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Archiv für März, 2013

GSP 1-13: „Zur Broschüre des Ums-Ganze-Bündnisses“

22. März 2013 48 Kommentare

Vor drei Jahren, als das „…ums Ganze!“-​Bünd­nis eine Bro­schü­re mit dem Titel „Staat, Welt­markt und die Herr­schaft der fal­schen Frei­heit“ – Zur Kri­tik des ka­pi­ta­lis­ti­schen Nor­mal­voll­zugs“ herausgebracht hat, habe ich das flugs eingescannt (damals hatten die das noch nicht selber online gestellt) in der Hoffnung, das vielleicht diesmal eine linke Diskussion über das angesprochene zentrale Thema für alle Linken, die dieses System abschaffen wollen, angestoßen wird. Soweit ich das richtig sehen, ist daraus aber nicht nur auf meinem Blog nicht viel geworden. Nun gibt es einen neuen Anschieber:
In der gerade erschienenen Ausgabe 1-13 der Zeitschrift GegenStandpunkt ist zu dieser Broschüre eine ausführliche Kritik erschienen, deren Einführung mir schon mal gut gefallen hat (nicht umsonst habe ich ja Ausführungen von Peter Decker, die auch so argumentierten, hier schon „abgedruckt“):

Zur Broschüre des Ums-Ganze-Bündnisses:
”Staat, Weltmarkt und die Herrschaft der falschen Freiheit”
Statt Kritik des Systems der Ausbeutung eine radikalkritische Absage an den „Systemzwang”
Das Anliegen
Es hat einmal eine Arbeiterbewegung gegeben. Proletarier kämpften um ihren Lebensunterhalt und hatten in der Kapitalistenklasse ihren Gegner. Ihre Kämpfe waren ganz selbstverständlich der Bezugspunkt aller kritischen Geister, die an Staat und Gesellschaft etwas auszusetzen hatten; sie waren eben der „Träger des Fortschritts”, der die „Neue Zeit” herbeiführt und gestaltet. Schon gleich die Intellektuellen, Marx und Engels und ihre Gegner, richteten sich an diese Bewegung und hatten in ihrer Wirkung auf sie das praktische Ziel ihrer theoretischen Tätigkeit. Schließlich hing davon, wie die Arbeiterschaft sich die verschiedenen Formen ihres Elends erklärt, ab, was sie zu dessen Überwindung nötig und zweckmäßig finden würde. Die einen führten Hunger, Frauen- und Kinderarbeit, ungesunde Wohnverhältnisse, Ausschluss von Bildung, Not im Fall von Alter, Krankheit und Arbeitslosigkeit auf das Lohnarbeitsverhältnis als den Grund dieser Übel zurück, andere machten die mangelnde Repräsentation der Arbeiterschaft im Staat dafür verantwortlich; entsprechend fochten die Fraktionen den Streit um „Reform oder Revolution” aus. Das ist lange vorbei. Heute ist allgemein und auch von den Lohnabhängigen anerkannt, dass ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplatz das Höchste ist, worauf der moderne Mensch hoffen darf – schließlich gibt es nicht wenige, denen dieses Privileg versagt bleibt und dass kritikwürdige Zustände erst jenseits des tarifvertraglich geregelten Verhältnisses von Lohnarbeit und Kapital beginnen: bei Langzeit-Arbeitslosen in Hartz-IV etwa, im Bereich extremer Niedriglöhne, bei Migranten und Marginalisierten; jedenfalls nicht mehr beim Proletariat, sondern beim Prekariat.
Leute, die sich auch heute noch über soziale und andere Missstände empören, suchen und finden in diesen keinen gemeinsamen Nenner mehr; oder eben den. Missstände zu sein, Fälle von Versagen der Verantwortlichen vor ihren Aufgaben, von Ignoranz gegenüber den Folgen politischen Handelns oder generell von einem Mangel an Menschlichkeit. Derart Empörte brauchen keine Theorie. Was gut und was schlecht ist, sagt ihnen ihr Gerechtigkeitssinn, und dem muss jeder zustimmen, der das Herz am rechten Fleck hat. Ihr kritischer Standpunkt hat nichts zu tun mit der Durchführung irgendeiner Kritik. Sie engagieren sich praktisch für das Gute, indem sie demonstrativ Forderungen an die zuständigen Stellen richten oder gleich selbst mit Spenden, diversen sozialen Projekten und „Tafeln” die Welt verbessern. Theorie gilt in diesen Kreisen im besten Fall als Zeitverschwendung, im Normalfall als Ablenkung und Verhinderung der Tat, deren Dringlichkeit angesichts himmelschreiender Missstände doch außer Frage steht.
Auf derartige Protestinitiativen und deren moralische Selbstgenügsamkeit und Theoriefeindlichkeit bezieht sich die Ums-Ganze-Mannschaft mit der Botschaft, dass ein punktueller Verbesserungswille, der sich nicht um die Ursachen kümmert, aus denen die beklagten Missstände hervorgehen, blind ist und folgenlos bleibt: „Bewegung braucht Theorie!”; eine eben, die nachweist, dass dir vielen Missstände kein Zufall sind, sondern System habendem es um ihre Beseitigung zu tun ist, dem muss es „ums Ganze” gehen, „um die Kritik gesellschaftlicber Herrschaft als ganzer” (7; dieses und die folgenden Zitate mit Seitenangabe aus der Broschüre), denn:
”Andernfalls verliert sich Politik in naivem Aktionismus. Wer sich mir um vermeintlich konkrete Problemlagen kümmern will, verfehlt meist deren Entstehungszusammenhang in der staatlich vermittelten kapitalistischen Konkurrenz. In herrschaftskritischer Perspektive sind meist sämtliche Alternativen pragmatischer Politik gleicher maßen falsch.” (18)
Mit diesem Argument versucht das Bündnis kritische Aktivitäten anderer zu radikalisieren und sie für eine umfassende Absage an den Kapitalismus zu gewinnen; dem, was es Reformismus nennt, setzt es „die Überwindung von Staat und Kapital” (8) entgegen.
Die große Entdeckung:
Das kapitalistische System ist „ein System”, sein Inhalt „Zwang”
[Ende meines Zitats aus dem Artikel]

