Archiv

Archiv für Januar, 2020

Lohnarabeit im Kapitalismus

10. Januar 2020 189 Kommentare

Ich lagere hier Kommentare aus, da es um ein eigenes Thema geht.
Koba hatte im Gerechtigkeits-Thread geschrieben:

„… Kannst du mir mal erklären, wieso Lohnarbeit eigentlich kein Mittel sein soll? Also, woran gemessen? Seinen Lebensunterhalt bestreitet der Arbeiter ja dadurch schon irgendwie…
Dafür bringst du nämlich kein Argument. Du unterstellst einfach, dass es ohnehin klar sei, dass Lohnarbeit quasi nichts bringt und man das nicht von sich aus wollen kann.“
„„Na ja. Mit Lohnarbeit kommt man nicht gerade in den Genuss von Reichtümern. Es sei denn man empfindet Lohn als Reichtum. Der ist aber so bemessen, dass man an jedem Tag wieder Lohnarbeiten muss. Der Lohn reicht also gerade so für die Reproduktion als Lohnarbeiter, wenn man Glück hat. Dabei ist in der Tat unterstellt, dass Lohnarbeit Ausbeutung ist, die nur angewendet wird um das Kapital des Unternehmers zu vermehren. Im Kommunismus muss man zwar arbeiten, aber vermehrt werden da höchstens Gebrauchswerte, die von den Arbeitern konsumiert werden.“
Das ist doch keine Frage des Empfindens: Der Lohnempfänger hat Zugriff auf den materiellen Reichtum. Das mag er nicht in einem Maß haben, das du für angebracht hältst, das ändert aber am Resultat auch nichts. Der Verkauf seiner Arbeitskraft ist ihm Mittel um an materiellen Reichtum zu gelangen.
Entscheidet sich jetzt daran, ob ich jeden Tag oder meinetwegen jeden dritten arbeite – ob der Fernseher der in meiner Bude steht – den Ehrentitel Reichtum verdient oder was? Mal ganz davon abgesehen, dass ich es schon für fragwürdig halte einfach mal zu behaupten, es sei unnötig jeden Tag arbeiten zu müssen.
„Im Kommunismus muss man zwar arbeiten, aber vermehrt werden da höchstens Gebrauchswerte, die von den Arbeitern konsumiert werden.“
Ja und es werden die durchgefüttert, die noch nicht oder nicht mehr arbeiten. Es fließt, wie auch im Kapitalismus wohl ein beträchtlicher Teil der gesellschaftlichen Arbeitszeit in die Steigerung der Produktivität. Auch das kann ein Arbeiter nicht fressen..
Ich bleibe dabei, mit Lohnarbeit hat der Mensch ein Mittel um an materiellen Reichtum zu gelangen. Dagegen ist es weder ein Argument , dass der Mensch täglich arbeitet, noch dass auch andere von seiner Arbeit leben. Beides wäre übrigens auch im Kommunismus nicht aus der Welt zu schaffen.“

und das so fortgesetzt:

„Ich denke dieser Punkt bekommt viel zu wenig Aufmerksamkeit für seinen tatsächlichen Stellenwert in dieser Staatsdebatte.
Der GSP bestreitet beim Kapitalisten doch gar nicht, dass Eigentum dessen Mittel ist. Dass Eigentum eine aufgezwungene Veranstaltung sei, dieser Gedanke nährt sich doch von den Urteilen über die andere Gattung Mensch:
Wenn man auf dem Standpunkt steht, dass Lohnarbeit kein Mittel ist, dann ist es doch nur naheliegend, dass einem diese Einkommensquelle aufgezwungen ist. Da dieses Urteil über die Lohnarbeit der tatsächliche Ausgangspunkt ist für die Irrtümer bei der Besprechung des Staates, sollte man es schon einmal gründlich unter die Lupe nehmen.
Diese ganze Ausbeutungsgeschichte bei Marx lebt von der Unterstellung, dass die Arbeiter eigentlich das Eigentum an den Früchten ihrer Arbeit hätten, was sich die Kapitalisten aber gegen einen Lohn an und damit die Proleten enteignen würden.
Arbeit schafft Eigentum. Entgolten aber wird, was zur Reproduktion der Arbeitskraft nötig ist. Dass es sich dabei – Ertrag der Arbeit einerseits und ihr Entgelt andererseits – um zwei verschiedene Mengen handelt denen man ein eigentliches Entsprechungsverhältnis unterstellt ist schon der ganze Witz an der Ausbeutung bei Marx.
Dazu ein paar knappe Einwände:
Wohin verschwindet eigentlich der riesige Reichtum, von dem die Arbeiter immerzu ausgeschlossen sind, den sie aber unnötigerweise tagtäglich erarbeiten? Landet der bei den Kapitalisten im Keller? Füllt dieser Reichtum vielleicht riesige Müllhalden, die schwer bewacht werden, damit sich die Armen dort nicht einnisten und ein luxuriöses Leben führen oder sind die einfach zu anständig/blöd um sich das Leben zu verschönern?
Ist der Prolet von den Kapitalisten ausgebeutet, weil er nur einen Teil von dem abbekommt, was er geschaffen hat? Wär es denn ein überhaupt vernünftiges Prinzip, dass unserem modernen Arbeiter gehört was er produziert? Was soll der (ehem.) Mercedes-Facharbeiter denn mit den ganzen Autos? Behält er sich die oder verkauft er die?! Weder noch?! Also mal angenommen er bekommt in einer netten Planwirtschaft genau eines in 5 Jahren – produziert aber in dem Zeitraum wohl wesentlich mehr Fahrzeuge – ist das dann schon Ausbeutung?!“

Dem hat Cilly geantwortet:

„Die Behauptungen des Karl Marx, die Lohnarbeit betreffend
oder „v“ – die ökonomische Größe im Kapitalismus, auf der die Produktion, das Wachstum und die Verteilung des Reichtums gründet
Ausbeutung = Aneignung unbezahlter Arbeit: Keine moralische Kategorie, sondern Mittel und Zweck des Kapitals. Lohn für rentable Leistung: Angriff auf Lohninteresse und Lebenskraft des Arbeiters. Der Einsatz von Arbeit als Mittel der Konkurrenz des Kapitals: Produktivität, Extensität und Intensität der Arbeit für den absoluten und relativen Mehrwert. Die Funktion des Lohns für den Arbeiter: Reproduktion der Ware Arbeitskraft.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/lohn-ist-mittel-gewinns
http://Neoprene.blogsport.de/2013/05/03/7-05-13-berlin-decker-zu-arbeit-und-reichtum/#comment-126851
Marx vertritt nicht die Auffassung, dass die Arbeiter den ganzen Reichtum schaffen würden, er hat sie vielmehr erstens als falsch und zweitens als Rechtfertigungsargument der damaligen Sozialdemokratie im Verteilungsstreit mit den Kapitalisten kritisiert. Siehe: „Kritik des Gothaer Programms“, Marx-Engels-Werke, Bd. 19, S. 15 ff.

Falls ihr jetzt dieses Fasss aufmachen wollt, dann wäre das zumindestens ein wuchtiger Gegenstandswechsel.
Die Fragen von Koba missachten, dass Marx den Zweck der kapitalistischen Lohnarbeit als Mehrung des abstrakten Reichtums des Kapitals erläutert hat.
Wie im Kommunismus die gesellschaftliche Reproduktion geregelt wird, das ist eine davon ganz unterschiedene Angelegenheit. Z.B. gibt es dort nicht so was Merkwürdiges wie den kapitalisrisch notwendigen Zweck eines Wachstums um jeden Preis …
Der wird heute in der Frankfurter Rundschau erklärt
http://NestorMachno.blogsport.de/2019/11/16/klimawandel-fortsetzung-3/#comment-37942
Die – krummen – Debatten über die angebliche Vergleichbarkeit von Kapitalismus und kommunistischer Planwirtschaft wurden auf diesem Blog übrigens etliche Male geführt, die Gegenposition hatte oft „Mattis“ inne, der hier einige Male bereits u.a. und wesentlich von Krim in Grund und Boden kritisiert worden ist…“

Kategorien(1) MG + GSP Tags: