Albert Krölls‘ „Kritik der Psychologie – Das moderne Opium des Volkes“ 3. Auflage erschienen
Folgender Hinweis erschien zuerst bei IVA und dann bei contradictio:
Ende März 2016 ist die dritte, aktualisierte und erweiterte Auflage von Albert Krölls‘ „Kritik der Psychologie – Das moderne Opium des Volkes“ erschienen. Dazu eine Information der IVA-Redaktion.
Zehn Jahre nach der erstmaligen Veröffentlichung seiner „Kritik der Psychologie“ hat Albert Krölls eine überarbeitete und erweiterte Neuausgabe vorgelegt, die den bereits in der zweiten Auflage von 2007 aufgenommenen Diskussionsteil neu konzipiert und in seinem Umfang erweitert hat. Dokumentiert wird hier die Kontroverse, die der Autor unter dem Titel „Die geheime Macht des Unbewussten – Ein untauglicher Rettungsversuch der Psychoanalyse“ mit einem Anhänger der Freudschen Theorie geführt hat. Die Antwort auf einen weiteren Leserbrief bringt zudem „vertiefte Ausführungen zur Kritik der ebenso beliebten wie falschen Fragestellung ‚Freiheit versus Determination des Willens?’“ (Krölls 2016, 9). Grundlegend überarbeitet wurde ferner das für die Beweisführung des Buches zentrale erste Kapitel, das jetzt die Überschrift „Psychologie:
Wissenschaft als Menschenbildpflege“ trägt. Im Rahmen einer neuen Schlussbetrachtung erläutert Krölls – anknüpfend an den Untertitel vom modernen „Opium des Volkes“ – den Nutzwert, den die psychologische Weltanschauung für die kapitalistische Konkurrenzgesellschaft hat.
Im Folgenden sollen grundlegende Thesen aus Krölls‘ Kritik vorgestellt und mit anderen Diskussionsbeiträgen konfrontiert werden, die eigene Kritikpunkte formulieren, eine Krise der Psychologie konstatieren oder deren wissenschaftlichen Status – gerade angesichts des neurowissenschaftlichen Booms mit seinen neuartigen Erkenntnissen übers Seelenleben – problematisieren. … [mehr bei IVA]
Albert Krölls steht übrigens weiterhin für eine Diskussion seiner Thesen zur Verfügung, und zwar unter der E-Mail-Adresse:
AKroells@web.de.
Ich habe vor Jahren mal eine Abschrift eines Vortrags von Kröll zur Verfügung gestellt (Skript des Vortrags von Albert Krölls zu seinem Vortrag zur Kritik der Psychologie vom 10.05.2012 in Augsburg). Der früher verlinkte Mitschnitt aus Tübingen aus 2009, den ich mal gelobt hatte, ist aber wohl nicht mehr verfügbar.
http://www.i-v-a.net/index.php/blog/zur-kritik-der-psychologie
redcat führt im folgenden weitere Kurzrezensionen materialistischer Erklärungsversuche des menschlichen Seelenlebens an, u.a. auch von Harald Werner aus dem Parteivorstand der Linken sowie einen Sammelband zu Peter Brückner.
Zur dritten Auflage von Krölls‘ „Kritik der Psychologie“ veröffentlichte IVA eine Buchinformation. Aus diesem Anlass hat bei contradictio.de ein Kommentator vermerkt, dass eine grundlegende Kritik an „Krölls, Held & Co.“ von Meinhard Creydt vorliegt. Dazu eine Replik von Johannes Schillo: Creydt kritisiert Krölls?
Heute in der Jungen Welt, ein Veriss des Buches von Kröll. Den ich hier erstmal kommentarlos poste. Auf der JW-Website steht der Text nicht.
https://picload.org/image/rgpdropd/kritik-an-kroell-jungewelt-6-j.jpg
Dank dir für die Mühe, Max 🙂
Hier der Text des Artikels (per OCR):
Unhaltbare Polemik
Neuauflage von Albert Krölls‘ »Kritik der Psychologie« im VSA-Verlag erschienen
Seit jeher stehen Marxisten der Psychologie skeptisch gegenüber. Sie halten das Fach nicht ganz zu Unrecht für sozial wissenschaftlich uninformiert. Insofern es Menschen nur als Produkte ihrer Lebensumstände, aber nicht als Produzenten der Gesellschaft versieht. Marxistische Psychologen in Ost und West haben ihr Fach gründlich kritisiert und eigenständige Ansätze entwickelt.
