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Was hilft die „deutsche Flüchtlingshilfe“ den Flüchtlingen?

29. September 2015

Zwei Fragen zum „hellen Deutschland“ und seinem „riesengroßen Herz“
Die Politik in Deutschland sieht sich, zusammen mit vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern, als Teil eines „hellen Deutschland, das hier sich leuchtend darstellt“ (Gauck) und spendet dieser humanistischen Gemeinschaft der guten Deutschen ein dickes Eigenlob: „Danke Deutschland, für dein riesengroßes Herz“ (die Grünen). Viele Linke sind da kritischer: „Zu gering“ falle die Deutsche Hilfe für die Flüchtlinge aus, „zu schlecht“ sei die Unterbringung.
I. Aus welchen Gründen brauchen die Flüchtlinge allerdings überhaupt „die Hilfe“ der Bürgerer und des Staates? Warum können Refugees nicht zum Subjekt ihres Lebens werden, sondern bleiben in der Rolle des Objekts von Flüchtlingshelfern? Warum können sie eigentlich nach ihrer Ankunft in Deutschland nicht für sich selber sorgen, indem sie bei der Produktion dessen, was sie brauchen, mitarbeiten?
Trostlose Antwort Nr. 1: Sie werden vom Staat gar nicht zugelassen zur Arbeit.
Trostlose Antwort Nr. 2: Selbst wenn sie ausnahmsweise alle Hürden der Zulassung überwunden haben sollten: Es herrscht bei uns Kapitalismus. Und da gibt es nicht Arbeit, wenn man sie zum Leben braucht, sondern nur, wenn man Unternehmer findet, die einem einen Lohn zahlen. Das tun die allerdings nur, wenn sich die Einstellung der Neuankömmlinge für sie lohnt. Die hiesigen Unternehmer haben allerdings auf die Neuankömmlinge nicht gewartet; ganz im Gegenteil: Für ihre gewinnbringende Produktionen und Dienstleistungen brauchen sie ja noch nicht einmal alle, die schon in Deutschland wohnen. Für die Gewinnrechnungen deutscher Unternehmen sind also schon ohne Einwanderer jede Menge Leute überflüssig – kein Wunder, dass auch die Neuen erst mal überflüssig sind, es sei denn sie lassen sich zu Löhnen einstellen, die weit unter den hierzulande üblichen liegen, also als unfreiwillige Lohndrücker.
II. Worin besteht der sachliche Gehalt der „Hilfe“, welche den Flüchtlingen zu Teil wird?
Was für eine „Hilfe“ erfährt eigentlich jemand, dem nicht als Individuum mit konkreten Interessen und Willen geholfen wird, sondern „als Mensch, der ein Recht auf Leben hat“? Wie verhält sich dieses Recht auf Leben – der Stolz des Rechtsstaates – und die Hilfe, die der Staat aus diesem ableitet, eigentlich zu dem, was Leben von Überleben unterscheidet, zu den konkreten Zielen, die ein Mensch verfolgt, zu seinen Wünschen und Bedürfnissen?
Auch hier ist die Antwort trostlos und zugleich kennzeichnend für die gesellschaftlichen Verhältnisse im kapitalistischen Deutschland: „Humanitäre Hilfe“ heißt nichts weiter, als Nothilfe, weil die Leute sonst vor die Hunde gehen; im Mittelmeer absaufen, von Schleppern und Gangstern ausgeplündert werden, in der Wüste verhungern … – mehr nicht!
Geholfen wird ihnen dabei nach eigener Auskunft des Staates, weil sie „Menschen“ sind. Mehr wird ihnen auch nicht garantiert, als dass sie Menschen bleiben, sprich: sie werden am Leben gehalten. Selbst die dafür notwendigen Güter: Decken, Essen, Wasser und mehr lässt sich dabei der deutsche Staat zu großen Teilen von seiner Zivilbevölkerung bringen.
Sind die Flüchtlinge allerdings dafür nach Deutschland gekommen? Dass sie mit Wasser versorgt werden und in den Nächten (möglichst) nicht frieren? Geht es um das reine „Über“leben? Nein, aber das ist beim humanitären Helfen nicht entscheidend. Aber alle geben an damit, dass „Deutschland hilft“.
Die Flüchtlinge wollen für sich selber sorgen, nicht der Gnade und dem Wohlwollen humanitärer HelferInnen ausgeliefert sein. Sie haben konkrete Interessen, Wünsche und Bedürfnisse, deren Erfüllung ihnen in den Balkanstaaten, Eritrea und in Syrien nicht möglich sind. Die gefährliche und lange Reise der Flüchtlinge hatte nie den Grund, schlicht zu überleben, sondern sich ihre Lebensmittel selber erwerben zu können, selbst Subjekte ihres Lebens zu werden. Statt dessen werden sie hier zu Objekten einer „Hilfe“ gemacht, die der Staat ihnen zuteilt, der ihnen das Mindeste, um im Kapitalismus leben zu können, verweigert: Sie dürfen noch nicht einmal ihre Arbeitskraft anbieten, um für Unternehmen Reichtum zu produzieren. – Selbst dafür sind sie nach den Gesetzen der freien Marktwirtschaft schlicht überflüssig.
[Dieser Artikel erschien zuerst bei KeinOrt.de „Kommentare aus dem Niemandsland“ dem Blog von Peter Schadt dem Verleger des Gegen_Kultur Verlags]

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. j.
    29. September 2015, 07:32 | #1

    noch die angegebene versus-seite dazu! :
    http://www.versus-politik.de/?p=1101

  2. 29. September 2015, 09:42 | #2

    kein Wunder, dass auch die Neuen erst mal überflüssig sind, es sei denn sie lassen sich zu Löhnen einstellen, die weit unter den hierzulande üblichen liegen, also als unfreiwillige Lohndrücker.