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MSZ 19: „60 Jahre nach der Oktoberrevolution: Sowjetunion heute“ online

19. März 2013 Kommentare ausgeschaltet

Ich hatte gerade erst auf dem Blog von Nestor Machno im x-ten Wiederholungs-Thread zur Staatstheorie des GSP (hier wegen dem Artikel „Ungarns neue Verfassung„) folgendes gepostet:
(Ich möchte hier auf einen schon beinahe enzyklopädischen Artikel aus der MSZ 19 verweisen, der demnächst auf der Archivseite erscheinen wird: „60 Jahre nach der Oktoberrevolution: Sowjetunion heute“)
„Schon“ ist er online: http://msz1974-80.net/SU77.html

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libelles Antikommunismus

17. März 2013 178 Kommentare

Ich habe den Hinweis auf den GSP-Artikel aus 1-13: „Zur Broschüre des Ums-Ganze-Bündnisses“ rausgenommen und in einen neuen Thread gepackt. Denn hier geht es ja offensichtlich wieder mal um libelles Begründung für seinen dezidierten Antikommunismus.

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19.03.13 ¦ Berlin ¦ Köper zu Mali

17. März 2013 Kommentare ausgeschaltet

Am kommenden Dienstag, dem 19.03.2013, wird Jonas Köper vom GegenStandpunkt einen Vortrag in Berlin halten:
Thema:
Mali: Die mächtigsten Staaten der Welt identifizieren in einer wüsten Gegend eine Störung der von ihnen eingerichteten wüsten Lage. Das heißt Krieg!
Ort:
Mehringhof (Versammlungsraum), Gneisenaustr. 2a, Berlin-Kreuzberg (U-Bahn Mehringdamm)
Beginn:
19.03.2013, 19:00 Uhr
Der Ankündigungstext:

„Mali war ein paar Bildungsnahen und Bildungsreisenden bekannt und zwar so: erbaulich. Nun kennen es auch Otto Normalverbraucher und Erika Mustermann, und zwar so: Dort, in der „Terrorzone Sahara“ tummeln sich „unsere neuen Feinde“. Damit haben die deutschen Meinungsbildner schon alles gesagt bzw. hat allen alles klar zu sein:
Da gehört sich gewaltsam aufgeräumt! Frankreichs Bombardement von Ortschaften, in denen „die gefährlichsten Sahara-Islamisten“ sein können, und der Einmarsch mit schweren Waffen ist gut – ganz im Gegensatz zum verworfenen bösartigen Vorgehen des syrischen Diktators gegen Islamisten im eigenen Land. Bleibt so gesehen nur noch eine offene, deutsche Frage: „Müssen wir in den Wüstenkrieg?“(alles: BamS 20.1.13) Das kann man schlucken, muss es aber nicht.
Was ist das eigentlich für eine Gesellschaft und was für ein Staat, wo jetzt der nächste „Krieg gegen den Terror“ (Hollande) geführt wird? Mali gehört zu den höchst verschuldeten und 25 ärmsten Staaten, liegt auf vielen Bodenschätzen unter viel Land mit Plantagen, für die flächendeckend Nutzungsrechte an auswärtige Kapitale vergeben sind – während die Masse der Bevölkerung vom Wanderhackbau oder noch mittelloser in der Wüste vegetiert. Der Staat Mali, dessen gesponserte Gewalt knapp dafür gereicht hat, den Abtransport von Gold, Uran oder Baumwolle in die Zentren des Westens zu sichern, ist von den mächtigen Staaten der Welt als gescheiterter Staat – „failed state“ – eingruppiert worden, spätestens seit die Regierung jede Kontrolle über den Norden an Aufständische verloren hat und in der Hauptstadt Militärs die Regierung weg geputscht haben.
Das berichten jetzt die Medien. Und niemand will wissen, wie es zu solch verheerenden Lebensverhältnissen gekommen ist, was das für eine gepflegte Staatenordnung ist, in der solche Landstriche durchaus für Rohstoffgeschäfte gut sind und die westlichen Regierungen (militär)diplomatische Beziehungen zu so einem Mali pflegen; und schon gar nicht kommt die Frage auf, ob das Eine mit dem Anderen zu tun hat. Nur eins ist von Interesse, neuerdings von brennendem: Geht „für uns“ von dort unten Gefahr aus?
Seit die westlichen Staaten in dem von Tuareg und Jihadisten besetzten Nordmali ein „Refugium für Terroristen“ identifiziert haben, exakt seitdem sind die Zustände in Mali „für uns“ nicht auszuhalten. Und das ist auch schon alles, was in dieser Elendszone im afrikanischen Elend „nicht hinnehmbar“ ist: Dass sich da heilige antiwestliche Krieger eines Landstrichs, gar Staates bemächtigen, den die westlichen Regierungen für ihre Interessen gepachtet haben. Das verbieten Frankreich und seine Partner qua UN-Beschluss. Womit auch schon klar zu sein hat, dass die Aufständischen nichts als verbrecherische Gewalt sind: „Terroristen“. Das sind die Jihadisten dort, wo sie dem Westen in die Quere kommen – wenn sie Westfeinde wie Sowjets und Assads bekriegen, heißen sie schon mal „Freiheitskämpfer“.
Die westliche Diagnose „Terrorismus“, das heißt Krieg, dem keiner sein Einverständnis verweigern darf. Diesem Einverständnis wird etwas nachgeholfen mit Feindbildern von der angeblich „sinnlosen“ Gewalt der Jihadisten gegen Frauen und Kulturgüter, auf dass westliche Bomben auf nordmalische Ortschaften als sinnvolle Gewalt jedem Zweifel enthoben sind. So lässt westliche Politik den Schwindel erst gar nicht aufkommen, sein Ausräuchern von Feinden diene der Versorgung des Landes mit Brunnen und Mädchenschulen: „Wir brauchen … realistische (!) Ziele und nicht zu viel menschenrechtlichen Überschwang (!) bei der Entscheidung, Soldaten in ein anderes Land zu schicken“, korrigiert der deutsche Verteidigungsminister de Maiziere das Bewusstsein der Deutschen von ihrem Militär.
Viel kritische Diskussion allerdings stößt die Politik mit der Frage an, wie die Terroristen erledigt werden sollen und wer dabei was macht. Das sollten ja erst Malis Militärs selbst, dann afrikanische Truppen der Ecowas machen, nun macht es Frankreich, und es steht die Frage im Raum, wer welche Bündnisleistungen schuldig ist.
Was das für Berechnungen sind, auch das soll auf der Veranstaltung geklärt werden.“

Peter Decker hat zu diesem Thema Ende Februar in Nürnberg auch schon eine Veranstaltung gemacht, den Mitschnitt kann man sich bei argudiss holen.
[update] Der Mitschnitt steht jetzt zum Download zur Verfügung.

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Archiv der Veranstaltungen des Sozialreferats FU

