffentlichung in einem peer-reviewed Journal, die Reputation des Autors, man kann das auch ruhig „Autorität“ nennen.

    dann brauche ich mir wirklich nicht solch hochwissenschaftlichen Argumente einfallen zu lassen wie der Meister seines Faches Julius …
    Da lache ich dann einfach nur, ganz unwissenschaftlich.

    Auch in einer weniger formalen Arbeit wie der von zu Guttenberg sind Quellenangaben für die Nachprüfbarkeit unverzichtbar. Möglicherweise verwendet er ein Argument aus einer anderen Arbeit, das bereits mehrfach kritisiert wurde. Wie will man ohne Quellenangaben diese Kritiken finden? Zu glauben, man selbst könne den Wahrheitsgehalt jeder Aussage durch einfachs Überlegen nachprüfen, halte ich für größenwahnsinnig!

  24. l
    25. Februar 2011, 14:16 | #24

    noch was: zitieren bzw. ein quellenverweis ist durchaus sinnvoll. und zwar,
    1. kann man nicht in jedem buch jedes thema behandeln und mit einem vgl. xxx verweist man dann drauf, dass zum gestreiften randthema woanders ne taugliche abhandlung vorliegt (ob da jetzt dann steht marx xxxx: xxx oder gs 1997/1, S. x-xx ist einerlei).
    2. weil man sich dann leichter drüber klarwerden kann, welche probleme schon gelöst wurden und welche nicht. –> daher ist das zur kenntnis nehmen von bereits vorhandener literatur durchaus zu empfehlen. man gehe in die bibliothek, benutze datenbanken, arbeite das durch – entweder stellt man dann fest, dass alles schon zufriedenstellend gelöst wurde oder aber, dass dem nicht so ist; bei zweitem muss man dann selber dran.
    kurzum: es ist wenig sinnvoll jeden tag wieder darzulegen, dass die erde keine scheibe ist, wenn das schon geleistet wurde.

  25. l
    25. Februar 2011, 14:18 | #25

    man kann sich quellenverweise insofern auch vorstellen als hyperlinks, das ganze verbundene dann als hypertext. und na klar ist das sinnvoll. neoprene setzt ja auch links hier. 😉
    ja, ich weiß, darum geht’s im guttenberg-skandal nicht. trotzdem wollte ich es anmerken.

  26. l
    25. Februar 2011, 14:21 | #26

    „Ach komm, l“
    ach komm, neo, ich kannte den bis vor ca. 2 jahren auch nicht. und ich google auch nicht jeden namen sofort bei wiki nach.
    jetzt kommt mal jemand dahergesurft, der vielleicht (?) noch nicht s drinne steckt und dann wird er angepampt, weil er die szenegrößen nicht kennt …

  27. 25. Februar 2011, 14:34 | #27

    Nein, lll, ich habe Julius nicht angepampt, weil der F.H. nicht kannte. Sondern er, als übrigens hier völlig Unbekannter, jedenfalls mir, Freerk angemacht hat, „hier schreibt jemand abstruses Zeug über ein Thema, ohne wirklich Ahnung von wissenschaftlichem Arbeiten zu haben“ und das tut von Standpunkt der verkommenen bürgerlichen Uni-Huberei, mit einem Wort völlig unwissenschaftlich. Denn indem er Freerk zurückgewiesen hat, hatte er ja wirkliche Wissenschaft zurückgewiwiesen und an dessen Stelle „summa cum laude“ Gelehrsamkeit, die für einen geisteswissenschaftlichen Abschluß reichen mag (oder im Fall Guttenberg eben schon nicht mehr).

  28. l
    25. Februar 2011, 14:38 | #28

    ach, die geisteswissenschaften. in den nawi läuft ja alles anders, neo. oder nein, doch nicht. da wird auch zitiert auf teufel komm raus. wieso, habe ich erklärt.
    „Das ist doch unehrlich. Julius weiß doch wie jeder andere hier auch, daß Freerk Huisken einerseits ein „ehemaliger Hochschullehrer für Politische Ökonomie des Ausbildungswesens am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Universität Bremen“ ist andererseits eben auch und gerade „ein marxistischer Publizist“ (so beschreibt ihn wikipedia), der einer der historischen Wortführer der Marxistischen Gruppe und jetzt des GegenStandpunkts ist. “
    was julius alles weiß, obwohl er es nicht weiß – erstaunlich!

  29. Julius
    25. Februar 2011, 14:40 | #29

    Nein, lll, ich habe Julius nicht angepampt, weil der F.H. nicht kannte. Sondern er, als übrigens hier völlig Unbekannter, jedenfalls mir, Freerk angemacht hat, „hier schreibt jemand abstruses Zeug über ein Thema, ohne wirklich Ahnung von wissenschaftlichem Arbeiten zu haben“

    Bitte korrekt zitieren, ich schrieb „Ich habe den Eindruck, …“, habe also keine Tatsachenbehauptung aufgestellt, sondern mein persönliches Empfinden mitgeteilt.

    Denn indem er Freerk zurückgewiesen hat, hatte er ja wirkliche Wissenschaft zurückgewiwiesen

    Das hört sich nach meinem Geschmack aber schon sehr nach Autoritätsbeweis an… 😉

  30. _nobody
    25. Februar 2011, 14:40 | #30

    Denn indem er Freerk zurückgewiesen hat, hatte er ja wirkliche Wissenschaft zurückgewiesen …

    good one

  31. l
    25. Februar 2011, 14:44 | #31

    julius hat mit seinem letzten kommentar im prinzip recht, insb. wenn es um nawi geht (peer review); in den geswi sind reviews kein sonderlich guter garant.
    wer quellenverweise ablehnt, stellt sich in der tat auf den standpunkt, von a-z alles erklären zu können (keine arbeitsteilung) und v.a.: er muss es auch immer! wissenschaft ist aber auch im hier und heute, mehr noch aber in einer vernünftigen gesellschaft, durch arbeitsteilung gekennzeichnet. alleine kommt man schlicht nicht sonderlich weit. quellenverweise sind eben die verbindungen zw. den einzelnen arbeitsteilig erarbeiteten (teil)erklärungen zu einem gegenstand. bei komplexen themen kann man darauf nicht verzichten.
    edit: zB ich schreibe „auf grundlage der arbeit von NAME (jahr) gehe ich davon aus, dass“ –> dann erspart mir das, nochmal 100 bis 200 seiten das zu wiederholen / abzutippen, was an anderer stelle schon von – zum glück – einem anderen geleistet wurde. da setzt ich lieber nen hyperlink zum entsprechenden dokument und widme mich ner arbeit, die noch nicht geleistet wurde. 🙂

  32. 25. Februar 2011, 14:57 | #32

    Vorschlag zur Güte:
    Wer sich nicht mit Freerk Huiskens Kritik an der falschen Kritik an Guttenbergs Dr.-Arbeit auseinandersetzen will, dem empfehle ich die Fortsetzung seiner Blödeleien auf dem dafür wie geschaffenen Blog „The Dishwasher“.Dort haben sich schon Dutzende im Sinne von Julius & Co. ausgelassen. Und Freerk mögen die dort übrigens auch nicht, wie man dort nachlesen kann.

  33. pion
    25. Februar 2011, 14:59 | #33

    „Zu glauben, man selbst könne den Wahrheitsgehalt jeder Aussage durch einfachs Überlegen nachprüfen, halte ich für größenwahnsinnig!“
    Mal überlegen, ups, die Fußnoten fehlen! Wie soll jetzt irgendjemand den Größenwahn von Julius verstehen, wenn Nachdenken der verkehrte Weg ist? Und noch entscheidender: Wie prüft man den Wahrheitsgehalt einer Aussage, die bereits Fußnote ist? Durch weiteres Fußnotennachschlagen?
    Kurz: Das Nachschlagen von früher Verfasstem macht eine ZUSÄTZLICHE Prüfung nötig und ist daher kein Ersatz für die Beurteilung von Argumenten, sondern ein Zusatz.

  34. l
    25. Februar 2011, 15:06 | #34

    super tipp, neo. und was hat nochmal die feststellung, dass quellenverweise sinnvoll sind, mit dem deppenblog dishwasher zu tun?

  35. Krim
    25. Februar 2011, 15:11 | #35

    „Hast du bessere Alternativen?“ Ja. Sagte ich bereits, inhaltlicher Nachvollzug der Gedanken. „Irgendwo muss Schluss sein mit der eigenhändigen Überprüfung!“ 1. Das ist geheuchelt, weil du gar nicht erst anfängst mit der eigenhändigen Überprüfung, sondern gleich behauptest die Richtigkeit einer Theorie könnte man an den Quellenangaben ablesen bzw. an der Repuation der Quelle. 2. Sag ich ja gar nicht du sollst die Quelle, der Quelle, der Quelle angeben, sondern du sollst gleich beurteilen was da steht. Irgendwann kommst du um die Beurteilung(wenn du wissenschaftlich und nicht autoritäthörig arbeitest) sowieso nicht herum. Dann kannst du auch gleich den vorliegenden Text beurteilen und nicht seine Quelle. Hast du das getan, dann ist auch sofort Schluß mit der Überprüfung – entweder es leuchtet ein was da steht oder es spricht etwas dagegen. (sehe gerade, dass pion den Sachverhalt schon besser formuliert hat)
    „Auch in einer weniger formalen Arbeit wie der von zu Guttenberg sind Quellenangaben für die Nachprüfbarkeit unverzichtbar. Möglicherweise verwendet er ein Argument aus einer anderen Arbeit, das bereits mehrfach kritisiert wurde. Wie will man ohne Quellenangaben diese Kritiken finden?“ Ja und. Wenn du drauf aus bist eine Theorie zu widerlegen, ist das doch dein Bier. Seit wann muss denn ein Wissenschaftler es dir erleichtern seine Theorie anzugreifen. Darum musst du dich schon selbst bemühen.
    „Möglicherweise verwendet er ein Argument aus einer anderen Arbeit, das bereits mehrfach kritisiert wurde. Wie will man ohne Quellenangaben diese Kritiken finden?“ Ja genau. Weil bürgerliche Wissenschaftler auch immer die Quelle angeben von Leuten, die gegenteiliger Ansicht sind, wie sie. Dazu verpflichtet die Widerlegung ihrer Theorie in Form von Quellenangaben mitzuliefern, sind Wissenschaftler sogar nach bürgerlichen Maßstäben nicht.

