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Peter Decker zur These Krise führt zu Krieg

8. Juli 2014

Peter Decker hat seinen Vortrag zu „Krise – Krisenkonkurrenz – Gewaltkonkurrenz – Krieg“, den er am 3.7.2014 in Nürnberg gehalten hat, mit folgender Kritik der gängigen (linken) Theorien begonnen:
„Erstmal eine Sache, die ein bißchen ein Gemeinplatz der politischen Bildung ist, nämlich, daß schlimme Krisen des Kapitalismus in Kriegen enden. Das wird für den Zweiten Weltkrieg ganz ausdrücklich gesagt, ja die große Weltwirtschaftskrise, der Abwertungswettlauf der Nationen danach, das hätte eben zum Zweiten Weltkrieg geführt. Es geht darum, zu beurteilen, was dran ist und was nicht dran ist an dieser „Theorie“ sagen wir einmal. Und sich im Lichte der aktuellen Ereignisse diesen Zusammenhang mal vorzunehmen. Denn wenn man den Zusammenhang ganz äußerlich nimmt, dann scheint er sich im Jahr 2014 richtiggehend zu bestätigen. Die gewaltmäßigen Konfrontationen zwischen den Staaten und zwar gerade zwischen den großen, nehmen enorm zu. Die Geschichte zwischen Japan und den anderen ostasiatischen Anrainern des südchinesischen Meeres ist bis an die Grenze von Kanonenbootpolitik gegangen, die fahren mit Kriegsschiffen auf um die Senkaku-Inseln und andere Inseln. Die sind umstritten zwischen China und Japan, zwischen China und Vietnam, zwischen China und den Philippinen usw. Auf der anderen Seite die total veränderte Lage in Europa, seit um die Ukraine gekämpft wird: Wem gehört die Ukraine, gehört die zum Westen, gehört die zum Einflußbereich Rußlands? Eine Konfrontation, die bis dahin geht, daß die NATO Kampfflugzeuge nach Litauen und Polen schickt und die Polen verlangen, daß NATO-Truppen dauerhaft bei ihnen stationiert werden sollen. Auf der anderen Seite fährt Rußland Truppen auf an den Rändern der Ukraine und Rußland hat die Krim annektiert. Die Finanzkrise, die jetzt in siebente Jahr geht, mündet, wenn man so will, aber ob sie es ist, die mündet, daß ist ja gerade das, was jetzt in Rede stehen soll, führt zu, jedenfalls findet da eine zeitliche Nachfolge statt, mit einer auffälligen Gewaltkonfrontation der großen Mächte.
Wenn man sich jetzt umschaut, welche Erklärungen dafür so kursieren für den Zusammenhang, dann muß man erstmal sage, die sind alle ziemlich schlecht, mir sind drei geläufig. Und jede der Erklärungen dementiert eigentlich den politischen Charakter von Krieg, den politischen Charakter von Gewalt zwischen den Staaten. Jede der Erklärungen, zum Teil ist es wie eine Verschwörungstheorie, zum Teil ist es einfach albern, alle haben eins gemein: Daß sie einen Grund in der Logik des Staates eigentlich für die Gewalt und die Gewaltkonfrontation nicht finden.
Die erste dieser Erläuterungen ist die ganz brutale, die sagt, in der Krise, wenn nichts geht, wenn die Arbeitslosigkeit hoch ist, und die Menschen verzweifelt sind, dann lenken die Staaten mit Krieg vom inneren Nichtfunktionieren ab. Dann gibt es politische Kräfte, die wollen davon ablenken, daß der Staat daheim nicht hinkriegt, was er für seine Aufgabe hält, erklärt und haben will. Und dafür geht er Konfrontationen mit anderen Mächten ein. Das ist insofern sehr brutal, als das die Meinung (und wer die vertritt, der hat sie) einleuchtet, daß Staaten Krieg nur wegen der guten Stimmung daheim machen. Jetzt stimmt es ja, daß nationalistische Bürger sich von außenpolitischen Konfrontationen durchaus von ihren persönlichen Nöten ablenken lassen. Trotzdem ist es vollkommen verkehrt, zu meinen, außenpolitische Konfrontationen hätten gar keinen anderen Zweck in sich, es ginge überhaupt nicht um Außenpolitik, sondern es ginge darum, daheim einen Stimmungswandel der wegen Krise mißgelaunten Bürger herbeizuführen. Das ist die eine Weise, einen Zusammenhang herzustellen, der aber selber gleich die Objektivität von Militärkonfrontation und Krieg leugnet, die kennt der gar nicht. Sondern, die Erklärung ist gleich bei, tja, Manipulation der Meinungen. Und das muß man den Staaten schon mal „zugute“ halten, bloß um daheim die Stimmung zu heben, entfachen sie dann doch keinen Weltenbrand!
Die andere Theorie geht so: In der Krise geht kein Geschäft, in der Krise wächst die Arbeitslosigkeit. Der Weg aus der Krise läuft – da wird wieder rückgeblickt auf die Vorbereitung des Zweiten Weltkriegs – lief damals jedenfalls über Rüstung. In Deutschland hat Hitler die Arbeitslosigkeit beseitigt durch die Rüstung beseitigt. In den USA hat der New Deal überhaupt erst dann richtig funktioniert, als sie Kriegsvorbereitungen getrieben haben. Auch das ist als Faktum gar nicht mal so verkehrt. Bloß, der Krieg, der dann gekommen ist, das ist quasi ein Krieg nach dem Kartoffel-Theorem (Wenn sie schon mal auf dem Tisch stehen, dann müssen sie auch gegessen werden): Erst beschafft man die Rüstung, aber gar nicht, weil man die Rüstung will, sondern, weil man Arbeitsplätze schaffen will. Dafür hätten sie auch Löcher ausheben und wieder zuschaufeln können, wenn es um sonst nichts anderes gegangen wäre. Erst gibt der Staat Geld für Rüstung aus, und es geht gar nicht um Rüstung sondern um Arbeitsplatzbeschaffung, und dann entsteht der Krieg, so nach dem Motto, wenn sie schon mal da sind die Waffen, dann muß man ja irgendwas mit ihnen anstellen (das war das mit dem Kartoffel-Theorem). Es ist absurd, einen Krieg zu erklären aus dem Argument, sie legen sich Waffen zu, obwohl sie sie gar nicht brauchen und wollen. Aber wenn man sie erstmal hat, dann werden sie „natürlich“ angewendet. Solche Zusammenhänge sind blödsinnig.
Der dritte Zusammenhang, den ich kenne, ist der, daß bei Krise auch wieder festgehalten wird, ja, der Kapitalismus hat überakkumuliert, es gibt von allem zuviel, dieses Moment der Krise wird festgehalten, es stimmt ja auch, zuviel Industrie, zuviel Produkte, die Geschäftsleute finden nichts mehr, wo sich das investieren lohnt, dann machen sie die Leute arbeitslos, dann reduzieren sie den Geschäftsumfang. Da wird sich an die Seite gehalten, daß nach einem Krieg, in Deutschland vor allen Dingen, aber auch in den anderen Ländern Europas, das nach dem Krieg alles kaputt war. Sodaß die Überakkumulation nach dem Krieg beseitigt war, sodaß jetzt der Krieg als Lösung der Überakkumulationsprobleme des Kapitals aufgefaßt wird. Nach dem Muster: Hauen wie alles zusammen, hinterher gibt es wieder viel zu tun! Auch da, es stimmt ja, daß nach dem Krieg, (übrigens nur unter speziellen Bedingungen, da muß dann nach dem Krieg auch gleich ein Weltmarkt wieder offen stehen, da muß nach dem Krieg gleich wieder Kredit vorhanden sein, den die Amerikaner damals dem kriegszerstörten Europa gestiftet haben. Selbstverständlich ist es nach einem ruinösen Krieg nicht, daß es dann gleich wieder aufwärts geht. Es kann schon auch so gehen wie mit Karthago, daß dort erst mal tausend Jahre nichts mehr ist.) Also so selbstverständlich ist dieser Zusammenhang erstmal gar nicht. Zweitens, jetzt ist er in Europe eingetreten, nach dem Krieg war ein großer Aufschwung. Dennoch ist es grundverkehrt, den Krieg aus der Leistung der Zerstörungen für den Wiederaufbau abzuleiten. Erstmal: Es fehlt für diesen Zweck das Subjekt: Es gibt niemanden, weder Geschäftsleute noch Staaten, die sagen, hauen wir mal alles zusammen, hinterher gibt es wieder viel zu tun. Im Gegenteil: Staaten und Geschäftsleute sind gerade angestrengt, in der Krisenbewältigung damit beschäftigt, die Entwertung, die Vernichtung nationaler Potenzen zu vermeiden. Der Standpunkt, machen wir alles kaputt, dann gibt es wieder was zu tun, den gibt es nirgendwo, den hat niemand. Es stimmt zwar, wenn alles kaputt ist, gibt es was wieder aufzubauen. Aber es stimmt nicht, daß es irgendwen gäbe, der den Standpunkt vertreten würde, damit es was aufzubauen gibt, machen wir alles kaputt. Zumal, und auch das ist wichtig, Krieg hat nicht den Gehalt, alles kaputtzumachen, Krieg hat vor allem den Gehalt, machen wir beim Feind alles kaputt, worauf dessen Macht gründet, und daheim möglichst gar nichts. Es war ja nicht das angestrebte Kriegsergebnis, daß Deutschland in Schutt und Asche liegt.“