11. März 2013 9 Kommentare

Die Mitschnitte der Veranstaltungsreihe „Politikwissenschaftliche Vorträge“, zu der das Sozialreferat des Asta FU jahrelang auch Referenten des GegenStandpunkts eingeladen hat, sind auf der ursprünglichen Webseite des Sozialreferats leider nicht mehr verfügbar [sie sind aber – teilweise – noch hier zu haben]. Ich habe deshalb wenigstens die Dateien, die ich bei mir eh schon runtergeladen hatte, [zusätzlich] ins Internet Archiv gestellt. Es handelt sich um folgende Veranstaltungen:
Peter Decker: Der verordnete Pluralismus in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften (Berlin) (June 2005)
Peter Decker: Die Philosophie – Ein Denken aus dem Geist der Rechtfertigung (Berlin) (2005)
Peter Decker: Die „Kritische Theorie“ der Frankfurter Schule. Sehnsucht nach Versöhnung als Gesellschaftskritik (Berlin) (2005)
Peter Decker: Politologie: Nachdenken nicht über den Staat, sondern für den Staat (Berlin) (2005)
Peter Decker: Was Von Marx zu Lernen wäre ( Berlin 25.10.2007) (July 25, 2007)
Egbert Dozekal: Mindestlöhne und Managergehälter. Warum verdienen Arbeiter so wenig und Manager so viel? (Berlin) (June 17, 2008)
Egbert Dozekal: Der G-8-Gipfel und seine Kritiker (Berlin) (2008)
Freerk Huisken: Arbeit Und Reichtum ( Berlin) (December 17, 2004)
Freerk Huisken: Mit gutem Patriotismus gegen bösen Nationalismus ( Berlin) (May 2005)
Freerk Huisken: Kritik – wie geht das? (Berlin) (April 24, 2007)
Freerk Huisken: Kritik der Hirnforschung (January 15, 2008)
Freerk Huisken: Jugendgewalt (Berlin) (July 1, 2008)
Freerk Huisken: Notengebung: Jeder kritisiert sie, keiner will sie abschaffen! (February 3, 2011)
Albert Krölls: Kritik der Psychologie – Das moderne Opium des Volkes (Berlin) (2006)
Rolf Röhrig: Bürgerliche Ökonomie contra Marx: ein Leistungsvergleich (Berlin (2008)
Theo Wentzke: Die Finanzkrise Ein Lehrstück ( Berlin) (May 28, 2008)
Margaret Wirth: Demokratie I (Berlin)
Margaret Wirth: Demokratie II (Berlin (2004)
Margaret Wirth: Demokratische Öffentlichkeit: Geistige Standortpflege für schwere Zeiten (Berlin (2006)
Margaret Wirth: Frauenfrage (Berlin) (January 13, 2009)

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[update] 08.03.13 ¦ Berlin ¦ Freiheit … jetzt online

9. März 2013 Kommentare ausgeschaltet

Der Mitschnitt der Veranstaltung
Freerk Huisken vom GegenStandpunkt:
Freiheit: Was ist sie? Wozu taugt sie?
Ist sie Weg zur Mündigkeit und höchster Wert?
Oder ist sie Instrument demokratischer Herrschaftsausübung?

Freitag, 08.03.2013, in Berlin
steht bei archive.org zum runterladen zur Verfügung.

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08.03.13 ¦ Berlin ¦ Freiheit: Was ist sie? Wozu taugt sie?

5. März 2013 1 Kommentar

Am kommenden Freitag, dem 8.3.2013, wird Freerk Huisken vom GegenStandpunkt einen Vortrag in Berlin halten:
Thema: Freiheit: Was ist sie? Wozu taugt sie?
Ist sie Weg zur Mündigkeit und höchster Wert?
Oder ist sie Instrument demokratischer Herrschaftsausübung?

Zeit: Freitag | 08.03.2013 | 19:00 Uhr
Ort: Mehringhof (Großer Versammlungsraum)
Gneisenaustr. 2a, Berlin-Kreuzberg
Der Veranstaltungstext:

„Fast jede Auseinandersetzung über diese Gesellschaft, ihre Ökonomie, ihre Sozial- und Wirtschaftspolitik, Innen- und Außenpolitik läuft auf die gleiche Frage hinaus: Wie hältst du es denn mit der Demokratie?
Es gibt, das wird auch von den Verteidigern des Systems zugestanden, zwar hierzulande viel zu meckern und zu beschweren; aber der Verweis auf die Demokratie, der gilt als eine sichere Rückzugsbastion, vor der alle sonstigen Beschwerden klein werden. Gegen Demokratie gibt es kaum etwas Prinzipielles zu sagen. Da muss auch der Kritiker kapitulieren. Allenfalls will er ihr vorwerfen, dass sie noch nicht die wahre Demokratie, das Volk also noch nicht genug einbezogen ist. Aber auch diese Einschränkung des Lobs bestätigt nur, dass selbst den kritischsten Menschen Demokratie als ein Wert gilt, an der er die Freiheit zur Kritik schätzt.
Daher lautet das schlagendste Argument, das für die Demokratie aufgefahren wird: Wo darf man denn sonst schon seine Kritik so frei sagen?! Und: Welches System erlaubt seinen Bürgern schon so viele Freiheiten! Stimmt: Die reichen von der Meinungsfreiheit über die Versammlungsfreiheit bis hin zur Koalitionsfreiheit. Man darf zudem seine Religion frei ausüben und heiraten, wen man will; man darf einen Beruf nach eigener Wahl aussuchen und die Freizügigkeit auf dem hiesigen Territorium ist tatsächlich auch noch gestattet!
Aber spricht das eigentlich für die demokratische Form der Herrschaft, wenn sie – erstens – erlaubt, was doch ganz ohne staatliche Lizenz selbstverständlich sein sollte: Sich so seine Gedanken über die Welt machen, sich mit anderen privat oder politisch zusammenschließen, glauben, was man lustig ist und sich zwischen Bayrischem Wald und Ostfriesland frei bewegen! Und warum soll man – zweitens – einem System seinen Segen erteilen, nur weil es erlaubt, die Klagen zu äußern, für die die demokratisch regierte Gesellschaft offenkundig permanent Gründe liefert? Bemerkenswert zudem ist – drittens – dass ein ehemaliger Bundespräsident die Bürger mahnte, dass derjenige das Recht zur freien Meinung verwirkt, der es kritisiert! Selbstverständlich sind diese Freiheiten – viertens – also gerade nicht: Wenn es der Erlaubnis durch die staatliche Gewalt bedarf, dass man sagen darf, was einem durch den Kopf geht, dann steht fest, dass diese Freiheiten auch nur im Rahmen der hiesigen Rechtsordnung gelten und jede Erlaubnis zugleich mit einer staatlich verfügten Beschränkung einhergeht. Oder ist das alles ohnehin nur „falsche Freiheit“, wie einige linke Kritiker meinen? „