  36. _nobody
    25. Februar 2011, 15:13 | #36

    Das Nachschlagen von früher Verfasstem …

    Nichtsdestotrotz ist früher Verfasstes eben ein Grund für Literaturverzeichnisse/Quellenverweise, es sei denn, man schreibt mit jeder Arbeit die ganze Wissenschaft. Man verweist damit ja gerade auf die Argumente und stellt so die Möglichkeit für den Leser her die Richtigkeit dessen, was er vor sich hat zu prüfen.
    Ein ganz wesentlicher Punkt, der bei l. oben steht ist eben, dass auch Wissenschaft Arbeitsteilung ist bzw. nicht in einer Arbeit verfasst wird.
    Ein weiterer ist der Blick auf den Leser dessen, was man fabriziert hat. Den spricht man ja als jemanden an, der sich nicht nur über das Thema der Arbeit sondern u.U. darüber hinaus Wissen über das Sachgebiet aneignen will. Und da ist ein Literaturverzeichnis (u.U. sogar kommentiert) ein guter Wegweiser, der u.U., die Koordinaten der eigenen Gedanken im System der jeweiligen Wissenschaft angibt.
    Quellenverweise braucht es in manchen Wissenschaften (Geschichte z.B.), damit überhaupt klar ist, worauf man sich bezieht.

  37. l
    25. Februar 2011, 15:13 | #37

    „Kurz: Das Nachschlagen von früher Verfasstem macht eine ZUSÄTZLICHE Prüfung nötig und ist daher kein Ersatz für die Beurteilung von Argumenten, sondern ein Zusatz.“
    eh, natürlich muss man das prüfen. aber julius scheint ein nawi zu sein (?), und es ist halt schon ein bisserl schwierig, jede versuchsanlage selber zu wiederholen – daher vertraut er auf peer reviews, da wird das auch geprüft, und zitiert dann. er kann ja, wenn er zB sich einem spezifischen insekt widmet, wohl kaum zuerst ein paar hundert seiten über insekten an sich niederschreiben. und sowieso: wieso sollte er das auch wollen? mit nem verweis auf ein werk, wo das schon geleistet wurde, ist das erledigt. man muss nicht jede arbeit zigmal leisten, das wär‘ ja auch schön gestört, weil unfassbare zeitverschwendung. wieso sollte er das nochmal eigens abtippen?
    edit: was glauben denn die hier versammelten, wieso marx zitiert hat? zT sich selber. –> weil es ordnung schafft in der wissensflut, zB? weil es was nachvollziehbar macht? (können skeptische nochmal nachschlagen.) hat er sich selber zitiert, weil er manches nicht doppelt und dreifach schreiben wollte, zB?

  38. bigmouth
    25. Februar 2011, 15:21 | #38

    wie soll denn zb ein physiker arbeiten, der mit jeder arbeit erstmal das gesamte gebäude der theoretischen physik zur gänze zu prüfen hätte? das geht doch einfach nicht! der muß darauf vertrauen können, dass das schon stimmt, dass 1000e andere wissenschaftler schon korrekt geprüft haben

  39. bigmouth
    25. Februar 2011, 15:23 | #39

    „Seit wann muss denn ein Wissenschaftler es dir erleichtern seine Theorie anzugreifen. Darum musst du dich schon selbst bemühen.“ wenn jemand aktiv seine thesen weniger angreifbar macht, indem er quellen und widersprüche verschleiert, dann ist das schlechte wissenschaft, ganz einfach

  40. l
    25. Februar 2011, 15:28 | #40

    „2. Sag ich ja gar nicht du sollst die Quelle, der Quelle, der Quelle angeben, sondern du sollst gleich beurteilen was da steht. “
    herrschaftszeiten, krim! in manchen wissenschaften geht das nicht – zB so gut wie alle versuche in der nawi kann man nicht einfach so mal schnell beurteilen. man kann ne falsche theoretische annahme, auf der dann ein versuch basiert, kritisieren. aber bei vielem kann man das ganze nur als falsch oder richtig beurteilen, wenn mehrfache versuche durchgeführt wurden – und das braucht eben ARBEITSTEILUNG! und da verlässt man sich halt drauf, dass was stimmt, wenn’s ein paar mal von anderen durchgeführt wurde mit dem gleichen ergebnis. es kann doch nicht jeder jeden versuch wiederholen bis er irgendwann nach jahrzehnten zur behandlung der eigenen fragestellung kommt!

  41. Krim
    25. Februar 2011, 15:31 | #41

    Nochmal: Weil hier lauter Argumente kommen, die Literaturverzeichnisse/Quellenangaben verteidigen. Hier wurde nicht das Angeben von Quellen kritisiert, sondern die Gründe die die bürgerliche Wissenschaft für die Notwendigkeit von Quellenangaben angibt. Dazu steht einiges in dem Text von Huisken und dazu sollte dann auch Kritik kommen. Wenn man so tut als habe sich Huisken für den Verzicht auf Literaturangaben eingesetzt, trifft man seine Intention nicht, sondern unterstellt ihm eine, die er nicht hat.
    „der muß darauf vertrauen können, dass das schon stimmt, dass 1000e andere wissenschaftler schon korrekt geprüft haben“ Das ist auch Blödsinn. Soviel ich weiß war man ende des 19.Jh. der Auffassung, dass in den Naturwissenschaften alles Wissenwerte schon erforscht sei. Wie wir heute wissen ging es da erst richtig los. Ein Wissenschaftler muss gar nicht vertrauen. Er vertraut, wenn ihm das plausibel erscheint und wenn nicht nicht.

  42. Krim
    25. Februar 2011, 15:34 | #42

    „wie soll denn zb ein physiker arbeiten, der mit jeder arbeit erstmal das gesamte gebäude der theoretischen physik zur gänze zu prüfen hätte?“ Man muss natürlich in der Lage sein seinen spezifischen Gegenstand darzustellen. Dazu muss man nicht die Physik neu erfinden.
    „wenn jemand aktiv seine thesen weniger angreifbar macht, indem er quellen und widersprüche verschleiert, dann ist das schlechte wissenschaft, ganz einfach.“ Vielleicht geht es ihm ja gar nicht ums Verschleiern von Widersprüchen, sondern darum Theorien, die er für Dummfug hält, wie Dummfug zu behandeln und ihnen nicht auch noch ein Podium zu geben. Man muss wahrlich nicht jeden Käse breittreten.

  43. l
    25. Februar 2011, 15:37 | #43

    ja, aber hier wurde von einigen disku-teilnehmern die position vertreten, fußnoten und co wären unbrauchbar. dagegen sagen _nobody, bigmouth, julius und ich: neee, die haben schon sinn. weil: arbeitsteilung. julius hat das doch schön zusammengefasst:
    „Das Paper (a), das beweist, dass A => B wahr ist, greift noch auf die Sätze C => D und E => F zurück, deren Korrektheit bereits in den Arbeiten (b) bzw. (c) gezeigt wurde, aber die ihrerseits wieder voraussetzen, dass… usw…“
    das ist arbeitsteilung. nur deppen meinen, man müsse in ner arbeit zu (a) auch nochmal die bereits geprüften papers (b) und (c) abtippen. alle anderen, die auf so nen nonsense nicht stehen, geben ne quelle an.

  44. Krim
    25. Februar 2011, 15:46 | #44

    „ja, aber hier wurde von einigen disku-teilnehmern die position vertreten, fußnoten und co wären unbrauchbar.“ Leute, wenn ihr sowas behauptet, zitiert es bitte. Dafür, dass man nicht behaupten kann, was man will, halte ich das Zitieren, nämlich wirklich für sinnvoll. Höchstens wurde behauptet Fußnoten würden nicht als Maßstab einer Theorie taugen.

  45. pion
    25. Februar 2011, 15:55 | #45

    Krim hat es schon gesagt: Ihr seid auf dem Holzweg mit dem Missverständnis, irgendwer habe Fußnoten kritisiert. Hier steht nirgends, dass man für jedes Argument beim Urknall anfangen soll oder Quellenangaben hinderlich seien für den Nachvollzug von Zitiertem.
    Es geht um etwas anderes: Auch ein Verweis von Marx auf Smith oder Ricardo steht doch für etwas und ist nicht wahr/falsch, weil irgendein anderer auch etwas zum Thema schreibt: Es steht entweder für die Untermauerung der eigenen Argumente oder für die Abgrenzung von anderen. Beides ist nur erkennbar und voneinander zu unterscheiden, wenn das Argument verstanden ist, für den der Verweis steht.

  46. l
    25. Februar 2011, 15:56 | #46

    ich habe dich früher schon zitiert, krim.
    zb schreibt julius:
    „Bisweilen muss man auf Theoreme zurückgreifen (z.B. aus A folgt B), deren Beweise hochkomplex sind und die nur mit großem Zeitaufwand überprüft werden können.“
    das ist korrekt. und da verlässt man sich auf fachwiss. beiträge, in denen über versuche berichtet wird. da man die nicht jeweils selber durchführen kann, verlässt man sich auf peer reviews – da beurteilen fachleute, ob die versuchsanlage zB korrekt war.

  47. l
    25. Februar 2011, 16:09 | #47

    ok. dann war das ein missverständnis. ich meine dann aber auch: dann missversteht ihr julius ein stückweit.

