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Peter Decker zu den G8-Kritikern, Fortsetzung B

24. Mai 2007

Hier noch ein anschließender Auszug aus Peter Deckers Argumentation in Nürnberg:

Nun zu B: wer immerzu darauf rum reitet, dass die etwas Gutes unterlassen, der sagt etwas über diese Staaten. Nicht über ihre wirkliche Rechnung, sondern über das, was er für deren Aufgabe hält. Es ist ein Riesenbekenntnis dazu, dass sie daran glauben, dass diese imperialistischen Monster, von denen sie sagen, sie wollen sie versenken, von denen haben sie selber die unverwüstlich gute Meinung, die hätten lauter gute Aufgaben, an denen sie scheitern. Wer immer sagt, die unterlassen das Gute, der unterstreicht, daß sie eine Aufgabe hätten. Und zeigt sich enttäuscht.
Machen wir das noch an einer anderen Weise, wie sie einsteigen. Das ist das zweite längere Zitat, der Aufruf zur nächsten Demo in Rostock-Laage: „G8 blockieren, Kriege verhindern! Gegen Militarismus, Krieg und Folter.“ „Die GipfelteilnehmerInnen repräsentieren die acht mächtigsten Staaten der Welt, die daran teilhaben, die globalen Probleme erst zu produzieren, für die sie dann vermeintliche Lösungen beschließen. Sie sprechen von „Global Governance“ und „humanitärer Intervention“, „Stärkung der Zivilgesellschaft“ und „friedensbildenden Maßnahmen“, doch in Wirklichkeit nutzen sie gnadenlos das Recht der Stärksten, um eine Weltordnung zu schaffen, die ihrem Machterhalt und kapitalistischen Profitinteressen dient“. Worauf es mir jetzt erst einmal ankommt, ist die Geschichte mit den Problemen. Die sagen, diese Länder schaffen erst die Probleme, für die sie dann gar keine Lösungen anbieten, nur vermeintliche Lösungen anbieten. Die werfen diesen großen Imperialisten vor, sie würden die Probleme der Welt nicht lösen, sondern verschlimmern, sie würden Probleme schaffen, anstatt Probleme zu bewältigen. Das muss man sich einmal vorstellen: wie unglaublich konstruktiv muss man sein, damit man den Großmächten zu einen Vorwurf macht!“ Problem“ das ist so ein Wort geworden, du kannst jede Talkshow mit Problemen bestreiten. Problem heißt, irgendeiner Sache ist nicht in Ordnung, irgendein Trick gelingt nicht. Da kann sich Hinz und Kunz darüber einig werden, dass wir Probleme haben, das die Welt nicht ist, wie sie sein soll. Talkshows gehen doch so: das Problem der Migration, das Problem der Arbeitslosigkeit, das Problem der Staatsverschuldung.
Ich möchte einmal daran erinnern, wenn man das Wort Problem schon benutzt, dann muss man als aller Erstes festhalten, wer hat das Problem, und worin besteht es. Wenn man gegen die G8 den Vorwurf macht, sie würden Probleme nicht lösen, zum Beispiel das Problem des Hungers, oder das Problem der Trinkwasserknappheit, oder das Problem des Klimawandels, dann merkt man, da schließen sich welche an Sprachregelungen von dem Gipfel an, und meinen etwas ganz anderes. Der Gipfel wirft ein Problem meinetwegen das Problem der Erderwärmung auf, ich habe vorhin davon geredet, wie die verschiedenen nationalen Interessen aufeinander treffen, daß sie dann darauf kommen, darüber zu quatschen,, ob man nicht mal etwas gegen das Problem der Erderwärmung tun müsste. Die haben ein Problem mit: Erstens, Eventuell eintretenden Schäden für ihre Wirtschaft, zweitens damit, dass die anderen großen kapitalistischen Nationen nicht die Unkosten tragen für die Bewältigung des weltweiten Klimaproblems, an denen sie gerne verdienen möchten. Jetzt kommt irgendein Kritiker und denkt zum Beispiel an die Bewohner der Seychellen, denen bald das Wasser bis zum Hals steht. Oder an die Bewohner von Spanien, wo Reviere zu versteppen drohen, und denkt sich, für die müsste man doch eigentlich etwas tun, und sagt dann, das tun die G8 nicht. Jetzt sagen sie es aber nicht in der Weise, naja, die haben ja auch andere Sorgen, sondern sie sagen: Und die G8 lösen das Problem, dass sie selber ausgerufen haben, nicht. Eine wundersame Equivokation, eine wunderbare Gleichsetzung von völligem verschiedenem Zeugs! Die einen meinen Ihre Konkurrenzprobleme, die anderen meinen die armen Menschen in der Dritten Welt. Beide einigen sich darauf, das Problem des Klimas darf man nicht ignorieren. Und dann, auf dieser Basis, machen sie dann dem G8-Gipfel den Vorwurf, die lösen die Probleme nicht. Die Probleme, die die G8 haben, die gehen die schon in der Weise an, als Konkurrenzaffären untereinander, wie sie sie einer Lösung zuführen können. Und das Problem der Menschen in der Sahelzone, das haben die überhaupt nicht. An der Lösung dieses Problems scheitern sie also auch nicht, dann soll man ihnen aber auch nicht vorwerfen, sie würden Probleme nicht lösen.
