Die KKE und „unser“ Luftraum
Through promotion of a new structure for NATO and changes of headquarters, sovereign rights in the realm of defence have been ceded to the Atlantic Alliance and Turkey. Turkey’s dispute of some of our frontiers, even islands and islets, is supported and promoted by the US and the EU. Their constant violations of our air space and demands in the Aegean should not be addressed as an ordinary issue of minor significance, but against the background of developments in the region, and of intra-imperialist conflicts, all of which look as though they will become sharper in the coming period. The struggle for sovereign rights in the Aegean, for the territorial integrity of our country, is integrally linked with the fight against the imperialist plans in the region. It is a fight against war and in favour of peace.
aus dem „Report of the Central Committee of the KKE to the 17th Congress“ der KKE 2005
Nur ein erzgriechischer Nationalist kann also ein wahrer Antiimperialist sein. Das hat leider in Griechenland eine lange Tradition in der Linken.
Auch 2011 lag der KKE noch stark an der Souveränität des (imperialistischen!) griechischen Staates:
The KKE is firmly committed to the development of friendship, internationalist solidarity between the working class and the peoples of the two countries.
The solution for the peoples lies only in the overthrow of the cause that breeds contradictions, conflicts, wars. This cause is nothing other than capitalist profits.
For that reason the workers’ and people’s movement in both countries must strengthen their anti-imperialist struggle against the bourgeoisie and the participation, involvement of Greece and Turkey in the imperialist plans, for their disengagement from the imperialist organisations of NATO and EU that constitute a permanent source of painful consequences at the expense of the peoples.
The working class, the popular strata have the duty and the strength to oppose and thwart the dangerous plans for the concession of the energy resources of the Aegean Sea. The safeguarding of the domestic mineral resources, of the oil deposits and the natural gas is an issue of strategic importance for the future of the people’s power.
The formation of the anti-imperialist anti-monopoly front of struggle, the people’s power and economy is proven to be the only way that the natural resources of the country can be utilised for the benefit of the people but also for the safeguarding of sovereignty and peace.
The KKE will agree on the settlement of the Greek-Turkish disputes, even if they cannot be eliminated under this correlation of forces and the class orientations of the bourgeoisie, under the condition that the sovereignty of the country is safeguarded.
aus der „Resolution of the CC of KKE concerning the international developments in our region and the positions of the KKE“ vom Februar 2011
Das stimmt natürlich, daß der Patriotismus da ein bißl stört angesichts der richtigen Einsichten, die die KKE sonst hat, aber man sollte verschiedene Dinge nicht vergessen, die die Griechen empfindlich in Sachen ausländische Intervention machen, gerade aus der Luft:
1. Die entscheidende Schlacht der Wehrmacht in Griechenland war die Einnahme Kretas, aus der Luft – ein heeresgeschichtlich bis dahin einmaliges Ereignis, das zwar minutiös geplant, aber aufgrund des Widerstandes eines neuseeländischen Korps und der griechischen Bevölkerung Kretas nicht ganz so glatt ablief, wie sich das die Heeresführung vorgestellt hatte – was das Besatzungsregime noch etwas härter hat ausfallen lassen als das anderer Länder.
2. Der kommunistische Aufstand in Athen 1944, das Dekemvrianá, wurde mit Hilfe britischer Truppen niedergeschlagen, die natürlich auch eingeflogen wurden.
3. In jüngerer Zeit konnten die Griechen 1999 den NATO-Krieg gegen Jugoslawien beobachten, zu dem die griechische Regierung ihre Stützpunkte verweigert hat.
Die Phobie der KKE gegen Luftraumverletzungen hat also durchaus strategische Grundlagen und ist nicht ein Hurra-Nationalismus. Stell dir vor, die KKE setzt sich durch, enteignet, übernimmt die Macht, und die NATO interveniert über die Türkei.
Nochmal, es liegt ein himmelweiter Unterschied ob es um Erwägungen imperialistischer Konkurrenten über tatsächlich ihren Luftraum, ihre nationale Stärke geht oder ob sich eine siegreiche Arbeiterrevolution fragen muß, wie sie sich solche imperialistischen Machenschaften möglichst erfolgreich vom Leibe halten kann.
Das mag schon sein, aber eine siegreiche Arbeiterrevolution muß man erst einmal hinkriegen.
Die EKK sagt doch, dieser Souveränitätsverlust geschieht im Hinblick auf zu erwartende antiimperialistische Konflikte. Ich weiß nicht, wo du hernimmst, das seien „Erwägungen imperialistischer Konkurrenten“ und es ginge um „nationale Stärke“.