  48. 25. Februar 2011, 17:34 | #48

    „Blödeleien“, „Deppen-Blog“ … Die Klassenreproduktions-Kritik des Dishwasher scheint einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben. Als studierende Arbeiterkinder haben wir dreimal Freerk Huisken zu Diskussionsvorträgen nach Münster eingeladen. Das wird nicht mehr vorkommen. Er stellt die falschen Fragen, da er nicht zuhört.

  49. 25. Februar 2011, 17:54 | #49

    Es ist geradezu ein Hohn, wenn ein Freund bürgerlicher Unwissenschaftlichkeit wie Julius ausgerechnet im Zusammenhang mit der aus allem Verfügbaren ans Staatsbeweihräucherung zusammengestoppelten Arbeit von Herr Guttenberg davon faselt
    „Bisweilen muss man auf Theoreme zurückgreifen (z.B. aus A folgt B), deren Beweise hochkomplex sind und die nur mit großem Zeitaufwand überprüft werden können.“
    Auf was für „hochkomplexe“ „Beweise“ soll dieser gute Mann der CDU denn zurückgegriffen haben, was kann denn ausgerechnet dieser Staatsgewaltvertreter und Verrherrlicher „nur unter großen Zeitaufwand“ auf seine Richtigkeit geprüft haben müssen? Erst nach langem Abwägen des Pro und Kontra ist der Mann sich wohl seines Antikommunismus und dessen in Verfassung gegossener Staatsräson sicher geworden, oder wie soll man sich das vorstellen??
    Nochmal, wir hier reden gerade nicht über Mathematik als einer echten Grundlagenwissenschaft (hier deshalb auch ohne Anführungszeichen), über irgendeine Ingenieurwissenschaft oder die Physik von Nanoröhrchen: Der Ausgangspunkt ist eine Doktorarbeit über vergleichendes Verfassungsrecht mit solch „wissenschaftlichen“ Gemmen wie dem Punkt III Gottesbezug und US-Verfassung; die Rechtsprechung des US-Supreme – Court zur Trennung von Staat und Religion“!!
    Es zeugt von hochgradiger Uni-Borniertheit, die Frage runterzukochen zuder ausgesprochen blöden Schnapsfrage, wieviel Fußnoten denn für wissenschaftliches Arbeiten nötig seien. Es paßt dann auch dazu, daß die hier auftretenden Fans von „Wissenschaftlichkeit“ auf der Höhe dieser dunklen Zeiten, es selber mit dem Zitieren nicht so Ernst nehmen wie mit Unterstellungen. Aber das geht ja schön Hand in Hand. Wenn man solch eine Scheiße erst mal ein paar Semester oder im schlimmsten Fall sogar einige Jahre mitgemacht hat, dann fällt es offensichtlich enorm schwer, auch nur fünf Zentimeter Abstand davon zu gewinnen. Nicht umsonst darf sich unsere Regierung jedes Jahr wieder über Tausende und Abertausende Absolventen freuen, die das erfolgreich verinnerlicht haben, was hierzulande in BWL, Jura oder Sozialpädagogik (usw. usw.) als Wissenschaft verkauft wird.

  50. l
    25. Februar 2011, 19:19 | #50

    @neo: ich verstehe nicht, wieso du so abgehst. der text von huisken nimmt guttenberg nur als aufhänger, um das thema insgesamt mal zu beleuchten. es ist daher gar nicht zwangsläufig so, dass sich julius auf guttenbergs arbeit bezieht (sondern vllt schlicht auf seine diss, an der er zu arbeiten scheint). wo erörtert julius denn die anzahl nötiger fußnoten? das sind doch unterstellungen, was man leicht erkennen kann, wenn man mal julius‘ kommentare durchliest. julius mag falsches schreiben, aber dann muss man das doch kritisieren und nicht noch was dazudichten, um dann auf nen julius-pappkameraden zu schießen.
    du hast gerade schon fast schaum vor dem mund, und ich sehe nicht, dass das der diskussion dienlich ist. aber wenn du neue leser vergraulen willst, ist das natürlich deine sache.
    @andreas: sorry, aber du bist einfach argumentresistent. das zeigt ja auch deine antwort auf apple wieder mal deutlich (von wegen zuhören also): http://dishwasher.blogsport.de/2010/04/29/kritik-der-chancengleichheit-kritik/#comment-2699
    du pflegst nen leistungsidealismus, der sich gewaschen hat, findest selektion ok, solange nur gerecht, etc. das alles wurde schon rauf und runter debattiert – ich sehe nicht, dass man (in dem fall: ich mit dir; aber andere sehen das sicher ähnlich wie ich) sich da einigen kann.

  51. 25. Februar 2011, 19:47 | #51

    Tja LLL, das glaube ich dir gern (bzw. ich ärgere mich in der Tat darüber) daß du – und sicherlich reihenweise andere, die hier nur mitlesen – nichts verstehst, wieso ich die bisherige Guttenberg-Diskussion so gottendoof finde. Es gäbe (man muß leider auch hier den Konjunktiv bemühen) so viel zu klären, was wirklich wichtig ist, was aber zur Zeit zumindest auf dem planeten kommunismus abgeht sind die Kommentarrekorde bei dishwasher und nun sogar hier zu dieser Metadiskussion im wahrsten Sinn.
    Der von dir so hoch eingeschätzte Julius (immerhin ist er dir die wohlmeinend verteidigende Unterstellung wert, daß er vielleicht an seiner eigenen Dissertation arbeitet) steigt ein mit einer argumentlosen Salve gegen Freerks wohlformulierten Kritikartikel auf richtig hohem Niveau der Verunglimpfung „abstrus“ „Müll“, ahnungslos, unwissenschaftlich. Und was hast du dazu zu sagen, er „mag“ Falsches sagen! Das reicht mir von euch beiden mehr als genug, um meinem Ärger Ausdruck zu verleihen. Wenn du dessen und deine Beiträge als der Diskussion dienlich einschätzt, dann reden zumindest wir offenbar recht grundlegend aneinander vorbei.

  52. l
    25. Februar 2011, 20:54 | #52

    naja, wohlmeinende unterstellung oder sorgfältiges lesen?
    „wenn es mir als Durchschnittsdoktoranden überhaupt gelänge“ (julius, 25. Februar 2011 um 13:20 Uhr)
    ja, natürlich gibt’s viel zu klären. jetzt biste halt mit nem teil der kommentare nicht zufrieden – was soll’s. dishwasherig isses hier trotzdem noch lange nicht, du übertreibst ende nie.
    und nun: julius, der über twitter hierher kommt und huisken gar nicht kennt (was ich eher für normal halte, btw), hat auch falsches drauf – ja, was für eine überraschung! haben menschen tatsächlich mitunter falsche gedanken im kopfe und kennen die gsp-größen nicht. skandal! für zweites wurde er von dir prompt angepflaumt, er sei doch „unehrlich“ blabla. was ist denn bitte meta, wenn nicht die anpflaumerei, einer solle gefälligst zuerst mal bei wikipedia huisken nachschlagen. und mit dieser anpflaumerei bist übrigens nicht auf julius eingegangen, sondern hast dich qua unterstellung – er kenne doch huisken und den gsp eigentlich, sei also unehrlich – nur als angerührt dargestellt.
    sonst jammerst immer drüber, dass sich fast nie jemand zu dir verirrt, immer nur der gleiche kleine kreis unterwegs; dann kommt einer, der – was für ein zufall – wie ungefähr 99,9% der bevölkerung huiskens argumente nicht kennt und auch sonst nicht allzu viel kritik am wissenschaftsbetrieb, und wird begrüsst auf ne art – da kann ich nur dazu gratulieren!

  53. 25. Februar 2011, 21:34 | #53

    Nochmal, du Ignorantin l (übrigens der dööfste Nick, den man sich nur zulegen kann), ich habe Julius nicht Majestätsbeleidigung vorgeworfen, Freerk ist auch für mich keine, kannste ihn ja mal danach fragen, sondern ich habe ihm vorgeworfen, daß er, ohne daß er auch nur ein einziges Argument von Freerk auch nur nachvollziehbar zur Kenntnis genommen hat, geschweige sich damit auseinandergesetzt hat, ihn gleich vom hohen Roß des übrigens nur recht hypothetischen Doktorandenstatus, mehr kann man da gesichert ja gar nicht rauslesen, also aus der Ecke der bürgerlichen Unischeiße angemacht hat. Es hätte in der Tat wirklich nicht dessen Vita ergooglen müssen, oder auch nur eine seiner wissenschaftlichen Publikationen gelesen haben müssen, es hätte schon gereicht, wenn er sich einfach mit diesem Text auseinandergesetzt hätte, statt den argumentlos abzutun. Es ist jämmerlich, ausgerechnet diesen Scheuklappenkarrieristen als blogsport last hope hochzustilisieren, auf den ich gefälligst zu setzen hätte. Dann lebe ich doch lieber mit den paar Hundert unbekannten Lesern dieses Blogs, von denen in der Tat keine Handvoll auch mal was schreibt zu dem Zeugs, was hier so gepostet, nachgedruckt oder diskutiert wird. So ist es eben, ich werde deshalb nicht verhehlen, wenn mir was aufstößt, zudem man hier ja wirklich recht viel Unfug schreiben kann, ohne daß ich jedesmal meinen Senf dazugebe.

  54. 25. Februar 2011, 23:11 | #54

    @ l

    du pflegst nen leistungsidealismus, der sich gewaschen hat, findest selektion ok, solange nur gerecht, etc.

    Du brauchst anscheinend diese Konstruktion. Es ist banal, dass Selektion nicht okay ist. Wenn du von der Hauptschule zur Realschule und dann zur gymnasialen Oberstufe wechselst, dann weißt du, dass Leistung und Selektion ideologische Begriffe sind. Ich habe bereits zu Realschulzeiten Tests aus diesem Grund verweigert.

  55. l
    26. Februar 2011, 00:23 | #55

    tests verweigert, aber nen akademischen abschluss? sachen gibt’s! und was heißt, selektion sei ein ideologischer begriff? ist doch ne tatsache, dass nur ca. 35% der menschen überhaupt bis zum abi kommen – die anderen werden brav rausselektiert davor.
    lies mal „Wie bitte wird man eine erfolgreiche (Ware) Arbeitskraft? Teil I-III“
    http://www.magazin-auswege.de/tag/findeisen/

  56. 26. Februar 2011, 01:45 | #56

    tests verweigert, aber nen akademischen abschluss? sachen gibt’s!

    Genau darüber wunderte sich auch schon die JF.

    ist doch ne tatsache, dass nur ca. 35% der menschen überhaupt bis zum abi kommen – die anderen werden brav rausselektiert davor.

    Verdammte Hacke! Die 35% der Menschen, die zum Abitur kommen, sind nicht einfach Menschen, sondern in der Regel Akademikerkinder! Ja, die Selektion ist verwerflich, keine Frage. Dass aber die Tatsache, dass von dieser Selektion nur Arbeiterkinder betroffen sind, als irrelevant bezeichnet wird – oder schlimmer noch, dass dieses Hinterfragen als „Blödelei“ bezeichnet wird, ist eine arrogante Frechheit.

    lies mal „Wie bitte wird man eine erfolgreiche (Ware) Arbeitskraft? Teil I-III“

    Hab ich gelesen. Fragen der sozialen Herkunft werden dort systematisch ausgeblendet. Selektive Wahrnehmung nennt sich das wohl.

  57. l
    26. Februar 2011, 11:05 | #57

    wenn man tests, schularbeiten, hausarbeiten und abschlussarbeiten ablehnt – also alles, wo man noten draufklatscht (und noten sind das selektionsmittel) -, dann kommt man nicht zu einem abschluss.
    nein, es wird nicht übersehen, dass das bei der selektion ne gewichtige rolle spielt. allzu verwunderlich ist das im übrigen nicht in einer klassengesellschaft. da braucht es auch massenhaft leute, die in der gosse leben. und auf was in debatten mit dir immer wieder hingewiesen wurde: dass die gosse nicht besser wird dadurch, wenn da total gerecht auch akademikerkinder reinselektiert werden. aber genau das ist schlussendlich deine politische forderung: als kapitalismus-idealist versteigst du dich zu aussagen wie etwa, eigentlich sollte im kapitalismus nur die leistung zählen (und ahndest dann verstösse gegen dieses ideal). damit hast du die konkurrenz unterschrieben, die gosse, die hierarchie – arm, reich – etc. dann widmest du dich dem kampf zur herstellung dieses gerechten kapitalismus.
    in den debatten gehst du dann nicht auf argumente ein – siehe apples beitrag – oder versteigst dich gleich zu lächerlichkeiten. http://umwerfend.blogsport.de/index.php?s=dishwasher

  58. Krim
    26. Februar 2011, 12:58 | #58

    „Dass aber die Tatsache, dass von dieser Selektion nur Arbeiterkinder betroffen sind, als irrelevant bezeichnet wird…“

    Von dieser Selektion sind alle betroffen. 1. Selektiert werden übrigens auch die, die weiterkommen, nicht nur Volksschüler. 2. Wird bei der Notenvergabe nicht nach dem Beruf der Eltern gefragt, sondern nach Beherrschung des Stoffs im Vergleich. Wenn großenteils Arbeiterkinder in der schulischen Konkurrenz unterliegen, liegt das an den schlechteren Ausgangsbedingungen und daran, dass es dem Staat zu teuer ist, die Bedingungen auszugleichen.

  59. l
    26. Februar 2011, 13:23 | #59

    und zwar zu teuer in bezug darauf, was er denn mit der selektion in der bildung erreichen will: nämlich für alle abteilungen des arbeitsmarktes humankapital produzieren. und da sagt er sich halt: es ist verschwendung, nen hilfsarbeiter jahrelang zu bilden – der muss nicht großartig viel können. und wenn man den zu lange in der bildung hält, kostet das unnötig; je früher da rausselektiert wird, umso besser, dann stehen die entsprechenden arbeitskräfte auch as soon as possible dem kapital zur verfügung, um sich nützlich zu machen.
    ausgleichende maßnahmen stellen sich so als verschwendung dar.

  60. Krim
    26. Februar 2011, 14:59 | #60

    Vor allem zu teuer in Bezug darauf, dass es Geld kostet Arbeiterkinder mit den gleichen Ausgangsbedingungen zu versehen wie Akademikerkinder. Da brauchts Bafög, Förderprogramme usw. Alles Kosten und Leistungen die Besserverdienende für ihre Kinder von sich aus aufbringen (können). Genug Akademiker produziert die Schule, Hochschule auch ohne ausgleichende Maßnahmen des Staates. Am Ergebnis gemessen also rausgeschmissenes Geld für den Staat.

  61. 26. Februar 2011, 18:01 | #61

    Interessant wäre es zu wissen, ob der sog. „Wissenskommunismus“, welcher Erkenntnis sofort vergesellschaftet und als Belohnung für den „Erkenner“ nur immaterielle Dinge wie Reputation liefert, ausreicht. Ich denke, dass beim Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus zu Beginn auch materielle Belohnungen wichtig sind und mit der Zeit zunehmend immaterielle Belohnungen Überhand gewinnen werden.

  62. 26. Februar 2011, 18:13 | #62

    @DP
    Deine Frage wird wohl so schnell nicht beantwortet werden (können). Erst wenn die Menschen, die das kapitalistische Eigentum (bei dem bekanntlich das geistige Eigentum genauso wichtig ist, wie das an Dingen) abschaffen wollen, dies auch geschafft haben werden, werden diese Leute entscheiden und deshalb auch sehen, ob das „ausreicht“. Bis dahin kann man nur versuchen möglichst vielen Menschen nahezubringen, das es für alle besser wäre, wenn Erkenntnisse möglichst bald möglichst überall eingesehen und umgesetzt werden würden.

  63. 26. Februar 2011, 18:29 | #63

    @Krim

    2. Wird bei der Notenvergabe nicht nach dem Beruf der Eltern gefragt, sondern nach Beherrschung des Stoffs im Vergleich. Wenn großenteils Arbeiterkinder in der schulischen Konkurrenz unterliegen, liegt das an den schlechteren Ausgangsbedingungen und daran, dass es dem Staat zu teuer ist, die Bedingungen auszugleichen.

    Ich kanns nicht mehr hören.
    Genau so einen Unsinn verbreitet auch Freerk Huisken.
    Es werden nicht nur zahlreiche empirische Studien ignoriert (Hamburger LAU-Studie, IGLU I + II, AWO-Langzeitstudie, Hradils Schulnoten-Untersuchung).
    Sondern das ist auch jedesmal aufs Neue ein Schlag ins Gesicht der Arbeiterkinder, die wie ich mit einem guten Notendurchschnitt eine Hauptschulempfehlung bekamen.

  64. l
    26. Februar 2011, 18:54 | #64

    ja, ja, ungerecht, die derzeitige selektion. also für gerechte selektion kämpfen. wobei auf jeden fall hinzugefügt sei, dass es „banal [ist], dass Selektion nicht okay ist“. weil man sich denkt, damit könne man den kritikern den wind aus den segeln nehmen. allerdings: wer selektion an sich ablehnt, verbringt nicht tag und nacht mit dem beklagen ungerechter selektion und der forderung nach gerechter selektion.
    lass wenigstens diese heuchelei a la „dass selektion nicht ok ist, ist banal“ weg.

  65. Krim
    26. Februar 2011, 19:49 | #65

    Möglicherweise bin ich da nicht auf dem Laufenden. Früher gab es einen Zeugnisdurchschnitt am Ende der 4. Grundschulklasse und wenn man diesen Durchschnitt hatte, konnte man auf’s Gymnasium. Gibt es irgendwo einen brauchbaren link, der prinzipiell erklärt, wie das gehandhabt wird. Das was ich gefunden habe war nicht besonders erhellend.

  66. 26. Februar 2011, 19:50 | #66

    Der Kreislauf:
    A: Selektion insgesamt ist abzulehnen, es ist erklärungsrelevant warum nach Sozialer Herkunft selektiert wird, warum das Leistungsprinzip ausgehebelt wird und Arbeiterkinder bei gleicher Leistung schlechtere Noten bekommen.
    B: Arbeiterkinder erhalten keine schlechtere Noten, es wird nur nach Leistung benotet und der Staat gleicht lediglich den Nachteil der Arbeiterkinder nicht aus.
    A: Falsch: LAU, IGLU, AWO, Hradil -> Arbeiterkinder haben nicht nur einen Startnachteil, sondern erhalten auch bei gleicher Leistung schlechtere Noten.
    C: ja, ja, ungerecht, die derzeitige selektion. also für gerechte selektion kämpfen. wer selektion an sich ablehnt, verbringt nicht tag und nacht mit dem beklagen ungerechter selektion und der forderung nach gerechter selektion.
    usw.
    Ihr geht nicht darauf ein, warum Arbeiterkinder insbesondere als Arbeiterkinder selektiert werden. Entweder ihr leugnet die Tatsache (Krim) oder ihr lenkt ab, indem ihr unterstellt, wir würden Selektion insgesamt befürworten (l).

  67. l
    26. Februar 2011, 20:08 | #67

    ja, andreas: da macht sich gegenüber arbeiterkindern nochmal extra der klassenrassismus geltend. aber woraus speist sich denn der klassenrassimus? – aus der sortierung der menschen in oben und unten. da wird so getan, als wäre ihre sozioökonomische position ihrer natur und/oder moral entsprechend – der markt als gerechtes selektionsinstrument, das jeden an seine stelle setzt entsprechend seiner fähigkeiten. die herkunft aus der arbeiterklasse haftet so an einem wie stallgeruch: moralisch verkommene, ungesittete eltern und/oder verdummte eltern – und der apfel fällt nicht weit vom stamm. ja, diesen klassenrassismus hegen viele lehrer, wie auch sonst viele. wer bestreitet das?

