Zum GSP-Artikel „Unpassende Klarstellungen zum Mythos des einig-geschlossen-heldenhaft-kämpfenden ukrainischen Volks
Im nächsten GegenStandpunkt-Heft 2-22 wird ein Artikel enthalten sein, den der Verlag schon vorab veröffentlicht hat: Einerseits online auf seine Webseite Mythos des ukrainischen Volks | GegenStandpunkt, andererseits wurde er auch in der Tageszeitung „junge Welt“ unter dem Namen Theo Wentzke veröffentlicht.
Diesen Artikel hat Krim (wie zu erwarten als langjähriger Kritiker der GSP Theorie von Staat und Volk) auf seinem Forum kritisiert Kritik an: Unpassende Klarstellungen zum Mythos des … ukrainischen Volks (siteboard.eu):
Noch bevor ich den Artikel gelesen habe, prophezeie ich, dass in dem Artikel wieder drinsteht, dass die Herrschaft ihr Volk macht.
Ja, ja wenn man das Volk prinzipiell hinter sich hat, dann hat man auch die Mittel es noch weiter auf Linie zu bringen. Das heißt aber nicht, dass die Herrschaft das Volk herstellt.
Aha, schau an, die Herrschaft muss sich also gar nicht besonders anstrengen, um ihr Volk auf seine Seite zu kriegen.
Was wohl eindeutig gegen die Kriegsbegeisterung des ukrainischen Volkes spricht.
Na wer hätte das gedacht. Das gute Volk kann ja gar nicht zu den bösen „romantischen (anti)Helden“ gehören, die den guten Russen die Eroberung ihres Landes so schwer machen.
Was natürlich ganz eindeutig und unzweifelhaft für ihre antinationale Gesinnung spricht. Kommunisten? – Bah! Flüchtlinge sind die wahren Kritiker der Nation.
Was ebenfalls wieder glasklar dafür spricht, dass das Volk ein Gewaltprodukt des Staates ist. In Wirklichkeit ergänzt der Staat bloß das begeisterte Mitmachen, das es eh schon gibt und auf dessen Grundlage es ihn überhaupt gibt, durch den Einsatz seiner Mittel, um das Mitmachen noch totaler und unwidersprechlicher zu machen. Das heißt nur, dass Kritik an der Nation in Kriegszeiten gefährlich für Leib und leben des Kritikers ist. Es heißt nicht, dass der Staat sein Volk herstellt. Er biegt daran rum, aber es muss sich zum Biegen auch zur Verfügung stellen.
Wer behauptet denn die Staatsmacht müsste sich auf die vaterländische Gesinnung ihrer Untertanen verlassen, wenn sie das Gewaltsubjekt des nationalen Gemeinwillens wäre. Das ist halt bloß ein Popanz. Nein, gerade wenn die Nation das Gewaltsubjekt des nationalen Gemeinwillens ist, besteht ihr Auftrag in Kriegszeiten darin diese Gesinnung so zu organisieren und zu bündeln, dass sie sich gegen den Feind richtet. Das bereitet sie in Friedenszeiten vor und das perfektioniert sie im Krieg. Das ist kein Zeichen davon, dass sich die Nation der Zustimmung ihrer Untertanen nicht sicher wäre und sie deshalb gezwungen wäre sie mit Gewalt herzustellen. Das ist Dummfug, der das gute Volk immer als Gewaltopfer darstellen will.
Ja, der innere Feind. Natürlich ein einziger Beweis dafür, dass sich der Staat sein Volk zurechtbastelt, was ein Argument dafür sein soll, dass das Volk ein Produkt des Staates ist. Dass das „widerspenstige Volk“ solchen Aufrufen den inneren Feind zu stellen nachkommt, irritiert die Gewissheit nicht, dass der Staat sich sein Volk zurechtschnitzt.
Tja, ich würde sagen: Prophezeiung erfüllt. Der Ukrainekrieg ist auch ein Staatsgründungskrieg, indem alles Russische zum inneren Feind gemacht und getilgt werden soll. D i e s e r Krieg läuft jedoch schon seit dem Euromaidan und ist schließlich einer der Gründe dafür, warum sich Putin dieses Elend nicht mehr mitansehen wollte und einen Krieg begonnen hat. Besonders dumm, ärgerlich und falsch ist jedoch die interessierte Umdeuterei der demokratischen Gleichschaltung in Kriegszeiten und die Eliminierung des inneren Feindes in ein „Lehrstück darüber, wie viel Gewalt dazu gehört, um aus einer auf einem Territorium hausenden Menschenmasse ein echtes Volk…zu machen“. Na klar. Als hätte es sich bei den Ukrainern um eine völlig unbestimmt auf „einem Territorium hausende Menschenmasse“ gehandelt, die von der politischen Clique um Selenskyi zu einem echten Volk geschmiedet werden muss. So ein dummer ideologischer Mindfuck, den der GSP hier abzieht. Als seien in der Ukraine bisher keine Nationalisten, sondern eine abstrakte „Menschenmasse“ unterwegs gewesen. Als hätten da nicht Nationalisten mit einer unterschiedlich Staatsraison, einer prorussischen und einer prowestlichen, im demokratischen und undemokratischen Clinch gelegen. Als sei das kein unversöhnlicher Gegensatz und als hätte nicht genau dieser Gegensatz zur Annektion der Krim durch Russland und zu Abspaltung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk geführt. Ganz im Ernst tischt der GSP hier das Märchen einer Staatsmacht auf, die mit Hilfe zweier rechtsradikaler Milizen, Asow- und Aidar-Bataillon, eine neutrale „Menschenmasse“ quasi unter den Hammerschlägen der Gewalt zu einem tauglichen Volk schmiedet. Nein, meine lieben Volksfreunde vom GSP, die Ukrainer sind keine von bösen Nazis gezwungenen armen Opfer ihrer Staatsmacht. Was in der Ukraine gerade stattfindet ist ein Kampf zweier Lager von unversöhnlichem Nationalismus. Eine Staatsräson setzt sich gegen eine andere durch, sodass die Ukraine fortan nicht mehr das Heimatland von Russenfreunden sein kann. Diese „russischen Diversanten“ kommen ins Gefängnis, werden drangsaliert und getötet. Die müssen sich dazu entschließen „nach drüben“ – also nach Russland zu gehen. Aber selbst das dürfen sie nicht.“ |
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Auf meine Kopie bei Facebook gab es dort dann folgende Kommentare:
Armin Kirchenmaus bei Facebook:
„Ich lese den Namen Krim und krieg gleich Pickel hinterm Ohr.
