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Der dritte Anlauf Deutschlands zur Einigung Europas

1. Juli 2015

Der letzte Absatz im aktuellen Artikel des GegenStandpunkt zu Griechenland (2-15) lautet:

„Der Fortschritt, auf den Deutschland dringt, ist unübersehbar: Deutschlands Aufstieg zum ökonomischen und politischen Subjekt des Euro, Schäuble ganz ohne formellen Beschluss in der Rolle des finanzpolitischen Supervisors über den Kredit der Gemeinschaft und über den Haushalt der ‚Krisenländer‘ – das ist ein imperialistischer Krisengewinn Deutschlands weit über seine ‚schwarze Null‘ und ‚Exportweltmeisterschaft‘ hinaus und ein neuer Schritt in Richtung Einheit Europas, ein Stück friedlicher Eroberung und Unterordnung bis an die Schmerzgrenze.“

Da habe ich mich wieder an einen berühmten, schon wieder etwas in die Jahre gekommenen Spruch eines frühereren Außenministers Deutschlands erinnert:

„nach außen gilt es etwas zu vollbringen, woran wir zweimal zuvor gescheitert sind: Im Einklang mit unseren Nachbarn zu einer Rolle zu finden, die unseren Wünschen und unserem Potenzial entspricht. Die Rückkehr zur Normalität im Inneren wie nach außen entspricht einem tiefen Wunsch unserer Bevölkerung seit Kriegsende. Sie ist jetzt auch notwendig, wenn wir in der Völkergemeinschaft respektiert bleiben wollen. […] Unsere Bürger haben begriffen, dass die Zeit unseres Ausnahmezustandes vorbei ist.“

– Klaus Kinkel: Verantwortung, Realismus, Zukunftssicherung. Deutsche Außenpolitik in einer sich neu ordnenden Welt. FAZ 19. März 1993

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  1. Hinweis
    1. Juli 2015, 16:29 | #1

    Technokratisch wird solcher Übergang von Ökonomie zu Politik (es ging ja mal als „Europäische Wirtschaftsgemeinschaft“ EWG los) übrigens inzwischen mit diesem Dreischritt formuliert:
    Bankenunion (Stresstest für europäische Banken);
    Fiskalunion (nennt sich dann Überprüfungsregime der Schuldentragfähigkeit der Schuldnerstaaten);
    Politische Union (da kann man sich ja noch nicht mal auf einen Außenminister verständigen, sondern leistet sich eine „Außenbeauftragte“).
    Aber man sieht, ausgehend vom Ökonomischen, soll die politische Unterordnung der gesamten europäischen Staaten hingekriegt werden.
    Und das wird gerade an Griechenland vorexerziert.
    (Linke Regierungen werden also zum Verschwinden gebracht, aus angeblich pur ökonomischen Gründen…)

  2. dazu
    1. Juli 2015, 17:06 | #2

    „Contradictio“ leitet den Link auf den aktuellen GSP-Artikel so ein:
    „Die griechische Linksregierung arbeitet sich daran ab, mit ihrem bankrotten Staat den harten Konsequenzen eines Euro-Regimes auszukommen, ohne aus dem gemeinsamen Geldverbund auszuscheiden, zu dem Athen keine national brauchbare Alternative sieht. Vergeblich, dank einer deutschen Regierung, die Griechenland vor die Alternative stellt:
    Euro-Kredit nur gegen ein rigoroses auswärtiges Kommando über den Staatshaushalt, also Geld gegen Souveränitätsverzicht oder Bankrott.
    Damit ist nicht nur Griechenland gemeint: Mit Griechenland als Exempel wollen Schäuble & Co Euro-Europa insgesamt auf die Erfordernisse eines weltweit geschäftsfähigen Euro, auf ein dementsprechend rigoroses nationales Haushaltsregime festlegen.“
    http://www.contradictio.de/blog/archives/6988
    http://gegenstandpunkt.com/gs/2015/2/gs20152064h1.html
    Dass sogar noch die hohen griechischen Militärausgaben gesamteuropäisch anders begutachtet werden, darauf weist ’nestor‘ in seinem Blog hin:
    http://NestorMachno.blogsport.de/2015/06/06/zerreissprobe/#comment-26372

  3. Alfonsito
    1. Juli 2015, 22:52 | #3

    Das Projekt eines Europa nach deutschem ‚Zuschnitt‘ fasst KOKA Augsburg so zusammen, dass es dabei darum ginge, die Interessen aller europäischen Staaten „auf die des so ziemlich einzig wirklich davon profitierenden Staates, Deutschland nämlich“ festzuklopfen.
    „Deutschland, das ist die Unverschämtheit schlechthin, erwartet von allen anderen Staaten untertänigste Zustimmung. Und der Witz ist: Bis auf Griechenland bekommt sie die auch, weil die führenden Charaktermasken in jenen Ländern skrupellos des Ausverkauf von Land und Leuten betreiben und offenbar nach wie vor meinen, dies käme ausgerechnet denen zugute, die darunter zu leiden haben.“
    http://koka-augsburg.net/griechenland-abstimmung_2015/
    Hier wird meines Erachtens unterschlagen, dass ein schlagkräftiges Europa incl. Weltwährung zu besitzen, ein eigenständiges nationales (!) Interesse aller europäischen Staaten ist (erst recht der kleinen) – und das ist nicht identisch damit, dass irgendwelche Führungsfiguren den „Ausverkauf von Land und Leuten“ betreiben wollten. (‚Ausverkauf‘ meint nämlich: nicht im eigentlichen nationalen besseren Interesse liegend.)
    Dass staatliche oder supranationale Projekte den Leuten zugute kämen, denkt heutzutage so doch eh‘ niemand (mehr). Heutzutage geht es doch eher darum, sich für die wechselseitige Konkurrenzschlacht mit den anderen weltweiten Staatenblöcken konkurrenzfähig zu machen. Das ist allerdings in Deutschland die einzig verbliebene Staatsmoral, nachdem die deutsche Sozialdemokratie genau dies zum Mittelpunkt ihrer Aktivität erkoren hat. Insofern ist europäische Konkurrenztüchtigkeit identisch mit deutschem ökonomischen Vormarsch in Europa geworden.