Anders der Sozialwissenschaftler und Jurist Albert Krölls: In seiner »Kritik der Psychologie«, die kürzlich in dritter Aullage bei VSA erschienen ist. Will er das »moderne Opium des Volkes« entlarven. Sein Hauptvorwurf lautet: »Wenn Psychologen den Willen erforschen, fragen sie nicht nach dem Zweck des Handelns, sondern suchen nach den Ursachen von Willensleistungen außerhalb von Willen und Bewusstsein. (…) Ihr Bild vom Willen macht die „Verrückten“ und „Geisteskranken“ die ihres Willens nicht mächtig sind, zur Norm, die auch die „inneren Prozesse“ erklärt, die bei den „Normalen“ ablaufen.“ Das Programm der Psychologie bestehe unter anderem darin. »Verhaltensdeterminanten finden zu wollen«. Per Korrelationsstatistik schlössen Psychologen fälschlich von einer »gehäuften Gleichzeitigkeit« von Phänomenen auf einen Kausalzusammenhang.
All diese Kritiken sind unhaltbar. Psychologen interessieren sich sehr wohl für Handlungszwecke, die sie etwa mittels Fragebögen oder qualitativer Interviews erheben. Sie halten »Willen« und »Bewusstsein« mit Recht für Phänomene, die nicht aus sich selbst erklärt werden können; Marx und Engels hielten übrigens entsprechende Versuche für Ideologie. Die Kategorien »verrückt« und »geisteskrank« haben in einer Fachdebatte nichts zu suchen. Es ist ein Zeichen wissenschaftlichen Fortschritts, keinen prinzipiellen Unterschied bei der Erklärung von »verrücktem« und »normalen« Verhalten zu machen. Man kann kritisieren, wie die Psychologie die objektive Bestimmtheit von Handlungen modelliert. Ohne irgendeine Forn von Determiniertheit wäre allerdings keine Sozialwissenschaft möglich. Zudem wird in der Psychologie keineswegs umstandslos von Korrelation auf Kausalität geschlossen. Entscheidend ist vielmehr die Möglichkeit, Ausgangsbedingungen so zu manipulieren, dass sie vorhersagbare Ergebnisse zeitigen. Diese Methode ist durch zahlreiche Probleme belastet, nur kommt kaum eines davon im Buch vor.
In weiteren Kapiteln polemisiert Krölls gegen Sigmund Freuds Psychoanalyse. Theodor W. Adornos angeblichen »Psychomarxismus« und Klaus Holzkamps kritische Psychologie. Er meint, Freuds These vom elterlichen Einfluss auf die Gewissensbildung würde die »Frage nach der Herkunft dieser Traditionen bei den ersten Eltern« schuldig bleiben. Genausogut könnte er die Zeugung anzweifeln und fragen, wer den »ersten Vater« gezeugt habe. Handelte das Buch auf diesem Niveau von Ökonomie oder Soziologie, wäre es wohl nicht ins Programm eines linken Verlags aufgenommen worden.
Michael Zander
■ Albert Krölls: Kritik der Psychologie. Das moderne Opium des Volkes, dritte aktualisierte und erweiterte Neuauflage. VSA-Verlag, Hamburg 2016, 232 Seiten. 17,80 Euro
In der Oberstufe wurde uns das Wahlfach „Pädagogik“ angeboten. Als Grundlage haben wir uns eines Funkkolleg-Readers über die Psychologie bedient. Die Psychoanalyse wurde nur am Rande erwähnt. In der neueren Forschung und Anwendung steht Freuds Lehre wohl nicht mehr im Zentrum. Ich frage mich daher, ob Krölls überhaupt noch auf der Höhe der Zeit ist.
Was heißt es aber, daß irgendwelche vormals berühmten Thesen und Theorien, „jetzt“ „nicht mehr im Zentrum“ stehen?