Es ist dieses totale Vermischen einer idealen Bedeutung von Problemen, nämlich man denkt daran, da haben aber Menschen ein Problem mit, mit: Die Staaten haben ein Problem mit der Armut dieser Leute, weil sie ihnen dann als Flüchtlinge vor der Haustüre stehen, oder weil sie Krankheiten verbreiten oder weil Staaten zusammenbrechen. Und diese beiden Geschichten werden einfach unter dem Problem des Hungers, Problem des Klimas, Problem der Schulden usw. einfach gleichgesetzt, und dann tut man so, als ob das eigene idealistische Anliegen ein Teil der Agenda der großen Mächte sein müsste, aber die großen Mächte zu blöd sind, diese Agenda abzuarbeiten. Es ist die Weigerung, einen Interessengegensatz festzustellen, indem man denen vorwirft, ihr nehmt die Probleme nicht ernst, die ihr doch hat. Oder anders ausgedrückt: in der Formel Problem werden die Opfer des Kapitalismus und die Probleme, die der Imperialismus mit diesen Opfern hat, in eins gesetzt und damit der Glaube vertreten, die großen Imperialisten könnten doch nicht so ignorant gegenüber den Opfern sein, die sie produzieren.
Nehmen wir den Satz noch einmal, er ist ja auch verräterisch:“ Die GipfelteilnehmerInnen repräsentieren die acht mächtigsten Staaten der Welt, die daran teilhaben, die globalen Probleme erst zu produzieren, für die sie dann vermeintliche Lösungen beschließen. Sie sprechen von „Global Governance“ und „humanitärer Intervention“, „Stärkung der Zivilgesellschaft“ und „friedensbildenden Maßnahmen“, doch in Wirklichkeit nutzen sie gnadenlos das Recht der Stärksten,“. Da haut es dich richtig um! Also halten diese Leute, die hier reden oder schreiben, halten Global Governance für eine Wohltat, militärische Interventionen halten sie für eine Wohltat. Denn wer sagt, sie reden davon, doch handeln tun sie anders, der meint, das eine wäre ein gutes Versprechen, aber was tatsächlich passiert, ist der Verrat an diesen Versprechen. Dieser Titel Global Governance, die heißt übrigens Weltregierung, Herrschaftsausübung im Weltmaßstab. Das bleiben die schuldig, das wollte die Welt, und das liefern sie nicht. Militärische Interventionen, was war denn das? Der Kosovo Krieg, der war so etwas, eine Intervention mit Militärkräften zur Verhinderung von Völkermord hat es damals geheißen kriege, die sich damit legitimieren, dass andere Hoheiten beseitigt werden müssen, weil sie vor dem Richterspruch unserer Menschenrechts kann man nicht bestehen. Eine eindeutige Legitimation eines aggressiven Akt wird als „das bräuchte die Welt, aber das liefern sie nicht“ dargestellt. Friedensstiftende, friedenserhaltender Maßnahmen, das ist das, was die Bundeswehr im Augenblick überall macht. Zu allem haben die ein Ideal, alles können Sie sich besser denken als es wirklich ist, und kritisieren, dass die Wirklichkeit hinter der hohen Idee, die sie von Global Governance und friedenserhaltender Maßnahmen hätten, zurückbleibt.