    Noch mal ein Hinweis auf einen Blogeintrag bei ’nestor‘:
    http://NestorMachno.blogsport.de/2015/06/06/zerreissprobe/#comment-26377

  4. Paquito
    2. Juli 2015, 15:12 | #4

    Die historische Ausnahmesituation der Konstruktion des deutschen Europa lässt sich in dieser etwas älteren Darstellung (1983) nachlesen:
    http://www.gegenstandpunkt.com/vlg/kf/kf_2_4.htm

  5. Mattis
    2. Juli 2015, 22:36 | #5

    Die Rede vom „Ausverkauf“ durch skrupellose Politiker nährt natürlich die Illusion, es könne in der Situation eines kapitalistischen Verliererstaates eine „richtige“ verantwortungsbewusste etc. nationale Politik geben.
    So haben ja Linke und Rechte hinsichtlich Griechenland immer einen Sack voll todsicherer Tipps auf Lager. Diese ungefragten Ratgeber sind offenbar alle regierungsfähig, nur die real Regierenden packen es immer nicht …
    Ob mit oder ohne Grexit – beides ändert nichts am Prinzip, dass die Verlierer ihre Verluste eben auf dem Rücken der Bevölkerung austragen. Wo auch sonst – die Kapitalisten will man ja relativ schonen, die sollen doch den nächsten Aufschwung anschieben. Macht man es denen ungemütlich, dann sollte man jedenfalls einen Plan B in der Tasche haben. Aber niemand will einen Plan B jenseits des Kapitalismus, auch Syriza nicht. Auch nicht die linken Kritiker von Syriza. Alles Leute, die glauben, den Kapitalismus zum Nutzen des Volkes regieren zu können.
    Solange sie jedenfalls nicht selber an der Macht sind. Sind sie es, wie Syriza jetzt noch, ist dann das Ausland schuld an der Misere, und das Wechselspiel von Regierung und Opposition geht in eine neue Runde, die „erfolglosen“ Vorgängerregierungen waren dann natürlich stets korrupt, unfähig, auslandsgesteuert oder alles zusammen, nur deshalb gibts die Krise immer noch. Also Ring frei für die nächste noch „unverbrauchte“ Mannschaft.
    Es sei denn, die Militärs fühlen sich genervt und greifen ein. Dann können alle guten Menschen einhellig aufs Militär schimpfen und die zivile Regierung zurückverlangen, andere freilich begrüßen, dass „wenigstens Stabilität“ herrscht.

  6. Ilona
    5. Juli 2015, 11:21 | #6

    Jedenfalls ist es ungewöhnlich, Wahlen als Mittel einer „Rückerpressung“ zu benutzen, so also etwas bessere Bedingungen herausholen zu wollen. Und so kann die Syriza dann, falls sie gewinnt, die Logik der europäischen Erpressung ihren Wählern verdolmetschen: Mehr war dann jedenfalls nicht drin…

  7. 5. Juli 2015, 14:49 | #7

    Ich bin mir nicht sicher, ob Syriza treffend charakterisiert wird, wenn es heißt, daß es denen darum ginge, den Griechen die Logik der europäischen Erpressung zu „verdolmetschen“. Denn das unterschlägt ja, daß die ganze ja tatsächlich stattfindende Erpresserei (übrigens hin wie her) darauf beruht, daß beide Verhandlungsseiten in den wesentlichen Punkten ihrer Politik übereinstimmen. Nur weil Griechenland partout als kapitalistischer Staat reüssieren will, jedenfalls nicht in einer Dauerkrise versinken will, und deshalb verzweifelt daran festhält, daß der gemeinsame Euro auch Griechenland diese Perspektive bieten würde, lassen sich auch Tsipras & Co. wie die die verteufelten Vorgängerregierungen auf die Troika ein.
    Und dann stimmt es ja wirklich, daß die für Griechenland mittlerweile nur das drakonische Regime im Angebot hat, daß Tsipras so vehement ablehnt aber de facto ja schon weitgehend geschluckt hat.
    Es ist doch gerade der typische linke Unsinn, daß mehr „drin“ sei, und daß das schon irgendwie ginge, ohne mit der EU, dem Euro, der NATO und gar mit dem Kapitalismus brechen zu müssen. Statt an dieser Entwicklung erst mal nur nüchtern festzustellen, ja so geht Kapitalismus, kommt regelrecht die Beschönigung, daß all das Elend, was sich da eingestellt hat und weiter hinorganisert wird, ger nicht sein müsse, wenn ma „es“ nur etwas besser managen würde.

  8. Max
    5. Juli 2015, 19:10 | #8

    Theo Wentzke: Zweite Geige
    Die Antworten der Grande Nation auf Krise und Krieg in Europa. Frankreich kämpft gegen seinen »Niedergang« – und stärkt so Merkels Europa
    Der vorliegende Text ist die gekürzte und überarbeitete Fassung eines Beitrags, der im Heft 2-15 der Zeitschrift GegenStandpunkt erschienen ist. Ein zweiter Teil, der sich mit dem wirtschaftspolitischen Forderungen des Front National beschäftigt, erscheint auf diesen Seiten in Kürze. Das Heft kann unter gegenstandpunkt@t-online.de bezogen werden. (jW)
    Aus: junge Welt / Ausgabe vom 06.07.2015, Seite 12 / Thema

  9. TomGard
    5. Juli 2015, 22:56 | #9

    Nach dem griechischen „Nein“ kann die Eurogruppe die uneinbringlichen Schulden abschreiben, ohne daß dies vom Standpunkt des europäischen Einigungsprojektes nach einem Haircut zugunsten „der Griechen“ und des IWF ausschaut. Internen Widerständen sollte mit den vorab „geleakten“ Befunden des IWF und der EZB, die Tilgungsprogramme, an denen man die Verhandlungen hat scheitern lassen, seien „nicht nachhaltig“ und weitere griechische Schulden keine guten, sondern schlechte Schulden, der Boden entzogen sein. Die asiatischen Märkte reagieren zur Stunde mit Euro-Abschlägen um ein Prozent.
    Auf dieser Basis wird man die kommenden Verhandlungen über die Abwendung – oder Zulassung – eines ukrainischen Staatsbankrotts anders angehen und führen können, als noch vor einer Woche, denke ich.