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  1. Dazu
    8. Juli 2014, 20:30 | #1

    Ein bisschen „off topic“, aber im Vortrag von Peter Decker wird ja auch Bezug genommen auf den Ersten Weltkrieg.
    Wer sich im Urlaub also mit historischen Darstellungen beschäftigen mag, dem sei dazu dieses grad erschienene Buch empfohlen:
    Gerhard Henke-Bockschatz: Der erste Weltkrieg. Eine kurze Geschichte.
    300 Seiten, 22,95 EUR

  2. 8. Juli 2014, 20:42 | #2

    Dazu, die Frage bleibt noch: Warum??
    Bücher über den ersten Weltkrieg gibt es ja dieses Jahr 12 auf ein Dutzend. (Umgekehrt proportional zum Interesse, das sie verdienen.)

  3. Dazu
    8. Juli 2014, 20:55 | #3

    Dass die anderen 11 ähnlich rationell sind, bezweifele ich allerdings…
    (Bei Amazon gibts zwei Rezensionen zum Buch):
    http://www.amazon.de/Erste-Weltkrieg-Eine-kurze-Geschichte/dp/3150109744/ref=la_B00IT97T9O_1_2?s=books&ie=UTF8&qid=1404849265&sr=1-2
    Der Autor erläutert z.B. die Besonderheiten dieses Weltkrieges, die einen durchaus an heutige Konfliktformationen gemahnen können:
    Auszug aus dem Kapitel: „Kriegsziele und nationale Kalküle“

    „Die Auseinandersetzung aller europäischen Großmächte um die Vorherrschaft auf dem Kontinent war an sich schranken- und bedingungslos. Der anderen Seite sollten ja nicht konkrete Zugeständnisse im Rahmen eines begrenzten Konflikts abgepresst werden, sondern es ging darum, ihr mit militärischer Gewalt prinzipiell ihren Machtanspruch zu bestreiten bzw.
    ihr einen andren Machtstatus als bisher zuzuweisen.“
    (S. 100)

  4. Mattis
    9. Juli 2014, 14:40 | #4

    Momentan liest man ja, damals hätte es für den Krieg ein „Hurra“-Geschrei gegeben, heute sei es dagegen doch so, dass man „leider“ irgendwo robust eingreifen müsse.
    Bei Verweisen auf die Historie kann man sich schön im Streit festbeißen, inwiefern die Situation und die Motive etc. denn überhaupt „vergleichbar“ seien. Der eine sagt so, der andere so … Und um das wiederum zu beurteilen, muss man dann doch die heutige Situation diskutieren.
    Warum dann nicht gleich im Hier und Jetzt verbleiben?