  68. 26. Februar 2011, 20:26 | #68

    Wer das bestreitet? Jetzt gerade eben Krim, aber auch Huisken bestritt das – zumindest in den Veranstaltungen, zu denen wir ihn eingeladen hatten.
    Wichtiger ist aber die Frage, ob es Sinn macht, diesen Klassenrassismus oder Klassismus anzugreifen. Und bei dieser Frage nützt es reichlich wenig, wenn unterstellt wird, man wolle Meritokratie und Leistungsgerechtigkeit. Man muss die Widersprüche des Gesellschaftssystems deutlich machen.

  69. l
    26. Februar 2011, 20:30 | #69

    klassenrassismus angreifen, also die zum kapitalismus und der sortierung in unten und oben passende ideologie: ein kampf gegen windmühlen. man muss da schon den kapitalismus angehen, um die ursache zu beseitigen. erstens.
    zweitens: selbst wenn (ist eh nur phantasterei) die ideologie abzuschaffen wäre, bliebe da noch die realität: dass nach unten und oben sortiert wird mit entsprechenden folgen für die betreffenden.

  70. 26. Februar 2011, 20:36 | #70

    @Krim,
    der Dishwasher ist voll mit Artikeln zum gymnasialen Übergang. Der Notendurchschnitt spielt nur bedingt eine Rolle. Es gab nur übergangsweise jetzt in NRW die Regelung, dass Lehrer_innen bestimmten, in welche Schulform ihre Schüler_innen wechseln sollten. Das wird jetzt wieder abgeschafft. Ich glaube, in allen Bundesländern bestimmen dann wieder allein die Eltern.
    Lehrer_innen benachteiligen Arbeiterkinder im Schulübergang, Eltern sind aber insgesamt noch sozial selektiver, da untere Schichten sich an die sozial selektiven Empfehlungen der Lehrkräfte orientieren, Akademiker_innen ihre Kinder aber so gut wie immer aufs Gymnasium schicken.
    Das erste, was im Hamburger Schulkampf wieder zurückgenommen wurde, war eine auf Leistung basierende Schulformempfehlung. Westerwelle bezeichnete es als Dekadenz des Schulsystems, wenn nicht mehr Eltern entscheiden könnten, auf welche Schule ihre Kinder zu gehen haben. Zur IGLU-Studie http://dishwasher.blogsport.de/2010/01/15/der-klassenkampf-der-reichen-eltern-in-hamburg/

  71. 26. Februar 2011, 22:43 | #71

    @ l
    1. Klassenrassismus ist keine Ideologie.
    2. Gibt es keinen Kapitalismus, in dem sich die Klassenreproduktion sozial gerecht gestaltet.
    3. Zeigen gesellschaftliche Widersprüche wie der Hamburger Schulkampf, die Sarrazin- und die Guttenberg-Affäre, dass die Thematisierung der Klassenreproduktion vom Standpunkt studierender Arbeiterkinder Sinn macht.

  72. 26. Februar 2011, 23:09 | #72

    Das war jetzt aber doch wohl Satire, Andreas, wenn du schreibst:

    „[Es] Gibt .. keinen Kapitalismus, in dem sich die Klassenreproduktion sozial gerecht gestaltet“

    oder solltest du das tatsächlich ernst meinen, so nach dem Prinzip,ex post noch für eine sozial gerechte Verteilung der Hexenverbrennungen einzutreten oder bei Berufsverboten streng gerecht die Geschlechterquote einzuhalten??

  73. 26. Februar 2011, 23:21 | #73

    Es ist übrigens blöd, wenn man bestreiten wollte, daß die Selektion, so „ungerecht“ sie sowieso ist, nicht auch noch zusätzlich von allerlei „Fehlurteilen“ begleitet bzw. umgesetzt würde, die sich dem Klassendünkel der Lehrerschaft, dem vorherrschenden Bild, daß Arbeiterkinder es einfach nicht so richtig bringen (können) usw. verdanken. Warum sollte in einer irrationalen Gesellschaft auch ausgerechnet sowas brutales wie die Sorteierung der Menschen auf ganz unterschiedlich lausige Lebensperspektiven auch nur im Rahmen dieser Zielsetzung „rational“ abgehen? Nur immer wieder die Frage, wofür ist diese Erkenntnis den wichtig, wenn es darum geht, das gesellschaftliche Fundament aus den Angeln zu heben, daß so eine Scheiße notwendigerweise produziert, samt seinen „Auswüchsen“?

  74. 26. Februar 2011, 23:41 | #74

    Wenn Kapitalismus und sozial ungerechte Klassenreproduktion miteinander gekoppelt sind, dann ist es egal, ob man das eine oder das andere abschafft – mit dem einen muss man auch das andere abschaffen.
    Soziale Selektion ist keine „irrationale Begleiterscheinung“ der „rationalen Selektion“. Wie der Hamburger Schulkampf gezeigt hat, wird soziale Selektion bewusst und effizient forciert und setzt sich auch gegen ein Bündnis von CDU/SPD/GRÜNE/LINKE und vielen anderen Verbänden durch.
    Wie der Fall Guttenberg zeigt, ist der Bevölkerung irgendeine „Selektion nach Leistung“ schietegal – hauptsache man hat einen Adligen, also eine Selektion nach sozialer Herkunft.

  75. l
    27. Februar 2011, 00:45 | #75

    „@ l
    1. Klassenrassismus ist keine Ideologie.“
    doch, natürlich. oder willst du jetzt behaupten, dass sarrazin richtig damit liegt, wenn er sagt, dass h4-empfänger moralisch verkommen und dümmer sind?

    „a) Wenn schon die „Unterschiede“ zwischen Reichen und Armen, Unternehmern und Arbeitern, Grundbesitzern und Obdachlosen grundsätzlich in Ordnung gehen, dann trifft das „Schicksal“, das den einen hier und den anderen dort einordnet, zwar hie und da den Falschen, grundsätzlich aber den Richtigen – zumindest sollte es so sein, und das läuft auf dieselbe Überzeugung hinaus: Die national organisierte
    Auslese und Verteilung der Leute auf die gegebene Hierarchie von „ganz unten“ bis zur „Elite“ ist nicht das, was sie ist, sondern durch den Anspruch definiert, jedem das Seine zuzuteilen. Alle Ausnahmen bestätigen die Regel, dass in einer guten Volksgemeinschaft ein jeder
    das werden soll und letztlich auch wird, was er – „je schon“ – ist. Für diese Überzeugung muss niemand das Erfolgsgen für Millionäre, Schuster oder Politiker entdeckt haben (es langt schon, dass der Wahn, es gäbe so etwas, allemal auf zustimmendes Interesse stößt!). Das Einverständnis mit dem Ergebnis gibt den „Rückschluss“ auf die gegebene Ausstattung der Individuen her – so dass am Ende der fertige Kapitalismus wie die
    vollendete Ausschöpfung der natürlichen Vielfalt von Begabungsreserven aussieht. Das ist die erste Spielart des Rassismus: die Interpretation der gesellschaftlichen Charaktere als natürlich bedingte Unterarten der Gattung Mensch.“

    genau das ist klassenrassismus.
    quelle: gegenargumente.de rassismus-broschüre
    http://www.gegenargumente.de/broschueren.html
    2. hä?! was ist denn das für ein blöder maßstab?! ich bin proletin und als solche geschädigte – und ob dir das sozial gerecht vorkommt oder nicht, ist mir egal. ich will die lohnarbeit abschaffen. und doch nicht nur andere zu proleten machen, „sozial gerecht“!
    3. jaja, aber was richtiges sollte bei der beschäftigung halt auch rauskommen.

  76. l
    27. Februar 2011, 01:01 | #76

    „Wenn Kapitalismus und sozial ungerechte Klassenreproduktion miteinander gekoppelt sind“
    1. was soll „sozial gerechte klassenreproduktion“ sein?
    2. ja „wenn“. wenn es so ist, dann. wenn es anders ist, dann anders. ja, vielleicht widmest dich mal der frage, ob! das wär‘ doch schon mal was. – gibt es einen systematischen zusammenhang zwischen kapitalismus und dem umstand, dass arbeiter und ihre kinder in aller regel unter die räder kommen – und zwar nicht nur im bildungsbereich?!
    3. guttenberg und co: ja, klassenrassismus funktioniert eben so: wenn einer oben ist, dann hat er viel geleistet. guttenberg ist immer noch oben, also hat er viel geleistet, auch ohne diss immer noch genug. weil: wäre er minderwertiger minderleister, säße er ja in der gosse.
    4. „Wie der Hamburger Schulkampf gezeigt hat, wird soziale Selektion bewusst und effizient forciert“
    es wurde dir von krim und mir auch schon erklärt, wieso. es ist billiger!

  77. 27. Februar 2011, 01:11 | #77

    Klassenrassismus ist nicht nur Ideologie. Mit Foucault und Bourdieu würde ich behaupten, dass sich die soziale Herkunft körperlich einschreibt. Und damit sind nicht nur Tischmanieren gemeint, sondern auch Fragen der Mortalität und Morbidität. Mit Sarrazin ist man auch nicht mehr weit von der Zwangssterilisierung entfernt. Auch Schulgebäude sind etwas anderes als „Ideologie“.
    Du willst die Lohnarbeit abschaffen? Und du meinst, es ist eine gute Strategie, empirische Daten zur Ungerechtigkeit des Systems zu ignorieren? Die realen Widersprüche sind relevant.