    In diese Richtung denken natürlich auch schon einige Politiker:

    CDU-Politiker stellen Mindestlohn für Flüchtlinge infrage
    Möglichst schnell sollen Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert werden. Für einige CDU-Politiker stellt der Mindestlohn ein Hindernis dar. Entsteht nun ein separater Arbeitsmarkt für Flüchtlinge?

    aus der FAZ vom 29.05.2015

  3. AK_Versus_Tübingen
    1. Oktober 2015, 06:00 | #3

    „Wir schaffen das!“ (Merkel)
    Es ist noch nicht lange her, da stand es in allen Zeitungen: Multikulti ist gescheitert, „Parallelgesellschaften“ sind eine Gefahr für unser Gemeinwesen. Muslime wurden mit der Frage gelöchert, ob sie wirklich glaubhaft der Gewalt abschwören. Dass im Mittelmeer jede Menge Menschen auf der Flucht ertrinken, war zwar eine Schande für Europa, aber ansonsten weit weg. „Festung Europa“ hieß das Stichwort, auch und gerade für Deutschland, das, umgeben von anderen Aufnahmeländern, in der Mitte liegt.
    Und jetzt die Bundeskanzlerin: „Wir schaffen das“ und: „Wenn wir jetzt anfangen müssen, uns zu entschuldigen dafür, dass wir in Notsituationen ein menschliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land“. Hat sie damit die bisherige Flüchtlingpolitik außer Kraft gesetzt? Vom früheren Abschotten zum heutigen Aufnehmen?
    Schließlich kommen die offiziell willkommen geheißenen Menschen anschließend ins Lager und müssen auf die Sortierungsprozedur warten und den hoheitlichen Beschluss akzeptieren, ob sie bleiben dürfen, mit welchem vielleicht wackligen Status als Geduldete etc. Auch dass die Leute am besten woanders bereits gesichtet werden und gegebenenfalls gar nicht mehr hier anlanden sollen („Hotspots“); dass die Asylregeln verschärft werden müssen, dass die Ankommenden eine Last für Deutschland sind: „Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich“ (Der Bundespräsident) … lauter vertraute Töne, die nicht verschwunden sind, sondern neu aufleben.
    Da stimmt doch wohl beides nicht: Weder war vorher die Flüchtlingspolitik durch Abschotten gekennzeichnet, noch finden die Bedürftigen heute einfach eine Zuflucht in Deutschland. Deswegen wollen wir klären:
    Was kennzeichnet das Verhältnis, das Deutschland zu den Flüchtenden einnimmt? Was ist der politische Inhalt des Asylrechts?
    Was daran hat die Bundeskanzlerin mit ihrer „Wir schaffen das“-Politik geändert? Was setzt sie mit geänderten Mitteln fort?
    Jour Fixe VERSUS / AK Politik Tübingen
    Dienstag, 06.10.15, 20:00 am Clubhaus Wilhelmstraße,
    linker Eingang, linke Treppe, 1. Stock
    http://www.versus-politik.de/?page_id=1183#Disk_Tuebingen

  4. Bremen_Diskuss
    1. Oktober 2015, 12:47 | #4

    Ankündigung einer Diskussionsveranstaltung
    Die Flüchtlinge als „große globale Herausforderung“ (Merkel) –
    Wer fordert da wen wozu heraus?
    Soll man das wirklich ernst nehmen, dass eine Masse Ohnmächtiger, und das sind Flüchtlinge, Deutschland an die „Grenzen“ seiner „Möglichkeiten“ (Gauck) treibt? Klar, die Mittel und die Zeit der freiwilligen Helfer aus der Bevölkerung sind schnell erschöpft, warum wohl? Aber der Staat Deutschland? Sind die Kosten für Notrationen und Zeltstädte nicht nur deshalb eine „enorme Belastung“ für die staatlichen Haushalte, weil die für ganz andere Vorhaben des Standorts Deutschland verplant sind? Erschöpft sich überhaupt die „Herausforderung“, die Deutschlands politische Führung ausruft, in der Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge?
    Eine nationale Herausforderung erledigt der deutsche Staatsapparat enorm leistungsfähig. In wenigen Tagen sind Bundespolizei und Ausländerbehörden dazu ertüchtigt, das X-fache des bislang Üblichen an Flüchtlingen erkennungsdienstlich zu erfassen und dorthin zu verbringen, wo sie der Entscheidung zugeführt werden, wer ein Bleiberecht bekommt und wer Abschiebefall ist. Für den Vollzug stellt der deutsche Gesetzgebungsapparat im Blitzverfahren neue Asylverfahrensgesetze auf die Beine. Was „schafft Deutschland“ da?
    Mit dem Verweis auf die in Deutschland – so – aufgenommenen Flüchtlinge, verlangt Merkel „Solidarität“ von den anderen EU-Staaten. Dass es da nicht um gemeinsame Anstrengungen zugunsten der Flüchtlinge geht, ist schnell klar. Deutschland verlangt, dass die Außengrenzen der EU wieder funktionieren, Europas Außenstaaten die Asylbewerber in europäisch finanzierten Hotspots sortieren und Europas Staaten sie strikt nach ihrem Schlüssel in Europa verteilen, damit Flüchtlinge erst gar keinen „Asyltourismus“ (de Maiziere) betreiben. Aber worum geht es Deutschland da? Warum erklärt Merkel diese Politik zu einer „größeren Herausforderung an die Einheit Europas“ als die Griechenlandkrise?
    Flüchtlinge aus Syrien erhalten in Deutschland derzeit grundsätzlich Bleiberecht. Ist da der Zweck, dass Flüchtlinge in Deutschland unterkommen? Erkennbar nein, wenn die Regierung jeden aufgenommen Syrer als Beweis dafür zitiert, dass „das Problem nicht in Deutschland gelöst werden kann“. Wenn Deutschland dann die „Flüchtlingskrise“ zum Grund dafür erklärt, dass ganz neu der Krieg in Syrien, die Lage in den benachbarten Fluchtländern, die Verhältnisse in den Staaten auf den Fluchtrouten usw. in den Griff zu kriegen seien, was verlangen Deutschlands Regierende da und von wem? Und an wen geht ihre Forderung, die „Flüchtlingskatastrophe“ sei überhaupt als „globale Herausforderung“ zu behandeln?
    Klar ist Deutschlands Forderung an Staaten, die es als „sichere Herkunftsländer“ einstuft: Die sollen die Leute, die vor der Armut dort abhauen und deswegen hier das Prädikat „Wirtschaftsflüchtlinge“ erhalten, zurücknehmen; lauter arme Leute, die Deutschland neuerdings mit dem Kompliment abschiebt, es handele sich bei ihnen um zu je­der Arbeit bereite Bürger. Was macht für deutsche Politik Staaten zu sicheren Herkunftsländern und was macht Deutschlands Flüchtlingspolitik mit ihnen und der Bevölkerung in ihnen?
    Dass die Not der Flüchtlinge nicht die deutsche Flüchtlingspolitik leitet, dieser Verdacht ist durchaus unterwegs. Verbreitet ist auch die Anklage, nach einer kurzen Phase der Öffnung und des Willkommen, die dem Geist von Deutschlands Asylrecht entsprochen habe, sei die deutsche Regierung wieder zurückgefallen in „mörderische Abschottungspolitik“, eine scharfe Anklage, die dann doch nicht die Vorstellung von Deutschland demolieren will, eigentlich sei es dem Schutz und Leben von Flüchtlingen verpflichtet.
    Zu wenig verbreitet sind solche Fragen: Sind Aufnahme von Flüchtlingen und Abschiebung sowie Abschottung wirklich ein Gegensatz in einer deutschen Flüchtlingspolitik, die beides macht, und wonach richtet die sich dabei?
    Und wenn schon berechtigte Zweifel unterwegs sind, der Not wolle sie wohl nicht abhelfen, was ist denn dann ihr Zweck, den sie neuerdings als „globale Herausforderung“ ausruft?
    Diese und weitere Fragen sollen erörtert werden.
    Bremen Bürgerhaus Weserterrassen, Osterdeich 70 b
    Donnerstag, 8. Oktober 2015 – 19:00