Sind sie nachvollziehbar als Unfug abgetan worden? Wenigstens als falsch? Oder gibt es auch hier die unsägliche „wissenschaftliche“ Unsitte, daß das Fach ein breites Potpourrie sich offensichtlich jeweils widersprechender „Ansätze“ anbietet und es allen Beteiligten egal ist, was davon stimmt und was Kokolores ist, weil eh alles Unfug ist?
Wäre es aber nicht sinnvoller, sich die angesagten Theorien vorzuknöpfen, statt Freud und Skinner?
Nochmals meine erste Frage, was bedeutet das innerwissenschaftlich und überhaupt, daß ein bestimmter „Ansatz“ jetzt „angesagt“ ist für dessen Wahrheitsgehalt und was bedeutet das umgekehrt für die „Ansätze“, die nun als „überholt“ gelten usw.?
Krölls will ja nicht einen akademischen Vortrag halten, sondern die Psychologie unter die Lupe nehmen, die für die Bewältigung des Alltags herhält. Ist die Psychoanalyse oder die Lerntheorie dafür noch maßgeblich?
Daß sich viele Menschen, Psychologen wie nichtpsychologen, allerhand und eben auch und zentral Psychologisches einfallen lassen, um „die Bewältigung des Alltags“ zumeist wieder hinzukriegen, spricht meiner Ansicht nach erst mal Bände über die Härten und Erfordernisse dieses „Alltags“.
Oder hier gleich Krölls:
„Das moderne Opium des Volkes
Der Untertitel ist Programm. Er beinhaltet die zentrale These der von Albert Krölls vorgelegten Kritik der Psychologie.* Danach besteht die unbestreitbare Leistung der psychologischen Weltanschauung in der erfolgreichen Selbstmanipulation des schwierigen Willens zum Glück in einer Gesellschaft, die für die große Mehrheit ihrer Mitglieder die wenig lohnende Lebensperspektive der abhängigen Arbeit vorsieht. Die Kunst der Glücksfindung besteht demgemäß darin, die Erwartungen an die Welt an deren harte Realitäten anzupassen und umgekehrt die Anforderungen der sozialen Wirklichkeit als Bewährungsprobe für sich und seine werte Persönlichkeit zu betrachten und in der Erfüllung seiner gesellschaftlichen Pflichten seine Selbstverwirklichung zu suchen.
Der psychologisch gebildete Mensch, der seinen materiellen Misserfolg nicht den Prinzipien der Konkurrenzgesellschaft, sondern sich selbst und seiner mangelnden „Erfolgsfähigkeit“ zuschreibt, macht sich geistig frei von der Befassung mit den seine Existenz regierenden ökonomischen und politischen Interessen, für deren Erfolg er als Arbeitnehmer, Erziehungsberechtigter und Soldat einzustehen hat. Wer vom Wunsch beseelt ist, von der gesellschaftlichen Umwelt den Wert der eigenen Person bestätigt zu erhalten, ist umgekehrt von einem grundsätzlichen Verständnis für alle Zumutungen erfüllt, die ihm Staat und Ökonomie des demokratischen Kapitalismus auferlegen. Wer sich die psychologische Sichtweise der Welt und seiner dienstbaren Rolle in ihr zu Eigen macht, der entspricht also in idealer Weise dem Anforderungsprofil des demokratisch-kapitalistischen Staatsbürgers. Seine Unterwerfung unter die Zwänge der bürgerlichen Gesellschaft erscheint als Akt der Freiheit, als Verwirklichung gelungener Subjektwerdung.“
zitiert nach http://ak.blogsport.de/2006/12/11/kritik-der-psychologie-2/
„Sind sie nachvollziehbar als Unfug abgetan worden?“ Das ist nie so im Kapitalismus. Bestenfalls werden sie vergessen.
Ich finde schon, dass an der Kritik von Julian was dran ist: „Wäre es aber nicht sinnvoller, sich die angesagten Theorien vorzuknöpfen, statt Freud und Skinner?“ Wenn sich die Psychologie als Wissenschaft verändert hat, dann müsste man dem Rechnung tragen, wenn man eine Kritik der Psychologie als Wissenschaft schreiben will. Wenn man dagegen eine Kritik der Psychologie des bürgerlichen Individuums schreiben will, ist das was die Wissenschaft treibt nicht so wichtig. Also hier müsste besser geklärt werden was die Schrift vorhat.