  78. l
    27. Februar 2011, 01:21 | #78

    früher abkratzen tun die leute nicht wegen dem klassenrassismus, sondern weil man als prolet verheizt wird im kapitalismus. du denkst dir: wenn man nimmer schlecht über proletenkinder denkt, wird’s kuschelig für die gut 90% lohnabhängigen. mal abgesehen davon, dass sich klassenrassismus nur gemeinsam mit dem kapitalismus abschaffen lässt, ist das halt ein falscher gedanke: als stahlarbeiter am hochofen krepiert man trotz ansehen und wertschätzung und nettem bildungsweg meist vor 60.
    arme leute, also lohnabhängige, wohnen auch schlechter – weil der lohn so knapp -, auch ein faktor, wieso sie früher sterben. das ist ökonomie.
    und was ist mit sarrazin? der idenfiziert millionen überflüssige, h4-empfänger -überflüssig im sinne von: das kapital hat keinen bedarf an ihnen. und der dichtet sich das klassenrassistisch um. ja, gäbe es ohne den klassenrassismus plötzlich keine millionen von abgehängten mehr, die vom kapital als unnütz betrachtet werden?! doch. natürlich. das ist ökonomie.

  79. 27. Februar 2011, 01:40 | #79

    mal abgesehen davon, dass sich klassenrassismus nur gemeinsam mit dem kapitalismus abschaffen lässt.

    Du gibst es ja selbst zu: Klassenrassismus und Kapitalismus sind miteinander gekoppelt.
    Aber deine Anaylse von Klassenrassismus ist falsch:

    früher abkratzen tun die leute nicht wegen dem klassenrassismus, sondern weil man als prolet verheizt wird im kapitalismus

    Die Möglichkeit ein gesundes Leben zu führen wird nicht erst mit dem Eintritt in die Lohnarbeit begrenzt, sondern bereits pränatal in Abhängigkeit der Klassenpositionierung der Erziehungsberechtigten.
    Wenn du unter Prolet die soziale Herkunftsklasse verstehst, gebe ich dir Recht, wenn du unter Prolet die Klassenposition im Produktionsbereich verstehst, hast du eine verkürzte Sichtweise auf die sozialen Gesundheitsbedingungen.

  80. Krim
    27. Februar 2011, 01:42 | #80

    „Der Notendurchschnitt spielt nur bedingt eine Rolle. Es gab nur übergangsweise jetzt in NRW die Regelung, dass Lehrer_innen bestimmten, in welche Schulform ihre Schüler_innen wechseln sollten. Das wird jetzt wieder abgeschafft. Ich glaube, in allen Bundesländern bestimmen dann wieder allein die Eltern.“

    Hm. Wie ist das denn passiert, dass der Notendurchschnitt nicht mehr ausschlaggebend ist? Ist da eine Selektionskritik mißverstanden worden, sodass dann die Lehrer aus dem Bauch heraus bestimmen? Nach welchen Kriterien eigentlich, wenn nicht nach schulischer Leistung, die sich in Noten ausdrückt? Ist ja klar, dass dann das verkehrte Bewusstsein (Klassenrassismus) der Lehrer auch in der Selektion sich niederschlägt.
    Und wenn jetzt neuerdings die Eltern bestimmen sollen. Was heißt das? Da würde ich zunächst denken, warum schicken dann nicht alle Eltern ihre Kinder auf’s Gymnasium. Heißt das dann vom Staat aus, dass man Ausbildung einfach dem Geldbeutel der Eltern überlässt.

    „Die Möglichkeit ein gesundes Leben zu führen wird nicht erst mit dem Eintritt in die Lohnarbeit begrenzt, sondern bereits pränatal in Abhängigkeit der Klassenpositionierung der Erziehungsberechtigten.“

    Die Frage ist doch: Was ist der Skandal? Der Selekstionsmaßstab oder die Selektion auf die Klassen, bzw. die Zuweisung von Menschen in eine Klasse, die Armut und Mühsal und Gesundheitsruinierung bedeutet.

  81. l
    27. Februar 2011, 04:12 | #81

    „Du gibst es ja selbst zu: Klassenrassismus und Kapitalismus sind miteinander gekoppelt.“
    ach ne.
    und weil es wohl untergegangen ist:
    und was ist mit sarrazin? der idenfiziert millionen überflüssige, h4-empfänger -überflüssig im sinne von: das kapital hat keinen bedarf an ihnen. und der dichtet sich das klassenrassistisch um. ja, gäbe es ohne den klassenrassismus plötzlich keine millionen von abgehängten mehr, die vom kapital als unnütz betrachtet werden?! doch. natürlich. das ist ökonomie.

  82. Krim
    27. Februar 2011, 12:10 | #82

    Man kann’s auch anders sagen. Warum ist denn der Selektionsmaßstab überhaupt wichtig? Deswegen, weil der Topf in den die allermeisten einsortiert werden, so eine unangenehme Angelegenheit ist. Wenn man die Leute selektieren würde in welche die Erdbeereis bekommen und welche die Kirscheis bekommen, dann wäre die Einteilung in eine der Gruppen ja wohl halb so schlimm (Allergiker mal ausgenommen). Beides schmeckt ja gut. Oder Ausflug nach Hamburg oder Berlin. Ist doch beides ne Reise wert.
    Wenn die Menschheit aber sortiert wird in Arbeiter und besserverdienende ausgebildete Arbeiter, dann wird über das Wohl und wehe eines Schicksals entschieden. Dann wird ein Volk geschieden in welche die zur Ausbeutung vorgesehen sind und in welche, die sie organisieren und betreuen. Auf dieser Grundlage, weil jeder weiß was ein Leben in Armut bedeutet, wird doch der Maßstab der Auslese überhaupt erst interessant. Wer sich dann aber bloß über den Maßstab aufregt und nicht darüber, worum es in der Selektion geht, für den geht die Existenz zweier Klassen, die Existenz von Ausbeutern und Ausgebeuteten, prinzipiell in Ordnung. Bloß soll es eben die Anderen treffen.

  83. antikap
    27. Februar 2011, 14:14 | #83

    dishwasher befolgt das St.-Florians-Prinzip. Wenn man egozentrisch sich nur seine Gruppe von 10, 20 Arbeiterkindern anschaut, ist es freilich ein Triumph über „die“ Selektion, wenn diese paar Leute Selektionsgewinner werden. Man setzt dabei nur voraus, dass es keine anderen Menschen gibt, die Verlierer der Selektion sind und die zu Verlierern werden, weil ihr Gewinner werdet. Antidiskriminierungspolitik lebt von der egozentrischen Sichtweise einer Gruppe, die sich für eine Avantgarde hält. Und das tut jede solche Gruppe. Letztlich bekämpfen sich die Ausgebeuteten zusätzlich noch untereinander, statt gegen das System zu kämpfen.
    Das Gerede, Arbeiterkinder (oder sonst irgendeine Gruppe) würden diskriminiert, kann ich auch nicht so stehen lassen. Es werden immer Einzelne von irgendwelchen Entscheidungen getroffen. Mir z.B. ist es völlig egal, ob sich eine Gruppe finden lässt, in der der Prozentsatz der Betroffenen höher ist als in einer anderen Gruppe. Ist das der Fall, so identifiziere ich mich nicht mit dieser Gruppe. Es ändert nichts an der Quantität und Qualität meiner Ausnutzung durch das Kapital, ob mit mir Arbeiterkinder, Frauen, Männer, Junge, Alte oder sonst irgendwelche arbiträren Gruppen auch noch mitvernutzt werden. Weder tröstet es mich als Adliger nicht aufs Gymnasium zu kommen, noch schmerzt es mich als Arbeiterkind nicht aufs Gymnasium zu kommen. Der Schaden ist immer derselbe unabhängig davon, wieviele in einer Gruppe, der ich angehöre, dasselbe Schicksal erleiden. Mein Leid wird nicht größer, weil andere auch leiden. Diese Ideologie zu glauben ist der Grundfehler aller Antidiskriminierungsbewegungen, am reichhaltigsten wohl durch den Feminismus exemplifiziert.

  84. 27. Februar 2011, 18:10 | #84

    Die Frage ist doch: Was ist der Skandal?

    Ich dachte die Frage sei, wie eine Gesellschaft erschaffen werden kann, in denen die Menschen keine geknechteten und verächtlichen Wesen mehr sind.

  85. Krim
    27. Februar 2011, 19:01 | #85

    @antikap: Genau. @andreas: Die Antwort auf deine Frage (Gesellschaft ohne geknechtete, verächtliche Wesen) ist nicht das Wechseln des Selektionsmaßstabs, sondern die Abschaffung der Ausbeutung und damit der Klassen und damit der Notwendigkeit der Sortierung nach Klassen.

  86. 27. Februar 2011, 19:34 | #86

    Es ist wohl kein Zufall, wenn Andreas als Ziel die Formulierung “ keine geknechteten und verächtlichen Wesen mehr“ ausgibt, die stammt ja vom recht frühen Marx (Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung. MEW 1, S. 385). so sieht sich doch heutzutage wenigstens hierzulande gar keiner der Klasse, die früher das Proletariat genannt worden ist, und die sich zumindest in ihrer Avantgarde auch so verstanden hat. Heute sind doch die Mitarbeiter in ihren Firmen mit Diversity-Programmen und Fortbildungen usw. sowas von anerkannt, daß die Verhältnisse, die Marx zu dem zitierten Spruch gebracht haben und die im wesentlichen Kern trotz rund 100 Jahren Versozialstaatlichung und rechtlicher Integration ja geblieben sind den meisten als längst überkommenes Relikt aus den schlimmen Manchester-Kapitalismus-Zeiten gelten, die hier zumindest als überwunden gelten.

