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Pro und Contra Asylrecht (Herrmann Lueer)

11. April 2015

In Tröglitz soll, wie anderenorts ebenso, ein Erstaufnahmelager für Asylbewerber eingerichtet werden. Angesichts der zu erwartenden Flüchtlinge entbrennt innerhalb der ortsansässigen Bevölkerung ein sonderbarer Streit zwischen den Befürwortern und den Gegnern des Asylrechts. Bevor man sich in diesen Streit einmischt, ist es ratsam, sich zunächst folgende Frage zu beantworten: Was ist eigentlich ein Asylant?
Ein asylsuchender Mensch ist jemand, der zwischen die Stühle zweier Staatsgewalten geraten ist. Aus seinem Heimatland flieht er beispielsweise vor einem Bürgerkrieg, in dem er für keine Seite Partei ergreifen will und daher von der herrschenden Staatsgewalt als Staatsfeind verfolgt wird. In dem Land, in dem er Asyl sucht, wird er an der Grenze verhaftet und in ein Erstaufnahmelager eingewiesen, bis die örtliche Staatsgewalt darüber befindet, ob ihm Asyl gewährt wird oder ob man ihn in Handschellen an die Staatsgewalt ausliefert, vor der er geflohen ist.
Angesichts dieser unangenehmen Situation sind einige Menschen in Tröglitz der Meinung, das Boot sei voll, es wären schon zu viele da, wir könnten uns das nichts leisten und es bestünde sogar die Gefahr der Überfremdung.
Das falsche Bewusstsein der Gegner des Asylrechts
Wenn andere Menschen z.B. von Harsewinkel nach Tröglitz umziehen, stellt niemand die Frage, ob »wir« uns das leisten können. Angesichts der neuen Nachbarn kommt auch nicht der Gedanke der Überfremdung auf. Es gibt schließlich viele Menschen in Tröglitz, die man nicht kennt. Ob man sie mag, spielt erst eine Rolle, wenn man sie kennenlernt und wenn man sie nicht mag, geht man ihnen einfach aus dem Weg. Dass »uns« die Neuzugezogenen die Arbeitsplätze wegnehmen, würde ebenfalls niemand ernsthaft behaupten. Soviel versteht schließlich noch jeder von der Marktwirtschaft: Nicht der Nachbar, sondern der Unternehmer rationalisiert im Sinne seines Geschäfts den Arbeitsplatz weg.
Wenn fremde Menschen aus einem anderen Land nach Tröglitz kommen, will aber der eine oder andere den gleichen Sachverhalt anders beurteilen. Zwar will auch jetzt keiner ernsthaft kalkulieren, ob »wir« uns zusammen mit den asylsuchenden Menschen die Renten in Zukunft noch leisten können. Ganz unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen soll vielmehr zum Ausdruck gebracht werden, dass in der marktwirtschaftlichen Konkurrenz der deutsche Staat vorrangig den deutschen Bürgern zu dienen habe. Indem ausländerfeindliche Bürger so ihre Abhängigkeit von der staatlichen Regulierung der marktwirtschaftlichen Konkurrenz zum guten Grund für ihren Patriotismus machen, verkennen sie, dass die Gegensätze der Konkurrenz nicht mit den Ausländern in die Welt kommen, sondern mit dem staatlich gewährten Recht, Produktionsmittel zu Privateigentum zu erklären.
Das allen gleichermaßen zugestandene Recht auf Eigentum an Produktionsmitteln, bedeutet nämlich, dass das Eigentum weniger gleichbedeutend mit der Mittellosigkeit der Mehrheit ist. Wenn einem die Fabrik gehört, können die anderen sie nicht benutzen. Das Recht, einen Zaun um fruchtbares Land zu ziehen, bedeutet für die Mehrheit der Landlosen, dass sie höchstens als Arbeitskräfte zur Mehrung fremden Reichtums Zutritt erhalten. Mit den zu Eigentum erklärten Produktionsmitteln beanspruchen die Eigentümer die exklusive Verfügungsmacht über die Produktionsmittel sowie über die mit diesen produzierten Güter und damit zugleich den Ausschluss von deren Verfügung für die Nichteigentümer. Mit der ausschließlichen Verfügung über die Produktionsmittel und der mit ihnen hergestellten Produkte beinhaltet das Recht auf Eigentum an Produktionsmitteln die Gewalt, anderen die Existenz zu bestreiten.
In dieser gegensätzlichen ökonomischen Konkurrenz um die private Bereicherung dient der Staat gleichermaßen allen seinen Bürgern, indem er ihr Eigentum und ihre Person gegenüber unrechtmäßigen Übergriffen ihrer Konkurrenten schützt. Nicht durch seine Parteinahme für das Interesse bestimmter Teile der Gesellschaft wird er so zum Diener der Produktionsmittelbesitzer, sondern praktisch darüber, dass das allen gleichermaßen garantierte Recht auf Eigentum an Produktionsmitteln in der marktwirtschaftlichen Konkurrenz notwendig den Vorteil der Eigentümer und den bleibenden Nachteil der minder bemittelten Bürger bedeutet.
Die berühmten »Ein Prozent«, die auf der Grundlage der marktwirtschaftlichen Gesellschaftsordnung den größten Teil der weltweiten Reichtümer zu ihrem Eigentum erklärt haben, vermehren so ihre gemäß der freiheitlichen Eigentumsordnung rechtmäßigen Reichtümer, indem sie die Mittellosigkeit der Mehrheit zu ihrem Mittel machen. Wie machen sie das? Indem sie die anderen für sich arbeiten lassen. Warum arbeitet die Mehrheit für die Vermehrung fremder Reichtümer und damit für die Bereicherung einer Minderheit? Weil sie über das Recht auf Eigentum an Produktionsmitteln von sämtlichen Produktionsmitteln und den damit erzeugten Gütern ausgeschlossen sind und ihnen daher für den Erwerb der notwendigen Lebensmittel nur noch ein Mittel bleibt: der Verkauf ihrer Arbeitskraft. In einer Gesellschaft, in der sämtliche Lebensmittel im Besitz einzelner Produktionsmittelbesitzer sind, bedeutet das Recht auf Eigentum für die Mehrheit der Bevölkerung nichts anderes als die Notwendigkeit, ihr einziges Mittel, das ihnen in diesem gewaltsamen Ausschlussverhältnis der Eigentumsordnung verblieben ist, auf dem Markt meistbietend zu verkaufen.
Die Gefahr als arbeitsloser Hartz IV Empfänger oder als woorking poor neben den vorhandenen Reichtümern der Gesellschaft leben zu müssen, ist daher nicht die Folge ausländischer Menschen, die ihren Wohnsitz wechseln, sondern das Resultat des globalisierten marktwirtschaftlichen Produktionsverhältnisses, indem die Privatisierung der Produktionsmittel die Mittellosigkeit der Mehrheit bedeutet oder andersherum ausgedrückt: wo die Mittellosigkeit der Mehrheit der Bevölkerung die Grundlage für die private Bereicherung einer Minderheit ist.
Patriotismus und Asylrecht als Mittel der Politik
Den Patriotismus der Bürger wissen die Politiker jeder Nation zu schätzen. Schließlich werden mit dem Bezug auf den »Wohlstand der Nation« die mit der Eigentumsordnung geschaffenen ökonomischen Gegensätze zur Idee einer Gemeinschaft überhöht, an der Arbeiter und Unternehmer, Herrscher und Beherrschte gleichermaßen beteiligt sind. Obwohl die konkreten Lebensbedingungen der Bevölkerung – die Qualität von und der Zugang zu Konsumgütern sowie die Reduktion der Arbeitsbelastung bzw. Arbeitszeit – in der im Geld gemessenen marktwirtschaftlichen Reichtumsproduktion gar nicht vorkommen, gilt in dieser Betrachtungsweise eine Gesellschaft als reich, wenn das Bruttoinlandprodukt absolut bzw. im Durchschnitt pro Kopf der Bevölkerung relativ zu anderen Nationen hoch ist. Der »Wohlstand der Nation« erscheint so – ungeachtet von Alters- und Kinderarmut, woorking poor, Massenarbeitslosigkeit, Bildungsnotständen und schlechter medizinischer Versorgung der mittellosen Bevölkerungsschichten – als Bedingung des eigenen Erfolgs.
Mit dem patriotischen Vorbehalt der Bürger gegenüber ausländischen Menschen wissen die dem »Wohlstand der Nation« verpflichteten Politiker umzugehen. Je nach dem Bedarf der Wirtschaft für zusätzliche Arbeitskräfte wird im Interesse der Nation dem nationalistischen Vorbehalt der eigenen Bürger gegenüber Migranten Recht gegeben oder er wird als übertriebene nationalistische Fremdenfeindlichkeit zurückgewiesen. Ebenso wie der »Wirtschaftsflüchtling« in diesem Sinne im Rahmen der staatlichen Einwanderungspolitik im Hinblick auf seine generelle Nützlichkeit für den nationalen Wirtschaftsstandort begutachtet wird, so werden politisch asylsuchende Menschen im Hinblick auf die nationalen Interessen des jeweiligen Staates beurteilt. Ein Edward Snowden, dem für den Verrat von Staatsgeheimnissen lebenslängliche Haft droht, steht im Rahmen »unserer« freundschaftlichen Beziehung zur USA kein Asylrecht zu, während der eine oder andere russische Oligarch durchaus Aussichten hat, sich auf dieses erfolgreich zu berufen, wenn er mit dem russischen »Regime« in Konflikt gerät. Das Asylrecht fällt schließlich nicht als supranationales Menschenrecht vom Himmel, sondern steht und fällt wie jedes Recht damit, ob eine staatliche Gewalt es in ihrem nationalen Interesse ins Recht setzt.
”Kein Mensch ist illegal!”
Im Streit zwischen den Befürwortern und den Gegnern des Asylrechts demonstrieren viele gegen die drohende Abschiebung asylsuchender Menschen unter dem Slogan: »Kein Mensch ist illegal« Dagegen ist nichts einzuwenden, solange die Demonstranten in ihrer Konfrontation mit den Politikern folgendes nicht vergessen:
• 2 Milliarden unterernährte Menschen sowie elende Arbeitsbedingungen für einen Großteil der Weltbevölkerung sind das Resultat der von unseren Politikern gelobten und geförderten globalen Marktwirtschaft.
• 50 Millionen Menschen fliehen weltweit vor den Kriegen, die mit Waffenexporten geschürt werden, die von deutschen Politikern genehmigt werden.
Dieselben Politiker, die im nationalen Interesse täglich die Gründe für die verzweifelte Flucht von Millionen von Menschen verantworten, sollen nun über den Hinweis auf das »Recht auf Asyl« den flüchtenden Menschen zu Hilfe kommen?
[Dieser Text wurde von Herrmann Lueer auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht.]

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  1. reader
    14. April 2015, 07:31 | #1

    „Dieselben Politiker, die im nationalen Interesse täglich die Gründe für die verzweifelte Flucht von Millionen von Menschen verantworten, sollen nun über den Hinweis auf das »Recht auf Asyl« den flüchtenden Menschen zu Hilfe kommen?“

    Genau so ist es. Und warum? Weil sie es manchmal nämlich tun. Aber oft halt eben nicht und auf sie ist aus genau den angegebenen Gründen kein Verlass. Das ist auch kein Geheimnis.
    Natürlich muss man das benennen – und könnte das dann zum Ausgangspunkt einer tatsächlichen Reflektion machen. Aber zur Conclusio der x-ten Superkurzrekapitulation der Produktionsverhältnisse? Im Ernst?
    Und was ist denn das „Contra Asylrecht“ Argument? Dass es sinnlos ist, weil der Staat ist ja schuld an dem ganzen? Wieder: im Ernst? Und wieder: Aus Ausgangspunkt einer Reflektion schon ok, aber …. Kommt da noch was oder ist das jetzt „das“ Statement zum Thema?
    Im übrigen ist es vermutlich auch nicht ohne Implikationen, dass hier von „patriotischen Vorbehalten der Bürger[_innen]“ gesprochen wird anstatt das Kind beim Namen zu nennen: Rassismus. Anders als durch einen (leider fatalen, im Englischen würde man sagen self-defeating) Distinktionsbedarf kann ich mir das nicht erklären.

  2. 30. Mai 2015, 07:51 | #2

    1. Gegenstandpunkt zu Lueer:
    Ich bin überzeugt, dass sich die Bundesrepublik Deutschland ihr Asylrecht schon richtig zuschneidet, ungefähr so, wie es Lueer im zweiten Teil dieses Aufsatzes skizziert.
    Es geht natürlich nicht um „Pro und Contra Asylrecht“, sondern um die Einwanderung und die Konkurrenz um Arbeitsplätze und Transferleistungen.
    Die episodisch auftretenden Asylanten/ Flüchtlinge sind nur der Aufhänger, Spielmaterial zur Mobilisierung des faschistischen oder antifaschistischen Kartoffelgemüts.

    Zwar will auch jetzt keiner ernsthaft kalkulieren, ob „wir“ uns zusammen mit den asylsuchenden Menschen die Renten in Zukunft noch leisten können. (Lueer)

    Genau das tut die NPD:

    „Geld für die Oma statt für Sinti und Roma!“

    Und sie wird damit garantiert mehr Erfolg haben als mit der
    ‚Wiederherstellung Deutschlands in den Grenzen von 1938‘.
    (NPD–Forderung aus den Sechzigerjahren.)
    Denn es ist eben nicht nur ‚der ein oder andere‘, der so denkt.
    Zuwanderer sind halt nicht einfach „Menschen“, sondern
    Konkurrenten um Arbeitsplätze und Sozialleistungen, und zwar
    zusätzliche Konkurrenten. (Deshalb ist es auch
    abwegig, die Zuwanderer mit Leuten, die von Harsewinkel nach
    Tröglitz ziehen, zu vergleichen.)
    Konkurrenzverhalten ist keine schlechte Angewohnheit des Individuums. Konkurrenz ist die Verkehrsform im Kapitalismus. Und es gibt nicht nur keine höhere Produktionsweise als die kapitalistische, es hat auch nie eine solche gegeben. Was das linke Milieu als „Sozialismus“ ventiliert, ist ein leeres Gedankenspiel, auf das sich niemand einlassen kann, der tatsächlich seinen Lohn zu verteidigen hat.
    „An der Verarmung in Deutschland sind nicht die Ausländer, sondern der Kapitalismus schuld.“ Da es aber keine andere Wirtschaft gibt als die kapitalistische Marktwirtschaft, ist eine solche Aussage nichts anderes als der Aufruf, Verarmung geduldig zu ertragen.
    Gegen Dumping hilft in der Marktwirtschaft die Verknappung des Angebots. Das gilt für jede Ware, also auch für die Ware Arbeitskraft.
    Wenn die Produzenten der Ware Arbeitskraft „Ausländer raus“ fordern, tun sie damit nichts anderes als beispielsweise vor ein paar Jahren die Produzenten von Solarzellen, die für ihren Scheißdreck vom Staat Schutzzölle gegen die chinesische Konkurrenz verlangten. Aber mit weit höherer Berechtigung als diese.
    Von „falschem Bewußtsein“ kann dabei nicht die Rede sein.
    Die Produzenten der Ware Arbeitskraft hätten vielmehr ein falsches, das heißt nicht mit ihrer ökonomischen Lage übereinstimmendes Bewusstsein, wenn sie Zuwanderer willkommen hießen und ihren „Wohlstand“ mit ihnen teilen würden.
    Natürlich sind es die Unternehmer, nicht die Zuwanderer, die Löhne senken und Arbeitsplätze abbauen. Aber die Verkäufer der Ware Arbeitskraft konkurrieren eben mit andern Verkäufern von Arbeitskraft, nicht mit Unternehmern.
    „Patriotismus“, „christliches Abendland“, „Überfremdung“ etc. sind nur oberflächliche Ideologisierungen, beliebige Verkleidungen des Konkurrenzinteresses. Deshalb gibt es daran nichts zu widerlegen.
    Die Ausländerfeinde singen nur das Lied, das ihnen die ganze
    kapitalistische Gesellschaft vorsingt. Ihr Pech ist eben, dass es in diesem Fall dem Unternehmer- und Staatsinteresse zuwiderläuft. Daher sind sie Faschos, Dumpfbacken, Kriminelle, (braunes) Gesocks, Gesindel, Mob oder Pöbel.
    2. Allgemeine Anmerkung

    „Konservative und Rechte klammern sich an die längst unhaltbar gewordene Fiktion von einem ‚rassisch reinen‘ Deutschland und fordern noch härtere Gesetze gegen Ausländer“ (Formulierung von Wal Buchenberg (2015)
    auf http://www.marx-forum.de zum selben Thema)

    Ich bin überzeugt, dass auch Neoprene und alle Stammgäste seines Blogs (ebenso wie das gesamte linke Milieu) diesen Satz unterschreiben, obwohl er ganz offenkundig schon seit dreißig Jahren nicht mehr stimmt.
    Als Relikte mag es diese klassischen Deutschnationalen noch geben; die wirklichen Konservativen und Rechten von heute sind eher für freie Konkurrenz, Chancengleichheit und den Sieg des Tüchtigen. Und keineswegs für ein rassisch reines Deutschland, sondern gegen den Egoismus und die Intoleranz der einheimischen Unterschicht.
    Deutschland ist heute Einwanderungsland. Nicht nur mathematisch, sondern auch politisch. (Dieser Linienwechsel fand unter der Regierung Kohl statt. cf. Thränhardt, Geschichte der BRD)
    Für ein Einwanderungsland ist der deutschnationale
    Patriotismus dysfunktional und sogar schädlich. Genau deshalb
    darf ihn die sogenannte Antifa auch (wie in einem absurden Theaterstück) immer wieder öffentlich besiegen.

  3. dazu
    30. Mai 2015, 08:32 | #3

    „Konkurrenzverhalten ist keine schlechte Angewohnheit des Individuums. Konkurrenz ist die Verkehrsform im Kapitalismus.“ (Gulliver)
    Zwar stimmt es, dass hierzulande jeder Arme dadurch, dass er keine anderen Mittel zur Verfügung hat, sich mit seiner Hände und seines Kopfes Arbeit selbst darum kümmern muss, für sein Leben sorgen zu müssen. (Das ist ja die Grundlage der Konkurrenz der Arbeiter untereinander: Mittellosigkeit und Armut.)
    Da der Einzelne dafür aber sich als Mittel für andere Zwecke (und zu deren Fortkommen!) zur Verfügung stellen muss, ist höchst ungewiss, ob sich der eigene Erfolg einstellt (oder ob er sich so in dem hohen Ausmaße einstellt, wie man sich das wünscht), denn die Konkurrenz der Arbeiter untereinander wird ja als Mittel von oben (Lohnformen; REFA- u.a. Schema; Hierarchie im Betrieb etc.) gegen die Arbeiter eingesetzt – und führt zu Arbeitshetze und Lohndrückerei.
    Konkurrenz ist also das Mittel des Kapitals!
    Und daher muss jedermann, der die Härten der Konkurrenz aushalten muss und das wegen seiner eigenen Interessen tut, feststellen, dass es gar nicht ’sein eigenes Mittel‘ ist, sondern dies nur äußerst bedingt. (Nämlich bedingt und nachrangig zu den Interessen des Kapitals!)
    Und der Einzelne muss die Diskrepanz zwischen den eigenen (Lebens-)Interessen und dem, was man dafür durch sein Ranklotzen erreicht hat, in mannigfaltiger Weise betrübt konstatieren. Und zumeist wird man darüber logischerweise ziemlich unzufrieden.
    Daraus scheint es drei Auswege zu geben:
    a) Ich klotze wie verrückt ran, mache Überstunden etcpp – bin dann ganz kaputt und fertig, und langfristig ist gar nicht sicher, ob nicht irgendein Jüngerer noch tougher ist und mich aussticht.
    (Das ist nämlich sogar die Regel, bewirb dich mal als 45jähriger in einer Software-Klitsche…)
    b) Ich nehme mich selbst als Hindernis, psychologisiere an mir herum, dass es an mir liege, mancher wird dann Burn-Out-krank und depressiv.
    c) Ich nehme die anderen Arbeiter als Hindernis. Dann mache ich z.B. Mobbing gegen meine Kollegen, oder bin dafür, dass Anforderungen erhöht werden, damit meine Kollegen das dann nicht mehr schaffen, oder schwärze deren Fehler beim Betriebsrat oder in der Personalstelle an.
    Oder ich bin gegen Fremdarbeiter oder Leute von Leihfirmen.
    Das sind nämlich auch gleichfalls „zusätzliche“ Arbeitskräfte.
    (Sonst gäbe es nämlich den Unwillen bei den Stammbelegschaften darüber nicht!)
    Und ob das nun Leute sind, bei denen du das abwegig findest, die „von Harsewinkel nach Tröglitz“ ziehen, oder ob die von Florenz oder Kiew oder von Lesotho nach Tröglitz oder Wolfsburg ziehen – das macht darin gar keinen Unterschied: „lauter Konkurrenten“, sagt Gulliver dazu.
    Oder man ist sowieso gegen Flüchtlinge und Asylbewerber,
    weil die hier fremd sind,
    und „unser“ Staat sich um „uns Eingeborene“ kümmern soll.
    (Wenn Variante c weltweit und überall eingerissen ist, dann geht es mir übrigens demnächst notwendigerweise ebenfalls so, dass ich als „Fremder“ behandelt werde, kaum dass ich mal in einer neuen Firma anfangen soll oder als Deutscher im Ausland etwas zu essen und trinken haben muss.)
    Dass man gemeinsam etwas gegen die Verhältnisse tun muss,
    ist der einzige Ausweg aus diesen drei Dilemmata.
    Nämlich, dass man „seinen Lohn zu verteidigen“ (Gulliver) habe, tut so, als sei das dein Privatverhältnis, wie ein Ritter im Mittelalter seine Burg verteidigt habe.
    Der Lohn ist von vornherein aber darauf berechnet, dass die andere Seite damit ihren Schnitt macht (und nur dann gibt es ihn). Wenn du also nur deinen Lohn verteidigen willst: bist du dann bedingungslos dafür, dass der Unternehmer gute Gewinne einfährt?
    (Damit hättest du dich selbst als „Variable“, gar als „Manövriermasse“ des Kapitals definiert – und vorab dein Ja und Amen zu Lohnsenkungen und Entlassungen – zumindestens – als denkbar vorgestellt: „wenn es der Firma wirklich mal schlecht geht…“)
    http://www.gegenstandpunkt.com/vlg/konkurr/konlohn.htm
    Und was das „Nationale Wir“ betrifft, das ist übrigens eine reichlich verlogene Sorte kapitalistischer Gemeinschaftlichkeit, die hierzulande und im Regelfall von oben als Staatsideologie ausgerufen wird (und leider von unten abgenickt wird)
    „Unsere Interessen“ werden dann am Hindukusch verteidigt – oder grad im Mittelmeer, indem dort Schleuserboote versenkt werden.
    (Dass sich der Arbeiter aus Wolfsburg das als seinen Interessenstandpunkt [‚als Konkurrent‘] ausgedacht hätte, behauptest du ja auch nicht…)
    http://www.gegenstandpunkt.com/vlg/kf/kf_1_2.htm

  4. Paquito
    30. Mai 2015, 10:43 | #4

    Zu dem Anwurf, dass „wir alle“ doch irgendwie gleichzeitig
    „Nutznießer und Schuldige“ gleichzeitig seien würden,
    gab es hier schon mal einen aufklärenden Beitrag
    von Peter Decker:
    http://Neoprene.blogsport.de/2013/11/21/peter-decker-zu-wir-und-lampedusa/
    Nicht in der Konkurrenz der Arbeiter untereinander liegt der Grund für das Flüchtlingselend im Mittelmeer
    „Die Ursache liegt in einer Weltordnung, die darauf ausgelegt ist, dass die erfolgreichen kapitalistischen Staaten Westeuropas und Nordamerikas den Nutzen aus der Welt ziehen und die Armutsresultate, die sie dabei überall produzieren, und das Elend, das dabei notwendig zustande kommt, bei sich nicht haben wollen.“ (Arian Schiffer-Nasserie)
    http://www.vice.com/de/read/massensterben-im-mittelmeer-sind-tote-fluechtlinge-unvermeidlich-fuer-unseren-wohlstand-242

  5. Alfonsito
    31. Mai 2015, 07:34 | #5

    „Es geht (…) um die Einwanderung und die Konkurrenz um Arbeitsplätze und Transferleistungen.“ (Gulliver)
    Und die freie Wahl des Ausbildungs- und Arbeitsplatzes (auch im Ausland) ist übrigens erst einmal genau so ein berechtigtes Interesse von hiesigen Arbeitern.
    Wieso sollte ein in Dresden geborener Bürger nur in Dresden seinen Job finden dürfen? Und nicht in Stuttgart oder Mailand oder bei VW in Sao Paulo?
    (Das mag zwar die Vorstellung ostdeutscher älterer männlicher Dumpfbacken und Honecker-Enkel in Dresden sein, dass aus ihrer ausländerfreien Zone sie auch nach 1989 nie und nimmer ausreisen oder auswandern wollen: Mehrheitsmeinung, dass man durch den Geburtsort für den Rest seines Lebens festgelegt sein müsste, ist das aber selbst in Dresden wohl doch eher nicht.)
    Ach so, der Dresdner Arbeiter soll in Sao Paulo arbeiten dürfen, aber der Arbeiter aus Sao Paulo nicht in Dresden…

  6. jana (ausnahmsweis)
    31. Mai 2015, 09:26 | #6

    alfonsito
    stell dir vor, die ddr hätt die brd „übernommen“ und ihr „regelwerk“ euch aufgenötigt (selbst, wenn einige/viele von euch das begrüßt hätten, mal angenommen)…du ahnst gar nicht, was „der gemeine ostbürger“ alles lernen mußte…
    trivialstes… „bring mal zewa mit morgen“…kaufste halt „zewa“, statt billigküchenrolle, weil die ja „zewa“ gesagt hat…legste am folgetag die differenz zwischen billigküchenrolle und „zewa“ drauf (blechst die), weil die doch ne billigküchenrolle meinten und nich zewa, auch wennse zewa sagten…
    du „zahlst“ anfangs ständig „drauf“, weilde die „verkehrsausdrücke“ nicht kennst, teils fast „ne neue sprache“ lernen (!!! MUßT!!!)… das machtma nich sofort wieder, weil ja hinzu noch lauter so nicht gekannte „sollte-ses“ kommen (was ma tun und lassen „darf“)… und nachm „nicht gleich sofort“ biste halt älter, eine ältere männliche bzw weibliche dumpfbacke…
    (edit: und bleibst im ostteil oder gehst zurück, fallse in den „westen“ gegangen warst, wode ständig zewa kaufst, weil die halt zewa zu aller küchenrolle sagen)

  7. Alfonsito
    31. Mai 2015, 09:45 | #7

    Schon recht, REWE ist nicht Aldi,
    „Der Konsum“ im Westen war nicht der Ost-„Konsum“;
    mag ja 1989 alles schwer zu kapieren gewesen sein.
    Ach von wegen, komplizierte Neue Welt; auch am Bestellvorgang
    beim Otto-Versand sind sie doch nicht gescheitert
    (spätestens nach der Nachhilfestunde beim ‚Neuen Forum‘
    oder gleich der [Olivetti-]Schulung des Ost-/West-Arbeitsamtes…).
    Dass man als Deutscher nun auch in Sao Paulo arbeiten darf,
    aber nie und nimmer einer aus Sao Paulo hier,
    das haben – manche! – Ex-DDRler mit ihrer völkischen deutschen D-Mark- und Helmut-Kohl-Begeisterung
    sich aber ganz und gar selbst ausgedacht.
    Und dass darin irgendwelche rationellen Überlegungen
    über die „Konkurrenz“ lägen,
    – das glaube ich Gulliver übrigens überhaupt gar nicht.

  8. jana (ausnahmsweis)
    31. Mai 2015, 09:58 | #8

    wir hatten „konsum“ und „kaufhalle“ unds gab „küchenrolle“…
    (ich war -spätestens ab meinem 13. lebensjahr- von „feinden“ umgeben und ab meinem 15./16. lebensjahr diktierte der feind den verkehr… 😉 … wieder weg, aber s wär nett, mal „wertungsfrei“ anforderungen und auswirkungen von „systemwechsel“ bzw eher übernahme einer vergesellschaftetseinsform -blöde worterfindung meinerseits- durch eine andere betrachtet zu erlesen)

  9. Alfonsito
    31. Mai 2015, 10:12 | #9

    „(ich war -spätestens ab meinem 13. lebensjahr- von „feinden“ umgeben und ab meinem 15./16. lebensjahr diktierte der feind den verkehr…“ (Jana)
    Erklärlich wird das nur, wenn man sich vorstellt, dass in Dresden vor der Wende die reine kuschelige Idylle voller Freunde war.
    Die war nun weg, und man war von Feinden umgeben.
    Übrigens: möglichst schnellen Anschluss gewollt und massenweise Kohl gewählt, damit die Feinde dann möglichst schnell in Dresden überall präsent sind, – das haben die Ostler sich – in geradezu überwältigendem Ausmaße! – selbst gewählt.

  10. jana (ausnahmsweis)
    31. Mai 2015, 10:17 | #10

    (brandenburg, berliner speckgürtel war nicht „sachsen“ ;
    „Übrigens: möglichst schnellen Anschluss gewollt und massenweise Kohl gewählt, damit die Feinde dann möglichst schnell in Dresden überall präsent sind, – das haben die Ostler sich selbst gewählt.“ … sollte bestätigt werden ala „ich weiß…“, da eben schon vor der wählerei „von feinden umgeben“…befrag dich mal nach deinen unterstellungen mir-ostdeutsch- gegenüber, daßde darauf kommst, mir obiges zu antworten… -jetzt wegbleib!- )
    (edit: unter pegida und co hatte ich genug geschrieben, daher nicht wiederholen muß…
    edit2 😉 : das ging gegen deine argumentation, dazu hatte sich das kritikable schon gut rausgepickt…nu aba…ciao
    edit3: s fehlt bei dazu noch die „option“,eher die gewalttätige forderung an hartz4-ler: schau zu,daßde nen egalwieentlohnten sozialversich.pflichtigen job rankriegst und hälst)

  11. Alfonsito
    31. Mai 2015, 10:42 | #11

    Mag ja sein, dass ich mich im Ton vergriffen habe.
    Getrennt davon täte mich interessieren,
    was du davon hälst, dass Ausländerfeindschaft
    angeblich ein „rationelles Konkurrenzinteresse“ sei,
    „um seinen Lohn zu verteidigen“ (Gulliver meint es wohl so.)
    Mag ja sein, dass das nicht eine rein ostdeutsche Idiotie ist
    (- gibts im Westen also auch; leider).
    Soll das dann eine ‚vernünftige Darstellung‘
    eines ‚Konkurrenzinteresses‘ sein?
    http://Neoprene.blogsport.de/2015/04/11/pro-und-contra-asylrecht-herrmann-lueer/#comment-116883

  12. Jacko
    31. Mai 2015, 12:08 | #12

    Der Sache nache setzt Gulliver übrigens nicht
    auf „die Konkurrenz“ (die ist nämlich so,
    nur als Vorteil für einen selber,
    gar nicht zu haben;
    und das weiß auch jeder).
    Sondern er setzt, wie alle Rechten,
    auf den Staat (und der soll sich als wahrer Schützer
    der Konkurrenzinteressen aller deutschen Arbeiter betätigen,
    wobei Gulliver weiß, dass {- angeblich erst „durch Kanzler Schröder“ -) der jetzige BRD-Staat das gar nicht so macht, sondern seinem weltweiten Kapital vorurteilsfrei alle internationalen Wege frei machen will…