  10. TomGard
  11. Moritz
    6. Juli 2015, 11:49 | #11

    Freitag, 10. Juli 2015, um 20:00 in der Böhmischen Str. 11, 12055 Berlin
    Podiumsdiskussion: Die Linke und der Staat
    Das Museum des Kapitalismus lädt zu einer Podiumsdiskussion mit Vertreter_innen von Syriza, Podemos, TOP B3RLIN, sowie HDP, die Linke und IL (angefragt) ein.
    „Seit dem Ausbruch der Finanzkrise befinden sich in mehreren europäischen Ländern linke politische Parteien im Aufwind. In Griechenland stellt Syriza inzwischen die Regierung, in Spanien erstarkt Podemos und mit der kurdischen HDP ist eine linke Opposition im türkischen Parlament angekommen. Gleichzeitig drohen progressive Regierungen immer wieder an „Sachzwängen“, internationalem Druck und Austeritätspolitik zu scheitern. Welche Möglichkeiten politischen Handelns bieten sich heute für linke Bewegungen und für linke Parteien? Zwischen Ansätzen für reale Veränderungen und verkürzter Kritik der Verhältnisse – eine Diskussion über die neu entfachte Begeisterung der Linken für den Staat. Perspektiven in, mit und gegen Parlamente.“
    Schön, dass zumindest einigen Kommentatoren aufgefallen ist, wer (ausgerechnet bei diesem Thema) *nicht* eingeladen wurde.

  12. Moritz
    6. Juli 2015, 14:35 | #12

    Stellungnahme der Veranstalter:
    „Museum des Kapitalismus: Danke für die Anregung. Gegenstand der Diskussion sollte nicht unbedingt sein, ob linke Bewegungen mit dem Staat kooperieren sollen, sondern wie dies in verschiedenen Zusammenhängen passiert.“
    Dann wäre das ja geklärt.
    Vielleicht könnten „Kosmoprolet, GgKN, radikale Linke Berlin, Lower Class Magazine, GSP“ die Anregung ja aufnehmen …

  13. Max
    6. Juli 2015, 18:32 | #13

    Apropos LCM …
    Raus hier
    Ein linkes Plädoyer für den „Grexit“ – und die Zerschlagung von EU und Euro-Zone.
    „Es gibt tausend falsche Gründe für einen „Grexit“, den Austritt Griechenlands aus EU und Euro-Zone. Jammernde Deutsche, die immer noch meinen, ihr Steuergeld fließe ins Luxusleben der GriechInnen gehören genauso in diese Kategorie wie die bodenlos dummen Beteuerungen deutscher PolitikerInnen, man dürfe sich nicht von den unbotmäßigen Hellenen „erpressen“ lassen. Die falschen Argumente diverser deutscher Stammtischökonomen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es aus linker Sicht gute Argumente für einen Austritt Griechenlands aus Euro-Zone und EU gibt.“

  14. 6. Juli 2015, 20:47 | #14

    Wie schon manches Mal fängt auch dieser Artikel von LCM zur Perspektive für Griechenland mit einigen sonst zumeist nicht zu findenden Feststellungen an, z.B. recht zentral:

    „Da wäre zunächst die allgemeine Einschätzung, wofür die EU- und Euro-Institutionen gut sind und wofür nicht. …Die Transformationslinke vertritt – manchmal implizit, manchmal explizit – die These: Würden die Bevölkerungen Europas nur anders wählen, wären alle Probleme innerhalb des gegebenen Rahmens lösbar.“

    und hält dagegen:

    „Eine radikale linke Position wird dagegen nicht übersehen können, dass selbst die Form der Institutionen, um die es hier geht, nicht für die Zwecke sozialer Befreiung geschaffen wurde. Ob man die Europäische Union nun als Quasi-Staat, als transnationales Bündnis kapitalistischer Staaten oder sonstwie einschätzt: Ihr Zweck ist weder der Wohlstand der Bevölkerungen innerhalb der EU-Staaten, noch der von Menschen außerhalb. Sie beweist das in allen ihren Handlungen“.

    LCM weist zurecht darauf hin:

    „Sobald diese „besseren“ Regierungen dann gewählt sind, finden sie sich meistens in denselben „Sachzwängen“ wieder wie ihre konservativen Vorgänger und setzen selbige um, manchmal mit kosmetischen Korrekturen, manchmal auch ohne jeden wahrnehmbaren Unterschied zu anderen bürgerlichen Parteien.“

    bzw.:

    „Eine Perspektive zur Lösung jener Probleme, die diese EU verkörpert – vom Sterben im Mittelmeer bis zum Elend in Griechenland -, wird im Rahmen der vorgegebenen Institutionen nicht zu haben sein.“

    Dann kommt es zumindest verbal recht dicke:

    „Eine Zerschlagung der EU jedenfalls muss keineswegs eine nationalistische Stoßrichtung haben.“

    Da hätte zwar auch noch die „Zerschlagung der NATO“ hingehört, aber auch so ist das ja noch vollmundig genug.
    Was die diversen meinetwegen nichtnationalen aber offensichtlich nicht antinationalen Bestrebungen zusammenbringen oder halten soll, kommt dann schon merklich vager vor:

    „Zum zweiten aber sind die Beziehungen, die wir „von unten“ aufbauen, die Kontakte der sozialen Bewegungen, linker Parteien, Basisorganisationen und Initiativen nicht abhängig davon, ob so etwas wie die Europäische Union existiert oder nicht.“

    Und dann kommt doch wieder solch ein Klopper:

    „Die dortige Regierung unter Führung der linkssozialdemokratischen Syriza ist sicher auch durch die radikale Linke zu verteidigen. Ihre ehrliche Weigerung, sich völlig zu unterwerfen, hat der Bewegung im Land Aufschwung gegeben…“

    Was soll das denn überhaupt sein, diese angeblich notwendige „Verteidigung“ der Regierung eines kleinen kapitalistischen Staates?? Reicht denn da der Block mit den dort recht mächtigen Ultranationalisten von ANEL noch nicht aus?
    Ungläubig die Augen gerieben habe ich mir dann bei folgender Klage:

    „Syriza setzt weiterhin auf eine Einigung mit dem Klassengegner.“

    Ja worauf denn sonst! Das ist doch nicht eine Regierung einer sich auf das organisierte Proletariat stützenden Arbeiterregierung eines Staates im Umbruch und des Zerfalls, sondern eine klassische Koalition von prokapitalistischer linker Sozialdemokratie mit ultrarechten bürgerlich-Nationalistischen Kräften. Natürlich wollen die weiter in der EU bleiben, sagen die ja tag und nacht, natürlich wollen die den Euro behalten, und selbstverständlich sollen und wollen die in der NATO bleiben und feste dafür rüsten. Und deshalb ist es auch alles andere als verwunderlich, wenn LCM feststellen:

    „Und so gleichen sich von Vorschlag zu Vorschlag die Maßnahmen, die die Regierung in Athen zu akzeptieren bereit ist, denen an, die die Euro-Institutionen Griechenland gerne aufzwingen würden.“