  5. j.
    3. Oktober 2015, 10:30 | #5

    „vorwärts
    und nicht vergessen“ :
    7
    Vorwort zur Neuauflage
    Es hat knapp zehn Jahre gedauert und einen Regierungswechsel gebraucht, um die »neue Ehrlichkeit« in der Ausländerpolitik zu etablieren. Eines der Beweis-
    anliegen der jetzt unverändert wieder aufgelegten »Deutschen Lehren aus Rostock und Mölln« bestand 1992 noch in dem Nachweis, dass deutsche Ausländerpolitik in der Vergangenheit keineswegs darum bemüht war, sich von humanitären Motiven leiten zu lassen, und dabei immer wieder an »begrenzter Aufnahmekapazität« und »an fehlenden finanziellen Ressourcen« scheiterte. Heute
    wird diese menschenfreundliche Motivationslage von jenen Politikern, die sie damals unter das Volk brachten, ganz offen dementiert: Ausschließlich um
    nationalen Nutzen geht es, verkünden sie. Und selbst dieser nationale Nutzen ist nicht frei – etwa multikulturell – interpretierbar. Die Greencard-Regelung des SPD-Kanzlers, die von seinem bayrischen Politikerkollegen Beckstein (CSU) in das inzwischen geflügelte (Sortierungs-)Wort von den Ausländern, die uns nützen, und jenen, die uns ausnützen, übersetzt worden ist, lässt keinen Zweifel aufkommen. Es geht in erster Linie um den Nutzen »unserer Wirtschaft«, »un-
    seres Standorts« – oder anders gesagt: um brauchbaren, also lohnenden Arbeitskräftebedarf aus dem Weltarbeitsmarkt für das hier angelegte Kapital. Frech
    bekennt sich diese »neue Ehrlichkeit« zur imperialistischen Offensive: Den Interessen des deutschen Kapitalstandorts dienen, in der globalen Konkurrenz zu den Siegern gehören, dafür auch die menschlichen Ressourcen des Globus für hiesige Profitraten verheizen – ja, was denn sonst! So lässt sich die Riege regierender Politiker besonders in der Debatte über »geregelte Ein- bzw. Zuwanderung« des Jahres 2001 vernehmen; und Journaille nebst Wissenschaft sekundieren: »Ein Einwanderungsgesetz regelt die Zuwanderung nach den Interessen des Einwanderungslandes und nicht nach denen der potenziellen Einwanderer«, schreibt der Freiburger Historiker U. Herbert in der SZ vom 31. Juli 2001 unge-
    niert und ohne befürchten zu müssen, dass diese (Binsen-)Wahrheit einen Sturm der Entrüstung in den gehobenen und um die moralische Würde der nationalen
    Ausländerpolitik besorgten Kreisen auslöst. Umgekehrt verhält es sich heute.
    Solche Rücksichtnahme ist nicht nur verfehlt, sondern grenzt fast an Vaterlandsverrat. Die »Gesellschaft beginne zu lernen, die Würde der Interessenbasiertheit
    ihrer Entscheidungen zu schätzen. … Willkommen ist, wer uns nützlich ist«, konnte man in der FAZ vom 4.8.2001 lesen. Das ist brutal »ehrlich« und will
    geradezu methodisch klarstellen, dass der höchste Wert immer noch die Nation ist:
    Nichts als Nationalismus.
    Damit ist denn auch die wichtigste Konstante
    zwischen 1992 und 2001 benannt, die der gerade erschienenen Fortsetzung der »Deutschen Lehren aus Ro-
    stock und Mölln« – »Brandstifter als Feuerwehr: Die Rechtsradikalismus-Kampagne« – erstens den gleichlautenden Untertitel eingetragen hat. Zweitens hat
    sie der Befassung mit der Ausländerpolitik von Regierung und rechtsradikaler Opposition – von Skingruppen bis zur NPD – zu einer Reihe verholfen, die
    wohl auch mit dem vorgelegten Teil 2 noch nicht abgeschlossen werden kann.
    Eine zweite Konstante ist der Rechtsradikalismus selbst. Auch der hat sich in den letzten zehn Jahren wenig geändert. Auch hier ist es die nationale Politik,
    die zu ihm eine andere Stellung eingenommen und daraus eine politische – und nicht mehr nur staatsmoralische – Kampagne verfertigt hat, die sie ziemlich gnadenlos und gleichgültig gegenüber jenen »verständlichen Sorgen der Bevölkerung vor einer Überfremdung«, die jüngst noch Berufungsinstanz bei der Verschärfung der Asylgesetzgebung waren, durchzieht. Womit eine weitere Konstante angesprochen ist: der ungebrochene völkische Ausländerrassismus »der Mitte der Gesellschaft«. Der ist allerdings nicht mehr geheuchelter Sorgegegenstand, sondern von den Ausländerpolitikern inzwischen selbst zum Gegenstand der Kritik erklärt worden.
    Worum es geht, wenn regierende, also BerufsNationalisten den völkischen Nationalismus ihres Volks kritisieren, was der Grund der neuen Bewertung von
    Rechtsradikalismus und Neofaschismus ist und was es mit der »neuen Ehrlichkeit« in der Ausländerpolitik auf sich hat, die sich bekanntlich zu Deutschland als einem Einwanderungsland – »Eine historische Zäsur!« – bekennt, ist im Einzelnen der vergleichenden Lektüre von »Nichts als Nationalismus – Teil 1 und
    2« zu entnehmen.
    August 2001
    http://www.vsa-verlag.de/uploads/media/Huisken_Deutsche_Lehren_aus_Rostock_und_Moelln.pdf
    http://www.vsa-verlag.de/uploads/media/Huisken_Brandstifter_als_Feuerwehr.pdf
    http://www.fhuisken.de/Gegenrede37.pdf
    Überleben auf der Flucht als Qualifikationsnachweis:
    „Gelobt sei, was hart macht!“
    1
    1.