  13. Paco
    2. Juni 2015, 05:31 | #13

    Dass bereits Gullivers Ausgangspunkt, bei der Asylfrage begrüße der bürgerliche Staat, dass er neues Ausbeutungsmaterial als Konkurrenz zur hiesigen Arbeitermannschaft bekommen könne, kontrafaktisch ist, zeigt dieser aktuelle Bericht über die europäische Flüchtlingspolitik:
    „Die BRD und Frankreich verlangen Änderungen in den EU-Plänen zum Umgang mit Flüchtlingen. Beide Länder seien zwar bereit, die Aufnahme von Migranten nach dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen Verteilungsschlüssel zu prüfen, erklärten die Innenminister Thomas de Maizière und Bernard Cazeneuve am Montag. Ihre Bereitschaft knüpften sie aber an die Forderung, die Überwachung der EU-Außengrenzen müsse verstärkt werden. Diesen Punkt berücksichtige der bisherige Vorschlag der Kommission nicht ausreichend. Die beiden Ressortchefs verlangten weiterhin, dass »Vorleistungen« der EU-Mitgliedsstaaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen stärker berücksichtigt werden. Auch von schnelleren Abschiebungen war die Rede. Solidarität entstehe nur, wenn die Mitgliedsstaaten am Rande der EU – mit Unterstützung aus dem Brüsseler Haushalt – alle erforderlichen rechtlichen und finanziellen Mittel ergriffen, um die Überwachung der Außengrenzen zu stärken, erklärten die Minister.
    Nötig sei auch, die Weiterwanderung von Flüchtlingen innerhalb der EU zu begrenzen. Zudem müsse das Verteilungsverfahren eine Ausnahme und zeitlich befristet bleiben. »Das Dublin-System muss in Kraft bleiben«, erklärten die Minister. Danach ist derjenige EU-Staat für einen Flüchtling zuständig, in den dieser zuerst eingereist ist.“
    http://www.jungewelt.de/2015/06-02/051.php

  14. Alfonsito
    2. Juni 2015, 20:59 | #14

    Details der von der EU geplanten Militäraktion
    zur Bekämpfung von Schleuserbooten und dazugehörigen Hafeneinrichtungen (vor allem in Libyen) veröffentlicht Knut Mellenthin in der morgigen jw unter dem Titel: „Einsatz aller Mittel“
    „Die für die Koordinierung der Operationsplanung zuständige Außenpolitikchefin der EU, Federica Mogherini, versprach vor wenigen Wochen, dass es während der militärischen Aktionen keine »boots on the ground«, also keinen Einsatz von Spezialeinheiten und Truppen an Land geben werde. In Wirklichkeit wird in den Planungsunterlagen, die von den EU-Regierungen offiziell immer noch geheim gehalten werden, obwohl sie schon längst im Internet allgemein zugänglich sind, eine solche Einschränkung nicht vorgenommen.
    Aus den bekannt gewordenen Dokumenten geht hervor, dass die Planer in der dritten Phase mit erheblichen Risiken für das eingesetzte EU-Personal rechnen. Sie erwähnen in diesem Zusammenhang die bei verschiedenen libyschen Kräften vorhandenen schweren Waffen, einschließlich der Artillerie zur Küstenverteidigung, der Luftabwehr und der Ausrüstung autonom agierender Milizen, von denen einige direkt an der Organisierung des Flüchtlingsschmuggels über das Meer beteiligt sind. Hinzu komme »die terroristische Präsenz in der Region«, womit vermutlich in erster Linie der »Islamische Staat« gemeint ist, der die Küstenstadt Sirte und deren Umgebung beherrscht. Manche der beabsichtigten Militäraktionen auf dem libyschen Festland könnten, so die Planer, »in einem feindlichen Umfeld« stattfinden. Sie halten es deshalb für erforderlich, eine »robuste Force Protection« bereitzustellen. Gemeint sind Militärkräfte, denen die Aufgabe zukäme, notfalls die an Land operierenden Einsatzgruppen abzuschirmen und zu unterstützen. Über Art und Umfang der »Force Protection« enthalten die bisher bekannt gewordenen Papiere keine konkreten Angaben.
    Einigkeit scheint in der EU zu bestehen, dass schon Teile der zweiten Phase ein Mandat des UN-Sicherheitsrat voraussetzen würden. Auf jeden Fall würde für die dritte Phase, nach übereinstimmenden Aussagen von EU-Politikern und Planern, entweder ein UN-Mandat oder eine libysche »Einladung« benötigt. Weder für das eine noch für das andere besteht bis jetzt eine realistische Chance. Die international anerkannte libysche Regierung hat sogar als Reaktion auf den EU-Beschluss vom 18. Mai ausdrücklich erklärt, dass sie ausländische Militäraktionen in ihren Hoheitswässern oder gar an der Küste Libyens ablehnt. Im UN-Sicherheitsrat weigert sich zumindest Russland, dem Westen nach den katastrophalen Erfahrungen der Militärintervention zur Zerstörung des libyschen Staates im Jahre 2011 erneut einen Freibrief für den »Einsatz aller Mittel« zu geben.
    Die Bundesregierung will im gegenwärtigen Stadium eine öffentliche Debatte um EUNAVFOR Med vermeiden. Obwohl die im Mai eingerichtete Militäroperation einen vollständigen Handlungsplan darstellt, will Berlin den Bundestag erst vor Beginn der zweiten Phase über das Thema debattieren lassen.“
    http://www.jungewelt.de/2015/06-03/019.php

  15. Grete
    3. Juni 2015, 20:46 | #15

    Das von Gulliver angesprochene Thema der „Einwanderung“, die „illegal“ sei, und womit „die Konkurrenz“ für hiesige Arbeiter sich verschlechtere, wird anscheinend grad von diversen (rechten? / linken?) Populisten auf den Kommentarseiten bürgerlicher Zeitungen (ZEIT / FAZ) heftig diskutiert. (Das Ausmaß der dort versprühten giftigen Hetze hat mich überrascht.)
    Drum verlinke ich noch mal dazu’s Ausführungen zum Thema
    http://Neoprene.blogsport.de/2015/04/11/pro-und-contra-asylrecht-herrmann-lueer/#comment-116883

  16. Jacko
    5. Juni 2015, 14:30 | #16

    Hat jemand weitere Hinweise auf diese EU-Pläne gefunden?
    Im Artikel http://www.jungewelt.de/2015/06-03/019.php wird behauptet, dass diese Pläne im Internet zirkulieren würden.
    Wo?

  17. Honni
    5. Juni 2015, 15:36 | #17

    Im „Freitag“ gab es diese Anmerkungen
    allerdings ist dort auch die einzige Quelle der o.g. jw-Bericht
    https://www.freitag.de/autoren/sutrebe/eunavfor-med-ist-heute
    Wiki kennt es nur auf spanisch
    http://es.wikipedia.org/wiki/EUNAVFOR_MED
    Kennt jemand weitere Quellen?

  18. Alfonsito
  19. 6. Juni 2015, 13:36 | #19

    Zu Alfonsito vom 31. Mai:

    „Und die freie Wahl des Ausbildungs- und Arbeitsplatzes (auch im Ausland) ist übrigens erst einmal
    genau so ein berechtigtes Interesse von hiesigen Arbeitern.“

    Der Lohnabhängige hat dahin zu gehen, wo das Kapital ist.
    Und er „wählt“ den Beruf, in welchem er einen Ausbeuter findet.
    Er ist in dieser Sache nicht Handelnder, sondern Objekt fremden
    Handelns.
    Es steht aber jeder demokratischen Kartoffel frei, sich zu
    denken, sie habe ihren Arbeits– und Ausbildungsplatz
    „frei gewählt“, ja, sie habe sogar „ein Recht darauf“ (auf diese freie Wahl).
    Zu Jacko vom 31. Mai:
    1.

    „Er setzt, wie alle Rechten, auf den Staat …“

    Ich habe noch nie Linke gesehen, die nicht auf
    den Staat gesetzt hätten.
    2.
    Von Schröder war nicht die Rede, sondern von der Regierung
    Kohl
    .
    In der Regierungszeit Kohls fand der „Paradigmenwechsel“ vom
    Nationalstaat zum Einwanderungsland statt.
    Zu Beginn der Regierung Kohl hießen die Migranten noch Gastarbeiter.
    Wer damals (außerhalb von Fachzeitschriften) den Begriff Migrant verwendete, outete sich damit automatisch als Linker.
    Jeder Politiker schwor, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei. Helmut Kohl sagte, dass es „zu viele türkische Mitbürger“ in Deutschland gäbe.
    Am Ende der Regierung Kohl hießen die Gastarbeiter Migranten und Deutschland war offiziell Einwanderungsland.
    Was ist also die Ursache für diese Linienänderung?
    (Das ist jetzt keine rhetorische Frage; das interessiert mich wirklich.)
    Es wird wohl nicht an der Macht der Linken liegen.
    Auch nicht daran, dass plötzlich der Herrgott Hirn herabgeschmissen hat.
    Politik wird nicht von der Einsicht der Politiker bestimmt, sondern von den Interessen, welche diese Politiker vertreten.
    Welche Umstände haben also die herrschende Klasse dazu gebracht, den rassistischen Nationalstaaat aufzugeben, um den sie in den letzten 150 Jahren immerhin drei Kriege geführt hat?
    Zu dazu v. 30. Mai:
    Der Lohnarbeiter produziert seine Arbeitskraft als Ware.
    Er konkurriert dabei mit anderen Produzenten von Arbeitskraft.
    Die Zuwanderer vermehren das Angebot auf dem Arbeitsmarkt. Schon dadurch senken sie den Preis der Arbeitskraft. (Von allem
    andern sehe ich hier ab.)
    Das ist der Unterschied zwischen Zuwanderern und Leuten, die
    von Harsewinkel nach Tröglitz (Beispiel des Lueer) ziehen.
    Ich nehme nur ernst, was in jeder Kapitalschulung über die Ware
    Arbeitskraft wiedergekäut wird.
    Natürlich ist Zuwanderungsstopp allein keine
    erfolgversprechende Strategie. Aber das ist eine andere Frage.
    Etwas anderes als ihren Lohn hat die Arbeiterklasse nicht
    zu verteidigen. Je läppischer der Lohn ist, desto härter.
    Zum Schutz ihres Lohns kann die Arbeiterklasse ihre Konkurrenz
    zeitweilig aufheben durch Bildung eines Kartells, einen gewaltsamen Eingriff ins Wirtschaftsleben. (Solchen Bestrebungen verdanken die Gewerkschaften ursprünglich ihre Existenz.)

    „Dass man gemeinsam etwas gegen die Verhältnisse tun muss, ist der einzige Ausweg aus (der Konkurrenz).“

    Da die Arbeiterklasse ihren Lohn nicht verteidigen darf, ist dieser Satz bei dazu nur ein frommer Wunsch: Der fromme Wunsch, dass sich soziale Konflikte ohne Pogrome, Krieg und Gemetzel lösen lassen.
    Wenn ich auf meinem Interessenstandpunkt als Verkäufer der Ware
    Arbeitskraft bestehe, folgt daraus keineswegs, dass ich den des
    Unternehmers einnehme. Auch wenn der reine Lohnkampf „das Lohnsystem nicht abschafft“. (Dass die „Abschaffung des Lohnsystems“ ein leeres Gedankenspiel ist, habe ich schon in meinem ersten Post gesagt.) Deine Argumentation ist völlig an den Haaren herbeigezogen.
    Noch weniger folgt daraus, dass ich mir das Staatsinteresse der
    Bundesrepublik Deutschland zu eigen mache. (Das ist noch weiter
    an den Haaren herbeigezogen.)

  20. 6. Juni 2015, 18:37 | #20

    Die Konkurrenz der Arbeiter untereinander ist *immer* etwas, was Arbeitgeber dazu ausnützen, den gezahlten Lohn zu drücken. Aber ob das die Arbeiter mit sich machen lassen, genauer lassen müssen, das steht damit noch lange nicht fest. Selbst in gesellschaftlichen Verhältnissen, wo nur ein kleinerer Teil der gesamten Arbeiter, zumeist in größeren Betrieben und wichtigen Branchen, gewerkschaftlich organisiert ist, strahlen deren Kämpfe auf die ganze Klasse aus.
    Deshalb ist die krude Logik, je mehr Arbeiter auf einem Arbeitsmarkt, umso niedriger der Preis der Arbeitskraft, schon vom Start weg falsch. Denn wie immer sonst auch, braucht es bei Zuwanderern genau die gleichen Organiierungskampagnen für Gewerkschaftsmitgliedschaft und Unterstützung wie ohne Zuwanderung.
    Und umgekehrt gibt es reihenweise rechte Gewerkschafter, die problemlos rassistische Parolen wie „Das Boot ist voll“ teilen und ungerührt dem tariffreien Outsourcen weiter Bereiche der Wirtschaft zuschauen.
    Die Arbeiter verteidigen ihren Lohn übrigens durchweg immer nur dadurch, daß sie, sie selber, dafür gegen die Arbeitgeber kämpfen.
    „Dass man gemeinsam etwas gegen die Verhältnisse tun muss, ist der einzige Ausweg aus (der Konkurrenz).“
    hießt deshalb auch nur, daß solche immanenten Kämpfe, die es ja solange gibt, wie es Arbeiter gibt, mal mehr, mal weniger, an der grundlegenden Situation der Arbeiter nichts ändern. Erst wenn die Menschen wirklich „etwas gegen die Verhältnisse tun“, gibt es eine Perspektive auf eine grundlegende Lösung des Arbeiterdilemmas. Und solch eine Perspektive ist alles andere al ein „leeres Gedankenspiel“, sondern ergibt sich aus den offensichtliche sachlogischen Grenzen auch militanter konkurrenzimmanenter Gewerschafterei.

  21. Karl
    6. Juni 2015, 18:59 | #21

    „Der Lohnarbeiter produziert seine Arbeitskraft als Ware.
    Er konkurriert dabei mit anderen Produzenten von Arbeitskraft.
    Die Zuwanderer vermehren das Angebot auf dem Arbeitsmarkt. Schon dadurch senken sie den Preis der Arbeitskraft.“
    @G
    Da hattest du aber eine miserable Kapitalschulung, wenn du gelernt hast, dass in- oder ausländische Lohnarbeiter Preise bestimmen könnten. Es sind doch nicht die Eingeborenen oder Zugewanderten, die über die Geschäfte mit sich bestimmen würden. Sondern es sind Kapitalisten, die aus Arbeitskräften ihren Gewinn erwirtschaften. Und wenn die das national geschaffene Angebot an ausländischen Arbeitskräften massenhaft nutzen und damit das nationale Lohnniveau drücken, nützt das dem nationalen Geschäft insgesamt doch – von dem ja auch die (von dir national sortierten) Lohnarbeiter abhängig bleiben müssen, oder nicht?

  22. Blut_kartoffel
    7. Juni 2015, 09:45 | #22

    „Wer zu uns gehört“, das ist einerseits staatlich festgelegt mit dem juristischen Begriff des Staatsbürgers. Der schreibt sich in Deutschland, anders als z.B. in den USA, über das Prinzip der Vererbung der Staatsbürgerschaft („Blutsprinzip“) juristisch her, das ist ein historisches Erbe, das vermutlich nicht von den Nazis herkommt, aber bei denen in ihrem Rassenwahn voll ausgestaltet worden ist. Diresem Blutsprinzip zufolge gab es in der ersten Phase der Einwanderung sogenannte „Russlanddeutsche“, die mit westeuropäischen Verhältnissen gar keine Verbindung hatten, aber hierzulande als „Deutsche“ so begrüßt wurden wie die Zonis, die ja auch unsere „Brüder und Schwestern“ waren. Dieses Prinzip der strikten Bindung der Staatsbürgerschaft an das faschistisch einzig gültige „Blutsprinzip“ ist gelockert und erweitert worden in den Zeiten der Regierung Kohl.
    Warum, wann, wie? Weiß ich nicht.
    Kann man aber vermutlich herausfinden.

  23. Kartoffel_zwei
    7. Juni 2015, 09:57 | #23

    Nachtrag.
    Die Sache mit dem Blutsprinzip war ein Revanchismus-Titel gegenüber der DDR: Heim ins Reich sollten die Drübigen, denn „sie waren ja Deutsche“. Von Prinzip aus. Von Natur aus. Vom deutschen Blut aus.
    Als sich später Ukraine-Deutsche und Russland-Deutsche auch auf diesen Titel beriefen, war das, nach dem Ende des Ostblocks. kein Einspruchtitel mehr gegen das dortige System, denn die dort waren ja sowieso eher westlich gesinnt (Jelzin zumindestens und die sonstigen frühen ‚Reformer‘ bei den Balten und in der Ukraine).
    Also war es Zeit, das „Blutsprinzip“ zu erweitern.