Wenn ich Neoprenes Zitat nehme, ist es wohl eher die Kritik der Psychologie des demokratischen Untertanen. Wo wir ja mittlerweile wissen, dass sich die Leute wie Untertanen gar nicht vorkommen. Wenn man die Demokratie und den Kapitalismus gut findet, ist doch klar dass der Bürger „von der gesellschaftlichen Umwelt den Wert der eigenen Person bestätigt“ erhalten will. Der Mensch ist ein gesellschaftliches Wesen und will natürlich, dass sein Beitrag als Mitglied der Gesellschaft gewürdigt wird.
Da bin ich mir nicht so sicher. Mit seiner Generalkritik der Psychologie hat Krölls recht. Hier wird genau die Machtbeseeltheit wiedergespiegelt, die ihr dem freien Bürger andichtet. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:
PS. Der Krölls-Kritiker Zander setzt sich auch mit Marxismus und Psycho auseinander:
http://2014.ferienuni.de/files/michael-zander-kripsy-und-marxismus.pdf
http://www.kritische-psychologie.de/tag/zander-michael
„Seine Unterwerfung unter die Zwänge der bürgerlichen Gesellschaft erscheint als Akt der Freiheit, als Verwirklichung gelungener Subjektwerdung.“ Die Anpassung an die Zwänge „erscheint“ nicht nur als Akt der Freiheit, sondern es ist ein Akt der Freiheit. Wenn man Eigentum und Kapitalismus gut findet, dann muss man sich eben auch an die Umstände und Regeln anpassen, die aus Eigentum und Kapitalismus folgen. Dann ist es eine Unterwerfung unter Dinge, die man selbst will, also freiwillige Unterwerfung also eigentlich keine Unterwerfung.
Und das ist dann auch der Grund warum der Bürger eine bürgerliche Psychologie sich zulegt. Wäre er unterworfen und gegen die Eigentumsverhältnisse, hätte er keine Veranlassung zu geistigen Anpassungsleistungen. Die Affirmation der Verhältnisse besiegelt alles.
Nehmen wir mal an es gäbe Kommunismus. Würde sich der Kommunist nicht als wertvolles Mitglied seines Gemeinwesens beweisen wollen. Natürlich würde er das. Natürlich will auch der Kommunist seinen Wert als gesellschaftliches Wesen von der gesellschaftlichen Umwelt bestätigt erhalten.
Das sieht inhaltlich anders aus im Kommunismus und im Kapitalismus. Aus der positiven Stellung zu den Verhältnissen folgt in beiden Fällen, dass die Bestätigung durch die gesellschaftliche Umwelt dem Individuum wichtig ist. Es will sich als Teil dessen bewähren, dessen Maßstäbe es für richtig hält.
Anpassung an Verhältnisse, in denen man es schwer hat, erfordert einiges an Kompensation. Man imaginiert sich dann gerne als Meister seines eigenen Schicksals. Auch wenn man es faktisch nicht ist – bzw. gerade dann – man ist es aber nur deshalb nicht, weil man sich anpassen will. Würde man davon abrücken, könnte man ganz real Meister seines „Schicksals“ werden (welches dann kein Schicksal mehr wäre).
Wie ist das Individuum beschaffen, dem das wichtig ist?
Was ich beobachten kann ist, dass Leuten die Anerkennung so wichtig ist, dass sie sich gerade deshalb lieber anpassen als aus der Reihe zu tanzen. Hier liegt ganz sicher ein Teil der Erklärung dafür, warum Leute nicht viel Kritik am Bestehenden üben. Den nötigen Grips dafür hätten sie ja.
Auf Anerkennung aus sein heißt ja grundsätzlich, sich abhängig zu machen vom Urteil anderer. Heißt doch: mir ist es wichtig, dass ich von anderen als akzeptabel beurteilt werde. Da liegt die Konsequenz nahe, dass ich den Inhalt von Gesellschaft, Arbeit und Bekanntschaften nicht mehr objektiv beurteile, sondern meinen Standpunkt und mein Verhalten an meinem Streben nach Anerkennung relativiere.