  5. 9. Juli 2014, 15:04 | #5

    Masttis, das klingt jetzt bei dir so, als wenn – damals wie heute vermutlich – eigentlich gar kein robuster Nationalismus bei den jweils in den Krieg ziehenden Menschen vorhanden gewesen wäre. Doch, das hat es damals gegeben (nicht bei allen, aber z.B. bei manchem Studenten in Deutschland, der sich dann bei „Langemarck“ verheizen lassen durfte) und das gibt es bis heute.
    Du hast natürlich recht, daß es um das „Hier und Jetzt“ geht. Und weil das den Herrschenden so wichtig ist, holen sie ideologisch bis zum Ersten Weltkrieg zurück aus, um das nationalistische Zusammenstehen heute in eine lange Tradition des gleichen Mistes zu stellen.

  6. Krim
    9. Juli 2014, 15:35 | #6

    Führt die Krise nun zu Krieg?

  7. 9. Juli 2014, 15:48 | #7

    Krim, als Basis für eine Antwort auf deine Frage, die sicherlich auch eine spezielle Antwort des GegenStandpunkts erwartet, kann ich dir nur die beiden Vorträge empfehlen, die Peter Decker zum Thema in Berlin und Nürnberg gehalten hat, die sich wiederum anlehnen an den Artikel zum Thema im aktuellen Heft 2-14 der Zeitschrift. So schnell und falsch, wie die von Decker kritisierten Theorien mit ihren Antworten dabei sind, ist der GSP jedenfalls schon mal nicht.

  8. Mattis
    9. Juli 2014, 17:14 | #8

    Es komt mir bei der Frage „Führt die Krise zum Krieg“ so vor wie bei der Frage „Führt Kapitalismus zum Faschismus“. Oft beschäftigen sich Leute mit diesen Fragestellungen, die nach einem besonders schlagfertigen Argument gegen den Kapitalismus suchen, weil man mit anderen Argumenten keinen Erfolg hat.
    Damit handelt man sich dann aber eine Endlosdebatte darüber ein, ob so eine „Entwicklung“ zum Krieg bzw. zum Faschismus wirklich zwangsläufig ist. Eine Sackgasse. All diese „führt zu …“-Argumente taugen nicht viel.

  9. 9. Juli 2014, 19:54 | #9

    Ja, als Schüler bin ich auch bei Demos gewesen, wo der Slogan war: „Kapitalismus führt zum Faschismus, Kapitalismus muß weg!“ Bei sowas kommt der ganz gewöhnliche Kapitalismus dadurch meist recht gut weg, das stimmt. Aber es ist ja nun auch nicht so, als ob kapitalistisches Gewinne machen, kapitalistische Krisen und innerstaatliche Konkurrenzverschärfungen bis hin zu Kriegs“ausbrüchen“ völlig getrennt voneinander, nur zufällig in einem zeitlich engeren Rahmen vorkommen. Etwas genauer zu untersuchen, was wirklich deren innerer Zusammenhang ist, über die von Peter Decker schon vorweg abgetanen linken Standarderklärungen hinweg, das halte ich immer noch für eine wichtige und interessante Sache. Wenn irgendwas in dieser kapitalistisch/imperialistisch verfaßten Welt wirklich zu etwas anderem „führt“, dann sollte man das schon benennen und beschreiben, warum das so ist. Wenn es nur um ein wohlfeiles Menetekel an der Wand ist, weil man sonst nichts Handfestes an Kritik vorzuweisen zu haben meint, dann ist das eigentlich nur ein Trick.

  10. Nestor
    10. Juli 2014, 00:33 | #10

    Ja, ich muß Matthis recht geben. Es ist nicht nur so, daß man nach einem besonders schlagfertigen Argument suchen will, sondern man hat gar keines, setzt aber voraus, daß alle den Krieg schlecht finden. Also nimmt man diesen anerkannten Titel, um gegen den Kapitalismus zu wettern, gegen den man nix Gscheites vorzubringen hat.
    Und so ist am Ende weder das eine noch das andere erklärt.
    Ich habe den vorigen Beitrag von Mattis eher so verstanden, daß die Historiker meinen, damals wäre jede Menge Hurra-Patriotismus zugegen gewesen, während es heute daran fehlt.
    Was den 1. Weltkrieg betrifft, wird hier nachträglich gegenüber den verblendeten Massen, die übers Ziel hinausgeschossen sind und dadurch eigentlich schuld sind, daß der Krieg „ausgebrochen“ ist, eine Schuldzuweisung vorgenommen.
    Das ist natürlich eine dicke Lüge.
    Die Regierungen wollten den Krieg, und es waren übrigens vor allem die Intellektuellen und Eliten, die auf die Straße gezogen sind, sich als Volk geriert und über den staatlichen Zwang hinaus noch zusätzliche Kriegs-Werbung gemacht haben.
    Heute wird von den Meinungsmachern allgemein beklagt, daß es am nötigen Willen zur Vorwärtsverteidigung fehlen würde.

  11. Krim
    10. Juli 2014, 00:46 | #11

    Nochmal: Führt Krise zum Krieg? Ihr labert bloß rum, statt eine Antwort zu geben.