    Schauen Sie sich die Flüchtlingswege an: wie aufwendig und gefährlich die sind. Dies schafft nur, wer sein Leben in die Hand nehmen will. So jemand hat doch hervorragende Voraussetzungen, ….
    (Ein Junge aus Mali)
    hat mit seiner Flucht gezeigt, was für einen Willen
    er besitzt. Sobald er dann auch noch Deutsch kann, sind das gute Voraussetzungen.“
    2
    Der das in einem Interview von sich gegeben hat, ist nicht irgendjemand. Weder irgendein kleiner Handwerksmeister, den seine Verbitterung über „die deutsche Jugend“ zu so mancher Faschisterei verleitet, noch ein aus der Spur gelaufener Pegida-Anhänger, der sein Ideal von deutschen Tugenden auch schon mal an Nichtdeutschen entdeckt. Es ist der Arbeitgeberpräsident höchstpersönlich, d.h. der Chef des Verbandes der deutschen Unternehmer, Ingo Kramer, der in einem SZ-Interview zur Flüchtlingsfrage aus seinem Arbeitgeberherzen keine Mördergrube gemacht hat. Bemerkenswert? Auf jeden Fall ist bemerkenswert, dass in keiner TV-Sendung und in keinem Pressekommentar auf diese mehrfach wiederholte, also nicht als Ausrutscher zu wertende Äußerung kritisch Bezug genommen wird, der Arbeitergeberpräsident auch nicht zur nachträglichen Klärung gebeten oder gar die Frage in den öffentlichen Raum gestellt wird, ob so ein Mensch tatsächlich
    geeignet ist, die deutsche Unternehmerschaft zu führen und zu repräsentieren. Hätte er in dem Interview von einem „Neger aus Mali“ gesprochen, dann wäre dagegen mit Sicherheit der Teufel los gewesen.

    (links anklicken!)
    +++++
    http://neoprene.blogsport.de/2014/12/21/wendy-zu-pegida/