  24. Kartoffel_drei
    7. Juni 2015, 10:10 | #24

    „Welche Umstände haben also die herrschende Klasse dazu gebracht, den rassistischen Nationalstaaat aufzugeben, um den sie in den letzten 150 Jahren immerhin drei Kriege geführt hat?“
    Den Nationalstaat haben sie nicht aufgegeben.
    Sondern europäisch erweitert und ergänzt
    (aus der ‚Wirtschaftsgemeinschaft‘ ist die ‚EU‘ geworden).
    Das völkische Blutprinzip haben sie also modernisiert, weil das der ehemalige Rechtstitel gegen die DDR war; und die riesige Mehrheit der Zonis wollte ja ratzfatz angeschlossen werden, was Kohls Interesse war. Insofern war das völkische Blutsprinzip nun überflüssig.

  25. Kartoffel_vier
    7. Juni 2015, 10:45 | #25

    Die Variante, sie hätten das ‚Blutprinzip‘ aufgegeben, um z.B. Österreich zu demonstrieren, es sei nicht der nächste Staat, der über solche windigen Vergangenheits- und Bluts-Titel auch demnächst ‚Heim ins Reich‘ geholt werde (wiewohl das vielleicht sogar der Wunsch mancher sektiererischer deutschsprachiger Norditaliener gewesen sein mag…), das hat sich deswegen erübrigt, weil, anders als zur DDR, zu Österreich ein imperialistisches Benutzungsverhältnis bestand, und kein Mensch hierzulande in den Neunzigern das Programm verfolgte, Teile von Österreich oder der Schweiz eingemeinden zu wollen.
    Daher war es nach dem DDR-Anschluss Zeit, das faschistische „Blutsprinzip“ der deutschen Staatsbürgerschaft zu modernisieren. (Mehr als eine ‚behutsame Modernisierung‘ war mit der CSU nicht hinzukriegen.)
    Schluss des Exkurses – von meiner Seite aus.

  26. TomGard
    7. Juni 2015, 13:23 | #26

    „Der Lohnarbeiter produziert seine Arbeitskraft als Ware.“
    Falsch. Der Lohnarbeiter reproduziert sich selbst innerhalb des Kapitalverhältnisses, in Gestalt der bezahlten Arbeitszeit, die variables Kapital in der Verfügung des Kapitalisten ist. Die „Ware Arbeitskraft“ kann weder der einzelne Arbeiter noch die Arbeiterklasse „produzieren“, weil die Arbeiter über die Eigenschaften, die ihre Arbeitskraft zur Ware machen, nämlich dem Kapitalisten Produkt unbezahlter Arbeitszeit einzubringen, nicht gebieten.
    Das Kriterium der Aneignung unbezahlter Arbeitskraft erhellt, nur angewandte Arbeitskraft ist Ware, nicht-angewandte Arbeitskraft ist keine Ware.
    Der Erscheinung, daß auf einem Arbeitsmarkt Ware angeboten und gekauft wird, liegt folglich zugrunde, daß
    a) Zu den Anwendungskriterien und also der Warennatur von Arbeitskraft deren Mobilität zählt. Der Arbeitsmarkt ist Ort einer Kapitalzirkulation.
    b) Das Kapital unter jeweils bestimmten historischen Bedingungen eine „Reservearmee“ von Arbeitskräften zu produzieren und über seine Konjunkturen hinweg zu erhalten hat, um das Kapitalverhältnis nicht als Ganzes zu gefährden.
    c) Die historische Unterwerfung aller Lebensverhältnisse auf einem Territorium unter das Kapitalverhältnis hat wg. a + b „innere Schranken“. Zöge das Kapital die nicht kapitalisierten Revenuequellen einer Arbeiterklasse restlos an sich, griffe es einen Teil seiner eigenen Grundlage an, nämlich Privateigentum und Konkurrenz, und kehrte zurück zu vollgültiger Sklaverei. Daher schließt das Kapitalverhältnis auf einem Territorium nicht kapitalisierte Eigentums- und Arbeitsverhältnisse ein: Familienarbeit, bäuerliches und urbanes Handwerk, Zirkulationstätigkeiten, die keine Kapitalisierung lohnen.
    (Ein Sonderpunkt ist an dieser Stelle der Unterhalt nicht mehr arbeitsfähiger Arbeitskräfte, den ich außen vor lasse)
    Folglich verfügen Arbeiter über genau zwei Strategien, Schranken der Verwandlung von lebendiger Arbeitskraft in Ware mitzubestimmen, und daher indirekt die Verwandlung von Arbeitskraft in Ware.
    a) Assoziation und bedingte Aufhebung der Konkurrenz mit dem Ziel, den Preis der Arbeitskraft über ihre Reproduktionskost zu heben, um
    b) Nicht kapitalisierte Revenuequellen zu verteidigen.
    In der Abwehr und Bekämpfung dieser Strategien waren Manufaktur- und industrielle Kapitale und mehr oder minder vorbürgerliche Herrschaften im 18. und 19. Jhd. derart erfolgreich, daß sie Arbeitskraft fast nach Belieben an sich zogen, abstießen und im Zuge der Konzentrationsprozesse und Expropriation der Expropriateure verhungerte, bzw. in die Kolonien abstieß.
    Daraufhin schritten die mehr oder minder revolutionär formierten Nationalstaaten zur Verstaatlichung von Lohnanteilen nach dem Vorbild der „Verstiftlichung“ von Lohnanteilen, zu der herrschaftswichtige Industriekapitale (der aufkommende „militärisch-industrielle Komplex“) geschritten waren, um für sich eine genügende Masse Arbeitskraft, „national workforce“, zu erhalten.
    Diese Lohnanteile hatten unter anderem die Gestalt von Schulen, Lehrern, Arbeiterwohnheimen und -wohnungen, Krankenstationen mit dazu gehörigem Personal, und selbst Theaterbühnen und Kunstwerkstätten …
    Spätestens an dieser Stelle sollte auffallen, daß der Hauptbestandteil der „Ware Arbeitskraft“ dem Kapital unmittelbar angehört, nämlich in Gestalt von „Arbeitsplätzen“, in denen ein bestimmter Stand der Ausbeutung, also des Verhältnisses von bezahlter und unbezahlter angewandter Arbeitskraft bereits technisch vergegenständlicht ist.
    Je mehr Monumente des entschiedenen Klassenkampfes in Gestalt wohlausgestatteter Arbeitsplätze es gibt, desto mehr geht der ökonomische Klassenkampf in dem Entscheid auf, ob diese Arbeitsplätze beleibt werden, oder unbeleibt bleiben.
    Verstaatlichung wesentlicher Lohnanteile und technische Vergegenständlichung des Ausbeutungsgrades sind die Hauptmomente eines Überganges, den die Nationalstaaten den Klassen mit mehr oder minder Erfolg militärisch aufgezwungen haben, nämlich den unausweichlichen Klassenkrieg in Form einer politischen Konkurrenz um die Staatswesen abzuwickeln, deren eigentümlicher Zweck nicht allein der Erhalt, auch ein gemessen an den Schäden und Friktionen des Kapitalverhältnisses optimierter Ausbeutungsertrag auf territorialer Ebene ist.
    So, hier mach ich mal Schluß und überlaß euch die Folgerungen für die Debatte.

  27. TomGard
    7. Juni 2015, 17:35 | #27

    Korrektur:
    Im ersten Satz muß es natürlich heißen:
    „in Gestalt des Produktes bezahlter Arbeitszeit“.
    Um dämlichen Witzeleien zuvor zu kommen

  28. Jacko
    7. Juni 2015, 18:38 | #28

    Ich weiß nicht, ob ich verstehe, was Gulliver meint.
    In der ‚ZEIT‘ fand ich diesen Hinweis:
    „Deutschland sei kein Einwanderungsland, hieß es 1983 in der Koalitionsvereinbarung von Union und FDP. Darauf fuße nun die Anti-Islam-Bewegung, sagen Migrationsforscher.“
    http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-01/pegida-demonstration-migrationsrat-berlin-koeln
    (Es ist dies also eine der typischen Verschwörungstheorien
    von ‚Pegida‘, die, von ihren Idiotenparolen ausgehend,
    nicht verstehen können, wieso hierzulande Ausländer
    überhaupt irgendwelche ‚Rechte‘ haben.)
    Daraus zu fabrizieren, es müsse nach 1983 irgend ein Faktum oder irgendeine finstere Verschwörung gegeben haben, um dies dann zu verändern, um Ausländern finstererweise Rechte zuzugestehen, das geht völlig fehl.
    Also, für die Dresdner Ossis, eine Geschichts-Lektion:
    Es war dies 1983 schlicht ein reaktionäres Koalitionsprogramm, um der damals noch stärkeren NPD (und ähnlichen Gurkentruppen) rechts das Wasser abzugraben. Gleichzeitig war es eine Profilierung gegen „links“, gegen die SPD, der die CDU gerne das Attribut der vaterlandslosen Gesellen anklebte.
    Obendrein waren die GRÜNEN 1983 erstmalig als bunte Truppe ins Parlament eingezogen – auch dagegen waren diese reaktionären Regierungsparolen gerichtet!
    (Die erste Kohl-Regierung verstand sich also propagandistisch
    als „Wende“-Regierung, die sich auch ideologisch
    von der Vorgängerregierung Helmut Schmidts absetzen wollte.
    Ausländer-Hetze schien also das probate Gegenmittel,
    um sich von den ‚vaterlandslosen‘ Sozen ideologisch abzusetzen
    – ansonsten wurde nämlich das Schmidt’sche Programm,
    ‚Wir müssen den Gürtel enger schnallen‘
    ja schlichtweg fortgesetzt! -)
    http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/83/83_2/sozial.htm
    Zur Regierungserklärung 1983 schrieb damals die MSZ:
    „Wenn die Staatsgewalt die Menschheit nach In- und Ausländern sortiert; und wenn der Staat andererseits wieder dafür sorgt, daß die türkische und die bundesdeutsche Rasse kräftig durcheinandergemischt werden, dann fordert das Menschenrecht eben zweierlei. Erstens soll der deutsche Mensch wissen, daß „deutsch“ seine Natur ist, auf seinen Unterschied zu den Untertanen anderer Herren also größten Wert legen, sich wer weiß was darauf einbilden – kurzum: den Inhaber eines fremden Passes, wo auch immer man sich an ihm stört, als naturmäßigen Verbrecher betrachten. Zweitens hat der Nationalmensch seine nationalmenschennatürliche Verachtung der fremden Nationalrasse soweit zu zügeln, wie der Regierung am Import von Exemplaren noch gelegen ist: Die Verachtung soll gefälligst die Form der Toleranz annehmen, die Kohl mit dreister Heuchelei seinen Bürgern ans Herz legt: Natürlich sind „die Ausländer“, nämlich „ihr Zusammenleben mit den Deutschen“, „ein Problem“ – dem soll man „aber“ mit Toleranz begegnen. Drittens ist Kohls Empfehlung vor jedem ideologischen Mißverständnis sicher, weil die Regierung entdeckt, die (kriminelle) Menschennatur eines Ausländers, der hier nicht mehr gebraucht wird, ließe sich doch wohl unter der Obhut seiner einheimischen Diktatoren am besten verwirklichen, und bevorzugt Asylbewerber und Kritiker der „Toleranz“ ihrer Heimatstaaten überantwortet.“
    http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/83/83_3/erklaer.htm
    Auch die Sozialpolitik war 1983 längst dementsprechend
    (und auch da hat die frühere wie spätere SPD sich gar nicht von den Positionen der CDU unterschieden,
    Hartz IV und ähnliches, das war eigentlich gar nix Neues!)
    http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/83/83_3/sozger.htm
    1987 war Kohl bereits „Pannenkanzler“ aus Sicht des ‚Spiegel‘, womit aber unterschlagen wird, dass die Kohl-Regierungen die Integration Europas als Weg zu deutschem Machtzuwachs extrem vorangetrieben haben. Das schreibt sich auch der heutige Kohl selber noch als Vorzug gut, dass er die Integration Deutschlands in Europa sehr forciert habe.
    Das Weitere haben dann 1 bis 2 Jahre später die Zonis mit ihrer leidenschaftlich heißen DM- und Kohl-Sehnsucht bewerkstelligt.
    Zur Debatte über die Staatsbürgerschaft
    (nachdem die Parole: „Wir sind ein Volk“
    ja ihre zynischen Dienste für den Anschluss der DDR getan hatte…)
    http://www.welt.de/print-welt/article567977/Auch-die-alte-Regierung-litt-unter-dem-Streit-um-die-Staatsbuergerschaft.html
    http://www.zeit.de/1996/27/buerger.txt.19960628.xml/komplettansicht
    (Auch gegen Linke wurde gerne gehetzt. Auch da wäre es abwegig, nach einer wirklich drohenden ‚linken Gefahr‘ zu suchen.
    Diese Parolen dienten der Massage des eigenen Wählervolks.
    Heute dient als solche z.B. das Gespenst der ‚Kriminalitätszunahme‘.)
    Und neben ängstlichen alten Omas glauben ‚Pegida‘-Anhänger natürlich auch an solche bizarren Parolen…
    Die Überschrift aus dem o.g. ZEIT-Artikel
    „Migrationsrat hält Pegida für Spätfolge früherer CDU-Politik“
    müsste also eher lauten:
    „… Pegida für Spätfolge früherer CDU-Wahlkampfsprüche“ und der CSU-Hetze für deutsche Werte und deutsches Leitbild.
    (Schon 1993 waren die Ausländer-Pogrome in Rostock-Lichtenhagen
    direkte Folge der Sprüche von SPDCDUFDP, wie damals mal
    ‚Der Stern‘ minutiös mit Wahlkampfsprüchen der Regierenden illustriert hat. Blöd und nationalistisch genug, um sie sich zu eigen zu machen, waren die Rostocker allerdings schon selbst.)