  12. Anlass
    10. Juli 2014, 07:46 | #12

    „Jede Andeutung der FED oder EZB, zu normalen Usancen der Geldpolitik zurückkehren zu wollen, lässt Investitionen und Wachstum wieder abstürzen.“

    (Aus der Ankündigung zur Krisen-Veranstaltung in Nürnberg)
    Als zugespitzter Slogan mag das angehen.
    In Wahrheit hat aber doch die Ankündigung der FED die „emerging markets“ zusammenbrechen lassen. Das national beheimatete Kapital verschiebt die Folgen seiner Krisen also nach auswärts. Das lässt das Konfliktpotential mit anderen Mächten, die sich das ggf. nicht gefallen lassen, anwachsen.
    Daraus entstehen auch Einordnungs- und Unterordnungsfragen.
    Bei Krediten und bei Kreditbedienung dieser Kredite.
    (Darf ein winziges amerikanisches Gericht über das Wohl eines ganzen anderen Landes oder Erdteils urteilen?)
    Auf die Tagesordung gelangen so zunehmend Fragen danach, wer sich zu viel rausnimmt, und wer das Sagen hat, und wer anderen Staaten ihre Rolle zuweist, und ob die sich das ewig gefallen lassen wollen. Solche Fragen stellen ihrerseits Staatsmächte, die sich zu Hegemonialmächten empormanteln wollen.
    Wenn die ihren Anspruch mit Massenvernichtungswaffen untermauern, dann erst recht.
    „Ausbrechen“ tun Kriege dann, wenn solche Gewaltfragen dann auch mal endgültig geklärt werden sollen, der Gegner nicht nachgibt, im Regelfall dann aus eher merkwürdig „unbedeutenden“ oder halt aus berechnend herbeiinszenierten Anlässen.
    Da Verhandeln und Schießen kein Gegensatz sind, werden Kriegsergebnisse auch dadurch erzielt, dass Gegner auf Drohungen hin kapitulieren.
    Das nennt man dann Frieden. Und nicht Krieg.
    Also, um Krims Frage zu beantworten.
    Krise „führt auch zum…“: „… Frieden“.
    (Nach dem Krieg ja sowieso.)

  13. 10. Juli 2014, 07:53 | #13

    Krim, erstmal betont Peter Decker in seiner Kritik das Primat der Politik:

    „Jede der Erklärungen, zum Teil ist es wie eine Verschwörungstheorie, zum Teil ist es einfach albern, alle haben eins gemein: Daß sie einen Grund in der Logik des Staates eigentlich für die Gewalt und die Gewaltkonfrontation nicht finden.“

    Ausführlicher dazu im erwähnten Artikel in 2-14:

    „Wer je daran geglaubt haben sollte, Handel und Wandel hätten mit Gewalt und Erpressung nichts zu tun, Kommerz wäre unvereinbar mit Kampf, kapitalistische Geschäftemacherei wäre ein Sachzwang zu friedlicher Verständigung der Nationen, oder was dergleichen Lobsprüche auf die wunderbare Einheit von Markt und Zivilgesellschaft mehr sind, der dürfte durch die Ukraine-Politik der deutschen Regierung nachdrücklich eines Besseren belehrt werden.
    Was man dank bester Wirtschaftsbeziehungen gegen Russland in der Hand hat, ist ein Potential, dessen Anwendung der Gegner nicht aushält. Bei aller berechnenden Verlogenheit, die in solchen Beteuerungen steckt: Zweifelsfrei klargestellt ist damit schon, wozu grenzüberschreitende Geschäfte einer Staatsmacht mit weltpolitischem Ehrgeiz taugen. Dass sie damit ein Instrument in der Hand hat, um den Willen fremder Souveräne zu brechen, ist ihr völlig selbstverständlich und weckt nicht die geringsten Skrupel; das gehört einfach mit zu den Diensten, die ein anständiger Kapitalismus der Herrschaft schuldig ist, die ihm so erfolgreich dient. Deutschland jedenfalls hat es gerade so zur europäischen Führungsmacht ge -bracht; das dürfen sich auf jeden Fall die unzufriedenen EU-Nachbarn im Osten merken.
    Wer andererseits je geglaubt haben sollte, der Demokratie wäre Waffengewalt als Mittel zur Durchsetzung nationaler Ansprüche an die auswärtige Staatenwelt irgendwie fremd, oder ihr Einsatz wäre, wenn schon, dann nur das allerletzte Mittel für den edlen Zweck, unterdrückte Völker von blutrünstigen Tyrannen zu befreien, der dürfte auch und gerade in den letzten Jahrzehnten kaum einen Monat ohne Enttäuschungen erlebt haben. Die Führungsmacht des freien demokratischen Westens kennt da jedenfalls – außer auf das Verhältnis zwischen selbstdefinierter Problemlage und für fällig erachtetem Aufwand – keine Rücksichten.“

    Zur „friedlichen“ Alternative der EU, vor allem Deutschlands zur „aggressiven“ Politik der USA heißt es weiter:

    „Was die BRD an ökonomischer Erpressungsmacht zu entfalten und an nicht-militärischer Nötigung fremder Souveräne zu leisten vermag, das beruht in letzter Instanz ganz auf einem Respekt der Staatenwelt vor Ordnungsprinzipien des internationalen Verkehrs, der seinerseits in letzter Instanz auf dem Respekt vor der Macht und Bereitschaft der USA zu militärischer Abschreckung und nötigenfalls zur abschreckenden Bestrafung unbotmäßigen Verhaltens beruht. Amerika konfrontiert Deutschland damit, dass es sich seinen Spezial-Imperialismus letztlich nur als Partner der USA und Unterstützer deren militärischen Weltordnungsregimes leisten kann.“

    Bezeichnenderweise kommt das Wort „Krise“ hier im Zusammenhang mit Krieg gar nicht vor. Denn, das hebt Peter Decker ja auch hervor, sowohl die kapitalistischen Interessen als auch die Interessen ihrer Staaten bringen ja auch schon im Boom der Geschäfte genau die Konfkikte hervor, die dann manchmal, nicht immer in Kriegen einer Lösung zugeführt werden (sollen).