  6. Jacko
    4. Oktober 2015, 07:28 | #6

    Freerk Huisken hat den neuen Standpunkt zur Flüchtlingspolitik, den Frau Merkel international für Deutschland repräsentiert, wie folgt charakterisiert:
    „Die deutsche Politik will längst nicht mehr nur die „Flüchtlingsflut“ an deutschen und EU-Grenzen in den Griff bekommen. Vielmehr entdecken Merkel und Co. in dieser „Flut“ neuerdings einen globalen Störfall für westliche Politik. Deswegen erklären sie sich jetzt weltweit dafür verantwortlich und zuständig, alle Stationen der Flucht, vom Herkunftsland über die Lager- und Transitländer bis hin zu den Zielländern daraufhin zu prüfen, wie mit Flüchtlingen umgegangen werden muss, damit Massenflucht nicht die Ordnungsansprüche westlicher Regenten durcheinander bringt. Das ist „das Ganze der Flüchtlingskrise“ und das ist das damit verfolgte politische Anliegen, mit dem deutsche Politik mit ihren Erklärungen so etwas wie die „Definitionshoheit“ zu erreichen versucht; und das ist es im Letzten, das sie „schaffen“ will. Die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus Staaten mit „falscher“ Herrschaft gehört dazu ebenso wie neue Grenzbefestigungen zur Abwehr von „unberechtigten Flüchtlingen“, die vorübergehende Öffnung einer nationalen Grenze und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, Maßnahmen zur schnelleren Integration ebenso wie die Effektivierung der Abschiebung von „Wirtschaftsflüchtlingen“.
    Zum „Ganzen“ gehört deswegen auch die Sorge um Flüchtlingslager – erneut in erster Linie die um Syrien herum. Da wird mit heftigen Worten die UNHCR gescholten, die Gelder für die Lager in Jordanien und Libanon gekürzt hat, und da werden umgekehrt in Europa neue Milliarden locker gemacht, um das „Leben im Lager aushaltbar zu machen“ (Gabriel). Es handelt sich dabei um eine Sorge, die schlicht davon ausgeht, dass das Lagerleben die Dauerperspektive dieser eingezäunten syrischen Kriegsflüchtlinge ist. Mit eigener Hilfe will europäische Politik zum einen dafür sorgen, dass sich nicht erneut weitere Millionen auf den Weg nach Europa machen, und sie will zum anderen den befreundeten Staaten Jordanien und Libanon signalisieren, dass man sie „mit dem Flüchtlingsproblem nicht allein“ lässt. Eine zusätzliche Gefährdung der politischen Stabilität in diesen Ländern – immer das Einfallstor für den IS – durch Massenflucht von Syrern in die und aus den Lager(n) will man auf jeden Fall verhindern. Und wenn Merkel zusätzlich anmahnt, dass Flüchtlinge „heimatnah“ einzulagern wären, dann unterstreicht auch sie nicht nur wie ihr Vizekanzler, dass für die Mehrzahl der geflüchteten Syrer das Lager ihre Perspektive bleibt, sondern denkt zugleich noch weiter: Was wäre denn ein irgendwann in der Zukunft einmal befriedeter Staat ohne dienstbares Volk!
    Natürlich gehört dazu auch, dass Europas Außengrenzen weiterhin und besser geschützt werden. Dass sich Flüchtlingsmassen, die insgesamt weder bestellt noch erwünscht sind, illegal Einlass verschaffen, von Staaten wie Griechenland und Italien durchgeschleust werden, die Grenzen Serbiens, Ungarns, Kroatiens, Slowenien, Österreichs und Deutschlands belagern oder überrennen, dabei heftige Konflikte innerhalb europäischer oder sogar zwischen den EU-Staaten über Gültigkeit von Grenzen und Grenzabkommen auslösen, das darf nicht sein. Denn eines steht nicht nur für die deutsche Kanzlerin fest: Das Europa taugt als Weltmacht mit globalem Mitredeanspruch in allen Fragen von politischer Zuständigkeit und ökonomischer Benutzung nur so viel, wie es sich nach innen und außen als einheitliche Macht – neuerdings heißt das immer „solidarische“ – präsentiert. Also muss das „Grenzchaos“ (de Maiziere) beendet werden: z.B. durch den Ausbau von Frontex, Easo, Europol, den neu ins Visier genommenen Aufbau einer europäischen Grenzschutztruppe und die Einrichtung von „Hotspots“ in Grenzländern. Diese „Hotspots“ genannten Lager sollen dafür sorgen, dass das Schengenregime einschließlich des Dublin-Übereinkommens erhalten bleibt, ohne dass Registrierung, Aufnahme, Unterbringung, Abschiebung nebst allen Kosten allein an den Grenzstaaten hängenbleiben. So errichtet denn die EU Niederlassungen ihrer Behörden in Griechenland, Italien und Bulgarien, versucht dafür zu sorgen, dass „Ordnung in das Flüchtlingswesen“ kommt (de Maiziere), was natürlich nur klappt, wenn sich die EU-Staaten der Quotenregelung, also der geregelten Verteilung aller „berechtigten“ Flüchtlinge auf EU- Länder unterwerfen und damit den neuen Standpunkt deutscher Flüchtlingspolitik teilen, mit dem Merkel und Co. definieren, welche Probleme diese Länder überhaupt nur mit Flüchtlingen zu haben haben. (…)
    Deutschland will mit dieser Flüchtlingspolitik nichts Geringeres durchsetzen, als sich selbst – mit der EU im Rücken – zum führenden Subjekt einer neuen Sorte globaler Politik zu machen, die alle Abteilungen der störenden Flüchtlingsbewegungen zum Dauersorgegegenstand der Weltmächte erklärt. Merkel und Ihresgleichen ist erstens klar, dass die globale Politik kapitalistischer Weltmächte auf allen Kontinenten immer mit am Werk ist, wenn Menschen vor Verfolgung, Krieg, Terror, Armut zur Flucht getrieben werden. Und weil sich – zweitens – diese Flüchtlingsmassen zu Störungen ihrer Politik auswachsen, propagiert sie drittens den Standpunkt, dass diese Flüchtlingsbewegungen nicht einfach als Kollateralschäden welt- weiter imperialistischer Ordnungsbemühungen abgetan oder nur als nationale Grenzfragen behandelt werden können, sondern selbst zum zentralen Gegenstand der Politik der Weltmächte erhoben werden müssen. Wie schon beim Klima und beim Terrorismus fallen den kapitalistischen Mächten auch in der Flüchtlingsfrage die Konsequenzen ihrer Zurichtung von Ländern und deren Einordnung in ihre Weltordnung so heftig auf die Füße, dass sie sich genötigt sehen, daraus einen auf ihrer Agenda oben angesiedelten Gegenstand der Politik zu machen. Die erste internationale Flüchtlingskonferenz wird nicht lange auf sich warten lassen, auf der sich die Großmächte erneut einem unauflösbaren Widerspruch – und zwar als konkurrierende Mächte – widmen werden: Sie wollen eine „Flüchtlingskrise“ in den Griff bekommen, die immer auf die eine oder andere Weise auch das Resultat ihrer von Armut, Krieg und Terror begleiteten Weltordnungspolitik ist, und zwar ohne von dieser lassen zu wollen. Wie auch, charakterisiert sie doch ihren Existenzzweck. “
    http://www.magazin-auswege.de/data/2015/09/Huisken_Gegenrede38_Wir_schaffen_das.pdf
    (In dem anderen Thread wird zwar explizit auf die Gegenrede 38 verwiesen, ich wollte aber diese Passagen herausstellen, um damit den spezifisch deutschen Versuch darzustellen, mit dem Thema „Flüchtlinge“ Europaordnungs- und Weltpolitik machen zu wollen. Unklar ist mir, ob dieser Versuch gelingen kann. Beim Thema „Umwelt“ hat die deutsche Regierung den ökonomischen Öko-Welt-Markt für Deutschland eröffnet. Aber was folgt denn wirklich aus dem deutschen Versuch, sich als Bürge für die Wichtigkeit dieses Themas international aufzustellen? Welche Mittel hat die deutsche Politik in der Hand, um dieser Sichtweise Beachtung oder Gefolgschaft erzwingen zu können?
    Ist das Ganze nicht eher auf der Ebene der Predigten des neuen Papstes angesiedelt – also bloßer „Überbau“, um mal dieses abgegriffene Wort zu benutzen? – Und wird spätestens nach dem Weihnachtfest wieder verschwunden sein? – Verschwunden hinter der Orbanisierung der europäischen Politik, die um den ganzen Schengen-Raum wieder so einen Grenzzaun errichten will, wie er jetzt schon in Ceuta und Melilla existiert.)

  7. Jacko
    4. Oktober 2015, 08:52 | #7

    Die ideologischen imperialistischen Theorien von ‚Good governance‘, die in der frühen Bush-Ära die ideologische Begleitmuik zum ‚Regime-Change‘ waren, sind anscheinend wieder eher durch Vorstellungen von „Stabilität“ ersetzt worden (auch aufgrund der Folgen in Syrien und Libyen). Der Prozess der Flüchtlingsabwehr wird dementsprechend auch mit allen Diktaturen durchdekliniert, auch solchen, die gestern noch in Afrika als ‚bad guys‘ galten (z.B. Eritrea).
    http://www.ardmediathek.de/tv/Monitor/Grenzen-dicht-Europas-Pakt-mit-Despoten/Das-Erste/Video?documentId=29715688&bcastId=438224
    http://www.euractiv.de/sections/entwicklungspolitik/fluechtlingspolitik-eu-setzt-auf-autoritaere-regime-afrika-316549
    Getrennt von diesem erneuerten Wunsch nach stabiler Herrschaft weltweit ist damit auch schon der erste und wichtigste Programmpunkt für diese stabile Herrschaft gegeben: sie sollen bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme sich dienstbar erweisen, also Grenzsicherung betreiben und Läger einrichten.
    (Diese neue Sichtweise ist so gravierend, dass die Europäer unter dem Gesichtspunkt solcher ‚Stabilität‘ sogar an ihrer Erzfeindschaft zu Putin und Assad zu zweifeln beginnen, bzw. diese dafür instrumentalisieren wollen.)
    Als solche imperialistische Selbstverständigung der imperialistischen Staaten über ihre globale Weltordnungspolitik ist die message allerdings nicht mit der Moralpredigt des Papstes zu verwechseln – sie will ja Prinzipien des Imperialismus ziemlich neu gestalten – hier also die Rückkehr zu dem Wert der „Stabilität“, angesichts einer Welt, die immer mehr ‚failed states‘ und darin Horte des Islamismus hat entstehen lassen. Die Kritik an failed states richtet sich nun aber nicht an deren Innenleben, sondern daran, dass sie damit eine ‚Fluchtursache‘ seien. (Und diese Folge sollen sie gefälligst abstellen.) Einher geht das mit Versuchen, die Staaten, die mit der Behandlung der Flüchtlinge bisher andere eigene nationale Vorhaben bewerkstelligen wollten (z.B. die Türkei), auf diesen gemeinsamen Maßstab der Sorge und Betreuung für weltweite (und das meint imperialistisch sortierte) ‚Stabilität‘ festzulegen.
    (Was deswegen schwierig ist, weil die Türkei wegen i h r e r eigenen Maßstäbe von Stabilität die Flüchtlinge anscheinend nicht länger in Bodrum und Touristenumgebung hat haben wollen. Und auch nicht mehr als Menschenmaterial für die geplante türkische Abtrennungs-/Einflusszone in/von Syrien zwischenlagern will.)