Ich lese die allererste Passage von seiner Kritik und bekomme Fluchtgedanken.
Er versucht überhaupt nicht nachzuvollziehen, was er da liest.
Krim war der Grund, dass dein Blog nicht mehr konsumierbar war.
So jetzt ausgekotzt und weitergelsesen.
Vielleicht gibts ja noch nen Gedanken.“
Meine Antwort:
„Umgekehrt umgekehrt:
Wegen solcher argumentloser Kommentare bin ich ungern bei Facebook, das ist hier ja vorherrschend. Auf meinem Blog habe ich solche Unmutsäußerungen (wie auch leere Belobigungen) häufig auch gelöscht.“
Armin daraufhin:
„Das soll zunächst kein Argument gegen das von Krim in seiner Kritik vorgetragene sein, sondern rein praktisch die Motivlage darstellen, die sich aus Form und Gestus seiner Einwürfe ergibt. Wenn das nervig ist, unangenehm, oft auch unproduktiv, will man da einfach nicht mehr sein. Das ist Freizeit. Krieg ich kein Geld für.
Die von mir nur als Beispiel genannte erste Passage darf man sich gern mal anschauen, ob das stimmt, was ich dazu sage.
Zitat
„Schließlich unternimmt die ukrainische Staatsgewalt auch einiges, um ihr Volk auf den Kriegsgang zu verpflichten und dafür zu verheizen.“
Ja, ja wenn man das Volk prinzipiell hinter sich hat, dann hat man auch die Mittel es noch weiter auf Linie zu bringen. Das heißt aber nicht, dass die Herrschaft das Volk herstellt.
Mit dieser Henne-Ei-Umkehrung zielt er auf was, das im Artikel so gar nicht bestritten wird. Nur die Mittel, gezielt was zu unternehmen für die Loyalität, hat primär nur der Staat. Da ist Henne und Ei eigentlich auch geklärt. Wogegen soll das also ein Einwand sein?
Zitat
„Und natürlich führt der Besuch des russischen Brudervolks mit Panzern und Raketen, angeblich zum Schutz der russischstämmigen Bevölkerung, auch bei den Teilen des Volks, die vorher wenig Sympathien für die Kiewer Regierung gehegt hatten – vor dem Krieg war Selenskyjs Beliebtheitskurve steil nach unten gegangen –, zu einer neuen Welle von Patriotismus und dem Standpunkt der Heimatverteidigung.“
Aha, schau an, die Herrschaft muss sich also gar nicht besonders anstrengen, um ihr Volk auf seine Seite zu kriegen.
Wieder bloß Henne und Ei einfach umgedreht und nicht aufgelöst. Die Vorbereitungen zum Krieg laufen schon Jahrzehnte. Da haben sich und ihren Volkskörper beide Seiten fit gemacht für. Wenn antirussischer Nationalismus, erst mal etabliert ist bis zum Schulbuch, fällt die Stellung der Leute dann entsprechend aus.
Zitat
„Die effektiven Leistungen der aktiven Kämpfer werden allerdings nicht so ganz mit Begeisterung und Molotow-Cocktails, sondern eher mit westlichen Präzisionswaffen erzielt.“
Was wohl eindeutig gegen die Kriegsbegeisterung des ukrainischen Volkes spricht.
Der Spott meint, einen Widerspruch aufgedeckt zu haben. Wo soll der sein? Wohl nur in Krims Beweisabsicht (der Staat macht sich sein Volk). Er nimmt die Befunde nicht zur neutralen Kenntnis. Er unterstellt dem Vorgetragenen, es sei als Beleg gegen seine Kritik gedacht, anstatt umgekehrt, aus den einzelnen Aussagen, das Gesamtbild des Gesagten und damit der Sachlage zusammenzufügen.“
Klaus Heinbockel:
“ Es ist wohl tatsächlich mittlerweile soweit (runter-) gekommen, dass die Auseinandersetzung um den bürgerlichen Staat nur noch um die Genese (Huhn oder Ei), das allerdings mit vehementer Verbissenheit, geführt wird. Der Begriff, das Was scheint dem Wann/in welcher Reihenfolge geopfert worden zu sein. Sowas kann man in 24. Kapitel oder unter f. mal gründlicher an verschiedenen Verlaufsformen ausdrücken. Vielleicht schreibt ja mal jemand (noch?) ein Buch zur Geschichte der Verlaufsformen…“
Armin:
„Auf die gegenseitige Bedingtheit von Volkmachen und Volkseinwollen ist ja Krim nicht mal gekommen. Wenn er bloß den Primat anders gesetzt hätte. Er geht stur drauf los mit seinem Vorurteil im Kopf. In der Diskussion wirds nicht besser.
Was meinst du mit Verlaufsformen in dem Zusammenhang? Das klingt mir ein wenig nach Schablone.“
Mehr habe ich zu diesem Thema bisher nicht gefunden.