  14. qwert
    10. Juli 2014, 08:29 | #14

    […]
    Mit der wieder bestätigten Regel, dass Krisen zu Krieg führen, ist nichts begriffen. Der Zusammenhang versteht sich gar nicht von selbst. Es sind ja nicht die Wirtschaftskrisen und auch nicht die Konzerne, die nationale Feindschaften anordnen: Das tun schon die diversen Vaterländer. Und warum geraten die in Macht- und Unterordnungsfragen aneinander, wenn daheim der Geschäftsgang stockt? Warum ist die Krisenbewältigung kein Gemeinschaftswerk, sondern ein wüstes Gegeneinander dieser Staaten? Und was hilft eine Auseinandersetzung um die Senkaku-Inseln oder um die Krim für den Aufschwung, der auf sich warten lässt?
    Diese Fragen muss beantworten können, wer mehr behaupten will als die Erfahrungstatsache, dass schon manchmal nach einer Krise ein Krieg „ausgebrochen“ ist.

    http://www.youtube.com/watch?v=WtVDYHbGgyA

  15. Krim
    10. Juli 2014, 11:09 | #15

    Also es gibt zwar keinen Automatismus, dass Krise in Krieg münden muss. Es gibt aber in der Krise sehr wohl die Notwendigkeit der Verschärfung der imperialistischen Gegensätze. Es wird darum gestritten in welchem Staat bzw. in welchen Staaten, die fällige Entwertung von Kapital stattfinden soll. Und dieser Streit ist ökonomisch gar nicht zu entscheiden, weil das Geschäft ja gerade weltweit keine Anlage findet. Also wird nicht die ökonomische, sondern die militärische Potenz des Staates als letzter Garant des Geschäfts zum Vergleichsmaßstab. Die militärische Potenz zeigt sich aber letzten Endes nicht in der Anzahl der Soldaten, Panzer, Schiffe, Hubschrauber, Flugzeuge usw., sondern in seiner tatsächlichen Schlagkraft und die zeigt sich erst im Krieg. Daher der mögliche Übergang einiger Mächte diesen letzten Beweis der Stärke auch wirklich zu verlangen bzw. der Schlagkraft eines Machtblocks nicht das zuzutrauen, was dieser von sich behauptet.
    Auf der anderen Seite sieht sich die Führungsmacht, bzw. die Führungsmächte ständig genötigt ihre Dominanz zu demonstrieren, damit ihre Überlegenheit nicht in Frage gestellt wird.

  16. 10. Juli 2014, 11:15 | #16

    Ja, Krim, das sehe ich auch so, daß keinen Automatismus Krise>Krieg gibt. Die Verschärfung der imperialistischen Gegensätze hat es aber immer wieder auch schon gegeben, ohne daß es obendrein auch noch eine veritable Krise der Wirtschaft eines oder mehrerer Staaten gegeben hätte. Der erste Weltkrieg ist z.B. „nur“ aus den Gegensätzen der Großmächte entsprungen. Die vielen Weltordnungskriege der USA nach dem zweiten Weltkrieg kann man auch nicht aus jeweiligen nationalen Krisen herleiten. Das waren deine „Demonstrations“-Kriege
    Peter Decker hat den Punkt, daß letzten Endes „die militärische Potenz des Staates als letzter Garant des Geschäfts zum Vergleichsmaßstab“ wird, übrigens auch betont in seinen Vorträgen.

  17. Mattis
    10. Juli 2014, 13:36 | #17

    „Das national beheimatete Kapital verschiebt die Folgen seiner Krisen also nach auswärts. Das lässt das Konfliktpotential mit anderen Mächten, die sich das ggf. nicht gefallen lassen, anwachsen.“ (Anlass)

    Insofern kann die Krise in einem Staat (oder mehreren) Konsequenz der erfolgreichen Hochkonjunktur eines anderen Staates (oder mehrerer) sein, und in einen daraus „folgenden“ (beschlossenen) Krieg müssen die ökonomischen Sieger sogar noch nicht mal direkt beteiligt sein.
    Andererseits: Staaten, die Krieg führen wollen, machen sich dabei nicht von Krisen abhängig. Eine erfolgreiche Ökonomie kann ebenso die sicheren Mittel bereitstellen für die Absicht eines Staates, bei passender Gelegenheit seine Macht (und die Dominanz seiner Ökonomie) per Krieg auszudehnen.
    Wie auch immer die Szenarien aussehen: der beliebten Denkfigur „durch Krise geschwächter Staat wird aggressiv“ kann man nur durch konkrete Diskussion begegnen, und nicht durch eine allgemeingültige Antwort auf die „führt zu“-Frage.

  18. Krim
    10. Juli 2014, 14:51 | #18

    „Demonstrationen militärischer Potenz“ – also nicht unbedingt Krieg, aber das Demonstrieren von Dominanz, wie es der Westen z.B. im Moment gegen Russland vorführt, habe ich aber gerade aus einer Krisensituation abgeleitet. Die Führungsmacht muss halt ab und zu den dicken Hammer aus rausholen, um Zweiflern zu zeigen, dass sie über ihn verfügt und dass sie nicht wollen können, dass er auf ihr Haupt niedergeht.
    Wenn die militärische Potenz einer Macht drüber entscheidet, wo Entwertung stattfindet und wo nicht, liegt der Übergang bei den betroffenen Staaten zumindest nahe, diese Potenz nicht einfach zu glauben, sondern nach seinem reellen Gehalt auszutesten.
    Dass es auch ohne Krise Krieg geben kann, brauchen wir ja nicht zu diskutieren, da hier interessiert, ob es überhaupt einen Zusammenhang zur Krise gibt, nicht ob es auch andere Gründe für Krieg gibt.
    „Staaten, die Krieg führen wollen,“ Die Frage ist warum sie wollen und ob dieses wollen einen Zusammenhang zur Krise hat. Das Staaten Krieg führen wollen, kannst du ja schlecht zur Voraussetzung der Erklärung machen.