Hier der Ankündigungstext als PDF.

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Zum weitverbreiteten „Schmunzeln“ als Reaktion auf Kommunisten

1. März 2013 Kommentare ausgeschaltet

Das folgende ist die Abschrift der letzten 20 Minuten der Veranstaltung (ab 1:53) in Regensburg vom 20. Februar 2013 mit Rolf Röhrig vom GegenStandpunkt als Referenten zum Thema „Wohnungsnot und Mietpreisexplosion: Die Wohnungsfrage im Kapitalismus“ mit einem seltenen Fall von Eingeständnis einer in der Wolle gefärbten Demokratin, die wenigstens zur Kenntnis und teilweise Ernst genommen hat, was der Redner gegen Kapitalismus und Demokratie ihr hier vorgelegt hatte, daß das zu Ende gedacht dann ihr bisheriges politisches demokratisches Agieren nicht mehr viel Sinn macht und sie sich „machtlos“ fühlt.
Publikum: Da könnte man ja auch Hausbesetzungen machen.
Rolf Röhrig: Das könnte man schon machen. Aber dann hätte man sein Hauptbetätigungsfeld dahingehend ausgeweitet, dass man sich mit der Bullerei rumschlägt. Das kann man schon machen, aber das wäre ein schlechter Lebensberuf.