Wenn ich mit anderen gut zusammenarbeite für einen Zweck, der mir wichtig ist, dann bringt das eine hohe Zufriedenheit, von mir aus auch Lebensqualität genannt, – nur wozu brauch ich dann noch das separate Thema Anerkennung?
Max, Zander mag zwar ein Kritiker von Krölls sein, in „seiner“ Fachzeitschrift habe ich dazu aber nichts gefunden, weder von ihm noch von anderen Fachpsychologen. Und dieser Kurztext mit seinen Thesen „Ohne Marxismus keine Kritische Psychologie“ hat mir buchstäblich in jedem Satz mehr Probleme gezeigt, als daß ich über irgendwas schlauer geworden wäre.
Zu Krim:
Ja, die Unterwerfung des Eigentumsfans unter die Verhältnisse ist in erster Linie seine eigene Sache. Und hier braucht auch niemand mehr mit den stummen Zwängen der Verhältnisse kommen, denn hier geht es ja fast auschließlich, jedenfalls zentral um die geistige Stellung des Individuums zu den Anforderungen seiner Welt. Und da halte ich es nicht weiterführend, wenn man sagt, na und, den Scheiß will er doch, da hat er doch recht dann von den anderen den gebotenen Respekt, die Anerkennunng usw. einzufordern und in arge Trübsal zu verfallen, wenn sowas ausbleibt.
Denn der himmelweite Unterschied zwischen den bürgerlichen Individuen heute und den voll entfalteten sozialistischen Persönlichkeiten im Kommunismus ist doch, daß die jetzige Welt ein Ausbund an dem Menschen abträglichen Zwecken, Einrichtungen, Denkweisen und Lösungsvorschlägen ist.
Da ist es doch überharmlos formuliert, wenn man wie Mattis dazu schreibt: „Anpassung an Verhältnisse, in denen man es schwer hat, erfordert einiges an Kompensation.“
„Was ich beobachten kann ist, dass Leuten die Anerkennung so wichtig ist, dass sie sich gerade deshalb lieber anpassen als aus der Reihe zu tanzen.“ Die Reihenfolge halte ich nicht für richtig. Die Leute sind nicht von Natur aus Psychokrüppel, die für Anerkennung alles machen, sondern ihr Wunsch nach Anerkennung unterstellt, dass sie das wovon sie Anerkennung wollen gut heißen. Anerkennung will man von Leuten, die man selbst gut findet, deren Haltung oder Maßstäbe man teilt. Jemand, den man für einen Idioten hält, auf dessen Anerkennung pfeift man.
„Auf Anerkennung aus sein heißt ja grundsätzlich, sich abhängig zu machen vom Urteil anderer.“ Ja und nein. Man macht sich aber nur vom Urteil der Leute abhängig, deren Ansichten man teilt. Also macht man sich eigentlich vom eigenen Urteil abhängig, das nur von anderen ausgesprochen wird. Man will ja gerade von außen in seinem eigenen Urteil bestätigt werden.
„– nur wozu brauch ich dann noch das separate Thema Anerkennung?“ Na ja. Das ist eben eine ideelle Befriedigung.
Der Kommunist will ja, dass das was er macht nicht bloß für sich gut ist, sondern auch für andere. Schließlich sind es eigentlich immer Gemeinschaftsprojekte an denen man arbeitet.
Positive Resonanz heißt, du hast den Job gut gemacht, du warst erfolgreich nicht nur für deinen Materialismus, sondern auch für die Gemeinschaft.
@neo: „als daß ich über irgendwas schlauer geworden wäre.“
Der Text und die Kritik von Zander hat mich auch nicht schlauer gemacht.
Warum finden sie ok, was ihnen doch schadet? Weil es die Realität ist und sie sich an die Realität anpassen. Es ist ihre Haltung, die verhindert, dass Idioten als Idioten erkannt werden. Das hat nichts mit „Psychokrüppel“ zu tun, sondern scheint leider die Natur von Lebewesen zu sein, die immer erst lernen müssen, sich zu objektivem Denken durchzuarbeiten, und die sich nur unter seltenen Bedingungen dazu durchringen, von wenigen Ausnahmen abgesehen.
In einer vernünftigen Gesellschaft wird man das nicht unterscheiden, man wird nicht das eine nur neutral bewerten und das andere als „wertvoll“ hervorheben.
