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IKVI (EX-VS = Mandelianer) zur Ukraine

5. März 2014

Zur Erklärung der Pablisten/Mandelianer (Internationales Komitee der Vierten Internationale, früher VS genannt) vom 25.02.2014, zitiert nach
http://nao-prozess.de/erklaerung-zur-ukranine/

„trotz kultureller, sozialer und politischer Unterschiede zwischen den verschiedenen historischen Regionen des Lands traten die Massen als unabhängiger Faktor auf … sei es durch direkte Beteiligung an der Maidan-Bewegung (vor allem im Westen und in der Mitte des Landes), sei es passiv (die vorherrschende Haltung im russischsprachigen Osten).“

Mal abgesehen, dass Passivität nun nicht gerade ein Beweis für die Unabhängigkeit dieser atomisierten teilnahmslosen Massen ist, ist „Unabhängig“ in Bezug auf Euromaidan ja wohl ein böser Witz angesichts der praktisch von Anfang an erkämpften Vorherrschaft der Ultrarechten in dieser Bewegung.

„Die Bewegung wies von Anfang an eine Kombination von revolutionären (demokratischen, antihierarchischen, selbst organisierten) und reaktionären Zügen auf..“

Ja so was kommt bei allen reaktionären Bewegungen, wenn sie nur eindrucksvoll groß genug sind für kleine linke Organisationen, dann sind das immer „und“-Bewegungen und damit irgendwie doch was Positives, jedenfalls die Unterstützung wert.

„Hegemonie der reaktionären nationalistischen Ideen, kombiniert mit einem legitimen Engagement für nationale Unabhängigkeit“

Auch hier wieder kann das Statement sich nicht entscheiden und laviert zwischen „reaktionär“ und „legitim“ haltlos hin und her.

„Wir unterstützen die Unzufriedenheit und die Bestrebungen der Bevölkerung nach einem würdevollen und freien Leben in einem Rechtsstaat … wie sie in der sog. Euromaidan-Bewegung im ganzen Land zum Ausdruck kommen“.

Das ist wieder ein böser Scherz: „würdevoll“ und „frei“ haben es Harz IVler in Deutschland auch, da weiß man gleich, dass sich die Menschen außer diesem billigen Wortgeklingel nun wirklich nichts erwarten dürfen. Und das ja auch nicht tun, denn schon der Ausgangspunkt der Euromaidan-Bewegung war ja – nomen est omen – das völlig offene Propagieren der Kapitulation unter die Euro-Diktatsbedingungen.

„Während die tonangebenden organisierten politischen Kräfte bislang zur Rechten oder extremen Rechten gehören, unterstützen wir die sozialen und politischen Kräfte, die versucht haben, innerhalb dieser Bewegung eine linke Opposition aufzubauen.“

Wo denn, wie denn, wann denn?

„Die alternative Linke muss mit ihren eigenen Vorschlägen zu den sozialen, sprachpolitischen und demokratischen Fragen auf die Hoffnungen und Illusionen der Bevölkerung antworten und den verschiedenen Rechtsparteien etwas entgegensetzen.“

Das ist für eine schon mächtig in die Jahre gekommene Organisation von vorgeblichen Revolutionären eine erstaunliche programmatische Kapitulation. Ja, in der Ukraine „muß“ wohl „etwas“ geschehen. Was das sein soll, sagt das IKVI jedenfalls schon mal nicht.

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  1. 6. März 2014, 12:35 | #1

    DGS/TaP hatte bei facebook geschrieben:

    „Der Text den Du kritisierst, ist aber nicht von den North-Leute (in BRD: PSG), sondern von MandelistInnen (in der BRD: isl und RSB). – Das ist doch gerade der Text, wegen dem die North-Leute stinkig sind, weil die ManelistInnen ihr Leitungsgremien seit ein paar Jahren ebenfalls „Internationales Komitee“ und nicht mehr „Vereinigtes Sekretaritat“ nennen. – Siehe Deinen entsprechenden post von heute morgen.“

    Ich habe daraufhin den Titel korrigiert.