Da ist man dann auch schon bei dem nächsten Punkt, mit dem ich mit den Problemen und Problembewältigung dann auch schon wieder fertig bin, jetzt komme ich zu dem Stichwort aus dem ersten Zitat “ gegen all das wollen wir demonstrieren und Alternativen dazu aufzeigen“. Was sind denn dann die Alternativen, die die sich denken? Da braucht man dann eigentlich muss das Zitat weiterzulesen, was wären denn die Alternativen? „Gemeinsam mit Millionen Menschen in aller Welt sagen wir: Eine andere Welt ist möglich!“ Worin besteht die andere Welt?
„Für die sofortige Streichung illegitimer Schulden und eine faire Entschuldung der Länder des globalen Südens!“ Man erinnere sich, Streichung der Schulden abschreiben der Staaten, die in der Kapitalismus die Kreditgewährung nicht recht fertigen, die man ihnen schon gewehrt hatte. Jetzt haben sie davon die Vorstellung, das wäre doch eine prima Wohltat für die Länder des Südens. Wenn man die Schulden streicht, auch da nur nocheinmal eine kleine Erinnerung, noch nicht einmal soweit möchten Sie gehen, dass sie fragen, wo haben Sie die Schulden eigentlich her, dass die immer die Verlierer im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr sind, dass denen darüber das Geld ausgeht, dass sie dann nichts haben und Schulden machen müssen, dass sich im Schuldenstand der Verlierer stand der Konkurrenz ausdrückt? All das ist nicht so wichtig, man muss in die Schulden streichen,, wohl, damit das verlieren wieder von vorn losgehen kann!
„Gegen den Ausverkauf öffentlicher Güter und Dienste “ da sind sie furchtbar nah mit ihrer ganzen anderen Welt, die da möglich sein soll, [an Forderungen], in Staatshand befindliche Bahn, Müllabfuhr etc. nicht in Privatgeschäft zu überführen.
„Für einen schnellen und radikalen Wechsel zu den erneuerbaren Energien.“ Ja da kann man wirklich sagen, da brauchte die Merkel die bloß auf dem Gipfel zu holen, das möchte die gerade. „deutliche Erhöhung der Energieeffizienz“, auch dass eine deutsche Forderung. „Für den sofortigen und endgültigen Ausstieg aus der Atomenergie“ da merkt man, einerseits hautnah dran an der deutschen Gesetzeslage, andererseits ein bisschen schneller als die deutschen Gesetzeslage ist, ein bisschen dagegen, dass das jetzt wieder aufgeweicht wird.
„Gegen Rassismus“ Ja, ja. Man kann nicht alles durchgehen.
„Für die Überwindung von Mauern und Grenzen! Gegen Lager und Abschiebungen!“ Ja, da merkt man, da denken sie an das Elend der Flüchtlinge. In einer Welt, in die großen Teilen des Südens die Lebensgrundlagen kaputt sind und immer mehr kaputt werden, wo aber auch die letzten Savannenbewohner durch Fernsehen wissen, wo der Reichtum sitzt, in einer solchen Welt zu sagen, da er muss man einfach alle Grenzen weg machen und dann passt die Sache doch, das ist einfach lachhaft das geht wirklich nicht, dieser Humanismus ist wirklich nicht praktisch.
