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Existenzgeld: Von der Aneignung zur Teilhabe

3. November 2010

wildcat hat sich seit 1985 immer mal wieder der Existenzgeld/Bürgereinkommen/Bedingungsloses Grundeinkommen-Szene angenommen. So z.B. in einem Artikel aus 1994
Thesen zu Sozialstaat und Mindesteinkommen

1. Der Sozialstaats ist nicht in die Krise geraten, weil er zu teuer geworden ist, sondern weil er seine Aufgabe, den allgemeinen Arbeitszwangs aufrechtzuerhalten, nicht mehr erfüllen kann.
2. Der bisherige gesellschaftliche Konsens, der sich in dem System der Sozialversicherung ausdrückt, beruhte auf einer bestimmten historischen Klassensituation und einem dementsprechenden Arbeiterverhalten. Dieses ist seit den 70er Jahren dauerhaft in die Krise geraten.
3. Die Vorschläge zu einem Mindesteinkommen/Bürgergeld sind Versuche, die Absicherung des Arbeitszwangs angesichts veränderter Klassenverhältnisse wieder zu festigen.
4. Von einer revolutionären Perspektive aus kann es weder darum gehen, das alte System der Sozialversicherungen zu verteidigen, noch darum, sich an der Formulierung neuer staatlicher Sicherungskonzepte zu beteiligen.

oder 1999:
Der Linksreformismus wittert Morgenluft
Existenzgeldforderung und landläufige Vorstellungen –
oder: Warum schreiben sich Linke die kapitalistische Reproduktion auf ihre Fahnen?

Kategorien(3) Fundstellen Tags:
  1. Joe
    3. November 2010, 17:27 | #1

    Der gehört dann aber auch in die Reihe:
    http://www.wildcat-www.de/wildcat/35/wc35soz.htm

  2. AgneS
    5. November 2010, 07:16 | #2

    Weil es hier so schön auf den Punkt zu bringen ist, wo die Ursache der falsche Beurteilung der Wirkung des BGE liegt, versuche ich auch her mal meinen Beitrag zur besseren Einsicht:
    Aus dem von Joe zitierten Werk:

    „Die Höhe des gesamten Einkommens, das das Kapital der Arbeiterklasse zugesteht, richtet sich nicht allein nach dem naturnotwendigen Lebensminimum, sondern sie drückt auch den »politischen Preis« aus, für den die Arbeiter ihre Produktivität dem Kapital zur Verfügung stellen. Die Reproduktion der Arbeiterklasse besteht nicht in einem »ehernen Lohngesetz«, sondern in dem sozialen und politischen Verhältnis zwischen den Klassen. Zur Reproduktion der Arbeiter gehört nicht nur die Sicherung ihrer nackten Existenz, sondern auch die ständige Herstellung ihrer politischen Unterwerfung; die Anerkennung des Lohnarbeiterdaseins durch die Arbeiter ist Teil der Reproduktion. Je nach Klassenzusammensetzung und Bewußtheit der Klasse wird das Kapital daher auch eine höheren Preis zahlen müssen, der aber nichts daran ändert, daß mit ihm die Arbeiter in ihrer Eigentumslosigkeit fixiert werden.
    »In der Tat gehört der Arbeiter dem Kapital, bevor er sich dem Kapitalisten verkauft.« (Marx)

    Das Zitat steht hier nahezu als Beweis. Marx hat es gesagt!
    (Anstelle des Eingehens auf die vielen einzelnen Unzulänglichkeiten des Textes ist hier vielleicht mal folgender kleiner Hinweis das bessere Mittel in der Diskussion.)
    Erstaunlicherweise ist aber die Herleitung dieser Erkenntnis bei Marx genau andersherum zustande gekommen.

    Der kapitalistische Produktionsprozeß reproduziert also durch seinen eignen Vorgang die Scheidung zwischen Arbeitskraft und Arbeitsbedingungen. Er reproduziert und verewigt damit die Exploitationsbedingungen des Arbeiters. Er zwingt beständig den Arbeiter zum Verkauf seiner Arbeitskraft, um zu leben, und befähigt beständig den Kapitalisten zu ihrem Kauf, um sich zu bereichern.820 Es ist nicht mehr der Zufall, welcher Kapitalist und Arbeiter als Käufer und Verkäufer einander auf dem Warenmarkt gegenüberstellt. Es ist die Zwickmühle des Prozesses selbst, die den einen stets als Verkäufer seiner Arbeitskraft auf den Warenmarkt zurückschleudert und sein eignes Produkt stets in das Kaufmittel des andren verwandelt. In der Tat gehört der Arbeiter dem Kapital, bevor er sich dem Kapitalisten verkauft. Seine ökonomische Hörigkeit821 ist zugleich vermittelt und zugleich versteckt durch die periodische Erneurung seines Selbstverkaufs, den Wechsel seiner individuellen Lohnherrn und die Oszillation im Marktpreise der Arbeit.822

    (Quelle)
    Demnach wäre BGE eher ein Geld, das den Arbeiter aus der Verfügungsgewalt des Kapitals entlässt.

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