  8. Grete
    4. Oktober 2015, 09:58 | #8

    Ökonomische kurzfristige Vorteilsrechnungen, um mit diesem neuen Programmpunkt Geld zu verdienen, erschließen sich mir nicht. Wenn also der US-Präsident dergleichen verkünden würde, dann könnte er dafür mit den Säbeln rasseln. Welche Truppen hat denn Frau Merkel dafür aufzubieten?
    Und noch nicht mal die Ankündigung, dass die deutsche Entwicklungshilfe zukünftig solchen Geboten folgen würde, wirkt angesichts der Zwecke der Entwicklungshilfe (Startchancen für hiesige Unternehmen zu ebnen und ähnlich heilige Vorhaben) besonders glaubhaft, wie bereits die Idealisten der Entwicklungshilfe in den ZEIT-Kommentaren angemerkt haben.
    http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-09/un-nachhaltigkeitsgipfel-angela-merkel-entwicklungspolitik
    Dass andere Staaten sich dem anschließen – gibt es da welche???

  9. j.
    4. Oktober 2015, 10:23 | #9

    “ Welche Truppen hat denn Frau Merkel dafür aufzubieten?“
    erst die (europäische) einheit, dann das vergnügen…
    http://www.tagesschau.de/inland/uebungsstadt-bundeswehr-101.html

  10. Grete
    4. Oktober 2015, 10:33 | #10

    D i e internationale Antwort auf die Flüchtlingskrise lautet doch eher:
    wir unterstützen als Staat n i c h t diesen neuen Ansatz.
    Das Scheitern des ‚Dublin‘-Systems führt daher eher dazu, dass man in Europa einen Wettlauf darin lostritt, möglichst unattraktiv für Flüchtlinge sein zu wllen (St.Florians-Prinzip). (Ungarn ist darin zwar das Extrem, aber auch die anderen europäischen Staaten sind gar nicht bereit, über Kontingent-Lösungen oder europäische Standards mit sich reden zu lassen.)
    Und auch Deutschland hat diesen Zug nach unten, möglichst unattraktiv werden zu wollen, von Regierungsseite aus längst in neue Gesetze und Verordnungen umgegossen.
    Und Deutschland pocht wieder verstärkt auf die Einhaltung der alten Regeln: Dublin gilt, also Grenzen wieder zu, und die Grenzstaaten der EU sollen die Flüchtlinge ‚abwimmeln‘.
    Dass das wieder in einen Auftrag in deutsche Stärke und europäische Unterordnung umgemünzt wird, das wird schon so sein. Wie das nun aber angesichts der fehlenden Zustimmung in Europa im Detail soll gehen können, darüber hört man wenig. So sind die ‚Hot Spots‘ an den Außengrenzen zwar beschlossen, aber ob es sich dabei um unverbindliche Informationsbüros für die Herren Flüchtlinge oder um mit Stacheldraht und Zäunen abgesicherte Sortier-Lager-Stationen handeln soll, die geradezu militärisch in einem Ausmaß aufzurüsten wären, dass Honecker selig da vor Neid erblassen müsste – mal schaun…

  11. Igor
    4. Oktober 2015, 12:42 | #11

    Wie das innereuropäisch gemanagt wird:
    a) Bulgarien bekommt ein eigenes Bedürfnis an so einem Hot Spot als Interpretation der Erfordernisse der bulgarischen Lage angehängt
    b) Bulgarien bekommt ein Vertragsverletzungs-Verfahren an den Hals, das Bulgarien so teuer kommen soll, dass es
    – vermutlich „aus eigener Einsicht“ dann schon „einsieht“, dass seinen nationalen Interessen am besten mit einem Hot Spot gedient ist …
    (Dafür gibt es vermutlich noch ein paar weitere diskrete finanzielle ‚Hinweise‘ und andere Drohmittel als EU-Reaktion auf ’störrisches Verhalten‘ der bulgarischen Regierung.)
    Dass es in Bugarien daraufhin eine ‚Regierungskrise‘ gibt, das ist für Merkel und die EU-Kommission vermutlich logo, denn die Bulgaren wollen nicht, was sie sollen. Also sind sie an ihrer Regierungskrise selbst schuld.
    http://www.tagesspiegel.de/politik/fluechtlingskrise-bulgarien-will-keine-hotspots/12365412.html

  12. Igor
    4. Oktober 2015, 12:59 | #12

    Die Gerüchteküche über Europas Pläne köchelt.
    (Dass mit der Türkei solche Geheimverhandlungen gelaufen sind, aber das Geld nicht gezahlt wurde, klingt allerdings plausibel.)
    http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/09/27/merkel-verplappert-sich-und-bringt-bulgarien-an-den-rand-einer-regierungs-krise/
    Und das scheint inzwischen nachgeholt worden zu sein:
    http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-10/fluechtlinge-tuerkei-eu-kommission-aegaeis

  13. Jacko
    5. Oktober 2015, 08:23 | #13

    Dass die Bundeskanzlerin so anscheinend unbeirrt vom Störfeuer der CSU weiter an ihrem Kurs festhält, das zeigt, dass sie der Ansicht ist, dass dies a) „ein europäisches Problem“ sei, und b) deswegen auch ganz unbedingt „neue europäische Lösungen“ her müssten.
    Insofern vertritt sie nach wie vor die Ansicht, Europa darin komplettieren zu wollen, dass sie Pfeiler einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik einrammen will. (Im Detail, bei Durchsetzung der Hot Spots und Flüchtlingsläger, hier gegenüber der Türkei, wird das sichtbar. Und auch von Seehofer und Gabriel geteilt.)
    (Das muss ja übrigens auch sowieso so sein, will sie sich mit ihrer Agenda, dass das „Flüchtlingsproblem“ [vergleichbar dem ‚Umweltproblem‘] als ein international wichtiges Zukunftsproblem gelten solle, nicht selber lächerlich machen.)