  29. Hyde
    7. Juni 2015, 22:38 | #29

    Dass ‚Pegida‘ mit Arbeiterinteressen sowieso nichts am Hute habe, behauptete die ‚Pegida‘-Kandidatin für die Dresdner Oberbürgermeister-Wahl,
    „… Frau Festerling (ist) die Erste, die bei Pegida unmissverständlich sagt, wofür sie eintritt. So ist auf einem Handzettel zu lesen: „Klar zur Wende: Wir schaffen ein freundliches Klima für Investoren in Dresden!“ Die rot-rot-grüne Stadtregierung bremse viel versprechende Investitionen aus.“
    http://www.nachdenkseiten.de/?p=26330
    ———
    Zur heutigen Wahl dort:
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wahl-in-dresden-cdu-verliert-11-prozent-fuer-pegida-frau-a-1037608.html

  30. Alfonsito
    8. Juni 2015, 05:54 | #30

    Erst mal Dank an TG auch für die historischen Erläuterungen.
    Auch dafür, dass er erläutert hat, was ein ‚Arbeitsplatz‘ ist.
    Über zwei Aspekte seines Textes denke ich aber noch nach,
    beides Aspekte, die TG mittels der Figur eines Vergleiches
    (meiner vorläufigen Vermutung zufolge…) nicht zureichend zu bestimmen versucht:
    1.) Die „inneren Schranken“, wie TG das nennt,
    was er über einen Vergleich mit der Sklaverei zu bestimmen versucht.
    Gemeint sind hier ja auch Bestandteile des deutschen Sozialwesens.
    Zwecks Aufrechterhaltung der Verkehrsformen von „Privateigentum und Konkurrenz“ (TG) ist es gar nicht unüblich, dass der Staat laufend in sie eingreift, was man z.B. daran sieht, wie geräuschlos er mit den angesparten Mitteln der Sozialkassen hoheitliche Folgen des DDR-Anschlusses geregelt hat, damit z.B. die dortigen Rentner auch Rente kriegen. Anschließend wurden dann alle Renten gekürzt, und Rentner auf die Welt der Börse verwiesen.
    Bei Marx gibt es mal den Unterschied zwischen formeller und reeller Subsumtion. Das Kapital macht alles, was es in den Kreislauf der Verwertung einschließt, zu Momenten desselben. Das ist aber trotzdem ein Argument, das sich von der Verwertung herschreibt. Es soll nicht dargestellt werden, nun müsste „alles“ unbedingt und totaliär kapitalistisch verwertbar werden, es ist also keine Philosophentheorie, sondern die Erklärung der kapitalstischen „Optimierung“ des Verhältnisses von Lohnarbeit und abstraktem Reichtum. (Und ansonsten, was die angebliche Beibehaltung überkommener Lebensverhältnisse betrifft, gibts darüber in KI ja auch berühmte Kapitel.)
    „c) Die historische Unterwerfung aller Lebensverhältnisse auf einem Territorium unter das Kapitalverhältnis hat wg. a + b „innere Schranken“. Zöge das Kapital die nicht kapitalisierten Revenuequellen einer Arbeiterklasse restlos an sich, griffe es einen Teil seiner eigenen Grundlage an, nämlich Privateigentum und Konkurrenz, und kehrte zurück zu vollgültiger Sklaverei. Daher schließt das Kapitalverhältnis auf einem Territorium nicht kapitalisierte Eigentums- und Arbeitsverhältnisse ein: Familienarbeit, bäuerliches und urbanes Handwerk, Zirkulationstätigkeiten, die keine Kapitalisierung lohnen.
    (Ein Sonderpunkt ist an dieser Stelle der Unterhalt nicht mehr arbeitsfähiger Arbeitskräfte, den ich außen vor lasse)“ (TG)
    2.) Störe ich mich noch an dem Vergleich mit dem „militärischen Zwang“,
    der „den“ (?) Klassen aufgezwungen worden sei. Der systematische Grund wird hier erklärt durch Änderungen in der Zuammensetzung des Kapitals (hier: Kapitalbestandteil: angewandte Arbeitskraft); (ich würde eher daran denken, dass die Gewerkschaftsbewegung sich über den Weg der Stärkung der politischen Vertretung, der SPD, zur Stärkung des Staates hat fortentwickeln wollen); sondern bei TG wird über seine angeblich kapitalistisch in der inneren Zusammensetzung der Kapitalbestandteile bzw. deren Veränderung begründeten Entstehungsbedingungen räsonniert:
    „Verstaatlichung wesentlicher Lohnanteile und technische Vergegenständlichung des Ausbeutungsgrades sind die Hauptmomente eines Überganges, den die Nationalstaaten den Klassen mit mehr oder minder Erfolg militärisch aufgezwungen haben, nämlich den unausweichlichen Klassenkrieg in Form einer politischen Konkurrenz um die Staatswesen abzuwickeln, deren eigentümlicher Zweck nicht allein der Erhalt, auch ein gemessen an den Schäden und Friktionen des Kapitalverhältnisses optimierter Ausbeutungsertrag auf territorialer Ebene ist.“ (TG)

  31. jana (ausnahmsweis)
    8. Juni 2015, 08:15 | #31

    @ alfonsito
    1. „die zonis und kohl“… nichtzonis und kohl (???gabs die auch???)
    2. eine befreundete asylanwältin, die per burnout kaltgestellt meinte (ohne erläuterung allerdings), die rechtssprechung und meinungsmache ging weit früher, anfang 70-er den aufs jetzt führenden gang, verschärfungen usw…ka, glaub, sie datierte 72/73, weiß aber nicht mehr genau…die erläuterungen fielen in der diskussion aus, weil ich nur sagen konnt: eure ausländerpolitik beginnt für mich 89, spürbar am eigenen leib … die zonine als ausländerin, spätestens seit zonine autonome zonine wurd…
    3. passender für „die zonis“ als der fragenkatalog der mg/msz/gsp an die ostdeutschen wäre solcherlei gewesen (wenn auch ebenso unwirksam) :
    2015-05-31 @ 22:54:08
    http://www.gegenstandpunkt.com/gs/2007/4/gs20074c08h1.html
    Zeitgeist im deutschen Herbst 2007
    „Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken, d.h. die Klasse, welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht.“ (K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 46) So ist es, und den Beweis dafür haben Marx und andere früher ein ums andere Mal an den herrschenden Gedanken geführt. Derartige Mühen sind in der Epoche, in der Demokratie herrscht, entbehrlich. In dieser Form von Herrschaft herrscht, wie ihr Name sagt, ja das Volk, also sind auch die Gedanken des Volks die in ihr herrschende geistige Macht. Freilich kommt das nicht von ganz allein. Sich über die Welt, in die es einen verschlagen hat, nur aus dem Blickwinkel heraus den Kopf zu zerbrechen, der den Herrschern dieser Welt eigen ist, ist weder einfach noch selbstverständlich. Daher gibt es eigens zu dem Zweck, damit dem Volk dies leicht von der Hand gehe und es ihm darüber zur lebenslangen Gewohnheit werde, in der Demokratie ein eigenes Institut. Eine demokratische Öffentlichkeit überprüft die Herrschaft, die im Namen des Volkes regiert, ob die auch wirklich ihren eigenen Maßstäben gerecht wird, sich an das Recht hält, das sie sich setzt, und den Erfolg herbeiregiert, mit dem sie dem Allgemeinwohl dient. Und sie unterweist das Volk in der Kunst, die Belange der Regierenden, die ja stellvertretend für es unterwegs sind, als die ureigenen zu betrachten, und das tut sie so perfekt, dass die Gleichung vorwärts wie rückwärts funktioniert und ideologisch zwischen Herrschern und Beherrschten kein Bierdeckel mehr passt.
    *
    Den zur entsprechenden Betreuung der modernen Zivil- und Informationsgesellschaft werkelnden Professionals der schreibenden Zunft kann es dabei egal sein, dass sich das völkische Kollektiv, an dessen politischer Meinungsbildung sie sich zu schaffen machen, aus Klassen zusammensetzt. Von Belang für sie sind bloß die Folgen, die aus diesem Umstand für ihren Bildungsauftrag erwachsen, und da sind ihnen schon manche Gattungsunterschiede bekannt, die sich zwischen Volksgenossen einfinden, die im privaten Leben Bürger einer Klassengesellschaft sind. Die Belange, Sorgen und Nöte der proletarischen Masse sind schon anderer Art als die der besser gestellten bourgeoisen Minderheit, wollen daher auch in einer speziellen Art aufgegriffen und bedient werden: ‚Boulevardzeitungen‘ und ‚Massenblätter‘ heißen so, weil sie sich um die Pflege des politischen Bewusstseins machen, das dem gemeinen Volk ziemt. Das fasst sich in dieser großen Abteilung von Citoyens in dem denkbar schlichten, dafür bombenfest verankerten Grundsatz zusammen: ‚Die da oben‘ machen ja ohnehin, was sie wollen, ‚wir da unten‘ haben die Scheiße auszubaden. Solches kommt der Wahrheit zwar sehr nahe, kleidet aber nur eine Beschwerde über die mangelnde Gerechtigkeit ein, mit der man sich in seinem sozialen Elend von denen ‚da oben‘ bedient sieht, und für diese fromme Klage hat eine verantwortungsvolle Presse tiefes Verständnis. Nichts schöner als Untertanen, die über ihre Herren schimpfen, weil sie von denen nur besser regiert werden wollen! Also versorgt man sie mit dem nötigen Futter und blättert ihnen die Welt der Politik exakt so auf, wie sie sich in ihr moralisch eingenistet haben. In den schlechten Erfahrungen, die sie machen, gibt man ihnen recht, selbstverständlich auch in der Auffassung, dass die nur in Pflichtvergessenheit, manchmal auch in politischer Ungeschicklichkeit ihren Grund haben können, für die der eine oder andere von denen ‚da oben‘ haftbar zu machen ist – ‚handwerkliche Fehler‘ also beim notwendigen Reformieren des Standorts, beim Schaffen von Arbeitsplätzen oder bei sonst einem Werk zur Beförderung des Allgemeinwohls. Denn allemal gut sind die Anliegen derer, die stellvertretend fürs Volk regieren; zu wünschen lässt nur übrig, wie sie die praktisch ins Werk setzen, so dass für die Politik, die gemacht wird, eines feststeht: Sie gehört sich besser gemacht! Selbstverständlich von denen, die sie schon machen, und von etwas anderem hat sich das auch über skandalöse Verfehlungen der Amtsinhaber von seinen Blättern prima informierte Volk die Erlösung von seinen Drangsalen auch nicht erwartet.
    *
    So einfach kann man es sich bei der Befriedigung des Informationsbedürfnisses, das in den besseren Kreisen der Gesellschaft herrscht, natürlich nicht machen. Die gehören zwar schon auch zum Volk und damit zu denen, die von einer Herrschaft regiert werden. Als mündige Bürger mit höherem Bildungsgrad verfügen sie aber bei der allfälligen Prüfung, ob sie auch gut regiert werden, nicht nur über eine abschließend schlechte Meinung. Die Elite will das schon differenzierter sehen, und in ihrem höheren intellektuellen Anspruchsniveau wird sie dann von der sog. ‚seriösen Tagespresse‘ bedient. Die informiert ihre Leser übers politische Alltagsgeschäft im Innern, aber auch über die vielen deutschen Anliegen und Machenschaften auswärts, in einer Art, als wären es glatt sie selbst, die das alles zu besorgen hätten. JedeAngelegenheit, die eine Herrschaft auf ihre Agenda setzt, unterbreitet man ihnen als sich ziemlich von selbst verstehende, jedenfalls außer Frage stehende politische Sachnotwendigkeit, die es möglichst gekonnt und erfolgreich abzuarbeiten gilt. Derart distanzlos auf den herrschaftlichen Blickwinkel festgenagelt, ist dann Distanzierung geboten, und zwar genau so, wie man es im Besinnungsaufsatz gelernt hat. Die Geisteselite wird dazu eingeladen, alle erdenklichen Gesichtspunkte und Berechnungen, die in dem betreffenden Zusammenhang oder auch sonst irgendwie von Belang sein könnten, als Prüfsteine einer Würdigung heranzuziehen, wie passabel bis höchst erfolgversprechend bzw. wie zweifelhaft bis schlecht da von den Zuständigen das politisch Anstehende und fürs Wohl aller fraglos Notwendige angegangen wird. Ohne ‚Hintergrundwissen‘ lässt sich der Part des notorischen Besserwissers und ideellen Besserkönners in Fragen der Herrschaft von Studienräten und anderen besserverdienenden Laienspielern freilich nicht gut geben, also werden sie mit dem Stoff zum nötigen Einfühlen ins politische Gewerbe ausgiebig versorgt. Die ‚Chemie‘, die da zwischen einigen Herrscherfiguren ‚stimmt‘ oder nicht, Chancen beim Wähler, die sie sich ausrechnen, parteitaktische Winkelzüge zur Schärfung des eigenen ‚Profils‘ oder zur Stärkung eigener ‚Seilschaften‘, Intrigen zur Ausschaltung von Gegenspielern: All das und noch viel mehr an sachfremden Kriterien der Politikbeurteilung wird herangezogen, um den gebildeten Leser in einem Zug über die Schwierigkeiten des politischen Handwerks wie darüber zu unterrichten, um wie viel effektiver die manchmal doch zu bewältigen gingen. Das ist sie schon, die ‚Überparteilichkeit‘, derer sich die freie Presse rühmt, und natürlich auch mit Recht eine ‚Zeitung für Deutschland‘: Die ist wirklich kein Propagandaorgan der Regierung, weil ihre Journalisten in der Tat nur für die Regierung Propaganda machen, deren Politik für Deutschland ihnen gefällt. Und selbstverständlich ist in ihr genauso wie im ‚liberalen Weltblatt‘ aus München Platz für jede Menge ‚Meinungsvielfalt‘. In dem Wettstreit von Ideen, wie Deutschland regiert werden muss, herrscht zwischen den Blättern wie in deren Redaktionen schon deswegen friedliche Koexistenz, weil ja alle auf dasselbe hinauswollen: Besser regiert gehört sich allemal, und wer dazu seinen phantasievollen Vorschlag einreicht, hat allemal Respekt vor seiner Verantwortlichkeit verdient!
    *
    So erklären die Herrschenden ihre Politik zum alternativlosen Sachzwang, weil sie zu dem, was sie sich vornehmen, keine Alternative dulden – und ohne jedes Kommando legt sich die freie bürgerliche Presse dies als Leitfaden ihrer politischen Berichterstattung zurecht: Anders als so, wie die Herrschenden es verfügen, gehört sich zu den Werken ihrer Gewalt grundsätzlich nicht Stellung genommen! Das ist die klassenübergreifende Prämisse, von der Journalisten ausgehen und an der entlang sie die Politisierung des Volkes dann sehr klassenspezifisch abwickeln. Für dessen niedere Abteilung hat man bei Bedarf gerne Verständnis und ein offenes Ohr, wenn sich in Anbetracht der politischen Notwendigkeiten, die sicherlich hart sind, aber an denen nun mal kein Weg vorbei führt, der Seufzer nach mehr Gerechtigkeit regt – also schreibt man dem moralisch erregten Volk auf, was es gerne hören will, damit es sich auch wieder abregt. Und die Elite befasst man mit dem, was zu ihrem eingebildeten Standpunkt einer höheren staatsbürgerlichen Verantwortlichkeit passt: Mit tiefsinnigen Erörterungen über vorstellbare Möglichkeiten, wie das, was die Herrschenden für Deutschland tun, eventuell doch noch perfekter getan werden könnte. Das macht die Gedanken der demokratischen Herrschaft zum herrschenden Zeitgeist in der Demokratie. Der bietet in seinem Pluralismus jeder staatsbürgerlichen Gattung das, was ihr zusteht, und sorgt in seiner einsinnigen Apologie der Herrschaftsanliegen zugleich dafür, dass bei allem die Gedanken frei bleiben.
    (Chronik 8)
    Armut – nur gefühlt?
    in der „vielfalt“ http://derstandard.at/2000017086754/Proteste-erzwangen-Abbruch-eines-Neonazi-Aufmarschs-in-Deutschland kam bis auf „solidaritätszuschlag“ und überhaupt das (vorgebliche?) ökonomische aufpäppeln der ostzone nie der „etwas-anders(auf-)-wuchs“ von ddr-bürgern (im vergleich zu brd-bürgern) vor und nuja, die hauptbeschallung in berlin nebst speckgürtel lieferte rias nebst beischaun/-hören der „presseschau“, nachrichten, „literarisches quartett“ und die abendlichen talkrunden…
    manchmal klingst` mir wie ein westberliner, der den „zonis“ übel nimmt, ihm sein westberlin genommen/zerstört zu haben (als „insel der glückseeligkeit“), manchmal möcht ich prügelnd ausrasten, fortgesetzt und wiederholt gegen die westberliner autonomen, die zuallererst die (uns) „wilden zoniautonomen“ per organisation von „aktionen“ in sehr ausgedehnte (später rechtlich auch als „unzulässig“ pressewirksam ausgeschlachtet) u-haft wandern ließen…
    wie der erwachsene „neger“ dem hegel ein kind (ohne allgemeinheit/absolutes) , so dem nichtzoni der zoni und da man beim (sexuellen und „psychischen“) gebrauch von kindern nicht von „mißbrauch“ reden soll, was einen einen „richtigen gebrauch“ voraussetzte, so red ich auch nicht vom „mißbrauch“ der „antikapitalistischen zonis“ durch „antikapitalistische nichtzonis“ …
    (das meinte mein „gugg dir mal an, was du unterstellst“, das war nur „halbbeleidigt“, mir gehts tatsächlich um ein „so und so sind zonis“ von deiner wie vielerorts west“linken“ )

  32. Alfonsito
    8. Juni 2015, 15:04 | #32

    Hallo Jana,
    ist das nun eine Erläuterung zu den Anmerkungen zu TG?
    Oder was genau willst du mir mitteilen?
    (TG hatte Anmerkungen zu Gulliver gemacht,
    und dazu war das jetzt ein Beitrag deinerseits?)