„Für eine friedliche Welt! Schluss mit der militärischen Durchsetzung wirtschaftlicher und machtpolitischer Interessen durch die G8-Staaten!“ Der Satz enthält noch die Andeutung für einen Grund für Kriege: die Durchsetzung wirtschaftlicher und machtpolitischer Interessen. Also wissen Sie auch, diese Länder haben wirtschaftliche machtpolitischer Interessen, die militärische Gewalt brauchen. Das sagen Sie dann nicht, anfordern wir einfach mal schnell, dass die Schluss machen sollen damit, gibt es das nicht mehr. Die acht Staaten sollen einfach ihre wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen anders durchsetzen. Oder, hat sich die Interessen abschminken, weil dann ist alles besser. Jetzt denken Sie an Alternativen, und Alternativen sind sie furchtbar nahe an all den offiziellen Erfordernissen dessen, was Global Governance heute verlangt und wie man den Weltmarkt regeln müsste, damit er stabil, Zukunftssicher und unangefochten ist. Von allem haben sie eine bessere Vorstellung, aber immer haben sie von dem, was wirklich auf der Tagesordnung steht, eine bessere Vorstellung.
Ein erstes Resümee an dieser Stelle: da wird ein Ideal guter Herrschaft im globalen Maßstab eingeklagt. Es ist die Vorstellung, die Welt bräuchte eine gute Regierung. Und die Mächtigen, die doch die Mittel dazu hätten, bringen sie nicht. Nach der Seite kommt noch etwas Neues hinzu: die sagen nicht bloß, die Mächtigen tun das Gute nicht, was wir uns vorstellen können, sondern sie sagen auch, die Mächtigen tun das Gute nicht, was sie doch mit der ungeheuren Macht, die sie haben, tun könnten, diese Kritiker wissen lauter gute Verwendung für die Gewalt der G8, für die Macht, die Staaten über andere haben Sie haben die Vorstellung, die absurde Vorstellung, Macht und Gewalt über andere wären nicht dazu da, damit man die zu etwas zwingt, was sie nicht wollen und was ihnen nicht gut tut, sondern Macht und Gewalt über andere wären doch eine prima Gelegenheit, die ganze Welt zum Guten zu zwingen. Da merkt man, dass was im wesentlichen durch attack und das Spektrum vertreten wird, wo halt attac der Sprecher davon ist, das ist und will auch gar nicht mehr sein, kein antiimperialistische Protest angesichts dessen, was man Realismus bemerkt. Sondern der Protest ist der protestierende Idealismus, der zu diesem Realismus dazugehört! Das ist eine protestierende Mannschaft, die der Macht der Staaten, aus denen sie kommt, eingedenk ist und die selber bereit und willens ist, die Macht ihrer Staaten in Verantwortung zu übersetzen. Die lauter Verantwortung für die großen Mächte formuliert, und dann den Vorwurf erhebt, die Träger dieser Macht kommen der Verantwortung ,die sie haben, und die sie mit ihrer Macht auch durchsetzen können, nicht nach. So ein Protest, und das ist auch kein Wunder, hat auf seine Weise Erfolg. Der Protest wird von den G8-Organisatoren nicht einfach weg gebügelt. In Glenneagles war es total auffällig, da sind diese Schlagertypen von Blair und den ganzen Staatschefs empfangen worden, jetzt wieder, Kanzlerin telefoniert wird, oder trifft diesen Bono. Der Protest wird als Aufforderung an die G8 zur Verantwortung von dem G8 durchaus angenommen. Er wird nicht einfach gesehen als, die bestreiten uns. Der Enttäuschung lauschen die Mächtigen durchaus noch die Erwartung ab,, die an sie gerichtet wird. Das unterschreiben der Zuständigkeit, das da drin steckt, die Mächtigen sind zuständig für den Zustand der Welt, sie sind zuständig für die Verbesserung. An die Mächtigen hin wird demonstriert, und dann hören die immer heraus, in uns wird, bei aller Enttäuschung, Vertrauen gesetzt. Und dann sagen Sie den Protesten, schickt uns eine Abordnung, dann reden wir über die Probleme der Welt. Wenn die eine Lösung habt, wie man sie besser löst, warum nicht? und am Rande dieser Gipfel gibt es dann doch immer diese Runden, meist mit Politikern aus dem zweiten Glied, ob diese Politiker mit Protestanten diskutieren über die Probleme der Welt. Und das ist ja auch kein Wunder. Wenn der Protest bloß aus dem Glauben an die guten Aufgaben der großen Mächte gespeist wird, dann wären die ja auch blöde, wenn sie den Protest in Bausch und Bogen zurückweisen würden, der adelte sie ja. Das nimmt doch nichts davon zurück, dass sie neben ihr auch die Polizei ausschicken, die die, wie militant zu werden drohen, schon im Vorfeld kriminalisieren, jedenfalls einschüchtern auf Teufel komm raus. Weil ja die Regierungen den Protest auch gerne trennen wollen in diejenigen, deren vertrauensseliges Enttäuschtsein sie gerne aufgreifen und in diejenigen, wo sie, allein durch die Militanz des Auftretens, eine Unversöhnlichkeit merken, die sie sich dann nicht bieten lassen.