  14. Grete
    5. Oktober 2015, 09:21 | #14

    Etwas undurchsichtig ist, wie die Kanzlerin und die EU-Kommission mit der Türkei umgeht – gerade angesichts der Entwicklungen in und um Syrien.
    http://www.tagesspiegel.de/politik/fluechtlingspolitik-angela-merkel-ich-ducke-mich-nicht-weg/12406470.html

  15. 5. Oktober 2015, 09:39 | #15

    Die Anlegung von weiteren Riesenlagern in der Türkei ist sicherlich der Wunschtraum aller deutschen Regierungspolitiker.
    Aber warum sollte die Türkei die Drecksarbeit für Deutschland machen, also mit Flüchtlingsfängertrupps an der Westgrenze und im Mittelmeer die Migranten einfangen und dann in Lager zwängen und die dann mit großem Aufwand auf relativ längere Dauer dort halten, ohne daß Deutschland (oder über den Umweg der EU) das erstens finanziert und zweitens mit Zusatzschmankerln schmackhaft macht? Denn auch für die Türkei ist es doch die einfachste „Lösung“ der Flüchtlingsfrage, die Migranten in möglichst großer Zahl durchzureichen und durchzuwinken in die nächsten Staaten auf deren Weg nach Deutschland.
    Oder andersherum, womit könnte denn Deutschland die Türkei wirklich erpressen, daß die Deutschland diesen Liebesdienst erweist, ohne selber irgendwas davon zu haben?

  16. Alfonsito
    5. Oktober 2015, 10:53 | #16

    Der SZ (online) ist heute zu entnehmen, dass die Türkei den syrischen Flüchtlingen Arbeitsmöglichkeiten anbieten soll, vermutlich, um sie dort damit sesshaft anzusiedeln, damit sie garantiert nicht nach Europa streben. (Und das noch zusätzlich zu den großen Flüchtlingslagern, die sie einrichten soll, und aus denen man anscheinend nur Richtung Zivilleben in der Türkei oder als ausgesuchtes EU-Kontingent nach Europa auch wieder herauskommen soll.)
    Auch hier ist mir nicht klar, wieso die Türkei sich anscheinend darauf einlässt.
    http://www.sueddeutsche.de/politik/eu-und-tuerkei-keine-freunde-aber-partner-1.2676911

  17. 5. Oktober 2015, 11:53 | #17

    Gerade wegen fehlender akzeptabler legaler Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge in der Türkei wollen ja so viele nach Deutschland. Bisher hat die Türkei jedenfalls Arbeitsgenehmigungen nicht generell erteilt. Und eine Genehmigung ist ja eh noch kein Job. Und selbst ein Job heißt ja nicht, davon z.B. in Istanbul eine Familie durchbringen zu können.

  18. Alfonsito
    5. Oktober 2015, 20:10 | #18

    Spekulation mag das sein – passen täte es aber schon, dass die BRD und die Türkei gemeinsame Absprachen zum Thema Syrien verabredet haben. Unter anderem könnte darin verabredet worden sein, wie im Detail diese Flüchtlingslager auszugestalten wären – sei es nun in der Türkei oder gleich in Syrien. Denn ein deutscher Regierungsberater hat eine führende Position bei der UNO zur Vorbereitung einer Syrien-Lösung erhalten:
    „Volker Perthes, ein herausragender Kenner des Nahen und Mittleren Ostens, leitet seit dem Jahr 2005 den vom Bundeskanzleramt finanzierten Berliner Think-Tank Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). (…)
    Perthes, der im Rahmen der UN-Verhandlungen zwischen der Regierung in Damaskus und der syrischen Opposition die Arbeitsgruppe „Militär, Sicherheit und Terrorabwehr“ leitet, spricht sich für einen Bundeswehr-Einsatz in Syrien aus. „Auch ein Waffenstillstand oder ein Übergangsabkommen zwischen der heutigen Regierung und der Opposition“ werde „Angst und Misstrauen nicht ausräumen“, erklärt Perthes: „Provokationen und Rückschläge werden kaum ausbleiben. Vieles wird deshalb für eine internationale Peacekeeping-Mission sprechen.“ Der SWP-Direktor fordert: „Deutschland sollte sich nicht entziehen, wenn die Vereinten Nationen dann Truppensteller suchen.“ Abgesehen davon werde auch bei einer Einigung zwischen Regierung und Opposition in Syrien weiterhin Krieg herrschen: „Es wird dann darum gehen, den IS zurückzudrängen – politisch und militärisch. Beides wird Syrien nicht ohne internationale Hilfe schaffen.“ Ein Bundeswehr-Einsatz in Syrien entspräche den Plänen im deutschen Establishment, im „europäische(n) Umfeld von Nordafrika über den Mittleren Osten bis Zentralasien“ stärker Präsenz zu zeigen – politisch, aber auch militärisch.“
    http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59212 (29.09.2015)
    Ähnliches schlägt übrigens ein weiterer prominenter deutscher Regierungsberater vor:
    http://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_75425258/wolfgang-ischinger-fordert-deutsches-militaer-in-syrien.html
    (Zielvorstellung könnte eine ethnisch-religiöse Trennung bzw. Aufteilung verschiedener Regionen Syriens sein, unter UN-Protektorat, vergleichbar der Aufteilung in Bosnien-Herzogowina. Allerdings hat die NATO dafür Krieg geführt. Dass dafür der bloße Einsatz für syrische Flüchtlinge der deutschen Regierung Mitspracherechte einräumen würde, steht also zu bezweifeln.)

  19. Jacko
    6. Oktober 2015, 07:33 | #19

    Offiziell wurde dies verlautbart:
    http://www.tagesschau.de/ausland/erdogan-eu-101.html
    http://www.faz.net/aktuell/politik/eu-wirbt-um-hilfe-der-tuerkei-in-fluechtlingsfrage-13840720.html
    (Und mehr wird vor den türkischen Wahlen vermutlich auch nicht bekannt gegeben werden.)