Neoprene, deine Argumentation wäre hinfällig geworden, wenn du dir auch nur einmal die Homepage der KKE angeschaut hättest:
http://inter.kke.gr/News/news2012/2012-02-15-video-kyriarxia/
Der Eintrag ist eine Woche alt, soviel Recherche sollte wohl nicht zuviel verlangt sein, wenn das Objekt der Kritik genau in diesen Tagen einen Text sowie einen Film auf Englisch zur „nationalen Souveränität“ herausgegeben hat.
Nun ja Sonny, Papier scheint auch für die KKE geduldig, jedenfalls in elektronischer Form. Hier jedenfalls eine Gemme an stalinistischem Nationalismus, entnommen dem Programm der KKE:
http://inter.kke.gr/Documents/docprogr/docprog6/
Anders als das jetzt Papariga zu betonen weiß, ist hier mit keiner Silbe die Rede davon, daß das Zerreißen imperialistischer Verträge, die Mitgliedschaft in imperialistischen Bündnissenwie der NATO und der EU, nur Sinn macht für das Proletariat, wenn es vorher die Bourgeosie gestürzt hat. Dieses Programm der KKE ist ein Programm für einen anderen nationalkapitalistischen Kurs des bürgerlichen Staates Griechenland. Was man auch an anderes Passagen dieses Programms (oben angegeben) ablesen kann.
Noch ein Zitat aus dem Programm der KKE:
Also ein Kapitalismus mit ordentlichen „mittleren“ Unternehmen in Industrie, Handel und Landwirtschaft.
Das Pressebüro des ZK der KKE zu Solidaritätsveranstaltungen mit dem griechischen Volk:
„Die KKE ruft alle arbeitenden Menschen Europas auf: Ihr braucht nicht, „Griechen zu werden“, um das griechische Volk zu unterstützen! Wir rufen euch auf, uns beim gemeinsamen Kampf für die zeitgemäßen Rechte der Arbeiterklasse und der armen Volksschichten anzuschließen, so dass wir unseren gemeinsamen Gegner, die Diktatur der Monopole, die EU und die Parteien, die sie unterstützen, zu verhindern und umzustürzen.“
http://de.kke.gr/news/news2012/2012-02-17-allilleggi/
Das kürzt sich nicht zusammen auf ein
„Programm für einen anderen nationalkapitalistischen Kurs des bürgerlichen Staates Griechenland“
Die behaupten durchaus eine Gegnerschaft zur bürgerlichen Staatsräson und dass sie etwas „umstürzen“ wollen. Und denen fällt sogar auf, dass der derzeitige Nationalismus dabei wenig hilfreich ist. Nur berufen die sich dabei auf „Rechte der Arbeiterklasse“, bzw. halten Kapitalismus für verfehlte Herrschaft. Die glauben an einen Missbrauch des Volkes. Die Übervorteilung vieler zugunsten weniger rufen sie als nicht mehr „zeitgemäß“ aus, weil DAS ihre Diagnose ist: Kapitalismus am Ende, der bringt’s nicht mehr usw.
Name, deine „Zusammenfassung“ wird der KKE nicht wirklich gerecht:
Wenn man wie die KKE anstrebt, alle wichtigen Bereiche der Wirtschaft zu verstaatlichen, die Schulden zu annulieren, aus der EU rauszugehen und so eine Art DDR/2 aufzumachen, ist das mit all denn offensichtlichen Einschränkungen, was die revolutionären Umgestaltungen angeht, die die sich ins Programm geschrieben haben, schon was anderes als eine Variante des jetzt im Parlament jetzt sonst diskutierten „nationalkapitalistischen Kurs“ des bisherigen „bürgerlichen Staates Griechenland“. Oder waren die Staaten des RGW in alter staatskapitalistischer Sichtweise mancher linker Reformisten auch nur Varianten „bürgerlicher“ Staaten?
neoprene, das hier kommt von dir:
Tja, u, daran kannst du ablesen, daß ich mich mit der KKE-Einordnung recht schwer tue: Da gibt es offensichtlich keine widerspruchsfreie Einheit von Programm, Agitation und Geschichte. Je nachdem, auf was ich gerade stoße, lande ich bei meinem ja schon historisch angelegten Verriß dieser (Neo-)Stalinisten oder bei nicht ganz unkritischer Zustimmung zu einigen Sachen.
Die stellen sich schon die nationale Frage, nur eben nicht als Griechenland einer EU oder unter dem „Diktat“ von Monopolen, sondern als „zeigemäße“ Herrschaft für die Entrechteten. Die seien jetzt auch mal dran, weil der Kapitalismus gegen deren Rechte verstoße und versagt habe. Man hört den verkehrten Systemvergleich heraus: Dem Kapitalismus wird seine hauseigene Ideologie als vermeintlicher Zweck entgegengehalten, er sei (vermittelt duchs Geschäft) ein schlechtes Versorgungssystem. Ein folgenschwerer Fehler: An kapitalistischer Armut soll der Skandal sein, dass die nicht zu der Versorgung beitrage, die sich KKEler für ihr Volk wünschen!