  33. jana (ausnahmsweis)
    8. Juni 2015, 15:17 | #33

    tg schreibt für sich und ich für mich…
    ich schrieb, worans mir „hakt“ bei dir (und andren hier), tg wird seins vielleicht auch noch schreiben, hat grad aber andres zu tun…
    und ich bin jetzt raus (draußen)
    (is das korrekt (edit für a.: @ ) „dazu“? also die sache mitm bescheidsagen ner verfügbarkeit wegen?)

  34. Alfonsito
    8. Juni 2015, 15:26 | #34

    Vielleicht kann es mir ein anderer mitteilen?
    Ich bin manchmal anscheinend schwer von Begriff
    (und verstehe nur Bahnhof).
    „also die sache mitm bescheidsagen ner verfügbarkeit wegen?“
    Gemeint ist damit – was?

  35. TomGard
    8. Juni 2015, 19:04 | #35

    Alfonsito, ich weiß wie Vergleiche zu kennzeichnen sind. Eine gewisse Irritation durch den folgenden Satz:
    … eines Überganges, den die Nationalstaaten den Klassen mit mehr oder minder Erfolg militärisch aufgezwungen haben, nämlich den unausweichlichen Klassenkrieg in Form einer politischen Konkurrenz um die Staatswesen abzuwickeln.
    habe ich billigend in Kauf genommen, weil ich dachte, ich kann an diesem Ort auf diese Weise daran erinnern, daß Staatsbildung allgemein, die Institutionalisierung eines bürgerlichen Staates „über den Klassen“ (nation building, „Verselbständigung des abstrakt freien Willi“) erst recht, ein militärischer Gewaltakt ist. Der hat vielgestaltige Formen, eine davon ist gar ein Verzicht der Obrigkeit, Streiks zusammenschießen zu lassen oder Arbeiterführer zu killen oder aus dem Land zu jagen, ergänzt um polizeiliche Maßnahmen gegen „Selbsthilfe“ der Kapitalisten und ihrer Vereine, insbesondere einer Mafia, solche Entscheidungen müssen ja doch verteidigt werden.
    Nicht ganz selten findet nation building auch als und infolge militärischer Unterwerfung eines oder mehrerer Nachbarn statt.
    Zum zweiten Punkt.
    Ich kann nicht erkennen, wie Dein Satz:
    Das ist aber trotzdem ein Argument, das sich von der Verwertung herschreibt.
    die Aussage meines folgenden geometrischen Bildes korrigieren, näher bestimmen, oder kritisieren soll:
    Daher schließt das Kapitalverhältnis auf einem Territorium nicht kapitalisierte Eigentums- und Arbeitsverhältnisse ein.

  36. Alfonsito
    8. Juni 2015, 20:50 | #36

    Zu einem demokratisch-kapitalistischen Staat (mal die historische Herleitung weggelassen) gehört, dass durch den Gewaltakt der „Staatenbildung“ (TG) Verhältnisse der Benutzung des fremden Willens festgelegt werden, dass also sowohl Gemeinsamkeiten wie Gegensätze zwischen den Beteiligen (und ihren Interessen) gestiftet, geregelt und frei gesetzt werden.
    Staatenbildung ist nicht nur die militärisch gestützte Verselbständigung des abstrakt freien Willi „über den Klassen“, sondern damit auch die Regelung des Zusammenhanges zwischen den Klassen – als Form eines Benutzungsverhältnisses mit Rechten und Pflichten, die die Staatsbürger als ihre Heimat ausdeuten.
    Also ist Staatenbildung nicht dadurch erklärt, dass sie militärisch begründet ist. Das findet seine Komplettierung erst darin, dass die derart festgelegten Staatsbürger in ihrer Staatsmoralität Rassismus und Nationalismus als ihren Beitrag zum Gelingen des Ganzen zelebrieren. So sind sie nicht nur Untertanen, sondern, sich als Repräsentanten des abstrakt freien Willie aufführend, auch die Mitmacher.

    Ja, wer unterstreicht, dass es eine reelle Subsumtion gibt, der unterstellt, dass es (nur) formell subsumierte Bereicht gab und gibt.

  37. TomGard
    8. Juni 2015, 21:00 | #37

    „Also ist Staatenbildung nicht dadurch erklärt, dass sie militärisch begründet ist.“
    Selbstverständlich nicht.

  38. Alfonsito
    8. Juni 2015, 21:12 | #38

    Eine Grundform des Rassismus hat vor einigen Jahren
    übrigens Freerk Huisken mal an einer Fußnote in MEW 25 entwickelt
    http://dearchiv.de/php/dok.php?archiv=arg&brett=ARG001&fn=ARGU6.ASC&menu=arg

  39. Alfonsito
    9. Juni 2015, 04:49 | #39

    @ TomGard
    Meine Ausführungen von gestern um 20:50 Uhr sollten übrigens deine These widerlegen, dass Staat a) militärisch/gewaltmäßig begründet ist (Zustimmung!), aber b) anschließend wesentlich ein „Verzicht der Obrigkeit“ (TG) auf offene Gewalttätigkeit (das ist nicht so gut bestimmt!) sei. „Verzicht“ ist eine pur an Gewalt klebende Negativbestimmung – und darin untauglich, das Ja-Sagen der Leute zu dem Laden hier (die „positive Zustimmung“!) zu kennzeichen.
    Soooo denken Autonome über hiesige Verhältnisse: die Leute seien eigentlich dagegen, trauten sich nur nicht, deswegen ersinnen sie ihre autonomen Aktivitäten quasi als Stellvertreter der besseren Ambitionen der kleinen Leute. Das ist von der Grundlage her schon darin grottenfalsch, dass es die Zustimmung der Leute nur damit erklärt, dass diese gezwungen und eingeschüchtert seien.

  40. TomGard
    9. Juni 2015, 06:38 | #40

    Du bist ein Vollidiot

  41. TomGard
    9. Juni 2015, 06:42 | #41

    Ein christlicher übrigens, es ist dieselbe Methodik, Gewaltfragen in die Einstellung zu ihnen umzudeuten – bei den anderen, nicht bei sich selbst.

  42. Alfonsito
    9. Juni 2015, 06:46 | #42

    Da muss ich ja wohl einen zentralen Punkt bei dir erwischt haben,
    wenn du so argumentlos ausrastest.
    EDIT: D a s war d e i n Zitat:
    „eine davon ist gar ein Verzicht der Obrigkeit, Streiks zusammenschießen zu lassen oder Arbeiterführer zu killen“

  43. TomGard
    9. Juni 2015, 06:47 | #43

    „ein „Verzicht der Obrigkeit“ (TG) auf offene Gewalttätigkeit“
    Obendrein lügst du dir die Tat-Sachen und Aussagen deiner theologischen Feinde zurecht, deshalb ein hoffnungsloser Fall.

  44. jana (ausnahmsweis)
    9. Juni 2015, 07:34 | #44

    bei „uns“ nach der wende gabs nur für „uns“, also ich für mich, meine freundin für sich, die andren im haus für sich und die in den andren häusern je für sich…das wurd, so gut es ging, gemeinsam getan, va, weil notwendig, zusammen zu tun, anfangs pure „selbstverteidigung“ (bewegens-/lebensraum)… is ja ne hinreichend medial bebilderte zeit gewesen und ja alles ein „gewesen“ sowieso… (die emotional besten verisse schrieb ich garantiert, die argumentativ weit besseren schrieben andre, richtig! 😉 )
    ich laß`mal „gutsein“ („ausnahmsweis“ ausweis`, mich abschiebe ins private)

  45. Alfonsito
    9. Juni 2015, 08:03 | #45

    … und da setze ich doch noch einen drauf,
    mit dem Hinweis auf eine uralten MSZ-Verriss der Autonomen
    http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/88/88_2/autonom.htm

  46. Krim
    9. Juni 2015, 11:11 | #46

    “ Die „Ware Arbeitskraft“ kann weder der einzelne Arbeiter noch die Arbeiterklasse „produzieren“, weil die Arbeiter über die Eigenschaften, die ihre Arbeitskraft zur Ware machen, nämlich dem Kapitalisten Produkt unbezahlter Arbeitszeit einzubringen, nicht gebieten.“ Wenn ich das recht verstehe geht es um den Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft. Der besteht darin, dass die Anwendung des Arbeitsvermögens mehr Wert produziert, als die Reproduktion des Arbeitsvermögens erfordert. Die Arbeitskraft kann mehr Arbeit abliefern,als die Reproduktion der Arbeitskraft an Arbeit kostet. Dass die Arbeiter nicht über die Anwendung der Arbeitskraft gebieten bedeutet nicht, dass sie ihre Arbeitskraft nicht reproduzieren. Dann wäre auch eine Banane keine Ware, weil der Bananenverkäufer es nicht in der Hand hat, was der Käufer mit ihr anstellt.
    „Das Kriterium der Aneignung unbezahlter Arbeitskraft erhellt, nur angewandte Arbeitskraft ist Ware, nicht-angewandte Arbeitskraft ist keine Ware.“ Ware ist alle Arbeitskraft, die sich auf dem Markt befindet und gekauft werden kann. Angewandte Arbeitskraft ist schon gekaufte Ware, die sich nicht mehr auf dem Markt befindet, also auch keine Ware mehr ist, sondern bloß noch ein Gebrauchswert, der zur Konsumtion bestimmt ist.
    „a) Zu den Anwendungskriterien und also der Warennatur von Arbeitskraft deren Mobilität zählt.“ ? Pünktlichkeit ist auch ein Anwendungskriterium.
    „Der Arbeitsmarkt ist Ort einer Kapitalzirkulation.“ ? Was zirkuliert auf dem Arbeitsmarkt?
    „b) Das Kapital unter jeweils bestimmten historischen Bedingungen eine „Reservearmee“ von Arbeitskräften zu produzieren und über seine Konjunkturen hinweg zu erhalten hat, um das Kapitalverhältnis nicht als Ganzes zu gefährden.“ Das klingt ein bißchen so als würde das Kapital die Reservearmee aus Eigeninteresse freiwillig erhalten. Das zwingt der Staat dem Kapital auf.
    „b) Nicht kapitalisierte Revenuequellen zu verteidigen.“ An was denkst du?
    „Spätestens an dieser Stelle sollte auffallen, daß der Hauptbestandteil der „Ware Arbeitskraft“ dem Kapital unmittelbar angehört, nämlich in Gestalt von „Arbeitsplätzen“,“ Das sind Produktionsmittel also c und keine Bestandteile der Ware Arbeitskraft also nicht v. Bloß weil das Kapital in der Einrichtung des Arbeitsplatzes die Produktivität der Arbeitskraft herstellt, heißt das nicht dass der Hauptbestandteil der Ware Arbeitskraft dem Kapital angehört.
    „nämlich den unausweichlichen Klassenkrieg in Form einer politischen Konkurrenz um die Staatswesen abzuwickeln,“ Was soll denn das wieder heißen?
    Die beiden Klassen kämpfen darum, wer die Macht im Staat hat? Die Klassen sind dem Staat also gar nicht unterworfen, sondern instrumentalisieren ihn zeitweise für sich. Wer ist denn im Moment dran? Das Kapital oder die Arbeit.

  47. TomGard
    9. Juni 2015, 12:42 | #47

    Krim will sich und euch mit wortreichem Taschenbilliard um die Tatsache betrügen, daß der Kapitalist nicht „Arbeitskraft“ kauft (iwie als Paraphrase von „Arbeitsvermögen“, dann wäre er Sklavenhalter), sondern – wie in meiner Darstellung enthalten – Arbeitszeit.
    Tut mir leid, mich in eure Wixxereien eingemischt zu haben, wird nicht wieder vorkommen.

  48. Krim
    9. Juni 2015, 14:45 | #48

    Du faselst da mit Brimborium irgendwelches Zeug, das du nicht erklärst und wenn ich nachfrage, wirst du unverschämt. Eigentlich müsste dir bekannt sein, dass der Zeitlohn bloß die Form ist, wie das Kapital die Arbeitskraft (auf Zeit natürlich – nicht für immer) kauft und das unterstellt eben keineswegs Sklaverei, sondern einen freien Arbeiter, der Eigentümer seiner Arbeitskraft ist.

  49. Alfonsito
    9. Juni 2015, 15:19 | #49

    „Angewandte Arbeitskraft ist schon gekaufte Ware, die sich nicht mehr auf dem Markt befindet, also auch keine Ware mehr ist, sondern bloß noch ein Gebrauchswert, der zur Konsumtion bestimmt ist“. (Krim)
    Der Unternehmer kauft die ausschließliche Verwendung des Arbeitsvermögens ’seines‘ Lohnarbeiters für eine gewisse Zeit. Das muss der Arbeiter mit seinen eigenen Gründen als freier Lohnarbeiter hinkriegen, ansonsten ist er als Lohnarbeiter für den Unternehmer nicht zu gebrauchen. (Juristisch muss er z.B. sogar laut Arbeitsrecht vorgesehene Pausen und Unterbrechungen machen, so weit ich weiß, damit er sich anschließend garantiert als freie Arbeitskraft ganz für das Wohl des Unternehmens einsetzen kann.) Heutzutage ist das oftmals über Takte und Prozesssteuerungsvorgänge bereits Teil der vergegenständlichten Arbeit, als Maschinerie vorliegend, die sowieso diese Taktgebung der Veräußerung von Arbeitskraft pro Zeit als ’sachliche Anforderung‘ ‚erzwingt‘, auch wenn der Arbeiter dafür seinen Grips benötigt, sich so verschleißen lassen zu wollen (‚Modern Times‘).
    Daher kauft ein Unternehmer das Arbeitsvermögen, die Arbeitskraft, für eine bestimmte Arbeitszeit ein.
    http://www.gegenstandpunkt.com/vlg/konkurr/konlohn.htm
    Es ist also ein Fehler, „Arbeitszeit“ gegen „Arbeitsvermögen“ hochzuhalten, nur weil im industriellen Arbeitsplatz bereits oftmals die zeitliche Ausfüllung der Arbeitszeit durch den Takt der Maschinerie ‚vorgegeben‘ (nämlich vom Unternehmer eingestellt worden) ist.
    Detaillierter zum Konkurrenzkampf bei Daimler-Benz ist es hier
    http://www.argudiss.de/sites/default/files/doku/ankuendigung%28pdf%29/daimler_hb_0113_gl.pdf
    – und das ist die Quelle: http://www.argudiss.de/node/118
    (Dass TG sein Ausrasten als Beitrag zur Debatte ansieht,
    und – so wie Jana – immerzu ankündigt, hier nie mehr was sagen zu wollen – wie soll man das denn finden?
    Wem – außer dir selber – willst du damit etwas mitteilen?)