  2. 7. März 2014, 00:59 | #2

    Vielleicht sollten wir kurz noch versuchen zu erklären, worum es geht: MandelistInnen, North-Leute, …
    Ungefähr, falls ich recht informiert bin, um folgendes:
    1938 wurde von TrotzkistInnen die IV. (nach der I., an der Marx beteiligt war; der II. – der der klassischen Sozialdemokratie – und III. – nach der Oktober-Revolution gegründeten und von Stalin aufgelösten) Internationale gebildet. Das Leitungsgremien der 1938 gegründeten IV. Internationale hieß „Internationales Sekretariat“.
    Von dieser Internationale spalteten sich in den 1950er Jahren – aus (wie mir scheint) teils richtigen und teils falschen Gründen – die us-amerikanische SWP sowie die britische und französische Sektion (mehrheitlich) ab. Das Leitungsgremium ihres Zusammenschlusses, den sie pfiffigerweise ebenfalls IV. Internationale nannten, bezeichneten sie als „Internationales Komitee“. Seitdem hat sich – angesichts der beanspruchten Namensidentität der internationalen Zusammenschlüsse – eingebürgert, die trotzkistischen internationalen Zusammenschlüsse nach den Namen ihres jeweiligen Leitungsgremiums oder aber ihren jeweiligen führenden Theoretikern zu benennen.
    Von der Abspaltung der 1950er Jahre spaltete sich dann in den 1960er Jahren wiederum die SWP, die sich darauf hin / dabei mit der ursprünglichen IV. Internationale wiedervereinigte, ab. Im Zuge davon wurde deren Leitungsgremium von „Internationales Sekretariat“ in „Vereinigtes Sekretariat“ (VS) umbenannt.
    Von der von dem „Internationalen Komitee“ geleiteten Gruppierung spaltete sich dann Anfang der 1970er Jahre noch die frz. Sektion ab – und die „North-Leute“ sind die heutigen NachfolgerInnen des dann noch verbliebenen Restes jener – in den 1950er abgespaltenen – internationalen Gruppierung.
    Der internationale trotzkistische Zusammenschluß, der die organisatorische Mehrheits-Kontinuität der historischen IV. Internationale verkörpert (und der auch „Pablisten“ [nach deren Cheftheoretiker der 50er und 60 Jahre, Pablo] oder „Mandelisten“ [nach dessen Nachfolger, Mandel] genannt wird) benannte sein Leitungsgremium in diesem Jahrtausend erneut um – und zwar, um anscheinend für besonders viel Klarheit zu sorgen ;-), in „Internationales Komitee“…
    Quantitativ viel wichtiger als die North-Leute sind freilich andere Abspaltungen der historischen IV. Internationale – nämlich einerseits jene, deren deutsche Sektion die SAV ist, und andererseits jene, aus der Marx 21 hervorgegangen ist.
    Und dann gibt es noch den internationalen – v.a. lateinamerikanischen – trotzkistischen Zusammenschluß, zu dem in BRD RIO gehört, sowie die trotzkistischen Mehr-Länder-Organisationen RSO (v.a. im deutsch-sprachigen Raum) und IBT (v.a. im englisch-sprachigen Raum, aber auch mit deutscher Sektion) und schließlich noch die ‚Spartakisten‘.
    Stimmt das soweit (ohne Anspruch auf Vollständigkeit ;-))?

  3. 7. März 2014, 08:51 | #3

    Diese Organisationen gehören zum historischen sogenannten „Dritten Lager“ (= „Weder Moskau noch Washington!“), also den Tendenzen aus den Trotzkismus, die die Verteidigung der Sowjetunion und der anderen „deformierten Arbeiterstaaten“ gegen imperialistische Versuche der Konterrevolution angesichts des Drucks des Antikommunismus Anfang der 1950er Jahre aufgegeben haben. Die „Urväter“ dieser Bewegungen sind Tony Cliff und Ted Grant aus Großbritannien.
    „Cliff wurde zu Beginn des Koreakriegs 1950 aus der trotzkistischen Vierten Internationale ausgeschlossen, als er sich weigerte, für China und Nordkorea und gegen die USA Stellung zu beziehen.“ (Wikipedia)
    „Ted Grant wird als Begründer der Strategie des „Langzeit-Entrismus“, also der – böswillig von vielen so genannten – Unterwanderung von bzw. – freundlich ausgedrückt – demokratischen Beteiligung in sozialistischen Parteien und Organisation durch Trotzkisten angesehen. Ausgangspunkte für diese Strategie waren folgende: Nach dem Zusammenbruch der trotzkistischen Partei Revolutionary Communist Party (RCP) in Großbritannien (gegründet 1943, Auflösung 1949/50), deren theoretischer Kopf Grant war, stand die Gruppe um Grant sehr alleine in der politischen Landschaft da. Mitte der 1950er Jahre greift die kleine Gruppe die alte Idee wieder auf, der Labourparty beizutreten.“ (Wikipedia)
    Cliffisten:
    „Das Netzwerk „marx21“ ist die deutsche Sektion des internationalen trotzkistischen Dachverbandes „International Socialist Tendency“ (IST) mit Sitz in London (Großbritannien). Wie in den Vorjahren war „marx21“ auch 2012 die aktivste trotzkistische Organisation in Deutschland.“ (Verfassungsschutzbericht 2012)
    „marx21 ist ein Netzwerk innerhalb der Partei Die Linke mit rund 400 Mitgliedern[1] und Nachfolger der im September 2007 aufgelösten trotzkistischen Organisation Linksruck.“ (Wikipedia)
    Größte Sektion ist die von Cliff gegründete Socialist Workers Party (SWP) in Großbritannien, dort lange die größte Partei der radikalen Linken.
    Grantisten:
    „Die Sozialistische Alternative – SAV e. V. ist eine bundesweite trotzkistische Organisation. Sie bildet die deutsche Sektion des Komitees für eine Arbeiterinternationale. … Die SAV ging 1994 als Partei aus der Gruppe Voran hervor und trug zunächst den Namen Sozialistische Alternative – Voran. Der Namensbestandteil Voran wurde mit der Umbenennung des Zentralorgans 2002 obsolet und ist nicht mehr Bestandteil des Namens. … In der Entstehungszeit der Partei WASG rief die SAV ihre Mitglieder massiv zur Teilnahme auf. Ziel war die Durchsetzung eines „kämpferischen Kurs, demokratische Strukturen und eines sozialistischen Programms“. … Während in Westdeutschland die Mehrheit der SAV-Mitglieder auch in die fusionierte Partei Die Linke eintraten, formierten sich die ostdeutschen Ortsgruppen außerhalb der Linken.“ (Wikipedia)