  19. stankovic
    10. Juli 2014, 18:25 | #19

    Es gibt also einen Zusammenhang zwischen Krise und Krieg – schön und gut, aber P. Decker hat an keiner Stelle gesagt, dass es keinen gäbe: die imperialistische Krisenbewältigung und die in ihr anfallenden Kriegsgründe sind ja mittlerweile zum Dauerthema des GegenStandpunktes avanciert.
    Gesagt hat er stattdessen etwas ganz anderes, nämlich dass in den von ihm kritisierten Statements zum Kriegsgeschehen der politische Charakter des Krieges und die Logik des bürgerlichen Staates verleugnet werden. Deine Ableitung einiger Kriege aus der Krise macht sich dieser Leugnung auch nicht schuldig, sondern stellt ja gerade die politische Bezugnahme des Staates auf die Krise heraus, die selbst von einem Automatismus – gäbe es ihn – nicht zwangsläufig in Frage gestellt wäre.
    Du sagst selber: es gibt auch Kriege ohne Krise. Und genau damit machst Du dich auch zum Kritiker der von Decker kritisierten Erklärungen, denn ihrer Logik nach ist in ihnen der Schluss angelegt, dass ohne Krise ein Krieg nicht stattfindet.

  20. Krim
    10. Juli 2014, 19:53 | #20

    Darf ich fragen, wie du auf die Idee kommst, ich wollte mich gegen Decker aussprechen? Das war nicht meine Absicht und auch sonst bin ich mit deinen Ausführungen einverstanden.