Jetzt will ich noch zwei Sachen aufgreifen zu den Protest. Ich habe vorhin davon geredet, dass die stehen bleiben bei dem negativen Urteil, stehen bleiben bei die Regierungen tuen nicht was sie sollen, sie nehmen das Klimaproblem, das Armutproblem, nicht ernst. Da habe ich ihnen den Vorwurf gemacht, wenn Ihr schon merkt, die Regierungen kümmern sich nicht so drumm, wie ihr euch was denkt, dann macht euch doch einmal klar, worum es den Regierungen stattdessen geht. Findet heraus, was die Zwecke der Regierungen sind. Das passiert nicht, aber etwas anderes passiert: die Frage, warum das Gute unterbleibt, dafür wird eine Antwort gegeben. Das ist ein Unterschied, ob ich sage ich erkläre was die machen und warum, oer ob ich’s mir die Aufgabe mache, ich erkläre, warum die etwas unterlassen. Zum unterlassen, da gibt es zwei interessante Erklärungs Formen, die zeugen wiederum davon, wie schief gewickelt dieser Protest ist: die erste Erklärung heißt „Neoliberalismus“. Nehmen wir noch einmal das erste Zitat: „Die Politik der G8 steht für eine neoliberale Globalisierung und Deregulierung, die Wirtschaftspolitik an den Rendite-Interessen internationaler Finanzanleger und Konzerne ausrichtet.“ Also, warum machen die das Gute einfach nicht: weil sie eine Wirtschaftspolitik betreiben, die nur den Finanzinteressen der großen Anleger und Konzerne dient und nicht dem Staat selber und dem Allgemeinwohl. Da fragt man sich natürlich, warum gibt es denn dann überhaupt den Neoliberalismus? da wissen Sie wirklich keine andere Antwort als, da hat eine Professor aus Chicago den Verstand der Wirtschaftspolitiker ergriffen und seit 1980 etwa floriert der Neoliberalismus und es unterbleibt die ganze schöne sozialstaatliche Verwaltung des Kapitalismus, die es vorher gegeben hat. Wer die Neoliberalismus fragte, weiß einen Grund für das schlechte, und der Grund hat mit der Verfassung unseres Gemeinwesens nichts zu tun, sondern liegt in einer verkehrten Politik, in einer verkehrten Ausrichtung der Wirtschaftspolitik. Die Wirtschaftspolitik – so denken die dann auch – anstatt den Sozialstaat weiterzuentwickeln, reduzieren Sie ihn, anstatt die öffentlichen Betriebe weiterzubetreiben, privatisieren sie die, anstatt im Welthandel jedem Staat das benutzen von Zöllen zu lassen, wie er das nützlich findet, forcieren sie die Zollsenkung und die offenen Märkte. Was da als Karten aufgezählt wird, aber des Sozialstaats, Deregulierung, Privatisierungen, Liberalisierung des Welthandels, all das stimmt ja,, das ist ja nicht zu bestreiten, dass das alles passiert. Verkehrt ist es, das als eine geringe Lehrmeinung hinzustellen, die mirnixdirnix irgendwem eingefallen ist, und die dann alle nachgemacht haben. Und verkehrt ist es auch, dies als eine Politik, die bloß den Interessen des Kapitals dient, und nicht dem Gemeinwohl hinzustellen. Es stimmt, der Kapitalismus hat sich verändert gegenüber der Ära, die diese Typen rückwirkend als die schöne Phase des Sozialstaates betrachten und auch ziemlich beschönigen Rückblick, aber das ist hier wurscht. Aber doch nicht, weil irgendein Professor in Chicago eine neue Idee hatte, sondern weil der Kapitalismus in seiner eigenen Logik einen Fortschritt gemacht hat. Also, wenn heute der Sozialstaat demontiert wird, dann zeigt doch die Demontage nur, wozu er immer gut war er war gut. Er