    Da ist es dann schon wieder ein übler Scherz, wenn sie schreiben:

    „Unter diesen Bedingungen ist das Festhalten an einer vermeintlichen Notwendigkeit, in Euro-Zone und EU zu verharren eine Beschränkung des eigenen Möglichkeitsraums, die fatale Folgen haben kann.“

    Was der eigene „Möglichkeitsraum“ für solche Feinde der Arbeiterklasse ist, das wissen die schon noch selbst am Besten. Wenn sie eine bessere Wiedererstarkung des griechischen Kapitalismus außerhalb der EU sehen würden (z.B. weil dann die Arbeiter noch schneller und tiefgehender verarmt werden könnten), dann würden die das natürlich machen. Das halten sie aber, ob zu recht oder unrecht für ihren Standpunkt ist mir dabei egal, nicht nützlich für ihre Ziele.
    Dann ist es auch schon wieder egal, wenn LCM nüchtern darauf bestehen:

    „Wenn wir ohne Illusionen auf die Situation in Griechenland sehen, dann können wir nicht umhin, zu bemerken, dass es keine Lösung ohne radikalen Bruch geben kann – und keine kurzfristige Lösung.“

    Wer wollte da schon widersprechen, aber die Krux liegt doch in dem Inhalt der eingeforderten „Radikalität“. Und damit ist es dann leider nicht weit her, denn sie schreiben:

    „Wird der Knoten aber zerschlagen, besteht zumindest die Möglichkeit, dass in einer massiven Mobilisierung der Bevölkerung ein auf basisdemokratischen Strukturen und kommunalen Wirtschaftsformen basierender Wiederaufbau eingeleitet werden kann.“

    Denn das auch dieses Szenario nur Kapitalismus „light“ bedeutet, schreiben sie ja selbst:

    „Die Vermögen der reichsten Griechen müssten vergesellschaftet werden, gleichzeitig der Aufbau einer gesellschaftlichen Ökonomie der Commons aus den bereits in der Krise entstandenen Keimformen angestrebt werden.“

    Also weiterhin Privateigentum an Produktionsmitteln (bis auf eine Handvoll Reeder und Banker), Produktion für den Gewinn, und das alles begleitet von den Elendsformen des Überlebens in einer politisch gesellschaftlich-wirtschaftlichen Katastrophe, den kommunalistischen „Keimformen“ (wohl ähnlich wie in Argentinien nach deren Zahlungsunfähigkeit)

  15. Max
    7. Juli 2015, 14:30 | #15

    TOP B3RLIN: Deutschland, Du miese Stück Scheiße
    Redebeitrag auf der Demonstration „Nein! Oxi! No! zur Sparpolitik – Ja zur Demokratie!“ am 3. Juli 2015 in Berlin

  16. Moritz
    7. Juli 2015, 14:50 | #16

    Dienstag, Juli 7, 2015 – 19:00 im Tristeza, Pannierstr. 5 (nähe Hermannplatz), Berlin 12047
    Griechenland soll seinen Dienst an den Schulden leisten – unbedingt
    Veranstalter: Jimmy Boyle Berlin (Gruppen gegen Kapital und Nation)
    Die Eurokrise im Jahr 2015
    „Griechenland hat das versucht, was noch jeder kapitalistischer Staat gemacht hat: Mit Staatsverschuldung die eigene Wirtschaft nach vorne bringen. Mit dem Euro konnte sie dies ein jahrzehntelang zu günstigen Zinsen machen. Im Zuge der weltweiten Finanzkrise haben die Staaten immer mehr Schulden aufgenommen, um die Banken zu retten und zugleich die Finanzwelt mit neuen Gesetzen gezwungen, vorsichtiger ihrem Geschäft nach zu gehen. Letzteres hat sich die Finanzwelt zu Herzen genommen und die zuvor als absolut sicher geltenden Staatsanleihen einer kritischen Prüfung unterzogen. Insbesondere Griechenland hat bei dieser Prüfung schlecht abgeschnitten. Dabei war das Urteil der Finanzwelt über Griechenland nicht nur auf dieses Land gemünzt. Dass die Banken zunehmend weniger griechische Anleihen haben wollten, war ja auch zugleich eine Anfrage an die Euro-Gemeinschaft: Wie haltet ihr es jetzt eigentlich? Steht jeder Staat für sich oder springt die Gemeinschaft ein? Die Frage zielte zugleich auf den Euro selbst: Was ist das für ein Geld, wer darf das eigentlich wie benutzen, welche staatliche Gewalt steht eigentlich letztlich dahinter?
    Von Anfang an gab es über die Antwort, die gegeben werden soll, einen Streit. Deutschland hatte mehr die Einstellung: Das ist ein Griechenlandproblem, kein Europroblem, daher sollen sie selber klarkommen. Frankreich hatte mehr die Einstellung: Das ist ein Europroblem, denn wenn Griechenland fällt, dann fallen auch Spanien, Italien, am Ende sogar Frankreich.
    Herausgekommen ist ein Kompromiss: Es gibt sogenannte Hilfsgelder, also neue Kredite, aber begrenzt. Im Gegenzug muss sich das Nehmerland einem Austeritätsprogramm unterziehen, dass in Absprache mit EU-Institutionen und dem IWF zu verfolgen ist.
    Dieses Programm hat nicht nur den Lohnarbeiter_innen in Griechenland (und auch anderswo) nicht gut getan, auch die konservative Vorgängerregierung musste feststellen, dass die Nation insgesamt damit auf keinen grünen Zweig kam. Die Wirtschaft brach ein, die Schuldenquote erhöhte sich immer weiter – trotz Schuldenschnitt – und eine zukünftige Eigenständigkeit ohne Kontrolle durch die Troika war nicht in Sicht.
    Die neue Linksregierung in Griechenland wollte und will so nicht weitermachen. Sie rechnet ihren europäischen Partnern vor, dass sie das auch nicht weiter wollen können, weil ein stabiler Schuldendienst so nie entstehen könne. Sie sind also durchaus bereit, die ganze griechische Wirtschaft weiter auf den Schuldendienst auszurichten, d.h. Kapitalismus als Programm zu behalten. Nur soll der Schuldendienst „selbsttragend“ werden. Dafür bräuchte es Luft zum Atmen und ein paar Kredite zum Land wieder Aufbauen. Das sehen die europäischen Partner geschlossen anders. Zu Fragen wäre hier, warum? Die These auf der Veranstaltung: Es geht um mehr als bloß um einen stabilen Schuldendienst. An Griechenland wird exemplarisch den Finanzmärkten beantwortet, wer der Herr des Euros ist.
    Die neue griechische Regierung versucht ihrem Argument etwas Nachdruck zu verleihen, indem sie das bedingungslose Erfüllen der Auflagen in Frage stellt und darauf spekuliert, dass sich die Partner ein Hängenlassen Griechenlands in Sachen Schuldendienst, nicht leisten werden.
    Schäuble sieht das anders. Die USA ruft beide Seiten auf, Kompromisse zu machen. Und ausgerechnet das Schreckengespenst Varoufakis sagt:
    „Ich sehe es als meinen Job an, Deutschlands Führung zu sagen: Ihr müsst führen. Ich werde oft als antideutsch oder skeptisch gegenüber Deutschland dargestellt. Aber das ist falsch. Ich will Führung von Deutschland.“ (Interview im Tagesspiegel 09.06.2015)
    Das hört Deutschland bestimmt gerne, wird daraus aber andere Sachen ableiten, als der griechische Finanzminister. Deutschland beansprucht die Führung und will damit die Frage endgültig beantworten, wer der Herr des Euros ist. Führung zu demonstrieren bedeutet aber eben, dass sich die Geführten unterzuordnen haben – bedingungslos. Für diese eigentümliche Machtfrage sterben derzeit Griechen in Krankenhäuser, von Lohnkürzungen und Arbeitsplatzverlust ganz zu schweigen.“
    PS: Ein Mitschnitt wäre schön!