  21. 10. Juli 2014, 19:57 | #21

    Nochmal Decker (so an 1:12:55)
    „Jetzt komme ich zu meinem dritten Punkt und muß noch mal tief Luft holen und noch mal von vorn anfangen:
    Die Gewaltkonkurrenz über die Beherrschung und Gestaltung der Staatenwelt, die heuer mit neuer Vehemenz ausgebrochen ist. Meinen Zusammenhang habe ich ja benannt: die Staaten suchen in der Krise nach politischen Mitteln, um Wachstum erzwingen zu können. Und das hängt davon ab, ob es ihnen gelingt andere Staaten zu zwingen. Die Gewaltkonkurrenz ist dadurch eigentlich Thema, einerseits. Diese Gewaltkonkurrenz kommt überhaupt nicht durch die Krise, wegen der Krise in die Welt. Sie ist der beständige Zustand, sie läuft zunächst mal neben der ökonomischen Benutzung der Staaten immer einher.
    Nicht erst in der Krise legen sich die Staaten eine Bundeswehr zu, nein, die gibt es die ganze Zeit. Und da rüstet man auch und die benützt man auch. Es gab einen Afghanistankrieg, es gab in den letzten 15 Jahren vielleicht zehn Auslandseinsätze der Bundeswehr, die hat es alle nicht wegen der Krise gegeben. Und auch andersrum: die Ukraine, der Kampf um Osteuropa, wem gehört Osteuropa, der Eu oder den Russen, der läuft schon die ganze Zeit! Schon die erst orangene Revolution in der Ukraine mit dem Yuschschenko und der Timoschenko damals, 2003, 2004 irgendwas, schon damals ging es um die Sache. Da wäre es verkehrt zu sagen, jetzt, wegen Krise geht es um die Sache.
    Die Gewaltkonkurrenz der Staaten läuft immer neben der ökonomischen Benutzung einher, und die ganze ökonomische Benutzung beruht auf lauter entschiedenen Gewaltfragen. Der ganze Frieden in der Welt ist nichts anderes als eine entschiedene Gewaltfrage. Alle Grenzen zwischen den Staaten sind was? Ergebnisse von Kriegen, also Ergebnisse von entschiedenen Gewaltfragen. Und der friedliche Verkehr zwischen den Staaten, man macht Handelsverträge aus, man tauscht Waren aus, man macht hinterher eine Bilanz, wer dabei gewonnen und wer dabei verloren hat. Alles das beruht auf entschiedenen Gewaltfragen und wird gestaltet und ausgestaltet durch sie, nämlich durch den Status, den eine Nation gegenüber einer anderen hat. Wenn Amerika an Kolumbien herantritt und sagt, könntet ihr mal das machen, dann ist das ganz was anderes als wenn Kolumbien an Amerika herantritt. Da treten Mächte verschiedenen Gewichts einander gegenüber. Und ihr ganzer Verkehr wird davon bestimmt.
    Also: Gewalt kommt nicht durch die Krise in die Welt. Die Gewaltkonkurrenz kommt auch nicht durch die Krise in die Welt. Der Zusammenhang hat nur einen Punkt: In der Krise und durch die Methoden der Krisenbewältigung kommen die großen Mächte drauf, sie müssen sich nächtens viel mehr durchsetzen als die ganze Zeit. Sie betrachten rückblickend den Frieden, den sie gehalten oder auch nicht gehalten haben, als, sie haben viel zu viel zugelassen.
    Wie schaut jetzt die Gewaltkonkurrenz aus gerade zwischen den Großen? Da meine ich jetzt ein bißchen konzentriert Europa und die USA, zwischen den Großmächten, die ja bis dato und bis auf weiteres auf jeden Fall nicht aufeinander schießen? Gewaltkonkurrenz hat da nicht den Charakter, ich mach dich kaputt und setz mich an deine Stelle. Dennoch haben die eine Gewaltkonkurrenz untereinander, und natürlich mit dem ganzen Rest der Welt. Dazu will ich jetzt ein bißchen was sagen. Krise als Grund, aber bloß als Grund zu: Man muß sich bei dem, was man eh andauernd sowieso treibt, die Konkurrenz der Mächte, nicht die Konkurrenz ums Geld. Wegen der Konkurrenz ums Geld sind sie in der Konkurrenz der Mächte zu dem Schluß gekommen, sie müssen sich entschiedener durchsetzen. Und jetzt reden wir über die Konkurrenz der großen Mächte untereinander. Das steuert zu auf das Beispiel Ukraine, aber ich will das heute nur als Stoff für das Grundmuster, das ich zeigen will, ausbreiten.
    Die Gewaltordnung der USA beruht seit 1945 nicht darin, daß sie alle Länder erobern und die Souveräne dort, die Staatschefs dort, die Staatsmächte abschaffen und sie zu einer Provinz von sich erklären. Nein, Amerika beherrscht eine Welt selbständiger Staaten. Diese Selbständigkeit soll nie weg, sie sollen nur immer so ihre Staatszwecke verfolgen, daß sie zur amerikanischen Welt passen und ein Beitrag zur amerikanischen Ordnung und zur amerikanischen Macht sind. Wie übt Amerika diese Gewalt aus? In aller Regel dadurch, daß es sich als Wächter seiner Ordnung präsentiert und immer wieder Outlaws dingfest macht und „Schurkenstaaten” identifiziert, die sich gegen irgendwas der amerikanischen Ordnung vergangen haben und die jetzt bestraft werden müssen. Für die Bestrafung werden jetzt alle anderen Staaten, die sich dieser Weltordnung unterziehen und bedienen, denn die Weltordnung ist von einer Art, daß sie ja den anderen Staaten eben erlaubt, ihre Nationalinteressen zu verfolgen und in Konkurrenz, sogar zu den USA, zu sehen, wer mehr am Weltmarkt verdienen kann, welcher Staat sich mehr stärken kann durch den globalen Kapitalismus. Diese Staaten werden als Partner angesprochen und das sind sie auch. Sie sind der Weltordnung untergeordnet, aber sie sind auch Mitmacher der Weltordnung. Und diese Partner werden aufgefordert, wenn die Amerikaner einen Ordnungsfall ausrufen und der Welt einen Feind vorgeben. Sie sind aufgerufen, mitzuhelfen, den Feind fertig zu machen. Das verpflichtet die Partner, sich zum Diener der amerikanischen Suprematie über den Globus zu machen. Das ist eine lustige Geschichte: Sie werden angesprochen, ihr habt doch auch was von dieser Ordnung, und deswegen müßt ihr euch zum Helfershelfer unserer unangefochtenen Dominanz machen. Die Partner sagen nicht einfach nein, jedenfalls in der Regel nicht. Sondern sind kalkulierend bereit, sich den Amerikanern in ihren Weltmachtfragen zur Verfügung zu stellen, aber verfolgen dabei immer die Pflege des eigenen Gewichts auch gegenüber den USA. Daß man und in welchem Maß man ein wichtiger Verbündeter ist, ist die Grundlage dafür, wieviel man sich in eigenen Interessen auch gegen Amerika rausnehmen kann und wieviel eigene Weltmachtprojekte man auf Kosten der USA verfolgen kann. Gerade Deutschland ist da eine Riesenheuchelnation: Immerzu wird vor den Amerikanern verbal und nach der offenen Seite hin gesagt, ja ihr seid die Führungsmacht, und wir wollen auch niemand anderen als Führungsmacht, und wir stehen an eurer Seite, und die Werte der NATO werden verteidigt. Tatsächlich behält es sich Deutschland sehr vor, wann und wo es amerikanische Durchsetzungsfragen wirklich unterstützt und wo es beiseite steht und nicht mithilft und wo es in einer Weise mithilft, daß möglichst viel eigenes Gewicht damit herausgewirtschaftet wird.
    Insofern ist die Gewaltkonkurrenz zwischen den Großen keine um Beseitigung der anderen oder Triumph, sondern sie geht um Funktionalisierung der anderen Macht für die eigene und Vermeidung des funktionalisiert Werdens durch die andere für die. Deutschland funktionalisiert die USA ganz grundsätzlich mit seinem Europaprojekt. Die Einbettung aller osteuropäischen Nationen direkt oder indirekt in die NATO, ist die Sicherstellung, daß zwischen den Euro-Nationen Gewalt kein Mittel ist und Gewalt nur ein Mittel ist, wenn Amerika sich dahinterstellt. Und nur diese Basis ist es, die in Europa das Ungewöhnliche schafft, das ökonomische Dominanz gleich politische Dominanz ist. So selbstverständlich ist das doch gar nicht! Staaten können doch auch sagen, wir sind zwar ärmer, aber wir können besser schießen, wir sind die größere Militärmacht. Rußland ist bis heute ein Staat, der sich vom Standpunkt der kapitalistischen Konkurrenzfähigkeit wirklich nicht besonders sehen lassen kann, aber mit seinen Atomwaffen die zweitgrößte Militärmacht des Globus ist. Und da gilt dann auch manchmal die ökonomische Potenz eines Landes gar nicht viel vor den Waffen, mit denen man agen kann, das brauchen wir uns von euch nicht gefallen zu lassen, ganz egal, ob ihr mehr Geld habt als wir. Daß in Europa zwischen den europäischen Bündnispartnern, zwischen den EU-Staaten, nur die ökonomische Dominanz zählt, und die militärische Potenz gar nicht (altes Leiden Frankreichs: Die hätten es immer gern, Europa eine militärische Dimension zu geben und dann wäre es als Atommacht und als ewig schon kriegsfähiger Staat von einem ganz anderen Gewicht in der EU als es jetzt ist, mit der Unterordnung der ganzen EU unter die NATO und auf der Basis der Gewaltlosigkeit des Verkehrs unter den EU-Staaten unter der ökonomischen Dominanz der Bundesrepublik.) Das ist schon mal die erste große Instrumentalisierung des amerikanischen Gewaltapparats. Daß in Europa Gewalt nix gilt, weil alle Gewalt von den NATO-Mitgliedsländern nur benutzt werden kann, wenn es NATO-Gewalt ist. Die nächste Form dieser Instrumentalisierung ist jetzt der Kampf um Osteuropa.“