war gut, erstens, für die Integration der Arbeiterklasse, die nämlich früher einmal ziemlich unhandlich war für den kapitalistischen Staat, die war mal eine Weile Revolutionär, und nach dem Zweiten Weltkrieg war in vielen Staaten Westeuropas die Frage, ob nicht die Kommunisten gewinnen, auf der Tagesordnung. Und der Sozialstaat hatte den Zweck, die Arbeiterklasse nützlich zu machen, intakt zu halten, die nicht gebrauchten in Reserve zu halten, weil man sie wieder braucht. Sowohl der Umstand, dass die Arbeiterklasse politisch zahm geworden ist, nämlich wirklich integriert worden ist, durch diese Maßnahmen, macht all den Aufwand für ihre Integration heute wieder relativ überflüssig. Die Arbeiterklasse ist brav geworden, da ist niemand mehr Revolutionär, da meint keiner mehr, er muss den Kapitalismus stürzen, also braucht man die Rücksichten auch nicht mehr üben, die man früher geübt hat. Zweitens, der Fortschritt des Kapitalismus hat dazu geführt, die Unternehmer haben diesen Fortschritt herbeigeführt, dass sie die Produktivität der Arbeit immer weiter gesteigert haben und sich dabei von Leuten befreit haben. Denn die Produktivität heute so hoch ist, dass 6 Millionen nicht mehr gebraucht werden, dann braucht man auch die Rücksicht auf die Pflege der Arbeiter mehr so üben, und dann ist der Druck der die Arbeitslosigkeit auf die Arbeiterschaft ausspielt, groß genug, um die Leute disziplinieren, dann tun sie ihren Dienst auch ohne, dass man ihnen eine gesicherte Existenz oder wenigstens einer Rente verspricht. Das gilt auch nach der anderen Seite: die Konkurrenz der kapitalistischen Nationen hat sich geändert. Also nicht, eine wirtschaftspolitische Lehrmeinung hat zu einer neuen Konkurrenz geführt, sondern die Konkurrenz der kapitalistischen Nationen nach dem Krieg musste erst einmal wieder alles aufgebaut werden, irgendwann war’s einmal genug, dann gibt es eine Konkurrenz um die Wachstumsmöglichkeiten, die ein Staat dem anderen wegnimmt. Dann gibt es eine Konkurrenz um die Attraktion von internationalem Kapital, das ist jetzt Standort Konkurrenz. Und in der Standortkonkurrenz dasteht tatsächlich alles, was die Staaten als Innenleben haben, als Mittel der Konkurrenz auf dem Prüfstand. Der Staatshaushalt, die Sozialeinrichtungen, das Bildungswesen, die Rente, alles wird als Konkurrenzmittel der Nation in der Attraktion im Kampf um international anliegendes Kapital genutzt. Und auf dieser Basis entdecken die Staaten die Armut ihrer eigenen Bevölkerung als eine Waffe in der Konkurrenz, die sie nutzen. Das hat also zu tun mit der Konkurrenz hinter sich stehen, auf dieses einlassen, und die sie gewinnen wollen, und das hat nichts zu tun mit einem urplötzlichen Wandel in der Lehrmeinung. Wenn, dann muss man es umgekehrt sein: die neoliberale Schule der Nationalökonomie hat Gehör gefunden, weil sie der Konkurrenzlage der Nationen recht gibt, aber nicht umgekehrt die Nationen haben sich in eine Konkurrenz begeben, weil sie auf diesen Friedman aus Chicago gehört haben. Die jetzt aber immer auf Neoliberalismus herumhackt, die wollen sagen, das ist eine ideologische, eine Theorierichtung, die da gesiegt hat und es gibt eigentlich keinen rationalen Grund dafür. Das ist eigentlich eine national unsinnige ja sogar national schädliche Du

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