  17. 7. Juli 2015, 15:09 | #17

    Zu TOP B3RLIN: Deutschland, Du miese Stück Scheiße

    „Ginge es tatsächlich um das Wohl der Menschen in Griechenland und Europa und wäre der Anspruch tatsächlich, die Krise „zu lösen“, so müsste die Frage nicht lauten: Sparpaket Ja oder Nein, sondern Kapitalismus Ja oder Nein. …
    Ein Nein im Referendum bedeutet zwar die Zurückweisung der aktuellen Zumutungen der deutsch-europäischen Austeritätspolitik, also eine Ablehnung des brutalsten Neoliberalismus der Troika aus IWF, EZB und EU-Kommission, und ist daher zu unterstützen. Sie ist aber noch lange nicht die Lösung der wahren Krisenursache: des Kapitalismus. Ein Nein am Sonntag macht also nur Sinn, wenn sie als Türöffner für eine Perspektive jenseits von Staat, Nation und Kapital verstanden wird.“

    Schon richtig, aber in Griechenland gibt es ja herzlich wenige politische Tendenzen, die diese „Tür“ überhaupt aufmachen wollen. Insofern sind selbst die eingefahrenen 61 % Nein nicht viel wert, befürchte ich.

  18. 7. Juli 2015, 21:09 | #18

    Was das Nein wirklich bedeutet, konnte man heute in der FAZ nachlesen http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/griechenland/kommt-der-grexit-nach-dem-referendum-live-blog-griechenland-13671349.html dort 15:01 Alexander Armbruster:
    „Nach Angaben griechischer Medien hat der griechische Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos diesen Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk geschrieben als Folge des Referendums (auf Englisch):
    Dear Mr. President,
    I would like to inform you that following a request by the Prime Minister of Greece Mr. Alexis Tsipras, I called a meeting yesterday of the political leaders of the Parties of the Greek Parliament, in which a common declaration was adopted by all Parties except the Communist Party of Greece stating the following:
    The recent vote of the Greek people in the referendum does not constitute a mandate to break away from the Euro zone, but a mandate to continue and strengthen the effort for attaining a socially just and economically viable agreement. The Government will assume the responsibility of continuing negotiations, and every political leader will contribute to this effort on the basis of their institutional and political role.
    The common goal, in this context, is the pursuit of a solution that will ensure:
    -     Covering, sufficiently, the financial needs of the country
    -     Credible reforms, based on a fair distribution of burdens and the promotion of growth, with as few recessionary consequences as possible
    -      A strong, front-loaded developmental program, primarily oriented to confronting unemployment and encouraging entrepreneurship
    -      A commitment to beginning a substantial discussion on confronting the problem of the viability of Greek public debt
    The Political Leaders also underlined that the restoration of liquidity in the Greek banking system, in coordination with the ECB, constitutes an immediate priority.
    The aforementioned consensual decision of most Greek Parliamentary parties constitutes a crucial opportunity for all euro zone partners to reach an economically and politically viable agreement.“
    habe ich von http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/07/07/ganz-grosse-griechische-koaliton-unternehmertum-ermutigen/

  19. Max
    8. Juli 2015, 00:08 | #19

    Gruppe Gegenmaßnahme Freiburg: Nachtrag zur Demonstation gegen die deutsch-europäische Verelendungspolitik
    Am 3. Juni 2015 haben wir uns an der Freiburger Demonstration gegen die europäische Krisenpolitik beteiligt. Die Pressemitteilung des Demobündnisses sowie die Skripte der Redebeiträge findet ihr hier
    Auf der Demonstration haben wir folgenden Redebeitrag gehalten:
    (…)
    Wir sehen innerhalb der kapitalistischen Verhältnisse keinen Ausweg, haben daher auch keine Reformvorschläge. Es ist die gleiche, kapitalistische Rechnungsweise, die in Deutschland die relative Verarmung in Form von Reallohnsenkungen bei einer Vervielfachung der Produktivität bewirkt und in Griechenland eine absolute Verarmung zur Folge hat. Als Lohnabhängige hat man immer den Schaden – in Deutschland mit Mindestlohn, Existenzangst und Altersarmut für Millionen, in Griechenland mit der vollkommenen Verelendung der Massen ohne Krankenversicherung und der Frage, ob es morgen überhaupt etwas zu essen gibt. In erfolgreichen wie erfolglosen Staaten bedeutet das Dasein als Lohnarbeiter mit und ohne Job eine permanente Schädigung. Die einzige Lösung ist die Abschaffung der kapitalistischen Rechnungsweise und des Staates als Sachwalter dieses Prinzips – denn sachlichen Reichtum gibt es schon heute in Hülle und Fülle. Es wird Zeit, dass wir uns diesen Reichtum aneignen!
    In diesem Sinne: Hoch die antinationale Solidarität!
    Darüber hinaus haben wir folgenden Text als Flugblatt verteilt:
    Was Deutschland von Europa will
    Wer sich intensiver damit beschäftigen will, was gerade speziell in der Politik gegenüber Griechenland los ist, dem sei folgender Artikel aus dem aktuellen Gegenstandpunkt 2-15 empfohlen:
    Neues aus der europäischen Völkerfamilie – An Griechenland wird ein Exempel statuiert