  87. pion
    27. Februar 2011, 19:40 | #87

    @andreas

    „Du willst die Lohnarbeit abschaffen? Und du meinst, es ist eine gute Strategie, empirische Daten zur Ungerechtigkeit des Systems zu ignorieren?“

    Ja, die Statistik kann man getrost ignorieren, schon weil du den untauglichen Maßstab verrätst, für den die Empirie gut sein soll: Du glaubst, Gerechtigkeitsfragen hätten etwas mit der Abschaffung von Lohnarbeit zu tun. Wer sich aber an der ungerechten Verteilung der kapitalistischen Schäden (Armut, Diskriminierung usw.) stört, geht wie selbstverständlich von der Notwendigkeit des Schadens aus, mit dem Vorbehalt es würde die falschen Leute treffen (s. antikap). Was ist denn gewonnen, wenn Akademikerkinder (in deiner Vision irgendwann) genauso schlecht dran sind wie Arbeiterkinder?

  88. antikap
    27. Februar 2011, 22:53 | #88

    Wer sich aber an der ungerechten Verteilung der kapitalistischen Schäden (Armut, Diskriminierung usw.) stört, geht wie selbstverständlich von der Notwendigkeit des Schadens aus …

    Das ist aber gar nicht kritikabel. Die Notwendigkeit der Schäden sollte eigentlich jeder erkennen, weil sie schlichtweg zum Kapitalismus gehört. Sie zu erkennen ist eine Voraussetzung, um den Kapitalismus zu überwinden. Und auch mit dem Engagement in antidiskriminatorischen Gruppen ist keineswegs automatisch eine Billigung dieser Notwendigkeit verbunden. Es ist lediglich eine absolut unwirksame Methode, Schädigungen beseitigen zu wollen, indem man sie auf andere verteilt und sich dann in tausenden Gruppen Konkurrenz um das gerechte Maß an Schädigungen macht.

  89. 28. Februar 2011, 07:43 | #89

    Es ist lediglich eine absolut unwirksame Methode, Schädigungen beseitigen zu wollen, indem man sie auf andere verteilt und sich dann in tausenden Gruppen Konkurrenz um das gerechte Maß an Schädigungen macht.

    Daher verfolge ich einen intersektionellen Ansatz und ich sage nicht: „Akademikerkinder auf die Hauptschule!“, sondern „Eine Schule für alle!“, entsprechend „Elternunabhängiges Bafög“ bzw. gleich eine bedingungsloses Grundeinkommen für alle usw. bis hin zur Vergesellschaftung der Produktionsmittel.
    Zudem wird hier permanent unterschlagen, dass Selbstorganisierung von diskriminierten Gruppen mit einer erkenntnistheoretischen Positionierung einhergeht.

  90. 28. Februar 2011, 08:48 | #90

    Andreas, wenn die Funktion des Schulsystems, egal ob das nun n-geteilt oder eine „Einheitsschule“ ist, die hierarchie“gerechte“ Produktion entsprechender Abgängerzahlen ist, dann ist deine Forderung „Eine Schule für alle“ schon mal kein Angriff auf die Verteilungslogik per Selektion. Zudem selbst du ja beschreibst, wie schon das Kriterium der gleichen Prüfungen für die Notenvergabe die Ungleichheit der Ausgangsbedingungen der Schüler unterschiedlicher Schichten im Wesentlichen perpetuiert.
    Zudem liegen zwischen der Reform des Schulwesens *im* Kapitalismus, also bei Beibehaltung der Zwecke für die das da hingestellt wird, und deren Abschaffung nach „Vergesellschaftung der Produktionsmittel“ herkömmlich bei Mutigeren auch Revolution genannt, schon noch Welten. Wie man an dir ja auch schön ablesen kann.

  91. 28. Februar 2011, 11:09 | #91

    Zum Wegdriften dieses Threads vom Ursprungsposting paßt sehr gut der Kommentar von Freerk Huisken:
    „für den Gedanken, auf den es mir ankommt – geistiges
    Eigentum!!! – ist diese Debatte total Wurscht.“

  92. umwerfend
    28. Februar 2011, 11:17 | #92

    welcher erkenntnisprozess?

    „Die armen Studis bei uns im billigen Wohnheim haben das auch getan, die waren überaus „ressourcenreich“. Die haben auch Dinge vom Sperrmüll gesammelt und aufbereitet.“ (kommentar bei dishwasher)

    hier wird sich positiv auf das bezogen, wozu man von den verhältnissen gezwungen wird. das ist übrigens auch die einzige gemeinsamkeit von arbeiterkindern: dass sie allesamt zu sowas gezwungen werden. zB auch zum kuscheln untereinander, obwohl sie sich vielleicht gar nicht leiden können, aber in der not hat man keine wahl und muss sich arrangieren. das zurechtkommen-müssen im kapitalismus wird hier zum wichtigen element im sozialisierungsprozess umgedichtet, wo sich dann positive charaktereigenschaften herausbilden und „ressourcen“ entdecken lassen. (falls du sarrazin gelesen hast: da gibt’s berührungspunkte.)
    sowas hat mit kritik nichts (mehr) zu tun. denn schlussendlich läuft das auf ein lob der verhältnisse raus, zumindest implizit.
    den gleichen fehler hat der differenzfeminismus gemacht: man hat sich positiv auf die „weiblichkeit“ bezogen, die doch nur ein produkt der sexistischen gesellschaft ist.
    im beitrag „Warum studierende Arbeiterkinder einen Erkenntnisvorteil haben – wissenschaftssoziologische und sozialpsychologische Überlegungen“ wird das ganze dann theoretisch ausformuliert. schon lässig, dass die verhältnisse den arbeiterkindern die möglichkeit geben, so viel „erkenntnisse“ zu gewinnen.
    dann das:

    „Ich halte die These nicht für übertrieben, dass die studierenden Arbeiterkinder aufgrund ihrer sozialen Erfahrungen in besonderem Maße in der Lage sind, die Gesellschaft human zu gestalten.“

    hier wird einfach abgesehen davon, dass das einzige, was arbeiterkinder gemeinsam haben, ist, dass sie unter den gegebenen verhältnissen doppelt und dreifach geschädigt werden. aber sonst so? es gibt unter (studierenden) arbeiterkindern selbstverständlich genauso sexisten, rassisten und natürlich auch klassenrassisten. weil die gesellschaftliche position doch nicht bestimmt, was man sich für gedanken dazu macht!
    von daher ist es auch kein wunder, wenn mir zum thema „arbeiterkind als uniprof“ gleich ein vizerektor einer österr. uni einfällt, der stolz drauf ist, arbeiterkind gewesen zu sein und gleichzeitig für studierengebühren etc ist (und den umstand, dass die selektion besonders hart zuschlägt bei arbeiterkindern, bestreitet).
    der artikel macht, was die alte frauenbewegung auch gemacht hat: damals hat man die „geistige mütterlichkeit“ abgefeiert und meinte, wenn nur mehr frauen – die ja so super mütterlich sind – in die politik gehen, wird die gesellschaft besser. die nationalistinnen, die sozialistinnen, die bürgerinnen und arbeiterinnen … alles „geistige mütter“.

  93. umwerfend
    28. Februar 2011, 11:27 | #93

    @neo: welche debatte jetzt? und sollen wir die debatte abbrechen, nur weil es huisken um einen anderen gedanken geht? dass es jemandem um einen anderen gedanken geht, ist im übrigen kein argument.

  94. 28. Februar 2011, 11:55 | #94

    umwerfend, ich nehme an, daß Freerk mit Debatte diesen Thread hier meint, denn sonst wurde ja nur noch bei dishwasher über Guttenberg diskutiert (und etwas näher am Text bei Christian Siefkes über Huisken). Deine Frage, „sollen wir die debatte abbrechen, nur weil es huisken um einen anderen gedanken geht?“ ist offensichtlicher Unfug: Weder Freerk noch irgendjemand sonst hat bisher geäußert, diese Debatte hier abzubrechen und ich bin eh bekannt dafür, daß ich sowas so gut wie nie mache. Erst recht nicht, wenn „nur“ ein Thread bei den Kommentaren zu was ganz anderem weiter oder übergeht, als der Ursprungsbeitrag hätte naheliegen lassen. Den Thread „Peter Decker zu Lohn …“ habe ich deshalb extra nachträglich umbenannt, damit man wenigstens die Weiterungen gleich mitkriegt, früher habe ich auch ein paar mal mühselig einen neuen Thread extrahiert aus was anderem, das ist aber bei der vorgegebenen Blogstruktur eine elend mühselige Sache, hier ist halt kein Forum, wo sowas sicher eleganter ginge.