An solchen Überlegungen kann einem aber auch was klarwerden: Du würdest sofort von dem Gedanken zurücktreten, wenn du ihn dir verallgemeinert vorstellt. 250.000 Obdachlose, viele Millionen Menschen, die gar keinen bezahlbaren Wohnraum finden, denen die Empfehlung zu geben, „Macht mal eine Hausbesetzung!“, das wäre ungefähr das, was du belächelst: Aufruf zur Revolution!
Wenn Millionen Leute, die jetzt in Spanien wirklich aus ihren Wohnungen rausfliegen, weil die Banken den Daumen drauf legen und sagen, wie nehmen das jetzt für den Kredit, den ihr nicht mehr bedienen könnt, das wie eine ernsthafte Alternative in Erwägung gezogen, das wäre ein so grundsätzlicher Konflikt mit einer Staatsgewalt, die das Eigentum schützt, das wäre in der Tat vom Kaliber eines losbrechenden Bürgerkriegs. Wenn also umgekehrt in einem bürgerlich demokratischen Staat ein besetztes Haus oder zwei einmal Bestand hat (da in Hamburg an der Rutschbahn oder in Berlin in Kreuzberg), dann, weil der Staat ein paar Gesichtspunkte wusste, warum er diese Besetzung mit seinen eigenen Anliegen verträglich machen konnte:
Erstens, es hat nichts gekostet, die Leute haben in Eigenarbeit gewirtschaftet, zweitens konnte er dem Eigentümer, mit welchen Argumenten auch immer, oder auch mit Geld das Eigentum nehmen. Und er wusste drittens, die Erhaltung einer Bausubstanz, die aktuell sowieso nicht zu besseren Preisen vermietbar ist, ist ihm wichtiger als der Verfall eines Viertels. Da merkt man, da müssen schon so viele politische Kalkulationen auch noch mit einem Grundeigentümer verträglich gemacht werden, der dann auf seinen Leerstand und seine Durchsetzung nicht mehr pocht, das das ein absoluter Ausnahmezustand ist, der, würde man ihn anwenden auf die Millionen von Wohnungslosen in Spanien oder in Amerika, ein Riesenkrawall im Land wäre, wenn die alle ein Haus besetzen wollten, was sie brauchen.
(Längere Pause)
Vielleicht noch ein methodischer Hinweis, weil ich ja auch bei dir so ein Schmunzeln entdeckt habe, wenn z.B. ausgeführt wurde: Ja, das ist das ernstgemeinte Urteil, in der Welt des Kapitalismus muß das Wohnen die Gewinnansprüche von Grundeigentümern und Investoren befriedigen oder es findet nicht statt. Und der Staat, der die Marktwirtschaft und das Eigentum in ihr schützt, sorgt dafür, dass das auch so gilt. Und daraus folgt, das muß man gar nicht mehr ausdrücklich sagen, dass man diese Art der Marktwirtschaft und den Staat, der das installiert und beschützt, dass man die für Gegner des Wohnens hält und die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen. Klar, jetzt kommt Schmunzeln auf. Aber warum eigentlich? Das Schmunzeln kommt auf, weil man denkt, diese Schlussfolgerungen, dieser Gedanke, der ist doch nicht mehrheitsfähig, das ist doch bloß der Gedanke von wenigen Figuren hier am Platze.
Bloß: Der Wahrheitsgehalt eines Urteils entscheidet sich nicht nach der Kopfzahl derer, die ihm anhängen. Und drehe es mal um: In Spanien gibt es Millionen Menschen mittlerweile, die aus ihren Wohnungen und Häusern vertrieben wurden. Und die machen Demonstrationen und schlagen sich auch viel mit der Polizei, aktuell Demonstrationen, wo sie sich ein Kuvert auf die Stirn kleben, weil sie sagen wollen: Das sind die Kuverts, mit denen die politische Kaste in Spanien ihre Bestechungsgelder empfangen hat. (Es gibt einen Bestechungsskandal in Spanien, der hoch geht bis zum Ministerpräsidenten Rajoy. Diese Menschen, die sind jetzt millionenfach unterwegs, im Unterschied zu den paar Hanseln hier, die vielleicht an unserem Urteil Geschmack gefunden haben.
In Spanien sind jetzt millionenfach Menschen unterwegs, die sich sogar prügeln mit der Polizei, die aber ein Urteil auf die Straße tragen, das grundsätzlich verkehrt ist. Die sagen nämlich mit dem Kuvert, dass sie sich auf die Stirn kleben, über ihre Politiker, dass die deswegen Feinde der arbeitenden Klasse und Wohnbevökerung geworden sind, weil sie ihr politisches Handwerk verraten haben. Eben duch Geldbestechung vom richtigen Kurs abgebracht worden sind, um den Banken zu Diensten zu sein, sod aß sie in den Instanzen, mit denen sie sich jetzt schlagen, auf den Straßen in Spanien, eigentlich meinen, in einem Boot zu sitzen, wären die Brüder nicht angeblich oder wirklich von den Banken mit Geldtüten versorgt worden.
Jemand der so denkt, und wenn es Millionen sind, der ist für ein falsches Urteil aktiv geworden, mit dem er den wirklichen Grund seiner Misere nie mehr zu packen kriegt. Er hält nämlich nicht die Politik und die Wirtschaft, die die den Menschen aufdiktiert, für den Grund seines Übels, sondern der hält Verfehlungen des eigentlich geglaubten guten Handwerks für den Grund. Und das wird nicht dadurch besser, dass das millionenfach geglaubt wird. Wie umgekehrt das hier zitierte Urteil nicht dadurch schlechter wird, dass es nur von wenigen gesagt und ernst genommen wird.
Publikum: so wie ich das jetzt verstanden habe, dann könnten wir normalerweise auf die politischen Parteien verzichten in einer kapitalistischen Gesellschaft. Verzichten auf die Pseudodemokratie, in der wir leben und auf die wir so stolz sind, weil letztendlich – so wie ich dich jetzt verstehe – nur das System und alleine das kapitalistische System dafür verantwortlich ist. Es ist aber nicht so, ich bin absolut nicht dieser Meinung: Wir als Volk haben eine eingeschränkte Macht, aber die haben wir:
Ich kann als ich immer entscheiden, welche Partei ich wähle und zu welchem Programm ich dann stehe als Wähler. Und ich verlange dann von diesen Vertretern, die mich vertreten und alle anderen, also von den Politikern, dass sie das machen, was ich von ihnen verlange, was sie versprochen haben, was ich von ihnen erwarte. Und der Staat mit der Verfassung garantiert mir meine Grundrechte. Und Wohnen sollte ein Grundrecht sein, genauso wie Essen und Schlafen. Und ich als Bürger, Staatsbürger, habe das Recht, den Staat anzuklagen, die Politiker anzuklagen, und sagen, das wurde mir nicht gegeben, was mir nach der Verfassung zusteht. Und der Staat kann ja vieles, viele Gesetzesregelungen herauslassen, beispielsweise Überwachung der Versorgung, Überwachung der Grundversorgung, das haben wir schon alles in der Geschichte der Menschheit gehabt: Nach dem Krieg beispielsweise. Essen war knapp, Wohnungen waren knapp, der Staat hat das überwacht. Warum heute nicht? Wahrscheinlich allein aus dem Grund, dass die Lage sich noch nicht so zugespitzt hat bei uns in Deutschland, noch nicht so ernst ist, wie in den anderen Ländern, wie in Spanien beispielsweise.