  50. Klassiker_Zitat
    9. Juni 2015, 16:09 | #50

    „Seit Lassalles Tode hat sich die wissenschaftliche Einsicht in unsrer Partei Bahn gebrochen, dass der Arbeitslohn nicht das ist, was er zu sein scheint, nämlich der Wert respektive Preis der Arbeit, sondern nur eine maskierte Form für den Wert resp. Preis der Arbeitskraft. Damit war die ganze bisherige bürgerliche Auffassung des Arbeitslohns sowie die ganze bisher gegen selbe gerichtete Kritik ein für allemal über den Haufen geworfen und klargestellt, dass der Lohnarbeiter nur die Erlaubnis hat, für sein eignes Leben zu arbeiten, d.h. zu leben, soweit er gewisse Zeit umsonst für den Kapitalisten (daher auch für dessen Mitzehrer am Mehrwert) arbeitet; dass das ganze kapitalistische Produktionssystem sich darum dreht, diese Gratisarbeit zu verlängern durch Ausdehnung des Arbeitstags oder durch Entwicklung der Produktivität, größere Spannung der Arbeitskraft etc.; dass also das System der Lohnarbeit ein System der Sklaverei, und zwar einer Sklaverei ist, die im selben Maß härter wird, wie sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit entwickeln, ob nun der Arbeiter bessere oder schlechtere Zahlung empfange. Und nachdem diese Einsicht unter unsrer Partei sich mehr und mehr Bahn gebrochen, kehrt man zu Lassalles Dogmen zurück, obgleich man nun wissen musste, dass Lassalle nicht wusste, was der Arbeitslohn war, sondern, im Gefolg der bürgerlichen
    Ökonomen, den Schein für das Wesen der Sache nahm.
    Es ist, als ob unter Sklaven, die endlich hinter das Geheimnis der Sklaverei gekommen und in Rebellion ausgebrochen, ein in veralteten Vorstellungen befangener Sklave auf das Programm der Rebellion schriebe: Die Sklaverei muss abgeschafft werden, weil die Beköstigung der Sklaven im System der Sklaverei ein gewisses niedriges Maximum nicht überschreiten kann!
    Die bloße Tatsache, dass die Vertreter unsrer Partei fähig waren, ein so ungeheuerliches Attentat auf die in der Parteimasse verbreitete Einsicht zu begehn – beweist sie nicht allein, mit welchem (frevelhaften) Leichtsinn, (mit welcher Gewissenlosigkeit) sie bei Abfassung des Kompromissprogramms zu Werke gingen!“
    MEW 19, S. 25f (Kritik des Gothaer Programms, aus Abschnitt II)
    http://www.mlwerke.de/me/me19/me19_013.htm
    Anmerkung, eher auch eine Vermutung:
    Dass TG eine andere (Sponti-)Auffassung haben wird (z.B. auch die Anhänger des Operaismus mit ihrem Kampf gegen die Fabrikarbeit sahen das vermutlich etwas anders) – wird sich evtl. durch ein bloßes Marx-Zitat noch nicht aus der Welt schaffen lassen…
    (Dass Marx die freie Lohnarbeit mit der Sklaverei vergleicht,
    ist polemisch gemeint gegen die Freiheitsfanatiker der Lassalle-Fraktion des Gothaer Programms, über die vermeldet wurde: „Man weiß, wie die bloße Tatsache der Vereinigung die Arbeiter befriedigt, aber man irrt sich, wenn man glaubt, dieser augenblickliche Erfolg sei nicht zu teuer erkauft. Übrigens taugt das Programm nichts, auch abgesehn von der Heiligsprechung der Lassalleschen Glaubensartikel.“)

  51. KHM
    9. Juni 2015, 16:14 | #51

    Das Kapital. Erster Band. Viertes Kapitel. 3. Kauf und Verkauf der Arbeitskraft [MEW 23 | 181f]
    „Die Wertverändrung des Geldes, das sich in Kapital verwandeln soll, kann nicht an diesem Geld selbst vorgehn, denn als Kaufmittel und als Zahlungsmittel realisiert es nur den Preis der Ware, die es kauft oder zahlt, während es, in seiner eignen Form verharrend, zum Petrefakt von gleichbleibender Wertgröße erstarrt.(38) Ebensowenig kann die Veränderung aus dem zweiten Zirkulationsakt, dem Wiederverkauf der Ware, entspringen, denn dieser Akt verwandelt die Ware bloß aus der Naturalform zurück in die Geldform. Die Veränderung muß sich also zutragen mit der Ware, die im ersten Akt G – W gekauft wird, aber nicht mit ihrem Wert, denn es werden Äquivalente ausgetauscht, die Ware wird zu ihrem Werte bezahlt. Die Veränderung kann also nur entspringen aus ihrem Gebrauchswert als solchem, d.h. aus ihrem Verbrauch. Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszuziehn, müßte unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor – das Arbeitsvermögen oder die Arbeitskraft.
    Unter Arbeitskraft oder Arbeitsvermögen verstehen wir den Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit, der lebendigen Persönlichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung setzt, sooft er Gebrauchswerte irgendeiner Art produziert.
    Damit jedoch der Geldbesitzer die Arbeitskraft als Ware auf dem Markt vorfinde, müssen verschiedne Bedingungen erfüllt sein. Der Warenaustausch schließt an und für sich keine andren Abhängigkeitsverhältnisse ein als die aus seiner eignen Natur entspringenden. Unter dieser Voraussetzung kann die Arbeitskraft als Ware nur auf dem Markt erscheinen, sofern und weil sie von ihrem eignen Besitzer, der Person, deren Arbeitskraft sie ist, als Ware feilgeboten oder verkauft wird. Damit ihr Besitzer sie als Ware verkaufe, muß er über sie verfügen können, also freier Eigentümer seines Arbeitsvermögens, seiner Person sein.(39) Er und der Geldbesitzer begegnen sich auf dem Markt und treten in Verhältnis zueinander als ebenbürtige Warenbesitzer, nur dadurch unterschieden, daß der eine Käufer, der andre Verkäufer, beide also juristisch gleiche Personen sind. Die Fortdauer dieses Verhältnisses erheischt, daß der Eigentümer der Arbeitskraft sie stets nur für bestimmte Zeit verkaufe, denn verkauft er sie in Bausch und Bogen, ein für allemal, so verkauft er sich selbst, verwandelt sich aus einem Freien in einen Sklaven, aus einem Warenbesitzer in eine Ware. Er als Person muß sich beständig zu seiner Arbeitskraft als seinem Eigentum und daher seiner eignen Ware verhalten, und das kann er nur, soweit er sie dem Käufer stets nur vorübergehend, für einen bestimmten Zeittermin, zur Verfügung stellt, zum Verbrauch überläßt, also durch ihre Veräußerung nicht auf sein Eigentum an ihr verzichtet.“

  52. Frage
    9. Juni 2015, 17:52 | #52

    Die Botschaft der Mail von TG am 7.6., 13:23 Uhr, dass die gesamte den Arbeitern feindliche Welt – historisch gesehen – ihr geronnenes eigenes Produkt sei, verstehe ich nicht.
    Was ist mit dieser historischen Herleitung (TG nennt es „Verstaatlichung von Lohnanteilen“) ausgesagt?
    Wofür plädierst du deshalb?

  53. Krim
    9. Juni 2015, 23:39 | #53

    War das die Botschaft? Wäre das die Botschaft, wäre sie nicht so schwer zu verstehen. Sämtlicher Wert ist eben vergegenständlichte abstrakte Arbeit – bloß ist die eben nicht in der Hand der Produzenten dieses Reichtums, sondern in der Hand von Privateigentümern, die ihnen als feindliche Klasse gegenübertreten, indem sie ihre Arbeitskraft zur Mehrung ihres Eigentums ausbeuten.

  54. Antwort
    10. Juni 2015, 04:41 | #54

    „… dass der Lohnarbeiter nur die Erlaubnis hat, für sein eignes Leben zu arbeiten, d.h. zu leben, soweit er gewisse Zeit umsonst für den Kapitalisten (daher auch für dessen Mitzehrer am Mehrwert) arbeitet; dass das ganze kapitalistische Produktionssystem sich darum dreht, diese Gratisarbeit zu verlängern durch Ausdehnung des Arbeitstags oder durch Entwicklung der Produktivität…“
    (Marx in der o.g. Kritik des Gothaer Programms)
    …. und die Mitzehrer am Mehrwert – das sind eben Politiker, Finanzkapitalisten, Versicherungsfritzen, Medizinmänner und Pfaffen, also die ganze bürgerliche Gesellschaft incl. den von TG aufgeführten Künstlern und Theaterleuten …

  55. Krim
    10. Juni 2015, 07:07 | #55

    Feindlich ist die Welt aber nicht wegen den Schmarotzern am Mehrwert, sondern wegen denen, die die Ausbeutung des Mehrwerts organisieren und das sind in erster Linie Kapitalisten und die Vertreter des Staates. Künstler und Theaterleute sind für die Rechtfertigung der Zustände auf dem Gebiet der Unterhaltung zuständig.

  56. TomGard
    10. Juni 2015, 09:30 | #56

    Erinnerung:
    Der Thread ging mal um Asylrecht. Um wen und was geht es da?
    (MENA – middle east north africa) Wie ist unter den dadurch gg. Voraussetzungen das Verhältnis Asylrecht – Menschenrecht? Was und worüber verfügt ein „Menschenrecht“?

  57. 10. Juni 2015, 09:47 | #57

    Das Asylrecht im Besonderen als Teil der Menschenrechte im Allgemeinen war ein politisches Kampfinstrument der Freien Welt gegen die Staaten hinter dem Eisernen Vorhang. Seit diese Staaten ihre frühere Staatsräson aufgegeben haben und mehr oder weniger auch ganz normale kapitalistische Staaen geworden sind, braucht es dies rechtlichen Prügel im Wesentlichen nicht mehr. Das Asylrecht wurde deshalb in den NATO-Staaten zumeist in den letzten Jahren de facto abgeschafft und die Menschenrechte sind wie immer die hohe moralische Zier für all das was die imperialistischen Staaten weltweit so machen.

  58. TomGard
    10. Juni 2015, 13:07 | #58

    Na, die Klarstellung ist gewaschen und geputzt, Okiedoky.

  59. Alfonsito
    10. Juni 2015, 20:51 | #59

    Bevor die EU ihre militärischen Mittelmeer-Pläne
    http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/krieg_gegen_fluechtlinge_eu_will_risiken_ihres_militaereinsatzes_mit_pr_vertuschen/
    (Stufen 3 und 4) durchzieht, will sie augenscheinlich
    Libyen dafür „als Partner stabilisieren“
    Pro Asyl hat vorgeschlagen, in Libyen ‚gestrandete‘ Flüchtlinge sicher in die EU zu geleiten. Das scheint mir, angesichts der gemeinsamen Politik der Gesamt-EU, reichlich ‚absurd‘.
    Stattdessen wird man wohl mit den „Gesprächspartnern“ bereden,
    dass die Flüchtlinge in Afrika in Lagern belassen oder in die Herkunftsländer zurücktransportiert werden sollen.
    (Das ist ja wohl der Grund, warum sie sich nun so sehr
    am Erstarken des IS dort zu stören scheinen,
    weil dadurch noch mehr Leute nach Europa wollen…)
    http://www.n-tv.de/politik/Zwei-libysche-Regierungen-tagen-in-Berlin-article15273396.html
    http://www.tagesschau.de/ausland/libyen-friedensabkommen-103.html
    Die Russen hocken auch mit am Verhandlungstisch. (!)
    Das scheint was Größeres werden zu sollen.

  60. Alfonsito
    15. Juni 2015, 22:30 | #60

    Dschihadistenführer in Libyen getötet
    „Das Außenministerium in Washington bestätigte, Belmokhtar stelle eine anhaltende Gefahr für US-Bürger dar und sei Ziel eines Militäreinsatzes in Libyen gewesen. (…) „Es war ein einzelner Angriff, ausgeführt von einem bemannten Flugzeug“, zitierte der US-Sender CNN einen Vertreter des US-Verteidigungsministeriums. Die libysche Regierung teilte mit, der Luftangriff sei nach Absprache mit Washington erfolgt.“
    http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-06/libyen-al-kaida-us-luftangriff
    Nicht nur unbemannte Drohnen- und Raketenangriffe weltweit und überall tätigen die USA. Auch in Libyen sind sie sogar mit bemannten Angriffsflugzeugen unterwegs, „nach Absprache“ mit irgendwelchen Leuten, die sich als ‚libysche Regierung‘ bezeichnen…
    https://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentswahl_in_Libyen_2014#Ablauf
    (Das ist fast ein zynischer Kommentar zur Außenpolitik der EU,
    oder, anders formuliert: dass von den oben drüber dargestellten Gesprächen niemand groß Notiz genommen hat, zeigt nur, wie bedeutungslos die „gemeinsame Außenpolitik der EU“ ist. Obendrein werden Frankreich und die USA sich nicht in die Suppe spucken lassen wollen: denn ist es auch „ein völliges Chaos“, so ist es doch ‚ihres’…)

  61. 17. Juni 2015, 09:20 | #61

    Antwort auf Neoprene vom 06. Juni:

    (…) umgekehrt gibt es reihenweise rechte Gewerkschafter, die problemlos rassistische Parolen wie „Das Boot ist voll“ teilen und ungerührt dem tariffreien Outsourcen weiter Bereiche der Wirtschaft zuschauen.

    Welche „rechten Gewerkschafter“ sollten das sein?
    Die rechten Gewerkschaftsführer, die die Einführung des Niedriglohnsektors unterstützt haben, sind alle für Zuwanderung.
    Da gibt es zum Beispiel Michael Vassiliadis, Chef der IG
    BCE, geradezu das Urbild eines rechten Gewerkschaftsführers,
    Mitglied der „Hochrangigen Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung“, der bei jeder Gelegenheit betont:
    „Zuwanderung tut unserem Land gut!“

    …die krude Logik…

    Die Richtigkeit der rohen Logik der Konkurrenz erweist sich
    für den Massenarbeiter jeden Tag.
    Natürlich konkurrieren nicht alle im gleichen Maße mit den
    Zuwanderern:
    Für den Deutschlehrer und den Pastor sind die Zuwanderer
    noch lange keine Konkurrenz. (Daher können sie auch für
    Toleranz und Weltoffenheit sein.) Aber für die
    unqualifizierte Massenarbeit (und etwas anderes interessiert
    gar nicht) schon.
    Die Parole „Das Boot ist voll!“ ist übrigens keineswegs rassistisch.
    Sie richtet sich gegen alle zuwandernden Lohnarbeiter, gleich welcher Hautfarbe oder Nationalität.

    …offensichtliche sachlogische Grenzen auch militanter konkurrenzimmanenter Gewerkschafterei…

    Ich habe dazus Verweis auf einen Artikel der „Resultate …“ (1979) gelesen.
    Diese angebliche sachlogische Grenze (dass man bei
    konsequenter Verfolgung des Lohninteresses der Arbeiterklasse
    zwangsläufig dabei landet, den Standpunkt des Unternehmers
    und schließlich gar des Staates einzunehmen) erschließt sich mir keineswegs.

  62. 17. Juni 2015, 10:44 | #62

    Wen Gewerkschafter oder Arbeitgeberverbände sich für Zuwanderung aussprechen, dann meinen die damit ja ganz offensichtlich nicht offene Grenzen für alle (wie das manche Linke fordern), sondern Programme für handverlesene, für die deutsche Wirtschaft, also deren Gewinne, „nützliche“ Einwanderer.

    „Einen tieferen Einblick in die Positionen zur Zuwanderung gibt die am 14. Januar 2014 vom DGB-Bundesvorstand und dem Bundesverband der Arbeitgeberverbände (BDA) vorgelegte gemeinsame Erklärung: Darin heißt es „zugleich sehen DGB und BDA in der Förderung einer Willkommenskultur für qualifizierte Fachkräfte aus aller Welt einen entscheidenden Faktor für mehr wirtschaftliche Dynamik und Beschäftigungsmöglichkeiten für alle Menschen in Deutschland“. Zuwanderung,“leistet einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung, zur Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in Deutschland und Europa“ und weiter: „Mit übertriebenen Befürchtungen über massenhafte Zuwanderung in die Sozialsysteme verpassen wir jedoch die Chance, gut qualifizierten Fachkräften das notwendige Signal zu senden, dass sie in Deutschland willkommen sind und dringend benötigt werden.“

    Denn bei einer wirklich stärkeren Zuwangerung befürchten manche Gewerkschafter ja die Folgen:

    „Der Geschäftsführer der NGG-Region Südwestfalen: „Angelockt durch vermeintlich bessere Arbeitsbedingungen werden die Zuwanderer von Dumping-Chefs zu Niedrigstlöhnen beschäftigt, die vorne und hinten nicht zum Leben reichen.““

    Alle DGB-Gewerkschafter teilen also die Einstellung, daß das „Boot“ für alle normalen schlecht qualifitierten Arbeiter voll ist und solchen auf keinen Fall erlaubt werden darf, in Deutschland (oder überhaupt einem EU-Staat) zu arbeiten. Daß sich solche Propagandisten in der Tat gegen alle Menschen richten, die in der EU leben/erbeiten wollen, macht deren Position übrigens keinen Deut vernünftiger. Der Standpunkt Wir gegen den Rest der Welt ist übrigens schon rassistisch.
    Was all die unqualifiziertem Massenarbeiter aus ihrer relativ mißlichen Lage machen, ist historisch überhaupt nicht ausgemacht. Das hängt von ihrem politischen Bewußtsein ab. In den dreißiger Jahren haben solche Arbeiter z.B. in den USA in den damaligen zentralen Industrien, z.B. Auto, mit massiven Streikaktionen Tarifverträge erkämpft, die die Position dieser Arbeiter massiv verbessert hat. Das waren übrigens Jahre der Massenarbeitslosigkeit, wo die Konkurrenz objektiv sehr groß war.