  95. uebrigens
    30. August 2011, 23:49 | #95

    Lieber Freerk Huiskens, und andere Diskutierende
    Das lag hier unfertig herum, und wurde nun erst fertig. Als Nachtrag zur Debatte um Guttenberg und Zitate
    Das Thema „Geistiges Eigentum“ war mit Guttenberg nicht umfassend behandelt, und es soll inhaltlich etwas ergänzt werden.
    Natürlich. Gedanken sind kein Gut, sie haben nur das Kriterium ihres Inhalts, das sie kennzeichnet, und der ist nicht dinglich. Insoweit kann herzlich egal sein, wer sie äussert, und wer sie erstmals aussprach. Worin sie bestehen, darauf kommt es an. Gedanken zurückzuhalten und gegen Geld zugänglich zu machen, oder sie im Konkurrenzkampf zu verwenden um andere auszustechen – wie bei Patenten der Fall – ist Unfug, wenn die Erweiterung von Kenntnissen das Ziel ist. Die verwirklichte Idee des „Geistigen Eigentums“ verhindert genauso wie das Eigentum an Produktionsmitteln und Grund und Boden das Notwendiges und Erwünschtes in genügender Zahl, bestmöglicher Qualität, mit geringstmöglichen Aufwand und in bekömmlicher Arbeitsweise produziert wird, indem es vom Gebrauch ausschliesst, bis Bedingungen erfüllt sind, die erlauben, das aus dem Eigentum neues und mehr Eigentum werde.
    Wäre dieses Eigentum aufgehoben, ein besseres Leben für die allermeisten wäre möglich.
    Ergänzen möchte ich, das es beim „Geistigen Eigentum“ noch um weit mehr geht, als um Konkurrenzvorteile im akademischen Beruf und um Patente. (Bei alledem aber immer darum, das in Form gebrachte Gedanken Warenform annehmen können, aus ihnen also etwas wird, dessen Zugänglichkeit von den Notwendigkeiten und Interessen des Eigentümers bestimmt wird (in dem Fall des Eigentümers an den massenhaften Kopien der in Form gebrachten Gedanken. Das zur Bekräftigung.)
    Bei der beschriebenen Konkurrenzkiste im Wissenschaftsbetrieb – am Beispiel Guttenberg – ärgern sich die Leute wohl mehr darüber, dass Guttenberg mit copy und paste die meisten Passagen seines Buches in sein wordfile geholt und dann hier noch ein Sätzchen gestrichen und da noch eine Formulierung aufgeplustert hat – mit wenig Mühe also viel Effekt machte. Einen Gedanken nachzuvollziehen und in eigenen Worten niederzuschreiben und damit eventuell abzuwandeln, macht allemal mehr Mühe, als ihn einfach abzuschreiben, dann ein paar Sätze zu streichen, die zu „kritisch“ sind; und noch ein paar Formulierungen in akademischer Manier grammatikalisch zu verschnörkeln.
    Eines hat dieser Guttenberg ausserdem getan: indirekt behauptet, er selbst habe in Archiven und Büchern dieses und jenes gefunden und gelesen und daraus Schlüsse gezogen. Die Arbeit hat er sich aber garnicht gemacht. Sondern die Schlüsse daraus gleich mit übernommen. Und damit den Leuten, die sich die Mühe solcher Forschung machten, einen Konkurrenznachteil verschafft, indem ihre mühsame Detailarbeit einmal weniger zitiert wurden als sie ein wissenschaftsbetriebliches Anrecht darauf hatten. Das ist der geringfügige Konkurrenznachteil, den er ihnen verschafft hat. Die Fleissarbeit, auf vierhundert Seiten die immergleiche bange Frage zu wälzen, ob der EU die Verfassung ebenso schön mithelfen kann, Weltmacht zu werden, wie es beim Vorbild in der Staatenbund-Konkurrenz USA vermeintlich der Fall ist, dabei allerlei Historisches und Juristisches beizuziehen, hat schwer Eindruck beim Doktorvater geschunden. Sie wäre Guttenberg als grosser Wurf angerechnet worden – wenn es eine solche gewesen wäre. Es steht übrigens durchgängig die Antwort drin, es sei ein grosses Problem, um das es da gehe, bei dem man sehr gespannt sein dürfe. Und kommt zum Schluss: Die Verfassung sei recht eigentlich aber auch nur ein Symbol und als Legitimation der Macht wichtig, die man als EU-Macht zur rechten Zeit in diesem Sinne richtig gestalten und richtig anwenden müsse. *
    Der „wissenschaftliche Standard“ der hier verletzt wurde, ist der Gleiche wie in der Schule, wo abschreiben verboten ist, ( in der Schule hatte man die Wahl, andere abschreiben zu lassen, oder nicht. Der Lehrer musste darauf aufpassen, und zwar auf beide: die Abschreiber, und die, die abschreiben lassen. Bei uns hätte niemand das Abschreiben gepetzt.)
    In der Uni, wo es um Reputation durch Zitiertwerden geht, ist das offenkundig anders. Ausserdem ist endgültig Schluss mit lustig. So einen schaumschlagenden politischen Repräsentanten abzuschiessen, war (und ist vielleicht immer noch) Plagiatsjägern viel Mühe wert. Das Guttenberg Schaum aus einer trüben Brühe schlägt, um das Staatsvolk damit gründlich einzuseifen und durch die restliche Brühe zu ziehen, hat sie nicht gestört. Nur das die Plörre – und damit der Schaum – unrechtmässig erworben waren. Soweit zu Guttenberg und das „Zitatrecht“.
    Beim „Geistigen Eigentum“ geht es zumeist um ein viel handfesteres „copyright“ als weggelassene Quellenangaben.
    Das „Recht der Vervielfältigung“(copyright) begründet das Eigentum an Inhalten, also Gedankenprodukten, die auf dinglichem Wege verbreitet werden, das heisst in Büchern, auf Tonträgern, in Filmen, auf Leinwänden und Papier, in Musiknoten und auf Software-CDs (resp. das solche Inhalte in reiner Datenform unter die Leute kommen.) Gebrauchswert eines Buches ist es, gelesen zu werden, also Leser folgen den Gedanken der Autoren. Warenwert des Buches ist, was der Leser dafür aufwenden muss, das Buch überhaupt besitzen zu dürfen. Und Warenwert ist das was dem Händler/Vertreiber/Verleger zufliesst, wovon Autoren evtl. etwas abbekommen. Copyright verhindert, das ein Buch einfach so unter die Leute kommt, weil es sie interessiert, dass es also einfach irgendwie vervielfältigt wird, so oft Leute oder Bibliotheken es haben wollen.
    (Schon Kant hat sich in „Von der Unrechtmässigkeit des Büchernachdrucks“ ausführlich und in „Metaphysik der Sitten“ kurz über das Nachdrucken von Büchern – mit Verlaub – ausgemährt. , das den Verleger „lädirt“, weil es dessen Interessen verletze, nicht aber die des Verfassers. Da steht schon so manches über das „Geistige Eigentum“. **) Wie mit Büchern ist es mit allen Medien. Es sei an die „rechtlichen Schritte“ gegen diejenigen erinnert, die sich im internet Lieder nicht bei itunes und ähnlichen kaufen, sondern einfach so herunterladen.(Ebenso verhält es sich mit dem Zugang zu vielen Computerprogrammen z.B. „Windows“)
    Je einfacher es ist, etwas zu vervielfältigen, desto mehr Geschrei und juristischer Eingriff ist notwendig, den Inhalt vorzuenthalten, bis er bezahlt wird. Gelingt es aber, die Bezahlung durchzusetzen, ist das Geschäft umso grösser, je weniger Aufwand die Vervielfältigung machte. Es ist einfach zu vervielfältigen, also muss es schwer gemacht werden, an den in Form gebrachten Gedankenstoff heranzukommen. Das Geld für diejenigen, die aufpassen, das möglichst wenig an der Kasse vorbei kopiert wird, kommt umso leichter wieder herein, je weniger Kosten das Vervielfältigen selbst macht. Und darum dreht sich das momentane riesige Interesse an „Geistigem Eigentum“ zum einen: das es neue Medien gibt, die neue Strategien des Ausschlusses erfordern.
    Zum anderen geht es dabei um Konkurrenzvorteile in der Produktion und Vermarktung. Aufs Patent ist Freerk eingegangen. *** Aber auch die Nachahmung der Form eines Gegenstandes taugt zu heftigen Konkurrenzkämpfen, die juristisch ausgetragen werden, sodass man froh sein kann, das es die runde Form des Rades bereits vor dem Patentamt gab, und das Fahrrad schon länger erfunden ist, als jedes Patent seine Laufzeit hat. (siehe Apple gegen Samsung und andere****)
    Autoren, Zeichner, Erfinder und Ingenieure sind in diesem System i.d. Regel entweder lohnabhängige oder abhängige Handwerker, die möglichst gering entlohnt werden – von Letzteren brauchen die meisten eine andere Einnahmequelle. Sie sind entweder Verkäufer, oder eine Art von Verpächter ihrer in Form gebrachten Gedanken („Rechtseinräumung“), de facto aber von ihren Abnehmern enteignet, weil auf Gedeih und Verderb auf sie angewiesen. – Manchen kommt es auch nur darauf an, das ihre Gedanken öffentlich werden. – Das, was jeder Produktion vorausgeht, nämlich zu überlegen, was und wie produziert wird; und diese Überlegungen in eine Form zu bringen, die sie verständlich und kritikabel macht, diese Selbstverständlichkeit wird zu einem hochkomplizierten Akt der „Kreativität“, wenn alle und jede menschliche Aktivität, die zielgerichtet auf die Produktion von Gebrauchsgegenständen ist, nur ein Ziel kennt – ein höheres: Das Eigentum Eigentum bleiben und sich vermehren muss, der Zugang zu menschlichen Produkten aller Art deshalb an komplizierte und aufreibende Bedingungen geknüpft wird, die ihrem Nutzen zum Gebrauch entgegenstehen.
    Das hielt ich des Aufschreibens und Postens für wert, weil es den Begriff des „Geistiges Eigentum“ vervollständigt.
    Was dieses anrichtet, kann bspw. jeder erfahren, der schon mal sein ganzes Geld für Bücher ausgab, oder eine software nicht kaufte, weil zu teuer, oder Ärger wg. filesharing hatte. Den Gedanken, die in den medien stecken, isses wurscht.
    Sie zählen erst, wenn wahrgenommen.
    * Keine Belegstellen hier. Selber lesen und überprüfen, wers genauer wissen oder sich seinen eigenen Reim auf die umfangreiche Arbeit machen will.
    ** http://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/suche.html
    Suchwort „Von der Unrechtmässigkeit des Büchernachdrucks“
    Suchwort „Metaphysik der Sitten“ dort: S.289 ff.
    ***Ob eine Fabrik wirklich wegen Patenten zugemacht wird, bezweifle ich.Vielmehr in der Regel deshalb, weil es anderswo bedauernswerte Leute gibt, die für weniger Geld ihre Haut verkaufen, als am seitherigen Standort.Den Agenten des Kapitals ist es wurscht wo, Hauptsache, das es verspricht, „sich zu rechnen“. Patente, Gebrauchsmuster kann man -als Kapitalist- oft „einfach“ kaufen, bei kapitalistisch lohnender Produktionsweise auch Aúfträge von Patent/ Schutzrechtsinhabern ausführen lassen.
    ****http://www.stern.de/digital/computer/apple-gegen-samsung-iphone-und-galaxy-zum-verklagen-aehnlich-1676200.html

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