Tendenziell halte ich diese Art von Gemeinschafts-Idealismus sogar für gefährlich, denn er ist leicht mißbrauchbar, während ein vernünftiger Materialismus sich nie in den Dienst irgendeines Ideals stellen lassen würde.
„Weil es die Realität ist und sie sich an die Realität anpassen.“ Ich habe die Frage beantwortet, warum sie sich anpassen.
„die immer erst lernen müssen, sich zu objektivem Denken durchzuarbeiten“ Das lernen sie aber nur dann, wenn sie eine Kritik haben. Wenn sie das Eigentum wollen, denken sie interessiert, und wollen sich nicht zu objektivem Denken durcharbeiten.
„Tendenziell halte ich diese Art von Gemeinschafts-Idealismus sogar für gefährlich, denn er ist leicht missbrauchbar, während ein vernünftiger Materialismus sich nie in den Dienst irgendeines Ideals stellen lassen würde.“
Grrr. Gemeinschaftsnützlichkeit (oder wie man es nennen will) ist im Kommunismus halt gerade kein Ideal, sondern so geht die Produktionsweise. Es ist ja sogar so, dass der individuelle Materialismus nur befriedigbar ist innerhalb gemeinschaftlicher Produktion. Alleine geht das gar nicht.
Dass der bürgerliche Staat auf dem Eigentum basiert, ist zwar der begriffliche Zusammenhang, die Klärung seines Grundes – aber wie die Menschen Generation für Generation dazu kommen, den Eigentümer-Standpunkt als eigenen Willen einzunehmen, ist damit ja nicht erklärt.
Um als Eigentümer den Kapitalismus zu wollen, müssen sie ja erstmal den Eigentümer-Standpunkt einnehmen. Mit dem sind sie ja nicht geboren.
Kinder und Jugendliche nehmen ihre gesellschaftliche Umwelt erstmal als gegeben hin wie Sonne, Mond und Sterne. Wieso muss Papa arbeiten? Weil wir sonst kein Geld haben. Wieso brauchen wir Geld? Weil man ohne Geld nichts zu essen kaufen kann. Was macht der Supermarkt mit dem Geld? Der muss seine Lieferanten bezahlen, sonst bleiben die Regale leer. Fertig.
So, durch die vertrauensvolle Übernahme der zur Realität passenden Legitimationen, entsteht doch überhaupt erst der Eigentümer-Standpunkt, also dass man auf seine Mittel (Arbeitskraft gegen Geld) angewiesen sei.
Würden Menschen von vornherein objektiv denken, also Kritikables auch entsprechend kritisieren, dann wäre es in der Historie erst gar nicht zu einem Eigentümer-Standpunkt gekommen, und damit auch nie zu einer selbstbewussten Verteidigung desselben und auch nicht zum dazu gehörigen positiven Interesse am bürgerlichen Gewaltmonopol.
Eben. Wenn die Gemeinschaftlichkeit mit der Produktionsweise per se gegeben ist, dann macht doch eh das Motiv der Anerkennung und des „Wertes“ für die Gemeinschaft keinen Sinn. Es ist doch dann die Normalität, „wertvoll“ mitzuarbeiten, und keine besonders auszuzeichnende Leistung, an die man dann entsprechende Anerkennung knüpfen würde.
Man kann seinen Job immer noch gut und schlecht machen. Weniger wertvoll (wertlos wird die Arbeit in den meisten fällen nicht sein) oder sehr wertvoll. Die Gemeinschaft, also ein äußeres Urteil, entscheidet eben darüber, ob es gut oder schlecht war.
Zudem hat jeder eine Vorstellung vom Gemeinwesen. Bekommt er nun Bestätigung heißt das, dass seine Vorstellung dem Gemeinwesen entspricht. Er liegt also richtig. Bekommt er keine Anerkennung heißt das, dass an seiner Vorstellung etwas nicht stimmt, an der er sein Handeln ausrichtet. Das wäre dann in der Tat ein Ideal.