  4. 7. März 2014, 17:19 | #4

    die historischen führer des IK hiessen Healy (england), Lambert (frankreich) und Cannon in den USA. auch die spartacist tendenz nahm an der londoner konferenz de IK teil (1966), flog dort aber raus. noch heute sehen sich sowohl IKL als auch IBT in der tradition des IK. die gruppe IV. internationale, die sich aus der TLD über polen abspaltete, sah das IK kritischer und betrachtete es als „reziproken zentrismus“ (zum IS).
    David North übernahm das IK, als der Healyismus vollkommen zusammenbrach.
    Grant ist der stammvater der militant-strömung. aus der militant-strömung kommt die IMT (in deutschland „der funke“) und die SAV (der führer des CWI heisst Taafe) und hat sich über die frage des entrismus gespalten. das CWI ist quasi der „linke“ flügel der militants, da sie die klassische sozialdemokratie als „bürgerlich“ ansieht, und daher eine grössere organisatorische unabhängigkeit anstrebt. die militants gehören auch nicht zum dritten lager.
    marx21 gehört zur IST, deren historischer kopf Cliff war. die vertreten eine staatskapitalistische „dritte lager“ theorie. es gibt noch in den USA eine kleine gruppe namens LRP, die eine sehr linke variante des „staatskapitalismus“ vertritt. diese gruppe ist allerdings in deutschland kaum bekannt.
    http://www.bolshevik.org/deutsch/archiv/urspruenge_des_pabloismus.html
    http://www.icl-fi.org/deutsch/spk/175/slb.html
    http://lrp-cofi.org

  5. 7. März 2014, 17:38 | #5

    Während ich die Cliff-Version der Sichtweise auf die Sowjetunion als staatskapitalistisch nie ernsthaft zur Kenntnis genommen habe, wahrscheinlich, weil die Cliff-Organisationen in ihrer praktischen Politik immer so fürchterlich weit rechts standen, fand ich das Buch von Walter Daum zur Kritik des Stalinismus „The Life and Death of Stalinism – A Resurrection of Marxist Theory“ so interessant, daß ich es als OCR-Scan bei mir reingestellt habe:
    http://neoprene.blogsport.de/images/Daum_Stalinism.zip
    Hat aber in all den Jahren buchstäblich niemand interessiert. Per Zufall habe ich dann Walter Daum neulich sogar bei Facebook wiedergefunden!

  6. Bernhard T.
    10. März 2014, 03:16 | #6

    Grundlegend: „Vierzig Jahre Spartacist. ‚Vorwärts zur Wiedergeburt der Vierten Internationale‘„, in „Spartacist“ (deutsche Ausgabe) Nummer 24, Sommer 2004 sowie natürlich „Ursprünge des Pabloismus.Die SWP und die Vierte Internationale, 1946-54“, in: „Spartacist“ (deutsche Ausgabe) Nummer 3, März 1975.
    Zur Kritik an der (I)BT vgl. „Spartakist“ Nummer 87 vom Juni 1991 und Nr. 91 vom November/Dezember 1991(im Kasten links die vierte PDF-Datei [17,6 M] von unten anklicken und runterscrollen – Download dauert etwas)
    Zur Ukraine: „Fascists Mobilize Behind U.S./EU Against Russia. Ukraine Turmoil: Capitalist Powers in Tug of War“ (Workers Vanguard No. 1038, 24 January 2014) . Demnächst auch in deutscher Übersetzung. [Es gab ihn auf der Veranstaltung auch schon auf Deutsch: „Viertes Reich unterstützt ukrainische Faschisten – wieder mal. Ukraine: Rechter Putsch geführt von Faschisten, unterstützt von EU/USA“, Spartakist Nr. 202 März 2014]

  7. Bernhard T.
    19. März 2014, 00:32 | #7

    Vgl. „Ukraine nach dem rechten Putsch. EU/US-Imperialisten hyterisch über russische Intervention. Die Krim ist russisch.“ („Spartakist“-Extrablatt“ vom 9. März 2014)
    http://spartacist.org/deutsch/extra/ukraine.pdf

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