Home > (3) Fundstellen > Die „neue Marx-Lektüre“ – Wissenschaft als l’art pour l’art?

Die „neue Marx-Lektüre“ – Wissenschaft als l’art pour l’art?

29. November 2012

Schluß des Artikels „Wie Marx nicht gelesen werden sollte“ (kommt wahrscheinlich den meisten Lesern hier bekannt vor, 2008 hatte nämlich der GegenStandpunkt seine Kritik an Michael Heinrichs „Einführung in die Kritik der politischen Ökonomie“ unter den Titel gestellt „Wie man „Das Kapital“nicht schon wieder neu lesen sollte„) von Johann-Friedrich Anders

„Gerade aber aufgrund der durch die zweite MEGA geschaffenen vielfach neuartigen Materiallage, die immer mehr als wissenschaftliche Herausforderung begriffen wird, bedarf die intensive Beschäftigung mit Karl Marx auch in heutiger Zeit keiner Rechtfertigung.“ Also der umfangreiche Nachlass von Marx ist es, der für die Wissenschaft eine Herausforderung darstellt. Und ich hatte immer gedacht, das Elend der Welt wäre die Herausforderung, und es empfehle sich, Marx zu lesen, weil mit seiner Hilfe am ehesten Aufklärung darüber zu gewinnen ist, wie sich diese „ganze alte Scheiße“ (Marx, MEW 3, S. 35) überwinden lässt.

Er ist in der Ausgabe 11 12 von trend ONLINEZEITUNG „nachgedruckt“ worden, ursprünglich ist er bei grundrisse – zeitschrift für linke theorie & debatte erschienen.
Nachtrag: Ich habe gerade gemerkt, daß contradictio schon vor einem Jahr auf den grundrisse-Text hingewiesen hatte. Und selbst trend hatte den Artikel schon in 2011 gebracht, damals übrig noch mit den vom Autor angesprochenen Kursivierungen, die jetzt leider flöten gegangen sind.
Ingo Elbe als einer der beiden Hauptadressaten in der Kritik von Anders, hat ihm auf der Seite der Roten Ruhr Uni geantwortet „Alte Marx-Lektüre – Bemerkungen zum marxistisch-leninistischen Backlash in der Marx-Rezeption

Kategorien(3) Fundstellen Tags:
  1. kurzreingerufen
    1. Dezember 2012, 20:14 | #1

    Der Vorwurf, Elbe würde sich manchmal etwas überkompliziert ausdrücken, stimmt zwar schon (Das zeichnet den marxistischen Diskurs, wie andere soziologische Diskurse, insgesamt aus). Aber die ‚Argumente‘ von Anders sind schon teilweise echt panne. Allein der Spruch, den du zitierst: Der wissenschaftssimulierende Gestus von Hoff ist zwar peinlich, wichtig ist aber doch viel mehr, was er so an Aussagen über Geld, Ware, Kapital usw. in den marxistischen Diskurs einbringt. Hauptsache den Gegner denunzieren (des Verrats am Kommmunismus bezichtigen natürlich, darunter geht nix) und nicht eimal eine Textlänge beim eigentlichen Gegenstand bleiben.
    Einen Großteil der ernstzunehmenden Argumente kontert der Elbe meiner Meinung nach sehr gut. Ich bin ja mit dem Heinrich seiner Einleitung herangezüchtet worden, dementsprechend wirken die Streits zwischen den Fans der logischen bzw. historischen Darstellungsweise des Kapitals immer ziemlich abstrus – Ich finde Heinrich und Elbe da schon immer ziemlich überzuegend, dementsprechend würde ich jedem die Replik von Elbe zur weitaus gründlicheren Lektüre empfehlen als den Text von Anders, in dem dieser aber auch ein paar gute Anmerkungen macht. Beispielsweise seine Kritik der komischen Idee, ‚Das Kapital‘ sei „Kritik der ökonomischen Kategorien“ statt „positive Wissenschaft“. Ich weiß gar nicht, was dieser so ähnlich vorgebrachte Gedanke immer soll, es ist schließlich ziemlich offensichtlich beides, was der Anders richtigerweise auch so sieht. Ich könnte jetzt ne Menge schreiben, schlussendlich würde da aber zuviel Zeit für drauf gehen.
    Ich denke mal, beide Texte sprechen Bände über den Zustand marxistischer Diksussion in Deutschland: deren Teilnehmer sind häufig eingebildet, unfreundlich, unwissenschaftlich, reduktionistisch, sie argumentieren gegenstandsfremd, drücken sich zu kompliziert aus, statt ihre Ideen bis ins Detail im Zusammenhang auszuführen, betreiben sie lieber die Kritik der Zitatewüsten anderer Marxisten, die sie dann auch noch im Gestus der Empörung als Revolutionsverräter bezeichnen. Sieht echt übel aus :(. Die Leute, die sich der neuen Marx Lektüre verpflichtet fühlen, sind für mich noch der größte kleine Hoffnungsschimmer, da sie wenigstens einmal zentrale Fragen beackern, die unbedingt geklärt werden müssen. Frag 50 Marxisten danach, was abstrakte Arbeit sein soll und du bekommst 25 verschiene Antworten – 25 und nicht 50, weil die Hälfte dasselbe Marx-Zitat angeführt hat.

  2. 1. Dezember 2012, 20:27 | #2

    Die oben angesprochenen Texte werden zur Zeit übrigens auch auf dem Blog http://anthraxit.blogsport.de/2012/12/01/neue-alte-falsche-marx-lektuere/ diskutiert.

Kommentare sind geschlossen