Man kann natürlich einwenden, dass es Schulungen geben sollte damit man sich keine Flausen über die Natur des Gemeinwesen in den Kopf setzt. Sollte es in der Tat. Trotzdem Wird man das Verhältnis nicht los. Den Begriff der Gesellschaft zu kennen ist etwas anderes als an ihrer Entwicklung teilzunehmen. Wissen was zu tun ist und es zu tun sind verschiedene Dinge.
Der unsägliche Verriß von Krölls Kritik der Psychologie in der „jungen Welt“ hat dann doch noch Kreise gezogen:
Auf der Webseite i-v-a.net erschien jetzt folgender Artikel:
„Mit Kritikern des (psychologischen) Determinismus diskutiert man nicht!“
Sie bringen nochmal den Ausgangspunkt „Unhaltbare Polemik (Michael Zander)“
Albert Krölls hat dann versucht eine Erwiderung in der jungen Welt unterzubringen „Im Namen der unheiligen Liaison von Marxismus-Leninismus und Psychologie: Der Ausschluss der Determinismuskritik aus der Fachdebatte“
Aber daraus wurde nichts, selbst der Chefredakteur der jW, Arnold Schölzel, ließ ihn knapp aber entschieden abblitzen.
Nachbemerkung der IVA-Redaktion
Mal sehen was bei denen daraus wird.
Dass Amok-Attentäter meist schwer Wert darauf legen, dass sie als selbstbewusste Individuen sich inszenieren wollen (und nicht als ‚Versager-Typen‘, als die sie allgemein und im Regelfall in der Öffentlichkeit klassifiziert werden), das erklärt dieser Aufsatz von Johannes Schillo
http://www.i-v-a.net/index.php/blog/Amok-Antiterrorpaket-und-Ursachenforschung
http://www.i-v-a.net/index.php/blog/zur-kritik-der-inklusion
Das neue Bundesteilhabegesetz wurde am gestrigen Donnerstag in erster Lesung im Bundestag beraten. „Aus dem alten Fürsorgerecht soll ein modernes Teilhaberecht werden“ – allerdings ohne zusätzliche Kosten zu verursachen. Behinderte und Sozialrechtsexperten fordern schon jetzt Nachbesserungen.
http://www.deutschlandfunk.de/bundesteilhabegesetz-radikale-verschlechterungen-fuer.862.de.html?dram:article_id=366587
Prof. Matthias Schnath (Bochum)
hat dazu vier Thesen vorgestellt:
„Behinderung im Kapitalismus – und das Leitbild der Inklusion“:
http://www.i-v-a.net/index.php/blog/zur-kritik-der-inklusion
Zum Thema ‚Inklusion‘ sei auch der Text von Arian Schiffer-Nasserie „Diskriminierung, Rassismus und Antidiskriminierungsarbeit“ empfohlen,
um der Frage weiter nachzugehen:
Was ist Diskriminierung (wovon Inklusion ja eine Form ist) denn eigentlich überhaupt?
(Vgl. dazu die Seiten 147 bis 160.)
http://neoprene.blogsport.de/images/SchifferNasserieDiskriminierungRassismusundAntidiskriminierungsarbeit.pdf
Die Seite i-v-a.net ist leider nicht mehr erreichbar. Weiß da jemand mehr?
Redcat hat auf meine Anfrage so geantwortet:
Herzlichen Dank für die flotte Beantwortung.
Die Homepage ist – neu – erreichbar:
https://www.i-v-a.net/
Und bewirbt dort u.a. auch diese Publikationen
von Georg Loidolt
http://lektoratsprofi.com/buecher-2/
Daraus der Text:
„Die Macht der Moral“ (G. Loidolt)
https://www.i-v-a.net/index.php/blog/Die-Macht-der-Moral
Jemand hat mir einen Link zu einer Kritik des Buches „Die Psychologie des bürgerlichen Individuums“ (1981) von der Marxistischen Gruppe geschickt:
„Zur Psychologie des bürgerlichen Individuums (Marxistische
Gruppe/Gegenstandpunkt) – Klarstellungen zu Neurosen und Freud„
Die Datei läßt sich nicht runterladen – Virusgefahr!
Ich hatte den Fehler erst auch. Kam dann doch. Der Einfachheit halber habe ich das PDF bei mir nochmal hochgeladen und den link dementsprechend angepaßt.
Jetzt geht es.
Danke!