  20. Moritz
    8. Juli 2015, 18:58 | #20

    Donnerstag, 09.07.2015, 19 Uhr in der jW-Ladengalerie, Torstraße 6, 10119 Berlin
    »Russland und die BRICS – Ausweg oder Selbstbetrug?«
    Reinhard Lauterbach diskutiert mit jW-Chefredakteur Arnold Schölzel

  21. Max
    8. Juli 2015, 22:40 | #21

    Auf dem FB-Account von LCM ist eine Diskussion mit u.a. „ak – analyse & kritik“ zu ihrem oben von Neo kritisierten Artikel nachzulesen. Auf dessen Kritik, zu finden auf ihrer Website, wurde wie nicht anders zu erwarten nicht eingegangen.
    Manchmal fühlt man sich dann doch wieder in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück versetzt. 🙁

  22. u.
    9. Juli 2015, 02:54 | #22

    Dass Deutschland seine Großmachtpolitik nach 1989 zielstrebig auszubauen versucht und die EU-„Partner“ spätestens seit den Maastricht-Verträgen 1992 mächtig unter Druck setzt, durch die Errichtung eines europäischen Bundesstaats aus der EU eine Weltmacht zu formieren, ist im europäischen Ausland längst mit Unbehagen zur Kenntnis genommen worden. Die EU-„Partner“ agieren spätestens seit dem Anschluss der DDR verschärft gegen das deutsche Vormachtstreben in Europa. Sie verstehen es richtigerweise als den dritten Anlauf Deutschlands, auf dem neugeordneten Rücken Europas zur Weltmacht aufzusteigen. In Deutschland selbst sind diese Tatsachen wohlweislich kein öffentliches Thema. Umgekehrt glaubt die neue deutsche Volksgemeinschaft die zentrale Botschaft der Einheitspresse, die EU-„Partner“ nähmen sie aus. Diese frappierenden Wahrnehmungsgegensätze eines und desselben wichtigen geschichtlichen Abschnittes europäischer Geschichte reizen dazu, die Tatsachen nachzuzeichnen und kritisch einzuordnen.

    http://www.proletarische-plattform.org/proletarische-texte/der-h%C3%A4ssliche-deutsche/

  23. 9. Juli 2015, 12:15 | #23

    Nicht nur Deutschland hatte und hat eine „Großmacht“-Perspektive. Das galt und gilt für die anderen größeren europäischen Staaten auch. „Zielstrebig“ waren in dieser Hinsicht auch alle Hauptkonkurrenten/“Partner“. Was auch immer das BRD-Projekt in den letzten zwei Jahrzehnten gewesen sein mag, ein „europäischer Bundesstaat“ stand nicht auf der offiziellen Agenda und es ist trotz allem „Druck“ ja auch bisher nichts daraus geworden. Warum ist solch ein Projekt dann überhaupt von manchen politischen Strömungen in ganz Europa propagiert werden und warum gibt es wiederum von anderen Strömungen „Unbehagen“ dagegen? Das liegt doch an dem zutiefst widersprüchlichen Charakter der europäischen Einigungsprozesse: Alle Staaten, die daran teilgenommen habe, suchten doch ihr jeweiliges nationales Glück in und mit Europa.
    Es stimmt doch gar nicht, daß deshalb „Die EU-„Partner“ … spätestens seit dem Anschluss der DDR verschärft gegen das deutsche Vormachtstreben in Europa“ agiert hätten. Das zentrale und immer wichtigere gemeinsame Projekt war und ist der Euro, der erst ein Jahrzehnt nach dem Anschluß der DDR an die BRD von vielen europäischen Staaten eingeführt wurde. Und auch hier wieder war der Beitrittsgrund aller Staaten, daß sie sich für ihr eigenes wirtschaftliches Fortkommen, für ihr nationales Wachstum, für ihre nationale Kreditaufnahmefähigkeit zur Fianzierung ihrer ehrgeizigen Staatsziele versprochen haben, damit besser zu fahren, als wenn sie draußen bleiben. Die in der Tat auch damals schon als Belastung empfundene wirtschaftliche Vormachtstellung Deutschlands sollte ja in den Augen der schon bisher schwächeren Konkurrenten gerade durch den gemeinsamen Euro zurückgedrängt werden und umgkehrt hoffte Deutschland, durch den europaweiten Euro noch größere wirtschaftliche Erfolge einzufahren. Gerade die bisherigen schwachen Staaten hofften auf den großen Euro-finanzierten Aufschwung. Diese Hoffnungen haben getrogen, das sehen viele Staaten jetzt auch. Im Ergebnis ist die Stellung Deutshclands jetzt viel stärker als vor der Einführung der gemeinsamen Währung.
    Alle EU-Staaten, vor allem alle Euro-Staaten hatten und haben das Projekt, daß die europäische Union insgesamt eine Weltmacht werden möge. Die führenden Staaten wie Deutschland und Frankreich stellen sich dabei vor, daß die Weltmacht natürlich nach ihrer jeweiligen Pfeife tanzen wird, die kleineren versprechen sich davon, im Windschatten der großen Staaten auch besser dazustehen. Erst durch die Krise und die Krisenbewältigungspolitik haben viele Staaten es auf die harte Art und Weise erleben müssen, daß die EU für sie nun was andres bedeutet. Es hat nämlich stattgefunden ein

    „Umbau der Union von einem Bündnis kapitalistischer Nationalstaaten, die sich in Erwartung eines Zugewinns an Reichtum und Macht auf begrenzten Souveränitätsverzicht, nämlich die gemeinschaftliche Verwaltung ihrer Märkte und ihres Geldes, eingelassen haben, hin zu einer Union, deren Mitglieder in diesen europäisierten Potenzen unverzichtbare Existenzbedingungen anerkennen müssen, denen sie gerecht zu werden haben und die zu erhalten vor allen nationalen Nutzenkalkulationen mit ihnen rangiert. Die Union scheidet sich dadurch in eine Mehrzahl gar nicht mehr so souveräner Staaten und eine Führung, die den Inhalt des gemeinsamen, über den Mitgliedern stehenden Unionswillens definiert und verbindlich macht.“

    (aus dem Artikel des GSP zu Frankreich im Heft 2-15, bzw. in der jungen Welt)