Rolf Röhrig: Gut, da haben wir jetzt einfach einen grundsätzlichen Unterschied in unseren Auffassungen, über den man reden kann: Die Rechte von denen du sprichst, haben die denn wirklich den Charakter, den du ihnen zumisst? Ich stehe auf dem Standpunkt, ein Mensch, der keine Wohnung hat, braucht nicht das Recht auf eine Wohnung, sondern der braucht eine Wohnung. Ein Mensch, davon gibt es Milliarden auf der Welt, die keinen Zugang zu Wasser haben, die brauchen nicht das Recht auf Wasser, die brauchen Wasser. Das ist ein gewaltiger Unterschied,
Einwand: Das ist eine philosophische Auslegung:
Rolf Röhrig: Nein, das ist keine philosophische Auslegung: Das Recht, das in dieser Gesellschaft Menschen zugesprochen wird, das Recht auf freie Berufswahl, das Recht auf Bildung, das Recht auf Leben, all diese Rechte haben überhaupt nicht den Charakter, den du ihnen beilegst, dass nämlich damit der Staat ein Versorgungsversprechen geleistet hätte. Wenn ein Recht auf freie Berufswahl in unserer Verfassung steht, dann hat das überhaupt nicht den Inhalt, dass der Staat sich aufstellt und sagt, jedem der einen Beruf will gebe ich einen. Wäre es übrigens wirklich so, dann würde das Ganze sofort in den Verruf kommen, das ist ja planwirtschaftliche Versorgung, das ist ja von oben, das ist ja Planwirtschaft! Daß ein Staat für den Arbeitsplatz, für den Wohnraum, für die Ernährung eines Menschen Sorge trägt, dass würde sofort unter all den demokratischen Mitdiskutanten als unerwünschte Planwirtschaft gegeißelt.
Der Staat steht auf einem ganz anderen Standpunkt: Daß nämlich all dass, was du für die wichtigsten Bedürfnisse hältst, die gesundheitliche Versorgung, die Ernährung, das Wohnen, dass das überahupt nicht in einer staatlich angeleiteten, von den Gesellschaftsmitgliedern vereinbarten Art von gemeinsamer Produktion erwirtschaftet wird, sondern dass das alles auf einem Markt zustande kommen soll, wo lauter private Eigentümer gegeneinander auf einem Markt um den Gelderwerb konkurrieren. Und was einer auf diesem Markt an Geld in die Waagschale zu werfen hat, weil er ein solches verdienen konnte als Lohnarbeiter, das entscheidet darüber, ob ich gut oder schlecht wohne, habe ich das Geld in der Tasche, um den schönen Wohnraum zu bezahlen? Habe ich soviel verdienen können (bei Amazon z.B.), um in Urlaub fahren zu können oder nicht? Habe ich soviel Geld verdient, dass ich mein Kind auf eine Universität schicken kann und es zehn Jahre länger ernähren kann?
Alle diese Fragen, die sind in unserer Gesellschaft überhaupt nicht nach einem staatlichen Plan organisiert und den Menschen zugesprochen als eine Versorgungsleistung, die erbracht wird. Sondern alles ist und soll auch so sein, das Ergebnis eines allseitigen Konkurrierens auf einem Markt um Gelderlöse. Und wer dabei ein Geld erlöst, der kann mit dem, was er erlöst hat , sei es als Lohnarbeiter oder als Unternehmer, nach allen Gütern dieser Welt greifen. Wer dafür nicht genug erlöst, der kann nicht nach allen Gütern greifen, oder nur nach schlechteren. Undd wer gar keins erlöst, der hat die Arschkarte, und davon gibt es viele. Das ist das System der freien Marktwirtschaft.
Und die Politiker, die dieses System regieren, sie heißen ja auch Regierung, wenn sie gewählt sind, die haben durch die Art, wie die politische Herrschaft durch das Volk ernannt wird, eine Trennung vollzogen zwischen den Interessen, die ihr wichtig sind und der Herrschaft, die sie ausüben. Und zwar so: du kannst doch gar nicht in eine Wahlkabine gehen und auf deinen Wahlzettel schreiben, was die, die du ankreuzt, machen müssen. Dann wäre dein Wahlzettel ungültig. Wenn gewählt wird in einer Demokratie, dann wird überhaupt nicht über Interessen abgestimmt, da wird nicht zur Wahl gestellt, wollen wir, dass Hartz IV auf 2000 Euro angehoben wird oder wollen wir es lassen, wo es ist, sondern, was zur Wahl gestellt wird, ist das Personal, das in den nächsten vier Jahren regiert. Du kannst Steinbrück oder Merkel ankreuzen, oder Westerwelle, aber du kannst nicht eine bestimmte Maßnahme, die du dir wünschst, zum Auftrag der Gewählten machen und sie darauf verpflichten, das ist sogar ausdrücklich verboten in der Demokratie (ein imperatives Mandat heißt das). Leute auf etwas zu verpflichten, die man in eine Machtposition wählt, die sind frei dazu, nach eigenem Gutdünken zu entscheiden.
Und denk mal, ich merke an deinem Akzent, du bist vielleicht in dieser Zeit nicht in Deutschland aufgewachsen, aber als in Deutschland die Kernkraftwerke durchgesetzt wurden, gab es große Proteste in Brokdorf und in anderen Städten, da waren hunderttausende von Menschen unterwegs. Und die Politiker, die das damals beschlossen haben, da war noch Kohl am Ruder, das Kernkraftwerke gebaut werden, so gefährlich sie sind, die haben zu diesen Leuten gesagt: Das ist die Straße, darauf muß kein Politiker hören! Und sie hatten recht! Weil nämlich diese Leute, auf die sie nicht hören müssen, als Wahlbürger mit ihrem Kreuz die Zustimmung dazu gegeben haben, dass Leute in Amt und Würden nach ihren Vorstellungen Macht ausüben dürfen ohne dass sie an ein Interesse des Wählers gebunden sind.
Publikum: Dann meine letzte Frage dazu: Welchen reellen Nutzen haben wir heute aus dieser ganzen Diskussion herausbringen können? Weil, jetzt sitze ich da und denke mir, mein Gott wie machtlos und hilflos ich bin! Das ist aber kein gutes Gefühl, klar. Und dieses Gefühl nimmt mir auch den Glauben, dass ich doch irgendwas bewegen kann, und auch die Kraft weg, dass ich das vielleicht irgendwann, irgendwie mit uns allen und mit allen anderen, die was bewirken wollen, verändern wollen, schaffen werde!