  20. 6. Oktober 2015, 08:10 | #20

    Ich glaube nicht, daß inoffiziell mehr bei rumgekommen ist und die erzielten Ergebnisse nach den türkischen Wahlen schon verkündet werden können. Für mich sieht es weiterhin nach einem Patt aus: Die EU versucht die Türkei damit zu erpressen, daß die Türkei doch eine Annäherung an die EU haben will, letztlich eine Vollmitgliedschaft und dafür an der dann syrischen EU-Außengrenze jetzt schon dicht machen soll und am besten auch gleich alles dafür Notwendige aus der eigenen Tasche bezahlen soll.
    Und umgekehrt versucht die Türkei die EU damit zu erpressen, daß man sich ja auch das Leben mit den Flüchtlingen erheblich leichter machen kann, wenn man die genauso durchwinkt/abschiebt wie das von Griechenland bis Österreich ja von allen Durchgangsstaaten gehandhabt wird.
    Also bleibt offensichtlich bis auf Weiteres Alles beim Alten, außer daß sicherlich weiter massenhaft Menschen versuchen werden, über die Türkei wenigstens bis Griechenland zu kommen.

  21. Alfonsito
    10. Oktober 2015, 07:23 | #21

    Die USA scheinen den Kurden wieder mehr positive Beachtung schenken zu wollen – als ihe Hilfstruppe gegen den IS.
    http://www.tagesschau.de/ausland/usa-training-kaempfer-101.html
    Damit geht anscheinend einher ein Umschwenken (in) der Türkei
    http://www.tagesspiegel.de/politik/kurdenkonflikt-in-der-tuerkei-pkk-rebellen-wollen-offenbar-neue-waffenruhe-ausrufen/12431196.html
    Ob das so weit führt, dass die Türkei zukünftig aus EU-Sicht als „sicheres Herkunftsland“ geführt wird, und Angela Merkel mit der Türkei die Pläne für die Auslagerung des Flüchtlingsproblems incl. Lager und Hot Spots hinkriegt, steht zwar dahin. (Passen täte es aber schon in Merkels Weltpolitik-Fantasien.)
    http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59217
    Nachdem die zwei „Regierungen“ in Libyen angeblich ein Übereinkommen erreicht haben (sollen), dürfte dies die nächste Baustelle für die deutsche Flüchtlingsweltpolitik werden – zusammen mit den neuen Fortschritten der „Mission Sophia“.
    http://de.euronews.com/2015/10/09/gruenes-licht-von-un-sicherheitsrat-fuer-eu-militaermission-sophia/
    „Am Freitag hat der UN-Sicherheitsrat den Einsatz per Resolution autorisiert. 14 Länder stimmten für den von Großbritannien verfassten Entwurf, nur Venezuela enthielt sich. Die Autorisierung gilt zunächst für ein Jahr.“
    Übrigens – man sieht, GB versucht nach wie vor, sich nützlich für die EU zu machen. (Die ganze Mission trägt die Handschrift der britischen Planer.)
    Auch an der EU-Abschiebefront wird gewerkelt
    http://www.weser-kurier.de/startseite_artikel,-EU-schmiedet-Abschiebeplan-_arid,1225978.html
    und ebenfalls nach Afrika soll mehr abgeschoben werden:
    http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/10/07/eu-will-hunderttausende-fluechtlinge-nach-afrika-deportieren/
    http://www.sueddeutsche.de/politik/asylpolitik-geschlossene-gesellschaft-1.2579731
    (Dass alle diese Baustellen lauter Fantasieproduke wären,
    – das lässt sich schwerlich behaupten…)

  22. Konsumentenmacht
    20. Oktober 2015, 08:31 | #22
  23. Moritz
    26. Oktober 2015, 20:07 | #23

    Dienstag, 3. November 2015, um 19:30 Uhr im B-Lage, Mareschstraße 1, Berlin-Neukölln:
    Diskussionsveranstaltung von Jimmy Boyle Berlin (GKN) zur aktuellen deutschen Flüchtlingspolitik:
    „Wir schaffen das“, sagt Merkel – wer ist wir? Was ist das? Und wozu?
    „In der Linken wurde die Änderung des Asylgesetzes 1993 als Abschaffung des Asyls bezeichnet. Die Flüchtlingspolitik in Europa wurde als Festung Europa begriffen, in die kein Flüchtling rein soll. Jetzt gibt es gegenüber den Flüchtlingen aus Syrien einen neuen deutschen Standpunkt: Sie werden nicht abgeschoben und dabei soll es keine Obergrenze geben. Die Kosten dafür werden von der Regierung plötzlich nicht als unerträgliche Last gekennzeichnet, sondern beschlossen: „Wir schaffen das“. Das wirft Fragen auf.
    Ist das einfach „positiv hervorzuheben“ (Ulla Jelpke, DIE LINKE), also ein Akt der Humanität? Oder geht es dabei im Kern nur um eine nach „ökonomischen Kriterien orientierte Bevölkerungspolitik“ von wegen „Fachkräftemangel“ (Ums Ganze) und hat damit gar nichts mit Asylgebung im engeren Sinne zu tun?
    Auf der Veranstaltung wollen wir gegen solche Erklärungen hervorheben, dass staatliche Asylgewährung an sich nichts gutes ist, sondern eine besondere Art und Weise ist, wie ein Staat seine Unzufriedenheit mit anderen Staaten ausdrückt. Daraus leiten Staaten Verantwortung ab für die Einmischung in andere Staaten. Die Abschreckung und Abschottung ist dann die Kehrseite einer Politik, die sich zuständig fühlt für die Sortierung der Staatenwelt und der Bevölkerungen überall in der Welt nach eigenen nationalen Nutzenplänen.
    Sicher ist die neue deutsche Linie eine Reaktion auf politische Umstände und Migrationsbewegungen, die Deutschland so nicht bestellt und erwartet hat. Doch Merkel reagiert nicht einfach, sondern wird aktiv: Sie setzt allen betroffenen Staaten in Europa und im Nahen Osten die Frage nach der Betreuung der Flüchtlingsströme auf die Tagesordnung. Das zeichnet eine Weltmacht aus – allen Staaten eine Frage vorzulegen, die sie nicht ignorieren dürfen. Das ist der materielle Kern dessen, was irriger Weise als „moralische Führungsmacht“ ausgedrückt wird.“

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