  24. Max
    13. Juli 2015, 23:32 | #24

    Theo Wentzke: Beleidigte Nationalisten
    Der Front National fordert einen Austritt aus dem Euro mit dem Ziel, die französische Ökonomie wieder konkurrenzfähig zu machen. Das ginge nur auf Kosten der Löhne. Diese Einbußen sollen mit viel Patriotismus wettgemacht werden
    Theo Wentzke schrieb auf diesen Seiten am 6.7. über Frankreichs Rolle in der Europäischen Union. Diesem Text wie dem hier veröffentlichten liegt ein längerer Aufsatz zugrunde, der im Heft 2-15 der Zeitschrift GegenStandpunkt erschienen ist. Darin wird auch das Bestreben Frankreichs thematisiert, unter der Parole von der »multipolaren Welt« eine selbständige weltweite Machtentfaltung der EU zu realisieren. Das Heft kann unter gegenstandpunkt@t-online.de bezogen werden. (jW)
    Aus: junge Welt / Ausgabe vom 14.07.2015, Seite 12 / Thema

  25. Neues_Protok
    14. Juli 2015, 12:37 | #25

    Protokoll vom Jour Fixe vom 06.07.2015
    1. Fortsetzung (GS 1-15): Rassismus in den USA
    2. (GS 2-15): Griechenland
    http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2015/jf150706.html

  26. Neues_Protok
    28. Juli 2015, 11:10 | #26

    Neues Jour Fixe-Protokoll (20.07.2015) zum Thema „Frankreich“
    (GS 2-15) [vgl. dazu die o.g. Links von Max vom 13.7.]
    http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2015/jf150720.html

  27. Hinweis
    27. April 2017, 05:30 | #27

    Vortrag und Diskussion in Nürnberg
    Die europäische Einigung:
    Ein deutsches Weltmachtprojekt
    Angesichts der Existenzkrise der Europäischen Union melden sich hier – und in geringerem Maß auch in Nachbarländern – Mitglieder der Zivilgesellschaft, die ihre Liebe zu Europa entdecken. Bürger bekennen sich öffentlich zur „europäischen Idee“ und wollen sie gegen Populismus und Nationalismus in den Nachbarländern und in Deutschland verteidigen.
    Für die Sache, die sie ins Herz schließen, treten sie gleich in Form ihrer idealistischen Überhöhung, eben als schöne Idee, ein und kümmern sich – gerade in ihrem Lob Europas – herzlich wenig um dessen Wirklichkeit…
    Donnerstag, 4. Mai 2017, 19:15 Uhr,
    Villa Leon, Philipp-Koerber-Weg 1, Nürnberg
    http://www.sozialistischegruppe.de/

  28. Hinweis
    12. Mai 2017, 04:57 | #28

    Wenn es je den Eindruck gegeben habe, Europa sei was Harmloses, so gehört solches Urteil jedenfalls der Vergangenheit an:
    Europa hat heute viele Feinde…
    … so beginnt der Vortrag von Peter Decker über die aktuelle Lage Europas und über die Deutungen der expliziten ‚Freunde Europas‘
    in Nürnberg am 4. Mai 2017:
    Die europäische Einigung: Ein deutsches Weltmachtprojekt
    https://www.argudiss.de/node/414
    https://www.argudiss.de/sites/default/files/doku/gesamtaufnahmen%28mp3%29/europa_nbg_0517_ges.mp3

  29. Hinweis
    25. Mai 2017, 08:16 | #29

    Dieser o.g. Vortrag über Europa mit Peter Decker
    (in Nürnberg am 4. Mai 2017) ist nun auch auf YouTube:
    https://www.youtube.com/watch?v=VMKyLM2XkBQ

  30. Korinthenknacker
    28. Juni 2019, 17:54 | #30

    Stephan Kaufmann: Leben am Rockzipfel
    Donald Trump dominiert den G20-Gipfel,
    Europas Regierungen schauen zu.
    Allgemein beklagt wird in der EU, dass gegen die Macht der Vereinigten Staaten wenig auszurichten ist. Die ganze Wahrheit ist das jedoch nicht: Europa ist nicht nur zu schwach. Was es an Stärke hat, resultiert aus der Kooperation mit Washington. Denn Einfluss und Wohlstand der EU-Staaten beruhen auf einem System, dass die USA garantieren. Doch dieses System wird derzeit aufgelöst.
    Mit dem Aufstieg Chinas hat auch die EU die Volksrepublik als »systemischen Rivalen« definiert, von dem es grundlegende Änderungen vor allem seiner Wirtschaftspolitik fordert. Gleichzeitig bleiben die EU-Ökonomien und vor allem die deutsche abhängig von Chinas Markt. Ihre Forderungen durchsetzen können die Europäer daher nur mit Hilfe der ökonomischen, finanziellen und militärischen Macht der USA. (…)
    Trump fordert von den Europäern, sich dem Huawei-Boykott anzuschließen und sich damit zum Hebel von Washingtons Geostrategie zu machen. Anderenfalls droht er mit Wirtschaftssanktionen. Einige europäische Unternehmen wie der deutsche Chip-Produzent Infineon haben daher ihre Lieferungen an Huawei teilweise gestoppt.
    Peking reagiert, indem es eine Liste mit politisch »unzuverlässigen Unternehmen« erstellt, die es ihrerseits sanktionieren will. Europäische Unternehmen wie die Telekomausrüster Ericsson und Nokia sind nun in der Klemme: Einerseits brauchen sie Markt und Technologie der USA, andererseits haben sie Milliarden in China investiert. (…)
    Zum einen ist also das Euro-Finanzsystem eine Unterabteilung des globalen Dollar-Systems. Zum anderen hängt die militärische Macht Europas an der Mitgliedschaft in der NATO, ist also nur eine Unterabteilung des US-Militärs. Die gesamte militärische Absicherung europäischer Interessen – zum Beispiel gegenüber Russland und China – hängt an den »Sicherheitsgarantien« Washingtons. Bislang »besaßen die USA als einziger NATO-Staat den politischen Willen und die Fähigkeiten, die Sicherheit des gesamten Bündnisgebietes zu garantieren«, so Marco Overhaus von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Seinen politischen Willen stellt Washington nun unter Bedingungen. So drohte Trump jüngst mit Truppenabzug in Europa, sollte die Bundesregierung nicht Abstand nehmen von der Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland.
    Seine Interessen kann Europa also nicht nur nicht gegen die USA durchsetzen, sondern nur an der Seite der USA, die das System absichern, auf dem Europas Wirtschafts-, Finanz- und Militärmacht beruht. Für die EU-Staaten sind die Vereinigten Staaten nicht nur die großen Verhinderer, sie sind die Ermöglicher. (…)
    Zwar gibt es Versuche, die EU von den USA zu emanzipieren. So soll der Euro als Weltgeld-Konkurrent zum Dollar aufgebaut werden, und die EU sucht eine »eigenständige verteidigungspolitische Identität«. Doch scheitert beides letztlich an den unterschiedlichen Interessenlagen der EU-Staaten: Der Euro ist abhängig von der Zustimmung der einzelnen Mitgliedsstaaten zu ihm, bleibt in seiner Existenz daher prinzipiell bedroht und taugt nicht als globale Sicherheitsreserve. Für den Aufbau einer eigenständigen Militärmacht, die sich an der der USA messen lassen müsste, bräuchten die EU-Regierungen Milliarden, für deren Mobilisierung ihnen die Gemeinsamkeit fehlt.
    So bleibt den Europäern nur, den alten Weg weiterzugehen und zu versuchen, die USA zum Hebel ihrer Ziele zu machen. Das wird zunehmend schwieriger. Auf die Frage des TV-Senders Fox, ob er als nächstes Europa ins Visier nehmen werde, antwortete Trump am Donnerstag: »Ja, sie behandeln uns schlechter als China.«
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1121953.g-gipfel-leben-am-rockzipfel.html