  22. stankovic
    10. Juli 2014, 21:31 | #22

    @krim
    Frag ruhig! Weil ich dich wohl falsch verstanden habe. Aber wie hätte ich es nicht tuen können, wenn Du so plötzlich die Frage aufwirfst: „Führt die Krise nun zum Krieg?“? 😉

  23. Krim
    11. Juli 2014, 00:49 | #23

    Wieso plötzlich? Der Thread heißt: „Peter Decker zur These Krise führt zu Krieg“ Da kann es nicht überraschend kommen, dass ich nochmal nachfrage, wenn die Antwort ausbleibt. Mittlerweile sind ja einige Antworten gegeben worden, nicht zuletzt bzw. von der Reihenfolge eigentlich doch zuletzt in neoprenes Auszug aus Deckers Vortrag.

  24. stankovic
    11. Juli 2014, 06:36 | #24

    Ja eben, weil der Thread so heißt! Da er „Krieg führt zu Krise“ im Titel enthält, bin ich davon ausgegangen, dass mit der Formulierung die von Decker kritisierten Statements nur gemeint sind. Was auch sonst?

  25. 11. Juli 2014, 07:26 | #25

    Das war doch gerade der Einstieg von Peter Decker, daß er diese eigentlich bei der ganzen Linken als selbstverständlich angesehene These/Theorie/Erkenntnis, daß große Krisen zu großen Kriegen führen, darauf abgeklopft hat, was überhaupt und wie den konkret daran stimmt und was beschönigende Ideologie ist.
    Deshalb war die Frage von Krim ja auch angemessen, denn die offensichtlichen Antworten, Nein bzw. Ja, hat ja schon Decker gerade nicht gegeben.

  26. stankovic
    11. Juli 2014, 09:32 | #26

    Stattdessen hat Krim eine Antwort gegeben, die ihn scheinbar im Gegensatz zu Deckers Kritik brachte. Er hat es klar gestellt, deswegen ist es nicht nötig eine Nebendiskussion zu eröffnen.

  27. Proto
    15. Juli 2014, 20:20 | #27

    Neues Jourfixe-Protokoll vom 07.07.2014 zur
    Fortsetzung des Artikels „Krise und Gewalt“ (GS 2-14):
    http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2014/jf140707.html

  28. Newie
    27. Juli 2014, 11:05 | #28
  29. dazu
    28. Juli 2014, 19:51 | #29

    Seinen Artikel über die Argentinien-Krise schloss Stephan Kaufmann vorgestern mit diesem Satz:
    „Als Finanzier für die Zwischenzeit bietet sich nun China an: Peking hat Argentinien diese Woche Yuan-Kreditlinien über elf Milliarden Dollar gewährt.“
    http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/countdown-zum-bankrott-laeuft-argentinien-vor-der-staatspleite,10808230,27946992.html
    Auch in diversen Blog-Beiträgen über die morgen verhängten Sanktionen der EU gegen Russland wird über das Dollar-Guthaben der Chinesen spekuliert: China besitze so viele Billionen immer wertloser werdender US-Dollar-Anleihen, dass es sie auch zur Zwischenfinanzierung in Russland sinnvoll einsetzen könnte (meinte ein Blogger bei der NZZ).
    Ist dem so?
    Die Dollars der Chinesen sollen doch m.E. ein Ersatz sein für die Konvertibilität des chinesischen Geldes. Nun wird ja darüber spekuliert, dass Peking sein Geld konvertibel machen will.
    Dass es dafür seine Dollarguthaben verfeuern möchte, glaube ich aber eher nicht.
    Welchen immanenten Zweck hatten und haben denn eigentlich die in US-Staatsanleihen und ähnlichem angelegten chinesischen Guthaben auf Dollar-Basis?

  30. dazu
    28. Juli 2014, 20:52 | #30

    Nützlich ist übrigens dazu noch einmal das Jourfixe-Protokoll
    http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2014/jf140602.html

  31. Nachricht
    29. Juli 2014, 20:58 | #31

    Das EU-Imperium schlägt zurück, gegen den („US-Vasallen-„)Staat Kosovo, der sich dem falschen (US-) Herren verschrieben hat, anstatt der einzig dazu befugten allerheiligstn Europäischen Union
    http://www.tagesschau.de/ausland/organhandel-100.html

  32. Toleranz_Kritik
    29. August 2018, 18:37 | #32

    Kritik der Toleranz
    Tolerieren ist lateinisch und heißt erdulden. Die schöne Tugend, auszuhalten und gelten zu lassen, was man nicht leiden kann, ist ein Grundwert der Demokratie. Warum man sich diesen Widerspruch antun soll, das begründet einem keiner – höchstens tautologisch in der Form, dass andernfalls Intoleranz und Streit herrschen würden. Der Wert soll sich wohl von selbst verstehen.
    Dabei ist er im Zeichen des Vormarschs rechter Parteien in Europa gar nicht mehr unumstritten: Während seine Anhänger das Aushalten und Gewähren-Lassen für die Voraussetzung von gesellschaftlicher Harmonie und freier Selbstbestimmung halten, sehen die rechten Kritiker in der allgemeinen Toleranz das Ende aller Werte und verbindlichen Sitten, die ein Volk ausmachen und zusammenhalten. Recht haben beide nicht.
    Aufzeichnung von Vortrag und Diskussion mit Peter Decker
    (Bremen, 23.08.2018)
    https://www.argudiss.de/kritik-toleranz-1
    https://www.argudiss.de/sites/default/files/doku/gesamtaufnahmen%28mp3%29/toleranz_hb_0818_ges.mp3

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