  63. Karl
    17. Juni 2015, 10:48 | #63

    @Gulliver

    „Diese angebliche sachlogische Grenze (dass man bei konsequenter Verfolgung des Lohninteresses der Arbeiterklasse zwangsläufig dabei landet, den Standpunkt des Unternehmers und schließlich gar des Staates einzunehmen) erschließt sich mir keineswegs.“

    Das ist bemerkenswert. Den Nationalismus von konkurrenzbereiten Lohnarbeitern erschließt du doch selbst ein paar Zeilen vorher:

    „Die Parole „Das Boot ist voll!“ […] richtet sich gegen alle zuwandernden Lohnarbeiter, gleich welcher Hautfarbe oder Nationalität.

    Dass du den nationalistischen Gehalt der Vorstellung eines nationalen „Bootes“, das es gegen „Zuwanderung“ zu verteidigen gelte, nicht erkennst, liegt an deinem Idealismus. Es stimmt eben nicht, dass „volle Boote“ mit Gleichgültigkeit gegen „Hautfarbe oder Nationalität“ vereinbar wären. Ein „volles Boot“ IST das Bild für den nationalistischen Standpunkt (mit und ohne rassistische Verlängerung), die Bootsinsassen würden wegen eines gemeinsamen Ziels rudern und unter Platzmangel für Fremde leiden. Diese Vorstellung richtet sich tatsächlich nicht gegen eine bestimmte Nation, weil der Ausgangspunkt ist: der Erfolg der eigenen Nation soll Kriterium der Beurteilung sein – wessen „Boot“ also angeblich voll ist, steht für die jeweils nationale Brille, da hat ja keiner nachgezählt oder nachgemessen, wenn er sowas behauptet, das ist ein nationalistischer Anspruch.

  64. Mattis
    18. Juni 2015, 09:46 | #64

    Meine Erfahrung ist, dass Leute, die vom „vollen Boot“ reden, im nächsten Atemzug immer die geringe Geburtenrate im Lande bejammern. Für einen deutsch-geborenen Erdenbürger scheint im Boot dann doch immer noch Platz zu sein. Da werden innerhalb der „Angst vor Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt“ nochmal heftige Unterschiede gemacht und ein völkischer Nationalismus eingenommen, bei dem die Konkurrenzsorgen dann plötzlich wieder nachrangig sind.

  65. Karl
    18. Juni 2015, 13:48 | #65

    @Mattis
    Das wollte ich unterstreichen: das nationale Sortieren verdankt sich keiner Konkurrenzlage o.ä., sondern dem Kriterium nationaler Zugehörigkeit. Die Staatsbürgerschaft eines „Bootes“ ist ja gedanklich unterstellt – auch von Gulliver -, wenn jeder sofort weiß, was mit angeblich „vollen Booten“ gemeint ist. Das ist nicht der Aufruf, Kanzlerinnen oder Fußballvereine aus dem Land zu jagen.
    Übrigens wird mit der „Boot“-Vorstellung auch jeder Gegensatz und jede Konkurrenz zwischen Landsmännern geleugnet. Das „Boot“ selbst soll man sich nicht nur als das zu Bewahrende vorstellen, sondern v.a. den Erfolg der Nation mit dem eigenen verwechseln.

  66. 18. Juni 2015, 14:32 | #66

    Das „Boot“ selbst soll man sich nicht nur als das zu Bewahrende vorstellen, sondern v.a. den Erfolg der Nation mit dem eigenen verwechseln.

    Nein, es geht den Boot-Leuten um ein ganz bestimmtes Modell von „Nation“, nämlich das rassistisch autochthon homogene, reine Volk.
    Dem halten doch die „weltoffenen“ Nationalisten, z.B. die Vertreter der Regierungsparteien (und der DGB) entgegen, daß eine „maßvolle“ weitere Einwanderung, vor allem von gesuchten „Fachkräften“ für den wirtschaftlichen Erfolg geradezu notwendig sei. Jede Seite wirft also der anderen vor, der nationalen Sache zu schaden mit ihrer jeweiligen Haltung zu Migranten.

  67. Mattis
    18. Juni 2015, 19:18 | #67

    Unterstellt wird bei den „Boot“-Sprüchen, dass der deutsche Staat für die deutschen Staatsbürger ein Gewinn ist, auf den sie (und nur sie) ein Recht haben und der geschmälert wird, wenn Migranten ins Land kommen und allein durch ihr Hiersein dann ebenfalls vom Staat „profitieren“.
    Unabhängig von Rassekriterien gilt dieses Recht mit der Geburt in Deutschland erworben; dadurch ist man Teil „seines“ Volkes, ohne dass man dazu noch weitere Kriterien angeben müsste. Ausnahmen sind z.B. die Kinder von eingedeutschten Migranten, diese gelten quasi als „Folgefehler“ einer Migration, die nicht hätte gewährt werden dürfen.
    Diese Art des völkischen Denkens hat also nicht direkt und nicht zwingend mit Rassismus zu tun. Irgendwo stand mal der Begriff „Staatsrassismus“, aber so gelungen finde ich die Formulierung auch nicht. Überhaupt ist der Rassismus-Vorwurf eine beliebte Moralkeule, die wenig zur Aufklärung darüber beiträgt, was Sache ist.
    Nationalismus als Begriff reicht aber auch nicht, denn den gibt es auch mit Förderung von Migranten; solches gilt den völkisch Argumentierenden schon schnell als Verrat.
    Zuordnung zu den Begriffen links oder rechts sind da schlecht möglich, aber die Kritik geht ja auch ohne.

  68. Karl
    18. Juni 2015, 19:24 | #68

    @Neo
    „Nein, es geht den Boot-Leuten um ein ganz bestimmtes Modell“
    Dass es noch andere Nationalismen gibt, sollte gar nicht in Abrede gestellt werden. Und es stimmt auch, dass die Rede von „vollen Booten“ eine eher rassistische Interpretation nahelegt. Die gemeinsame Vorstellung von „weltoffenen“ oder „zu vollen“ Booten, deren Erfolgsweg man sich parteilich annehmen müsse, eint aber doch auch in deinem Beitrag die rassistischeren Nationalisten mit den DGB-Leuten. Man kann „Ausländer raus“ übrigens auch als „gezügelte Zuwanderung“ ausdrücken und dasselbe meinen.

  69. 18. Juni 2015, 19:53 | #69

    Karl, ich wollte gar nicht allzuviel Unterschiede reindefinieren in die verschiedenen Nationalismen. Das ist sicherlich nicht Qualitatives, aber eben doch den Hinweis auf zum Teil ja historisch immer wieder erbittert ausgekämpfte Differenzen wert. Das beide Strömungen den Erfolg der Nation anstreben, das eint sie in der Tat, das hatte ich ja schon hervorgehoben. Der Unterschied von faschistischem „Ausländer raus“ zu demokratischem „gezügelter Zuwanderung“ ist im Konkreten manchmal ein brennendes Haus hier oder ein abgesoffenes Boot im Mittelmeer

  70. 18. Juni 2015, 20:24 | #70

    @ Mattis

    Überhaupt ist der Rassismus-Vorwurf eine beliebte Moralkeule, die wenig zur Aufklärung darüber beiträgt, was Sache ist.

    Ja, stimmt schon, gemeinhin ist das ein Begriff, um Argumenten ein Ende zu setzen, aber du gibst ja selbst zu, daß Nationalismus als Kategorie dann doch etwas blaß ist. Und um moralische Urteile geht es mir übrigens nicht.

  71. 23. Juni 2015, 08:15 | #71

    Zu Karl vom 17. Juni:
    „Das Boot ist voll“ ist nicht meine Parole.
    Ich hab nur gesagt, dass diese Parole nach der üblichen Definition nicht rassistisch ist.
    (Man kann natürlich Abstrakta nach Belieben definieren. Wenn man Rassismus mit Nationalismus gleichsetzt, dann ist die Parole halt rassistisch. Mir ist das egal.)
    Die „deutsche Nation“ und sämtliche Werte des christlichen Abendlandes gehen mir komplett am Arsch vorbei. (Da ich den Wahrheitsbeweis für diese Behauptung in einem Blog nicht antreten kann — glaub es mir einfach.)
    Ich bin gegen Zuwanderung nicht weil ich den „Erfolg Deutschlands“ wünsche, sondern weil ich diesen Erfolg nicht wünsche.

  72. Inga
    26. Juni 2015, 07:52 | #72

    Gefällt mir, dass du „den Erfolg Deutschlands“ nicht willst …
    Weiteres gibt’s auch hier:
    http://www.argudiss.de/node/84
    https://www.youtube.com/watch?v=jVVNVwcWlic
    http://www.kapital-lesen.com/category/texte/

  73. Karl
    26. Juni 2015, 13:05 | #73

    @Gulliver
    „Ich bin gegen Zuwanderung nicht weil ich den „Erfolg Deutschlands“ wünsche, sondern weil ich diesen Erfolg nicht wünsche.“
    Auch eine lustige Verknüpfung, aber widersprüchlich. Auch du denkst bei „Zuwanderung“ an national sortierte Ausländer und nicht an Bayern, die nach Hamburg umziehen. Also hast du vor deinem Antrag an die Politik die kleine Selbstverständlichkeit abgehakt, dass nach dem Kriterium von staatlicher Zugehörigkeit Rechte für Aufenthalt, Wohnen, Arbeiten usw. vergeben werden. Warum eigentlich? Warum soll nicht jeder dahin reisen, wo er hin will? Wozu braucht es also dein Zuwanderungsgebot oder -verbot, wenn dir das, wohin gewandert werden darf, angeblich nicht einmal am Herzen liegt?
    Oder deutlicher: Warum nimmst du die einen Armutsopfer gegen die anderen in Schutz? Was ist das Kriterium für deine (nationale) Sortierung? Dass Leute umziehen, dagegen hast ja wahrscheinlich auch du nichts einzuwenden.

  74. 28. Juni 2015, 08:00 | #74

    „Warum soll nicht jeder dahin reisen, wo er hin will?“
    Den Unterschied zwischen Binnenmigration und Zuwanderung hatten wir schon. Die Wirtschaft kennt diesen Unterschied auch und schätzt ihn sehr.

    „Warum nimmst du die einen Armutsopfer gegen die anderen in Schutz?“

    Ich nehme prinzipiell keine Opfer in Schutz. Schon gar keine Armutsopfer.
    Ich setze sie vielmehr gleich.
    Ich setze auch die Nazis, die sich brüllend und „brandschatzend“ „durch unsere Städte prügeln“, gleich mit denen, die sich diesen rechten Unmenschen in den Weg stellen, weil sie wissen, dass Deutschland Zuwanderung braucht und dass Ausländerfeindlichkeit dem Ansehen unseres freiheitlich-demokratischen Latrinendampfers abträglich ist.

  75. Kartoffel
    28. Juni 2015, 09:18 | #75

    Das hatten wir zwar schon,
    aber du lagest grottenfalsch:
    „Der Lohnabhängige hat dahin zu gehen, wo das Kapital ist.
    Und er „wählt“ den Beruf, in welchem er einen Ausbeuter findet.
    Er ist in dieser Sache nicht Handelnder, sondern Objekt fremden
    Handelns.
    Es steht aber jeder demokratischen Kartoffel frei, sich zu
    denken, sie habe ihren Arbeits- und Ausbildungsplatz
    „frei gewählt“, ja, sie habe sogar „ein Recht darauf“ (auf diese freie Wahl).“ (Gulliver oben, 6. Juni)
    Nein, es handelt sich um den freien Lohnarbeiter.
    Der muss sich selbst zu diesen Anforderungen als seiner Freiheit stellen, und muss sie so betätigen. Dann ist es auch keine Einbildung, sondern so praktiziert er seine abstrakte Freiheit. Er muss als seine Auswahl auswählen, was ihm von oben als Alterntiven dargeboten wird.
    Dass das die Wahl zwischen Pest und Cholera ist, ist kein Gegenargument dagegen, dass diese Wahlfreiheit real ist – und nicht von oben kommandiert wird.
    Also warum dürfen sich um eine Stelle als Schweißer in Hamburg deiner (eigentlichen) Ansicht nach nur Hamburger (evtl. noch Bayern) bewerben, aber keine Iren oder Italiener? (Bekanntlich hat der Staat den freien Binnenmarkt in Europa durchgesetzt.)
    Der „Unterschied zwischen Binnenmigration und Zuwanderung“ (Gulliver) ist also einer der Verhandlungen der staatlichen Souveräne. Wenn die Europa zum Binnenmarkt erklären, mit europäisch freier Wahl des Arbeitsplatzes, dann gilt das auch für den Iren und den Italiener. Zumindestens so lange, wie darüber europäische Verträge zwischen den Staaten existieren.

  76. Kartoffel
    28. Juni 2015, 09:42 | #76

    Flüchtlinge und Asylbewerber haben diese Freiheit der Wahl eines Arbeitsplatzes bekanntlich sowieso gar nicht, sondern ein Arbeitsverbot.
    Zugehörigkeit zu den deutschen Kartoffeln kriegen die erst durch geistig-moraliscje Eingemeindung in die hiesige Kartoffelkultur: „Integration“ lautet der neue Imperativ.
    (Das allerdings ist schon eine partielle Neuerung: vor dem Fall der Mauer ging es hierzulande nur um Blutsdeutsche; vor allem um jene jenseits der Mauer, die ‚heim ins Reich‘ sollten.)

  77. Kartoffel
    28. Juni 2015, 10:35 | #77

    Auch schon diese „Zuwanderung“ durch 17 Millionen DDRler war kein Auftrag, den BMW oder Mannesmann Herrn Kohl erteilt hätten, die Mauer abzureißen, damit auf ihren Arbeitsplätzen zusätzlich sich auch noch die Zonis einfinden können.

  78. Karl
    28. Juni 2015, 11:36 | #78

    „Ich setze auch die Nazis, die sich brüllend und „brandschatzend“ „durch unsere Städte prügeln“, gleich mit denen, die sich diesen rechten Unmenschen in den Weg stellen, weil sie wissen, dass Deutschland Zuwanderung braucht und dass Ausländerfeindlichkeit dem Ansehen unseres freiheitlich-demokratischen Latrinendampfers abträglich ist.“
    Das ist ja bewundernswert, was du alles gleichsetzen kannst, da wird manches Kleinkind neidisch. Die Botschaft, die ich deiner Gleichsetzerei entnehme:
    Der Ideologie von nationalistischen Zuwanderungspredigern hältst du deinen Kartoffel-Nationalismus entgegen – diesmal übrigens explizit als DEIN Kommentar zu Deutschlands(!) Zuwanderung, obwohl dir diese Nation vorgeblich egal ist!
    Ein enttäuschter Nationalist, bleibt eben ein Nationalist – auch wenn er seinen Fetisch mittlerweile für einen „Latrinendampfer“ hält. Die Dummheit besteht v.a. darin zu glauben, den Dampferinsassen sollte es um ihren Dampfer gehen – nur so kommt man darauf, für oder gegen „Zuwanderung“ (ins geliebte oder gehasste Vaterland, wohin denn sonst?!) zu sein.

  79. Alfonsito
    28. Juni 2015, 16:05 | #79

    W i e das Kapital osteuropäische Wanderarbeiter benutzt,
    ist hier (am Beispiel Bulgariens) nachzulesen:
    „Die Wanderarbeiter aus Osteuropa“
    http://301507.server.adminflex.de/sites/default/files/VERSUS53.pdf

  80. 27. Juli 2015, 09:02 | #80

    @Karl
    Dem Nationalismus halte ich also meinen „Kartoffel-Nationalismus“ entgegen.
    Ich habe meine nationalistische Hetze auf meiner Homepage zusammengefasst: Zuwanderung als Projekt des Kapitals. http://www.bklevenz.de/Zuwanderung.html

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