  31. Pedder
    30. Juni 2019, 06:45 | #31

    Nicht nur angesichts solcher Dilemmata um europäisches Geld und europäische Macht gibt es 2019 vor und nach der Europawahl in ganz Europa Rufe nach einer Erneuerung: „Europa im Wandel – Zeit zu handeln!“ (SPD); „Gemeinsam mit unseren liberalen europäischen Partnern wollen wir einen neuen Aufbruch Europas gestalten“ (FDP); „Europas Versprechen erneuern“ (Grüne); „Neustart der EU“ (Linke); „Europa richtig machen“ (CDU)
    Das neue Politik-Personal sortiert diese Parolen streng nach Messlatte: ‚Nur die verdienen Unterstützung, die deutschen Firmen den Erfolg und Deutschland die beherrschende Position in der EU eingebracht haben‘.
    Im Detail erklärt das Suitbert Cechura:
    „Europa. Jetzt aber richtig!“ – Alle wollen die EU neu gründen
    https://www.magazin-auswege.de/data/2019/03/Cechura-Europawahl.pdf

  32. Pedder
    5. Juli 2019, 18:48 | #32

    Im neuen Personal-Vorschlag für die EU kommt auch Christine Lagarde als Hüterin europäischer Geldpolitik vor. Ihr wird aber dafür ‚mangelnde ökonomische Kompetenz‘ vorgeworfen.
    Stephan Kaufmann erläutert, wieso solcher Vorwurf nicht sehr sachgemäß ist …
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1122467.christine-lagarde-herrin-des-geldes.html

  33. Neues_Protok
    16. Juli 2019, 13:47 | #33

    Die Ergebnisse der Europa-Wahl, der Streit zwischen ‚Souveränisten‘ und ‚Pro-Europäern‘, sowie Formen und Inhalte des Wahlkampfes 2019 waren Thema beim Jourfixe München am 08.07.2019, hier protokolliert:
    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf190708-wahlen-eu.pdf
    Gegenstand der Debatte war der neue Artikel im Gegenstandpunkt 2/2019:
    Die Wahlen zum EU-Parlament 2019
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wahlen-zum-eu-parlament-2019
    (Dieser Artikel ist insgesamt online frei verfügbar!)
    Zu Beginn des Artikels wird darauf hingewiesen, dass die Art und Weise, wie dieses Mal für die EU-Wahl geworben wurde, sich deutlich von früheren EU-Wahlkämpfen unterschieden hat. Unter Titeln wie ‚Ausbau oder Rückbau der EU?‘ oder ‚mehr oder weniger Brüssel?’ wurde von zwei gegnerischen Lagern eine Schicksalswahl ausgerufen und die Frage aufgemacht, ob und wie es mit der EU überhaupt weitergehen könne.
    Was sind das für Alternativen…???
    (…)

    Neoprene hat übrigens in einen anderen Thread die Abschrift eines Vortrages von Peter Decker am 4. Mai 2017 in Nürnberg eingestellt:
    Europa hat heute viele Feinde…
    … so beginnt der Vortrag von Peter Decker über die aktuelle Lage Europas und über die Deutungen der expliziten ‚Freunde Europas‘:
    Die europäische Einigung – Ein deutsches Weltmachtprojekt
    https://www.argudiss.de/node/414
    https://www.argudiss.de/sites/default/files/doku/gesamtaufnahmen%28mp3%29/europa_nbg_0517_ges.mp3
    Zu sehen und zu hören ist der Vortrag und die Diskussion unter:
    https://www.youtube.com/watch?v=VMKyLM2XkBQ
    http://Neoprene.blogsport.de/images/DeckerzuEuropa20170504NbgMitschrift_01.rtf

    … wobei die ‚Fragilität‘ des dt.-europäischen Weltmachtprojektes seit 2017 erhebliche weitere ‚Kratzer‘ abgekriegt hat, und zwar sowohl von Seiten der USA als auch direkt aus dem Inneren der EU ….

  34. Greet
    12. Januar 2020, 15:08 | #34

    „Trend“ hat einen Aufsatz von Amelie Lanier veröffentlicht:
    Es wurde Markt – Die EU und ihr Hinterhof
    Wenn man im „alten“ Europa auf einer Autobahn unterwegs ist, die Richtung Osten führt, so fährt man an endlosen Lastwagenkolonnen vorbei. Die Kennzeichen stammen meistens aus den neuen EU-Ländern wie Polen, Ungarn, Slowakei oder Bulgarien…
    http://www.trend.infopartisan.net/trd0120/t440120.html
    Der Artikel auf „Trend“ scheint eine Variante des Threads auf ihrem Blog zu sein
    http://NestorMachno.blogsport.de/2019/12/15/die-eu-und-ihr-hinterhof-teil-ii/
    Dort hat sie bereits angekündigt und will „… auch einen Blick darauf werfen, wie die dortige Zahlungsfähigkeit überhaupt zustande kam und kommt.
    Fortsetzung folgt: 3. Banken, Geld und Kredit: Die Herstellung von Zahlungsfähigkeit in EU-Weichwährungen“

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