Rolf Röhrig:
Vielleicht kann ich dir ja in einer Hinsicht Trost spenden: Das Gefühl, „machtlos“ zu sein, wollte ich gar nicht verbreiten und verbreite ich auch nicht. Denn, wenn der ganze marktwirtschaftliche Reichtum, der bei uns Wachstum genannt wird, und von dem der Staat lebt, wenn er mit seinem Haushalt Steuergelder einnimmt, wenn man diesen wachsenden Berg an kapitalistischem Reichtum betrachtet, dann ist klar, der kommt nur dadurch zustande, dass die Menschen, die hier leben, ihn täglich erarbeiten. Dann sind die aber auch mit ihrer Arbeit die Quelle des Reichtums, des Geldreichtums, der ihnen am Lebensmittelmarkt, vom einem Lebensmittelskandal zum nächsten, am Wohnungsmarkt, das Leben schwer macht. Wenn sie den ganzen Reichtum erarbeiten, dann haben sie auch die Fähigkeit und die Macht, diese Quelle zum versiegen zu bringen. Und damit auch die Quelle für die, die als politische Macht darüber trohnen. Das nur als Trost.
Der Gedanke ist ein grundsätzlich anderer als die Machtlosigkeit, an die du jetzt denkst, dadurch dir vorzustellen, dass du sagst, wenn ich nicht mehr an die Macht der anderen glauben kann, dann fühle ich mich machtlos. Wenn ich nicht mehr an die Macht der herrschenden Politiker glauben kann, die in irgendeiner Hinsicht zu meinem Nutzen ein besseres Werk verrichten könnten, dann bin ich machtlos. Das wäre doch aber ein Erkenntnisgewinn, wenn die Einsicht stimmt, dass die fremde Macht, die die innehaben, gar nicht ein dienstbares Werkzeug für deine Interessen ist. Dann hätte man sich von einer Illusion verabschiedet, ohne dass der Trost gleich mitverschwunden wäre aus der Welt. Den habe ich im ersten Satz ja gleich mit angeboten.

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